Meine Merkliste Geteilte Merkliste PDF oder EPUB erstellen

George Orwell und die Intellektuellen | APuZ 1/1984 | bpb.de

Archiv Ausgaben ab 1953

APuZ 1/1984 1984 und Orwells Nineteen Eighty-Four Anmerkungen zur Literatur, zum Totalitarismus und zur Technik George Orwell und die Intellektuellen Science Fiction — Denken in Modellen

George Orwell und die Intellektuellen

Hans-Christoph Schröder

/ 39 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

George Orwell, der nach seiner Rückkehr aus dem Spanischen Bürgerkrieg als Mitglied der Independent Labour Party eine ultralinke Position eingenommen, die Vaterlandsverteidigung abgelehnt und den britischen Imperialismus mit größerem Argwohn betrachtet hatte als den nationalsozialistischen Expansionismus, erfuhr unmittelbar vor dem Abschluß des Hitler-Stalin-Paktes eine patriotische Wandlung. Diese Hinwendung zum Patriotismus war mit einer heftigen Kritik an den Intellektuellen verbunden. Orwells Feststellung, daß die einfachen Leute zutiefst patriotisch seien, stand seine Behauptung von der nationalen Unzuverlässigkeit der Intelligentsia — er benutzte zumeist diesen aus dem Russischen stammenden Begriff — gegenüber. Darüber hinaus warf Orwell den Intellektuellen vor, daß sie die universale Moral und Vernunft verrieten, sich der Macht und dem Totalitarismus verschrieben hätten. Vieles an der Intellektuellenschelte Orwells erinnert an Julien Bendas Buch „La Trahison des Clercs", das 1927 erschienen war und das Orwell mit großer Wahrscheinlichkeit gekannt hat. Orwells Kritik an den Intellektuellen einerseits, sein Vertrauen in die substantielle Humanität der einfachen Leute andererseits schlagen sich in , „Animal Farm" ebenso wie in „ 1984“ nieder und sind für das Verständnis dieser Bücher unentbehrlich. Besonders „ 1984" zeigt die Gefahren einer Herrschaft durch machthungrige Intellektuelle auf, deren Denken sich von Wahrheit, Vernunft und Moral gelöst hat. Der pessimistische Eindruck dieses Buches ergibt sich nicht zuletzt daraus, daß Geist und Leben in der dort dargestellten Gesellschaft völlig voneinander getrennt sind. Das Denken ist von der herrschenden Intellektuellenkaste pervertiert und monopolisiert worden, während die Proles zwar das Prinzip des Lebens verkörpern und überhaupt die einzige Hoffnung für eine Überwindung des Systems darstellen, in ihrer rein vegetativen Existenz aber kaum als revolutionäre Kraft in Betracht kommen.

George Orwell, der nach seiner Rückkehr aus dem Spanischen Bürgerkrieg als Mitglied der Independent Labour Party eine ultralinke Position eingenommen, die Vaterlandsverteidigung abgelehnt und den britischen Imperialismus mit größerem Argwohn betrachtet hatte als den nationalsozialistischen Expansionismus, erfuhr unmittelbar vor dem Abschluß des Hitler-Stalin-Paktes eine patriotische Wandlung. Diese Hinwendung zum Patriotismus war mit einer heftigen Kritik an den Intellektuellen verbunden. Orwells Feststellung, daß die einfachen Leute zutiefst patriotisch seien, stand seine Behauptung von der nationalen Unzuverlässigkeit der Intelligentsia — er benutzte zumeist diesen aus dem Russischen stammenden Begriff — gegenüber.

I. Orwells Kritik an den Intellektuellen

Die Intelligentsia, so lautete der Vorwurf in der im Februar 1941 veröffentlichten Schrift „The Lion and the Unicom", in der Orwell seine neugewonnene patriotische Position ausführlich darlegte, habe sich von der gemeinsamen Kultur der Nation getrennt. „Sie nehmen ihre Küche aus Paris und ihre Ansichten aus Moskau. In dem allgemeinen Patriotismus des Landes bilden sie eine Art von Insel abweichenden Denkens. ... England ist vielleicht das einzige Land, dessen Intellektuelle sich ihrer Nationalität schämen. In Links-kreisen glaubt man immer, daß es ein wenig schandbar ist, Engländer zu sein, und daß es eine Pflicht ist, sich über jede englische Institution lustig zu machen, vom Pferderennen bis zum Nierenpudding. Es ist eine merkwürdige Sache, aber es ist zweifellos wahr, daß fast jeder englische Intellektuelle sich mehr schämen würde, bei , God Save the King'aufzustehen, als etwas aus der Armenkollekte zu stehlen. All die kritischen Jahre hindurch haben viele Linke die englische Moral unterminiert, haben sie versucht, eine Haltung zu verbreiten, die manchmal breiig pazifistisch, manchmal heftig prorussisch, aber immer antibritisch war." Die „geistige Sabotage von Seiten der Linken" sei mit dafür verantwortlich gewesen, daß die Moral des englischen Volkes jahrelang geschwächt wurde, so daß die faschistischen Staaten zu der Ansicht kommen konnten, es sei „dekadent" und man könne ohne weiteres einen Krieg gegen England wagen

Diese Beschuldigungen wurden von Orwell in der Folgezeit mehrfach wiederholt. Zwanzig Jahre lang, schrieb er im Sommer 1941, hätten die Linksintellektuellen versucht, den Patriotismus in England auszurotten. Wäre es ihnen gelungen, würden jetzt SS-Leute in den Straßen Londons patroullieren. Die Intelligentsia erschien Orwell vom nationalen Standpunkt aus als „im großen und ganzen politisch unzuverlässig", der „durchschnittliche Intellektuelle" als „antibritisch“. Noch im Februar 1945 schrieb er rückblickend: „Die Tätigkeit derer, die Intellektuelle genannt werden, war in den letzten fünfundzwanzig Jahren überwiegend von Übel. Ich glaube, es ist keine Übertreibung zu sagen, daß, wenn die . Intellektuellen'ihre Arbeit etwas gründlicher geleistet hätten, England 1940 kapituliert haben würde." Orwell gehörte zu den ganz wenigen „Linken", die erkannten, daß kein politisches Gemeinwesen ohne „jene transrationalen Gefühls-und Glaubenswerte" zu bestehen vermochte die von den Intellektuellen verachtet und verhöhnt wurden. Ja, er behauptete sogar, daß die Intellektuellen selber ohne sie nicht auskommen könnten und alle Empfindungen, die sie in bezug auf das eigene Land in sich unterdrückten, einfach in eine andere Richtung projizierten — womit sich Orwells Vorwurf des mangelnden Patriotismus zu einer umfassenden Intellektuellenkritik ausweitete.

Die . Aufgeklärtheit'des Intellektuellen, die mit einer Loslösung von der nationalen Kul-tur verbunden war, wurde nach Orwell letztlich mit einem anderen und schlimmeren Irrationalismus erkauft. Die Emanzipation von den traditionellen Werten erzeugte das Verlangen nach neuen Gewißheiten, die sich in Form von autoritären oder totalitären Weltanschauungen anboten. Die Bindungslosigkeit der Intelligentsia führte nur zu neuen Bindungen. Der preisgegebene Patriotismus in bezug auf das eigene Land kehrte z. B. in pervertierter Form als Patriotismus gegenüber der Sowjetunion wieder.

Diese Gedanken sind von Orwell erstmals in dem im März 1940 veröffentlichten großen Essay „Inside the Whale" entwickelt worden. In ihm versuchte er, eine Antwort auf die Frage zu geben, warum Schriftsteller „von einer Form des Sozialismus angezogen sein konnten, die geistige Aufrichtigkeit unmöglich macht“. Die Erschütterung und Unglaubwürdigkeit der alten, überkommenen Werte — so Orwell — habe die Intellektuellen nicht von dem Bedürfnis befreit, an etwas zu glauben. Einige Jahre vor der Hinwendung zum Kommunismus sei eine Bewegung zur katholischen Kirche zu verzeichnen gewesen, also zu einer weltumspannenden, streng disziplinierten Organisation, die Macht und Prestige verkörperte. Auch der Kommunismus stellte etwas dar, an das man glauben konnte: „Hier war die Kirche, eine Orthodoxie, eine Disziplin. Hier war ein Vaterland und — jedenfalls seit etwa 1935 — ein Führer." Alle Loyalitäten und alle irrationalen Bedürfnisse, welche die Intellektuellen verdrängt hatten, kehrten nach Orwell in anderer Gestalt wieder: Das Vaterland oder Empire war jetzt Rußland; der Vater, der König, der Held oder der Erlöser war Stalin; Hitler war der Teufel, Moskau der Himmel und Berlin die Hölle. . Alle Lücken wurden ausgefüllt, und so ist schließlich der . Kommunismus'der englischen Intellektuellen recht erklärlich. Er ist der Patriotismus der Entwurzelten."

