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Friedenssicherung durch Gewaltverzicht? | APuZ 15-16/1983 | bpb.de

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APuZ 15-16/1983 Friedenssicherung durch Gewaltverzicht? Regionalisierung eines Nuklearkrieges in Europa? ABM in den achtziger Jahren Technische Möglichkeiten und strategische Zwänge

Friedenssicherung durch Gewaltverzicht?

Daniel Frei

/ 44 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

„Frieden schaffen ohne Waffen — geht das? Laut der vorherrschenden Meinung der aktuellen Friedensbewegung könnte Gewaltverzicht in dreifacher Weise dem Frieden dienen: 1. durch einseitige Abrüstung, 2. durch Soziale Verteidigung, 3. durch abgestuftes Entgegenkommen. Jeder dieser drei Ansätze wird zunächst aus der Sicht seiner Vertreter dargestellt und dann kritisch geprüft. Die verfügbaren theoretischen und empirischen Befunde ergeben, daß sie ihr Ziel (Abhaltung oder Vertreibung eines Aggressors, Herbeiführung von Entspannung und Frieden) nicht zu erreichen vermögen, sondern z. T. sogar noch gefährden. Sie lenken wertvolle idealistische Motivationskräfte ins Abseits, statt sie der eigentlichen Aufgabe der Menschheit zugute kommen zu lassen: der Schaffung eines globalen Systems der friedlichen Konfliktlösung.

Eine ausführlichere Fassung dieses Beitrags ist un-ter dem gleichen Titel als selbständige Schrift er-s'nienen in der Reihe „Tatsachen und Meinungen“ Ae Schweizerischen Ostinstituts (Verlag SOI), en 1983. Eine Kurzfassung erscheint im Loseb- twerk „Das christliche ABCdes Verlags H. Schä- Bad Homburg.

Einleitung

Abb. 1: Gewaltverzichtsstrategien

„Frieden schaffen ohne Waffen!" — die im Zeichen dieses Schlagworts geführte Diskussion um gewaltfreie Alternativen zur militärischen Sicherheitspolitik hat sich leider irgendwie in eine Lage zwischen zwei Stühlen hineinmanövriert: Auf der einen Seite sitzen jene, die aus verständlichem Unbehagen über die nicht bestreitbare Unstabilität des Abschreckungssystems und die jederzeit drohende Möglichkeit eines nuklearen Holocaust die herkömmlichen, in der Tat unbefriedigenden Ansätze der Sicherheitspolitik grundsätzlich in Frage stellen und, von dieser wohlbegründeten Kritik ausgehend, vorschnell und unkritisch oder auf jeden Fall wenig kritisch, d. h. ohne weitere Prüfung, sich vorbehaltlos hinter gewalt-freie Alternativen stellen. Auf dem andern Stuhl sitzen jene, die sich die Sache allzu-leicht machen, indem sie aus einer Haltung des „Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube" solche gewaltfreien Alternativen ohne weitere Bemühungen um Begründungen und mit pauschaler Gebärde zurückweisen. Beide Seiten besitzen etwas gemein-chen Mitteln. Ein solcher Versuch soll im folgenden aus sozialwissenschaftlicher Sicht unternommen werden. Hierfür sind drei Schritte erforderlich: 1. Herausarbeiten der logischen Struktur der verschiedenen Theorien der gewaltfreien Verteidigung, d. h.deren Umsetzung in ein Gefüge überprüfbarer Hypothesen, 2.deren „theorieimmanente" Überprüfung auf Vollständigkeit und Widerspruchsfreiheit und 3. ein Vergleich dieser Hypothesen mit der verfügbaren empirischen Evidenz. Es geht folglich nicht darum, einfach . Argumente zu sammeln", sondern in wissenschaftstheoretisch und methodologisch reflektierter Weise Schlüsse zu ziehen, soweit solche Schlüsse möglich und zulässig sind.

Konflikt Abb. 7

Der Bereich der Strategien, die auf Gewalt-verzicht beruhen, soll dabei, wie in Abbildung 1 dargestellt, abgegrenzt und gegliedert werden:

Abb. 8:

Auszugehen ist von der Definition von „Gewaltfreiheit" als eines einseitigen Verzichts auf Gewaltanwendung gegenüber einem Geg-Abb. einseitige Abrüstung sam: den Verzicht auf eine gründliche gedankliche Durchdringung der Problematik. Die Aufgabe lautet folglich, das Versäumte nachzuholen, und zwar mit wissenschaftli-ner, der möglicherweise Gewalt anzuwenden bereit ist. Gemeinsames Hauptmerkmal aller gewaltfreien Strategien bildet der Gedanke der einseitigen Vorleistung oder der sog. Unilateralismus. Zu unterscheiden ist sodann zwischen radikalem Unilateralismus und Gradualismus. Der erste Ansatz beruht auf einer Politik des vollständigen einseitigen Entgegenkommens, d. h. auf einer Politik der größtmöglichen und in einem einzigen Zug erbrachten Vorleistung, der zweite auf einer schrittweisen Durchführung dieser Politik, verknüpft mit der Erwartung auf Gegenseitigkeit (Reziprozität). Bei der Konkretisierung des radikal-unilateralistischen Ansatzes sind die einseitige Abrüstung und die Soziale Verteidigung auseinanderzuhalten. Denkbar wäre noch eine dritte Variante: das radikale politisch-diplomatische Entgegenkommen; da sich dessen Logik von derjenigen der einseitigen Abrüstung kaum unterscheidet, soll auf dessen Erörterung hier verzichtet und es lediglich zum Zweck von Analogieschlüssen herangezogen werden. Nicht berücksichtigt, weil eine ganz andere Problematik darstellend, sind die Verfahren des vertraglichen Gewaltverzichts (z. B. Kellogg-Pakt), der bilateralen Nichtangriffspakte und der multilateralen Gewaltverbote (z. B. UNO-Charta).

I. Die Theorien

Abb. 2: Gefangenendilemma

1. Die Theorie der einseitigen Abrüstung Die Idee einer einseitigen Abrüstung ist nicht neu und wurde schon in der Zwischenkriegszeit durch zahlreiche Befürworter artikuliert, die ihre Leser oder Zuhörer beschworen, doch endlich aus dem „Zirkel des Fluches" 1) auszubrechen. Heute sprechen manche von der Notwendigkeit, „aus der geschichtlichen Zwangslogik auszusteigen 2). Das Problem läßt sich — weniger bildlich, aber um so präziser — in spieltheoretischer Notation fassen als sog. Gefangenendilemma 3). während das andere Land abrüstet, hätte man auf jeden Fall die Oberhand. Die zweitbeste Lösung mit dem Nutzen 3 ist die beidseitige Abrüstung; die drittbeste mit dem Nutzen ist das beidseitige Nichtabrüsten oder Weiterrüsten, und das schlimmste, was einer Partei passieren könnte, Wäre eine Situation, in der sie selber abrüstet, die Gegenseite aber weiterrüstet (=Nutzen 1). Die Regeln der Rationalität gebieten es jedem Partner, sich für den schlimmsten Fall vorzusehen, also jene Handlungsalternative zu wählen, die auch dann noch ein verhältnismäßig günstiges Ergebnis verspricht, wenn der Partner eine ungünstige Handlungsalternative wählen sollte. Folglich wird er, um das Ergebnis 1 (einseitige Abrüstung und Überrumpelung durch den Gegner) zu verhüten, „für alle Fälle" und „zur Sicherheit" nicht abrüsten — und genau so denkt auch der andere. Folglich rüstet keiner ab, obwohl sie beide an sich daran interessiert wären, gemeinsam abzurüsten (je Nutzen ); allein das Mißtrauen veranlaßt sie beide, mit dem zweitschlechtesten Ergebnis (je Nutzen 2) vorlieb zu nehmen.

Abb. 9:

Die Vertreter der einseitigen Abrüstung möchten nun dieses Mißtrauen überwinden und den „Zirkel des Fluches“ durchbrechen, indem sie ein eindeutig klares Zeichen setzen, eine entwaffnende — eine im wörtlichsten Sinn des Wortes sich selbst entwaffnende — Geste tun durch eine dramatische Abrüstungsvorleistung. Diese soll dem Gegner zeigen, daß sein Mißtrauen sich erübrigt und er folglich risikolos ebenfalls den Pfad der Abrüstung beschreiten kann. Mit anderen Worten: Als Hauptursache der bisher tragisch vorherrschenden Situation der Nichtabrüstung gelten in dieser Sicht das Mißtrauen und das daraus folgende Mißverständnis über die Absichten des anderen.

Abb. 10:

Die — meist nicht ausgesprochene — An nähme der Abrüstungs-Unilateralisten laute folglich, daß Mißtrauen und Mißverständnis sich durch Verhandeln, überhaupt durch verbale Kommunikation nicht überwinden lassen, sondern nur durch nichtverbale Kommunikation. Bekanntlich stagnieren die meisten Abrüstungsverhandlungen über kurz oder lang zum „dialogue des sourds", wo die Parteien am grünen Tisch sitzen und, wie es jeweils in den Presse-Verlautbarungen beschönigend heißt, „ihre Standpunkte offen austauschen". Wo verbale Verständigung in solcher Weise hohl wird, nützt es, gewisse Dinge einfach zu tun, statt zu sagen. Statt beispielsweise zu sagen: „Wenn du abrüstest, rüsten auch wir ab, und wir erwarten umgekehrt, daß ihr jeden Abrüstungsschritt, den wir tun, durch entsprechende Schritte beantwortet" — statt in solcherlei Verhandlungen überhaupt einzutreten, die über kurz oder lang scheitern müssen, lohnt es sich gemäß der Theorie des radikalen Unilateralismus, einen Schritt einfach einmal zu tun und vertrauensvoll abzuwarten, was dann weiter geschieht. Radikaler Unilateralismus heißt also „Verständigung durch Taten".

einseitige Initiative Unter-ZÜberschreitung des optimalen Risikoumfanges Grad der normativen Übereinstimmung Symmetrie/Asymmetrie der Rüstungsstruktur Entgegenkommen der anderen Seite Ausnützen des Entgegenkommens Hg 2 Politik der Härte Abb. 11

Verständigung durch Taten, oder genauer: durch Taten allein, hat im übrigen auch den Vorteil, daß bestimmte delikate Bereiche des gegenseitigen Spannungsverhältnisses dadurch nicht berührt werden. Taten sind Taten und weiter nichts als Taten — man braucht, im Gegensatz zu verbalen Verhandlungen und Abmachungen, dabei nicht einzugestehen, man anerkenne die Gegenseite oder gar die Richtigkeit des Standpunktes der Gegenseite. Man tut etwas, weil man es tut; falls der Versuch fehlschlägt und die Gegenseite nicht gleichzieht, kann man sich immer noch dadurch rechtfertigen, daß man die Tat eben als „autonome Maßnahme" verstehe, als Ausfluß freien Willens und keineswegs als Verpflichtung aufgrund einer Abmachung. Man braucht sich dann auch nicht vorwerfen zu lassen, man habe sich täuschen lassen und sei leichtgläubig oder naiv gewesen. Nichtverbale Verständigung, Verständigung durch Taten allein, ist somit prestigeneutral, und das fällt in einem so prestigegeladenen Bereich wie dem Spannungsfeld der Sicherheitspolitik erheblich ins Gewicht.

