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Wirtschaftsmacht Japan | APuZ 9-10/1984 | bpb.de

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APuZ 9-10/1984 Tradition und Moderne in der japanischen Industriegesellschaft Zur japanischen Außen-und Sicherheitspolitik Wirtschaftsmacht Japan Erfolge und Grenzen technokratischer Umweltpolitik in Japan Artikel 1

Wirtschaftsmacht Japan

Karl-Heinz Meid /Michael Glambeck

/ 27 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Die plötzliche Erkenntnis, der modernen westlichen Technik nichts entgegensetzen zu können, veranlaßte den Meiji-Tenno 1868, die konsequente Modernisierung Japans in Angriff zu nehmen und dabei so viel wie möglich vom Ausland zu lernen, ohne die nationale Identität aufzugeben. Unter Führung der Regierung wurde ein beispielloser Industrialisierungsprozeß eingeleitet, der über die Jahrzehnte hinweg trotz entscheidender Zäsuren dazu geführt hat, daß das Land heute das nach den USA zweitgrößte Bruttosozialprodukt der westlichen Welt erwirtschaftet. Unter äußerst ungünstigen Bedingungen (hohe Bevölkerungsdichte, Mangel an Nutzfläche, Rohstoffknappheit) hat sich Japan zu einer der führenden Industrienationen entwikkelt. Gleichwohl sind die wirtschaftlichen Verhältnisse im Innern sowohl unter gesamtwirtschaftlichen als auch unter einzelwirtschaftlichen Gesichtspunkten betrachtet heute immer noch durch eine Reihe von Besonderheiten gekennzeichnet. Im Finanzsystem beispielsweise sowie in der Beschäftigungs-und Industriestruktur sind deutliche Unterschiede im Vergleich zur Bundesrepublik Deutschland festzustellen. Insbesondere das enge und vertrauensvolle Verhältnis zwischen Staat und Wirtschaft ist charakteristisch für das japanische System. Eine indikative Wirtschaftsplanung und ständige Konsultationen dienen dazu, die künftige Wirtschaftsentwicklung transparent zu machen und eine aktive Strukturpolitik zu betreiben. Ebenso wie im Verhältnis zwischen Unternehmen und Bürokratie sind auch in den innerbetrieblichen Beziehungen Konsens und Harmonie wichtige Voraussetzungen für den wirtschaftlichen Erfolg. Japans Abhängigkeit vom Außenhandel ist nur etwa halb so groß wie die der Bundesrepublik. Exportiert werden fast ausschließlich industrielle Fertigwaren, auf der Importseite dominieren dagegen Rohstoffe und Halbwaren. Die Regierung bemüht sich, Ungleichgewichte im Außenhandel durch geeignete Maßnahmen zur Förderung des Imports industrieller Fertigwaren abzubauen. Außerdem ist die in der Vergangenheit feststellbare Zurückhaltung der japanischen Wirtschaft bei Investitionsvorhaben im Ausland in jüngster Zeit aufgegeben worden.

„Über Nacht ist im Fernen Osten eine neue Großmacht entstanden .. ein neuer Industriestaat ist als Wettbewerber auf dem Weltmarkt eifrig dabei, dem europäischen Handel nicht nur im Stillen Ozean das Wasser abzugraben." Dies schrieb im Jahre 1921 der Kölner Arzt Pralle in seinen Lebenserinnerungen. Es sollten allerdings noch Jahrzehnte ins Land gehen, bis die deutsche Öffentlichkeit Japan als Wirtschaftskonkurrenten ernst nahm.

