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Selbsthilfe in der Sozialpolitik — ein Lösungsansatz? | APuZ 34/1983 | bpb.de

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APuZ 34/1983 Arbeitszeitflexibilisierung -Alternative zu allgemeinen Arbeitszeitverkürzungen? Selbsthilfe in der Sozialpolitik — ein Lösungsansatz? Die Sozialversicherung in Deutschland 1881— 1914. Entstehung — Charakter — Wirkungen

Selbsthilfe in der Sozialpolitik — ein Lösungsansatz?

Klaus Deimer /Dieter Jaufmann /Ernst Kistler /Martin Pfaff

/ 34 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Der Beitrag untersucht das Spannungsfeld zwischen Selbsthilfe und professionalisierter, staatlicher Sozialpolitik, die Debatte um . neue sozialpolitische Konzepte. Ausgangspunkt ist der Scheinkonsens einer durchgängig positiven Bewertung von Selbsthilfeaktivitäten, hinter dem sich erheblich divergierende Konzepte und Politikinhalte verbergen. Anhand von drei Beispielbereichen (Jugendinitiativen, Nachbarschaftshilfe und bauliche Selbsthilfe), die gleichzeitig einen Hinweis auf die Bandbreite des Selbsthilfespektrums liefern, wird das aktuelle Engagement sowie das vorfindbare Potential der Selbsthilfe abgeschätzt. Zentrales Argument sind dabei die auftretenden gruppenspezifischen Differenzierungen, die gewissermaßen . Grenzen der Hoffnung'für die Selbsthilfe als übergreifendes sozialpolitisches Konzept — zumindest unter dem Status quo — markieren. Die sich ergebenden politischen Implikationen sind zweifacher Natur: . Moral persuasion', das Klagen über leere öffentliche Kassen sowie die oft verkürzte Darstellung des Subsidiaritätsprinzips werden der Förderung von Selbsthilfe kaum dienlich sein. Als eher erfolgversprechend könnte sich die am Subsidiaritätsverständnis der katholischen Soziallehre orientierte . Hilfe zur Selbsthilfe'erweisen, die insofern an Bedingungen zu knüpfen ist, als sie von obrigkeitsstaatlichen und bürokratischen Zwängen befreit sein, den Bürger mithin als partnerschaftlichen Träger von Sozialpolitik begreifen sollte. Wirkungen sind hier allerdings nur . langfristig zu erwarten. Der zweite Aspekt stellt vor allem auf diejenigen Bevölkerungsgruppen ab, die im Augenblick nicht dem Selbsthilfepotential zugeordnet werden können; für sie bildet Selbsthilfe offensichtlich kurz-aber auch mittelfristig keine Alternative zu sozialstaatlichen Leistungen. Hier sollte sich der Sozialstaat nicht mit dem Hinweis, es werde Selbsthilfe gefördert, aus der Verantwortung stehlen, da ansonsten das Ziel der Stärkung der Eigenverantwortlichkeit primär auf dem Rücken der sozial Schwachen verwirklicht würde.

Wenn in einer Krise — und in einer solchen steckt die Sozialpolitik zumindest vom Fiskalischen her — ein . Lösungsansatz'wie eine Zauberformel von allen politischen und gesellschaftlichen Gruppen in den Mund genommen und fast einhellig positiv beurteilt wird, so ist Vorsicht geboten, denn der breite Scheinkonsens kann auf einer fehlenden Hinterfragung dessen beruhen, was gemeint ist Unter einem Schlagwort können verschiedene Diagnosen, Therapien und angestrebte Konsequenzen verstanden werden bzw. dahinter verborgen sein.

Bei der aktuellen Diskussion um Selbsthilfe in der Sozialpolitik scheint diese Gefahr in besonderem Maß zu bestehen. Das Verständnis im politischen Raum für das, was historisch wie aktuell unter Selbsthilfe verstanden und bewertet wird, ist ebenso facettenreich wie die früheren wie heutigen Selbsthilfebewegungen in jeder möglichen Form von (Ziel-) Beziehungen zu den verschiedenen politisch-normativen Standorten standen und stehen. Dazu kommt, daß in den Sozialwissenschaften die Wortgemeinsamkeit in der Diskussion ebenfalls ganz unterschiedliche Erkenntnisinteressen und Gegenstände umfaßt und die Diskussion in einzelnen Phasen der Faszination des Themas von Zeit zu Zeit aufflackert. Noch deutlicher: Es gibt erstens nicht die Selbsthilfe/Selbsthilfeidee/Selbsthilfebewegung. Für verschiedene Lebensbereiche (im Sinn der staatlichen Sozialpolitik: Funktionen) wie für verschiedene sozioökonomische Gruppen ist Selbsthilfe in unterschiedlichen Varianten entstanden, vorhanden und zu bewerten. Darüber darf der vordergründige sprachliche Konsens nicht hinwegtäuschen. Nur normativ eher ähnliche, nicht die wirklich gegensätzlichen Positionen werden einem Diskurs unterzogen. Problematischer ist noch, daß sich beinahe durchgehend im politischen wie im Wissenschaftsbetrieb fast ein Versteckspiel einzubürgern pflegt. Selten wird Position bezogen unter gleichzeitiger Angabe der i — Ursachen, die . Selbsthilfe'als Lösungsansatz in der Sozialpolitik erfordern (Diagnose), — Wege und Formen, die anzusetzen wären (Therapie), und — Konsequenzen, die individuell wie gesellschaftlich aus einer Verbreitung von Selbsthilfe als sozialpolitischem Lösungsansatz entstehen würden.

Im vorliegenden Aufsatz soll versucht werden, zu diesen Problemen aus der laufenden Forschungsarbeit Stellung zu beziehen. Dazu sollen nach einer kurzen Begriffserklärung exemplarisch anhand von drei Bereichen, in denen Selbsthilfe als Lösungsansatz diskutiert und z. T. praktiziert wird, nämlich Jugendinitiativen, Nachbarschaftshilfe und bauliche Selbsthilfe (beispielhaft für den Eigenheimbau), Entwicklungen, Quantitäten und Qualitäten aufgezeigt werden. Daran schließt sich ein kurzes Fazit zu den Möglichkeiten und Risiken einer verstärkt auf Selbsthilfe setzenden Sozialpolitik — zumindest für die drei genannten Bereiche — an.

I. Die historischen Wurzeln

Abbildung 1: Schematischer Überblick über Motivgruppen Quelle: Eigene Darstellung

Historisch gesehen, taucht der Begriff der Selbsthilfe in der deutschen Literatur gegen Mitte des 19. Jahrhunderts auf. Bereits lange vorher gab es Zusammenschlüsse, die als Selbsthilfevereinigungen betrachtet werden Der vorliegende Aufsatz entstand im Rahmen eines laufenden Projektes im Schwerpunktprogramm . Gesellschaftliche Bedingungen sozialpolitischer Intervention: Staat, intermediäre Instanzen und Selbsthilfe“ der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Teile des Aufsatzes entstammen dem ersten Zwischenbericht an die DFG vom Mai 1983. müssen, wie z. B. Gilden, Zünfte, die Hanse und Nachbarschaften. Diese Gemeinschaften hatten überwiegend ständischen Charakter und eine tendenziell genossenschaftliche Ausrichtung. Als historische Wurzeln werden drei miteinander verflochtene Denkansätze und Traditionsstränge genannt — die dörflichen Wohngemeinschaften des Mittelalters; die Verbindungen der Kaufleute; die Zusammenschlüsse der Handwerker;

— die Ende des 18. Jahrhunderts und zu Beginn des 19. Jahrhunderts aufkommenden utopisch-und frühsozialistischen Ideen und ihre Realisierungsversuche (z. B. durch Owen, Fourier, St. Simon und Godin);

— die aus praktischen (überlebens-) Bedürfnissen entstandenen Verbindungen zur Selbsthilfe, insbesondere der . kleinen Leute'(z. B. Kassen für Krankheits-, Sterbe-und andere Notfälle).

Das preußische Genossenschaftsgesetz, welches die Gründung von Genossenschaften erstmals rechtlich absicherte, wurde 1867 verabschiedet und im Jahre 1872 auf das Reichsgebiet ausgedehnt. Zu Recht bezeichnet Weisser die Genossenschaften als die „Kerngebilde der ökonomischen Selbsthelferbewegung" Bereits vorher (seit 1849) wurde von Schulze-Delitzsch die Gründung von Genossenschaften der Handwerker und Arbeiter in Deutschland (im Sinne wirtschaftlicher und sozialer Selbsthilfe), die sogenannten Associationen', basierend auf dem gemeinsamen Prinzip der Selbsthilfe und dem Grundsatz der Solidarität, angeregt. Wenig später schuf Raiffeisen die eher den Bedürfnissen der ländlichen Bevölkerung entsprechenden Spar-und Hilfskassen. Ideengeschichtlich wichtig waren darüber hinaus für die Entwicklung des Genossenschaftswesens in Deutschland die Schriften von V. A. Huber.

Konstituierend für die Entwicklung der Selbsthilfe in der Form von Genossenschaften war die Selbstverwaltung durch die Mitglieder, jenes Prinzip also, das heute in breiterem Umfang als bisher reaktiviert werden soll und das von vielen Politikern und Wissenschaftlern als eines der wichtigsten Mittel zur Überwindung der Krise der Sozialpolitik angeführt wird. War damals aber die Entstehung der „Staatshilfe mit Recht als Frucht der Selbsthilfe" zu betrachten, also Selbsthilfe quasi als Korrektiv für fehlende staatliche Leistungen, so wird die Herausbildung von Selbsthilfegruppen heute vielfach als Antwort auf die Kritik an der staatlichen Sozialpolitik gesehen, die sich schlagwortartig in Begriffen wie Verrechtlichung, Überprofessionalisierung, zu weit reichende Institutionalisierung, Monetarisierung u. a. m. ausdrückt.

