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Die Krise in der Türkei Chancen des Militärs — Zukunft der Demokratie | APuZ 40/1981 | bpb.de

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APuZ 40/1981 Artikel 1 Die Krise in der Türkei Chancen des Militärs — Zukunft der Demokratie Die türkischen Arbeitnehmergesellschaften Eine autonom entstandene Selbsthilfebewegung türkischer Gastarbeiter im Spannungsverhältnis von staatlicher Planung und konkurrierenden Privatunternehmen

Die Krise in der Türkei Chancen des Militärs — Zukunft der Demokratie

Hakki Keskin

/ 56 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Seit 1950 wird die Türkei, abgesehen von kurzen Unterbrechungen, von politischen Kräften regiert, die das kemalistische Erbe de facto zu beseitigen und nach klassisch-kapitalistischen Entwicklungsvorstellungen aus der Türkei ein Industrieland zu schaffen versuchen. Dieses an US-amerikanischen Vorstellungen orientierte Entwicklungsmodell zielt nicht darauf, die besonderen Gegebenheiten des Landes zu berücksichtigen, die einheimischen Ressourcen zu mobilisieren und eine sich zunehmend selbst versorgende und ergänzende Industrialisierung voranzutreiben, sondern stützt sich auf finanzielle Verschuldung und auf enge Kooperation mit dem ausländischen Kapital und dessen Investitionen. Wenn die Türkei sich Anfang der achtziger Jahre in einer zugespitzten und strukturell bedingten Wirtschaftskrise sowie in einer dadurch geförderten sozialen und politischen Polarisierung befindet, so ist dies primär in engem Zusammenhang mit diesem Entwicklungsmodell zu sehen. Die Machtergreifung des Militärs ist nur infolge des erneuten Versagens des Entwicklungsmodells als ein dritter und offensichtlich letzter Versuch innerhalb von zwanzig Jahren zu verstehen, die bestehenden Herrschafts-und Gesellschaftsverhältnisse retten zu wollen. Weder diese Verhältnisse noch das ihnen zugrundeliegende Gesellschaftssystem ist mehr vertretbar und fähig, die Türkei aus dem circulus vitiosus herauszuholen. Andererseits verfügt die Türkei über große potentiell nutzbare Ressourcen, deren Mobilisierung und den Erfordernissen des Landes entsprechende Verwendung sie mittelfristig aus diesem Teufelskreis herausführen würden. Es ist nunmehr insbesondere für die europäischen Verbündeten der Türkei höchste Zeit, an die Wurzeln der türkischen Gesellschaftskrise zu gehen und hierbei den kritischen Analysen über die Ursachen der chronisch krisenhaften Entwicklung die erforderliche Beachtung zu schenken. Es ist Zeit, mit einer Reihe von radikalen Reformen eine tiefgreifende Veränderung nunmehr in die Wege leiten zu helfen, zumindest aber ihr nicht im Wege zu stehen. Eine auf Gleichheit der Partner basierende Ökonomische, politische und militärische Zusammenarbeit der Türkei mit ihren Verbündeten ist für sie wegen ihrer Verflechtungen unverzichtbar. Die echten Verbündeten der Republik Türkei könnten ihr bei der Bewältigung ihrer ökonomischen Schwierigkeiten helfen, was Voraussetzung eines kontinuierlichen Demokratisierungsprozesses ist. Wie diese „Hilfe" sein sollte und wie sie nicht nicht sein dürfte, wird auf Basis der Analyse der letzten drei Jahrzehnte konkret erläutert. Die europäischen Verbündeten der Republik Türkei haben diese Chance noch nicht verspielt.

I. Einleitung

I. Einleitung Die Wirtschaftskrise in der Türkei 1. Das Zahlungsbilanzdefizit a) Devisenüberweisungen türkischer Arbeiter aus dem Ausland b) Auslandsverschuldung zur Dekkung des Zahlungsbilanzdefizites c) Die strukturelle Abhängigkeit der türkischen Wirtschaft vom Ausland II. III. INHALT

2. Ignorierung der chronischen Arbeitslosigkeit 3. Die soziale Lage in der Türkei Die politische Lage in der Türkei 1. Labile und verschärfte politische Verhältnisse 2. Eskalierung des politischen Terrors 3. Die Machterﯽ?

Mustafa Kemal (Atatürk), Organisator des türkischen Befreiungskrieges und Gründer der Türkischen Republik, wollte die rückständig-klerikal-feudale Türkei in ein modernes und unabhängiges Land verwandeln, um der raschen Industrialisierung und der vielseitigen Entwicklung der türkischen Gesellschaft gerecht zu werden. Trotz bescheidener Möglichkeiten waren die Erfolge beachtlich -

Seit 1950 wird die Türkei, abgesehen von kurzen Unterbrechungen, von politischen Kräften regiert, die das kemalistische Erbe de facto zu beseitigen und nach klassisch-kapitalistischen Entwicklungsvorstellungen aus der Türkei ein Industrieland zu schaffen versuchen.

Dieses an US-amerikanischen Vorstellungen orientierte Entwicklungsmodell zielt nicht darauf, die besonderen Gegebenheiten des Landes zu berücksichtigen, die einheimischen Ressourcen zu mobilisieren und eine sich zunehmend selbst versorgende und ergänzende Industrialisierung voranzutreiben, sondern stützt sich auf finanzielle Verschuldung und auf enge Kooperation mit dem ausländischen Kapital und dessen Investitionen. Somit ist die Türkei von der politischen Grundorientierung der Regierenden und ihrer ausländischen Verbündeten her auf ständige Finanzspritzen aus dem Ausland angewiesen.

Wenn die Türkei sich zu Beginn der achtziger Jahre in einer zugespitzten, strukturell bedingten Wirtschaftskrise und in einer dadurch geförderten sozialen und politischen Polarisierung befindet, so ist dies primär in engem Zusammenhang mit diesem konsequent verfolgten Entwicklungsmodell der Türkei zu sehen.

Wenn vor der Machtergreifung des Militärs 7m 12. September 1980 bürgerkriegsähnliche stände mit rund 30 Opfern im Tagesdurch-m nitt das Land erschütterten und für nie-Danden die Sicherheit seines nackten Lebens gewährleistet war, ist auch das nur auf dem /ntergrund von über 20 Prozent Arbeitslo38 eit während der siebziger Jahre und der zunehmenden Kluft zwischen großen Teilen der Bevölkerung und einer auf deren Kosten sich bereichernden Minderheit zu verstehen.

Zum dritten Male seit 1960 sah sich das türkische Militär veranlaßt, die westlich geformte demokratisch-parlamentarische Entwicklung zu beenden, zumindest aber für eine unbestimmte Zeit zu unterbrechen, weil „die Parteien zu einer gemeinsamen Politik unfähig waren, um den akut gefährdeten türkischen Staat vor einem totalen Versagen zu retten“

Es ist nunmehr insbesondere für die europäischen Verbündeten der Türkei höchste Zeit, an die Wurzeln der türkischen Gesellschaftskrise zu gehen und hierbei den kritischen Analysen über die Ursachen der chronisch krisenhaften Entwicklung die erforderliche Beachtung zu schenken.

Zahlreiche Beispiele, nicht zuletzt der Sturz des Schah-und des Haile-Selassi-Regimes, müßten deutliche Signale für die bisherige Politik der wesentlichen Industriestaaten gegenüber den Ländern der Dritten Welt dahingehend geben, daß die Politik der Bewahrung veralteter Gesellschafts-und Herrschaftsstrukturen nicht den Interessen der Völker in diesen Gesellschaften entspricht und keine langfristige Zukunft haben kann. Gerade des. halb ist eine solche politische Orientierung auch nicht im Interesse derjenigen westlichen Industriestaaten, die an der Sicherung des Weltfriedens und an partnerschaftlichen und für beide Seiten nützlichen Beziehungen interessiert sind.

In der Türkei scheint es offensichtlich ein letzter gelungener Versuch des Militärs zu sein, die bestehende, für breite Teile der Bevölkerung völlig untaugliche Gesellschaftsordnung mit den alten Besitz-und Herrschaftsverhältnissen noch einmal retten zu wollen. Bereits heute kann prognostiziert werden, daß auch diese Operation des Militärs die schwere Erkrankung des Patienten nicht heilen, sondern längstens ein Jahrzehnt hinauszögern kann. Die Medikamente könnten zwar die Schmerzen des Patienten vielleicht vorübergehend mildern, doch dessen Genesung wird so nicht zu erreichen sein.

In diesem Aufsatz werden die Ursachen der ökonomischen, politischen und sozialen Krise der Türkei analysiert, die Machtergreifung des Militärs an seinem eigenen Anspruch gemessen und für die künftige Entwicklung eine Prognose erstellt.

II. Die Wirtschaftskrise der Türkei

1971 17 1972 17 1973 15 1974 3 Januar bis Anfang September 1975 34 1976 90 1977 259 1978 1095 1979 1368 1980” 1606

Keine der grundlegenden Prinzipien einer funktionierenden und gesunden Wirtschaftspolitik für ein Entwicklungsland, nämlich Ausgleich der Zahlungsbilanz, Optimierung des Beschäftigungsniveaus, eine vertretbare Inflationsrate und eine jährliche, den Erfordernissen und Möglichkeiten des Landes gerecht werdende Zuwachsrate, aber auch eine sozial gerechte Verteilung des Nationaleinkommens konnten seit nun mehr als drei Jahrzehnten in der Türkei verwirklicht werden. Vielmehr erlebt die Türkei seit Jahrzehnten eine chronische, seit 1976 eine zugespitzte ökonomische, soziale und politische Krise.

Dabei stellt das Zahlungsbilanzdefizit das wichtigste und größte Problem in der gegenwärtigen Wirtschaftslage dar, ganz zu schweigen von der Arbeitslosenquote von rund 20 Prozent und der Inflationsrate der letzten Jahre von über 50 Prozent. 1. Das Zahlungsbilanzdefizit Die Bedeutung einer ausgeglichenen Außenhandels-und Zahlungsbilanz braucht hier nicht untermauert zu werden. Es gehörte zu den unverzichtbaren Zielen der kemalistisehen oder kemalistisch geprägten Wirtschaftspolitik bis Ende des Zweiten Weltkrieges, für den Ausgleich im Außenhandel und bei der Zahlungsbilanz zu sorgen. Tatsächlich hatte der türkische Staat in jener Zeit kein Außenhandels-und Zahlungsbilanzdefizit und eine sehr starke Währung.

Erst nach 1946, besonders aber nach 1950 wurde es zu der Wirtschaftsorientierung der Regierungen, das steigende Außenhandelsdefizit mit steigender Auslandsverschuldung und mit Investitionen des Fremdkapitals zu begleichen. Mitte der sechziger Jahre wurde dann eine weitere Quelle entdeckt: die steigenden Devisenüberweisungen der türkischen Arbeiter im Ausland. Gerade dies war für die türkische Wirtschaft eine Rettung bis Mitte der siebziger Jahre. Seitdem reichen selbst die Überweisungen türkischer Arbeiter aus dem Ausland nicht mehr aus, die weiterhin mit über einer Milliarde Dollar fast ein Drittel der gesamten Exporteinnahmen des Landes ausmachen.

Deckten noch in den fünfziger Jahren die Exporteinnahmen des Landes im Durchschnitt 85 Prozent des Imports, so fiel diese Zahl in den sechziger Jahren auf 68 Prozent und in den siebziger Jahren aüf 44 Prozent. Anders ausgedrückt: Die Exporteinnahmen des Landes konnten in den sechziger Jahren nur zwei Drittel der Importausgaben und in den siebziger Jahren nicht einmal die Hälfte begleichen. In den Jahren 1974 bis 1977 erreichte das türkische Außenhandelsdefizit enorme Dimensionen, so daß die Exporteinnahmen des Landes in diesem Zeitraum nur noch ein Drittel der Importe deckten.

Kein Land der Welt kann sich solch eine Außenwirtsqhaftspolitik, die letztlich eine erhöhte Auslandsverschuldung zwingend macht, erlauben. Welche Folgen diese Politik notwendigerweise mit sich brachte, wird noch zu erläutern sein. Eine solche Außenwirtschaftspolitik ist aber gerade dann in keiner Weise zu verantworten, wenn die vorhandenen Exportmöglichkeiten des Landes weitgehend ungenutzt bleiben, während ein beträchlicher Teil des Imports zu den Bedürfnissen eines Entwicklungslandes im Widerspruch steht.

Seit Jahrzehnten machen einige wenige landwirtschaftliche Produkte, wie Baumwolle, Tabak, Feigen, Nüsse und Sultaninen mehr als 60 Prozent der Exporteinnahmen des Landes aus. Diese Produkte werden heute noch weitgehend unverarbeitet zu sehr ungünstigen Preisen exportiert. Es ist bezeichnend, daß der aus der Türkei exportierte Tabak in Form von verarbeiteten Zigaretten zum mehrfachen Preis reimportiert wird. Selbstverständlich haben auch die hohen Preissteigerungen beim Erdöl nach 1974 bei dem großen Außenhandelsdefizit eine maßgebende Rolle gespielt. Es wird aber noch zu erläutern sein, wie weit die auf Erdöl orientierte Energie-und Verkehrspolitik für die Türkei notwendig war.

In den Jahren 1978 und 1979 war eines der Hauptziele der Ecevit-Regierung, mit großen Anstrengungen Sofortmaßnahmen zu ergreifen, um — soweit möglich — den Import zu drosseln und die Exporteinnahmen zu erhöhen. Einem bedeutenden Erfolg waren jedoch wegen struktureller Abhängigkeiten der türkischen Wirtschaft sowie Schwierigkeiten bei der Erschließung neuer Märkte Grenzen gesetzt. Die Regierungen Demirels versuchten, das steigende Außenhandelsdefizit mit den steigenden Devisenüberweisungen türkischer Arbeiter aus dem Ausland einerseits und steigenden Auslandsschulden andererseits zu begleichen. Das Loch im Außenhandel und bei der Zahlungsbilanz war aber inzwischen so groß geworden, daß diese Mittel in den letzten Jahren versagen mußten. a) DevisenÜberweisungen türkischer Arbeiter ms dem Ausland Die türkischen Regierungen wollten zwei wichtige Ziele mit dem „Export" türkischer Arbeiter erreichen: Minderung der Arbeitslosigkeit und Gewinnung von Devisen zur Dek-

des Zahlungsbilanzdefizits. kung Anfang der sechziger Jahre begann der Export teilweise qualifizierter Arbeitskräfte und überschritt Ende der sechziger Jahre weit eine halbe Million. Die Devisenüberweisungen der türkischen Arbeiter erlangten für die türkische Wirtschaft unverzichtbare Bedeutung.

Setzt man die Devisenüberweisungen türkischer Arbeiter aus dem Ausland zu den Exporteinnahmen des Landes in Beziehung, ist ihre Bedeutung erst richtig zu erkennen.