Hinzu kam nach Orwell, daß die in einem freiheitlichen Rechtsstaat lebenden englischen Intellektuellen sich überhaupt nicht vorstellen konnten, was ein despotisches Regime tatsächlich bedeutete: „Sie können den Totalitarismus schlucken, weil sie nur den Liberalismus kennen." Als Beispiel verwies Orwell auf den englischen Lyriker Auden und sein bekanntes Spanien-Gedicht, in dem von „der bewußten Aufsichnahme von Schuld bei einem notwendigen Mord" die Rede war. Diese nicht ganz klare und von Auden später abgeänderte Verszeile zeigte nach Orwell den Amoralismus eines Mannes, für den „Mörder" nur ein Wort bedeutete „und der nie dabei ist, wenn wirklich am Abzug gedrückt wird". Es handelte sich in Orwells Sicht um eine Art von ästhetischer Übertriebenheit ohne wirklichen Realitätsbezug

Als weitere Ursache der Anfälligkeit der Intelligentsia für den Totalitarismus bezeichnete Orwell immer wieder ihre Neigung zur Macht und zur Machtanbetung. Die Intellektuellen, die Hüter des Geistes und Wortführer einer kritischen Vernunft sein sollten, hätten sich der Gewalt verschrieben. Die Besonderheit der gegenwärtigen Epoche, schrieb er im Januar 1939 in einer Rezension von Bertrand Russells „Power", sei nicht so sehr die Herrschaft der nackten Gewalt, sondern das Fehlen einer liberalen Intelligenz. „Bullyworship", die Anbetung von Gewalttätigkeit, sei zu einer „Universalreligion" geworden

Da Orwell bei der Frage nach den Gründen der Anziehungskraft des Totalitarismus auf die Intellektuellen nicht so sehr die konkreten Inhalte totalitärer Ideologien als vielmehr die Bedürfnisse und Sehnsüchte der Intelligentsia in den Mittelpunkt rückte und darunter die Attraktion von Macht und Erfolg so stark betonte, schien aus seiner Sicht ein Wechsel von der einen zur anderen Ideologie leicht möglich. Zwar war es zwischen 1935 und 1939 die Kommunistischen Partei, die — wie er in „Inside the Whale" feststellte — eine fast unwiderstehliche Faszination auf jeden Schriftsteller ausübte, der jünger als vierzig Jahre alt war; jedoch den Übergang zum Faschismus hielt er nicht für unwahrscheinlich.

Bereits in „The Road to Wigan Pier" hatte Orwell geschrieben: „Ich glaube, wenn es zum Äußersten kommt, besteht eine schreckliche Gefahr, daß sich die Intelligentsia überwiegend zum Faschismus hin bewegen wird." Er sprach von den „cleveren, jungen sozialliterarischen Aufsteiger(n), die heute Kommunisten sind, wie sie in fünf Jahren Faschisten sein werden, weil das halt so im Schwange ist" In „The Lion and the Unicom" äußerte er den Verdacht, die englischen Linksintellektuellen würden sich auf ein Arrangement mit Hitler einlassen, zu dem die These, zwischen den sich bekriegenden Staaten bestünden in den Gesellschaftssystemen keine Unterschiede und ein Sieg Englands würde nur die engli-sehen Millionäre bereichern, die Brücke bilden könnte

Der plötzliche Kurswechsel der Kommunisten bei Abschluß des Hitler-Stalin-Paktes hatte auf Orwell einen schockartigen, kaum zu überschätzenden Eindruck ausgeübt. Nach diesem Ereignis hielt er im Hinblick auf abrupte Kehrtwendungen eigentlich alles für möglich. In seinem Kriegstagebuch notierte er unmittelbar nach dem Einfall der deutschen Truppen in die Sowjetunion: „Wenn Rußland wieder die Fronten wechselt und Stalin die Rolle Petains spielt, dann werden die hiesigen Kommunisten ihm zweifellos folgen und wieder ganz pro-Nazi sein. Wenn das Sowjetregime einfach ausgelöscht und Stalin gefangen genommen oder getötet wird, werden meiner Meinung nach viele Kommunisten ihre Loyalität auf Hitler übertragen." Im Sommer 1943 wiederholte Orwell — im Zusammenhang mit seiner Behauptung, die englischen Linksintellektuellen hätten ihren „Patriotismus und ihren religiösen Glauben" aufgegeben, ohne dadurch doch zugleich „ihr Bedürfnis nach einem Gott und einem Vaterland zu verlieren" — den Vorwurf einer latenten Bereitschaft zum Überlaufen ins andere Lager. Er habe immer die Ansicht vertreten, viele von ihnen würden im Falle eines deutschen Sieges zu Hitler überwechseln Orwell warf den Intellektuellen noch im Jahre 1946 rückblickend vor, sie seien nicht nur in großer Zahl ihrem Land entfremdet gewesen, so daß sie die Neigung besessen hätten, mit jedem Gegner Englands zu sympathisieren, sondern sie hätten auch, wenngleich zumeist unbewußt, eine tiefe Bewunderung „für die Macht, Energie und Grausamkeit des Nazi-Regimes" empfunden. Die negativen Äußerungen der Linkspresse in bezug auf Hitler-Deutschland, argumentierte Orwell, seien in den Jahren zwischen 1939 und 1942 — als das Deutsche Reich den Krieg zu gewinnen schien — bemerkenswert zurückgegangen. Es seien auch dieselben Leute gewesen, die 1940 für einen Kompromißfrieden mit Deutschland eingetreten seien und dann zum Zeitpunkt der Niederlage des Reiches seiner Zerstückelung zugestimmt hätten Bewunderung für den Feind zu zeigen, wenn er auf dem Gipfel seiner Macht stand, auf ihm herumzutrampeln, sobald er am Boden lag — das war offenbar nach Orwell die natürliche Reaktion von Intellektuellen. Man geht wohl kaum zu weit, wenn man ihm unterstellt, daß er darin nicht zuletzt eine sehr unenglische Reaktion sah!

Ein Frontwechsel der Intellektuellen schien Orwell auch deshalb jederzeit möglich, weil sie aus seiner Sicht zu einer grenzenlosen Selbstmanipulation ihres Denkens fähig waren. Sie konnten, wie er 1942 anhand ihrer wechselnden Einstellung zum Krieg nachzuweisen versuchte, ihre Ansicht plötzlich ändern, ohne sich der daraus entstehenden Widersprüche und Inkonsequenzen überhaupt bewußt zu werden Diese Feststellung verweist bereits auf „ 1984" und bildet den Keim zu dem dort entwickelten Konzept des „doubiethink".

II. Die Intellektuellen und der Sowjetkommunismus

Die scharfen Angriffe Orwells gegen die Intelligentsia sind primär vor dem Hintergrund der Tatsache zu sehen, daß der Kommunismus und die Sowjetunion in den dreißiger Jahren auf die Intellektuellen eine ungemein große Anziehungskraft ausübten. Diese Anziehungskraft trat vor allem in England sehr stark in Erscheinung, dessen kleine und unbedeutende Kommunistische Partei im Unterschied zu der anderer europäischer Länder bis dahin unter der Intelligenz kaum Anhänger gehabt hatte, so daß der Einbruch in diese Kreise zu Beginn der dreißiger Jahre besonders auffällig war.

Die Gründe für diesen Erfolg der Kommunisten bei der Intelligenz waren vielfältig. Die fundamentalste Ursache lag wohl darin, daß das Gefühl der Ausweglosigkeit, daß die Intellektuellen beherrschte, seine Entsprechung in der Ausweglosigkeit fand, die der Kommunismus für das kapitalistische System diagnostizierte. Stephen Spender, einer der Literaten, die damals vorübergehend zur Kommunistischen Partei stießen, weist in seinen Erinnerungen an diese Zeit darauf hin, daß die marxistische These von der Endkrise des Kapitalismus sich mit ihrer eigenen Auffassung von einer Krise der Zivilisation berührt habe Hinzu kam der wirkungsvolle Kontrast, den der sowjetische Fünfjahresplan zu der Anarchie und Massenarbeitslosigkeit der kapitalistischen Wirtschaft während der großen Krise bot. Nach der Machtergreifung Hitlers und dem militärischen Wiedererstarken des Deutschen Reiches schienen zudem die Sowjetunion und der Kommunismus die einzigen wirkungsvollen und zuverlässigen Gegenkräfte gegen den Faschismus und Hitler-Deutschland zu sein. In England spielte zudem eine besondere Rolle, daß die Labour Party nach dem Verbleiben ihrer Minister in einer nationalen Koalitionsregierung im Jahre 1931 und der Spaltung der Partei in eine tiefe Krise geraten war und der Gedanke einer demokratisch-parlamentarischen Arbeiterpartei im Rahmen des kapitalistischen Systems an Anziehungskraft eingebüßt hatte. Selbst unter den Intellektuellen, die bei der Labour Party blieben, war der demokratische Prozeß in Mißkredit geraten, übten elitäre Konzepte, die an Lenins „Was tun?" ausgerichtet waren, eine gewisse Anziehungskraft aus

Für „viele Intellektuelle war die Sowjetunion die einzige Hoffnung der Zukunft" Dies trug dazu bei, daß man nur allzu oft die Augen gegenüber allem Negativen in Rußland und an der sowjetischen Politik verschloß oder krampfhaft Rechtfertigungen dafür vorbrachte. Es kam zu grotesken Fehlurteilen, unter denen nur die Aussage des sozialistischen Theoretikers Harold Laski angeführt werden soll, der nach seiner Rückkehr aus der Sowjetunion im Jahre 1934 erklärte: „Es gibt unter dem Sowjetregime mehr Verwirklichung der Persönlichkeit als in jeder vergleichbaren Epoche der Geschichte."

Sidney und Beatrice Webb, zwei führende Mitglieder der Fabian Society und Intellektuelle der englischen Arbeiterbewegung, waren von den russischen Fünfjahresplänen begeistert. Die planende, effizienzsteigernde Seite des Sozialismus hatte sie stets besonders angezogen, und daß die Rechte der russischen Arbeiter in der Stalin-Ära noch weiter abgebaut wurden, war in ihren Augen ein zusätzliches Plus des Industrialisierungsprogramms. Es bewies, daß die von ihnen zunächst verurteilten anarchischen Züge der bolschewistischen Revolution überwunden wurden, daß Planung, Führung, die Herrschaft einer Elite von Experten an ihre Stelle traten und die egoistischen Konsumenteninteressen durch die „Hingabe an die öffentliche Wohlfahrt" sowie die Produktivitätssteigerung abgelöst worden waren Hatte Beatrice Webb die Sowjetunion noch im Jahre 1924 als ein „sehr zweifelhaftes . Paradies" bezeichnet, so sprachen sie und ihr Mann 1932 — ungeachtet des auch von ihnen beobachteten „plötzlichen Verschwindens unerwünschter Personen" — von einer neuen Zivilisation und Kultur, die sich wegen ihrer geistigen und ethischen Überlegenheit ausbreiten werde Ein anderer Fabier, der Schriftsteller Bernard Shaw, begeisterte sich für Stalin, nachdem er bereits die Diktatur Mussolinis gelobt hatte. Offensichtlich stand er für Orwells These von der generellen Anfälligkeit der Intellektuellen für den Totalitarismus und der Austauschbarkeit totalitärer Ideologien Modell.