Verweigerung des Nutzens Konversion des Gegners ') Abzug der Besetzungs-oder Kolonialmacht Dissuasion nicht-wirtschaftliche

Ziele hoher Wertstan-dard Geschlossenheit, Disziplin Gegenstrate-

gien Erfolg') Tabelle 1: 10 Fälle von SV, beurteilt nach dem theoretischen Modell 1. amerikanische Kolonien, 1763— 1776 2. passiver Widerstand Ungarns gegen Österreich, 1850— 1867 3. finnischer Widerstand gegen Rußland, 1898— 1905 4. chinesische Boykotte gegen Japan, 1905 5. Ruhrkampf, 1923— 1925 6. indische Un띈ޒ

Eine weitere der Theorie der einseitigen Abrüstung zugrunde liegende Annahme lautet, daß Mißtrauen eine Folge der Rüstung ist und nicht umgekehrt. Die Tatsache, daß zwei Gegner bis an die Zähne bewaffnet sich einander gegenüberstehen, schafft eine Situation der sich laufend fortpflanzenden Gegnerschaft und Furcht voreinander. So meint beispielsweise Erich Fromm: „Das Schlimmste, was die Sowjetunion und die Vereinigten Staaten voreinander zu fürchten haben, ist die Furcht selbst." Wie „Skorpion und Tarantel in einem Glas sind sie gezwungen, einander bis zum Tode zu bekämpfen — einfach weil sie beide wissen, daß der andere einen Stachel hat. Der Schritt der einseitigen Abrüstung hat, so nimmt die Theorie an, eine entspannende Wirkung; mit einemmal verschwindet dann die Situation der Gegnerschaft, und das Gefangenendilemma hört auf, ein Dilemma zu sein.

Abbildung 13

Zudem hat gemäß dieser Theorie ein solcher Schritt noch weitere heilsame Folgewirkungen: Einmal löst er eine Art „Hemmungs-Mechanismus" aus — Wehrlose werden nicht angegriffen. Lorenz hat bei der Untersuchung des Verhaltens von Wölfen festgestellt, daß Wölfe bei der Bereinigung von Konfliktsituationen um Rang und Führung zum Zeichen der Unterwerfung als „Demutsgebärde" dem Gegner den Hals zum Biß hinhalten; diese Geste löst beim Gegner einen „HemmungsMechanismus" aus, der den Kampf anhält und beendigt Schließlich veranlaßt die unilaterale Geste beim Gegner eine entsprechende Antwort, und er zieht reziprok nach. „Einer muß anfangen" — das hat eine Demonstrationswirkung, und der andere folgt nach, d. h. die Geste des Entgegenkommens wird imitiert.

Tabelle 2: Verhalten der Westmächte Verhalten der UdSSR kooperativ:

USA GB F BRD konfliktiv:

USA GB F BRD t . 43’ . 22 . 63" . 61" . 26 -. 18 -. 16 -. 18 kooperativ t-1 . 08 -. 29 -. 21 . 14 -. 02 -. 08 -. 10 -. 20 t-2 . 25 . 08 . 38 . 25 -. 43’ -. 15 -. 02 -. 35 t-3 -. 06 . 25 . 03 . 23 -. 45’ -. 02 -. 23 -. 34 t -. 21 -. 34 -. 40’ -. 41’ . 50" -. 18 . 78"

. 76" konfliktiv t-1 -. 14 -. 05 -. 44* -. 19 . 05 -. 14 . 51’ . 53" t-2 -. 20 -. 08 -. 38 -. 10 -. 28 -. 16 -. 07 . 17 t-3 -蠟=

Zusammengefaßt und als Pfeildiagramm dargestellt bietet die Theorie des Unilateralismus folgendes Bild von den Zusammenhängen zwischen Ursache und Wirkungen vor und nach Vornahme eines einseitigen Abrüstungsschrittes:

Abb. 3: Ausgangslage (Annahmen gemäß Theorie):

He 3 Hypothese der Kommunikation durch Taten He 4 Hypothese der Beseitigung der Konfliktursachen He 6: Hypothese des Hemmungs-Mechanismus Abb. 4: Wirkungen der einseitigen Abrüstung:

Rüstung + He 1 v Misstrauen -----------— 2------------” Abrüstung He 1: Hypothese der Konfliktverursachung durch Rüstung He 2: Hypothese des Gefangenendilemmas Auf diese Weise „auseinandergenommen" und ausformuliert, läßt sich die Theorie der einseitigen Abrüstung wesentlich besser diskutieren als in der schummrigen Form, in der sie leider ihre Vertreter häufig vortragen. Die Theorie bezieht sich im-übrigen gleichermaßen auf einseitige Abrüstung schlechthin wie auf einseitige Abrüstung in einem bestimmten Bereich, wie z. B.dem Bereich der Nuklearwaffen, den die britische „Campaign for Nuclear Disarmament" mit ihrer „ban the bomb" -Devise ins Auge faßt 2. Die Theorie der Sozialen Verteidigung (SV)

Abb. 13 feindlich Reaktion der UdSSR Verhalten der USA feindlich freundlich 68 32 100 freundlich 43 57 100 Verhalten der UdSSR

Ausgangspunkt der Theorie der Sozialen Verteidigung (englisch: „Civilian Defence") bildet die Überlegung, nicht Territorien, nicht „sozusagen Quadratmeter" sondern Werte oder eine Lebensweise zu verteidigen

Abb. 13

Man verwehrt dem Angreifer den Zugang zum Territorium nicht, um so mehr aber den Zugang zu den politischen, sozialen und wirtschaftlichen Institutionen des besetzten Landes. Damit gleicht die SV der Strategie des eben Guerillakriegs, der von den Guerillas -falls ohne Kontrolle des umstrittenen Territoriums geführt wird — und oft mit Erfolg Ebenfalls naheliegend ist der Vergleich mit dem System der Territorialverteidigung (nicht zu verwechseln mit dem vorher gebrauchten Begriff der „territorialen Verteidigung"

Im Gegensatz zum Guerillakrieg und zur Territorialverteidigung jedoch möchte die SV den Gegner und Besetzer mit friedlichen Mitteln vertreiben, d. h. mit der Taktik des gewaltlosen Widerstandes oder Aufstandes. Diese Taktik umfaßt ihrerseits zwei Komponenten: Verweigerung („denial") und Unterlaufen („undermining"). Die Taktik der Verweigerung frustiert den Besetzer mit allen Formen passiven Widerstands, d. h. mit Streiks, Langsamarbeit, Dienst nach Vorschrift, Protestdemonstrationen, Wallfahrten, Boykott, Sich-dumm-Stellen („Schwejk"), scherzhaften Übertreibungen eventuell auch mit „Gewalt gegen Sachen“, d. h. Sabotage, Unbrauchbarmachung von Anlagen, Diebstahl wichti-ger Teile von Maschinen, Entfernung von Orientierungsschildern

Das Unterlaufen des Gegners geht noch einen Schritt weiter: Es wird versucht, den Gegner selbst zu beeinflussen, beispielsweise durch Gewissensappelle, Verwicklung der Soldaten in Diskussionen, Mobilisierung der Weltöffentlichkeit usw. ferner durch verschiedene Techniken des zivilen Ungehorsams von der Steuerverweigerung bis zur Meuterei, wobei insbesondere die Technik der „zivilen Usurpation", d. h. Aufbau paralleler Institutionen (Arbeiterräte, Volksjustiz, Parallelregierung, Parallelverwaltung) eine besonders wichtige Rolle spielt über das richtige Maß solcher Aktionen, vor allem über die zulässigen Grenzen der „Gewalt gegen Sachen", sind sich die Vertreter der Theorie der SV nicht einig. Dagegen besteht Konsens über die Technik der Verweigerung und des Kernstücks der Taktik der SV. Den der Verweigerung Zugrundeliegenden Gedanken hat am treffendsten Schelling zum Ausdruck gebracht: „Disziplinierte Gewaltlosigkeit — ein sich über alle Bedenken hinwegsetzender Widerwille gegen Gefügigkeit — hat diese einzigartige Abwehrqualität: gelingt es einem, andere dafür zu gewinnen, so macht er sie gegen Drohungen völlig immun. Hat sich gezeigt, daß jemand durch keinerlei Sanktionen, keinerlei Strafen, keinerlei Anreize zur Räson zu bringen ist, dann sind gezielte Drohungen fruchtlos. Er kann immer noch aus Bosheit oder Rachsucht bestraft werden, oder weil der Tyrann nicht zu glauben vermag, daß seine Unbotsmäßigkeit von Dauer sein kann. Aber wenn er zu der Überzeugung gelangt, daß alle Zwangsmaßnahmen zwecklos sind, daß er seine wehrlose Bevölkerung ebensowenig zu kommandieren vermag wie er Pflanzen Befehle erteilen kann, dann ist es mit seiner Autorität vorbei.“

Befragt man, von solchen Beschreibungen und Umschreibungen abgesehen, die Theorie der SV auf ihren theoretischen Gehalt, so erkennt man drei Hypothesen. Als erstes wird — im Gegensatz zur „Strategie des Eintritts-preises“ der herkömmlichen militärischen Verteidigung — mit der Technik der SV gewissermaßen eine „Strategie des Aufenthaltspreises" gewählt (Hsl): Das Eindringen in das Territorium ist leicht und wird dem Gegner nicht verwehrt; aber hat er sich erst festgesetzt, so wird ihm der Aufenthalt und die Nutzung des besetzten Territoriums mit allen Mitteln außer direkter Gewalt schwergemacht. Statt dem Gegner zu schaden oder ihn zu töten, minimiert man seine Gewinne statt ihm Kosten zu erzeugen — beispielsweise durch Vergeltungsschläge —, verwehrt man ihm den Nutzen, so daß es sich für ihn nicht mehr lohnt oder der Aufwand der Besetzung ihn mehr kostet als der geringe politische und wirtschaftliche Ertrag, den er erlangt. Die zweite Hypothese knüpft daran an: Wenn der potentielle Angreifer schon vor seinem Aggressionsentscheid weiß, was ihn erwartet, erzeugt die Technik der SV eine „Warnungswirkung“ (Hs 2). Ganz ähnlich wie im Rahmen der militärischen Abschreckung wird der potentielle Angreifer in seinem Kosten-/Nutzen-Kalkül das, was die SV ihm an Ungemach bereiten kann, vorwegnehmen, und er wird dadurch von einem Angriff abgehalten vorausgesetzt, es gelingt, ihm die Folgen eines allfälligen Einmarsches rechtzeitig und glaubwürdig klarzumachen, was am besten durch manöverähnliche Übungen in SV geschieht Dann hat SV Vorwirkungen, die durchaus der Abschreckungswirkung militärischer Verteidigung und Vergeltung vergleichbar sind, und sie dient somit der „Dissuasion" oder Abhaltung d. h.der Gegner wird davon überzeugt, daß es sich nicht lohnt.

Nebst der gleichwertigen Dissuasionswirkung und im Gegensatz zur militärischen Landesverteidigung besitzt die SV, so meinen ihre Vertreter, noch einen weiteren Vorzug, und dieser gibt Anlaß zu einer dritten Hypothese (Hs 3), der Bekehrungshypothese: Ihr zufolge wird durch das Handeln im Geiste des gewaltfreien Widerstandes „die militärisch-aggressive Moral in der Armee und in der Bevölkerung des Angreifers beeinflußt und verändert" Ziel ist in erster Linie die Motivation des Gegners und seiner Soldaten oder Beamten, und dieses Ziel wird anvisiert durch größtmöglichen und engen Kontakt mit diesem. Zunächst werden dadurch Meinungsgegensätze und Spannungen in den Reihen der Besetzer geweckt, und schließlich folgt „eine totale Bekehrung der Okkupanten" durch das Bemühen, „durch effektive Fraternisierung und andere Beeinflussungsformen ihn dazu zu bringen, seine grundlegenden Loyalitäten aufzugeben" Wenn der Besetzer dann gezwungen wird, seine „infiszierten" Truppen auszuwechseln und frische, „nichtverdorbene 11 Besatzungstruppen zu schicken, so wird durch eine solche Rotation der Keim des Zweifels und der Opposition in das Heimatland des Besetzers getragen und erhält dort zusätzliche Wirkung.

Zusammenfassend, systematisch analysiert und als Pfeildiagramm dargestellt, gestaltet sich die Theorie der SV wie in Abbildung 5 dargestellt.