1964 machten die Devisenüberweisungen türkischer Arbeiter im Ausland mit lediglich 8 Mio. US-Dollar 2 Prozent des Exportwertes aus. Bereits 1971 erreichten sie 471 Mio. US-Dollar und erzielten 70, 1973 mit 1183 Mio. US-Dollar bereits 90 Prozent des Exportwertes; und 1975 sogar 94 Prozent. 1976 bis 1978 fielen die Überweisungen infolge der labilen politischen Verhältnisse unter die Milliardengrenze, beliefen sich aber fast auf die Hälfte der Exporteinnahmen. Dank großer Vergünstigungen durch Sonderprämien für die Devisenüberweisungen türkischer Arbeiter durch die Regierung Ecevit konnte 1979 die Rekordhöhe von 1 964 Mio. US-Dollar erreicht werden. Mit über 2 Mrd. US-Dollar erreichten die türkischen Arbeiter im Ausland ihre höchsten Devisenüberweisungen 1980 und näherten sich somit wie im Vorjahr den Zweidritteln der Exporteinnahmen des Landes in diesen Jahren an. Ohne Zweifel war es gerade diese Devisenquelle, die die türkische Wirtschaft bis Anfang der achtziger Jahre, wenn auch unter großen Schwierigkeiten, existenzfähig machte. Da aber die Devisenüberweisungen türkischer Arbeiter seitens der Regierungen eingeplant waren, um das Außenhandelsdefizit der Türkei zu decken, wurde versäumt, gerade diese Quelle für den Aufbau der für die Türkei notwendigen Investitionen und Produktionsstätten zu benutzen, um das Land zunehmend vom Import von Maschinen und Ausrüstungen zu entlasten und schrittweise auf eigene Beine zu stellen. Sie sind vielmehr auf undankbarste Art vergeudet worden.

Selbstverständlich konnte auch die Arbeitslosigkeit durch den Export von Arbeitskräften bedeutend vermindert werden. Da aber die Schaffung neuer Arbeitsplätze mit dem Bevölkerungswachstum nicht Schritt hielt, konnte die Arbeitslosigkeit prozentual nicht vermindert werden; sie steigt noch weiter an. b) Auslandsverschuldung zur Deckung des Zahlungsbilanzdefizites Nicht nur für die Türkei, sondern für alle Entwicklungsländer wird von Kapitalkreisen der westlichen Welt die Entwicklung mit Hilfe von Auslandsverschuldung und Investitionen von Fremdkapital als Grundheilmittel propagiert und auch praktiziert. Die Entwicklungsländer bräuchten viel Kapital, was ihnen fehle, um ein rasches Entwicklungstempo zu erreichen, und dies könne nur mit Hilfe des Auslandes erfolgen.

Gegen die Kreditaufnahme aus dem Ausland oder auch gegen die Investitionen der auslän5 dischen Firmen wäre dann nichts einzuwenden, wenn sie den Erfordernissen und Bedürfnissen der Türkei entsprächen und unter günstigen Konditionen in das Land kämen.

Die seit 30 Jahren praktizierte Politik zeigt aber ohne Zweifel, daß die Konditionen von der stärkeren Seite aufoktroyiert werden. In den Jahren der „Planmäßigen Entwicklung"

seit Inkrafttreten des ersten Fünfjahresplanes im Jahre 1963 waren stets Finanzquellen aus dem Ausland vorgesehen. Die Vorhaben, bereits im vierten Fünfjahresplan (Ende der siebziger Jahre) auf die Finanzhilfe des Auslandes zu verzichten, schlugen gänzlich fehl. Es stellte sich gerade das Gegenteil heraus, daß die Türkei sich in erhöhtem Maße vom Ausland abhängig gemacht hat und auf die Finanzspritzen noch mehr angewiesen ist.

Diese Form von Wirtschaftspolitik, die Entwicklung des Landes mit Hilfe von Finanz-quellen aus dem Ausland zu ermöglichen, während bedeutende potentielle Ressourcen im eigenen Lande brach liegen, führte notwendigerweise in wenigen Jahren zu erhöhten Finanzierungsschwierigkeiten. Mitte der siebziger Jahre gründeten die Verbündeten der Türkei das sogenannten „TürkeiKonsortium", um der Türkei zu helfen. Seitdem bekommt die Türkei von den Ländern und Organisationen des Türkei-Konsortiums in Form von Programm-und Projektkrediten sowie Schuldenentlastung eine beträchtliche Finanzspritze, die allein in den Jahren 1966 bis 1971 eine Summe von 1616, 14 Mrd. US-Dollar erreichte Die Programmkredite sowie Kredite in Form von Schuldenentlastung — mehr als die Hälfte der gewährten Gesamtkredite — sind primär zur Finanzierung des Zahlungsbilanzdefizites der Türkei vorgesehen. Sie dienen nur dazu, mit Verschuldung Importe aus den Gläubigerstaaten zu tätigen. Die Projekt-kredite sind für die Finanzierung der Investitionsvorhaben in der Türkei vorgesehen, an denen sich vor allem Privatfirmen der jeweiligen Staaten beteiligen können. D. h., selbst bei den projektgebundenen Krediten werden Investitionsgüter und Dienstleistungen aus den Gläubigerstaaten bezogen.

Auch diese Bedingung wäre zu akzeptieren und könnte längerfristig von Nutzen sein, wenn sie in solche Investitionsprojekte fließen würden, die langfristig die Importabhängigkeit der Türkei entlasten könnten und für die Industrialisierung notwendig sind.

Die Bedingungen der Auslandsverschuldung haben einerseits infolge der aufoktroyierten Industrialisierungspolitik, andererseits aber infolge der schweren Zins-und Rückzahlungskonditionen die Türkei vor immense Zahlungsprobleme gestellt.

Insbesondere in den Jahren 1975 bis 1977 wurden von den damaligen Koalitionsregierungen — bekannt als „Nationalistische Front" — unter Führung des Ministerpräsidenten Demirel zur Deckung des großen Lochs im Außenhandel Auslandsschulden gemacht, die in einer Frist von unter drei Jahren zurückgezahlt werden mußten. Ende 1979 waren 43% der Auslandsschulden der Türkei solche kurzfristigen Schulden. Gerade diese Art der Kreditaufnahme stellte die Zahlungsfähigkeit des Landes Ende der siebziger Jahre vor kaum lösbare Schwierigkeiten. So ergab sich für das Jahr 1979 eine Rückzahlungspflicht von rund zwei Milliarden US-Dollar — infolge der kurzfristigen Verschuldung. Zusammen mit mittel-und langfristigen Schulden mußte die Türkei insgesamt 2, 6 Milliarden US-Dollar Auslandsschulden zurückzahlen. Allein die Zinsen für dieses Jahr betrugen 683, 7 Millionen US-Dollar, d. h. mehr als 26% der fälligen Rückzahlungen für 1979.

Diese Zahlen werden erst dann in ihrer Bedeutung klar, wenn die Exporteinnahmen des Landes im selben Jahr nicht außer acht gelassen werden. Die Exporteinnahmen der Türkei betrugen nämlich 1979 2 261 Mio. US-Dollar. Das bedeutet, die gesamten Exporteinnahmen des Landes konnten nicht einmal die Zahlungsverpflichtungen der Türkei infolge der Auslandsverschuldung begleichen. Allein die Zinsrückzahlungen machten über 30% der gesamten Exporteinnahmen des Landes aus. Zieht man auch das Außenhandelsdefizit in Höhe von 2808 Mio. US-Dollar in Betracht, so ergibt sich eine Summe von 5 417, 4 Mio. US-Dollar aus der Verschuldung und aus dem Saldo im Außenhandel.

Laut ernstzunehmenden Presseberichten beträgt die tatsächliche Verschuldung der Türkei Anfang 1980 18, 2 Milliarden US-Dollar ohne Zinsen. Einschließlich Zinsen dürfte die Gesamtverschuldung der Türkei sogar über 30 Milliarden betragen. Somit wird die Türkei zu den am meisten verschuldeten und in Rückzahlungsschwierigkeiten geratenen Länder der Welt gezählt. In den nächsten Jahren, so die Presseberichte, muß die Türkei mit Zinsen etwa 15 Milliarden US-Dollar Auslandsschulden zurückzahlen, davon rund 2, 4 Milliarden US-Dollar 1980 .

Die Zinslast der Auslandsschulden der Türkei wird nach offiziellen Berechnungen 1981 rund 820 Mio. US-Dollar betragen . Gerade weil seit Jahrzehnten die aufgenommenen Auslandskredite nicht in Investitionen flossen, geriet die Türkei in einen circulus vitiosus. Um die fällig werdenden Schuldenrückzahlungen sowie das zunehmende Defizit im Außenhandel begleichen zu können, wird versucht, selbst unter ungünstigen Bedingungen neue Auslandskredite aufzunehmen oder die Rückzahlungen vorerst zurückzustellen.

Die neuen Kreditbedingungen werden im Auftrage der Gläubigerstaaten, -Organisationen und -banken vom Internationalen Währungsfond (IWF) regelrecht diktiert. Die Bedingungen betreffen die gesamte Wirtschaftspolitik sowie die außenpolitische Orientierung der Türkei. Seit vier Jahren laufen ununterbrochen Verhandlungen mit dem IWF über neue Kreditvergaben, Verschiebungen der fälligen Rückzahlungen, über die Fünfjahres-und Jahrespläne der Türkei, d. h. über die Art neuer Investitionen, über die Abwertung der türkischen Währung gegenüber ausländischen Währungen, über das außenwirtschaftspolitische Engagement der Türkei mit den COMECON-Staaten sowie mit den Ländern in Nah-ost, über Preise und Löhne etc.. Nichts kann nun mehr ohne Zustimmung des IWF geschehen. Jeder Mensch in der Türkei weiß bereits, was IWF ist, weil jeden Tag darüber in den Medien berichtet wird.

Die Bedingungen des IWF für die Türkei sehen aber zum wiederholten Male das alte Rezept vor: nicht Mobilisierung der Exportmöglichkeiten des Landes, sondern weitere Verschuldung, Abwertung der einheimischen Währung, Einengung des staatlichen Sektors zugunsten des Privatunternehmertums, Verfestigung der ökonomischen, politischen und militärischen Bindungen der Türkei an die westlichen Industriestaaten

Tatsache ist, daß die Exportmöglichkeiten der Türkei in die Märkte der westlichen Industriestaaten nicht ausreichen und beim Außenhandel seit Jahren eine Entwicklung zu Ungunsten der Türkei zu beobachten ist. Die Türkei ist genötigt, sich insbesondere auf Basis von bilateralen Verträgen mit den Staaten im Vorderen Orient und mit den COMECON-Staaten neue Märkte zu erschließen, die auch potentiell vorhanden sind. Die Türkei wäre im-Stande, die arabischen Nachbarstaaten mit Nahrungsmitteln, mit Nahrungsmittelindustrieprodukten, mit Textilien und mit manchen mittel-und langlebigen Konsumgütern zu versorgen und dafür das notwendige Erdöl zu kaufen. Auch die ökonomische Zusammenarbeit mit der Sowjetunion und anderen COMECON-Staaten kann weit mehr als heute ausgedehnt werden. Doch dies wird der Türkei vom IWF und anderen einflußreichen Kreisen der westlichen Industriestaaten versperrt.

Die Regierung Ecevit erkannte die Notwendigkeit zu diesem Schritt, wurde aber gerade deshalb zwei Jahre lang mit Verhandlungen und Bedingungen des IWF konfrontiert. „Der Vertrag, demzufolge die Türkei Kredite erhalten soll, scheint von der IWF-Abordnung aus politischen Gründen zurückgestelltworden zu sein. Während Libyen, Persien und der Irak für eine sich entwickelnde Zusammenarbeit mit der Türkei eine nicht einseitig westlich orientierte, mehr unabhängige Außenpolitik von der Regierung Ecevit erwarten, verlangen die seit Anfang Mai in der Türkei mit der Regierung verhandelnden IWF-Vertreter eine distanzierte Haltung zu Staaten wie Libyen, Irak und Persien, um der Türkei für eine Finanz-spritze grünes Licht zu geben. Die Türkei solle eher ihre Beziehungen zu Ägypten, Saudi Arabien und Israel ausdehnen". 6a)

Die Wirtschafts-und Außenwirtschaftsorientierung der Türkei verlief bis heute — oft gezwungenermaßen — konsequent nach den Rezepten des IWF. Ganz offensichtlich sind für die heutige Wirtschafts-und Gesellschaftskrise der Türkei primär diese Rezepte verantwortlich. An einem sehr konkreten Beispiel kann das Versagen und die Folgen der IWF-Rezepte für die Türkei deutlich gemacht werden:

Bereits 1958 empfahl der IWF im Rahmen eines Sanierungsprogramms für die türkische Wirtschaft als eine der wichtigsten Maßnahmen die rapide Abwertung der türkischen Währung von 220 % gegenüber dem US-Dollar. Damit würde sich das Außenhandelsdefizit der Türkei beheben und eine Sanierung der Wirtschaft herbeigeführt werden. Seitdem wird wiederholt die weitere Abwertung der türkischen Währung als eine der wichtigsten Forderungen des IWF für die weitere Kreditvergabe und Sanierung der türkischen Wirtschaft verlangt.

Ist vor 1958 ein US-Dollar 2, 80 Türkische Lira (TL) wert gewesen, so galt er 1970 15, 15 TL und Mitte 1979 47, 00 TL, nach der Abwertung am 25. Januar 1980 70, 00 TL, nach mehreren weite-ren Abwertungen zählte er bis Ende August 1981 mehr als 120, 00 TL. Allein von April 1979 bis Ende August dieses Jahres ist die Türkische Lira, gemäß den unnachgiebigen Forderungen des IWF, den; US-Dollar gegenüber von 26 auf 120 TL abgewertet worden; d. h. um mehr als 360 Prozent. Damit wurde seit 1958 die damals noch sehr stabile türkische Währung insgesamt um das 42fache dem US-Dollar gegenüber abgewertet Ein Ende der Abwertungen ist nicht in Sicht, ebensowenig der von IWF-Beratern stets propagierte Erfolg. Bis heute konnte weder das Außenhandelsdefizit der Türkei beseitigt oder gar gemindert, noch die türkische Wirtschaft saniert werden. Die tatsächliche Wirkung, daß türkische Exportgüter sich verbilligen und die Importe sich verteuern, haben wegen der Struktur der in den letzten Jahrzehnten aufgebauten Industrie nicht zu einer Verringerung des Außenhandelsdefizites beigetragen. Weiterhin ist eine Anheizung der Inflation und eine Erhöhung des Schuldenberges der Türkei die Folge.