Bereits 1931 schrieb Steinmetz: „Die Selbsthilfe wird dennoch überhaupt nie schwinden, sondern ewig als Korrektiv bestehen bleiben, und zwar ebensoviel bei fehlender wie bei zu großer Ausdehnung der höheren bzw. höchsten Macht, bei mangelhafter sozialer Ordnung wie bei zu strammer und lückenloser." Anzumerken ist, daß es selbstverständlich auch stets Selbsthilfegruppen gab und gibt, die sich nicht als Korrektiv der staatlichen Sozialpolitik begreifen, sondern die neben den bestehenden Sicherungssystemen arbeiten und/oder sich als Gegensystem verstehen

Ebenso vielfältig wie die historischen Erscheinungsformen von Selbsthilfe sind auch die Versuche zu definieren, was Selbsthilfe denn eigentlich ist und was ihre konstituierenden Elemente sind.

II. Zur Definition der gruppenorientierten Selbsthilfe

Tabelle 1: Unbezahltes, freiwilliges Engagement nach Tätigkeitsfeldern) (Angaben in v. H.) Quelle: Eigene Berechnungen nach: ZUMA/Infratest, Wohlfahrtssurvey 1980, n = 2427. Das Datenband wurde uns freundlicherweise vom Zentralarchiv für Empirische Sozialforschung der Universität Köln zur Verfügung gestellt.

Die Merkmale, die zur Definition der Selbsthilfegruppen in der Literatur vorfindbar sind, wurden weitgehend geprägt von den Analysen im Bereich der gesundheitsorientierten Selbsthilfe Allerdings sind einige Basiskri-terien vorfindbar, die als unumstritten gelten können: so z. B. Betroffenheit, Selbstverwaltung, Deprofessionalität. Um über den Gesundheitssektor hinauszugreifen, müssen erweiterte Kriterien zugrunde gelegt werden, wobei nicht alle diese definierenden Merkmale in gleichem Ausmaß und bei jedem in Frage stehenden Netz vorfindbar sind

a) Das Kriterium der Betroffenheit umfaßt die aktuelle bzw. akute Berührung mit ei-nem gemeinsamen Problem und zielt auch auf eine potentielle (erwartete, befürchtete) Betroffenheit ab — ein Aspekt, der insbesondere bei Nachbarschaftshilfen häufig anzutreffen ist. b) Die Erfordernis der Deprofessionalisierung schließt eine Kooperation z. B. mit intermediären Instanzen nicht a priori aus, soll jedoch die Grenzlinie etwa zu den freien Trägern der Wohlfahrtspflege markieren. c) Der Aspekt der . Solidarität'betont das Prinzip der Gegenseitigkeit und Zusammenarbeit. d) Die Leistungserstellung im Rahmen der Selbsthilfetätigkeit erfolgt ausschließlich bedarfsorientiert. e) Das Merkmal des Veränderungswunsches weist zwei Aspekte auf: Zum einen ist hier der Versuch zu nennen, das jeweilige, Betroffenheit auslösende Problem einer Lösung durch (eigenes und) gemeinschaftliches Handeln näherzubringen, zum anderen orientiert sich dieses Bestreben an dem Versuch, gesellschaftlich als unerwünscht erachtete Rahmenbedingungen gewissermaßen auf einer Mikroebene aufzufangen bzw. zu verändern.

f) Das Kriterium der emotionalen Bindungen schließlich kann nur in eingeschränktem Umfang Geltung erlangen, da es z. B.

hinsichtlich des Leistungsfeldes . bauliche Selbsthilfe’ entweder nicht oder nur in geringem Umfang vorhanden ist, bzw. durch andere Interessenartikulationen deutlich überlagert wird

III. Motivstrukturen der sozialen Selbsthilfe

Abbildung 2: Bauliche Selbsthilfe im Eigenheimbau 1980 retrospektiv für Eigentümerhaushalte , Angaben in vH Quelle: INIFES, eigene Berechnungen nach: ZUMA/Infratest, Wohlfahrtssurvey 1980, n=2427 (931 Befragte waren Bewohner von Hauseigentum als Teilgesamtheit).

Die Ergebnisse einer von den Autoren durchgeführten Trendbefragung (Bevölkerungssample) zeigen, daß sich offensichtlich ein gutes Viertel der Befragen (27, 8 v. H.) entweder noch nicht mit Selbsthilfemotiven befaßt hatte oder sich keine konkreten Anknüpfungspunkte vorstellen konnte. Die vom Rest der Interviewpartner vermuteten bzw. zugeschriebenen Motive orientieren sich überwiegend an der Annahme der . gleichen’ Betroffenheit durch eine Problemstellung (26, 1 v. H.) und an der Aussage, daß der Gruppenselbsthilfe (Gruppenhilfe, Beratung) zur Problemlösung unter dem Effizienzkriterium ein größeres Gewicht als beispielsweise individueller Selbsthilfe beizumessen sei (18, 3 v. H.). Weniger ausgeprägt war die Zuschreibung sozialer Motive (7, 8 v. H.) und die Erwartung, daß Gruppenselbsthilfe betrieben werde, um eine . Sinnerfüllung des Lebens’ (z. B. ausgedrückt in der Kombination des . Entfliehens aus der Einsamkeit’ und der gleichzeitigen Ausführung einer befriedigenden Aufgabe) zu finden (6, 1 v. H.). Eher vereinzelt wurden schließlich Motive wie fehlendes Staatsvertrauen (5, 0 v. H.), Leisten eines Beitrages zum Allgemeinwohl (2, 8 v. H.) und politische Beweggründe (1, 1 v. H.) angeführt.

Aus einer Befragung von Selbsthilfegruppen-Mitgliedern ergab sich, daß die tatsächlich vorhandenen Beweggründe in gewissen Grenzen ein Spiegelbild der oben dargestellten Einschätzung liefern, wenngleich die Aussagen naturgemäß differenzierter und facettenreicher ausfielen

Auf einer ersten Ebene konnten vier Motiv-gruppen indentifiziert werden, die sich partiell auch überschneiden:

Die erste Gruppe enthält Motive, die als rational begründet und nach außen, d. h. über die Gruppenarbeit hinaus wirkend, bezeichnet werden können. Im Grunde werden hier gesellschaftspolitische Anknüpfungspunkte her-angezogen, was besonders deutlich wird durch die Hinweise wahrgenommener Defizite sozialpolitischer Instanzen (, Staatsversagen') und die Betonung der . übergeordneten Wichtigkeit'der eigenen (Selbsthilfe-) Ansätze. Eine zentrale Größe besteht hier im Veränderungswunsch, nicht nur bezogen auf die Reduktion der spezifischen Probleme, sondern auch wirkend im Sinne einer Ergänzung und/oder Alternative zum . traditionellen'Sicherungssystem. Der zweiten Motivgruppe läßt sich als dominierender Begriff das soziale Engagement zuordnen. Ähnlich wie oben kann auch hier die Ausgangsgrundlage als eine bestimmte Perzeption gesellschaftlicher Bedingungen definiert werden, die in einem Gefühl sozialer Verantwortlichkeit mündet. Jedoch scheint hier eher eine emotionale Komponente vorhanden zu sein. Dies nicht zuletzt deshalb, weil die Betonung der Sinnhaftigkeit sozialen Engagements häufig mit dem Begriff des Idealismus gepaart wird und somit in gewisser Hinsicht den . Traum von einer besseren Weit einschließt (und diesen auch in Handlungen umzusetzen versucht).

Die dritte Gruppe kann unter den Begriff der Betroffenheit subsumiert werden. Zur Erläuterung sei vermerkt, daß zwar in den beiden erstgenannten Motivfeldern Betroffenheit enthalten ist. Während dort jedoch im eher allgemeinen Sinne auf Betroffenheit bezüglich der tatsächlichen oder vermeintlichen Defizite des sozialen Leistungssystems abgestellt wird, ist hier Betroffenheit konkret mit eng begrenzten, spezifischen und persönlich erfahrenen (erfahrbaren) Problemlagen verbunden. Mit dieser akuten Betroffenheit geht die Erwartung einher, durch die Gruppen-selbsthilfe zu einer vergleichsweise besseren Problembewältigung zu gelangen, als dies bei Einzelaktionen oder z. B. auch durch (alleinige) Kooperation mit sozialpolitischen/professionellen Instanzen möglich erscheint. Der auch hier vorhandene Veränderungswunsch manifestiert sich wesentlich stärker an den internen Arbeitsfeldern der Gruppen.

Die vierte Gruppe schließlich läßt sich dem Begriff des . Austausches'zuordnen, wobei hier nicht der enge Tausch der ökonomischen Theorie gemeint ist, sondern auch der Tausch nicht-materieller Ressourcen Dieser Gedanke äußert sich in den genannten Motiven insofern, als sie einerseits unter dem Begriff der . Freude am Helfen'eingeordnet werden können, wobei durchaus auch altruistisches Verhalten unterstellt werden kann. Andererseits sind hier auch eher . rationale’ Überlegungen vertreten, die stark an das Versicherungsprinzip erinnern: Der Ressourcentausch wird als zeitlich versetzte Interaktion begriffen, die sich etwa durch den Satz ich helfe jetzt, damit auch ich später Hilfe erhalte’ umschreiben läßt. Mit anderen Worten: Die Hilfeleistung wird erbracht als . Versicherung'für den Fall des Umschlagens von potentieller in akute Betroffenheit.