Aufgrund der beiden zentralen Hypothesen (Hsl und Hs 3) entsteht als Folgewirkung die Dissuasion (Hs 2). Die Konversionswirkung wird gemäß dieser Theorie zusätzlich verstärkt durch die demonstrative Verweigerung. 3. Die Theorie des Gradualismus Die Theorie des Gradualismus knüpft an die radikal-unilateralistischen Theorien an und verfeinert diese. Auch hier geht es darum, mit unilateralen Schritten einen friedenserzeugenden Prozeß auszulösen. Doch sind diese Schritte von vornherein so dimensioniert, daß mit ihnen nicht alles aufs Spiel gesetzt wird.

Der Spannungsabbau erfolgt nicht mit einem Schlag und einem Satz, sondern vorsichtig, schrittweise, eben graduiert. „Gradualismus" ist die Methode des kalkulierten und schrittweisen Entgegenkommens, von Osgood mit dem treffenden Begriff der „Graduated and Reciprocated Initiative in Tension-Reduction" (abgekürzt GRIT) bezeichnet Der bedeutendste Theoretiker in bezug auf diese gradualistische Strategie ist neben Osgood Etzioni, der in seinem Buch „Siegen ohne Krieg" in prägnanten Formulierungen diese Strategie darstellt:

„Der befriedigendste Weg, um den Wandel zum friedlichen Wettbewerb zu vollenden, ist der, der als . graduelles Verfahren'bekannt wurde. Der Schlüssel des graduellen Verfahrens ist die Unterteilung des Wandlungsprozesses in zahlreiche begrenzte Schritte ... Die Aufteilung des Wandlungsprozesses in viele Schritte läßt es zu, bei jedem Schritt nur minimal von jenem . sicheren'Zustand abzuweichen, an den man sich gewöhnt hat. Wenn man nur einen kleinen Schritt auf einmal unternimmt, läßt dies auch Experimente zu. Erfüllt die andere Seite auch ihre Verpflichtungen? Baut auch sie ihre Rüstung ab? Funktionieren die Überwachungsmethoden wie erwartet? Die kleinen Schritte geben ein Gefühl des Wiederumkehrenkönnens. Das alles ergibt eine . Strategie der geringsten Verluste, bei der die sich addierenden Gewinne groß sein können, aber die tatsächlichen Risiken und die eingebildeten Befürchtungen auf ein Minimum beschränkt bleiben."

Der zentrale Begriff lautet hier: „Strategie der geringsten Verluste". Damit ist nichts anderes gemeint, als daß im einseitigen Entgegenkommen liegende Risiken minimalisiert und erträglich gemacht werden durch eine Art Unterteilung, Parzellierung der einzelnen Entspannungsschritte in kleine Teilschritte. Etzioni spricht bezeichnend vom „Gefühl des Wieder-Umkehren-Könnens", und er hat dabei natürlich nichts anderes als die bei einem solchen Abbau von Droh-und Druckmitteln stets gegenwärtige Möglichkeit im Auge, dieses Droh-und Druckmittel doch wieder zu gebrauchen. Czempiel umschreibt daher die-ses Verfahren richtig als „Strategie der Risikofreien Induktion“ Man sucht gewissermaßen einen Mittelweg „zwischen Zynismus und Märtyrertum" Die gradualistische Strategie vermischt also Nachgiebigkeitsund Härtesignale, Zuckerbrot und Peitsche. Man handelt im Prinzip in der Richtung auf ein Nachgeben hin, aber man handelt von einer Position der Stärke aus.

Das Modell macht deutlich, wie der hier angestrebte Prozeß zu verstehen ist: als Lernprozeß in welchem eine Seite nämlich, die andere „lehrt“, sich zu entspannen und ihre Feindseligkeit abzubauen, und zwar sie indem ihr „Lernhilfen" oder positive und negative Anreize anbietet — je nach Verhalten Belohnung oder Bestrafung. Allerdings ist umstritten, ob „Zuckerbrot" und „Peitsche" in ihrer Wirkung gleichwertig sind

Dahinter steht letztlich die Vorstellung von der Umkehrbarkeit der Eskalation; es ist be-zeichnend, daß die Idee des Gradualismus in unmittelbarem Anschluß an die ersten Schritte auf dem Gebiet der Eskalationsforschung entstand Die Theorie des Gradualismus will zeigen, wie zwei Staaten, wenn sie sich erst einmal in die „Höhe“ intensiver Eskalation „verstiegen" haben, wieder einen gesichtswahrenden Weg zurückfinden, ohne unzumutbare Risiken eingehen zu müssen. Anwendbar ist dieses Verfahren gemäß der Auffassung seiner Vertreter sowohl im diplomatischen wie auch im strategischen und rüstungskontrollpolitischen Bereich; je nachdem geht es um eine Politik der kleinen Schritte, um die Zähmung und schließlich um die Beendigung einer bewaffneten Auseinandersetzung oder um schrittweise Abrüstung oder wenigstens um „Initiativen zur gegenseitigen Zurückhaltung" In allen Anwendungsbereichen besitzt die Strategie des Gradualismus wie die radikal-unilateralistische Strategie den Vorzug, daß man Schritte einfach tut, statt lange und mühselig über sie zu verhandeln; d. h., auch der Gradualismus macht sich die Vorzüge einer „Kommunikation durch Taten“ zunutze.

Aus spieltheoretischer Sicht bietet der Gradualismus tatsächlich einen Ausweg aus dem Gefangenendilemma, nämlich durch die Einführung eines offenen Zeithorizonts Sobald die Entscheidung über Nachgeben oder Hart-bleiben keine einmalige Entscheidung mehr darstellt, sondern in eine beliebig gestaffelte Sequenz von Teilentscheiden verwandelt werden kann, besteht ja die Möglichkeit, Risiken einzugehen und frühere Entscheide durch anderslautende spätere Entscheide wieder zu korrigieren. Die Peinlichkeit des Entscheids wird dadurch weitgehend verringert, ja, das Dilemma hört im Grunde auf, ein Dilemma zu sein.

II. Kritik der Theorien

Abb. 3: Ausgangslage (Annahmen gemäß Theorie):

Im folgenden geht es darum, die drei Theorien kritisch zu überprüfen, und zwar zunächst noch ohne Rückgriff auf empirisches Material, d. h. rein „theorieimmanent" in bezug auf ihre innere Widerspruchsfreiheit und Vollständigkeit. Die im Abschnitt I geleistete Aufschlüsselung der Theorien in ihre Einzel-hypothesen erleichtert dieses Vorhaben wesentlich. 1. Lücken in der Theorie der einseitigen Abrüstung Der Theorie der einseitigen Abrüstung kann man die Eigenschaft der inneren Folgerichtigkeit nicht abstreiten; jede Folgerung ergibt sich logisch aus den Prämissen, und das Hypothesengefüge ist offensichtlich widerspruchsfrei. Hingegen kann man nicht umhin, bereits auf theoretischer Ebene kritische Fragen aufzuwerfen und auf mögliche Vereinfachungen und Auslassungen hinzuweisen. Diese Kritik betrifft im besonderen die Hypothese He 1 (Konfliktverursachung durch Rüstung), die Hypothese des Demonstrations/Imitationseffekts (He 5) und die Hypothese des Hemmungs-Mechanismus (He 6). Alle drei Hypothesen scheinen daran zu kranken, daß bestimmte zusätzliche Variablen, die hier zweifellos mit im Spiel sind, von den Theoretikern der einseitigen Abrüstung bewußt oder unbewußt vernachlässig werden. Dies gilt für mindestens drei Aspekte.

An erster und entscheidendster Stelle ist die Annahme zu überprüfen, wonach Rüstung Mißtrauen erzeugt, das seinerseits Abrüstung verhindert — es sei denn, man unterbreche den „Zirkel des Fluches" durch einseitige Abrüstung. Diese Annahme erweckt den Anschein, daß Rüstung das erste Glied in einer fatalen Kette von Ursache-Wirkungsbeziehungen bilde, die Wurzel aller Probleme darstelle. Allein, niemand wird im Ernst behaupten wollen, daß Waffen von selbst entstehen und gewissermaßen naturwüchsig wuchern, sondern Waffen sind Mittel zum Zweck — zum Zweck der „Sicherheit", der „Verteidigung", der „nationalen Ehre", der „Förderung des gerechten Kampfs gegen Unterdrückung" oder was immer an politischen Zielsetzungen den Rüstungsanstrengungen zugrunde liegen mag. Es ist zunächst die Spannung, die Rüstung hervorruft, und nicht umgekehrt — ebenso wie erst Entspannung Abrüstungsmaßnahmen möglich macht. Hinter der Spannung stehen Konflikte, und zwar nicht einfach Mißverständnisse, sondern meist sehr handfeste Interessenkonflikte und tiefwurzelnde Wertkonflikte. Natürlich ist die Annahme sinnvoll, daß die Rüstung ihrerseits auf den Konflikt zurückwirkt und dessen Lösung nicht erleichtert, sondern ihn anheizt und dann zu weiteren Rüstungsanstrengungen führt und auch eine Eigendynamik aufweist — aber die eigentliche Ursache liegt nicht hier, sondern in der Tatsache des Konflikts selbst. Die Zusammenhänge um Hypothese He 2 wären somit durch eine zusätzliche Variable „Konflikt" und Rückkoppelungen von Rüstung zu Rüstung und Rüstung zu Konflikt in der in Abb. 7 dargestellten Weise zu verfeinern.

Falls diese Überlegungen zutreffen, ist es natürlich müßig, sich um die Abschaffung der Rüstung allein zu bemühen, ohne den hinter ihr stehenden Konflikt zu lösen oder wenigstens über ein allgemein anerkanntes Verfahren zur friedlichen lösung dieses Konflikts zu verfügen. Diese Erkenntnis wird unabhängig von ideologischen Bekenntnissen und politischen Interessen von allen Abrüstungsunterhändlern immer wieder bestätigt. Nur ein wirklich funktionierendes internationales Sicherheitssystem, beispielsweise ein System kollektiver Sicherheit, kann einen Ausweg aus dem Rüstungsdilemma weisen. Über diesen Zusammenhang besteht unbestrittener Konsens; dies zeigt z. B. die von der UNO-Generalversammlung einstimmig angenommene Studie „The Relationship between Disarmament and International Security" Ein zweiter Einwand muß bei Hypothese He 5 ansetzen: Besitzt eine unilaterale Abrüstungsgeste wirklich die demonstrative Kraft, die die andere Seite zum sofortigen Gleichziehen veranlaßt? Die Annahme eines automatisch und in jedem Fall wirksam werdenden De-monstrations-/Imitationseffekts scheint reichlich kühn. Insbesondere gilt es zu fragen, ob eine solche Wirkung tatsächlich in jedem Fall erwartet werden darf und nicht vielmehr von bestimmten Randbedingungen abhängt. Um welche Randbedingungen könnte es sich dabei handeln? Offenbar beruht die Hypothese betreffend den Demonstrations-/Imitationseffekt auf der weiter nicht geprüften und als selbstverständlich hingenommenen Annahme, hüben wie drüben verhalte man sich gemäß dem „Gesetz der Fairness": Wenn man nachgibt, so hat der andere doch fairerweise auch nachzugeben. Diese Annahme ist nun allerdings alles andere als selbstverständlich. Wer vom Guten seiner Sache und von der Schlechtheit des Gegners überzeugt ist, an seinen Sieg glaubt und nicht einen Kompromiß will, wird vermutlich im einseitigen Entgegenkommen des andern entweder eine besonders raffinierte Falle wittern oder es als Zeichen der Schwäche deuten. In der polarisierten Situation eines intensiven Konflikts kann eine Partei bei einem plötzlichen Nachgeben ihres Gegners zum Schluß gelangen, daß ihr eigener Konfrontationskurs offenbar Früchte trage; dann wird sie aber, statt ebenfalls nachzugeben, ihren Druck vielmehr erst recht noch verstärken. Wahrscheinlich hängt die Neigung, ein Nachgeben der Gegenseite nicht als Entgegenkommen, sondern als Zeichen der Schwäche zu beurteilen, vom jeweiligen kulturellen Kontext ab: Ein in einer hochindustrialisiert-arbeitsteiligen westlichen Kultur lebender und an das Prinzip des „fair deal" gewohnter Diplomat oder Politiker wird ganz anders reagieren als ein afrikanischer Staatsmann, hinter dem eine Tradition charismatischer, prestigeorientierter Herrschaft steht. Ein westlicher Diplomat wird auch anders reagieren als ein arabischer Diplomat oder anders als ein ostasiatischer Unterhändler, in dessen Kultur der Einsatz und Gebrauch von Übermacht („viele gegen einen")

nichts Anstößiges darstellt, sondern Ausdruck besonderer Geschicklichkeit und Tüchtigkeit ist. Man spricht hier von „Stilen"

in der Außenpolitik, und vieles, was in diesem Zusammenhang gesagt wird, läßt sich mit dem modernen Begriff der „interkulturellen Problematik" ohne weiteres theoretisch fassen und überrascht keineswegs.