Es zeigt sich, daß der IWF sein Rezept nicht nur der Türkei, sondern den meisten Entwicklungsländern, wenn auch in unterschiedlichen Varianten, aufoktroyiert. Dies führt notwendigerweise zu einer Verfestigung der terms of trade zuungunsten der Entwicklungsländer, wovon die Industriestaaten profitieren. c) Die strukturelle Abhängigkeit der türkischen Wirtschaft vom Ausland Es gehörte zu den Grundzielen der türkischen Regierungen seit 1950, mit Hilfe der ausländischen Investitionen die Industrialisierung der Türkei zu beschleunigen. Um reichliches Auslandskapital in die Türkei zu holen, wurde bereits 1953 ein neues, von US-Experten ausgearbeitetes „Gesetz zur Förderung des ausländischen Kapitals" verabschiedet. Die Investitionen der ausländischen Firmen sollten auch helfen, das türkische Zahlungsbilanzdefizit zu mindern oder gar zu beheben.

Seit drei Jahrzehnten versuchen jedoch die ausländischen Investoren logischerweise nach ihren Maximen und Zielen in der Türkei zu investieren: Strukturelle Absicherung des türkischen Marktes, Profitmaximierung, strukturelle Integrierung und Einbindung der Türkei in die Kontrollsphäre des Weltkapitals. Selbstverständlich gelten diese Grundelemente auch für die Kreditgeber, Institutionen und Organisationen wie das IMF, die Weltbank und das Türkei-Konsortium, um die allerwichtigsten zu nennen.

Seit Jahrzehnten, vor allem seit Inkrafttreten der türkischen Fünfjahrespläne 1963, gibt es ein Ringen um die Struktur und Qualität der Investitionen des Fremdkapitals. Zahlreiche Projektvorhaben der Fünfjahrespläne, welche für die sich selbst ergänzende und als Multiplikator fungierende Industrialisierung von großer Bedeutung gewesen wären, fanden kein Interesse bei den ausländischen Firmen und bei den Kreditgebern der westlichen Welt. Vielmehr wurden sowohl bei den Investitionen des Fremdkapitals als auch bei der Kreditgewährung fast ausschließlich Projekte bevorzugt, die nicht nur die Zahlungsbilanz der Türkei nicht entlasten, sondern sie längerfristig noch mehr belasten. Andererseits haben die erfolgten Investitionen für eine sich selbst versorgende Industrialisierung keine Bedeutung, da sie größtenteils zur Herstellung von Konsumgütern, meist Luxuskonsumgütern, verwendet werden und für das Land ineffektive Infrastrukturprojekte beinhalten.

Eine Analyse der Investitionen ausländischer Firmen und deren Beteiligungen bis Anfang 1978 zeigt deutlich, daß sie solche Investitionen bevorzugten, bei denen die meisten oder höchsten Profite erzielt werden Zugleich sind diese Investitionen im hohen Maß von den eigenen Mutterfirmen importabhängig. So machen allein die Autoinvestitionen 27, 8% der gesamten ausländischen Investitionen aus, gefolgt mit 18, 9 % von Investitionen im pharmazeutischen Sektor. Die Investitionen, welche für die Industrialis % von Investitionen im pharmazeutischen Sektor. Die Investitionen, welche für die Industrialisierung des Landes von Bedeutung sind, machten lediglich 16, 5 % ausländischer Investitionen in den elektrischen, elektronischen, Metall-und Maschinenbranchen aus 8).

In welchem Maße die meisten der Investitionen ausländischer Firmen bei der konsum-orientierten Produktion die Zahlungsbilanz des Landes belasten und eine strukturelle Abhängigkeit vom Ausland mit sich bringen, zeigen uns die Ergebnisse zweier Untersuchungen über die ausländischen Investitionen. Durch die Zusammenarbeit von türkischen Privatinvestoren mit den Firmen Fiat, Renault und Ford entstanden in der Türkei seit Mitte der sechziger Jahre drei Autofirmen. Die Produktion aller drei Autotypen erfolgt nur in Form von Montagen, so daß bei der Herstellung der Autos im Durchschnitt mehr als 60 % eines jeden Autowertes aus den Mutterfirmen importiert werden müssen 9). Sobald die Ersatzteile fehlen, wie es in den letzten Jahren infolge der Devisenknappheit zunehmend der Fall war, wird die Produktion gedrosselt oder gar stillgelegt. Einer offiziellen Analyse zufolge benötigte die türkische Autoindustrie allein 1976 für die Aufrechterhaltung ihrer Produktion Importe im Werte von rund 1 Mrd. US-Dollar Die gesamten Exporteinnahmen des Landes im selben Jahr betrugen nur 1, 9 Mrd. US-Dollar. Zieht man auch den Erdöl-bedarf der Autoindustrie im selben Jahr in Betracht, so mußten über 62 % der gesamten Exporteinnahmen des Landes nur für diesen Zweck verwendet werden.

Eine andere Analyse des türkischen „Industrie-und Arbeitgeberverbandes" über die Investitionen der Firmen aus der Bundesrepublik Deutschland 1975 veranschaulicht diese Lage: Während die 24 in der Türkei tätigen Firmen aus der Bundesrepublik aus dem Export ihrer Produktion in der Türkei nur 17 Mio. US-Dollar als Devisen brachten, benötigten sie für ihre Produktion im selben Jahr Devisen in Höhe von 1, 640 Mrd. US-Dollar. Sie führten rund 40 %’ ihres Produktionswertes aus dem Ausland in die Türkei ein Die gesamten Exporteinnahmen der Türkei betrugen im selben Jahr nur 1, 4 Mrd. US-Dollar.

Wie allein diese beiden Beispiele zeigen, haben die Investitionen ausländischer Firmen eine Industriestruktur in der Türkei aufkommen lassen, welche eine strukturelle Import-abhängigkeit vom Ausland und somit eine höhere Belastung der türkischen Zahlungsbilanz verursacht hat.

Möglicherweise ist dieser Aussage entgegen-zusetzen, daß diese Produktion in der Türkei den Import der hergestellten Produkte ersetzt und somit auch die Zahlungsbilanz entlastet. Die Zielsetzung und Bedarfsorientierung dieser Investitionen für ein Entwicklungsland sind aber nicht außer Acht zu lassen. Ziel der Investitionen müßte sein, durch einheimische Produktion die Zahlungsbilanz zu entlasten und darüber hinaus eine Produktion zu beleben, die für die Industrialisierung des Entwicklungslandes notwendig ist. Es ist nicht zu vertreten, wenn Autos ohne ihre wichtigsten Teile wie Motoren etc. in der Türkei hergestellt werden, wobei für die Produktion auch der Motoren keine Hinderungsgründe vorhanden sind. Es ist aber auch zu bezweifeln, wie weit es den Bedürfnissen und Erfordernissen der Türkei entspricht, als Luxuskonsumware Privatautos herzustellen, während die Eisen-, Stahl-und Düngemittelproduktion für den Inlandsbedarf nicht ausreicht und importiert werden muß. Privatautos herzustellen, während wichtige landwirtschaftliche Maschinen und Geräte sowie Düngemittel für die Er-Vgl. höhung der landwirtschaftlichen Produktionen fehlen, kann in keiner Weise entwicklungspolitisch vertretbar sein.

Darüber hinaus ist zu bezweifeln, ob eine auf Privatautos und Busse orientierte Verkehrspolitik in einem Entwicklungsland ökonomisch vertretbar und bedarfsorientiert ist, zumal sie infolge des Ölimportes die Zahlungsbilanz stark belastet. Gemäß den Interessen der internationalen Ölkonzerne wurde die Entwicklung des Straßennetzes mit beträchtlichen Investitionen gefördert, während gleichzeitig der Ausbau des Eisenbahn-und Seeverkehrs fast gänzlich vernachlässigt wurde. Nach Berechnungen der türkischen Ingenieur-und Architektenkammer ist der Transport auf dem Straßennetz im Vergleich zur Eisenbahn fast um das Zehnfache und zur See sogar um mehr als das Zehnfache teurer Hinzu kommt, daß der Brennstoff für den Eisenbahn-und Seeverkehr, die Kohle, in der Türkei reichlich vorhanden ist und nicht wie das Erdöl zu importiert werden braucht, über 90% des Personen-und rund 65% des Güterverkehrs erfolgen auf dem Straßennetz

Die Folgen dieser nicht an den Möglichkeiten und Erfordernissen der Türkei, sondern an den Interessen der Ölkonzerne ausgerichteten Verkehrspolitik wurden Ende der siebziger Jahre sehr deutlich. Wegen Devisenknappheit konnte das notwendige Erdöl für Busse, Lastwagen und Privatautos nicht importiert werden, so daß vor allem der Güter-und Personenverkehr zwischen den Städten teilweise lahmgelegt wurde. In vielen Teilen des Landes konnte in den Schulen, Krankenhäusern und Häusern bei Wintertemperaturen unter null Grad nicht geheizt werden, weil die im Lande reichlich vorhandene Braunkohle nicht transportiert werden konnte.

Auch, und insbesondere bei der Energiepolitik, wurden die großen Ressourcen der Türkei weitgehend ignoriert. Auch hierbei wurde den Profitinteressen der Erdölkonzerne Folge geleistet. Heute und für die nächsten Jahre wird der große Engpaß bei der Energieversorgung des Landes eines der wichtigsten Probleme für die Türkei darstellen. Neben Norwegen gehört die Türkei in Europa zu den Ländern, in denen weit mehr über den Eigenbedarf des Landes hinaus Energie aus Wasserkraft hergestellt werden kann. Zahlreiche für die Energieerzeugung günstige Flüsse bleiben bis zu 90 % ungenutzt. Auch die reichlichen Braunkohle-vorkommen der Türkei wurden bei der Ener-gieversorgung kaum in Anspruch genommen. Vielmehr wurde ein sehr großer Teil der Energieerzeugung und des Energieverbrauches auf das importierte Erdöl ausgerichtet. 1979 machte der Anteil des Erdöls am gesamten industriellen Energieverbrauch mehr als 50% und der Anteil der Stromerzeugung aus Erdöl rund 32 % aus. Der Anteil des Erdöls an der Stromerzeugung machte im gleichen Jahr beispielsweise in der Bundesrepublik Deutschland nur 7%, in den USA 15% aus Der Anteil der Braunkohle am gesamten industriellen Energieverbrauch der Türkei betrug dagegen 13% und der Wasserkraft lediglich 7% Nach den bis heute bekannten Energieressourcen der Türkei könnte das Land jährlich weit mehr als das Siebenfache der 1977 erzeugten Energie erbringen Die einheimischen Energiequellen sind im Falle ihrer Erschließung imstande, den Energiebedarf der Türkei über mehrere Jahrzehnte hinaus zu befriedigen.

Seit 1977 erlebt die Türkei einen großen Elektrizitäts-und Energiemangel, weil die auf Erdöl orientierten Elektrizitätswerke wegen des nicht ausreichenden Erdöls nicht genug Elektrizität erzeugen können. Seitdem wird eine Stromsperrung in der Regel vier Stunden, oft sogar mehr, im ganzen Lande vorgenommen. Da selbst die Industriebetriebe, vor allem die mittleren und kleinen, ebenfalls unter diesem Strommangel leiden, müssen erhebliche Produktionsverluste verbucht werden. Und dies, obwohl seit einigen Jahren aus der Sowjetunion und Bulgarien Strom importiert wird!

Der Mangel an Strom sowie der unzureichende Import notwendiger Ersatzteile und Rohstoffe aus dem Ausland führte bei den meisten Industriebetrieben des Landes zu unvorstellbaren Produktionsverlusten. Die produzierenden Industriebetriebe in Istanbul arbeiteten 1977 und 1978 mit einer Kapazität von 55, 1979 mit 47 und 1980 mit 44 Prozent Ganz offensichtlich liegen die genutzten Kapazitäten im Gesamtdurchschnitt für das ganze Land weit unter 50 %. Bei Dienstreisen als Planungsberater beim Ministerpräsidenten der Türkei habe ich vor allem in Ostgebieten der Türkei mit Erstaunen selbst bei den neuesten Fabriken eine Kapazitätsausnutzung von nur 20 bis 30 % feststellen müssen.

Die wichtigsten Gründe sind die fehlende Energieversorgung und der nicht ausreichende Import von notwendigsten Ersatzteilen und Rohstoffen. „Fehlende Rohstoffe, Ersatzteile und Devisen drohen," schreibt die Tageszeitung Hürriyet alarmierend Ende 1977, „die zwei größten Autofabriken der Türkei, TOFAS und OYAK, zur Einstellung der Produktion zu zwingen. Während OYAK vorübergehend die Produktion gänzlich einstellte, mußte TOFAS die tägliche Herstellung von 160 Autos bis auf 48 einschränken" Nach Schätzungen belief sich 1977 der Wert des täglichen Produktionsverlustes auf über 400 Mio. Türkische Lira. Auf das ganze Jahr gerechnet ergibt sich eine Summe von 146 Mrd. Türkische Lira (für das gleiche Jahr umgerechnet 7, 6 Mrd. US-Dollar!) als Produktionsverlust.

Bei diesem Produktionsausfall in der türkischen Industrie darf die Rolle der verzehrten und sich nicht ergänzenden Industrialisierungsstruktur nicht außer acht gelassen werden. Auch diese Tatsache spielt eine maßgebende Rolle.

Der Grund des Fehlens von Erdöl und Ersatzteilen wiederum ist bekanntlich das Fehlen von Devisen für deren Importe.

Infolge der in keiner Weise verantwortungsbewußten Energie-und Verkehrspolitik der letzten 30 Jahre wurde die türkische Zahlungsbilanz insbesondere seit 1974 schwer belastet. Weit über die Hälfte der gesamten Exporteinnahmen der Türkei mußten seit 1975 für den Erdölimport zur Verfügung gestellt werden.

Nach einem Bericht des „Türkischen Industrie-und Arbeitgeberverbandes" (TÜSIAD) vom 25. April 1980 benötigt die türkische Wirtschaft, um vor einer Stillegung gerettet zu werden, mindestens 5 Mrd. US-Dollar, um die allernotwendigsten Importe für die Wirtschaft und Industrie zu tätigen. Allein für die notwendigsten Erdölimporte sind — laut diesem Bericht — 1, 7 Mrd. US-Dollar erforderlich Seit. vielen Jahren sehen die Fünfjahrespläne der Türkei für die Industrialisierung und ökonomische Entwicklung des Landes zahlreiche bedeutende Projekte vor, wofür Auslandsfinanzierungen fehlen. Gerade diese Projekt-vorhaben finden keine Beachtung oder Unterstützung durch Kapitalgeber der westlichen Welt. Oft blieb der Türkei keine andere Wahl, als sich für ihre Finanzierung an die Sowjetunion zu wenden. Es sind die bedeutendsten Industrieanlagen „Eisen-und Stahlfabrik in Iskenderun", . Aluminiumfabrik in Seydisehir, .Erdölraffinerie in Aliaga", um nur einige wenige namentlich zu nennen. Für das größte Vorhaben der türkischen Republik, das „Südostanatolienprojekt" (GAP) fehlen trotz jahrelanger Bemühungen die ausländischen Finanzquellen. Zu diesem „Südostanatolienprojekt" gehört unter anderem einer der größten Staudämme der Welt. Er würde nicht nur die Energieerzeugung des Landes verdoppeln und somit vorerst den Energiemangel durch einheimische Energiequellen beheben und das Außenhandelsdefizit der Türkei weitgehend beseitigen, sondern auch 1, 8 Mio. Hektar höchst fruchtbaren Boden bewässern und dessen Erträge vervielfachen. Berechnungen haben ergeben, daß mit Hilfe dieser Bewässerungen die Getreideproduktion des Landes verdoppelt und die Türkei zu den wichtigsten Getreideproduzenten der Welt werden würde.