Unter der Regierung des Meiji Tenno wurde im Jahre 1868 die Modernisierung des Landes in Angriff genommen. Ausgelöst durch die Erkenntnis, daß man der modernen westlichen Technik — besonders den Waffen — nichts entgegenzusetzen hatte, ging eine ganze Nation unter der Losung „Wakon Yosai" (mit westlichem Wissen und japanischem Geist) daran, den schier entmutigenden Vorsprung der westlichen Nationen aufzuholen. Ausländische Spezialisten, darunter viele Deutsche, wurden angeworben, um als Lehrer und Berater zu helfen, Japans Unabhängigkeit durch wirtschaftlichen Fortschritt zu sichern. Viele junge Leute gingen danach ins Ausland, um zu lernen. All dies geschah aus eigener wirtschaftlicher Kraft und zeigte schnell Fortschritte. Bauern errichteten in Selbsthilfe Schulen für ihre Kinder, die Besitzenden investierten Geld in die neu entstehenden Industrien oder in Staatspapiere; Geld wurde nicht ins Ausland transferiert; abgedankte Fürsten stifteten Immobilien für die neuen Universitäten und Hochschulen. Der phänomenale Ausbau des Schulsystems, der durch die Existenz vieler Hunderter Tempelschulen begünstigt wurde, und die Durchführung einer Schriftreform erlaubten die Rezeption westlichen Wisseris ohne Aufgabe der eigenen gewachsenen Kultur.

In den ersten Jahrzehnten trat der Staat aus Mangel an ausgebildeten und fähigen Unternehmern selbst als Unternehmer auf, war jedoch stets bemüht, die Betriebe schnell an Privatleute zu übergeben. Mit welcher Schnelligkeit sich die japanische Wirtschaft entwickelte, wird daran deutlich, daß in den 30 Jahren von 1868 bis 1897 die Rohstoffeinfuhren für japanische Fabriken um das Fünffache und die Exporte von Fertigwaren in der gleichen Zeit um das 20fache zunahmen. Zaibatsu (Familienkonzerne) wie Mitsubishi, Mitsui, Sumitomo und Yasuda wuchsen mit Hilfe der Regierung zu marktbeherrschenden Unternehmensgruppen heran, die — japanischem Brauch entsprechend — diese Wohltaten nie vergessen und immer ein offenes Ohr für die Anliegen der Regierung haben. Verpflichtungsgefühle dieser Art sidin der japanischen Gesellschaft die Basis aller privaten und geschäftlichen Beziehungen.

Schon in der Zeit des Ersten Weltkriegs wurden die Zaibatsus zu ernsten Konkurrenten der Europäer auf Auslandsmärkten. Der rapide wirtschaftliche Wandel brachte für die japanische Gesellschaft einen epochalen Umbruch. Ausländische Beobachter beurteilten in den ersten Jahrzehnten dieses Wandels den japanischen Arbeiter als unstet, körperlich schwächlich und somit anscheinend wenig geeignet für industrielle Arbeit. Den Unternehmen gelang es jedoch, aus dem Konfuzianismus stammende Ideen für die moderne Industriegesellschaft nutzbar zu machen. Sie banden die kleine Zahl der Facharbeiter durch lebenslange Anstellung, Paternalismus in den Arbeitsbeziehungen, Senioritätslohn und die allem übergeordnete Idee, dem Land einen „dienst“ zu erweisen, an das Unternehmen. Das Ergebnis dieser Entwicklung war die Heranbildung des heute überall bekannten Arbeitsethos.

Die Katastrophe des Zweiten Weltkrieges brachte zwar auch entscheidende Änderungen für Wirtschaft und Gesellschaft, erschütterte die Basis aber nicht Zwar war das erklärte Ziel der Besatzungsmacht USA die Demokratisierung und Dezentralisierung des japanischen Systems, aber der Oberkommandierende MacArthur benutzte die effiziente japanische Verwaltung zur Durchsetzung dieser Ideen. Nach harten Jahren der Nachkriegszeit, die nur mit Hilfe der USA überwunden werden konnten T— allein 1947 betrug die direkte Hilfe 400 Millionen US-Dollar —, erholte sich die japanische Wirtschaft durch den Boom, den auch der Koreakrieg hervorrief. Gezielt wurden die wenigen im Außenhandel verdienten Devisen zum Import von Know-how besonders aus den USA genutzt.