Diese Motivgruppen sind, wie Abbildung 1 verdeutlicht, fließend und treten auch in unterschiedlicher Gewichtung auf, je nachdem, ob eine Selbsthilfegruppe einen eng definierten, zentralen Tätigkeitsbereich hat oder eher . multifunktional'ist. Erstere zeichnen sich dadurch aus, daß sie im wesentlichen in Defizit-bereichen des professionell organisierten Sicherungssystems tätig sind (z. B. die Mehrzahl der Gesundheitsselbsthilfegruppen); letztere agieren über weite Strecken unterhalb der Eingriffsebene des institutionalisierten Leistungsnetzes (z. B. Nachbarschaftsselbsthilfegruppen). Die bisher vorliegenden Ergebnisse lassen darauf schließen, daß für die erste Kategorie die Motivgruppen eins und drei relativ größere Bedeutung erlangen, wobei, von wenigen Ausnahmen abgesehen, der Grad der akuten Betroffenheit den Ausschlag gibt. In der zwei-17 ten Kategorie dagegen dominieren eher die Motive der Gruppen zwei und vier. Das Über-gewicht des sozialen Engagements und der Sinnfindung wird hier nicht zuletzt dadurch hervorgerufen, daß aufgrund der Mehrdimensionalität des Aufgabenfeldes Betroffenheit gewissermaßen parzelliert oder latent gehal-ten wird. Ein weiterer Grund mag darin zu sehen sein, daß — wie die geführten Gespräche ergaben — eine große Zahl der hier in der Selbsthilfe Engagierten insofern über eine entsprechende Grunddisposition verfügt, als diese Personen in sozialen Berufsfeldern tätig sind oder waren

IV. Beispielhafte Bereiche

Tabelle 2: Bauliche Mithilfe 1980 (Angaben in v. H.) Quelle: Wie Tabelle 1

1. Jugendbewegung, Jugendinitiativen und Selbsthilfegruppen Die Entstehung von Jugendinitiativen in Deutschland ist nicht erst, wie dies vielfach in Diskussionen anklingt, ein Phänomen unserer Zeit. Sie haben vielmehr eine lange Tradition. Beispielsweise stellte Simon bereits 1929 fest, daß die Entstehung von Jugendbewegung.......der jugendbewegten Gemeinschaften allgemein, als Reaktion gegen eine bestimmte . bürgerliche'Gesinnung, gegen Mechanisierung, Verstaatlichung und Entpersönlichung des Lebens und als kritische Haltung gegen das Ethos einer bürgerlichen Gesellschaft gekennzeichnet wird"

Auch heute ist wieder häufig die Rede von Jugendinitiativen und Selbsthilfegruppen Jugendlicher: im politisch-administrativen System einerseits vor allem unter den Vorzeichen einer inzwischen konstatierten betontbewußten . Auswanderung der Jugend'(bzw. eines großen Teils davon) und einem Anti-Institutionalismus der jungen Generation und andererseits unter dem Gesichtspunkt einer quantitativen und kostenmäßigen Entlastung des sozialen Netzes. Das angesprochene Exodus-Phänomen betrifft dabei nicht nur die Parteien und die parteipolitisch gebundenen Jugendorganisationen, sondern ebenso die kirchlichen, die gewerkschaftlichen u. a. Nicht zuletzt deshalb ist Jugend'in den letzten Jahren zum Gegenstand vielfältiger Untersuchungen geworden. Nahezu durchgängig enthalten diese Berichte positive Bemerkungen über alternative Projekte, Selbsthilfegruppen und selbstorganisierte Jugendinitiativen, die..... vor allem in bestimmten sozialen Bereichen und im Dienstleistungsgewerbe eine wertvolle Ergänzung zu bestehenden öffentlichen und privaten Einrichtungen und Betrieben darstellen können" Auch im Wohnungsbau werden gute Chancen für Selbsthilfeaktivitäten Jugendlicher gesehen. Häufig empfehlen die Berichte und Untersuchungen eine Unterstützung und öffentliche Förderung von solchen Gruppierungen, wobei jedoch in der Realität in dieser Hinsicht wenig geschieht und in der letzten Zeit eher gegenläufige Tendenzen feststellbar sind Noch immer gilt für jugendpolitische Programme, daß dort Forderungen erhoben werden, die sich in der realen Ausgestaltung der Sachprogramme nicht mehr wiederfinden, und daß dort „Probleme, die faktisch nicht gelöst werden können oder als Probleme gar nicht mehr akzeptiert werden, ... in einem marginalen Politikfeld gleichsam konserviert (werden), um die Betroffenheit des politisch-administrativen Systems oder der großen politischen Organisationen zu demonstrieren" Generell gilt: . Jugend ist zum vom politischen Alltagsgeschäft abgekoppelten . Testfall'geworden"

Trotzdem bzw. gerade deshalb wird mit hoher Wahrscheinlichkeit die Selbstorganisation und die Entstehung von Jugendinitiativen und -selbsthilfegruppen zunehmen, wobei der Begriff Jugend'hier die post-adoleszente Phase bis hin zu einem Alter von ca. 30 Jahren beinhaltet Diese Vermutung wird auch durch die jüngste Shell-Studie Jugend'81'gestützt. So gaben bei einer im Rahmen dieser Untersuchung durchgeführten repräsentativen Befragung unter den 15-bis 24jährigen Jugendlichen in der Bundesrepublik Deutschland z. B. 6 v. H. an, daß sie sich zu „Gruppen mit alternativer Lebensweise (z. B. Landkommunen, die selbst natürlich anbauen)“ rechnen; 56 v. H. gehören nicht dazu, finden „solche Leute aber ganz gut“ -

Bezogen auf die gesamte Bundesrepublik sind Daten über die Anzahl von Selbsthilfegruppen Jugendlicher und ihre Tätigkeitsbereiche und -felder Mangelware und äußerst vage und spekulativ. Sicher ist jedenfalls die Zunahme von Selbsthilfeaktivitäten jugendlicher Arbeitsloser, wobei die hohen Arbeitslosenzahlen „nur der Rohstoff für diese Art von Projekten" insbesondere selbstorganisierte Alternativprojekte, sind. Eine weitere Bedingung ist das Zusammentreffen von Jugendlichen in Jugendzentren und ähnlichen Einrichtungen, die häufig einen engen Konnex zu diesen Selbsthilfegruppen aufweisen, sowie die Auswirkungen von Randgruppenarbe Jahren beinhaltet 20). Diese Vermutung wird auch durch die jüngste Shell-Studie Jugend'81'gestützt. So gaben bei einer im Rahmen dieser Untersuchung durchgeführten repräsentativen Befragung unter den 15-bis 24jährigen Jugendlichen in der Bundesrepublik Deutschland z. B. 6 v. H. an, daß sie sich zu „Gruppen mit alternativer Lebensweise (z. B. Landkommunen, die selbst natürlich anbauen)“ rechnen; 56 v. H. gehören nicht dazu, finden „solche Leute aber ganz gut“ 21) -

Bezogen auf die gesamte Bundesrepublik sind Daten über die Anzahl von Selbsthilfegruppen Jugendlicher und ihre Tätigkeitsbereiche und -felder Mangelware und äußerst vage und spekulativ. Sicher ist jedenfalls die Zunahme von Selbsthilfeaktivitäten jugendlicher Arbeitsloser, wobei die hohen Arbeitslosenzahlen „nur der Rohstoff für diese Art von Projekten" 22), insbesondere selbstorganisierte Alternativprojekte, sind. Eine weitere Bedingung ist das Zusammentreffen von Jugendlichen in Jugendzentren und ähnlichen Einrichtungen, die häufig einen engen Konnex zu diesen Selbsthilfegruppen aufweisen, sowie die Auswirkungen von Randgruppenarbeit mit Jugendlichen 23). Eine aktuelle Umfrage zeigt, daß 60 v. H.der 16-bis 34jährigen es befürworten würden, wenn Projekte im Selbsthilfe-und Alternativbereich vom Staat als Mittel gegen Arbeitslosigkeit unterstützt werden würden, und 22, 5 v. H. dieser Personen würden selbst gerne in Projekten dieser Art mitarbeiten 24). Nach einer Schätzung gab es beispielsweise im Jahre 1982 in Berlin 40 Projekte mit Jugendlichen im alternativen sozialen Dienstleistungsbereich mit zusammen 490 Mitarbeitern 25). Ebenfalls in Berlin wurden in einer qualitativ angelegten Studie 1982 14 alternative Projekte der Jugendhilfe untersucht 26). Dabei handelte es sich um reine Ausbildungsprojekte, kombinierte Wohn-und Ausbildungsprojekte, Jugendwohnprojekte und beratungs-und stadtteilorientierte Projekte. Verfolgt wurden ganzheitliche Ansätze, die die strikte Trennung zwischen Arbeitswelt und Freizeit aufzuheben versuchten. Interessant ist auch die Tatsache, daß fast alle Projekte nicht von den betroffenen Jugendlichen als Selbsthilfeinitiativen gegründet wurden, sondern der Anstoß von außen, konkret den Projektmitarbeitern, kam. Dies deutet einmal mehr darauf hin, daß die meisten Selbsthilfe-gruppen der Unterstützung Externer im weitesten Sinne bedürfen. 2. Nachbarschaftshilfe Im folgenden ist überwiegend nicht von nachbarschaftlichen Beziehungen aufgrund traditioneller Bindung die Rede, sondern von Nachbarschaftshilfe im . modernen'Sinne, bei der die . normativ-verpflichtende'Komponente von eher emotionalen Aspekten 27) in den Hintergrund gedrängt ist und wesentlich das Prinzip der Freiwilligkeit dominiert. Dennoch sind — ähnlich den Jugendinitiativen — auch diese Ansätze nicht . traditionslos'; sie reichen zurück bis etwa in die dreißiger Jahre. wo die aufkommende Großstadt und eine damit einhergehende Zivilisationskritik vor allem den Großstädter als „beziehungslos, entwurzelt und , nachbarlos'" 28) darstellte. Die Überwindung dieses Zustandes wurde beispielsweise durch Konzepte der . neighbourhood-units 29) angestrebt. Etwa zu Beginn der sechziger Jahre setzte allerdings eine Ernüchterungsphase hinsichtlich des Nachbarschaftsgedankens ein, als das Scheitern dieser . geplanten'Nachbarschaftsmodelle offensichtlich wurde 30). Unter anderen Vorzeichen und nicht zuletzt in Verbindung mit dem (Wieder-) Aufkommen der Selbsthilfe-und Alternativbewegung scheint auch für den Nachbarschaftsgedanken seit nunmehr einer Reihe von Jahren wieder steigende Popularität zu verzeichnen zu sein.