Der Zusammenhang zwischen einseitiger Abrüstung und Demonstrationseffekt wäre demnach durch die Randbedingung „normative -bereinstimmung" entsprechend Abbildung 8 zu relativieren.

Es ist zu befürchten, daß gerade in den schwierigsten Konflikten unserer Zeit diese normative Übereinstimmung fehlt; nicht zuletzt deshalb lösen sie ständig neue Runden des Wettrüstens aus. Hier mit der einfachen Empfehlung der einseitigen Abrüstung einen Ausweg finden zu wollen, heißt die Bedeutung dieser wichtigen Randbedingung verkennen.

Schließlich sind auch in bezug auf die Hypothese betreffend den Hemmungsmechanismus (He 6) Zweifel am Platz. Schon der Entdecker dieses biologischen Phänomens, Lorenz, hat darauf hingewiesen, daß der moderne Mensch keine Gelegenheit mehr hat, „durch Schmerzensschreie, Demutgebärden usw. die Aggressionshemmung des Gegners wachzurufen" Vielleicht muß man sich überhaupt fragen, ob es nicht Vorzug und Übel des Menschen zugleich ist, daß ihn die Natur gewissermaßen in die Freiheit entlassen und sein Verhalten nicht mehr ausschließlich durch derartige Instinkte gelenkt wird. Es ist somit die Prämisse dieser Hypothese in Frage zu stellen. Zudem gilt es noch eine andere Überlegung mitzuberücksichtigen, wie sie Karsten Voigt treffend formuliert hat: „Es wird davon ausgegangen, daß Wehrlose nicht angegriffen werden, weil von diesen selbst keine Gefahr ausgeht. Das aber ist sehr unsicher und betrifft allenfalls einen einzigen der zahlreichen Kriegsgründe: den präventiven Schlag, der unternommen wird aus der Furcht, sonst selbst durch die Waffen des Angegriffenen vernichtet zu werden. Alle anders motivierten Aggressionen würden auf diese Weise nicht nur nicht verhindert, sondern sogar begünstigt werden." Anders gesagt: Auch die Wirksamkeit oder Unwirksamkeit allfällig vorhandener Hemmungs-Mechanismen hängt ab von der Natur und Intensität des Konflikts wie von der Motivation und den dahinter stehenden Normen, die das Handeln der betreffenden Partei in der konkreten Situation bestimmen. Folglich wäre das Modell der einseitigen Abrüstung bereits in der Phase der theoretischen Vorüberlegungen, wie in Abbildung 9 dargestellt, zu ergänzen.

Damit ist die Aussagekraft der Theorie der einseitigen Abrüstung erheblich vergrößert und präzisiert. Einseitige Abrüstung hat eine Chance, wenn gewisse Randbedingungen zutreffen. Diese Randbedingungen sind so beschaffen, daß sie diese Chancen erheblich einschränken. Diese Aussage darf bereits im Zuge einer rein theoretischen Erörterung gewagt werden; wie groß jene Chance ist, läßt sich auf empirischem Weg ermitteln. 2. Lücken in der Theorie der Sozialen Verteidigung (SV)

Die Theorie der SV besticht zunächst durch ihre Eleganz und Knappheit — mit nur drei Variablen und Hypothesen wird hier die Lösung eines Problems erreicht, das die Menschheit seit Jahrtausenden plagt. Diese Einfachheit muß allerdings auch stutzig machen. Insbesondere ist auch hier die Frage zu stellen, ob denn nicht über die drei Variablen hinaus nicht noch eine ganze Reihe weiterer Variablen am Werk sind und die Chancen der Nutzenverweigerung, der Dissuasion und des Bekehrungseffekts bestimmen.

Ausgangspunkt einer kritischen Beleuchtung der Theorie der SV muß das Kernelement sein, auf welches die Anwendung dieser Theorie letztlich hinausläuft: die Dissuasionsoder Abhaltewirkung. Dissuasion wie Abschreckung finden letztlich in der Perzeption des Adressaten statt, d. h. in der aus seiner Sicht angestellten Kosten-/Nutzen-Beurteilung im Zuge der Entscheidungsfindung betreffend seiner Aggression. Damit sind stets zwei Elemente im Spiel: Ob es sich für den potentiellen Aggressor lohnt, zuzuschlagen, hängt zwar gewiß auch von seinen wahrgenommenen Kosten ab, die man mit der Warnungswirkung der SV als groß in Aussicht stellt, aber auch von seinem Nutzen. Es ist das Verhältnis zwischen Kosten und Nutzen, das sein Handeln bestimmt, nicht die Einschätzung der Kosten allein. Dieser Aspekt wird von den Theoretikern der SV weitgehend vernachlässigt. Er ist indessen in doppelter Weise von Bedeutung: einmal in bezug auf die Art des mit einer Besetzung angestrebten Nutzens und sodann in bezug auf die Werte, die man mit einem harten Vorgehen zur Brechung des gewaltfreien Widerstandes vereinbar hält. Diese beiden Variablen sind unbedingt in das Bild miteinzubeziehen.

Forndran hat darauf aufmerksam gemacht, daß die Vertreter der SV ihre Aufmerksamkeit vorwiegend auf die Verhinderung der wirtschaftlichen und sozialen Kontrolle eines potentiellen Angreifers über ein bestimmtes Territorium richten. Damit setze die Theorie der SV voraus, daß dies das einzige mögliche Ziel eines Angriffs sei, und „sie schreibt dem Gegner vor, was er mit seinem Angriff bezwecken muß". Daneben gebe es aber noch ganz andere Motivationen beim Gegner, die nicht die wirtschaftliche Ausnutzung des eroberten Gebiets zum Inhalt haben: strategische Überlegungen wie die Absicht, sich ein Glacis oder ein Sprungbrett für weitere Vorstöße zu schaffen, ferner ideologische Motive und damit die Unterdrückung oder Vernichtung („Liquidierung") der Elite des besiegten Landes oder eines bestimmten Bevölkerungsteils, z. B.der Juden, denen gewaltfreier Widerstand vermutlich wenig geholfen hätte. Den in der jüngsten Geschichte beobachtbaren Aggressionsfällen lagen recht häufig auch solche nichtwirtschaftlichen Motive zugrunde. Oft waren strategisch motivierte Eroberungen sogar ein ausgesprochen „schlechtes Geschäft", so das amerikanische Engagement in Vietnam oder die sowjetische Besetzung Afghanistans. Damit ist eine erste Einschränkung ausgesprochen: SV mag wirksam sein, wenn die Motive des Aggressors sich aus-schließlich oder vorwiegend auf die Eroberung und Ausbeutung des wirtschaftlichen Potentials beziehen.

Eine zweite Einschränkung gilt es in bezug auf den Konversionseffekt zu erwähnen. Ob sich die Vertreter der Besatzungsmacht durch die Akte gewaltfreien Widerstandes beeindrucken lassen oder nicht, hängt nur zum Teil von der Überzeugungskraft dieser Akte selbst ab. Ebenso wichtig sind die eigenen Prädispositionen, genauer: die vom Besetzer selbst hochgehaltenen (oder eben nicht hochgehaltenen) Werte. Diese bestimmen auch den Grad an Entschlossenheit, vielleicht Brutalität, mit der man gewillt ist, den Widerstand zu brechen. Die Methode der Sozialen Verteidigung muß nicht im Hinblick auf das, was verteidigt werden soll, sondern im Hinblick auf die Psyche und die Werte des Angreifers beurteilt werden. Der Nutzen ist relativ, hängt ab von den jeweiligen Umständen Drittens fällt auf, daß die Vertreter der Theorie der SV nur selten klar aussprechen, welch hohes Maß an Disziplin und Geschlossenheit von Führung und Bevölkerung erforderlich wäre, um den Belastungsproben der Einschüchterungs-und Spaltungsversuche der Unterdrücker gewachsen zu sein. Die wenigen Hinweise, die sich in bezug auf dieses Problem finden, lassen aufhorchen. So meint Frank „Gandhi beging nie den Fehler, die Bedeutung der Disziplin zu unterschätzen." Und die Verfechter einer schweizerischen Variante der SV kommen in ihrer Analyse des Versagens des gewaltfreien Widerstands der ÖSSR-Bevölkerung gegen die sowjetische „brüderliche Hilfeleistung" von 1968 zum Schluß, daß die Zugeständnisse, die die Führung machte, dem Widerstand die Kraft nahm Der Bedarf an Disziplin ist so groß, daß eine erfolgreiche SV eine „Politisierung des Militärs und eine Militarisierung der Politik" voraussetzt eine „totale Mobilmachung der gesamten Bevölkerung" Da kann man dann mit von Baudissin meinen, „meine große Sorge ist, daß die Gesellschaft, die zu Sozialer Verteidigung fähig ist, eine nicht-pluralistische wäre"

Schließlich gilt es — viertens — zu beachten, daß ein intelligenter Aggressor und Besetzer seinerseits durchaus Möglichkeiten hat, die Strategie der SV zu durchkreuzen und Gegenstrategien zu entwickeln. Leider sind auch Bösewichte lernfähig ... Die Vertreter der SV finden sich im Grunde in der Situation jenes sprichwörtlichen Generals und Kriegsplaners, der sich verbissen auf den letztvergangenen Krieg vorbereitet. Die jüngsten Fälle des Versagens der Strategie der SV lassen sich nicht zuletzt auf den Umstand zurückführen, daß der Aggressor und Unterdrücker aus dem letztvergangenen Fall seine Lehren zog und mit einem unerwarteten Kurs die Opfer seiner Aggression verblüffte und überspielte. Wer 1968 ein „zweites Ungarn" erwartete, fand sich durch den Umstand überrumpelt, daß die Besatzungstruppen der Mächte des Warschauer Paktes in der ÖSSR zunächst darauf verzichteten, gründlich „Ordnung zu schaffen" und beispielsweise die Führung auszuwechseln oder zu liquidieren; erst im Laufe des Jahres 1969 erfolgte mit subtil abgestuften Schritten eine allmähliche Beseitigung des „Prager Frühlings" und eine psychologisch geschickt eingefädelte Umlenkung des allgemeinen Ärgers der Bürger auf die Führer des „Prager Frühlings" als die durch ihr „Abenteurertum" und ihren „mangelnden Realitätssinn“ im Grunde letztlich verantwortlichen Verursacher der ganzen mißlichen Lage — das Opfer wurde zum Schuldigen. Und während 1981 die Polen sich auf eine „zweite ÖSSR" und auf einen Einmarsch sowjetischer Truppen vorbereiteten, wurde mit der überraschenden Einführung eines Militärregimes und vor allem mit der wochenlangen vollständigen Lahmlegung des öffentlichen Kommunikationsnetzes und der sofortigen Isolierung allfälliger Widerstandsführer einem breit angelegten Widerstand im Sinn der SV gewissermaßen durch Lahmlegung der „Nervenbahnen" vorgebeugt, ehe überhaupt auch nur Ansätze eines koordinierten und wirksamen Widerstandes hätten organisiert werden können.