Der Verzicht vieler Intellektueller auf kritische Überprüfung und Wahrheitsfindung in bezug auf die Sowjetunion trat in der Berichterstattung über die Vorgänge während des Spanischen Bürgerkrieges, aber auch in der Haltung gegenüber den Moskauer Prozessen zwischen 1936 und 1938 zutage, in denen alte Bolschewik! angeklagt und der absurdesten Verbrechen bezichtigt wurden. John Strachey, einer der führenden Linksintellektuellen der dreißiger Jahre und später nach 1945 Kriegsminister in der Labour-Regierung, billigte vorbehaltlos die Moskauer Prozesse und die ausgesprochenen Todesurteile — so wie er die Lügen über die angebliche Zusammenarbeit von Trotzkisten und POUM in Spanien mit der Gestapo akzeptierte und verbreitete. Es gab, wie David Caute in seiner Untersuchung über die „Fellow-Travellers" herausge-'arbeitet hat, keinen Aspekt sowjetischer Politik, den Strachey in dieser Zeit nicht gebilligt und gerechtfertigt hätte 18). Der Dichter Stephen Spender, der zunächst im kommunistischen Parteiorgan „Daily Worker" einen Arti-kel gegen die Moskauer Prozesse geschrieben hatte, wurde von der Partei zum Widerruf gezwungen. Er äußerte in einer Erklärung, deren er sich später „gründlich schämte" , die Überzeugung, „daß zweifellos ein gigantisches Komplott gegen die sowjetische Regierung stattgefunden hat und daß das Beweismaterial echt ist" Beatrice Webb konstatierte, die Regierung der Sowjetunion habe im großen und ganzen mit „weiser Zurückhaltung" gehandelt; die Zahl der Verurteilungen und Prozesse sei sowohl im Verhältnis zur Gesamteinwohnerzahl der UdSSR als auch im Vergleich zu dem repressiven Vorgehen der englischen Regierung in Irland nach dem Ersten Weltkrieg klein gewesen

Der Moskauer Korrespondent des „Observer" schrieb über einen der Schauprozesse: „Es ist sinnlos anzunehmen, daß der Prozeß inszeniert und die Beschuldigungen erfunden sind. Die Anklage der Regierung gegen die Beschuldigten ist echt." Der Korrespondent der den Konservativen nahestehenden Zeitschrift „Spectator" erklärte: „Die Schuld der Angeklagten ist vollständig erwiesen."

Es war diese durch die Widerstandslosigkeit von Intellektuellen bedingte Einflußmöglichkeit der bolschewistischen Führung außerhalb ihres eigenen Machtbereichs, die Orwell besonders beunruhigte. Er schrieb 1941 rückblickend: „Was an diesen Prozessen erschrekkend war, war nicht die Tatsache, daß sie sich ereigneten — denn solche Dinge sind offensichtlich in einer totalitären Gesellschaft notwendig —, sondern die Bereitwilligkeit westlicher Intellektueller, sie zu rechtfertigen."

Die Abdankung des kritischen Sinns vieler Intellektueller wurde zur Zeit der Moskauer Prozesse von Ernst Bloch auf eine bündige Formel gebracht, als er in bezug auf die Sowjetunion erklärte: „Was ich verstanden habe, ist vortrefflich, daraus schließe ich, daß das Andere, was ich nicht verstanden habe, ebenso vortrefflich sei." Dieser expliziten

Selbstabdankung des kritischen Intellekts bleibt nur noch die Preisgabe des moralischen Sinns durch Bertolt Brecht an die Seite zu stellen, um Orwells Anklagen und Befürchtungen hinsichtlich der Intellektuellen verständlich erscheinen zu lassen. „Wer für den Kommunismus kämpft", so Brecht, „hat von allen Tugenden nur eine, daß er für den Kommunismus kämpft."

Orwells These von der Faszination, welche die Gewalt auf die Intellektuellen ausübte, ist neuerdings von George Watson in einem Beitrag „Did Stalin Dupe the Intellectuals?" emphatisch bejaht worden. Watson stellt fest:

„Die Intellektuellen nahmen nicht nur die Gewalt hin, sie schätzten sie und verlangten nach mehr." über das Werk W. H. Audens, dessen Formulierung vom „necessary murder"

Orwell kritisiert hatte, urteilt ein anderer Autor, es zeige nicht nur eine beunruhigende und irrationale Verachtung für das Denken, sondern es zeichne sich auch durch eine „fast mystische Verehrung von Macht und Gewalt"

aus, während „Mitgefühl für den Unterliegenden (underdog)" fehle Brecht hatte damals ebenfalls in seinem Stück „Die Maßnahme"

die Tötung eines die erfolgreiche Parteiarbeit behindernden Genossen durch seine Partei-freunde ausdrücklich gutgeheißen — zur geringen Freude der Kommunistischen Partei, die sich von seinem Drama distanzierte. Die Frage ist freilich, ob dieses Kokettieren mit dem „notwendigen Mord" eine direkte Faszination durch die Gewalt ausdrückte oder ob sich damit die Dichter nicht eher von dem Vorwurf reinigen wollten, sentimental und weich zu sein.

Selbst wenn man nicht generell von einer Anziehungskraft der Gewalt auf die Intellektuellen reden kann, wird man doch von ihrer verbreiteten Billigung sprechen müssen. Sie erfolgte zumeist nach dem Motto: Wo gehobelt wird, fallen Späne. Besonders schockierend ist in diesem Zusammenhang der Bericht über eine Äußerung Beatrice Webbs, nachdem ihr eine englische Rußlandbesucherin von hungernden Häftlingen in Viehwaggons erzählt hatte: „Sehr schlechte Regiearbeit ... Lächerlich, daß man Sie so etwas sehen ließ. Die Engländer sind immer so sentimental." Auf den Einwand der empörten Rußlandbesucherin, die Gefangenen seien in einem bedau- ernswerten Zustand gewesen, erwiderte Beatrice Webb mit der üblichen Formel: „Ich weiß .. aber man kann kein Omelett machen, ohne Eier zu zerschlagen."

Was die Perversion des Denkens kommunistischer oder sympathisierender Intellektueller anbetrifft, so war Orwell aus den Büchern seines Freundes Arthur Koestler, vor allem aus dessen 1940 veröffentlichten „Darkness at Noon" bekannt, daß der Intellektuelle der Partei und ihrer jeweiligen Linie im äußersten Fall bis zur Selbstzerstörung, bis hin zur Opferung der eigenen Person folgen konnte. Der Selbstmanipulation, der selektiven Wahrnehmung und der Verdrängung waren keine Grenzen gesetzt. Jorge Semprün, einige Zeit führender spanischer Kommunist, hat noch in unseren Tagen in einer Orwell bestätigenden Beobachtung festgehalten: Kommunisten haben ein „selektives Gedächtnis. ... An manches erinnern sie sich, anderes vergessen sie. Wieder anderes verbannen sie aus ihrem Gedächtnis. Kommunistisches Gedächtnis ist im Grunde keins, denn es speichert die Vergangenheit nicht, sondern es zensiert sie. Das Gedächtnis kommunistischer Funktionäre funktioniert pragmatisch, auf die momentanen politischen Interessen und Ziele abgestimmt. Es ist kein historisches, kein Zeugengedächtnis, sondern ein ideologisches Gedächtnis."

Die selektive Wahrnehmung war in den dreißiger Jahren — zweifellos unter dem Druck des Faschismus und einer vermeintlichen Alternativlosigkeit — in bezug auf die Sowjetunion unter den linken Intellektuellen besonders intensiv entwickelt. Mans Sperber hat in seiner Autobiographie ihre wahrheitsfilternde und schizophrene Haltung anschaulich beschrieben: „dieses beschränkende, verschränkende Ineinander von Wissen und Nichtwissen, von Verzweiflung über die getäuschte Hoffnung und von Begeisterung für alles, was auch nur im entferntesten einer Erfüllung nahekommen könnte"

Selbst von der Kommunistischen Partei nicht angehörenden „Fellow-Travellers" wurden kritische Bemerkungen über die Sowjetunion, wenn überhaupt, oft nur halbherzig und mit schlechtem Gewissen geäußert oder sogar mit dem Argument gerechtfertigt, daß durch sie 377f. die Glaubwürdigkeit der positiven Bemerkungen erhöht werde. So schrieb Lion Feuchtwanger über sein Buch „Moskau 1937": „Ich hoffe nur, man wird mir in der Sowjetunion nicht die paar kritischen Anmerkungen übel-nehmen, die ich zu machen hatte, und ohne welche das Buch übrigens im Westen sicherlich ohne alle Wirkung bleiben würde." In dem Jahr, in dem Feuchtwanger in Rußland weilte, wurden sechs bis acht Millionen Menschen verhaftet, zwischen einer halben und einer Million Menschen erschossen, starben ungefähr zwei Millionen in den Lagern

Noch das Bündnis zwischen Nazi-Deutschland und Sowjet-Rußland fand, obwohl es besonders in England die meisten „Fellow-Travellers" zum Bruch mit dem Kommunismus veranlaßte, seine dialektische Rechtfertigung. An die Argumente von Seiten kommunistischer Intellektueller zugunsten des Hitler-Stalin-Paktes erinnert sich Jean Amry, ein anderer ehemaliger Kommunist, in seiner Autobiographie „Unmeisterliche Wanderjahre": „Und wer da einzuwerfen wagte, es sei doch soeben ein Pakt geschlossen worden zwischen dem Vaterland aller Werktätigen ... und dem Nazireich, wer sich getraute, den Einwand vorzubringen, daß diese Allianz der Ribbentrop und Molotow nun auch nicht unbedingt als ein Weiterschritt hin zur materiellen Demokratie angesehen werden könne, dem wurde streng bedeutet, es wisse der große Mann im Kreml, was er tue, und kein Ende sei der dialektischen Wechselschritte ins Land der Freiheit. Man mußte nur verstehen, es sei, wenn Hitlers Truppen die Westfront aufrollten und schon vorrückten in die lieblichen Gärten der Loire, auch solches Ereignis List der Idee, Fortschritt im Bewußtsein der Freiheit."