Dies mag zum einen darauf beruhen, daß professionelle personenorientierte soziale Dienstleistungen für viele Menschen in zunehmendem Maße nicht mehr finanzierbar sind, zum anderen ist es darauf zurückzuführen, daß eine Vielzahl der nachbarlich erbrachten Dienste anderweitig nicht zur Verfügung stehen, da sie unterhalb der Eingriffs-schwellen staatlicher Instanzen und oftmals auch freier Träger angesiedelt sind. Wie die oben dargestellte Motivdiskussion nahelegt, ist auch der Wunsch nach Betätigung im sozialen Bereich sicherlich eine wesentliche Antriebsquelle. Begünstigend für das Engagement wirkt zweifellos auch, daß in diesem Selbsthilfebereich vom Helfenden in aller Regel und vor allen Dingen Alltagskompetenz gefordert wird

Als entscheidend für die Funktionsfähigkeit von Nachbarschaftshilfen schließlich ist weniger die tatsächliche räumliche Nähe anzusehen sondern — begreift man Nachbarschaft als soziales Beziehungsfeld — die bereits von Weber konstatierte „Gemeinsamkeit der Interessenlage" ein Gefühl der Verbundenheit und Solidarität.

Die Erscheinungsformen der Nachbarschaftshilfe sind vielfältig, Übergänge zwischen diesen Formen ebenso fließend wie zu anderen Bereichen der Selbsthilfe (z. B. Alten-oder Gesundheitsselbsthilfen). Als Orientierungskriterium können jedoch zwei zentrale Typen angegeben werden, die sich als . Hilfe zwischen Nachbarn'und als . Nachbarschaftshilfe in organisierter Form’ bezeichnen lassen.

Der erste Typ kennzeichnet Interaktionen, die in der Regel auf wechselseitigen Prozessen in relativ . kleinen Netzen beruhen. Die erbrachten Leistungen (personen-, aber auch sachorientiert) korrespondieren zu alltäglichen Bedürfnissen und Problemen, enthalten oftmals spontane Elemente und bedürfen aufgrund gegenseitiger Kenntnis und face-toface Kommunikation eines nur relativ geringen formalen Organisationsgrades. Charakteristisch für das Leistungsspektrum ist die Nähe zu Aufgaben, die auch in familialer und individueller Selbsthilfe erbracht werden, wobei sich der Bogen von Kinderhüten, Einkaufsdiensten über Nachhilfe, Reparaturen bis zu Hilfen bei Krankheit und in Notfällen etc. spannen läßt.

Diese kleinen Netze der Nachbarschaft bilden häufig die Vorstufe für die organisierte Nachbarschaftshilfe, den zweiten zentralen Typus; die hier vorfindbaren Gruppen können sowohl eigeninitiiert (z. B. ein Teil der Nachbarschaftsvereine) als auch fremdinitiiert im Sinne von Nachbarschaftsorganisationen sein. Vor allem hier findet sich das oftmals eng verknüpfte Netz der Koproduktion mit anderen sozialpolitischen Trägern, insbesondere den Wohlfahrtsverbänden, Kirchen und Kommunen. Die Tätigkeitsfelder sind zwar prinzipiell ähnlich strukturiert wie im zuvör umrissenen Fall, jedoch scheint sich hier eine Gewichtsverlagerung insofern zu ergeben, als personenorientierte Betreuungsfunktionen (z. B. im Gesundheits-und besonders Pflege-bereich, in der Altenbetreuung etc.) dominieren die Hilfeleistung und deren Ausgestaltung wird in der Regel durch eine . Einsatzzentrale'organisiert bzw. koordiniert.

über den Umfang der tatsächlich geleisteten Nachbarschaftshilfe sowie über das noch zusätzlich vorhandene Potential liegen keine eindeutigen Daten vor. Dennoch können die vorhandenen Studien — wenngleich lediglich bestimmte Teilaspekte berücksichtigt werden — einige Anhaltspunkte liefern.

In Tabelle 1 spiegeln sich Umfangsschätzungen im Bereich der eher . klassischen’, d. h. nicht-organisierten, freiwilligen und unbezahlten Hilfeleistungen wider. In der Differenzierung nach den Adressaten der Unterstützung zeigt sich dabei, daß das . nachbarschaftliche Engagement’ im Verhältnis zu den beiden Kategorien . Verwandte’ und . Freunde/Bekannte’ relativ deutlich abfällt. Andererseits läßt sich jedoch feststellen, daß im Unterschied zu diesen Kategorien innerhalb der Adressatengruppe der Nachbarn die drei letzten, auf soziale Gesichtspunkte im engeren Sinne bezogenen Items ein relativ stärkeres Gewicht erhalten als die primär sachorientierten Dienstleistungen. Ein umfassenderer Indikator für die Abschätzung von Handlungspotentialen sowie aktueller Tätigkeit dürfte in der Frage nach dem ehrenamtlichen sozialen Engagement zu sehen sein. Allerdings liegen auch hierzu unterschiedliche Zahlen vor. So bezifferte etwa Fink in Anlehnung an eine Studie des Instituts für Demoskopie in Allensbach das Potential für ehrenamtliche Tätigkeiten mit ca. 35 v. H.der Befragten; das tatsächlich und aktuell vorfindbare Engagement wird mit etwa 3-5 v. H. angegeben Auf der Grundlage einer anderen Datenbasis ergibt sich demgegenüber ein tatsächliches soziales Engagement von 11 v. H.der Befragten und eine potentielle Bereitschaft zu ehrenamtlicher sozialer Tätigkeit von insgesamt 29 v. H. (aufgegliedert nach 6 v. H. . sicherem'und 23 v. H. . ambivalentem', d. h. an bestimmte Bedingungen geknüpftem Potential).

Hier kommt es weniger auf die Unterschiede in diesen Schätzungen an, als vielmehr auf die auftretenden gruppenspezifischen Unterschiede, die kurz anhand der letztgenannten Datenbasis verdeutlicht werden sollen.

Bei der Differenzierung nach dem höchsten erreichten Schulabschluß beispielsweise ergibt sich, daß mit steigendem formalen Bil-dungsgrad sowohl das aktuelle Engagement als auch das Potential kontinuierlich zunehmen (von der Gruppe . Hauptschulabschluß ohne abgeschlossene Lehre'mit 6 v. H. bzw. 21 v. H. zur Gruppe . Abitur/Hochschulabschluß'mit 22 v. H. bzw. 42 v. H.). Mit ähnlicher Linearität sinken beide Kennziffern bei der Differenzierung nach Altersklassen mit ansteigendem Alter ab (von der Gruppe der 16-bis 39jährigen Befragten mit 13v. H. bzw. 39 v. H. bis zur Gruppe der über 65jährigen Personen mit 6 v. H. bzw. 10 v. H).

Diese auch an anderer Stelle thematisierten gruppenspezifischen Unterschiede deuten darauf hin, daß bestimmte Bevölkerungsgruppen offensichtlich im Augenblick weniger .selbsthilfefähig'sind als andere, oder anders formuliert, daß ehrenamtliches soziales Engagement (und damit auch solidarische Selbsthilfe) von einigen Gruppen (relativ zu anderen) weniger als möglicher Lösungsweg sozialpolitischer Fragestellungen angesehen oder akzeptiert wird (oder auch aufgrund spezifischer Umstände werden kann). Dies ist selbstverständlich nicht als Argument gegen die Selbsthilfe oder gar die . Hilfe zur Selbsthilfe'zu werten. Der Akzent liegt vielmehr auf der Tatsache, daß hier . Grenzen der Hoffnung'aufgezeigt sind, die die staatliche Sozialpolitik nicht übersehen sollte.

Nicht nur auf der Ebene der Betroffenen läßt sich Nachbarschaftshilfe thematisieren; auch im politischen Bereich gewinnt dieser Gedanke zunehmend an Popularität. Dies beruht zum einen auf den vielbeschworenen . leeren öffentlichen Kassen', zum anderen wohl auch auf der Erkenntnis, daß familialer Eigenhilfe (zum Beispiel im Pflegebereich) aufgrund des Wandels zur Kernfamilie, verbunden mit veränderten Wohn-und Lebensbedingungen (und -auffassungen), eindeutige Kapazitätsgrenzen gesetzt sind Wird damit die Nachbarschaftsselbsthilfe zum Auffangbecken ungelöster Probleme von . unten'(Familie) und . oben'(Staat), zum Ausfallbürgen anderer Sicherungsnetze? Zunächst ist festzuhalten, daß das Ziel der Förderung von Eigenverantwortlichkeit, der Stärkung von bürgerschaftlicher sozialer Selbsthilfe in dieser allgemeinen Formulierung sicherlich auf breiter Basis konsensfähig erscheint. Bei näherer Betrachtung jedoch kristallisieren sich Elemente heraus, die sich nicht allein in unterschiedlich interpretierten Begrifflichkeiten niederschlagen. Dies zeigt sich beispielsweise am neuerdings wieder zu politischen Ehren kommenden Konzept der Subsidiarität, das allerdings häufig in stark verkürzter Weise dargestellt wird. Denn der Vorrang der jeweils kleineren Netze der Sicherung ist lediglich ein Aspekt dieses Prinzips, auch wenn sich die Argumentation im politischen Raum weitgehend auf diese Facette konzentriert -In der Auslegung der katholischen Soziallehre, vertreten v. a. durch O. v. Nell-Breuning, stellt sich das Subsidiaritätsprinzip dagegen umfassender dar. Als all-gemeingültiger Maßstab ist der Grundsatz bzw. die Pflicht des . hilfreichen Beistandes'anzulegen, wobei gilt: „hilfreich ist der Beistand, der die Selbstentfaltung (Art. 2 GG) fördert. schädlich ist der, der sie beeinträchtigt, hindert oder stört"

übertragen auf Aktionsfelder der Nachbarschaftshilfe (und der Selbsthilfe, dem sozialen Engagement generell) ergibt sich aus dieser Interpretation die Notwendigkeit der . Hilfe zur Selbsthilfe'. Dieses Erfordernis wird jedoch — vor allem in der politischen Diskussion — oftmals von der Argumentation hinsichtlich der Kostenreduktion bei den öffentlichen Haushalten überlagert. So unbestritten dieses Ziel sein mag, solange im allgemeinen Kontext auf . social slack'abgestellt wird und so unbestritten beispielsweise bestehende Nachbarschaftshilfen . kostengünstiger'produzieren als professionelle Dienste so verfänglich erscheint diese Argumentation im einzelnen zu sein. Thiemeyer hat zu Recht darauf hingewiesen, daß Kostenreduktion für öffentliche Haushalte in der volkswirtschaftlichen Sicht im Klartext Kostensubstitution bedeutet, da lediglich eine Überwälzung auf Private stattfindet Darüber hinaus ist zu erwarten, daß, je stärker sich im Konnex zur Selbsthilfe dieses Entlastungsziel umsetzen läßt, d. h. je stärker die Budgetrestriktionen für sozialpolitische Leistungen ausfallen, desto stärker die nicht selbsthilfefähigen Gesellschaftsmitglieder an den privaten Kosten — ausgedrückt auch in entgangenem Nutzen — beteiligt werden. Diese Personen können zum einen nicht mehr oder nur in eingeschränktem Umfang auf bestimmte öffentliche Leistungen zurückgreifen, zum anderen entgeht ihnen der durch Selbsthilfe ermöglichte Nutzen.