Das — allzu einfache — Modell der SV ist folglich durch Einbau von vier weiteren Variablen zu erweitern (siehe Abbildung 10). Diese Zusatzvariablen lassen sich als einschränkende Bedingungen formulieren: Die SV vermag dissuasiv zu wirken und den Gegner zu bekehren, — wenn der Aggressor nicht einen nicht-wirtschaftlichen Nutzen anstrebt;

— wenn der humanitäre Wertstandard des Unterdrückers hoch ist;

— wenn die zu verteidigende Gesellschaft eiserne Disziplin und Geschlossenheit aufweist, und — wenn der Unterdrücker keine Gegenstrategien ergreift Diese vier theoretisch unerläßlichen Randbedingungen schränken den Spielraum der SV bis zu deren praktisch vollständigen Infrage-stellung ein. Aufgrund solcher theoretischer Überlegungen ist zu erwarten, daß Versuchen zur Anwendung der SV entweder der Erfolg versagt bleibt oder, falls ein Erfolg eintritt, dieser sich mit einer besonders günstigen Konfiguration der genannten Randbedingungen erklären läßt. Die Bestätigung oder Widerlegung dieser theoretischen Vermutung bildet freilich eine rein empirische Aufgabe und kann mit empirischen Mitteln gelöst werden. 3. Probleme der Theorie des Gradualismus Auch die Theorie des Gradualismus erweist sich nicht als so problemlos, wie das die verschiedenen Vertreter dieser Theorie gerne wahrhaben möchten. Zunächst muß man sich fragen, ob denn der Gedanke der Risikofreien Induktion, wie er dem GRIT zugrunde liegt, nicht einen Widerspruch in sich darstellt. Wie Luhmann und andere festgestellt haben, entsteht Vertrauen letztlich erst, wenn Risiken in Kauf genommen werden, ja Luhmann definiert das Problem des Vertrauens sogar als nichts anderes als das „Problem der riskanten Vorleistung" In Kauf zu nehmen ist damit auch eine gewisse — vorübergehende — Verwundbarkeit.

Wenn die Schritte im Sinne der unilateralen Vorleistungen zu groß bemessen werden und das Risiko Verwundbarkeit schafft, so liegt einmal mehr weiter nichts als eine klassische Gefangenendilemma-Situation vor, und in einer solchen ist man definitionsgemäß nicht bereit, den „Zirkel des Fluches" zu durchbrechen. Hat man also nur die Wahl zwischen kleinen, risikofreien oder risikoarmen Vorleistungen, denen freilich zuwenig vertrauensbildende Kraft innewohnt, oder großen, vielleicht Vertrauen schaffenden Vorleistungen, die jedoch unzumutbar viel Risiken und Verwundbarkeit mit sich bringen und vor allem gegenüber der herkömmlichen Dilemma-Situation nichts Neues bedeuten? Es scheint in der Tat, daß es einen dritten Ausweg nicht gibt.

Die politische Praxis bestätigt diese Befürchtung. Einseitige Vorleistungen beispielsweise durch Verzicht auf Indienststellung bestimmter neuer Waffensysteme oder durch Rückzug von Truppenteilen werden von der Gegenseite häufig als rein „kosmetische Maßnahmen ohne jede echte Bedeutung" abgetan und folglich auch nicht erwidert Darum bleibt es in der Regel bei sehr marginalen Maßnahmen wie beispielsweise den sog. CBMs (Confidence-Building Measures, Vertrauensbildende Maßnahmen), wie sie im Rahmen der Schlußakte der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) festgeschrieben worden sind Versuche zu weiterreichender Vertrauensbildung bleiben dagegen mit eintöniger Regelmäßigkeit stekken.

Ähnlich wie die Theorie der einseitigen Abrüstung krankt auch die Theorie des Gradualismus im übrigen am mangelnden Sinn für interkulturelle Unterschiede im Bereich der Verhaltensnormen, die den Ausgang eines Konflikts bestimmen. Sie geht implizit von der Vorstellung der „Fairneß" aus, von der moralischen Erwartung, daß ein Entgegenkommen hüben ein Entgegenkommen drüben verdiene, und — noch wichtiger — von der Erwartung, die andere Seite denke genau gleich und strebe im Grunde nichts anderes an als auch die Entwicklung dieser Fairneß. Die Frage ist hier angebracht, ob die Theoretiker des Gradualismus damit nicht einfach einem eurozentrisch-angelsächsischen Vorurteil erliegen, einem Mißverständnis, das blind macht für alle Haltungen gegenüber Macht, Machtgebrauch, Schwäche und Ausnützung von Schwächen, wie sie beispielsweise in den Bezugsrahmen des Marxismus-Leninismus, der arabischen „Bargaining" -Kultur und des ostasiatischen Konfliktstils beobachtet werden können. Auch hier ist folglich die Variable „normative Übereinstimmung“ zusätzlich einzubeziehen.

Wo eine besondere, kulturell bedingte, „faire“ Selbstbeschränkung des Handelns fehlt und von einem rein „rationalen" Kosten-Nutzen-Kalkül ausgegangen wird, lauten die Überlegungen eines Empfängers einseitiger Vorleistungen vermutlich ganz anders, als von der Theorie des Gradualismus angenommen: Er schließt, wie Weede darlegt, dann aus dem Nachlassen von Anstrengungen des Gegners, daß der „Preis der Hegemonie" geringer geworden ist, daß hartnäckiges und vielleicht sogar beschleunigtes eigenes Rüsten eigenes Übergewicht ermöglicht. Es besteht sogar Anlaß zur Befürchtung, daß die Strategie des Gradualismus eine „self-destroying prophecy" bildet und der Anreiz zur Gegenseitigkeit durch einseitige Vorleistungen nicht automatisch gesteigert, sondern vielleicht sogar systematisch verringert wird. Oder, wie es Weede im Sinn der ökonomischen Rationalität knapp formuliert: „Wenn A den Preis der Hegemonie für B senkt, sollte A sich nicht über B's steigende Nachfrage nach Vorherrschaft wundern."

Ein weiteres, damit teilweise zusammenhängendes Problem ergibt sich aus der Notwendigkeit, einseitige Vorleistungen überhaupt* wahrzunehmen Die vorherrschende Neigung der Staaten, gradualistische Schritte des Entgegenkommens der anderen Seite ohne Federlesens als ungenügend, ja lächerlich zu verwerfen oder überhaupt zu ignorieren, gründet nicht allein in kulturell bedingten Unterschieden der grundsätzlichen Einstellung zu Konflikt und Kompromiß, sondern häufig in viel elementareren Schwierigkeiten mit der Wahrnehmung. Je komplexer die Waffensysteme und je verschiedenartiger die geographisch-strategischen Voraussetzungen der Dispositive, desto problematischer wird ein Vergleich der Schritte. Der auffallend große Zeitbedarf für aktuelle Rüstungskontrollverhandlungen — im Fall von SALT II sechs Jahre — und die Kompliziertheit von Rüstungskontrollvereinbarungen — im Fall des SALT-II-Abkommens umfaßt der Vertragstext nahezu 100 Druckseiten — weisen deutlich auf diese Schwierigkeit hin. Wenn schon der verbale Dialog im Rahmen von Rüstungskontrollverhandlungen dermaßen kompliziert ist, so gilt dies um so mehr für die Bemühungen im Zeichen des Gradualismus, mit nichtverbalen Winken und Signalen eine Verständigung anzubahnen. Es ist demnach die Variable „Symmetrie/Asymmetrie der Rüstungsstrukturen" unbedingt in das Bild einzubeziehen. Das modifizierte Modell des Gradualismus (Abbildung 11) enthält demnach drei zusätzliche Variablen, die die Möglichkeit eines reibungslosen Entspannungs-und Deeskalationsprozesses erheblich einschränken.

III. Empirische Belege

Hs 1 Hypothese des Aufenthaltspreises Hs 2; Hypothese der Warnungswirkung Hs 3 Bekehrungshypothese Abb. 5: Theorie der Sozialen Verteidigung

1. Analogieschlüsse in bezug auf die Erfolgschancen der einseitigen Abrüstung Das „Experiment" der einseitigen Abrüstung ist bisher von keinem Land in so systematischer Weise durchgführt worden, daß es möglich wäre, gültige, verläßliche und statistisch signifikante Folgerungen zu ziehen. Immerhin bieten sich verschiedene Vergleichsmöglichkeiten an, die als Analogien ergiebig und aufschlußreich sind.

Analogie 1: Nichtgerüstete und schwachgerüstete Länder im Zweiten Weltkrieg: Dänemark hatte am Vorabend des Zweiten Weltkriegs seine Streitkräfte weitgehend abgerüstet und 1939 mit dem Deutschen Reich einen Nichtangriffspakt geschlossen. Norwegen verfügte zwar über eine Armee, hatte aber nach einer Phase der einseitigen Abrüstung zu spät mit dem Wiederaufbau begonnen.

Beide wurden im April 1940 im Zuge der „Operation Weserübung" Opfer der deutschen diesen Fällen traf offensichtlich Aggression. In nicht zu, was die Theorie der einseitigen Abrüstung erhofft: Weder war der Wehrlose gegen Angriffe immun (Hypothese He 6), noch führte die einseitige Abrüstung bzw. Nichtrüstung zu einem Demonstrations-/Imitationseffekt beim Gegner (Hypothese He 5). Analogie 2: Die Politik des „Appeasement“: Die diplomatische Variante des Unilateralismus, das einseitige und großzügige diplomatische Entgegenkommen, hat als Technik des . Appeasement“ zufolge des Gangs der Ereignisse am Vorabend des Zweiten Weltkriegs einen schlechten Ruf. Der Begriff bezog sich ursprünglich auf die Politik des Briten Chamberlain .der glaubte, anläßlich der von Hitler bewußt und aggressiv inszenierten Sudetenkrise von 1938 durch großzügige Territorialgeschenke an das nationalsozialistische Deutschland Hitlers Gefräßigkeit zu stillen und den heraufziehenden Gefahren eines neuen Weltkriegs ein für allemal die Spitze zu brechen — „peace for our time" zu bringen. Er ging implizit von der Hypothese aus, Hitler sei eine infolge der verschiedensten Umstände komplexbeladene, politisch frustrierte Person, die man mit etwas Vertrauen sehr wohl wieder zur Vernunft zurückbringen und von ihren Komplexen und Obsessionen heilen könne. Bekanntlich wurde Hitler dann aber mit jedem Entgegenkommen seiner Gegner nur immer gefräßiger; seine Verachtung für die „dekadenten" Westmächte wuchs zusehends; zugleich schwanden auch noch allfällige letzte Hemmungen seiner Aggressivität. Die Hypothese des Demonstrations-/Imitationseffekts erwies sich folglich nicht nur als falsch, sondern es zeigte sich, daß hier ausgerechnet die gegenteilige Hypothese zu-traf: Je nachgiebiger der eine, desto aggressiver der andere, und desto mehr wird der, der nachgibt, ausgenützt. Selbstverständlich darf dieser Einzelfall nicht verallgemeinert werden. Es gibt auch Fälle einseitigen diplomatischen Entgegenkommens, die einen fruchtbaren Verhandlungs-prozeß auszulösen vermochten so das positiv schockierende Angebot des ägyptischen Präsidenten Sadat, nach Jerusalem zu fahren und mit Ministerpräsident Begin zu sprechen. Offenbar hängt der Erfolg bzw. Mißerfolg einer Politik der unilateralen Beschwichtigung von den jeweiligen Umständen ab; sucht man nach weiteren Aufschlüssen über die Art dieser Umstände, so drängt sich (wie schon unter II. 1. angedeutet) eine nähere Prüfung der Konfliktmotive und des politischen Weltbildes auf, von dem die Adressaten der Beschwichtigung ausgehen.