So finden sich für die Herstellung von maschinellen Ausrüstungen von Düngemittel-, Zement-, Zuckerfabriken und Erdölraffinerieanlagen usw. vorgesehene „industriegüterproduzierende Fabrik in Corum" sowie die zur Produktion von Turbinen, Generatoren, schweren Motoren, Transformatoren und anderer wichtiger Industriemaschinen vorgesehene „Fabrik für schwere elektro-mechanische Industrieanlagen“ in Diyarbakir und Elazig keine Interessenten als Kreditgeber in der westlichen Welt. Seit einigen Jahren wird daher versucht, die Finanzierung der letztgenannten Projekte in Verhandlungen mit der Sowjetunion zu sichern. Diese beiden Projekte der Türkei könnten auch für die erhebliche Entlastung des Außenhandelsdefizits der Türkei einen großen Beitrag leisten, da sie den Import der genannten wichtigen maschinellen Ausrüstungen für die Errichtung neuer Fabriken überflüssig machen würden.

Das sind nur drei namentlich genannte Projektvorhaben der Türkei von vielen anderen, die für eine gesunde Industrialisierung einen beachtlichen Beitrag leisten könnten.

Die Kreditvergabe für diese Projekte wird von den Kapitalkreisen und offiziellen Stellen der westlichen Welt seit vielen Jahren konsequent abgelehnt. 2, Ignorierung der chronischen Arbeitslosigkeit Die Erreichung einer annähernden Vollbeschäftigung gehört zu den wichtigsten Zielen einer jeden Wirtschaftspolitik. Insbesondere in den Entwicklungsgesellschaften ist infolge der zunehmenden Mechanisierung und Technisierung der Landwirtschaft die Flucht der Landbevölkerung in die Städte, vor allem in die Industriezentren, unvermeidlich. In den Entwicklungsgesellschaften ist aber auch der Bevölkerungszuwachs wesentlich größer. Daher müßte zumindest eine konsequente Minderung der Arbeitslosigkeit eine der wichtigsten Bemühungen sein. Nicht nur die ökonomischen, sondern auch die sozialen Folgen eines dauerhaften Mißerfolges — gerade auf diesem Gebiet — können für die gesamte Gesellschaft sehr negativ sein.

Bis Anfang der siebziger Jahre wurde das Problem Arbeitslosigkeit nicht ernst genommen. Selbst die ersten und zweiten Entwicklungspläne der Türkei (1963— 1972) schenkten der vorhandenen Arbeitslosigkeit von über zehn Prozent keine große Beachtung. Erst im dritten und vierten Fünfjahresplan (1973— 1983) wird die Bedeutung dieses Problems erkannt und ein theoretisch richtiger Ansatz für die Lösung der Arbeitslosgkeit erbracht. Dabei wird die rasche Industrialisierung als ein unverzichtbares Instrumentarium angesehen. Zugleich wird in den Wirtschaftssektoren, bei denen es keine internationale Konkurrenz gibt, wie Dienstleistungen und Wohnungsbau, eine arbeitsintensive, in sonstigen Bereichen eine kapitalintensive Beschäftigung als erstrebenswert proklamiert Dabei fehlen selbst bei dem dritten und vierten Fünfjahresplan eigene konkrete Maßnahmen.

Seit 1950 haben die Regierungen zur Beseitigung der hohen und kontinuierlich zunehmenden Arbeitslosigkeit keine Sonderprogramme entwickelt oder gar angekündigt. Nur durch Export von so vielen Arbeitskräften wie möglich hofften die Regierenden, eine beträchtliche Minderung der Arbeitslosenzahl zu erreichen.

Die Zahl der Arbeitslosen stieg kontinuierlich von 1, 440 Mio. 1962 auf 2, 340 Mio. 1979 an. Obwohl gleichzeitig die Zahl der im Ausland beschäftigten türkischen Arbeiter von 20 000 auf 887 092 stieg, nahm im selben Zeitraum die Arbeitslosigkeit von 11 auf 14% zu -

Diese Entwicklung ist dadurch zu erklären, daß die Schaffung neuer Arbeitsplätze mit den Zuwachsraten der Bevölkerung von im Jahres-durchschnitt 2, 5 % nicht Schritt halten konnte. Auch infolge der Mechanisierung und Technisierung der Produktionsverhältnisse in der Landwirtschaft werden Teile der dort Beschäftigten für andere Wirtschaftssektoren freigesetzt. Die statistischen Erhebungen, insbesondere über die Nicht-Beschäftigten, sind jedoch mit Vorsicht zu verwenden. Bülent Ecevit hat als Ministerpräsident oft von einer Arbeitslosenquote von über 20 % gesprochen, eine Zahl, die tatsächlich realistischeren Schätzungen entspricht. Seit neuestem wird die offene Arbeitslosigkeit sogar auf rund 30 % geschätzt

In einem der Militärführung zum Jahreswechsel eingereichten Gutachten über „Beschäftigungspolitik" wird offiziell die Arbeitslosigkeit für 1979 und 1980 mit 2, 8 Millionen (16, 2 %) beziffert und deren Zunahme selbst bei jährlich sechs prozentigem Wachstum in den kommenden Jahrzehnten 1980— 2000 bis auf 5, 6 Millionen (22, 9 %) vorausgesagt 3. Die soziale Lage in der Türkei Seit der Ausrufung der Türkischen Republik am 29. Oktober 1923 konnten bis heute selbst die notwendigsten und dringendsten ökonomischen und sozialen Reformen nicht durchgeführt werden, um nicht zuletzt das materielle und soziale Leben der unteren Einkommensgruppen, die mehr als 70 Prozent der Bevölkerung ausmachen, zu verbessern.

Selbst Ansätze von Landreformen, um den Großgrundbesitz als Überreste des vorangegangenen Feudalstaates zu beseitigen und das Land unter den landlosen Bauern sowie den Bauern mit nicht ausreichender Landfläche zu verteilen, waren wiederholt zum Scheitern verurteilt.

4, Oktober 1923 konnten bis heute selbst die notwendigsten und dringendsten ökonomischen und sozialen Reformen nicht durchgeführt werden, um nicht zuletzt das materielle und soziale Leben der unteren Einkommensgruppen, die mehr als 70 Prozent der Bevölkerung ausmachen, zu verbessern.

Selbst Ansätze von Landreformen, um den Großgrundbesitz als Überreste des vorangegangenen Feudalstaates zu beseitigen und das Land unter den landlosen Bauern sowie den Bauern mit nicht ausreichender Landfläche zu verteilen, waren wiederholt zum Scheitern verurteilt.

4, 7 % der Grundbesitzer verfügen laut jüngsten Erhebungen über 41 % des landwirtschaftlich bebauten Bodens, während die Hälfte der Bauernfamilien mit einem Landbesitz bis zu 2 Hektar nur 7% des bebauten Bodens besitzt. Dabei stieg die Zahl der landlosen Bauern infolge der Bevölkerungszunahme sowie der unter ökonomischen Zwängen erfolgten Verkäufe an Großgrundbesitzer von 9, 1 % im Jahre 1963 auf 21, 9 % 1973 24). Abgesehen von dieser flächenmäßig ungerechten Verteilung des landwirtschaftlich nutzbaren Bodens stellen die Ländereien der Großgrundbesitzer die fruchtbarsten Teile des bebauten landwirtschaftlichen Bodens dar, bei denen die Erträge wesentlich höher sind.

Die landlosen Bauern, die Saisonarbeiter bei der Landwirtschaft und die Landarbeiter, aber auch die Bauernfamilien mit einem Landbesitz unter 2 Hektar in wenig fruchtbaren Gegenden des Landes gehören zu den untersten Einkommensgruppen, die am Rande des Existenzminimums zu leben, oder besser: zu überleben versuchen. Die rasch kletternde Inflationsrate der siebziger Jahre traf aber nicht nur diese Teile der Bevölkerung, sondern auch die Rentner, die Beamten, Angestellten und die Arbeiterschaft. Die seit 1970 kontinuierlich steigende Inflationsrate ist nicht unter Kontrolle gebracht. Betrug sie 1970 noch 6, 7 Prozent, so stieg sie 1978 auf 48; 1979 auf 80 und 1980 auf 106 Prozent 25).

Die Lohn-und Gehaltsentwicklung besonders der gewerkschaftlich nicht organisierten Arbeiter und Angestellten, aber auch der Rentner und der Beamten, denen die gewerkschaftliche Organisierung gesetzlich nicht einmal erlaubt ist, ist weit hinter den rapiden Preissteigerungen der siebziger Jahre zurückgeblieben 26).

Einer Analyse der „Landesversicherungsanstalten der Türkei" über die Entwicklung der durchschnittlichen Löhne und Gehälter der Versicherten zufolge, hatten die Versicherten in den Jahren 1971 bis 1979 — die Analyse erfaßt für das Jahr 1979 nur die ersten 9 Monate — im Jahresdurchschnitt reale Einkommens-verluste von 5, 6 % hinnehmen müssen. In den letzten drei Jahren betrug der reale Einkommensverlust bei den Versicherten im Jahres-durchschnitt 16, 2 % 27).

Laut neuesten Angaben der „Landesversicherungsanstalten der Türkei" ging das Realeinkommen der sozialversicherten Beschäftigten von 1976 bis 1980 um 56 Prozent zurück 28). So ist auch erklärbar, daß der Anteil der Löhne und Gehälter am nationalen Volkseinkommen von 20, 8 Prozent 1977 auf 15, 2 Prozent zurückging 29).

Während auf der einen Seite das reale Einkommen für breite Teile der Bevölkerung infolge der inflationären Entwicklung der letzten Jahre in diesem Ausmaß zurückging, nehmen aber auf der anderen Seite die Gewinne, vor allem der Großunternehmer und Kapital-kreise sowie der Spekulanten rasch zu. Die Steuerlast der Lohn-und Gehaltsempfänger stieg in den Jahren 1967 bis 1977 von 50 % auf 64 %. 1979 wurde selbst die niedrigste Gehaltsgruppe mit 45, 1 %, die höchste Gehalts-gruppe mit 57, 9 % versteuert.

Mit einer Steuerreform könnte die zunehmende Kluft zwischen einer verschwindend kleinen Minderheit und den großen Teilen der Bevölkerung zumindest teilweise vermindert werden.

Nach dem Etatentwurf für 1980 würde der unterste Gehaltsempfänger von seinem 6 600 Türkische Lira (TL) Bruttogehalt nach den Abzügen nur noch 3 627 TL und der höchste Gehaltsempfänger von 23 100 TL Bruttogehalt nach den Abzügen 9 429 TL netto erhalten Umgerechnet beträgt somit das Mindest-Netto-Monatsgehalt der Beamten 82 DM, das höchste Nettogehalt 214 DM

Die Militärregierung verabschiedete eine Reihe neuer Steuergesetze, die vor allem die Steuerhinterziehungen mindern und eine gerechtere Steuerverteilung bewirken sollen. Sie sind zwar noch weit entfernt davon, als ein Steuerreformpaket bezeichnet werden zu können, beinhalten aber durchaus positive Ansätze in die richtige Richtung

Die krassen Eigentums-und Besitzverhältnisse und die sich vertiefende materielle und soziale Kluft zwischen den unteren und oberen Einkommensgruppen haben in den letzten Jahren die soziale Basis der türkischen Gesellschaft empfindlich getroffen.

In den letzten Jahren wurde es zur üblichen Praxis der Regierungen, die Streikbeschlüsse der Gewerkschaften aufgrund des Ausnahmezustandes oder mit Hilfe von Kabinettsbeschlüssen solange wie möglich zu verschieben. Bis zum Militärputsch am 12. September 1980 wurden 78 Streiks einmal, 28 zweimal und 2 Streiks dreimal insgesamt für 122 000 Arbeiter verschoben. 206 Betriebe mit 54 266 Arbeiter befanden sich im Streik. Das Militär verbot alle Streiks mit einer Lohnerhöhung für Streikende von 70 %

Die türkische Jugend leidet noch stärker unter den schlechten sozialen und ökonomischen Verhältnissen. Ihre Lage ist durch fehlende Arbeits-, Ausbildungs-und Studienplätze besonders erschwert. Inzwischen ist es soweit gekommen, daß von 10 Studienbewerbern nur einer einen Studienplatz an einer Hochschule erhält. Durch Ausschreitungen in den Hochschulen und in den letzten Jahren sogar in den Schulen wird das gesamte Erziehungs-und Bildungswesen vor allem seit 1975 besonders beeinträchtigt. Die Hochschulen bleiben fast die Hälfte der Zeit infolge der politischen Ausschreitungen geschlossen.

Nur mit Hilfe großer Anstrengungen und letztlich vor allem mit Hilfe guter Beziehungen erhalten die Hochschulabsolventen einen Arbeitsplatz oder eine Arbeitsstelle. Unter Hunderttausenden von arbeitslosen Jugendlichen, Abiturienten ohne einen Studien-und Arbeitsplatz sowie unter Tausenden von arbeitslosen Hochschulabsolventen herrscht eine zunehmende und wegen ihrer Lage gut verständliche Unzufriedenheit. Sie stellen den Zündstoff für zunehmende politische Gewaltakte der letzten Jahre dar.

III. Die politische Lage in der Türkei

1946 ging die Phase des „Einparteienstaates" in der Türkei zu Ende. Seitdem wird die Türkei nach dem Muster des westlich-parlamentarischen Systems regiert. 1950 wurde endgültig die alleinige Herrschaft der von Mustafa Kemal (Atatürk) 1923 gegründeten „Republikanischen Volkspartei" (CHP) von der „Demokratischen Partei" (DP) abgelöst. Damit begann in der Türkei eine neue Periode mit eindeutiger Vernähme des US-amerikanischen Entwicklungsmodells. Bereits gegen Ende der 60er Jahre geriet die Türkei mit ihrer Zahlungsbilanz in Schwierigkeiten und erlebte nach der großen Abwer3 tung 1958 eine starke Inflation. Die zunehmende Unzufriedenheit der Bevölkerung versuchte die Regierung unter Führung des Ministerpräsidenten Menderes mit weiteren Zugeständnissen an feudal-klerikale Kräfte und mit iRepressalien gegen die Oppositionellen zu kontrollieren.