Orwells Mißtrauen und Abneigung gegenüber den Intellektuellen wurde schließlich noch dadurch verstärkt, daß nach der Niederlage Frankreichs ein beträchtlicher Teil der französischen Literaten mit den Deutschen und dem Vichy-Regime kollaborierte -„Viele Intellektuelle", schrieb Orwell im Frühjahr 1942, „waren bereit überzulaufen." Er verwies auf Drieu la Rochelle und Celine als Bei-spiele. Orwell bezeichnete den „Quisling-Intellektuellen" als ein neues Phänomen, das in den letzten zwei Jahren erkennbar geworden sei, und glaubte, bei den Intellektuellen allgemein die Tendenz feststellen zu können, sich mit dem Faschismus zu arrangieren Drieu la Rochelle, der von Orwell eigens erwähnt wurde, entsprach dabei dem Typ des von diesem angeprangerten machtorientierten Intellektuellen weitgehend. Er hatte sich einer Po-litik der Stärke, oder genauer: dem Starken in der Politik, verschrieben und sympathisierte, als sich die deutsche Niederlage abzuzeichnen begann, mit dem Kommunismus zu dem er sich schon früher hingezogen gefühlt hatte. Auch der von Orwell genannte Cline hatte mit Moskau kokettiert, bevor er sich mit seinem Antisemitismus den deutschen Okkupanten in die Arme warf und sie aufforderte, härter gegen die Juden vorzugehen

III. Die Einseitigkeit von Orwells Urteil -Eine Anti-Kritik

Nach einer notwendigerweise sehr gerafften Darstellung von Beispielen und Äußerungen, die Orwells massive Vorwürfe gegen die Intellektuellen stützen und verständlich machen, ist eine kritische Überprüfung seiner Anklagen unumgänglich. Eine solche Kritik muß sich zunächst gegen die pauschale Art der Behauptungen und Vorwürfe richten. Orwell spricht zumeist generalisierend von der Intelligentsia, von den Intellektuellen oder den Linksintellektuellen, ohne deutlich zu machen, wen er dazu rechnet und im einzelnen darunter versteht. Der von Orwell während des Krieges als Pazifist angegriffene Schriftsteller Alex Comfort sprach nicht zu Unrecht von Orwells „Intellektuellen-Jagd". Dessen Verteidigung, er habe niemals „die Intellektuellen oder die Intelligentsia" angegriffen, war sehr dürftig und entsprach nicht den Tatsachen

Der in „The Lion and the Unicom" erhobene Vorwurf, die englische Intelligentsia habe ihre Meinungen aus Moskau bezogen, oder die in „Inside the Whale" vertretene These von der Beherrschung des wichtigsten Teils englischer Literatur durch die Kommunisten sind in dieser allgemeinen Form nicht haltbar. Eine Untersuchung über den Kommunismus und die britischen Intellektuellen mit unmittelbarem Bezug auf die Behauptungen Orwells gelangt zu dem Ergebnis, daß die dreißiger Jahre in England und im englischen Kulturleben kein „rotes Jahrzehnt" waren. Selbst linke Presseorgane standen der Sowjetunion und dem Kommunismus nicht ganz so unkritisch gegenüber, wie Orwell glaubte. Der „New Statesman" z. B. nahm gegenüber den Moskauer Prozessen eine skeptische oder ablehnende Haltung ein Diese Prozesse ebenso wie die mit der sowjetischen „Hilfe" verbundene, vor willkürlichen Verhaftungen, Folterungen und physischer Liquidierung nicht zurückschreckende Durchsetzung kommunistischer Machtansprüche in Spanien führten überdies zu einer Abkühlung in dem Verhältnis englischer Intellektueller zum Kommunismus. Sie förderten in den letzten beiden Jahren vor dem Krieg sogar eine Wiederbelebung der Ideen des Liberalismus. Für diese Zeit ist geradezu eine liberale Renaissance unter den Intellektuellen festgestellt worden, die besonders bei Stephen Spender erkennbar ist

Ebenso problematisch wie das Fehlen der erforderlichen, mit diesen Bemerkungen nur anzudeutenden Differenzierungen ist die Behauptung Orwells, bei der Hinwendung der Intellektuellen zum Kommunismus und zur Sowjetunion seien nur Machtanbetung bzw. auf Rußland übertragener Ersatznationalismus und Heldenverehrung „in ihrer vulgärsten Form" als Ursachen anzusehen Diese These wird in ihrer pauschalen, uneingeschränkten Form nur dadurch erklärlich, daß Orwell an sich selber offenbar die mit positiven Ursachen zu erklärende Anziehungskraft des Kommunismus, der Sowjetunion und der Volksfrontparole nie erfahren hatte und deshalb überhaupt nur die von ihm angegebenen negativen Beweggründe als Motive erkennen konnte.

Der Kommunistischen Partei stand Orwell nach seiner eigenen Aussage seit etwa 1935 „sehr feindlich" gegenüber. In einem Brief vom Dezember 1938 erklärte er ausdrücklich: „Ich bin kein Marxist." Die ursprünglich auf den Sturz des Kapitalismus gerichtete kommunistische Bewegung in Westeuropa sah Orwell — wie aus seinem 1940 veröffentlichten Essay „Inside the Wahle" hervorgeht — wegen des „Fehlens eines wirklichen revolutionären Empfindens" in den Industrieländern zu einem Instrument der russischen Außenpolitik abgesunken. Die englische kommunistische Partei, urteilte er, werde von Leuten beherrscht, die sich geistig Rußland unterworfen hätten und die nur das Ziel verfolgten, „die britische Außenpolitik im russischen Interesse zu manipulieren"

Die Haltung Orwells gegenüber dem Sowjet-regime in Rußland war seit den zwanziger Jahren, als er sich zum ersten Mal mit ihm beschäftigte, nach seinem eigenen Urteil im Jahre 1946 im wesentlichen unverändert negativ geblieben. Da er dem technischen und industriellen Fortschritt eher kühl gegenüberstand, wurde er auch von dem Enthusiasmus der sowjetischen Fünfjahrespläne in den dreißiger Jahren nicht mit fortgerissen; er hat vielmehr die Verquickung von Industrie-und Fortschrittsbegeisterung mit dem Sozialismus in „The Road to Wigan Pier" ausdrücklich kritisiert und als für diesen schädlich bezeichnet. Orwell hat sich nie für die Sowjetunion oder für irgendeine ihrer Leistungen begeistert, weshalb er auch niemals eine Desillusionierung erlebte

Wenn Orwell die Abkehr der Intellektuellen von der Wahrheit und ihre Hinwendung zum Sowjetkommunismus nur mit der Faszination der Macht, dem Hang zur Grausamkeit oder einem Ersatznationalismus erklären konnte, lag das schließlich auch daran, daß er selber nicht von der Volksfrontidee angezogen worden war. Er hatte die Parole eines Zusammengehens von Kommunisten, Sozialdemokraten und fortschrittlichen bürgerlichen Kräften gegen den Faschismus in Spanien als eine konterrevolutionäre Losung verurteilt, die den Verzicht auf die einzige wirksame antifaschistische Waffe — die Mobilisierung der Massen durch den Sozialismus — bedeutete. So verkannte Orwell die Faszination des Volksfrontgedankens bei den Intellektuellen oder konnte dahinter nur sinistre Motive erkennen. Was er für die Anziehungskraft von Macht und Grausamkeit hielt, war in Wahrheit zumeist die Anziehungskraft des für viele einzigen wirksamen Gegenmittels gegen die faschistische Gefahr — eine Faszination, die freilich so stark hypnotisierte und blendete, daß man nur allzu oft blind wurde gegenüber den Verbrechen des kommunistischen Partners und nicht erkannte, daß es sich hier um eine „falsche Alternative" handelte

IV. Der Verrat der Intellektuellen -Orwell und Benda

Trotz ihrer Einseitigkeit und Zuspitzung sowie mancher bedenklicher Übereinstimmungen mit der seit der Dreyfus-Affäre von der politischen Rechten geübten Intellektuellen-schelte war Orwells Kritik an den Intellektuellen nicht von blankem Irrationalismus bestimmt. Er gehörte nicht zu der großen Zahl europäischer Intellektueller, die den Aufstand gegen den Geist predigten. Man wird vielmehr umgekehrt sagen dürfen, daß seine Angriffe im Namen der Vernunft erfolgten und vor allem der Empörung darüber entsprangen, daß die Intellektuellen den besonderen Verpflichtungen des Intellekts sowie ihrer Stellung in der Gesellschaft untreu geworden waren und daß sie den Geist verraten hatten. Dafür glaubte er in ihrem Verhalten dem Faschismus und vor allem dem Sowjet-kommunismus gegenüber genügend Beweise zu erblicken. Die Intellektuellen, klagte Orwell 1946 unter dem Eindruck des allgemeinen Schweigens angesichts der Unterdrükkung und Verfolgung in der Sowjetunion in seinem Aufsatz „The Prevention of Literature", seien zu Verrätern an der Sache der Geistes-freiheit geworden. Sie, denen die Freiheit am meisten bedeuten müßte, seien nunmehr ihre erklärten Feinde. „Der direkte, bewußte An-21 griff auf die intellektuelle Redlichkeit kommt von den Intellektuellen selber."