Ferner überbetont das . Klagen'über die Finanzmisere zumindest indirekt den Gesichtspunkt des , In-die-Pflicht-Nehmens‘ (jenseits von . individueller sozialer Verantwortlichkeit'), was der Idee der Selbsthilfe insofern zuwiderläuft, als diese nicht zuletzt auf Frei-Willigkeit gründet Der Widerspruch wird deutlich, wenn man sich den für die Betroffenen bedeutsamen Unterschied vergegenwärtigt, der zwischen (wenn auch möglicherweise sanft) erzwungener Selbsthilfe und dem Engagement aus freien Stücken besteht Drittens — und damit zusammenhängend — ist die Gefahr der Vereinnahmung zu betonen, also der „Instrumentalisierung von Selbsthilfegruppen für Ziele, die nicht ihre eigenen, sondern die des professionellen bzw. staatlichen Systems sind" Trotz der gewissen Sonderstellung von Nachbarschaftshilfen im Selbsthilfespektrum, die u. a. durch ihre Multifunktionalität begründet ist, ist diese Gefahr zweifellos auch hier latent. Nicht allein über Ausführungsmacht, sondern auch über Definitionsmacht sollten die Gruppen selbst verfügen

Will man nachbarliche Selbsthilfe quantitativ und qualitativ auf ein neues Niveau heben, so ist der . Hilfe zur Selbsthilfe'— die zwangsläufig auch ausgabenwirksam wird — zumindest mittelfristig gegenüber der programmatischen . Drohung'mit (und auch der tatsächlichen Durchführung von) pauschalen Kürzungen in sozialen Leistungsbereichen der Vorzug zu geben; denn die Weckung von zusätzlichen Selbsthilfeaktivitäten wird sich — wenn überhaupt möglich — als langfristiger Prozeß erweisen. Die Konzepte zur Förderung sind dabei im Hinblick auf die Anbieterseite dieser Hilfe zur Selbsthilfe an Bedingungen zu knüpfen, die gängiger staatlich-bürokratischer Praxis allerdings eher zuwiderlaufen dürften. Dies beginnt bei dem Erfordernis der flexiblen Handhabung, d. h.des Zuschneidens auf die konkret artikulierten Bedürfnisse der in der Nachbarschaftshilfe bereits Tätigen bzw. potentiell Engagierten und endet bei der Überlegung, daß für die Unterstützung nicht automatisch Wohlverhalten im Gegenzug eingefordert werden kann Bedingung dieser . neuen'Subsidiarität ist die Befreiung von obrigkeitsstaatlichen Zwängen und überbürokratisierter Kontrolle. Notwendig ist eine „egalisierte Beziehung zwischen Anbietern und Konsumenten der Hilfe zur Selbsthilfe. Zu warnen ist jedoch vor überzogenen Erwartungen, da kaum anzunehmen ist, daß alle plötzlich zu einem Heer von Nachbarschaftshelfern werden. Wie die angesprochenen empirischen Ergebnisse zeigen, sind große Teile der Bevölkerung im Augenblick nicht einmal dem Potential des freiwilligen sozialen Engagements zuzurechnen; für diesen Personenkreis ist offensichtlich . Selbsthilfe an sich — aus welchen Gründen auch immer — kurz-oder mittelfristig keine Alternative zu sozialpolitischen Leistungen. Hier sollte sich der Sozialstaat nicht mit dem Hinweis, es werde ja von ihm Selbsthilfe gefördert, aus der Verantwortung stehlen, da ansonsten die Gefahr besteht, daß die . Stärkung der Eigenverantwortung'besonders zu Lasten der sozial Schwachen geht. 3. Bauliche Selbsthilfe „Schätzungen zufolge hat rund ein Drittel der Weltbevölkerung die eigene Wohnung ohne Architekten und Baufirmen in Selbsthilfe errichtet. Diese hohe Zahl erscheint auf den ersten Blick auf den überproportionalen Anteil baulicher Selbsthilfe in den unterentwickelten Ländern zurückzugehen, begründet in der z. T. geringen Ausprägung einer kommerziellen Bauwirtschaft, mangelnder Kaufkraft und den ausufernden Rändern der Metropolen in diesen Ländern. Für die entwikkelten Länder scheint das Phänomen der baulichen Selbsthilfe demgegenüber von relativ geringer Bedeutung zu sein. So sieht etwa Burckhardt „das Seiberbauen in industrialisierten Ländern nicht als eine breite und volkswirtschaftlich ins Gewicht fallende Be-wegung an" Ergänzt wird diese Skepsis durch die Annahme, daß bauliche Selbsthilfe — die . Muskelhypothek'— bei überproportional steigenden Boden-und sonstigen Baupreisen (Material, komplizierte Gewerke), zumindest bezogen auf den Eigenheimbau, nicht mehr und vor allem nicht für schwächere soziale Gruppen ausreicht, fehlendes Eigenkapital zu kompensieren. So folgert Hellweg: „Im Wohnungsbau ist die Selbsthilfe in erster Linie aus ökonomischen Gründen aus dem Feld geschlagen" und sieht allenfalls in ländlichen Gebieten und andererseits bei der Altbauerhaltung ein realistisches Feld.

Solchen scheinbar plausiblen Argumenten einer geringen Bedeutung korrespondiert eine relativ geringe Beachtung der baulichen Selbsthilfe — bezogen auf den Eigenheimbau — in der Literatur und insbesondere auch in der neueren Selbsthilfediskussion Dies erstaunt, da bauliche Selbsthilfe zu denjenigen Bereichen gehört, in denen Selbsthilfebewegungen, speziell die Genossenschaftsbewegung, ihre ältesten historischen Wurzeln hat. Auch hat, wie zu zeigen sein wird, die Selbsthilfe beim Eigenheimbau eine doch noch erhebliche Bedeutung, die größer ist als die meist gehandelten Zahlen

Bauliche Selbsthilfe ist die w .. natural-wirtschaftliche Eigenkapitalbildung in der Form der Einbringung von bauwirtschaftlichen und baustoffwirtschaftlichen Leistungen durch den Wohnungssuchenden mit oder ohne „Freundeshilfe" Unter baulicher Selbsthilfe ist damit generell die eigene oder nicht-kommerzielle fremde Hilfe bei der Erstellung von Wohneigentum, unabhängig von der Form des angestrebten Wohnbesitzes bzw. bei Renovierung/Modernisierung/Umbau etc. bei Mietern wie Eigentümern zu verstehen. Da gerade in diesem Bereich die Grenzen zur sogenannten Schwarzarbeit z. T.sehr fließend sind, ist mit dem Terminus , nicht-kommerziell jede Tätigkeit Dritter auf Rechnung des offiziellen Bauhaupt-und -nebengewerbes eng ausgegrenzt.

In den folgenden Ausführungen erfolgt eine Eingrenzung des Untersuchungsbereiches auf die Leistungen bei der Erstellung von Eigenheimen. Wichtig ist die Unterscheidung zwischen der Einzel-und der Gruppenselbsthilfe, zwischen eigen-und fremdinitiierter Aktivität sowie verschieden starken Organisationsformen der Gruppenselbsthilfe. Mischformen sind ebenso beobachtbar wie ein Nebeneinander an verschiedenen Gewerken am selben Objekt

Neben dem Hinweis auf unterschiedliche Organisationsformen (bzw. Unterstützungsmodalitäten je nach Bundesland) ist die Streubreite möglicher und existierender Unterstützung durch unterschiedliche Netze bei Einzel-und Gruppenselbsthilfe zu erwähnen, vom , Verwandten-/Bekanntenkreis'über intermediäre Instanzen bis zum Staat, vor allem in Form unterstützender Hilfen der Gemeinden (Baulandbereitstellung).

In der einschlägigen praxisbezogenen Debatte zum Thema dominieren neben einem spekulativen Pessimismus vor allem Zahlen von zweifelhafter Aussagekraft. Finanzierungsrechnungen bei bestgemeinten, vielleicht vorbildlichen Modellvorhaben reichen keineswegs zu einer Abschätzung oder gar Bewertung der tatsächlich stattfindenden baulichen Selbsthilfe aus, ebensowenig wie recht abstrakte Kalkulationen theoretisch möglicher Umfänge gewerksspezifischer Selbsthilfe. Die 57 v. H. möglichen Anteile des Selbstbaus an den Lohnkosten und von 28 v. H. an den Totalkosten der Erstellung eines einfachen Einfamilienhauses (die unter bestimmten Annahmen auf 36 v. H. steigerbar sein sollen), wie sie Wiegand nach einer Studie für die Schweiz angibt, sind — von Baupraktikern als relativ hoch bezeichnete — Maximalwerte. Die vorliegenden Zahlen über den tatsächlichen Umfang/Anteil der baulichen Selbsthilfe sind entweder relativ alt und undifferenziert oder atypisch Auch weichen die Zahlenangaben aus einzelnen Fallbeispielen doch stark voneinander ab, was nicht zuletzt mit unterschiedlichen Organisationsbedingungen zusammenhängt

Interessant erscheinen für eine Abschätzung des Umfangs baulicher (insbesondere Einzel-) Selbsthilfe die Informationen aus dem von ZUMA/Infratest durchgeführten Wohlfahrtssurvey 1980. Abbildung 2 gibt die Häufigkeiten der Sekundäranalyse für die Teilgesamtheit . Bewohner von Eigenheimen'(n = 931) auf die Frage wieder, ob der Rohbau, respektive der Innenausbau, hauptsächlich selbst (bzw. mit Helfern) durchgeführt wurde. Es zeigen sich erstaunlich hohe Anteile von immerhin 26, 2 v. H. für den Rohbau und 33, 2 v. H. für den Innenausbau. In gruppenspezifischer Sicht fallen die überdurchschnittlichen Werte bei Befragten mit geringerem formalen Schulabschluß, die hohen Werte für Arbeiter, aber auch für Angestellte, und die Konzentration bei Eigentümern mit mittlerem Haushaltsnettoeinkommen auf. überraschend erscheint der unregelmäßige Verlauf hinsichtlich des Kriteriums Ortsgrößenklasse/-typ bezüglich der Rohbauerstellung in Selbsthilfe und der hohen Prozentwerte von 34, 3 v. H. (Rohbau) und 43, 1 v. H. (Innenausbau) für nach 1970 erstellte Bauten.