Durch das Eingreifen des Militärs am 27. Mai 1960 wurde die Menderes-Regierung gestürzt. Nach einem Prozeß wurde der Ministerpräsident gemeinsam mit dem Außen-und Innenminister wegen verfassungswidriger Handlungen erhängt. Das bis dahin streng kemalistisch orientierte Militär sah in der Regierurigspraxis der „Demokratischen Partei" eine Abkehr von kemalistischen Prinzipien; daher wurde die „Demokratische Partei“ verboten.Auf breiter Basis wurde eine neue, demokratische Verfassung vorbereitet und am 9. September 1961 vom türkischen Volk mehrheitlich angenommen. Die neue türkische Verfassung orientierte sich an dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland und der Verfassung der Schweiz.

Anfang 1961 wurde anstelle der verbotenen „Demokratischen Partei" als echte Erbin — so die eigene Darstellung — die „Gerechtigkeitspartei" (AP) gegründet.

Die Parlamentswahlen im Oktober 1961 brachten für keine der Parteien eine Mehrheit, so daß drei Koalitionsregierungen und eine Minderheitsregierung bis zu den nächsten Wahlen an der Macht waren. Die stärkste Fraktion bildete die Republikanische Volkspartei CHP unter Führung von Ismet Inönü.

Die Wahlen von 1965 und 1969 brachten der „Gerechtigkeitspartei" (AP) unter Führung Demirels eine deutliche Mehrheit.

Im Gegensatz zur „Demokratischen Partei“ haben die großen Industrie-, Handels-und Finanzkreise in der „Gerechtigkeitspartei" ein deutliches Übergewicht, während in der Demokratischen Partei die Macht aus einer Koalition zwischen den Großgrundbesitzern und Industrie-und Bankkreisen geteilt war.

Eine große Wählerschaft fand die Gerechtigkeitspartei vor allem bei der Bauernschaft, bei der der Einfluß der Religion weiterhin sehr stark ist. Die Bauernschaft wurde von der Gerechtigkeitspartei — auch mit Unterstützung des Klerus — mittels einer teils offenen, teils versteckten Anti-Laizismuspolitik mit Erfolg gewonnen.

Wie auch immer die Politik der Gerechtigkeitspartei 1965 bis 1971 zu bewerten ist — sie kann als eine sowohl ökonomisch als auch politisch stabile Phase, wie auch 1950 bis 1960, in der Epoche des Mehrparteiensystems angesehen werden. Allerdings wurden besonders in diesen Jahren die Keime der heutigen Wirtschafts-und Gesellschaftskrise in der Türkei — gelegt-Nicht nur die Fehler bei der Wirtschaftsorientierung, sondern auch die zunehmende Ignorierung der Verfassung und der von ihr deutlich proklamierten Reformen verschärften die bestehenden krassen Gegensätze zwischen den unteren Einkommens-gruppen und der herrschenden Klasse.

Für die Regierung waren die von der Verfassung gewährten Freiheiten und Rechte zu weitgehend; von Anfang an wurde ihre Beschneidung verlangt.

Der zunehmende Widerstand der breiteren Teile der Bevölkerung sowie die deutlichen Anzeichen der Wirtschaftskrise, die eine Abwertung der türkischen Währung (von 84%) zur Folge hatten, führten erneut zum Eingreifen des Militärs am 12. März 1971.

Nach dem Eingreifen des Militärs 1960 wurde eine Reihe von Maßnahmen von US-Experten entwickelt — zur Integrierung des Militärs in die herrschende Klasse des bestehenden Systems vorgenommen und rasch in die Praxis umgesetzt Vor allem die materiellen und sozialen Lebensbedingungen der höheren Offiziere wurden soweit verbessert, daß sie zu den Spitzenverdienern in der Beamtenhierarchie gezählt werden können.

Diesmal hatte das Eingreifen des Militärs dagegen den Charakter eines maskierten Faschismus. Mit Hilfe des ausgerufenen Ausnahmezustandes wurde gegen die sich zunehmend formierende demokratische, linke Opposition mit harten Repressalien vorgegangen. Tausende von Menschen wurden verhaftet oppositionelle Zeitungen und Zeitschriften, so etwa die sozialistisch orientierte . Arbeiterpartei der Türkei" (TIP) verboten, die Armee von progressiven Offizieren gesäubert. Zugleich wurden durch eine Reihe von Änderungen in der Verfassung manche Rechte und Freiheiten beschnitten. Gleichzeitig wurden offensive Aktivitäten der rechts-extremistischen Kräfte nicht nur geduldet, sondern mittelbar unterstützt. Insbesondere nach 1971 begannen sich die Faschisten in den Ausbildungslagern in verschiedenen Teilen des Landes für die programmatisch-politischen Mordanschläge zu schulen. 1. Labile und verschärfte politische Verhältnisse Mit einem Memorandum des Militärs am 12. März 1971 wurde die Regierung Demirels zum Rücktritt aufgefordert, was unmittelbar danach auch erfolgte, um mit Hilfe der „überparteiischen Regierungen" der Lage Herr zu werden. Die Differenzen über den politischen Charakter des militärischen Eingreifens führten in der Republikanischen Volkspartei unter Führung von Ismet Inönü zu einer Spaltung. Ecevit, seinerzeit Generalsekretär der Partei, lehnte jede Zusammenarbeit in den „überparteiischen Kabinetten" ab und erlangte durch den Sturz Inönüs auch den Vorsitz in seiner Partei.

Nach der Abspaltung ihres rechtesten Flügels hatte sich die Partei programmatisch nach links orientiert. Von einer Mitte-Links Partei wurde die CHP zu einer „demokratisch-linken Partei“ entwickelt, einem politischen Standort der mit der Sozialdemokratie vergleichbar wäre.

Trotz Repressalien und Einschüchterungen gegen die demokratischen Kräfte oder gerade deshalb brachten die Wahlen vom Oktober 1973 für die Republikanische Volkspartei unter dem Vorsitz Ecevits einen bedeutenden Erfolg. Die CHP wurde bereits 1973 die größte politische Partei der Türkei. Sie erhöhte ihren Stimmenanteil von 27, 4 % 1969 auf 33, 3 % 1973 und auf 41, 4% 1977. Die Gerechtigkeitspartei mußte dagegen erhebliche Stimmenverluste hinnehmen; von 46, 5% 1969 auf 36, 9% 1977. Sie verlor einen bedeutenden Teil ihrer Stimj bei den Wahlen 1973 vor allem an zwei neue Parteien, die sich infolge von Abspaltungen der Gerechtigkeitspartei gründeten: die „Nationale Heilspartei" (MSP) und die „Demokratische Partei" (DP).

Während die Gründung der „Demokratischen Partei” aus reinen Führungsstreitereien erfolgte, ist die Gründung der „Nationalen Heilspartei“ (MSP) auf ökonomisch-soziale und ideologische Hintergründe zurückzuführen. Diese Partei scheint neben der CHP und der AP als dritter Machtfaktor in der politischen Landschaft der Türkei ihre Existenz auf längerfristig zu sichern.

Die orthodox-islamisch orientierte MSP unter Führung Erbakans basiert aus Klasseninteressen der Kleinhandels-und Kaufleute, der Handwerker und Kleinunternehmer Anatoliens. Diese Schichten haben im Laufe der Jahre ihren Einfluß in der Gerechtigkeitsparj verloren und den Interessenkonflikt mit der Wirtschaftspolitik der großen Industrie-, Handels-und Finanzkreise, die sehr eng mit den ausländischen Kapitalkreisen zusammenarbeiten, erkannt. Einerseits leiden die kleinen und mittleren Handels-und Kaufleute und Unternehmungen sowie die Handwerker unter Konkurrenzbedingungen mit den neu entstehenden kapitalistischen Produktionsverhältnissen, andererseits aber spüren sie am eigenen Leibe die Folgen der Kredit-und Steuerpolitik zugunsten der großen Industrie-, Handels-und Finanzkreise, die unter Führung Demirels konsequent verfolgt wurde.

Ideologisch entdeckte die MSP die Macht der Religion und bot den klerikalen Kräften die Alternative eines „islamischen Erneuerungsprozesses" an. Die offen anti-laizistische, antifestliche Orientierung soll zugleich durch intensivere Zusammenarbeit mit den islamischen Staaten ergänzt werden. Da diese reli15 giös gefärbte Ideologie auf konkreten materiellen Interessen mancher sozialer Schichten basiert, wird die MSP ihre Kraft weiterhin bewahren können.

Eine wichtige Entwicklung nach 1971 erfolgte auch bei der rechtsextremistisch orientierten „Nationalistischen Bewegungspartei" (MHP).

Die MHP konnte ihre Stimmen von 3% 1969 auf 6, 4 % 1977 steigern. Diese Entwicklung verdankte die MHP der großzügigen Unterstützung der Gerechtigkeitspartei unter dem Vorsitz von Demirel. Offensichtlich bei der militant geschulten terroristisch-paramilitärischen Kommandoorganisation der MHP (bekannt als Graue Wölfe) entdeckte die Führung der Gerechtigkeitspartei die Macht, welche gegebenenfalls gegen die linken Kräfte eingesetzt werden sollte.

So räumte Demirel der MHP bei seiner ersten „Nationalistischen Front'-Regierung zwei wichtige Ministerposten ein, obwohl die MHP nur drei Sitze im Abgeordnetenhaus besaß und Demirel auf diese Stimmen nicht einmal angewiesen war.

Die erste „Nationalistische Front'-Regierung wurde mit Beteiligung aller Parteien im rechten Lager im März 1975 gebildet, nachdem die Koalition der Republikanischen Volkspartei mit der „Nationalen Heilspartei" nach sieben Monaten scheiterte.

Die in den letzten Jahren entstandene bürgerkriegsähnliche politische Lage vor dem Eingreifen des Militärs ist primär auf die Politik der ersten „Nationalistischen Front-Regierung vom März 1975 bis Juni 1977 unter Ministerpräsident Demirel zurückzuführen. In diesem Zeitraum wurden Hunderte Opfer . politischer'Mordanschläge. Der organisierte politische Terror ging vorerst ausschließlich von der Jugendorganisation der „Nationalistischen Bewegungspartei" aus. Die Terror-und Mordanschläge der Grauen Wölfe wurden gerade auch dadurch ermutigt, daß die Mörder nicht gefaßt und die ständigen Brutalitäten der Grauen Wölfe sehr oft unter Duldung der Sicherheitskräfte geschah. Dem Führer der MHP, Türkes, unterstand als stellvertretendem Ministerpräsidenten die türkische Geheimdienstorganisation (MIT), die den Verbrechen tatenlos zusah und somit praktisch stillschweigend mittelbar unterstützte. Sehr oft wurden anstelle der Angreifer die Angegriffenen von der parteiischen Polizei festgenommen und mißhandelt.

Bei ihren Aktivitäten genossen die Grauen Wölfe die volle Unterstützung der MHP; die MHP dagegen hatte die volle Rückendeckung des rechten Flügels der Gerechtigkeitspartei unter Führung des Ministerpräsidenten Demi-B rel. Es kam so weit, daß die Regierung die Grauen Wölfe als „Ersatztruppe" zur Stärkung der schwachen Polizei gegen die „Vaterlandsfeinde'', d. h. gegen alle Progressiven und Linken, proklamierte.

Die Terrorisierung der oppositionellen Kräfte von Seiten der Grauen Wölfe, mit Duldung und Schonung der Sicherheitskräfte, provozierte letztlich den Gegenterror von Seiten kleiner linker Gruppen, die die Sicherheit ihres nackten Lebens zu Recht nicht mehr gewährleistet sahen. Somit begannen Terror und Gegenterror zu eskalieren.

Die Grauen Wölfe wurden aber auch gesetzwidrig in wichtigen Staats-und Beamtenposten beim Ministerpräsidenten und bei zahlreichen Ministerien eingestellt. Tausende als Kommandos „Graue Wölfe" in den Ausbildungslagern getrimmte Personen wurden nach einem schnellen Lehrgang zu Polizisten gemacht. Die Pädagogischen Hochschulen, manche Universitäten und Fakultäten, manche Studentenwohnheime wurden zu Hochburgen der „Grauen Wölfe", in die die nicht faschistisch orientierten Studenten keinen Zugang mehr fanden. Der Staatsapparat wurde zunehmend regelrecht von den faschistischen „Grauen Wölfen“ und von den militanten Mitgliedern der MHP besetzt. Es wurde ein Zustand erreicht, der von vielen Publizisten und Politikwissenschaftlern als „versteckter Faschismus“ bezeichnet wurde.

Dieser Zustand kam der Regierung Demirels nicht ungelegen. Die alltäglichen Ausschreitungen und politischen Mordanschläge rückten nämlich so in den Vordergrund, daß die zunehmende Wirtschaftskrise und die verschärfte soziale Lage für viele weniger wichtig wurde als die Sorge um die Sicherung des nackten Lebens. Teile der Koalitionsregierung, vor allem die islamisch orientierte „nationale Heispartei", konnten diese gefährliche Entwicklung im Lande nicht mehr tolerieren, so daß im Juni 1977 vorzeitige Parlamentswahlen stattfinden mußten

Auch diese Wahlen brachten für keine der Parteien eine Mehrheit. Der CHP fehlten für eine Mehrheit zwölf Sitze im Abgeordnetenhaus. Da sie aber die stärkste Fraktion im Parlament bildete, wurde sie mit der Bildung der neuen Regierung beauftragt. Die Minderheitsregierung Ecevits fand nicht die notwendige Unterstützung und trat nach einem Monat zurück.

Demirel gründete mit der MSP und MHP die zweite „Koalition der Nationalistischen Front-Regierung“, praktisch eine Fortsetzung der ersten „Nationalistischen Front-Regierung“.

Diese neue Regierung sah sich aber einer verstärkten Opposition gegenüber. Ihre Machtbasis war noch schmaler geworden.

Die Wirtschaftskrise verschärfte sich zunehmend. Abwertungen der türkischen Währung gemäß dem Verlangen des IWF folgten rapide Preissteigerungen. Manche Güter des täglichen Bedarfs waren trotz höherer Preise nicht einmal auf dem Markt zu haben. Zugleich nahmen die Mord-und Terroranschläge, Bank, und Raubüberfälle an Intensität zu. Wegen der Zypernkrise war die Regierung auch außenpolitisch isoliert. Das Zypernproblem brachte außerdem ein militärisches Ausrüstungsembargo der USA mit sich.