Analogie 3: Einseitiger Verzicht auf bzw. Nichtverfügbarkeit bestimmter Waffensysteme: Die Situation einer einseitigen Abrüstung besteht dann wenigstens teilweise, wenn eine Seite über ein bestimmtes Waffensystem verfügt und die andere Seite nicht. Dann findet sich diese andere Seite in bezug auf das betreffende Waffensystem in der Lage eines einseitig Abgerüsteten oder Nichtgerüsteten. Gemäß der Theorie der einseitigen Abrüstung ist zu erwarten, daß der gerüstete Gegner nicht nur auf einen Einsatz der betreffenden Waffe gegen denjenigen, der sie nicht besitzt, verzichtet, sondern sie seinerseits abschafft. Die Ausgangslage einer solchen asymmetrischen Rüstung bestand bereits mehrere Male, so am Ende des Zweiten Weltkriegs mit dem Atommonopol der Vereinigten Staaten und vor und nach dem Zweiten Weltkrieg im Bereich der Kriegführung mit chemischen Waffen (C-Waffen). Was läßt sich aus diesen Fällen folgern? Es drängen sich zwei schockierende Erkenntnisse auf:

1-Die eine bestimmte Waffe besitzende Seite hat ihr Monopol keineswegs freiwillig aufgegeben und das Waffensystem abgerüstet. Abrüstung bzw. Nichtgebrauch erfolgte dagegen dann, wenn auch die andere Seite über die betreffende Waffe verfügte und deren Wirkung so gewissermaßen neutralisiert hätte — so (bisher) im Bereich der Atomwaffen im System der gegenseitigen Abschreckung und während des Zweiten Weltkriegs im Bereich der C-Kriegführung-, beide Seiten waren damals für einen C-Krieg gerüstet, verzichteten jedoch gegenseitig darauf.

2. Die Nichtgerüsteten wurden nicht nur nicht als Opfer der betreffenden Waffe eher verschont als die Gerüsteten, sondern sie fie-len zudem als erste und einzige der betreffenden Waffe zum Opfer. Der einzige bisher geführte Atomkrieg (USA gegen Japan 1945) war ein Atomkrieg gegen eine nur konventionell bewaffnete Macht. Die Fälle von nachweisbarem Einsatz von C-Waffen betreffen ausschließlich Wehrlose in der Dritten Welt, die keine Möglichkeit haben, ihrerseits mit C-Waffeneinsatz Vergeltung zu üben (italienische Giftgasabwürfe gegen Abessinier 1935/36; „Yellow Rain" -Einsatz gegen Kambodschaner, Laoten und Afghanen seit 1978). Auch bei Heranziehung dieser Analogie erweisen sich die zentralen Hypothesen des Unilateralismus nicht nur als unrichtig, sondern es trifft einmal mehr ausgerechnet die gegenteilige Hypothese zu. Diese Erkenntnisse sind von größter praktischer Bedeutung im Zusammenhang mit aktuellen Vorschlägen zur einseitigen Aufgabe der Atombewaffnung in Großbritannien aber auch im Zusammenhang mit den Vorschlägen für einen Verzicht auf Stationierung von Mittelstrekkenraketen in Westeuropa; in der Regel gehen solche Vorschläge von der Hypothese aus, daß, wer über keine Atomwaffen verfüge und keine Atomwaffen Verbündeter auf seinem Territorium zulasse, auch nicht zum Ziel eines atomaren Angriffs werde. Diese Annahme entbehrt jeglicher Grundlage. Analogie 4: Eigenschaften von Opfern „ziviler“

Verbrechen: Im übrigen ließe sich die dritte Analogie noch weiter verfolgen, und sie liefert im Bereich des „zivilen" Verbrechens zahlreiche in diesem Zusammenhang wichtige Aufschlüsse. Die „Viktimologie" (Lehre vom Opfer) als jüngster Zweig der Kriminalistik hat mit Hilfe ausgezeichneter statistischer Grundlagen in wachsendem Maße Klarheit darüber geschaffen, daß die Opfer von Vergewaltigungen, Entreißdiebstählen, Beraubungen, Erpressungen und Nötigungen offenbar stets ein Merkmal gemeinsam teilen: Schwäche. Sie ist es, die Kriminelle anzieht, denn Kriminelle verspüren eine wenig erstaunliche Vorliebe, bei der Übernahme von Risiken das geringere Risiko auszuwählen. Analogie 5: Verhalten von Einzelpersonen im Laborexperiment: In Versuchen wurde abgeklärt, wie sich Versuchspersonen einem* Gegner gegenüber verhalten, der durchweg „pazifistisch" spielt, d. h. auf aggressives Vor-preschen verzichtet und eine Aggression einer Versuchsperson nie vergilt. Von insgesamt 143 Versuchspersonen hatten sich 75 am Anfang erklärtermaßen vorgenommen, ein hartes, aggressives Spiel zu spielen; 68 kündigten an, fair zu spielen und die Punktgewinne mit dem Gegner zu teilen. Aber bereits nach den ersten Spielzügen und sobald sie das stets entgegenkommende Verhalten des Gegners erkannten und dessen unilateralistisehe Strategie begriffen, wechselten 54 dieser 68 „fairen“ Versuchspersonen zu einer aggressiveren Spielweise, während sich von den 75 ursprünglich aggressiven Spielern nur wenige durch das Entgegenkommen des Gegners bekehren ließen. Hier werden also sowohl die Hypothese des Verschwindens eines Aggressionsanreizes bei Wehrlosigkeit des Opfers wie die Hypothese des Demonstrations-/Imitationseffekts widerlegt.

Diese Befunde sind von andern Forschern, denen sie gegenintuitiv und moralisch unannehmbar erschienen, wiederholt einer kritischen Reanalyse unterzogen worden — mit dem verblüffenden Ergebnis, daß sie auch bei anderer Anordnung der Versuchsanlage immer wieder bestätigt werden mußten.

Die vorstehend genannten fünf Analogie-schlüsse sollten nicht mit der in der öffentlichen Diskussion meist vorherrschenden physikalischen Analogie der sog. Vakuumtheorie verwechselt werden. Im Grunde bildet die „Vakuumtheorie" weiter nichts als eine bequeme bildliche Metapher, die ihrerseits kaum irgendwelchen Erklärungswert für soziale und politische Beziehungen besitzt. Die hier vorgestellten Analogieschlüsse betreffen dagegen unmittelbar Variablen, die im politischen Umfeld wirksam sind, und sie erklären, warum auch in diesem Umfeld ein allfälliger „horror vacui" besteht und die mit dem Grundsatz der einseitigen Abrüstung verknüpften Erwartungen zunichte macht. 2. Analogieschlüsse und empirische Befunde in bezug auf die Erfolgschancen der Sozialen Verteidigung (SV)

Die empirische Haltbarkeit der Theorie der SV läßt sich nach zwei Richtungen hin ermitteln: durch Analogieschlüsse insofern, als die SV mit anderen unilateralistischen Strategien gemeinsame Züge trägt, und durch eine systematisch-empirische Auswertung der historisch bekannten Fälle von SV.

Der erste Ansatz sei, um Wiederholungen des im vorstehenden Abschnitt Gesagten zu vermeiden, lediglich der Vollständigkeit halber kurz erwähnt. Er gibt, dieselben fünf Analogien gebrauchend, auch hier zu zwei skeptischen Schlüssen Anlaß: 1. Vor einer Über-schätzung des Demonstrations-und Bekehrungseffekts ist zu warnen. 2. Wenn die Umrüstung von militärischer Verteidigung auf SV ein Land weniger gefährlich macht, so besteht keinerlei Grund zu glauben, es sei deshalb als potentielles Opfer von Aggressionen weniger attraktiv — im Gegenteil.

Aufschlußreich ist eine Betrachtung der bisherigen Fälle von SV und gewaltfreiem Aufstand bzw. Widerstand. Eine systematische empirische Untersuchung hierzu liegt noch nicht vor. Dagegen ermöglicht die behelfsmäßige Übersicht in Tabelle 1 wenigstens einige der provisorische Erkenntnisse. Die Liste Fälle (mit Ausnahme Polens) wurde der Standardliteratur über SV entnommen während ihre Einordnung gemäß den im Modell unter II. 3. genannten Variablen erfolgt. Es zeigt sich, daß in zwischenstaatlichen Konflikten der Strategie der SV nur selten Erfolg beschieden war. Trat ein Erfolg ein, so stand die Konfiguration der Randbedingungen aus-nahmslos günstig: keine nichtwirtschaftlichen Ziele und hoher humanitärer Wertstandard bei der Besetzungsmacht, keine besonderen Gegenstrategien. Obwohl die Anzahl der Fälle nicht ausreicht, um im statistischen Sinn signifikante Schlüsse zu ziehen, scheint die Folgerung doch unausweichlich, daß das ursprüngliche, einfache Modell der SV nicht bestätigt wird. Es sind die zusätzlichen Randbedingungen, die den Erfolg oder Mißerfolg der Strategie der SV offenbar recht nachhaltig mitzugestalten pflegen.

Die Problematik der SV ist deren Verfechtern nicht entgangen. In der neueren wissenschaftlichen Literatur zu dieser Strategie macht sich denn auch eine gewisse Akzentverlagerung fühlbar; es zeichnen sich in der Weiterentwicklung der Diskussion vielmehr drei Stoßrichtungen ab: 1. SV wird nur noch als „special Option for special circumstances" empfohlen. 2. SV wird bejaht, aber gewissermaßen als „zweite Front" zusätzlich zu und koordiniert mit herkömmlicher militärischer Verteidigung. 3. Das Interesse der nach wie vor unbeirrten Vertreter der SV verlagert sich vom Bezugsfeld der internationalen Konflikte und des Widerstands gegen fremde Besetzer auf die vorwiegend innenpolitisch orientierte Durchsetzung eines ökologistischen Programms, insbesondere im Zeichen des Widerstands gegen den Bau von Atomkraftwerken, Atommülldeponien, Flughafen-erweiterungen, Straßenbauten und anderen großtechnischen Eingriffen in die Natur Diese dreifache Verlagerung der Diskussion um SV durch ihre Befürworter selbst ist mindestens so aufschlußreich wie die empirisch feststellbaren praktischen Erfahrungen mit ihr. 3. Empirische Belege zur Theorie des Gradualismus Beleg 1: Der zeitliche Verlauf von Eskalations-und Deeskalationsprozessen Die in den letzten Jahren sehr extensiv und intensiv betriebene Erforschung der Dynamik von Eskalations-und Deeskalationsprozessen, besonders im Zusammenhang mit internationalen Krisen und Kriegsausbrüchen bzw. -beendigungen, hat erkennen lassen, daß das Auf und Ab der Spannung meist einem typischen Verlaufsmuster folgt

Auf die einfachste Formel gebracht: Eskalation und Deeskalation verhalten sich nicht wie symmetrische Spiegelbilder zueinander. Eskalationen erfolgen rasch und heftig; die Deeskalation dagegen geschieht langsam und zögernd. Die Asymmetrie von Eskalation und Deeskalation ist im übrigen inzwischen wiederholt auch in experimentellen Untersuchungen im Rahmen der Kleingruppenforschung bestätigt worden

Verschiedene Untersuchungen haben Theorien zu erarbeiten vermocht, die erklären, warum es in Krisen und Konflikten leichter „hinauf" geht als „hinunter". Dabei stehen kognitive Faktoren im Vordergrund, insbesondere die Fähigkeit der Wahrnehmung von Alternativen -Zudem besteht seitens des Adressaten von einseitigen Gesten des Entgegenkommens die verständliche Neigung, das Entspannung signalisierende Verhalten des Gegners nicht gemäß den Absichten des Gegners zu interpretieren, sondern gemäß dem eigenen, vom Konflikt geprägten Vorurteil, und dieses führt ihn zum Schluß, die Nachgiebigkeit des andern bestätige die Angebrachtheit des harten eigenen Kurses. Wo die Perzeption auf Feindseligkeit gestimmt ist — und solches ist in einem Konflikt definitionsgemäß anzunehmen —, lautet die „Hypothese", die der Perzeption zugrunde liegt, daß alles, was der andere tut, entweder gefährlich oder verdächtig oder die Folge „realistischen“ Rückzugswillens angesichts der eigenen Entschlossenheit darstellt; es ist schwer, den Adressaten der Entspannungsgeste zu einer anderen als einer dieser drei Interpretationen zu veranlassen und ihn dazu zu bringen, Entspannungsgesten tatsächlich als Ausdruck von Entspannungswillen zu perzipieren. Für die Theorie des Gradualismus bedeutet dies, daß der Wunsch nach einer Umstülpung des Eskalationsprozesses nicht so einfach erfüllbar ist wie erhofft.