Dies bestätigt, daß Selbsthilfe im Eigenheim-bau nicht nur eine Sache von Krisenzeiten z. B. durch (kriegsbedingte) Wohnraumzerstörung ist, sondern auch eine aktuelle Erscheinung, die seit einiger Zeit noch verstärkt an Bedeutung gewinnt

Tabelle 2 zeigt, in welchem Ausmaß und in welcher gruppenspezifischen Differenzierung die Befragten aus der gleichen Umfrage angaben, bei Verwandten, Nachbarn und Freunden beim Bau bzw. Umbau im Lauf der letzten drei Jahre mitgeholfen zu haben Die Zahlen sind unerwartet hoch, besonders die Hilfe bei Verwandten mit immerhin 8, 4 v. H. überraschend ist die überproportionale Nennung solcher Tätigkeiten u. a. bei Personen mit einem höheren formalen Bildungsstand und höherem Haushaltsnettoeinkommen, der auch hohe Werte für Angestellte und Beamte korrespondieren Bezogen auf die Ortsgrößenklassen ist festzustellen, daß Mithilfe am Bau in kleineren Kommunen deutlich größer ist. Die aufgezeigten Ergebnisse zeigen, daß ein erheblicher Teil des Eigenheimbaues in Eigenregie und -arbeit erfolgt — gleichgültig in welcher Organisationsform von Selbsthilfe — und daß (gegenseitiges) Helfen am Bau recht weit verbreitet ist.

In der Literatur werden hierzu vor allem zwei primäre Motive angeführt: a) Das ökonomische Motiv Die . Muskelhypothek'wird von nahezu allen Seiten — vor allem für Selbstbauer mit schwacher Einkommens-und Vermögenslage — als wichtigstes Motiv baulicher Selbsthilfe genannt Durch Eigenarbeit, Freundeshilfe etc. wie durch die gegenseitige Gruppen-selbsthilfe soll angesichts der hohen Lohnkosten im Bauhandwerk eine Kostenreduzierung bzw. ein Ausgleich für fehlendes Eigenkapital (Bonität gegenüber Fremdkapital!) erreicht und die finanzielle Belastung gesenkt werden Daneben tritt bei allen Formen der Gruppenselbsthilfe das Argument einer billigeren Beschaffung von Baumaterial durch . Großeinkauf (Nachfragermacht).

Gerade für letzteres finden sich auch in unserem Projekt mehrere interessante Fallbeispiele, die bis hin zu dem Versuch der Bildung eines beschränkten Nachfragemonopols gehen. In einem Fall, einem selbstinitiierten Bauherrenzusammenschluß von über 120 Einheiten (sehr heterogenes Baugebiet mit v. a.freistehenden 1-und 2-Familienhäusern), war dies das eigentlich einzige Ziel der eigeninitiierten Selbsthilfegruppe.

Vor allem die bisher befragten Selbsthelfer aus diesem Baugebiet, aber auch die anderen befragten Einzel-und Gruppenselbsthelfer betonen durchgehend, daß das ökonomische Motiv für sie dominierend sei — mit allerdings sehr weit streuenden Angaben über den tatsächlichen bzw. erwarteten (Ersparnis-) Erfolg (von 5 v. H. bis 40 v. H.der . normalen'Bausumme). b) Das Selbstverwirklichungsmotiv Obwohl allseits die enormen zusätzlichen Belastungen z. B. in familiären oder beruflichen Rollen des baulichen Selbsthelfers betont werden wird der Eigenarbeit am Bau ein hohes Maß an Selbstverwirklichungsmotiven zugesprochen, die „für sämtliche sozialen Schichten, Berufs-und Bildungsgruppen als gleichermaßen gültig angesehen werden“ -Der Spaß am Bauen’, die Realisierung und Entwicklung kreativer handwerklicher Arbeit wird — vor allem beim Innenausbau, wo allerdings das ökonomische Argument angesichts der Kostenstruktur wieder weniger zu Buche schlägt — dann noch in Verbindung gesehen mit der gemeinschaftsbildenden Motivation und Funktion, die besonders beim ländlichen Eigenheimbau Stütze und Ergebnis baulicher Einzel-und Gruppenselbsthilfe sei Diese Argumente gehen stark auf den ideengeschichtlichen Konnex zwischen historischen Bestrebungen baulicher Selbsthilfe und sozialreformerischen bzw. auch sozialrevolutionären Bewegungen zurück

Die bisherigen Untersuchungen zeigen jedoch, daß das ökonomische Motiv durchgehend über die Motive der Selbstverwirklichung, Gemeinschaftsbildung etc. dominiert. Die Freude am . etwas selbst geschaffen zu haben'wird zwar artikuliert, in der Tendenz geschieht dies aber eher von Selbsthelfern, die der oberen Mittelschicht angehören. Die Freude an der Arbeit auf dem eigenen Bau ist jedoch kaum ausgeprägter als im Berufsalltag. Auch ist hinsichtlich der gemeinschaftsbildenden Funktion nur an wenigen Beispielen ein positiver Effekt festzustellen. Im Gegenteil: Destabilisierende Erscheinungen (im Zusammenhang mit dem Gefühl, übervorteilt zu werden) scheinen keine Seltenheit zu sein.

Bei fast allen befragten . Betroffenen'(gleichgültig ob bei Einzel-oder Gruppenselbsthilfe) ist aber der Wunsch nach irgendeiner bzw. bei der Gruppenselbsthilfe nach einer verbesserten Betreuung und verbesserten technischen Voraussetzungen (Bauelemente, Maschinenvermietung usw.) festzustellen.

V. Selbsthilfe — Ein Lösungsansatz?

Besonders wichtig ist angesichts der meist undifferenzierten Argumentation zum Thema — gerade im politischen Raum — die Heterogenität von Phänomenen und Problemen der Selbsthilfe. Die meist am Beispiel der Gesundheitsselbsthilfe geführten Argumente sind nicht ohne weiteres auf andere Lebensbereiche bzw. Funktionen der Sozialpolitik übertragbar. Auch innerhalb der einzelnen Bereiche bestehen Unterschiede. So unterliegt die angesprochene bauliche Selbsthilfe bei der Eigenheimerstellung auch anderen Bedingungen als die bauliche Selbsthilfe bei der Altbauerhaltung durch Mieter, insbesondere in der Berliner Szene.

Ein pauschales Ja zur Selbsthilfe — bzw. auch die ablehnende Position — wird den vielfältigen Erscheinungen von Selbsthilfe nicht gerecht. Versuche der Initiierung von und Förderung der Kooperation mit Selbsthilfe müssen bereichs-wie gruppenspezifisch differenziert sein, sollen sie wirklich zum Erfolg führen. Die Erfahrungen in und mit Selbsthilfe-gruppen zeigen, daß dann sinnvolle und vom Output her, vor allem bewertet durch die Adressaten, erfolgreiche Sozialpolitik betrieben werden kann. Selbsthilfe kann so in vielen Bereichen als . Summe kleiner Netze'ein menschliches und tragfähiges Netz zwischen den großen Netzen der Sozialen Sicherung und den untersten, letzten staatlich organisierten Sicherungsnetzen (z. B. Sozialhilfe, Jugendfürsorge, Heimunterbringung) sein. Von einer solcherart differenzierten, flexiblen und über die allgemeinen Lippenbekenntnisse hinausgehenden Sozialpolitik, die die Potentiale des Laiensystems integriert — ohne sie gleich wieder bürokratisch zu ersticken —, sind wir allerdings noch weit entfernt. Insbesondere gefährlich wird ein undifferenziertes Hochloben der Selbsthilfeidee aber dort, wo sich hinter der Zauberformel primär Staatsentlastungs-und Sozialabbauziele verstecken. Die skizzierte Gruppenspezifität der Fähigkeit zur Selbsthilfe erlaubt es in einem Sozialstaat nicht, auf mittlerer Ebene — wie bildhaft verdeutlicht — ein Netz der Laien-und Selbsthilfe einzuziehen und damit Leistungseinschnitte auf der oberen Ebene der Sozialen (Ver-) Sicherung und insbesondere in den untersten staatlichen Sicherungsnetzen zu rechtfertigen. Gerade die Erfahrungen mit der amerikanischen „Sozial" -Politik der letzten Jahre zeigen, daß solcherart auf Selbsthilfe setzende sozialpolitische Strategien sehr schnell von ihrer sozialcalvinistischen Idee in nackten Sozialdarwinismus umschlagen. Dabei könnte eine gezielte und ehrliche, die Grenzen sehende Stärkung von Selbsthilfe und ihre Integration eine wesentliche Quali-tätssteigerung der Sozialpolitik bringen. Positive Effekte von Selbsthilfe treten eben nicht nur im Gesundheitsbereich auf, wie häufig betont wird; auch in den in diesem Beitrag behandelten Bereichen sind Vorteile (und Probleme) einer um Selbsthilfe erweiterten Sozialpolitik festzuhalten:

— Im Jugendbereich können Selbsthilfezusammenschlüsse wichtige Sozialisationsfunktionen übernehmen und gleichzeitig — aber vom politisch-administrativen System wohl schon ambivalenter beurteilt — die Partizipationsfähigkeit Jugendlicher fördern.