Die regionalen Wahlen im Oktober 1977 erlangten die Bedeutung von Parlamentswahlen. Sie brachten der CHP einen großen Wahlsieg: 42 von 67 Bürgermeisterposten in den großen Provinzstädten der Türkei gewann die CHP. Ecevit gründete daraufhin mit Unterstützung von elf Überläufern und einigen unabhängigen Abgeordneten sowie mit Unterstützung der zwei kleinsten rechten Parteien (mit drei Abgeordneten) erneut die Regierung.

Der türkische Staat war Anfang 1978 in jeder Hinsicht ökonomisch, sozial, politisch und ethisch ruiniert: die fälligen Rückzahlungen in kaum tragbaren Dimensionen, die große Arbeitslosigkeit, die hohe Inflationsrate, die halbe Nutzung der Kapazitäten in der Industrie und der große Energieengpaß auf der einen sowie der bürgerkriegsähnlich eskalierte Terror auf der anderen Seite. Mit einer sehr knappen und nicht vertrauensvollen Mehrheit einen solchen Staat zu sanieren, setzte ein sehr konsequentes Handeln in allen Bereichen voraus. Zuallererst mußte der von den Grauen Wölfen teilweise besetzte Staatsapparat, vor allem aber die Polizei, die Geheimdienstorganisation und zahlreiche Hochschulen gesäubert werden, um dem Terror im Lande ein Ende bereiten zu können. Gleichzeitig mußten mutige Schritte zur Eindämmung der Inflation und zur Durchführung einer Steuerreform zur Minderung der schweren Last der unteren Einkommensgruppen unternommen werden.

Diese Maßnahmen wurden mit erheblicher Verspätung und mit großem Zögern partiell durchzuführen versucht. Die Unentschlossenheit der Regierung Ecevit, gegenüber den Faschisten und dem primär von ihnen ausgehenden und sich noch mehr ausweitenden Terror vorzugehen, ermutigte diese Kräfte. Die vorher von den Faschisten größtenteils unterwanderten Polizei-und Geheimdienstorganisationen taugten selbstverständlich für die Be16 kämpfung des Terrors nicht, und sie waren dazu auch nicht bereit.

Keine der vorgenommenen Maßnahmen der Ecevit-Regierung konnte rechtzeitig und erfolgreich weitergeführt werden. Der Steuerreformgesetzentwurf wie auch die Vorlage über die Kontrolle der Mietpreise waren gescheitert. Die Preise stiegen viel rascher als je zuvor. Manche bereits auch vorher knappe Güter des täglichen Gebrauchs fehlten noch immer. Die Regierung versuchte primär, mit den fälligen Auslandsschulden fertig zu werden und neue Kredite aufzunehmen, die Industrie mit Ersatzteilen und Rohstoffen sowie mit Energie zu versorgen. Die Verhandlungen mit dem IWF dauerten ohne konkrete Ergebnisse an. Schließlich wurde manchen Forderungen des IWF Folge geleistet, wie erneuten Abwertungen der türkischen Währung von insgesamt über 100% und rapide Preissteigerungen bei den Waren der staatlichen Unternehmungen, was wiederum die Verteuerung aller Preise nach sich zog. Breite Teile des Volkes erlebten eine tiefe Enttäuschung. Die Masse der Bevölkerung wurde über die reale Lage nicht einmal annähernd informiert. Ihr wurden vielmehr oft kaum erfüllbare Versprechungen gemacht. Es zeigte sich, daß trotz des guten Willens die CHP und die von ihr getragene Regierung den großen Schwierigkeiten nicht gewachsen waren und sie keine Vorbereitungen für die Zukunft getroffen hatten.

Die Wählerschaft reagierte sehr engagiert und zeigte ihre bittere Enttäuschung bei den Teilsenatswahlen sehr deutlich. Die CHP hatte im Vergleich zu den Parlamentswahlen von 1977 Stimmenverluste von 11, 2 % hinnehmen müssen, während die Gerechtigkeitspartei und die Nationalistische Bewegungspartei beträchtliche Stimmengewinne erreichen konnten

Dies setzte der Regierung Ecevit ein Zeichen für ihren Rücktritt, weil sie auch durch Austritte aus eigenen Reihen und durch die versagte Unterstützung mancher übergelaufener Abgeordneten keine Mehrheit mehr besaß. Ende Oktober 1979 trat sie zurück.

Im November 1979 übernahm erneut eine vom Ministerpräsidenten Demirel geführte Regierung die Macht. Sie war formal zwar eine Minderheitsregierung der Gerechtigkeitspartei, wurde aber von den ehemaligen Koalitionspartnern der ersten und zweiten „Nationalistischen-Front" -Parteien unterstützt. Daher kann sie als dritte „Nationalistische Front" -Regierung angesehen werden. Vor allem der Einfluß der Nationalistischen Bewegungspartei auf die Regierung war sehr groß.

Die Regierung Demirels machte dem Volke in einem 100-Tage-Programm folgende Haupt-versprechungen: dem Terror und der Anarchie ein baldiges Ende zu bereiten, die Knappheit der Gebrauchsgüter aufzuheben, die Inflationsrate zu senken, die unterste Lohngruppe im neuen Etat von Steuern zu befreien und Beamtenversetzungen aus politischen Gründen zu untersagen. Danach würden die anderen Schwierigkeiten des Landes zu lösen sein Keines dieser Versprechen konnte in die Tat umgesetzt werden. Im Gegenteil: Terror und Chaos nahmen gravierend zu, die fehlenden Gebrauchsgüter waren weiterhin größtenteils nicht zu finden, die Inflationsrate erreichte eine neue Rekordzahl, die Steuerlast der untersten Lohngruppe blieb unangetastet viel mehr Beamte als je zuvor wurden aus politischen Gründen versetzt oder sogar entlassen 2. Eskalierung des politischen Terrors Bereits unter dem Schutz des Ausnahmezustandes nach 1971 begannen die Grauen Wölfe mit der Offensive: Linke Studenten wurden täglich mit Waffen angegriffen, mißhandelt, geprügelt, oft unter tatenlosem Zusehen der Polizei. In Moscheen explodierten Bomben, für die die Linke verantwortlich erklärt wurde, um religiöse Menschen für eigene Aktionen zu gewinnen. Bereits 1970 wurde das höchst moderne und sehr kostspielige „Kulturschloß" (Kültür Sarayi) in Istanbul in Brand gesetzt und ein Schiff versenkt und für diese Akte die türkische Linke verantwortlich erklärt — ähnlich wie beim Berliner Reichstagsbrand von 1933.

Die MHP bot sich erfolgreich als Garant gegen die angeblich unmittelbar drohende Gefahr der Machtübernahme durch die „Kommunisten" an, von der in keiner Weise die Rede sein konnte. Die MHP gewann aber oft wegen propagandistisch gut genutzter spektakulärer Aktionen sowohl von Seiten mancher Kapital-kreise als auch von Teilen der Mittelschicht an Sympathie.

In den letzten Jahren verfolgten die türkischen Faschisten das Ziel, die Machtübernahme des Militärs in ihrem Sinne zu erzwingen. Gerade deshalb erreichte die Eskalation des Terrors und der Gewalt kaum mehr erträgliche Grenzen. Keine Person war sich ihrer nackten Existenz mehr sicher, nicht einmal zu Hause. Zahlreiche bewaffnete Überfälle fanden in den Kaffeehäusern, Wohnungen und Linienbussen statt, in denen linke Gegner vermutet und Hunderte von Menschen getötet wurden. Oft wurde bewußt ziellos getötet, um jeden Bürger zu beunruhigen.

In den Städten, in denen Kurden und Türken oder Aleviten und Sunniten gemeinsam leben, versuchten die Faschisten mit großem Erfolg, rassische und konfessionelle Feindschaft zu stiften. So erfolgten in Kahramanmaras, in Erzincan, in Sivas, in Corum zahlreiche Überfälle vor allem gegen Kurden und Aleviten, bei denen Hunderte von Menschen bestialisch ermordet wurden.

Die Faschisten praktizierten ihre Pläne und Vorhaben mit großem Erfolg. Insbesondere in Provinzen mit gemischten türkisch-kurdischen Bevölkerungsteilen traten sie als wahre Vertreter der Türken gegen die Kurden und Aleviten auf. So konnten sie in diesen Provinzen infolge der Spaltung zwischen Türken und Kurden oder Aleviten und Sunniten große Stimmengewinne erzielen.

Obwohl weit über zwei Jahre in den großen und „kritischen" Provinzen der Ausnahmezustand herrschte, mußten die Wohnviertel und sogar die Straßen ähnlich wie in Nord-Irland geteilt werden.

Seit Mai 1980 wanderten sogar Hunderte von Familien aus der Stadt „Corum" aus, weil sie durch zunehmenden Terror und zahlreiche Überfälle seitens der Grauen Wölfe ihres Lebens nicht mehr sicher waren Zu Recht sprach Oppositionsführer Ecevit in diesem Kontext von einem unerklärten, aber ausgebrochenen „Bürgerkrieg in manchen Provinzen" des Landes

Politische Mordanschläge waren bis Ende der siebziger Jahre in der Türkei kaum bekannt Erst nachdem Hunderte von „Kommandos” — Graue Wölfe — in paramilitärischen Lagern für die Mordanschläge getrimmt worden waren, begann die Türkei — ähnlich wie viele Länder Lateinamerikas — ein Land mit zunehmenden Opfern politischer Mordanschläge zu werden.

Die Nichtwahrnehmung der Funktionen der Sicherheitskräfte und sogar deren häufige Parteiergreifung zugunsten der angreifenden Grauen Wölfe nötigte eine Reihe linke Gruppen und Personen sich zu bewaffnen, um sich selber zu schützen.

Es gab aber auch manche kleine linke Fraktionen, denen der faschistische Terror ideologisch willkommen war, da sie durch die Eskalation des Terrors die Reifung der Voraussetzungen für Klassenkämpfe erblickten. Diese Zielsetzung entsprach aber in keiner Weise den Voraussetzungen der Türkei.

Die Entwicklung der Opfer politischer Mordanschläge seit 1971 bis 3. September 1980

Wie zu sehen ist, nahm die Zahl der Opfer der politischen Mordanschläge seit 1975 stark zu. Allein in den ersten acht Monaten des Jahres 1980 sind 1606 Menschen getötet worden. Die Zahl der Opfer betrug im Januar noch 98 und stieg im August auf 447.

Die türkischen Faschisten versuchen, mit „Pan-Türkismus", mit Nationalismus und Rassismus, mit Antikommunismus, Antisemitismus und mit ihrer Position gegen die Arbeiter-rechte viele soziale Schichten, aber vor allem auch die Kapitalkreise anzusprechen und zu gewinnen. Ähnlich wie der Nationalsozialismus versprechen sie in ihrem Parteiprogramm den Arbeitslosen Arbeit, den konstanten Einkommensgruppen bessere Lebensbedingungen, den verschwindenden Mittelschichten Besserung ihrer Lage, den Kapital-und Finanzkreisen gesicherte Entfaltungs-und Zukunftsvor-) aussetzungen, Sanierung der ganzen Wirt-schäft, vor allem aber Schaffung von Ruhe und Ordnung, Verhinderung der Zersplitterung der Türkei in ethnische Gruppen, politische Stabilität, Bekämpfung des ethischen Verfalls und Erreichung eines kontinuierlichen Erneuerungsprozesses in einer ruhmreichen „großen“ Türkei. Ihr Hauptslogan lautet: „Wir werden den letzten türkischen Staat vor dem Zusammenbruch und Zerfall retten."

Die seit Jahren andauernde chronische Wirtschaftskrise und der dadurch beschleunigte Lohn-und Gehaltsverfall seit 1971, vor allem aber die labilen politischen Verhältnisse und Regierungen, die mit dem eskalierenden Terror und Chaos nicht fertig werden konnten, machten bei vielen Teilen der Bevölkerung das Verlangen nach einem „starken Mann" zunehmend deutlicher.

Das Versagen des Systems bei allen Aufgaben rief bei sehr großen Teilen der Bevölkerung Enttäuschung, Hoffnungslosigkeit und ein steigendes Mißtrauen hervor, stärkte die Überzeugung, daß es nicht mehr so weitergehen kann und auch soll.

Die demokratischen und linken Kräfte in der Türkei sind sich uneinig und daher nicht in der Lage, dieses große Vakuum der Hoffnungslosigkeit und Enttäuschung mit richtigen Ansätzen und Perspektiven zu füllen. Die Faschisten versuchten dagegen, unterstützt von großen Teilen der „Gerechtigkeitspartei" unter Führung des Ministerpräsidenten Demirel, sich weiter zu stärken, sich besser zu organisieren, um im richtigen Zeitpunkt ihren Generalangriff vorzubereiten. So erhofften sie auch, mit einem Eingreifen des Militärs de facto an die Macht zu gelangen. 3. Die Machtergreifung des Militärs am 12. September 1980 Die bisherige Analyse über die ökonomischen, sozialen und politischen Verhältnisse und Vorgänge in der Türkei dürften eines deutlich gemacht haben: So konnte und durfte es nicht weitergehen. Dies war auch die Überzeugung breitester Teile der Bevölkerung, basierend auf ihrer von Tag zu Tag unerträglicher und zugleich aussichtsloser werdenden ökonomischen und sozialen Lage. Die zunehmende und jeden Menschen tief beunruhigende Eskalierung des Terrors vermochte jedoch der Bevölkerung ihre schwere sozialökonomische Last einer Inflationsrate von über 100 Prozent und einer Arbeitslosigkeit von über 20 Prozent als zweitrangig erscheinen lassen. Somit erreichte die „Nationalistische Bewegungspartei" (MHP) von Türkes und ihre Grauen Wölfe ihr vorrangiges Ziel: Die Suche und der Ruf nach einem „starken Mann“ und die Forderung nach Schluß mit diesen unerträglichen Zuständen fand bei vielen Bürgern Anklang. Der bis zur Machtergreifung des Militärs regierende Ministerpräsident Demirel hatte in seiner Amtszeit die MHP und deren . Jugendorganisation“, die Grauen Wölfe, tatkräftig unterstützt und sogar in ihren Terrorakten stets ermutigt, weil gerade dadurch die Bevölkerung ihre ökonomischen und sozialen Probleme und Lasten nicht mehr als vorrangig betrachtete. Als aber die Terrorwelle sich nach der Ecevit-Regierung auch bei der Regierung Demirels über das „Erträgliche" hinaus ausweitete, war es bereits zu spät, der Lage Herr zu werden. Die wiederholten Angebote des Oppositionsführers Ecevit, unter Ausschluß der MHP eine Allparteien-Koalition zu bilden, um der aussichtslos gewordenen sozialen, politischen und ökonomischen Lage Herr zu werden, stieß bei Demirel stets auf Ablehnung.