Beleg 2: Diplomatische Reaktionen auf diplomatisches Entgegenkommen

Die jüngste Vergangenheit erlebte ein großangelegtes praktisches Experiment im Geiste des Gradualismus, nämlich die Politik der west-östlichen Entspannung und insbesondere — im deutschen und europäischen Kontext — die von Brandt und Bahr konzipierte Politik des „Wandels durch Annäherung" in Gestalt der (bundes-) deutschen Ostpolitik. Andererseits beanspruchte auch der Osten für sich, jeweils mit Entspannungsinitiativen vorangegangen zu sein und im „Kampf für die friedliche Koexistenz" eine führende Rolle gespielt zu haben. Die theoretischen Hintergründe dieser Politik, wie sie von den verantwortlichen Staatsmännern zum Teil ausführlich dargelegt worden sind, nahmen häufig Bezug auf gradualistische Konzeptionen und machten diese sich zu eigen. Die Dauer dieses Prozesses — mehr als 20 Jahre — gestattet die Anwendung der empirischen Technik der Zeitreihenanalyse, und zwar anhand sog. Ereignisdaten (Events Data), die eine gültige und verläßliche Erfassung feindseliger und freundlicher Akte gegenüber dem Partner erlauben. Für die Periode 1946— 1963 haben Gamson/Modigliani die in Abbildung 13 gezeigten Beziehungen ermittelt (Prozentwerte spaltenweise addiert). Erwartungsgemäß werden feindselige Aktionen mit spiegelbildlich feindseligen Reaktionen beantwortet, und zwar in stärkerem Maß von den USA (79 %) als von der Sowjetunion (68%). Die für die Theorie des Gradualismus entscheidende Frage lautet indessen, ob freundliche und entgegenkommende Aktionen von der anderen Seite durch ebenso freundliche und entgegenkommende Reaktionen erwidert werden. Das ist in der Tat der Fall, aber nicht immer — in 57 % der Fälle seitens der Sowjetunion und in 80 % der Fälle seitens der USA. Dieser Unterschied legt den Schluß nahe, daß nationale und ideologische Faktoren das Entspannungsverhalten möglicherweise ebenso stark prägen wie das Gesetz der Reziprozität, das gemäß den theoretischen Erwartungen des Gradualismus hier wirksam werden müßte.

#hnliche und mit einer methodisch weiteruhrenden Analyse gewonnene Ergebnisse “ eitigt eine Untersuchung der Ost-West-Be21 ziehungen im Zeitabschnitt 1960— 1980 ebenfalls beruhend auf Ereignisdaten (Korrelationskoeffizienten mit time-lags von t bis t-3; bei Signifikanzniveau unter 0. 05 steht ein *, bei 0. 01 zwei *’) s. Tab. 2:

Die die Beziehungen zwischen Aktion und Reaktion beschreibenden Korrelationskoeffizienten führen zu folgenden Erkenntnissen: Wenn die Sowjetunion sich auf eine kooperative, freundliche Haltung festlegt, pflegt die Regierung der USA zwei und drei Jahre dar-auf mit einer Dämpfung ihres konfliktiven Verhaltens gegenüber der Sowjetunion zu reagieren. Wenn die Sowjetunion die Menge ihrer konfliktiven Akte gegenüber den USA drosselt, reagieren die USA drei Jahre später mit einem ähnlichen Kurswechsel. In bezug auf die gleichzeitig stattfindenden Interaktionen (d. h. zum Zeitpunkt t) pflegen die Westmächte auf sowjetische Initiativen fast spiegelbildlich prompt zu reagieren. Allgemein erfolgen aber auch hier die konfliktiven Reaktionen auf konfliktive Aktionen weit prompter als kooperative Reaktionen auf kooperative Aktionen. Die Hoffnungen auf einen durch eine inhärente Dynamik angetriebenen und sich gewissermaßen selbsterhaltenden Prozeß der Entspannung finden sich daher, soweit sie auf gradualistischen Überlegungen beruhen, teilweise enttäuscht. Die vielbeklagte „Krise der Entspannung" mag etwas mit dieser Diskrepanz zwischen Erwartungen und tatsächlichen Möglichkeiten zu tun haben; solche Diskrepanzen pflegen naturgemäß das Gefühl der Enttäuschung zu wecken.

Beleg (Analogie) 3: Reaktionsmuster in experimentellen Konfliktspielen Die Frage nach dem Verhältnis zwischen positiven und negativen Anreizen — die Frage nach „Zuckerbrot" und „Peitsche" somit — hat viele Forscher zu vergleichenden Untersuchungen dieser beiden Strategien veranlaßt. Meist wurden sie in der Hoffnung vorgenommen, die Überlegenheit der positiven Anreize zu belegen. Sie gehen daher in der Regel von derselben Grundhypothese aus wie die Theorie des Gradualismus. In einer Serie von 100 experimentellen Konfliktspielen wurde gezählt, wie viele Male die Versuchspersonen auf einen freundlichen Stimulus feindlich oder freundlich und wie viele Male die Versuchspersonen umgekehrt auf einen freundlichen, Entspannung signalisierenden und eine Vorleistung enthaltenden Stimulus freundlich oder feindlich reagieren. Die Ergebnisse finden sich in Abbildung 14 (als Vierfeldertafel dargestellt und spaltenweise prozentuiert).

Betrachtet man zunächst die linke Spalte, so erkennt man, daß feindliche Stimuli erwartungsgemäß öfters feindliche Reaktionen auslösen als freundliche Reaktionen (63: 37); das entspricht der Logik der Eskalation. Für die Theorie des Gradualismus aufschlußreich ist die Zeile rechts; obwohl die Stimuli freundlich und entgegenkommend sind, reagieren die Spieler in mehr als der Hälfte der Situationen, nämlich 53 mal, feindlich. Anders gesagt: Die Wahrscheinlichkeit, daß auf einen freundlichen Stimulus auch ein freundlicher Response folgt, liegt unter 50 Prozent (47 %). Die Strategie des Gradualismus erweist sich also in knapp der Hälfte aller Fälle als wirksam.

Beleg (Analogie) 4: Überwindung des Gefangendilemmas im „Metagame‘:

Die mathematische Spezialdisziplin der Spiel-theorie und auf ihr beruhende Laborversuche haben eine erdrückende Fülle logischer und empirischer Evidenz erarbeitet. Diese zeigt, daß, sobald ein Gefangendilemma nicht bloß in einem einzigen Zug und Gegenzug gelöst zu werden braucht — und folglich nicht lösbar ist —, die Situation sich wesentlich anders darstellt: Ist der Zeithorizont offen, so lassen sich rationale Lösungen des Dilemmas finden; solche abzuleiten ist das Anliegen der sog. „Metagame" -oder „Supergame" -Theorie Damit wird der Dilemmacharakter des Dilemmas im Grunde zum Verschwinden gebracht Empirisch-experimentelle Untersuchungen im Labor bestätigen diese Theorie: Wo mehrere, vielleicht gar unbegrenzt viele Züge zur Verfügung stehen, pflegt sich über kurz oder lang eine Zusammenarbeit einzuspielen 68).

IV. Folgerungen

Politik der Härte Hg 1: Hypothese von Zug und Gegenzug (Reziprozitätseffekt) Hg 2: Hypothese der Bestrafung bei Nichthonorierung oder Ausnützung des einseitigen Entgegenkommens Abb. 6.: Theorie des Gradualismus

Die kritische Analyse und empirische Über-prüfung von drei Spielarten unilateralistischer Strategien des Gewaltverzichts gibt zu drei allgemeinen Feststellungen Anlaß:

1. Die theoretischen und empirischen Befunde machen den Schluß unausweichlich, daß das Mittel des Unilateralismus das angestrebte Ziel, nämlich die Abhaltung oder Vertreibung eines Aggressors oder die Herbei-führung von Entspannung und Frieden, nicht erreicht. Diese Folgerung gilt uneingeschränkt für die einseitige Abrüstung, fast uneingeschränkt für die Soziale Verteidigung und bedingt auch für den Gradualismus. Darüber hinaus bestehen Gründe für die Befürchtung, daß der Unilateralismus nicht nur sein Ziel verfehlt, sondern zusätzlich die Werte, die man mit diesem Mittel schützen möchte, gefährdet und mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit sogar opfert. Bei nüchterner, rationaler Prüfung bleibt also nur die Feststellung, daß die Annahmen über Mittel-Zwck-Beziehungen, von denen die Vertreter der Gewaltfreiheit ausgehen, nicht stimmen.

2. Dieser ernüchternde Befund ist um so bedauerlicher, ja tragischer, als die Vertreter der Gewaltfreiheit häufig aus besten idealistischen Motiven und aus einem durchaus gerechtfertigten Unbehagen über den Zustand des militärischen Drohsystems heraus handeln. Aber gerade darum müssen sie sich die Frage gefallen lassen, ob sie es sich wirklich leisten können, wertvollste idealistische Motivationskräfte und wichtige moralische und politische Energien ins Abseits zu lenken und dort letztlich nutzlos verpuffen zu lassen. 3. Es wäre viel besser und sinnvoller, wenn sie diese Energien der eigentlichen und zentralen Aufgabe der Menschheit zugute kommen lassen würden, nämlich der Schaffung eines funktionierenden Systems der kollektiven Sicherheit, verbunden mit einer voll verifizierbaren und voll garantierten allgemeinen und vollständigen Abrüstung. Die Vertreter der Gewaltfreiheit neigen dazu, das Übel lediglich an den Symptomen zu bekämpfen und nicht an der Wurzel. Die Wurzel allen Übels ist das Fehlen von Institutionen und Verfahren, um Konflikte gewaltlos zu regeln. Genauso wie wir im innenpolitischen Bereich unsere Differenzen auch nicht mehr mit Keulen und Messern austragen, sondern mit Abstimmungen, Wahlen und notfalls vor Gericht — genauso sind auch in der Weltpolitik Institutionen und Regeln aufzubauen. Es ist die kriegerische internationale Politik in eine friedliche „Weltinnenpolitik" umzuwandeln. Hier liegt die große Herausforderung unserer Zeit, und darauf sollte die Friedensbewegung ihre Anstrengungen richten.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Frieden mit anderen Waffen, Fünf Vorschläge zu einer alternativen Sicherheitspolitik, Reinbek 1981.

  2. Anatol Rapoport und Albert Chammah, Prisoner' s Dilemma. A Study in Conflict and Cooperation, Ann Arbor 1965. Weitere Literatur ist erfaßt bei: Daniel Frei, Internationale Zusammenarbeit. Theoretische Ansätze und empirische Beiträge, Königstein 1982.

  3. Erich Fromm, Argumente zur einseitigen Abrüstung, in: Donald Brennan (Hrsg.), Strategien der Abrüstung, Gütersloh 1962, S. 213; vgl. Hanne Birckenbach und Christian Wellmann, Einseitige Abrüstung und/oder Defensive Verteidigung?, in: Dieter Lutz und Dorothee Gremliza (Hrsg.), Rüstung zum Tode?, Hamburg 1981, S. 60 f.

  4. Louis Halle, Der Kalte Krieg, Hamburg 1967, S. 15.

  5. Konrad Lorenz, Das sogenannte Böse. Zur Naturgeschichte der Aggression, Wien 1963, Kap. VII.

  6. Jerome Frank, Muß Krieg sein?, Darmstadt 1974, S. 59— 62; Adam Roberts, Gewaltloser Widerstand bei der Bemühung um Frieden, in: Anwar Barkat (Hrsg.), Alternativen zum Konflikt, Genf 1970, S. 105.

  7. Das Zeichen + bedeutet, daß die Beziehung positiv ist („je mehr ..., desto mehr.. „führt zu ..:). Das Zeichen — steht für eine negative Beziehung („je mehr ..., desto weniger .. „verhindert..").