Ebenso scharf wie die Preisgabe von Vernunft und Freiheit durch die Intellektuellen geißelte Orwell die Preisgabe der Moral. In einem scharfen Angriff auf den kommunistischen Naturwissenschaftler J. D. Bernal kritisierte er die Anpassung der Moral an die politische Zweckmäßigkeit, die Unterordnung des Gewissens unter die Gebote des historischen Fortschritts oder das, was man dafür halte. Letztlich laufe der moralische Relativismus für Bernal und seinesgleichen auf den Grundsatz hinaus, daß alles gut sei, was den Zielen der russischen Außenpolitik nütze. Demgegenüber verteidigte Orwell moralische und geistige Werte, die er als „liberal values" bezeichnete — wobei er das Wort . liberal'in seiner alten Bedeutung von freiheitsliebend verstanden wissen wollte. Ziel sei es vor allem anderen, „die Freiheit des Denkens und der Rede zu verteidigen, die in den vergangenen vierhundert Jahren so leidvoll errungen wurde". Es gehe um die Verteidigung „einer Vorstellung von Gut und Böse und der intellektuellen Anständigkeit, die in den vergangenen Jahrhunderten für allen möglichen Fortschritt verantwortlich war und ohne die überhaupt das Fortbestehen zivilisierten Lebens keineswegs sicher ist"

Wenn Orwell gegen die Intellektuellen den Vorwurf erhob, sie seien ihrer eigentlichen Aufgabe untreu geworden, kritische Vernunft zu üben und überzeitliche, jenseits von Opportunität und partikularen Interessen liegende Werte zu vertreten, so berührte er sich darin sehr eng mit den Anklagen des französischen Liberalen Julien Benda, die dieser in dem 1927 erschienenen Buch „La Trahison des Clercs" vertreten hatte. Orwell hat Bendas Buch mit großer Wahrscheinlichkeit gelesen und war offensichtlich von ihm beeinflußt. Auf seine Kenntnis des Buches deutet nicht zuletzt eine kleine Episode hin — Benda zitiert Michelets Bericht über die Unbedeutendes festhaltende Erinnerung eines alten Mannes an die Französische Revolution —, die in abgewandelter Form in „ 1984" wieder auftaucht. Benda hatte eine bis dahin nie gekannte Verbreitung der politischen Leidenschaften und eine „geistige Organisation der politischen Haßgefühle" konstatiert. Sie waren nach seiner Darstellung nur möglich, weil die „clercs" — also alle diejenigen, die sich mit der Kunst, der Wissenschaft oder der Metaphysik befaßten und deren „Reich nicht von dieser Welt" hätte sein sollen — ihrem eigentlichen Beruf untreu geworden waren und sich mit dem Nationalismus verbunden hatten, anstatt allein der Gerechtigkeit und der Wahrheit zu dienen. An die Stelle eines umfassenden Humanismus und einer allgemein verbindlichen Universalmoral sei, von Deutschland ausgehend, aber inzwischen auch auf andere Länder übergreifend, bei den Intellektuellen der nationale Egoismus, die „Erhöhung des Partikularismus" und eine „Spezialmoral" getreten. Der Moralismus danke ab zugunsten des „Realismus", die Moral werde rücksichtslos der Politik untergeordnet; der Intellektuelle predige Unmenschlichkeit und Härte, er huldige einer „Religion der Grausamkeit" und einer „Religion des Erfolges". Die Intellektuellen seien unterwerfungs-und disziplinsüchtig; sie folgten dem Bestreben, zu einer „starken Gruppe (un groupement fort)" zu gehören

Selbst eine stichwortartige Rekonstruktion der Gedanken Bendas macht deutlich, wie eng die Übereinstimmung zwischen seinen und Orwells Ansichten war. Zwar hatte Benda noch im wesentlichen den Nationalismus als Verführer der Intellektuellen vor Augen, aber alle Vorwürfe Orwells hinsichtlich des Verrats der Intellektuellen sind bereits bei ihm zu finden. Außerdem war auch für Orwell die Hinneigung zum Sowjetkommunismus wie überhaupt jede Form eines die universale Vernunft und Moral in Frage stellenden Partikularismus letztlich „nationalistisch"

V. „Common Man" und „Common Decency". Die substantielle Humanität der einfachen Leute

Dem Typus des Intellektuellen mit seiner Anfälligkeit für die Macht und für totalitäre Ideologien stellte Orwell den einfachen Mann in seiner schlichten Anständigkeit und mit seinem „common sense" gegenüber, wobei den negativen Übertreibungen auf der einen eine gewisse Verklärung auf der anderen Seite entsprach.

Den „wahren Glauben", in seiner reinen Form und bis zu den absurdesten Konsequenzen getrieben, finde man — so hatte Orwell bereits in „The Road to Wigan Pier" sowohl in bezug auf den Katholizismus als auch den Kommunismus geurteilt — nie bei wirklichen Proletariern, sondern nur bei den sogenannten . gebildeten'Leuten. Der Arbeiter bewahre sich seinen gesunden Menschenverstand und seinen Sinn für Proportionen „Der einfache Mann", heißt es dann in dem 1939 geschriebenen großen Essay über Dickens, „lebt noch in der geistigen Welt von Dickens, während nahezu jeder moderne Intellektuelle zu irgendeiner Form von Totalitarismus übergelaufen ist." In diesem Aufsatz entwickelte Orwell zum ersten Mal seine Auffassung von der „native decency of the common man", der angeborenen Anständigkeit des einfachen Mannes, der noch immer die Empfindungen teile, die aus den Romanen von Dickens sprechen. Er sympathisiere mit dem Zukurzgekommenen (dem „underdog"), mit dem Schwachen gegen den Starken. Die gewöhnlichen Leute hätten sich geistig noch nicht „in der Welt des . Realismus'und der Machtpolitik" eingerichtet; die englische Arbeiterklasse lebe noch in den von Dickens vertretenen . bürgerlichen Moralvorstellungen des 19. Jahrhunderts In „The Lion and the Unicom" wiederholte Orwell: „Die Machtanbetung, welche die neue Religion Europas ist und welche die englische Intelligentsia angesteckt hat, hat die einfachen Leute nie berührt."

Mit seinem Glauben an die „common decency" des einfachen Mannes stand Orwell in einer bestimmten englischen Tradition, wobei er lediglich den Aristrokraten gegen den Intellektuellen austauschte. Bereits Edward Lytton Bulwer vertrat in seinem Buch „England and the English" aus dem Jahre 1832 — in dem sich überhaupt manche Vorwegnahme von Orwells Porträt des englischen National-charakters findet — die Ansicht, daß die breite Masse des englischen Volkes im Unterschied zur Aristokratie Mitgefühl mit den Schwachen und Unterdrückten, Anständigkeit und Humanität zeige, gleichsam das Herz auf dem rechten Fleck habe" In Orwells Überzeugung schwingt auch noch der Glaube an den „moralischen Adel der Massen" nach, zu dem sich Gladstone bekannte, als er sich bei seiner ethisch inspirierten Politik von dem größten Teil der Aristokratie und der reichen Bourgeoisie im Stich gelassen sah. Obwohl „Tugend von ausgezeichneter Qualität auch bei einzelnen Individuen der Ober-schichten zu finden" sei, urteilte Gladstone 1876, „ist sie doch in großem Umfang vor allem bei den Massen zu finden" Die Vorstellung der moralischen Überlegenheit der arbeitenden Klassen war von den englischen Liberalen damals immer wieder hervorgehoben worden und hatte ihre Bemühungen um eine Demokratisierung des Wahlrechts in den 1870er und 1880er Jahren bestimmt Orwell sah, wie manche Liberale des 19. Jahrhunderts, wesentliche bürgerliche Tugenden in der Arbeiterschaft am besten aufgehoben. Nicht nur die Gemütlichkeit des Familienlebens und die Festigkeit der Familienbeziehungen, sondern auch die feste Verankerung christlich-humaner Normen gehörte zu seinem Bild von der Arbeiterklasse. In bezug auf den zuletzt genannten Punkt spricht er es deutlich aus durch den Satz: „In moralischen Dingen sind es die Proletarier, die bürgerlich sind."

„Decency" stand im Zentrum des Orwellschen Wertsystems. Dieser von Orwell immer wieder benutzte Begriff wurde von ihm nicht definiert, oft nicht einmal näher umschrieben oder erläutert, und ist irritierend vage. Er ist jedoch keine Platitüde oder bloße Floskel. Auf ihn trifft zu, was man allgemein über Orwells politische Ansichten gesagt hat: Sie seien zwar sehr unbestimmt, aber zumeist von großer Intensität gewesen. „Common decency", für die Orwell so leidenschaftlich eintrat, bedeutete für ihn etwas höchst Vielfältiges. Zu den wichtigsten Bedeutungsinhalten gehörten die Abneigung gegen Grausamkeit, Brutalität und Niedertracht, das Mitgefühl mit dem Schwachen und Zukurzgekommenen, Fairneß auch gegenüber einem besiegten Gegner und Opferbereitschaft im Kampf gegen das Böse. „Common decency" war für ihn, wie man zu Recht gesagt hat, ein „Maßstab für Zivilisation" (Kalechofsky).