Die MHP unterstützte nach außen hin die Forderung Demirels, die Parlamentswahlen im Oktober 1981 vorzuziehen, gleichzeitig bereitete sie mit ihr ergebenen Offizieren in der Armee einen Militärputsch vor, wie dies auch von Evren nach seiner Machtergreifung einige Male bestätigt wurde Mit der Behauptung, die vorgezogenen Parlamentswahlen würden die bestehende labile politische Lage kaum verändern, lehnte die CHP diesen Vorschlag ab.

Es war in der Tat kein Geheimnis, daß die MHP den Parlamentarismus nur als Mittel zum Zweck benutzte und die Erzwingung der völligen Macht in den Straßen, Wohnvierteln, Studentenheimen, in den Hochschulen, den öffentlichen Büros und Betrieben, den Fabriken vor allem mit Hilfe der ihr treuen und organisierten Offiziere in der Armee suchte. Gestützt auf reichliche Belege wird in der 945 Seiten umfassenden Anklageschrift des Militärgerichtes Türkes, seiner Partei und seiner Jugendorganisation „Idealistenvereine“ (Graue Wölfe) versuchter Umsturz der verfassungsmäßigen Ordnung, Hunderte von politischen Mordanschlägen, Provozierung von bürgerkriegsähnlichen Auseinandersetzungen, Spaltung des Volkes in verfeindete Lager mit kriminellen Methoden, Unterwanderung der staatlichen Institutionen usw. vorgeworfen. Die Anklageschrift liefert Belege und Hinweise darauf, daß die „Idealistenvereine“ vom Parteiführer Türkes direkt gelenkt, in ihren Aktionen auf seinen Befehl gehandelt haben. Die direkten Verbindungen der MHP und der „Idealistenvereine" in der Bundesrepublik werden auch durch die Anklageschrift untermauert

Ein durchaus möglicher, von der MHP geleiteter Militärputsch dürfte höchstwahrscheinlich zu einer Spaltung innerhalb der türkischen Armee und somit zum Bürgerkrieg führen. Die verheerenden Folgen einer solchen Entwicklung brauchen hier nicht erläutert zu werden.

Den Argumenten kann sicherlich schwer widersprochen werden, daß es unter den gegebenen Umständen zur militärischen Machtübernahme schließlich keine Alternative gab, die Demokratie zur reinen Fassade verkommen war, das Land sich im totalen Chaos befand, das Parlament total zerstritten war und in 110 Wahlgängen keinen Staatspräsidenten zu wählen und kein einziges der 1275 anstehenden Gesetze zu verabschieden vermochte, wie dies immer wieder aus dem Munde der Generalität zitiert und vorgeführt wird

Beschreibt man diesen Zustand, der das Eingreifen des Militärs für unumgänglich gemacht hatte, so müssen und dürfen notwendigerweise auch nicht die Ursachen, welche einen solchen Zustand, eine solche ökonomische, soziale und politische Lage heranreifen ließen, ignoriert und Ursachen mit Wirkungen verwechselt werden.

So werden sehr oft die unerträglichen Zustände vor der Machtergreifung des Militärs als Rechtfertigung genannt. Es wird dabei außer acht gelassen, wie es eigentlich dazu gekommen war, daß überhaupt eine solch unerträgliche Lage entstanden war. In diesem Zusammenhang ist zu fragen, was die Gründe der Entstehung des Terrors und der bürgerkriegsähnlichen Auseinandersetzungen waren. Bestehen nicht kausale Beziehungen zwischen den miserablen sozialen und ökonomischen Verhältnissen vor allem in den siebziger Jahren und dem Terror; ebenso wie zwischen dem Terror und den verantwortlichen Kräften für eine solche Entwicklung, die vom Terror politisch profitieren wollten? Es müßte erlaubt sein, noch konkreter zu fragen, weshalb eigentlich das System in der Türkei seit nunmehr drei Jahrzehnten nicht fähig ist, die Arbeitslosigkeit von weit mehr als 10 bis 15 Prozent zu mindern, die zunehmende Spaltung zwischen den verschiedenen sozialen Gruppierungen zu bremsen und die längst fälligen Reformen einzuleiten?

Tatsache bleibt, daß die internationalen Kapitalkreise und Organisationen die Chance der in Ansätzen reformwilligen Regierung Ecevit blockierten und somit den Weg mittelbar zur Vertiefung der Krise und zur Eskalation des Terrors freimachten. Daß dies in Kürze zur Machtergreifung des Militärs führen mußte, war für die Kenner der Verhältnisse der Türkei klar.

In diesem Kontext bleibt die Frage offen, wie weit diese Kreise nicht auch den Militärputsch einkalkuliert haben. Wenn dies der Fall wäre, was der objektiven Lage zumindest nicht widerspricht, so ist zu fragen, was eigentlich diese Machtergreifung des Militärs leisten kann?

Unsere Abhandlung dürfte gezeigt haben, daß die ökonomische, soziale, politische und gesellschaftliche Krise der Türkei strukturell und tiefgreifend ist und daher auch die gesamte Gesellschaft erfassende radikale Strukturveränderungen, d. h. ein Paket von sich gegenseitig ergänzenden Reformen erforderlich macht Die Verwirklichung der strukturellen Reformen ist aber kaum denkbar, ohne eine konsequente Politik gegen die Interessen der herrschenden Klasse der Türkei und zugleich eine den Interessen des Landes entsprechende und vom Ausland unabhängige Politik zu betreiben.

„Die Bewahrung der nationalen Integrität, die Wiederherstellung der nationalen Einigkeit, des sozialen Friedens und der Autorität des Staates, die Beseitigung der Hindernisse für das Funktionieren eines sozial gerechten, freien, die Menschenrechte respektierenden, laizistisch-republikanischen Regimes" dies sind zusammengefaßt die proklamierten Ziele des Militärputsches. Als wichtigstes Mittel zur Verwirklichung dieser Ziele wurden genannt: Ausarbeitung einer neuen Verfassung, eines neuen Wahl-und Parteiengesetzes, eines neuen Strafgesetzes, welches den Terror verhindert, Erleichterung der Wahl des Staats-präsidenten sowie ein neues Gesetz über die Neuordnung der Beziehungen zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern

Ende Oktober 1980 trat eine neue, aus sieben Artikeln bestehende, provisorische Verfassung in Kraft, wodurch zwar die Beibehaltung der Verfassung von 1961 mit ihren Änderungen bis zur Ausarbeitung der neuen Verfassung bejaht wird. Gleichzeitig führt aber die neue provisorische Verfassung die alte ad absurdum, da alle Maßnahmen und Gesetze des „Nationalen Sicherheitsrates" (er besteht aus einer fünfköpfigen Militärführung), sowie des neuen Kabinetts „nicht als verfassungswidrig angesehen werden dürfen und die Einschaltung des Verfassungs-und Verwaltungsgerichtes nicht in Frage kommt"

Die zitierten Zielsetzungen der Militärführung beschränken sich, wie zu sehen ist, lediglich auf ein formal-rechtliches Gerüst des Staates, aber nicht auf ökonomische oder soziale Erneuerungen und Reformen. Hierbei erklärten die neuen Machthaber wiederholt, daß sie auf wirtschaftlichem und außenpolitischem Gebiet eine Weiterführung der Politik des von ihnen gestürzten rechtskonservativen Kabinetts Demirel festhalten wollen. Zur Bestätigung und als Garant dieser Politik wurde der leitende Wirtschaftsberater und Staatssekretär der Regierung Demirels, Turgut Özal, zum stellvertretenden Ministerpräsidenten im neuen Kabinett der Militärs ernannt.

Es wäre nicht exakt, wenn hier nur betont würde, daß die Militärführung lediglich das ökonomische und außenpolitische Programm Demirels übernommen hat und fortsetzen will. Auch, und insbesondere gerade die in Aussicht gestellten rechtlichen Veränderungen sind seit 1965 stets wiederholte Ziele der „Gerechtigkeitspartei" und deren Vorsitzenden Demirel gewesen. Er fand aber für solche grundlegenden Änderungen der Verfassung nicht die notwendige Zweidrittelmehrheit

Das, was jetzt von der Militärführung also nicht nur ökonomisch und außenpolitisch, sondern auch für die rechtliche Gestaltung des Staatswesens vorgenommen worden ist, war das Ziel der konservativen Kräfte in der Türkei, die die demokratisch-liberale Verfassung von 1961 für die Türkei „zu luxuriös“ fanden. Noch wichtiger als die Diskussion darüber, ob und wieweit das Eingreifen des Militärs notwendig war und über die Ursachen, ist die Frage, wie die Demokratisierungsvorstellungen der Generalität für die Zukunft aussehen. Hierfür genügt es, sich die bereits gesetzlich festgelegte Struktur der „verfassunggebenden Versammlung" (Kurucu Meelis), sowie die gesetzlich fixierten „Arbeitsbedingungen" der neuen Verfassung, das Parteien-und Wahlgesetz, vor Augen zu führen.

Am 29. Juni 1981 verabschiedete der aus fünf Generälen bestehende „Nationale Sicherheitsrat" ein Gesetz, daß die Einberufung und Kompetenzen der verfassunggebenden Versammlung regelt Gemäß diesem Gesetz besteht die verfassunggebende Versammlung aus dem „Nationalen Sicherheitsrat" und aus 160 von ihm zu bestimmenden Mitgliedern. 40 dieser Mitglieder werden direkt, die restlichen auf Empfehlung der Gouverneure der Provinzen ebenfalls von der Generalität ernannt, wobei die Gouverneure dreimal mehr empfehlen, der „Nationale Sicherheitsrat", unter ihnen jeweils einen auswählen soll. Zwei vom „Nationalen Sicherheitsrat" verabschiedete Gesetze verbieten den Funktionären und Mitgliedern der Parteien jegliche politische Betätigung und Meinungsäußerung über die Arbeit des „Nationalen Sicherheitsrats" und der Regierung. Wie diese Gesetze deutlich zeigen, wird die neue Verfassung, das neue Wahl-und Parteiengesetz, kurz: die zukünftige Ausgestaltung der Demokratie in der Türkei, unter der strikten Regie des „Nationalen Sicherheitsrats", unter Ausschluß aller demokratischen Parteien und Verbände sowie durch Unterdrückung jeder Art von Kritik erfolgen. Ein Kommentar über die Qualität der „verfassunggebenden Versammlung" sowie der gesetzlichen Bedingungen dürfte sich wohl erübrigen.

Eines kann aber bereits heute ohne Schwierigkeiten prognostiziert werden: Diese „Demokratie ä la Generalität“ wird, wie die bisherige Praxis belegt, die Grundrechte und Freiheiten, die den Bestand einer wahren Demokratie voraussetzen, weitgehend beschneiden und einengen. Ein nach Ermessen und Gutdünken des Militärs, formal legal zusammengesetztes und auch zukünftig dirigierbares Regime wird mit einer „demokratischen" Fassade geschminkt sein. Gerade dieser Aspekt ist der Kern meiner Kritik an der Militärjunta und ihrer Machtausübung.

Es ist in diesem Kontext zu fragen, weshalb eigentlich Tausende von Demokraten und Linken, von Verlegern, Gewerkschaftern, Lehrern, Arbeitern, Senatoren, Bürgermeistern, die mit dem Terror in keiner Weise zu tun gehabt haben, seit der Machtergreifung immer noch in Haft sind. Weder der Senator Ahmet Yildiz, noch der Bürgermeister von Ankara, Ali Dincer, der ehemalige Bürgermeister von Istanbul, Ahmet Isvan, der Abgeordnete Süleyman Genc, der Vorsitzende der „Konföderation progressiver Gewerkschaften" (DISK) Abdullah Bastürk oder Schriftsteller und Journa-list Ilhami Soysal, um nur einige in der Türkei sehr populäre Namen zu nennen, haben mit dem Terrorismus in der Türkei irgendwelche Gemeinsamkeiten gehabt. Im Gegenteil — sie haben sich stets gegen Terroraktionen gewandt. Empörend ist das Verbot aller oppositionellen gewerkschaftlichen Aktivitäten sowie die laufenden Prozesse gegen ihre führenden Mitglieder. Die Militärstaatsanwaltschaft von Istanbul hat bereits für 52 der führenden Mitglieder von DISK die Todesstrafe beantragt. Glaubwürdigen Informationen zufolge bestehen unter der Führung der Generalität erhebliche Differenzen beim Vorgehen gegen die Urheber des Terrors und die unmittelbar schuldigen Terroristen. Um die wahre Quelle des Terrors, die MHP-Führung und ihre Mitglieder, bestrafen zu können, wird versucht, mit Prozessen gegen unschuldige Demokraten und Linke eine Art Balance herzustellen.

Die herrschende Klasse der Türkei erweist sich seit Jahrzehnten unfähig, die grundlegenden demokratischen Normen der westlichen Industriestaaten zu akzeptieren, zu denen sie sich stets zugehörig zu fühlen behauptet. Sie hat nie begriffen, daß die westlichen Demokratien nicht nur aus einer rein kapitalistischen Marktwirtschaft bestehen, sondern diese westliche Gesellschaftsordnung längst überwunden wäre, wenn die seit mehr als 100 Jahren schrittweise eingeleiteten ökonomischen, sozialen und rechtlichen Reformen genauso wie in der Türkei bis heute blockiert worden wären.

Daher scheint es völlig unbegründet zu sein, für die Türkei auch dieses Mal einen Ausweg mit Hilfe des Militärputsches zu erhoffen. Diese Politik versucht, die Mücken einzeln zu bekämpfen, anstelle deren Quelle, den Sumpf also, beseitigen zu wollen, wie es einmal der Journalist Mumcu bildhaft formulierte.

Sicherlich kann nicht nach einem Jahr über die Ergebnisse der Wirtschaftspolitik der Militärherrschaft ein Urteil gefällt werden, jedoch zeigt nicht nur die konsequente Fortsetzung des ökonomischen Programms der Regierung Demirel, sondern auch alle inzwischen eingeleiteten Maßnahmen sehr deutlich, daß die neuen Machthaber an erster Stelle an ihren Mißerfolgen auf dem ökonomisch-sozialen Gebiet scheitern werden.

Die Qualität des Eingreifens des Militärs und die zu erwartenden Resultate sind nur die eine Seite der Medaille. Die andere Seite ist, wie der belgische Ministerpräsident es formulierte, die: . Jeder Staatsstreich ist ein Schlag gegen die Demokratie, ein Schlag gegen die Demokraten aller Länder." Nicht allein die wiederholten Staatsstreiche in den Entwicklungsgesellschaften, sondern deren Ursachen müßten von allen Demokraten entschieden bekämpft werden.