  8. Theodor Ebert, Verteidigung ohne Drohung, in: Jahrbuch für Friedens-und Konfliktforschung, Bd. 1, Düsseldorf 1971, S. 215 f.; Philip Towle, Unilateralism or Disarmament by Example, in: Arms Control, 1981, Heft 1, S. 107— 118.

  9. Maja Bisig und Rudolf Epple, Soziale Verteidigung. Eine gewaltfreie Alternative zur militärischen Verteidigung der Schweiz, Zürich 1976, S. 15.

  10. Johan Galtung, zit. in: Roland Vogt, Konzepte der sozialen Verteidigung, in: Demokratische Sicherheitspolitik, Hamburg 1974, S. 11.

  11. Anders Boserup und Andrew Mack, War without Weapons, London 1974, S. 68— 88.

  12. Adam Roberts, Nations in Arms. The Theory and Practice of Territorial Defence, London 197b, S. 34.

  13. Gene Sharp, Zur Technik der gewaltlosen Aktion, in: Adam Roberts, Gewaltloser Widerstand gegen Aggressoren, Göttingen 1971, S 28 f.; ders., Das politische Äquivalent des Krieges — die gewaltlose Aktion, in: Ekkehart Krippendorff (Hrsg.), Friedens-forschung, Köln 1968, S. 477— 513.;'Donald Keys, Disarmament: The Human Factors, in: ErvinLaz. und Donald Keys (Hrsg.), Proceedings on a Coll -quium on the Social Context for Disarmament, Oxford 1981.

  14. Andreas Boserup und Andrew Mack (Anm. 11), 40-41

  15. Ebd., S. 47— 54.

  16. Theodor Ebert, Gewaltfreier Aufstand, Freiburg iBr. 1968, S. 230-235.

  17. Thomas Schelling, Einige Fragen zur Sozialen erteidigung, in: Adam Roberts (Anm. 13), S. 282 f.

  18. Trygve Hedtjärn, Bengt Höglund und Asne Lieden, Verteidigung ohne Krieg. Die Skandinavische Alternative, Wuppertal 1974, S. 89.

  19. Roland Vogt (Anm. 10), S. 24.

  20. Theodor Ebert, Von aggressiver Drohung zu defensiver Warnung, in: Dieter Senghaas (Hrsg.), Friedensforschung und Gesellschaftskritik, Frankfurt M. 1970, S. 583; ders. (Anm. 8), S. 233.

  21. Anders Boserup und Andrew Mack (Anm. 11), S. 131— 139.

  22. Frieden mit anderen Waffen (Anm. 2), S. 186.

  23. Trygve Hedtjärn u. a. (Anm. 18), S. 92.

  24. Charles Osgood, Wechselseitige Initiative, in: Ekkehard Krippendorff (Anm. 13), S. 357— 392; ders Calculated De-escalation as a Strategy, in: Dean Pruitt und Richard Snyder (Hrsg.), Theory and Research on the Causes of War, Englewood Clitts 1969, S. 213— 216. ,

  25. Amitai Etzioni, Siegen ohne Krieg, Düsseldon 1965, S. 280 f.

  26. Ernst-Otto Czempiel, Schwerpunkte und Ziele der Friedensforschung, München 1972, S. 101.

  27. Karl Deutsch, The Analysis of International Re-Hations, Englewood Cliffs 1968, S. 151.

  28. Herbert Simons, The Carrot and the Stick as Handmaidens of Persuasion in Conflict Situations, in: Gerald Miller (Hrsg.), Perspectives on Communication in Social Conflict, Englewood Cliffs 1974, S. 172— 205.

  29. Richard Smoke, Theories on Escalation, in: Paul Lauren (Hrsg.), Diplomacy, New York 1979, S. 162— 182.

  30. William Epstein, Disarmament and International Security — Some New Approaches in: Erwin Lazio und Donald Keys (Hrsg.), Disarmament — The Human Factor, New York 1981, S. 29.

  31. Anatol Rapoport und Albert Chammah, Prisoner' s Dilemma. A Study in Conflict and Cooperation, Ann Arbor 1965.

  32. A/36/597 vom 9. 12. 1981.

  33. Konrad Lorenz (Anm. 5), S. 361; Adam Roberts (Anm. 6), S. 105.

  34. Karsten Voigt, Pazifismus, Widerstand oder Abschreckung?, in: Antikriegstag, Düsseldorf 1981, S. 215.

  35. Erhard Forndran, Abrüstung und Friedensforschung, Düsseldorf 1971, S. 74 f. und 86— 90.

  36. Anders Boserup und Andrew Mack (Anm. 11), S. 127.

  37. Jerome Frank (Anm. 6), s-388.

  38. Maja Bisig und Rudolf Epple (Anm. 9), S. 47 f.;

  39. David Whynes, The Economics of Third World Mitary Expenditure, Austin 1979, S. 149.

  40. -Di S. 247. skussionsvoten zu Theodor Ebert (Anm. 8),

  41. von Baudissin, Diskussionsvotum, in: Gert Krell und Werner Damm, Abrüstung und Sicherheit, München 1979, S. 112.

  42. Niklas Luhmann, Vertrauen. Ein Mechanismus zur Reduktion sozialer Komplexität, Stuttgart 1968.

  43. Ebd., S. 21.

  44. IPRA (International Peace Research Association) Study Group on Disarmament, Building Confidence in Europe, in: Bulletin of Peace Proposals, 2/1980, vol. II, S. 1— 17.

  45. Kalevi Ruhala, Confidence Building Measures, Hamburg 1981.

  46. Erich Weede, Kosten-Nutzen-Kalküle und Abschreckungspolitik, in: Philip Sonntag (Hrsg.), Rü-45) Eand Ökonomie, Frankfurt 1982, S. 95.

  47. Ebd S.95

  48. Johan Niezing, Strategy and Structure. Studies in Peace Research, Amsterdam 1978, S. 35 f.

  49. Gemäß den Regeln wissenschaftlichen Schließens darf eine Hypothese als zutreffend gelten, wenn und solange sie verschiedene Falsifizierungsversuche, d. h. Überprüfungen anhand der empirisch gesicherten Realität, erfolgreich überstanden hat. Die Kriterien, die im einzelnen bestimmen, was „erfolgreich" heißt, sind mit den Begriffen „Gültigkeit" (Validität), „Verläßlichkeit" (Reliabilität) und „statistische Signifikanz" klar benennbar. Dieses Ideal wissenschaftlicher Wahrheitsfindung ist indessen im Bereich der alternativen Sicherheitsstrategien der Gewaltfreiheit nicht praktizierbar, und zwar aus dem einfachen Grund, weil es keine oder zuwenig „Fälle" gibt, die in diesem Sinne als empirisches Material herangezogen werden können. In dieser Lage die Hypothesen der Gewaltfreiheit als „unbeweisbare Hirngespinste" abzutun, wäre aber kurzsichtig und liefe auf ein „positivistisches" Mißverständnis heraus. Der Wille zur Überprüfung der Hypothesen braucht keineswegs zu kapitulieren, sondern er kann sich auf anderem Wege erfüllen: mit Hilfe von Analogieschlüssen. Die erkenntnistheoretische und methodologische Problematik des Gebrauchs von Analogien ist hinreichend bekannt (vgl. auch: Ernest May, Lessons of the Past, Oxford 1972; Gerhart Bruckmann (Hrsg.), Langfristige Prognosen, Würzburg 1977, S. 72— 75; Frederic Vester, Neuland des Denkens, Stuttgart 1980; Alexander George, Towards a more Soundly Based Foreign Policy: Making Better Use of Information, in: Commission on the Organization of the Government for the Conduct of Foreign Policy, Vol. II, Washington 1975, S. 26 und 78 ff.). Schlüsse sind sinnvoll, falls man sich dieser Problematik bewußt bleibt und stets sorgfältig den „Grad an Isomorphie" (Johan Galtung, International Relations and Small Group Theory, in: Morton Kaplan (Hrsg.), New Approaches to International Relations, New York 1968, S. 296 f.) im Auge behält, der zwischen Analogie und „gemeinter" Realität besteht, d. h. die Art und Anzahl gemeinsam geteilter struktureller Gegebenheiten erfaßt als Relationen zwischen Variablen.

  50. Keith Eubank, Detente 1919— 1939. A Study in Failure, in: George Schwab (Hrsg.), Dötente in Historical Perspective, New York 1975; Paul Kennedy und Jack Spence (Hrsg.), Appeasement, British Journal of International Relations (Special Issue) 1980, Heft 3.

  51. John Herz, Detente and Appeasement from a solitical Scientist's Vantage Point, in: George NChwab (Hrsg.), Detente in Historical Perspective, New York 1975.

  52. Sally Zuckermann, Nuclear Illusions and Reality, New York 1982, S. 141 f.

  53. Gerald Shure, Robert Meeker and Earle Hans-ford, The effectiveness of pacifist strategies in bargaining games, in: Journal of Conflict Resolution 1965, Heft 9, 106— 117.

  54. Vgl. Literaturangaben bei: Luc Reychler, The EL fectiveness of a Pacifist Strategy in Conflict Resolution: an Experimental Study, in: Journal of Conflict Resolution 1979, Heft 23, S. 228— 260.

  55. Vor allem Gene Sharp, Das politische Äquivalent (Anm. 13), S. 494 f.; Maja Bisig und Rudolf Epple (Anm. 9), S. 37— 55.

  56. Adam Roberts, Security through Alternative Defence, in: Science and Public Policy 1981, Heft 5, S. 348.

  57. Theodor Ebert, Die Soziale Verteidigung im Bezugsfeld alternativer Sicherheitskonzepte, in: Gert Krell und Werner Damm (Hrsg.), Abrüstung und Sicherheit, München 1979.

  58. Vgl. z. B. Charles McClelland und Gary Hoggard, Conflict Patterns in Conflicts among Nations, in: James Rosenau (Hrsg.), International Politics and Foreign Policy, New York 1969, S. 723.

  59. Thomas Bonoma, Conflict, Escalation and Desescalation, Beverly Hills 1975, S. 49.

  60. Ole Holsti, Crisis, Escalation, War, Montreal 1972, S. 143— 168.

  61. Vgl. Robert Jervis, Perception and Mispercep-tion in International Politics, Princeton 1976, S. 111 ff.

  62. Wiliam Gamson und Andr Modigliani, Untang: ling the Cold War, Boston 1971, Appendix E; neu berechnet in: Michael Sullivan, International Relations, Englewood Cliffs 1976, S. 287.

  63. Daniel Frei und Dieter Ruloff, East-West Relations in Europe. A Systematic Survey, Cambridge Mass. 1983, Vol. 1, chapter 5, table 5. 11.

  64. Robin Jenkins, Perception in Crises, in: IPRA Studies in Peace Research 1969, Heft 1.

  65. Nigel Howard, Paradoxes of Reality, Cambridge Mass. 1971, S. 23— 37; Thomas Saaty, Mathematical Models of Arms Control and Disarmament, New York 1968, S. 94— 100; Michael Taylor, Anarchy and Cooperation, New York 1976, Kap. 3 und S. 64— 68; Henry Hamburger, Games as Models of Social Phenomena, San Francisco 1979, S. 232— 236.

  66. Steven Brams, Game Theory and Politics, New York 1975, S. 38. . 68) Anatol Rapoport und Albert Chamman (Anm. 31); Anatol Rapoport, Game Theory as Con flict Resolution, Dordrecht 1974, S. 28; Daniel Frei. Internationale Zusammenarbeit, Königstein 1982 S. 36— 45.

Weitere Inhalte

Daniel Frei, Dr. phil., geb. 1940; Professor für Politische Wissenschaft/Internationale Beziehungen an der Universität Zürich. Verfasser verschiedener Bücher in deutscher und englischer Sprache zu Fragen der Kriegsverhütung, Sicherheit, Nuklearstrategie, Neutralität, Krisenmanagement, Ost-West-Beziehungen, außenpolitischen Einstellungen. Veröffentlichungen u. a.: Der ungewollte Atomkrieg, München 1983; Internationale Zusammenarbeit, Königstein/Taunus 1982.