Die Intellektuellen hatten sich nach Orwells Auffassung von diesem Maßstab abgewandt und seine gesellschaftliche Notwendigkeit aus dem Blick verloren. Was ihn an der modernen Intelligentsia erschrecke, schrieb er im April 1940 in einem Brief, sei ihre Unfähigkeit zu erkennen, daß jede menschliche Gesellschaft auf „common decency" gegründet sein müsse. Diese schlichte Anständigkeit sei notwendig, und ohne sie könne sich kein wirklicher Fortschritt im menschlichen Dasein vollziehen

Orwells große Hoffnung für die Zukunft bestand darin, daß die einfachen Leute sich von ihrem Moralkodex noch nicht getrennt hatten. Er schrieb: „Ich habe z. B. niemals einen wirklichen Arbeiter getroffen, der den Marxismus angenommen hat. Ich habe niemals die geringste Furcht vor einer Diktatur des Proletariats gehabt, wenn es sie geben könnte, und gewisse Dinge, die ich in Spanien sah, haben mich darin bestärkt. Aber ich gebe zu, einen absoluten Horror vor einer Diktatur der Theoretiker zu haben, wie sie in Rußland und Deutschland besteht." Diese Äußerung Orwells — die im übrigen deutlich macht, daß er die Rolle der Intellektuellen im Dritten Reich und in der Sowjetunion maßlos überschätzte, womit sicher zum Teil auch die Schärfe seiner Kritik erklärt werden kann — läßt die Bedeutung seines Spanienerlebnisses auch in diesem Punkt hervortreten. Der Dienst in der POUM-Miliz stärkte Orwells Vertrauen in die Anständigkeit des einfachen Mannes, während die Intrigen und Machtkämpfe unter Parteiführern und Intellektuellen hinter der Front ihn in der Abneigung gegen die Intelligentsia bestärkte und seine Ansicht untermauerte, daß es ihnen nur um Macht gehe.

Wenn „decency" unter den einfachen Leuten verbreitet war und sie sich im Gegensatz zu den Intellektuellen gegenüber der Verführung des Totalitarismus resistent erwiesen, lag das nach Orwell nicht zuletzt an ihrem fehlenden Machthunger. Das Streben nach Macht und die Faszination durch die Macht sind von ihm immer wieder als Merkmale der Intelligentsia herausgestellt worden. Der einfache Mann zeichnete sich dagegen in Orwells Sicht durch die Begrenztheit und Bescheidenheit seiner Ziele aus. In seinem im Herbst 1942 geschriebenen Aufsatz „Looking Back on the Spanish War" heißt es: „Was der Arbeiter verlangt, ist etwas, was andere (die ihn für seinen . Materialismus'kritisieren, d. Verf.) als das unverzichtbare Minimum betrachten würden, ohne das menschliches Leben überhaupt nicht gelebt werden kann. Genug zu essen, Freiheit von dem alptraumhaften Schrecken der Arbeitslosigkeit, das Wissen, daß die eigenen Kinder eine faire Chance bekommen werden, einmal am Tag ein Bad, genügend oft frische Wäsche, ein Dach, das kein Wasser durchläßt, und eine Arbeitszeit, die so kurz ist, daß nach dem Arbeitstag noch etwas Energie übrigbleibt" Hier wird das, was Lassalle einmal als die verdammte Bedürfnislosigkeit der Massen bezeichnet hat, durchaus billigend angeführt, wobei ganz offensichtlich Orwells Puritanismus diese positive Bewertung von Lebensbescheidenheit mit beeinflußt hat.

Ein weiterer Grund für die „decency" der einfachen Menschen lag nach Orwell in ihrer mangelnden Intellektualität und der tiefen Verwurzelung ihrer Werthaltungen. Die große Mehrheit der einfachen Leute war ihm zufolge den von einer klaren moralischen Position und dem gesunden Menschenverstand wegführenden Sophistereien der Intellektuellen überhaupt nicht zugänglich. Der „common man" hat. keinen Umgang mit abstrakten Begriffen, die für den Intellektuellen die Preis-gabe moralischer Prinzipien so oft rechtfertigen und ihn den konkreten Menschen für das Abstraktum Menschheit oder den Proletarier für das Proletariat bedenkenlos opfern lassen. Es scheint gelegentlich, als sei für Orwell der Übergang vom Konkreten zum Abstrakten, als sei die Verselbständigung des Denkens der eigentliche Sündenfall des Intellektuellen, aus dem alles andere folgt. Abstraktes Denken barg, wie Orwell besonders durch seine Erfahrung mit Kommunisten und „Fellow-Travellers" gelernt hatte, die Gefahr in sich, auch von menschlichen Leiden zu abstrahieren. Die unter Kommunisten bei Zweifeln an der Parteilinie übliche Aufforderung: „Genosse, das mußt Du dialektisch sehen", konnte zur Verdrehung der einfachsten Tatsachen führen. Für ein Denken, das sich vom Konkreten entfernte und in die Bahnen der Ideologie begab, gab es nach Orwell letztlich keine Absurditäten und Perversionen, die es nicht schließlich erreichen konnte. Die Intellektuellen waren der Realität so entfremdet und hatten sich so sehr ihrem ideologischen Denken überlassen, daß sie absurde Behauptungen aufstellen konnten, die andere niemals äußern würden. Nur ein Intellektueller, meinte Orwell, könne z. B. die Ansicht vertreten, die amerikanischen Truppen in England während des Zweiten Weltkriegs seien dort stationiert, um eine englische Revolution niederzuschlagen, nicht aber um gegen die Deutschen zu kämpfen.

Der negativen Bewertung des Abstrakten entsprach bei Orwell eine Hochschätzung des Konkreten. Die Intellektuellen lebten nach seiner Darstellung in einer Welt der Abstraktionen und hatten sich dadurch einer wichtigen Voraussetzung und Sicherung ihrer Menschlichkeit begeben. Was andererseits den „common man" gegen die Gefahren schützte, denen der Intellektuelle ausgesetzt war, war seine Verwurzelung im Konkreten, die ein weiteres wesentliches Element seiner „decency" darstellte. Orwell hat dem Bezug zum Konkreten stets einen außerordentlichen großen Wert für die Erhaltung einer humanen und lebenswerten Gesellschaft beigemessen. Er nahm, wie George Woodcock betont, stets ein intensives Interesse „an den konkreten Aspekten des Lebens"

Ein gutes Beispiel für Orwells Hang zum Konkreten und Anschaulichen ist seine Verteidigung des englischen Maßsystems gegenüber dem metrischen System mit dem Argument, daß man sich etwas darunter vorstellen könne, wenn jemand fünf oder sechs Fuß groß sei, während die kontinentale Angabe in Metern und Zentimetern kein anschauliches Bild ergebe. Ebenso verhalte es sich mit anderen traditionellen englischen Maßeinheiten wie „Rod", „Acre“ oder „Stone", die etwas Konkretes vermittelten und ohne welche die englische Sprache ärmer wäre Seine Abneigung gegen das Abstrakte und Artifizielle, seine Überzeugung von der größeren Menschlichkeit des Konkreten, des Erfahr-und Vorstellbaren kommen — wie möglicherweise auch ein uneingestandener Patriotismus — in diesen Überlegungen vortrefflich zum Ausdruck. Es gehörte zu Orwells Grundannahmen, die seine Abneigung gegen realitätsferne, abstraktionssüchtige Intellektuelle erklärlich macht, daß die Wahrheit im Detail, im Konkreten liegt, daß die Lüge oder die Möglichkeit zur Lüge mit der Entfernung von ihm wächst. In seinen eigenen publizistischen Arbeiten, vor allem in den kurzen Artikeln, die er unter der Überschrift „As I Please" für die „Tribune" schrieb, wurde dieser Grundsatz von ihm in überaus wirkungsvoller Weise beachtet. Bereits im Jahre 1936 hatte er in einer Rezension von Henry Millers „Black Spring" festgestellt, „daß das geschriebene Wort seine Kraft verliert, wenn es sich zu weit entfernt oder vielmehr zu lange entfernt bleibt von der Welt, wo zwei und zwei vier ergibt" Dieses Zitat ist nicht zuletzt auch deshalb wichtig, weil es schon zu diesem Zeitpunkt die Bedeutung der dann in „ 1984" so zentralen mathematischen Wahrheitsformel 2 + 2 = 4 für Orwell erkennen läßt.

Orwell schätzte das, was man sehr treffend als die „Konkretheit des englischen Lebens" bezeichnet hat Ihr war in seinen Augen der „common man" am stärksten verhaftet. Auch die einfachen Genüsse, die dieser bevorzugte, schienen ihm irgendwie eine Garantie gegen die totalitäre Verführung zu bieten. Letztlich glaubte er wohl, daß die „decency" der einfachen Leute mit ihrer Lebensbejahung zusammenhing, während umgekehrt die Neigung der Intelligentsia zu Macht und Brutalität sich nicht nur aus ihrer Entfernung vom Konkreten, sondern auch ihrem damit zusammenhängenden Mangel an kreatürlicher Lebensfreude herleitete. Es war dieser Mangel, der sie dazu veranlaßte, die Macht zu suchen und lustvoll zu besetzen.

Orwell selber hatte eine Vorliebe für einfache, volkstümliche Lebensgenüsse. Liebevoll beschreibt er z. B. die richtige Zubereitung des Tees, den er sehr stark und oft nach proletarischer Manier aus der Untertasse trank.

Die frugalen Mahlzeiten, die man in seinem Wunschbild eines Pub mit dem zauberhaften Namen „The Moon under the Water" zu sich nehmen konnte — einfache Leberwurstsandwiches oder ein „good solid lunch" mit Fleisch und zweierlei Arten von Gemüse —, werden von Orwell mit erkennbarer Freude an der schlichten Gediegenheit der Gerichte geschildert. Ebenso sehnsüchtig-liebevoll schildert er die Aufmerksamkeit, die man in diesem imaginären Pub den Gefäßen widmete, aus denen die Gäste das Bier, „a soft creamy sort of stout", tranken Insgesamt ergibt sich der Eindruck, daß Orwell Lebenskultur auf einfacher, allgemein zugänglicher Grundlage schätzte, daß er die Kultivierung und Individualisierung des Alltäglichen durch die Beachtung des Details erstrebte. Die Standardisierung und der Geschmacksverlust, die Massenherstellung und Massenkonsum mit sich brachten, waren ihm verhaßt.