IV. Schlußfolgerungen und Prognose

Die Türkei steckt Anfang der achtziger Jahre in einer großen Wirtschafts-und Gesellschaftskrise. Die durch die Übernahme des US-amerikanischen Entwicklungsmodells importierten neuen Maßstäbe und Wertvorstellungen entsprechen jedoch nicht den Erfordernissen und Bedürfnissen der Türkei. Bei einer nur oberflächlich-kurzfristigen Betrachtungsweise könnten sie vermeintlich zwar eine nützliche und brauchbare Funktion zeigen, eine genaue Analyse und vor allem praktische Erfahrungen haben erwiesen, daß sie einem langfristig gesunden Entwicklungsprozeß der Türkei nicht gemäß sind.

Die grundlegenden Fehler zeigen sich heute deutlich darin, daß dieses Entwicklungsmodell — die vorhandenen Ressourcen des Landes weitgehend ignoriert, — eine weit über das Notwendige hinaus vom Ausland strukturell abhängige Wirtschaft aufbaut, — für ein Entwicklungsland wie die Türkei vorerst nicht brauchbare Konsumbedürfnisse mit sich bringt, — die vorhandene Dynamik zu einem Erneuerungsprozeß und den notwendigen Reformen den Weg blockiert, — die materielle und soziale Kluft zwischen den Klassen und Schichten in der Gesellschaft vertieft und somit den Konflikt schürt und schließlich — durch die Dauerhaftigkeit der Krise und die Ausweglosigkeit aus der Wirtschafts-und Gesellschaftskrise die positiven Eigenschaften und Werte in der Gesellschaft zunehmend zerstört.

Es ist kein Zufall, wenn bei der Energieerzeugung die reichlich vorhandenen Landesressourcen Wasserkraft und Braunkohle ver-nachlässigt werden und an deren Stelle das importierte Erdöl Verwendung findet. Es ist auch nicht Unwissen, wenn die aufgebaute Industrie weder den Erfordernissen des Landes angemessen ist noch ohne importierbare Ersatzteile funktionsfähig ist. Es war auch keine irrtümliche Investitionslenkung, anstelle einer sich zunehmend selbst versorgenden Produktionsgüterindustrie eine vom Ausland stark abhängige Luxuskonsumgüterindustrie aufzubauen. Es war und ist aber auch nicht die Überzeugung der Regierenden, im Interesse des Landes gegen jegliche Erneuerung und notwendige Reformen entschiedenen Widerstand zu leisten. Nein, diese Politik entsprach und entspricht den Interessen der in-und ausländischen Industrie-und Finanzkreise sowie den privilegierten Eigentums-und Besitzverhältnissen. Dies war und ist Politik im Interesse einer Minderheit auf Kosten der breitesten Teile der türkischen Bevölkerung.

Das US-amerikanische Entwicklungsmodell hat in der Türkei versagt und seine Glaubwürdigkeit bei der großen Mehrheit der Bevölkerung in jeder Hinsicht verloren. • Die Türkei verfügt über große Möglichkeiten, die ihr bei einer konsequenten Korrektur dieser Fehlorientierung die Kontrolle über die Krise, wenn nicht in kurzer, so doch in nicht allzu ferner Zeit verschaffen könnten.

Eine konsequente Korrektur der Fehlorientierung setzt allerdings strukturelle Maßnahmen voraus, die in wenigen Jahren nicht verwirklichbar sind.

Dringend erforderlich sind:

1. Minimierung des Außenhandels-und Zahlungsbilanzdefizits. Hierfür müssen die Exporte der Türkei qualitativ und quantitativ mit allen Anstrengungen erweitert werden. Eine Erschließung neuer Märkte ist unerläßlich. Die Minimierung der Importe bis auf das Notwendigste ist unvermeidlich. Durch Erhöhung der Erträge bei der Landwirtschaft könnte die Türkei zu einem der wichtigsten Getreideexporteure der Welt werden.

Die großen Möglichkeiten des Landes auf dem Tourismussektor liegen weitgehend brach. Tourismus könnte für die Türkei durch eine vernünftige Planung zu einer bedeutenden Devisenquelle gemacht werden.

2. Bei den Investitionen muß sich die Türkei auf die eigenen Quellen stützen. Durch Erhöhung der Ersparnisse am Bruttonationaleinkommen müßten die Investitionen erweitert und qualitativ verbessert werden. Dabei müßte vor allem die Importabhängigkeit des Landes soweit wie möglich abgebaut werden. 3. Eine vermehrte Ausnutzung der vorhandenen Kapazitäten bei den industriellen und landwirtschaftlichen Betrieben müßte erkämpft werden.

4. Die Energieerzeugung muß mit Sofortmaßnahmen auf Wasserkraft und Braunkohle orientiert werden. Der Anteil des Erdöls bei der Energieerzeugung muß schrittweise verringert und so schnell wie möglich gänzlich abgebaut werden.

5. Die an Luxuskonsumgütern orientierte und stark importabhängige Industrie, wie die Autoindustrie, müßte schrittweise für die Erzeugung anderer Maschinen, wie Traktoren und landwirtschaftliche Geräte, umgebaut werden.

6. Die am Auto und Erdöl orientierte Verkehrspolitik müßte mit Investitionen zugunsten der Eisenbahnlinien, der Schiffahrt aufgegeben werden.

7. Der Abbau der Arbeitslosigkeit müßte als wichtigstes Problem des Landes angesehen und dafür besondere Maßnahmen entwickelt werden. Dabei ist notwendig, besonders den Dienstleistungssektor arbeitsintensiv auszurichten, vor allem aber müßte das Investitionsvolumen stark erhöht werden.

8. Auf Investitionen in den wenigen Industriezentren sollte gänzlich verzichtet werden, und vor allem sollten sie ausschließlich in industriell wenig entwickelten Gebieten erfolgen. 9. Die Sanierung der türkischen Währung sowie die rapide Senkung der Inflationsrate müßten in den Katalog der wichtigsten Maßnahmen aufgenommen werden. 10. In einem Gesamtpaket müßten dringend notwendige Reformen konsequent durchgeführt werden: eine Land-und Bodenreform, eine Erziehungs-und Ausbildungsreform, eine Steuerreform, eine Reform der staatlichen Unternehmungen, Planung des Bevölkerungszuwachses und planmäßige Entwicklung der Städte dürfen nicht mehr blockiert werden. 11. Eine rapide Verringerung der rd. 600 000 Soldaten und drastische Kürzung der Verteidigungsausgaben, welche ein Drittel des Jahresetats ausmachen, ist unerläßlich.

12. Schließlich können die Erfolgschancen dieser Maßnahmen ohne eine radikale Änderung des bestehenden Entwicklungsmodells und Systems insgesamt nicht von Dauer sein.

Die chronische und sich zunehmend zuspitzende Wirtschafts-und Gesellschaftskrise in der Türkei gibt uns bereits seit langem alarmierende Signale, daß es so wie bisher nicht weitergehen kann. Manche In-und ausländiB sehen Kräfte setzen ihre letzte Hoffnung auf einen offenen Faschismus oder auf eine im Notfall immer wieder eingreifende Militärherrschaft.

Viele und darunter junge Beispiele aus den Reihen der Entwicklungsländer zeigen aber, daß man zwar mit Hilfe der faschistischen oder militärischen Machtergreifung eine Zeit-lang der Lage Herr werden kann, wie in Indonesien, Brasilien, Chile, Argentinien usw. Aber nirgends auf der Welt war die Gewaltherrschaft von Dauer, weder in Deutschland, noch in Italien, Spanien, Portugal, Griechenland, Äthiopien, Persien, Guatemala, in Süd-Vietnam, in Laos oder in Angola, wie auch immer die neuen Herrschaftsverhältnisse zu bewerten seien.

Die Machtergreifung des Militärs ist nur infolge des erneuten Versagens des Entwicklungsmodells als ein dritter und offensichtlich letzter Versuch innerhalb von zwanzig Jahren zu verstehen, die bestehenden Herrschaftsund Gesellschaftsverhältnisse retten zu wollen. Weder diese Verhältnisse noch das ihnen zugrundeliegende Gesellschaftssystem ist mehr vertretbar und fähig, die Türkei aus dem circulus vitiosus herauszuholen. Es ist Zeit, mit einer Reihe von radikalen Reformen eine tiefgreifende Veränderung nunmehr in die Wege leiten zu helfen, zumindest aber ihr nicht im Wege zu stehen.

Eine auf Gleichheit der Partner basierende ökonomische, politische und militärische Zusammenarbeit der Türkei mit ihren Verbündeten ist für sie wegen ihrer Verflechtungen unverzichtbar. Die echten Verbündeten der Republik Türkei könnten ihr bei der Bewältigung ihrer ökonomischen Schwierigkeiten helfen, was Voraussetzung eines kontinuierlichen Demokratisierungsprozesses ist. Wie diese „Hilfe“ sein sollte und wie sie nicht sein dürfte, wurde auf Basis der Analyse der letzten drei Jahrzehnte konkret erläutert. Die europäischen Verbündeten der Republik Türkei haben diese Chance noch nicht verspielt.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Vgl. H. Keskin, Die Türkei, Berlin 1978, S. 71 bis

  2. Vgl. Milliyet, Die erste Erklärung der Militärführung nach dem Putsch, 13. 9. 80.

  3. Vgl. E. Colayan, Milliyet, 6. Mai 1980, S. 6.

  4. Vgl. E. Colayan, Milliyet, 6. Mai 1980, S. 6.

  5. Vgl. Jahresbericht der Zentralbank der Republik

  6. Vgl. Y. Dogan, Die Türkei in der Umklammerung ues IWF, in: Cumhuriyet, 11. — 23. März , 1980; vgl. auch E. Cölasan, Das Geheimgutachten des IWF’s in: Milliyet, 6. August 1979; vgl. auch K. Boratav, Die Absichten des IWF und die Ersetzung des Imports, in: Milliyet, 27. August 1979, S. 2.

  7. Vgl. Milliyet, 14. Januar 1978, S. 11.

  8. Vgl. H. Keskin, Die Türkei... a. a. O., S. 183.

  9. Milliyet, 11. März 1978, S. 11.

  10. vgl. Milliyet, 28. Dezember 1977, S. 11.

  11. Vgl. Birlik Haberleri, Türkische Ingenieur-und Architektenkammer, Nr. 11, 11. April 1975, S. 7.

  12. Vgl. ebd.

  13. Vgl. Frankfurter Rundschau, 13. 8. 1980, S. 6.

  14. Vgl. Wirtschaftsgutachten 1979, Ankara 1979, S. 303 und 307.

  15. Cumhuriyet, 20. August 1977.

  16. Vgl. Milliyet, 18. Janaur 1979, S. 11 und 5. Dezember 1980, S. 7.

  17. Hürriyet, 17. Dezember 1977, S. 1.

  18. Vgl. Selcuk, Cumhuriyet, 18. März 1980, S. 2.

  19. Vgl. ÜBYP — 3. Fünfjahresplan, S. 121— 122, vgl. auch DBYP — 4. Fünfjahresplan.

  20. Vgl. DBYP — 4. Fünfjahresplan, Ankara 1979, S. 19; vgl. auch Jahresbericht der Zentralbank der Türkischen Republik für 1979, Ankara 1980, S. 146 u. 148.

  21. Vgl. N. Saygilioglu, Die Entwicklung hat verschiedene Mittel, in: Milliyet, 24. 11. 1980, S. 5.

  22. Vgl. Milliyet, 31. 12. 1980, S. 5.

  23. Vgl. Cumhuriyet, 24. Juni 1— 81, S. 5.

  24. VgL Y. Dogan, Cumhuriyet, 1. Dezember 1979.

  25. Nach der jüngsten Abwertung der türkischen Hira Anfang Juni 1980 1 DM = 44, 85 TL.

  26. Vgl. Hürriyet, 6. u. 7. Januar 1981, S. 7.

  27. Vgl. Cagdas Toplum, Monatszeitschrift für Politik, Berlin, Januar-Februar 1981, S. 24.

  28. Vgl. H. Keskin, Die Türkei..., a. a. O., S. 237 bis 240.

  29. Vgl. Cumhuriyet, 16 Ekim 1979.

  30. Vgl. Cumhuriyet, 20. November 1980.

  31. Vgl. Cumhuriyet, 20. Februar 1980, S. 1.

  32. Vgl. Cumhuriyet, 19. Januar 1980, S. 1.

  33. Vgl. Hurriyet, 9. Juli 1980, S. 1.

  34. Vgl. Hürriyet, 9. Juli 1980, S. 1.

  35. Vgl. N. Ilicak, Die Eskalierung der Terroranschläge, Tercüman, 31. 5. 1980, S. 1, vgl. auch Milliyet, 3. 9. 1980, S. 1.

  36. Vgl. Milliyet, 4. Oktober 1980.

  37. Vgl. „Wir veröffentlichen die Anklageschrift der MHP" in: Cumhuriyet, 22., 23., 24. u. 25. August 1981, S. 6 und 7.

  38. Vgl. A Kohlschütter, „Noch sind die Menschen der Armee dankbar“, in: Die Zeit, 31. Juli 1981, S. 4.

  39. Vgl. Cumhuriyet, Milliyet und Hurriyet vom 18. 9. 1980.

  40. Vgl. Ebd.

  41. Vgl. Milliyet, Cumhuriyet und Hürriyet vom 29. Oktober 1980.

  42. Vgl. Süddeutsche Zeitung und Der Tagesspiegel vom 16. 9. 1980, S. 2 u. 3, vgl. auch Cumhuriyet, Milliyet und Hürriyet vom 18. 9. 1980.

  43. Vgl.den Gesetzestext in: Milliyet, 2. Juli 1981, S. 7.

  44. Vgl. Theo Sommer, Zahlen für eine getürkte Republik?, Die Zeit, 19. 9. 1980, S. 1.

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Hakki Keskin, Dr. rer pol., wissenschaflicher Mitarbeiter an der Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege Berlin und Lehrbeauftragter an der Freien Universität Berlin; geb. 1943 in Hamsiköy-Trabzon/Türkei; Studium der Politikwissenschaft an der Freien Universität Berlin, 1977 Promotion; Planungsberater beim staatlichen Plahungsamt beim Ministerpräsidenten der Türkei (bei Ecevit); seit Anfang 1980 wieder in Berlin. Veröffentlichungen u. a.: Die Türkei, Berlin 1978; Warum wir gegen die Unterentwicklung kämpfen, in: Birlik Nr. 4, Köln, November 1970 (in türkisch); Imperialismus, Unterentwicklung, Militärregierung in der Türkei, in: Probleme des Klassenkampfes Nr. 5, Dezember 1972; Die Investitionspolitik in den Fünfjahresplänen der Türkei in den Jahren 1963— 1978, Ankara 1978 (in türkisch); Das gescheiterte kapitalistische Entwicklungsmodell in der Türkei, in: Kritik Nr. 22, Berlin 1979; Sektierertum, in: Cagdas Toplum, Berlin, April 1980 (in türkisch); Rückständigkeit und das System, in: ebda. Mai 1980 (in türkisch).