Inwieweit ihr emanzipatorischer Charakter sich mit den Erfordernissen einer bürokratisch organisierten . Hilfe zur Selbsthilfe'vertragen kann, bleibt abzuwarten. Bereits heute scheint dieses Problem als Selektionskriterium (konformer) Selbsthilfeaktivitäten zu fungieren.

— Nachbarschaftshilfe kann in ihren vielfältigen Formen Leistungen unterhalb der Eingriffsschwelle staatlicher und intermediärer Instanzen erbringen, die die durch den gesellschaftlichen und ökonomischen Wandel verstärkt zu Tage getretenen Bedürfnislagen befriedigen können. Gerade Nachbarschaftshilfe droht aber unter einer übermäßigen Aufgabenbelastung durch anderweitigen Sozialabbau besonders zu zerbrechen.

— Bauliche Selbsthilfe, insbesondere in dem untersuchten Eigenheimbaubereich, ist aufgrund sonstiger Erfordernisse kein Instrument für Randgruppen und (sozio-) ökonomisch Schwache. Bei gezieltem Einsatz (organisierte Gruppenselbsthilfe, . neue’ Bauformen) erweist sie sich jedoch als effektive wohnungspolitische Maßnahme.

Ihre Grenze findet Selbsthilfe aber in allen Bereichen dort, wo schwächere soziale Gruppen nicht selbsthilfefähig sind. Eine Sozialpolitik, die dann auf das Prinzip „Hilf Dir selbst, dann hilft Dir Gott" setzt, ist zynisch. Lediglich auf Teile des Subsidiaritätsprinzips gestützte Sozialpolitik, die noch dazu auf nicht-existente (allenfalls langfristig in größerer Breite vorstellbare) kleinere Einheiten setzt, ist — mangels Masse — unsozial. Und: Eine wirkliche Hilfe zur Selbsthilfe, soll sie unbürokratische, kompetente und menschliche Hilfe bewirken, erfordert in nicht unerheblichem Maße auch Geld.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Vgl. A. Sywottek, Genossenschaften oder Die konkrete Utopie der „kleinen Leute", in: H. -G. Haupt u. a. (Hrsg.), Jahrbuch Arbeiterbewegung. Geschichte und Theorie 1982: Selbstverwaltung und Arbeiterbewegung, Frankfurt/Main 1982, S. 13. f.

  2. G. Weisser, Probleme der Selbsthilfeunternehmen, in: Recht der Arbeit, 5 (1952) 6, S. 201.

  3. E. Heimann, Soziale Theorie des Kapitalismus, Tübingen 1929, S. 132.

  4. S. R Steinmetz, Selbsthilfe, in: A Vierkant 19318) Handwörterbuch der Soziologie, Stuttgart

  5. Zur Unterteilung von Selbsthilfegruppen in solche, die im System, neben dem System oder als Esegensystem tätig sind vgl. I. Kickbusch, Selbsthilfe im Gesundheitswesen. Autonomie oder Partizipation, in: W. Nelles/R. Oppermann (Hrsg.), Partizipation und Politik, Göttingen 1980, S. 394 ff.

  6. Vgl. z-B.den Forschungsverbund „Laienpotential, tentenaktivierung und Gesundheitsselbsthilfe“ des Bundesministeriums für Forschung und Technologie.

  7. Vgl. z. B. H. Winkelvoss/R. Itzwerth/A. Trojan, Zur Definition und Verbreitung von Gesundheitsselbsthilfegruppen, in: I. Kickbusch/A Trojan (Hrsg.), Gemeinsam sind wir stärker. Selbsthilfe-gruppen und Gesundheit, Frankfurt/Main 1981, S. 134.

  8. Diese Aussage schließt nicht aus, daß sich z. B. aus einer Gruppe, deren Ziel in baulicher Selbsthilfe besteht, nach Zielerreichung eine u. a. auf emotionale Nähe gegründete Nachbarschaftshilfe entwickelt. Vgl. dazu INIFES, Die Effizienz und Effektivität unterschiedlicher Trägersysteme und Leistungsformen, Projektantrag an die DFG für die Projektphase B, unveröffentlichtes Manuskript, Leitershofen 1983, S. 21.

  9. Die Diskussion primär ökonomisch orientierter Motive wird an dieser Stelle nicht geführt, da diese zentral für die bauliche Selbsthilfe charakteristisch sind und an anderer Stelle behandelt werden.

  10. Die entsprechende — offen gestellte — Frage lautete: „Viele Menschen sind heute Mitglied in einer Selbsthilfegruppe, wobei es für den Eintritt eine Reihe von Gründen geben kann. Welche Gründe halten Sie für ausschlaggebend bzw. könnten Sie sich vorstellen?". Quelle der nachfolgenden Daten: INIFES, eigene Erhebung 1982, n = 184. 5, 4 v. H.der Befragten gaben dabei an, einer Selbsthilfegruppe anzugehören.

  11. Die befragten Vertreter der Selbsthilfegruppen bzw. die Gruppen selbst lassen sich einem relativ breiten Tätigkeitsspektrum zuordnen. Nachbarschaftshilfen waren ebenso vertreten wie etwa Gruppen, die sich mit spezifischen Aspekten von Suchterkrankungen etc. befassen.

  12. Vgl. zur sozialpsychologischen Austauschtheone diesbezogen z. B. U. G. Foa/E. B. Foa, Societal structures of the Mind, Springfield (111) 1974.

  13. Vgl. z. B. zur . Berufsstruktur'der in — wenn auch an intermediäre Instanzen angelehnten — Nachbarschaftshilfen tätigen Personen: B. Uffrecht, Möglichkeiten der Selbsthilfe in der Nachbarschaft, in: K. Petersen (Hrsg.), Selbsthilfe und ihre Aktivierung durch soziale Arbeit, Frankfurt/Main o. J. (Deutscher Fürsorgetag 1976), S. 97.

  14. G. Simon, Jugendbewegung, in: J. Dünner (Hrsg.), Handwörterbuch der Wohlfahrtspflege, Berlin 19292, S. 371.

  15. Vgl. hierzu z. B. R. Meng, Zweifel am Marsch durch die Institutionen — Bei vielen Jugendlichen wächst die Distanz zur Politik, in: Die Neue Gesellschaft, 28 (1981) 3, S. 242 ff.; G. Brenner, Zur Auswanderung der Jugend. Der Anti-Institutionalismus in der jungen Generation, in: Deutsche Jugend, 27 (1979) 8, S. 345 ff.

  16. Enquöte-Kommission Jugendprotest im demokratischen Staat". Jugendprotest im demokratischen Staat (II). Schlußbericht 1983 Enqute-Kom-mission des 9. Deutschen Bundestages, in: Zur Sache, 14 (1983) 1, S. 75.

  17. Vgl. z. B. B. Haleneger, Trends kommunaler Jugendpolitik, in: Deutsche Jugend, 30(1982) 9, S. 416 ff.

  18. W. Schefold, Jugendpolitik als Parteiprogramm: Zur Schwierigkeit, über Jugend Politik zu formulieren, in: L. Böhnisch/J. Müller-Stackebrandt/W. Schefold (Hrsg.), Jugendpolitik im Sozialstaat, München 1980, S. 181.

  19. L. Böhnisch, Schluß mit dieser Jugenddebatte, in: Betrifft: Erziehung, (1982) 12, S. 24.

  20. Vgl. hierzu Jugendwerk der Deutschen Shell (Hrsg.), Jugend '81: Lebensentwürfe, Alltagskulturen, Zukunftsbilder, Hamburg 1981, Bd. 1, S. 100 ff.

  21. Vgl. ebd., Bd. 3, S. 84.

  22. K. Müschen, „Lieber lebendig als normal“: Selbsthilfeorganisation, kollektive Lebensformen und alternative Ökonomie, Bensheim 1982, S. 109.

  23. Vgl. E. Pfeil, Zur Kritik der Nachbarschaftsidee, a. a. O. (Anm. 28), S. 39 ff.; H. Klages, Der Nachbarschaftsgedanke und die nachbarliche Wirklichkeit in der Großstadt, Stuttgart 19682.

  24. Vgl. H. Nokielski, Organisierte Nachbarschaftshilfe als „neue" Form sozialen Helfens, in: Sociologia internationalis, 19 (1981) 1/2, S. 147.

  25. Vgl. ebd., S. 140 und 145.

  26. M. Weber, Wirtschaft und Gesellschaft, Tübingen 1922, S. 197.

  27. Vgl. zum Begriff des . kleines Netzes'etwa W. Geissberger, Das kleine Netz, in: Tagesanzeiger (Magazin) Nr. 47, Zürich 1975, zitiert nach E. Matzner, Wohlfahrtsstaat und Wirtschaftskrise, Reinbek 1978, S. 150ff.

  28. Vgl. ausführlich die Darstellung der Tätigkeitsfelder bei B. Uffrecht, Möglichkeiten der Selbsthilfe in der Nachbarschaft, a. a. O. (Anm. 13), S. 98.

  29. Vgl. U. Fink, Unentgeltliche soziale Dienstleistungen aus der Sicht eines Bundeslandes, in: Sozialer Fortschritt, 32 (1983) 3, Sonderbeilage, S. XL

  30. Quelle der nachfolgenden Daten: Infratest, Inifes-Sonderauswertung „Bürger und Sozialstaat". München 1981, zitiert nach: K. Deimer/E. Kistler/M. Pfaff/A. Theis, Der Einfluß verbraucherpolitischer Instrumente bei staatlichen Anbietern, Abschlußbericht für den BMFT, Leitershofen 1983, S. 186; n -6566.

  31. Vgl. z. B. Ch. Badelt, Selbstorganisation: Alternative zur Bürokratie, Informationen des österreichischen Wirtschaftsbundes, IWB 17, Wien 1979, S. 111; H. Schulze, Die Effektivität sozialpolitischer Interventionen im Bereich Gesundheit, Diss., Augsburg 1981, S. 239.

  32. Vgl. zu letzterem z. B. Chr. v. Ferber, Unentgeltliche soziale Dienstleistungen aus der Sicht des Medizinsoziologen, in: Sozialer Fortschritt, 32 (1983) 3, Sonderbeilage, S. VI.