Orwells Ablehnung des abstrakten Denkens ebenso wie seine Ablehnung standardisierter Gebrauchsgüter und künstlicher oder verfälschter Lebensmittel standen miteinander im Zusammenhang und konstituieren seine Zurückweisung einer Modernität, die ihn mit Schrecken erfüllte. Verurteilt wurden von ihm Entwicklungen, die von der natürlich-konkreten Gegenständlichkeit und Gediegenheit wegführen. In dem einen Fall handelte es sich um die Verselbständigung des Denkens, die Loslösung vom konkret Beobachtbaren und Erfahrbaren mit den dadurch gegebenen Möglichkeiten der Manipulation und Selbst-manipulation. In dem anderen Fall ging es um die Verselbständigung der Produktion, die Loslösung von der Natur und ihre Verfälschung in alle möglichen Formen von Surrogaten. Das Ergebnis waren im ersten Fall Ideologien, unter denen z. B.der Kommunismus nur eine vulgäre Form von Ersatzpatriotismus und Ersatzreligion darstellte, im zweiten Fall Ersatzprodukte wie das entsetzliche, nach Fisch schmeckende Würstchen, in das George Bowling in dem Roman „Coming Up For Air" beißt.

VI. Die Polarisierung von Geist und Leben -Ein Ausblick auf „ 1984"

Obwohl Orwell den Intellektuellen in erster Linie vorwarf, sie seien ihrer Verpflichtung zum kritischen Denken untreu geworden, nahm sein Intellektuellenhaß gelegentlich die Form einer Abneigung oder eines Mißtrauens gegen das Denken schlechthin an. Dieses Mißtrauen war jedoch, wie man sogleich hinzufügen muß, vor allem durch Orwells Über-zeugung bedingt, ein hypertropher Intellektualismus führe nicht nur vom Moralkodex, sondern auch von der Vernunft weg und kehre sich gegen sie. So wie die Sittlichkeit ihm besser geschützt und zuverlässiger zu sein schien, wenn sie sich wie bei der Arbeiterklasse von der offiziellen Religion abgelöst hatte, so schien ihm auch der gesunde Menschenverstand besser geschützt und zuverlässiger, wenn er sich vom Intellekt trennte. Der sich durch geringere Komplexität auszeichnende nichtintellektuelle „common sense" war in Orwells Augen fester verwurzelt, unbeirrbarer, weniger verführbar und stärker auf „decency" bezogen als der Intellektualismus. Die beschränkte Reichweite des gesunden Menschenverstandes erleichterte spontane, von schlichter Anständigkeit diktierte Handlungen und moralische Sicherheit, während der mit den Fern-und Nebenwirkungen des Handelns sowie der Dialektik des Geschichtsprozesses rechnende Intellekt moralisch orientierungslos machte und für Manipulationen jeder Art offen war. Daß er bestimmte Dinge nicht sah, die ferner liegenden Folgen des Handelns nicht in Betracht zog und keine schlechte Mittel rechtfertigende politische Langzeitstrategie verfolgte, machte es für den vom „common sense“ bestimmten einfachen Mann leichter, das Gute, Richtige und Selbstverständliche zu tun.

Orwell, der seine eigene Konversion zum Patriotismus ungeniert mit einem Traum in Verbindung brachte — was die von ihm kritisierten Linksintellektuellen kaum getan hätten —, beschwor angesichts der Bedrohung Englands durch Hitler-Deutschland in den Jahren 1940/41 und der vermeintlichen Unzuverlässigkeit der Intellektuellen die von seiner Seite der Arbeiterschaft und überhaupt den einfachen Leuten zugeschriebene instinktive Zuverlässigkeit. Die nationale Gefahr löste bei ihm den Reflex aus, auf das Unbewußte und Halbbewußte, auf die Tradition und die überkommenen Werte der eigenen Kultur zu bauen, die sich ihm als um so stärker und unangreifbarer darstellten, je mehr sie internalisiert und der Ratio entrückt waren. Das Instinktive und Selbstverständli-B ehe wurde zur letzten und eigentlichen Schutzwehr. Der schlichte Wunsch des einfachen Engländers, nicht von Fremden regiert zu werden, erschien als Hauptwaffe im Kampf gegen Hitler. Dies nicht etwa deshalb, weil die Masse der Bevölkerung bedauerlicherweise zu wenig aufgeklärt war, um etwas anderes als einen instinktiven Patriotismus gegen Deutschland aufzubringen; Orwell billigte vielmehr die unreflektierte Reaktion, da sie ihm letztlich als die verläßlichste Waffe erschien. Ein reflektierter, . rationaler'Antifaschismus war, weil den aufweichenden Wirkungen einer defätistischen Lagebeurteilung, den Gefahren einer dialektischen Kasuistik und der Plausibilität eines Arrangements mit dem Sieger ausgesetzt — von der Verführbarkeit der Intellektuellen durch die Macht ganz zu schweigen —, nach Orwell zu unsicher. Sicher war nur das, was in so tiefen Schichten der Persönlichkeit angesiedelt war, daß es kaum erschüttert werden konnte. Orwell setzte in der konkreten Situation der Jahre 1940/41 ebenso wie dann später in „ 1984" seine Erwartungen auf das Tradierte, Verwurzelte und Unreflektierte sowie auf diejenigen Schichten, die es am stärksten verkörperten.

John Wain hat die Bedeutung des Vegetativenals Gegengewicht zum Totalitären in bezug auf Orwells Haltung gegenüber der Arbeiterschaft aufgewiesen. Der Arbeiter sei für Orwell „wie eine Pflanze, und die Pflanze ist . blind und dumm'. Aber diese Blindheit und Dummheit stellt das letzte Bollwerk menschlicher Freiheit dar. Es ist eine für Orwell charakteristische Position: grimmig, realistisch, sogar düster." Es ist, so darf man hinzufügen, auch eine zutiefst konservative Position. Das Vertrauen auf das Unreflektierte, Vegetative als Gegenkraft gegen die Perversionen des Intellekts und die Intellektuellen ist, selbst wenn es sich wie in „ 1984" auf die „Proles" richtet, Bestandteil des Konservatismus. Nicht nur manche Sprachbilder und Vergleiche Orwells sind konservativ, sondern ebenso auch seine positive Beurteilung von „unthinking virtues" (Trilling), von unbewußten Hervorbringungen der Kultur, eines von den Verführungen der Ideologien nicht erreichbaren traditionellen Grundbestands unreflektierter Werte. Orwells Anti-Utopie „ 1984" berührt sich sogar in auffälliger Weise mit der Kritik Edmund Burkes an der Französischen Revolution. Orwell wie Burke verweisen auf die Ge-fahren eines durch die Hemmungen der Tradition nicht mehr gezügelten, sich verselbständigenden Denkens. Der von Intellektuellen beherrschten Gesellschaft in „ 1984" fehlt nicht nur der Respekt vor der Wahrheit und der Menschenwürde, sondern auch der Respekt vor der Vergangenheit und den gegebenen Bedingungen. Es fehlt ihr der mäßigende und humanisierende Einfluß einer autonomen Wirklichkeit. Ein sich absolut setzendes, willkürlich über die Geschichte und die Realität verfügendes Denken erkennt keine „Handlungsgrundlagen" (N. Luhmann) und keine „Anknüpfungsgrößen" (O. Marquard) mehr an.

Gewinnt man häufig den Eindruck, Orwell richte seine Hoffnungen auf die Arbeiterschaft und den einfachen Mann, gerade weil sie so wenig denken und ihr Denken eine geringere Reichweite besitzt, so ist doch andererseits bereits in der Kriegszeit ein kritischer Unterton in bezug auf deren politische Apathie und mangelnde geistige Konsistenz nicht zu überhören. In „Animal Farm" und „ 1984" tritt diese kritische Komponente stärker hervor. Die Darstellung der meisten Tiere, besonders aber Boxers, in der Tierfabel und die der Proles in der Anti-Utopie zeigt zwar, daß Orwell an seinem Gedanken von der „native decency" der Nichtprivilegierten festhält und in ihnen die moralische Grundsubstanz einer besseren Gesellschaft verkörpert sieht. „Wenn es Hoffnung gibt," heißt es in „ 1984", „liegt sie bei den Proles." Anständigkeit reicht jedoch nicht aus. Die pessimistische Perspektive der beiden Bücher ergibt sich in erster Linie daraus, daß Orwell die Denkfähigkeit und Urteilskraft der moralisch integren Gruppen für äußerst gering erachtet. Die gutmütig-selbstlose Beschränktheit Boxers und die vegetative Existenz der Proles bieten keine Grundlage für Kritik und gedankliche Transzendierung eines Unterdrückungssystems. Sie enthalten keine Ansatzpunkte zur Über-windung der Herrschaft von machthungrigen Intellektuellen, als die sich das Regime der Schweine in „Animal Farm" ebenso wie das der Inneren Partei in „ 1984" letztlich erweist. Unter dem Aspekt des für Orwell so ungemein wichtigen Themas . Intellektuelle und Volk'läßt sich das von ihm in „ 1984" dargestellte System als eine Gesellschaft begreifen, in der die Polarisierung zwischen beiden radikal vollzogen wurde. „ 1984" ist, wie man zu Recht gesagt hat, in vieler Hinsicht ein Buch über Intellektuelle und läßt sich ohne Kenntnis der vorangegangenen Intellektuellenkri-B tik Orwells kaum wirklich verstehen Das von Orwell stets beargwöhnte Denken der Intellektuellen hat sich unter dem „Ingsoc" vollends verselbständigt und pervertiert. Es hat sich von jeglicher moralischer Verankerung losgerissen, jeden Bezug zu Vernunft und Wahrheit verloren und ist zu einer Form von opportunistischer, den jeweiligen politischen Bedürfnissen angepaßter, selbstgesteuerter Schizophrenie geworden. Die Intellektuellen, denen Orwell schon seit langem Machthunger zugeschrieben hatte, haben sich in diesem Buch gänzlich der Macht und einer Art von Ordnungsfanatismus oder quasiästhetischem Perfektionismus verschrieben, für die jede Abweichung als „Fehler im Muster" auszumerzen ist. Für die Mitglieder der Partei sind Sexualität und Gefühle außerhalb der vom Regime verordneten Haßminuten verpönt. Auf der anderen Seite stehen die Proles, die nur noch Körperlichkeit sind — die leben, fühlen, zeugen und gebären. Beim Anblick einer Proletenfrau, die Wäsche aufhängt, konstatiert Winston Smith: „Die Frau da unten hatte keinen Verstand, sie hatte nur noch starke Arme, ein warmes Herz und einen fruchtbaren Bauch." Was „ 1984" so hoffnungslos macht, ist nicht zuletzt die völlige Trennung von Geist und Leben, denen es jeweils an der humanisierenden Kraft ihres Gegen-pols fehlt.

Fussnoten

Fußnoten

  1. S. Orwell/I. Angus (Eds.), The Collected Essays. Journalism and Letters of George Orwell, Har-,mondsworth 1970, Bd. 2, S. 95.

  2. Ebd., Bd. 2, S. 168, 407, 319; Bd. 3, S. 386.

  3. K. D. Bracher, Zeit der Ideologien. Eine Geschichte politischen Denkens im 20. Jahrhundert, Stuttgart 1982, S. 250.

  4. S. Orwell/I. Angus (Eds.), a. a. O. (Anm. 1), Bd. 1, S. 564 ff.

  5. Ebd., Bd. 1, S. 413.

  6. G. Orwell, The Road to Wigan Pier, Harmondsworth 1966, S. 185, 160.

  7. S. Orwell/I. Angus (Eds.), a. a. O. (Anm. 1), Bd. 1, S.

  8. Ebd., Bd. 2, S. 459.

  9. Ebd., Bd. 2, S. 328.

  10. Ebd., Bd. 4, S. 206 f.

  11. Ebd., Bd. 2, S. 288.

  12. S. Spender, The Thirties and After, New York

  13. R. Dare, Instinct and Organization: Intellectuals and British Labour After 1931, in: The Historical Journal, (1983) 26, bes. S. 689ff.

  14. N. Wood, Communism and British Intellectuals, London 1959, S. 42.

  15. D. Caute, The Fellow-Travellers, London 1977, S. 64.

  16. Ebd., S. 69 f„ 81 L; B. Drake, The Webbs and Soviet Communism, in: M. Cole (Ed.), The Webbs and their Work, Hassocks 1974, bes. S. 224, 228f.; N. Mackenzie (Ed.), The Letters of Sidney and Beatrice Webb, Cambridge 1978, Bd. III, S. 416.

  17. N. Mackenzie (Ed.), a. a. O. (Anm. 16), Bd. III, S. 207, 378.

  18. D. Caute, a. a. O. (Anm. 15), S. 164.

  19. S. Spender, a. a. O. (Anm. 12), S. 15, 59; J. Rühle, Literatur und Revolution. Die Schriftsteller und der Kommunismus, München 1963, S. 410.

  20. N. Mackenzie (Ed.), a. a. O. (Anm. 16), Bd. III, S. 420.

  21. Die Zitate bei J. Calder, Chronicles of Conscience: A Study of George Orwell and Arthur Koestler, London 1968, S. 127.

  22. Zitiert bei D. Pike, Deutsche Schriftsteller im Sowjetischen Exil, . 1933— 1945, Frankfurt 1981, S. 239 f. Vgl. zu dem Gesamtproblem . Stalin und die Intellektuellen'jetzt auch Bd. I: Exilforschung. Ein Internationales Jahrbuch, München 1983, und darin vor allem den Beitrag von H. Abosch, Von der Volksfront zu den Moskauer Prozessen, S. 27— 44.

  23. Zitiert bei J. Rühle, a. a. O. (Anm. 19), S. 302.

  24. G. Watson, Politics and Literature in Modern Britain, London 1977, S. 56.

  25. N. Wood, a. a. O. (Anm. 14), S. 110f.

  26. Zitiert bei G. Watson, a. a. O. (Anm. 24), S. 52; vgl. auch N. Mackenzie (Ed.), a. a. O. (Anm. 16), Bd. III, S.

  27. J. Semprün, Frederico Sänchez. Eine Autobiographie,

  28. M. Sperber, Die vergebliche Warnung, Wien 1975, S. 246.

  29. D. Pike, a. a. O. (Anm. 22), S. 241; D. Caute, a. a. O. (Anm. 15), S. 107.

  30. J. Amry, Unmeisterliche Wanderjahre, Stuttgart 1971, S. 68.

  31. Vgl. dazu jetzt G. Heller, In einem besetzten Land, NS-Kulturpolitik in Frankreich. Erinnerungen 1940— 1944, Köln 1982.

  32. S. Orwell/I. Angus (Eds.), a. a. O. (Anm. 1), Bd. 2, S. 231. Eine positive Beurteilung der französischen Intellektuellen unter dem deutschen Besatzungsregime gibt Orwell dagegen in Bd. 3, S. 366.

  33. G. Heller, a. a. O. (Anm. 31), S. 72.

  34. J. Rühle, a. a. O. (Anm. 19), S. 303; L. Baier, Cline tel quel il est, in: ders., Französische Zustände, Frankfurt 1982, S. 220— 229.

  35. S. Orwell/I. Angus (Eds.), a. a. O. (Anm. 1), Bd. 2, S. 259, 264.

  36. N. Wood, a. a. O. (Anm. 14), S. 74, 49.

  37. S. Hynes, The Anden Generation. Literature and Politics in England in the 1930s, New York 1977, S. 264, 301, 303, 306 ff., 315. Vgl. auch J. Rühle, a. a. O. (Anm. 19), S. 411.

  38. S. Orwell/I. Angus (Eds.), a. a. O. (Anm. 1), Bd. 2, S. 175.

  39. Ebd., Bd. 1, S. 347, 404, 562.

  40. A. Zwerdling, Orwell and the Left, New Haven 1978, S. 49.

  41. Der Begriff bei M. Sperber, Nur eine Brücke zwischen Gestern und Morgen, München 1982, S. 44 u. passim.

  42. Vgl. dazu D. Bering, Die Intellektuellen. Geschichte eines Schimpfwortes, Frankfurt 1982.

  43. S. Orwell/I. Angus (Eds.), a. a. O. (Anm. 1), Bd. 4, S. 93.

  44. Ebd., Bd. 4, S. 185- 192.

  45. J. Benda, La Trahison des Clercs, Neudr. Paris 1965, S. 11, 29, 39 f„ 50, 80 ff., 93, 120f., 122 ff., 202. Es entbehrt nicht der Ironie, daß ausgerechnet Benda in den dreißiger Jahren zu einem bedinungslosen Gefolgsmann der kommunistischen Parteilinie wurde und noch in hohem Alter gegen die Angeklagten im Rajk-Prozeß Stellung bezog. Vgl. dazu M. Sperber, a. a. O. (Anm. 41), S. 34 f.

  46. Vgl. dazu vor allem Orwells im Mai 1945 geschriebenen Beitrag Notes on Nationalism, in: S. Orwell/I. Angus (Eds.), a. a. O. (Anm. 1), Bd. 3, bes. S. 411

  47. G. Orwell, a. a. O. (Anm. 6), S. 155 f.

  48. S. Orwell/I. Angus (Eds.), a. a. O. (Anm. 1), Bd. 1, S. 503.

  49. Ebd., Bd. 2, S. 78.

  50. E. L. Bulwer, England and the English, Neudr. Chicago 1970, S. 41 ff., 89, 122f„ 193.

  51. D. Schreuder, Gladstone and the Conscience of the State, in: P. Marsh (Ed.), The Conscience of the Victorian State, New York 1979, S. 122, 124 ff.

  52. I. Bradley, The Optimists. Themes and Personalities in Victorian Liberalism, London 1980, S. 150,

  53. S. Orwell/I. Angus (Eds.), a. a. O. (Anm. 1), Bd. 3,

  54. Ebd., Bd. 1, S. 582 f.

  55. Ebd., Bd. 1, S. 583.

  56. Ebd., Bd. 2, S. 304.

  57. G. Woodcock, The Crystal Spirit: A Study of George Orwell, London 1967, S. 36.

  58. S. Orwell/I. Angus (Eds.), a. a. O. (Anm. 1), Bd. 4, S. 351 f.

  59. Ebd., Bd. 1, S. 261.

  60. I. Berlin, Personal Impressions, Oxford 1982, S.54.

  61. S. Orwell/I. Angus (Eds.), a. a. O. (Anm. 1), Bd. 3, S. 58— 65.

  62. J. Wain, George Orwell (I), in: ders., Essays on Literature and Ideas, London 1963, S. 184.

  63. W. Steinhoff, George Orwell and the Origins of 1984, Ann Arbor 1975, S. 57 ff.

Weitere Inhalte

Hans-Christoph Schröder, Dr. phil., geb. 1933; Studium der Geschichte, Amerikanistik und Soziologie in Köln; 1966— 1973 Mitarbeiter am Max-Planck-Institut für Geschichte in Göttingen; seit 1973 Professor für Neuere Geschichte an der Technischen Hochschule Darmstadt. Veröffentlichungen u. a.: Sozialismus und Imperialismus, 19752; Sozialistische Imperialismusdeutung, 1973; Imperialismus und Antidemokratisches Denken, 1978; Gustav Noske und die Kolonialpolitik des Deutschen Kaiserreichs, 1979; Die Amerikanische Revolution, München 1982.