  33. Vgl. H. Kohl, Regierungserklärung des Bundeskanzlers vor dem Deutschen Bundestag. Programm der Erneuerung: Freiheit. Mitmenschlichkeit, Verantwortung, in: Bulletin (1983) 43, S. 403. Vgl. zu einer kritischen Diskussion G. Naegele, Abkehr vom Prinzip der Sozialstaatlichkeit? in: Theorie und Praxis der sozialen Arbeit, 34 (1983) 2, S. 42 ff., sowie die dort verarbeitete Literatur und die einer kritischen Würdigung unterzogenen aktuellen Papiere und Politikinhalte.

  34. Vgl. z. B. U. Fink, Mehr Subsidiarität oder mehr Planung, in: ders. (Hrsg.), Wie krank ist unsere Gesundheit?, Frankfurt/Main-Berlin-Wien 1982, S. 12.

  35. O. v. Nell-Breuning, Das Subsidiaritätsprinzip, in: Theorie und Praxis der sozialen Arbeit, 27 (1976) 1. S. 8.

  36. Vgl. Ph. Herder-Dorneich, Der Sozialstaat in der Rationalitätenfalle, Stuttgart-Berlin-Köln-Mainz 1982, S. 103 ff. Gemeint ist eine . Überproduktion'an sozialpolitischen Leistungen, die insofern ineffizient ist, als sie prinzipiell zurückgenommen werden kann, ohne daß das gegenwärtige Leistungsniveau reduziert werden müßte. Nicht gelöst wird allerdings bei diesem Gedankengang die Frage der Effektivität sozialpolitischer Leistungen, wie bei der Betrachtung des Problems von nicht (mehr) anspruchsberechtigter Nutzung (z. B. in weiten Teilen des sozialen Wohnungsbaus) versus Nicht-Nutzung durch Bedürftige (und Anspruchsberechtigte) offensichtlich wird. Vgl. dazu auch z. B. H. A Henkel/F. Pavelka, Nur 97 Prozent sind anständig — Zur Mißbrauchsdebatte sozialer Leistungen, in: Soziale Sicherheit, 30 (1981) 3, S. 65 ff.

  37. Vgl. z. B. B. Uffrecht, Möglichkeiten der Selbsthilfe in der Nachbarschaft, a. a. O. (Anm. 13), S. 99.

  38. Vgl. T. Thiemeyer, Selbsthilfe und Selbsthilfe-betriebe aus ökonomischer Sicht, in: B. Badura/Chr. v. Ferber (Hrsg.), Selbsthilfe und Selbstorganisation im Gesundheitswesen, München-Wien 1981, S. 211 f.

  39. Vgl. Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband (DPWV), Thesen zu der augenblicklichen Sparsituation im Sozialbereich, Sonderdruck aus: DPWV-Nachrichten, (1983) 4, S. 1; W. Thiel, Operation '83: Einbau gelungen — Selbsthilfe tot?, in: Deutsche Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfegruppen (Hrsg.), Selbsthilfegruppen Nachrichten, Gießen 1983, S. 18.

  40. J. U. Behrendt/Chr. Deneke/R. Itzwerth/A Trojan, Selbsthilfegruppen vor der Vereinnahmung?, in B. Badura/Chr. v. Ferber (Hrsg.), Selbsthilfe und Selbstorganisation im Gesundheitswesen, a. a. O. (Anm. 45), S. 120.

  41. Vgl. I. Kickbusch, Von der Zerbrechlichkeit der Sonne, in: Dies. /A Trojan (Hrsg.), Gemeinsam sind wir stärker, a. a. O. (Anm. 7), S. 22.

  42. Auf einzelne Strategien kann an dieser Stelle aus Platzgründen nicht eingegangen werden. Vgl. z. B. zum Konzept einer nicht-bevormundenden Beratung: B. Uffrecht, Möglichkeiten der Selbsthilfe in der Nachbarschaft, a. a. O. (Anm. 13), S. 95; zum Konzept einer Förderung von Sozialstätionen, verstanden als wesentliche Mittler und Intitiatoren von Nachbarschaftshilfe: D. Grunow/F. Hegner, Sozialstationen im Bereich der ambulanten Sozial-und Gesundheitspflege, in: B. Badura/Chr. v. Ferber (Hrsg.), Selbsthilfe und Selbstorganisation im Gesundheitswesen, a. a. O. (Anm. 45), S. 39 ff.

  43. B. Badura, Ende der Sozialversicherung?, in: S. Mosdorf (Hrsg.), Sorge um den Sozialstaat, Stuttgart 1982, S. 74 f.

  44. H. Zinn, Grenzen und Chancen eines selbstorganisierten Wohnungsbaus in hochindustrialisierten Ländern — Soziologische Aspekte, in: Bundesamt für Wohnungswesen (Hrsg.), Mitwirkung der Bewohner bei der Gestaltung ihrer Wohnung, Bern 1980, S. 33.

  45. L. Burckhardt, Das Bauwesen und der Selbstbau, ebd., S. 31.

  46. U. Hellweg, Ausweg Selbsthilfe?, in: Arch*, (1981) 55, S. 14.

  47. Gleiches gilt für die Architektenausbildung (vgl. G. Pirhofer/G. Uhlig, Selbsthilfe und Wohnungsbau, in: Arch*, (1977) 33, S. 4 ff.), wie für die gesamte Wohnungspolitik der letzten zwei Jahrzehnte.

  48. Vgl. z. B. Landeswohnungs-und Städtebaugesellschaft Bayern (Hrsg.), Mitteilungen, (1981) 4, S. 4.

  49. G. Weisser, Bauliche Selbsthilfe in der Wohnungswirtschaft, Göttingen 1951, S. 17.

  50. Vgl. ebd., S. 13.

  51. Z. B.organisierte Gruppenselbsthilfe im Roh-bau-und Außenbereich bei Reihenhäusern und unterschiedliche Einzelselbsthilfe bei verschiedenen Innenausbauten.

  52. Variation des Ausbaustandards, Aufheben juristischer bzw. berufsständischer Barrieren, selbstbaugerechte Angebote der Industrie etc.

  53. Vgl. J. Wiegand, Möglichkeiten und Grenzen im Bau von selbsterstellten Wohnungen aus wirtschaftlicher Sicht, in: Bundesamt für Wohnungswesen (Hrsg.), Mitwirkung der Bewohner bei der Gestaltung ihrer Wohnung, a. a. O. (Anm. 51), S. 47 ff.

  54. Vgl. z. B. die Angaben in G. Pirhofer/G. Uhlig, Selbsthilfe und Wohnungsbau, a. a. O. (Anm. 54), S. 5 ff.

  55. So etwa die Angaben zu schwedischen Modell-vorhaben mit 15 v. H. Selbsthilfeanteil bei einer für die Bundesrepublik ungewöhnlichen Konstruktionsweise. Vgl. Landeswohnungs-und Städtebaugesellschaft Bayern (Hrsg.), Mitteilungen, a. a. O. (Anm. 55), S. 10.

  56. Vgl. ebd., S. 21 ff.

  57. Zur gleichen Beobachtung im Bereich der Heimstätten vgl. Landeswohnungs-und Städtebaugesellschaft Bayern (Hrsg.), Mitteilungen, a. a. O. (Anm. 55), S. 4.

  58. Unter Angabe als unbezahlte Nebentätigkeit

  59. Interessanterweise sind die sozioökonomischen Muster in der organisierten Gruppenselbsthilfe ähnlich. Vgl. z. B. W. Rager, Gruppenselbsthilfemaßnahmen der BSG-Allgäu — Erfahrungsbericht, in: Zeitschrift für das gemeinnützige Wohnungswesen in Bayern, 73 (1983) 3/4, S. 140.

  60. Vgl. beispielhaft H. Zinn, Grenzen und Chancen eines selbstorganisierten Wohnungsbaus in hochindustrialisierten Ländern, a. a. O. (Anm. 51), S. 39.

  61. So . werben’ auch alle einschlägig arbeitenden Heimstätten, Landesentwicklungsgesellschaften etc. in ihren Aufklärungsschriften primär mit diesem Argument

  62. Vgl. z. B. H. Peters, Selbsthilfe beim Eigentums-erwerb. Erfahrungsbericht eines Architekten, in: Informationen zur Raumentwicklung, (1982) 2, S. 111

  63. „Hinzu kommt die Kreativität, die Möglichkeit, aus der Konsumentenrolle zu schlüpfen und nicht-entfremdete Arbeit zu leisten", vgl Ch Herde Gruppenselbsthilfe im Eigenheimbau, in: Informationen zur Raumentwicklung (1982) 2, S. 121.

  64. H. Zinn, Grenzen und Chancen eines selbstorganisierten Wohnungsbaus in hochindustrialisierten Ländern, a. a. O. (Anm. 51) S. 39

  65. Vgl. z. B. W. Sannig, Selbsthilfe bei der Modernisierung, Berlin 1980, S. 85 f.

  66. Vgl. zu verschiedenen Aspekten die einführenden Aufsätze und vorgestellten Beispiele in: Deutscher Werkbund e. V. (Hrsg.), Beispiele — Experimente — Modelle, Bd. 1, Darmstadt 1981; J. Brech (Hrsg.), Beispiele — Experimente — Modelle, Bd. 2, Darmstadt 1982.

  67. Zu einer pointierten Kritik vgl. z. B. H. A Henkel, Die Selbsthilfegesellschaft des privaten Glücks, in: Der Monat, 34 (1982) 2, S. 56 ff.

Weitere Inhalte

Klaus Deimer, Dipl, oec., geb. 1951; wissenschaftlicher Mitarbeiter am Internationalen Institut für Empirische Sozialökonomie, Leitershofen. Dieter Jaufmann, Dipl, oec., geb. 1953; wissenschaftlicher Mitarbeiter am Internationalen Institut für Empirische Sozialökonomie, Leitershofen. Ernst Kistler, Dr. rer. pol., geb. 1952; Akademischer Rat a. Z. an der Universität Augsburg. Martin Pfaff, Dr., geb. 1939; Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Augsburg und Direktor des Internationalen Instituts für Empirische Sozialökonomie, Leitershofen.