Zum Schutze der Wirtschaft wurde der Markt zunächst nach außen hin durch tarifäre und nichttarifäre Hindernisse so abgeschottet, daß ein Eindringen der als übermächtig angesehenen ausländischen Konkurrenz — an ihrer Spitze die USA — verhindert wurde. Die japanische Industrialisierung hatte mit der Einführung der Textilindustrie und anderer Leichtindustrien begonnen, aber auch die Basis für die Schwerindustrie und die chemische Industrie wurde schon in den Vorkriegsjähren gelegt. Ihre Entwicklung in der Zeit rapiden Wachstums in den späten fünfziger und frühen sechziger Jahren bildete das Fundament für den heutigen wirtschaftlichen Erfolg der Inselnation. Eisen-und Stahl-, Aluminium-, Petrochemie-, Zement-und Papierindustrie, die in enger Abstimmung zwischen privater Industrie und staatlicher Verwaltung in Schwerpunktprogrammen auf den höchsten technischen Standard gebracht wurden, waren die Vorläufer für die erfolgreiche Entwicklung der Automobil-, Mikroelektronik-und Biochemie-Industrie. Der rapide Strukturwandel wurde begünstigt durch den starken Rückgang der in der Landwirtschaft Beschäftigten und ihre Abwanderung in die industriellen Ballungszonen.

Die beiden Ölkrisen, die Japan als Land ohne Rohstoffe besonders hart trafen, führten zwar zu Einbrüchen bei den phänomenalen Wachstumsraten der japanischen Wirtschaft, doch steht Japan heute mit einem Bruttosozialprodukt von 1, 06 Billionen US-Dollar (1982) an zweiter Stelle unter den westlichen Industrienationen hinter den USA und vor der Bundesrepublik Deutschland. Gemessen am Pro-Kopf-Einkommen allerdings liegt das Land gegenüber den USA und einigen Ländern Westeuropas immer noch deutlich zurück: Das Volkseinkommen pro Kopf der Bevölkerung betrug 1982 etwa 8 949 US-Dollar in Japan und etwa 10 698 US-Dollar in der Bundesrepublik. Auf einer Fläche, die in etwa derjenigen von Bundesrepublik Deutschland und DDR zusammen entspricht, leben in Japan zur Zeit 118, 5 Millionen Menschen; die durchschnittliche Bevölkerungsdichte liegt bei 313 Einwohnern km 2. Diese Zahl verschleiert die wahren Verhältnisse jedoch eher, da sich Bevölkerung und Industrie im wesentlichen auf einen 1 200 km langen, aber sehr schmalen Streifen entlang der Pazifikküste konzentrieren. Auf nur 57 000 Quadratkilometern, das sind etwa 15% der Gesamtfläche, leben mehr als 70 Millionen Menschen, so daß in diesen Gebieten eine Bevölkerungsdichte von mehr als 1 200 Einwohnern km 2 erreicht wird. Zwar versucht die Regierung, mit Hilfe regionalpolitischer Maßnahmen dieser Konzentration entgegenzuwirken, doch sind ihren Bemühungen relativ enge Grenzen gesteckt: Mehr als zwei Drittel der japanischen Inseln sind als Berg-und Waldland weder für die Landwirtschaft, noch für industrielle Zwecke oder eine Besiedelung nutzbar, und auch vom verbleibenden Rest stehen allenfalls 16 bis 20% ohne Einschränkung zur Verfügung.

Aber nicht nur Siedlungs-und andere Nutzflächen sind knapp in Japan; auch an Bodenschätzen herrscht ein ausgeprägter Mangel, so daß die Wirtschaft des Landes in hohem Maße von importierten Rohstoffen abhängig ist. Bei der Energieversorgung beträgt die Importabhängigkeit insgesamt etwa 85%, und auch bei anderen für die Industrie wichtigen Materialien, wie Eisenerz oder vielen NE-Metallen, liegen die Importquoten zwischen 90% und 100%. Hinzu kommt noch, daß ein Großteil der zur Versorgung der Bevölkerung erforderlichen Nahrungsmittel ebenfalls importiert werden muß. Zwar liegt die Selbstversorgungsrate bei einigen Erzeugnissen, wie etwa bei Fisch oder Gemüse mit 97%, relativ hoch, doch ist Japan in absoluten Zahlen der drittgrößte Importeur von Nahrungsmitteln unter den westlichen Industrieländern. Trotzdem ist die Wirtschaft des Inselreichs insgesamt weit weniger vom Außenhandel abhängig als beispielsweise die der Bundesrepublik Deutschland. So liegt der Importanteil am japanischen Bruttosozialprodukt bei 12% und der Exportanteil bei 13%; die entsprechenden Werte für die deutsche Volkswirtschaft liegen beinahe doppelt so hoch.

Die Zahl der Erwerbstätigen beträgt etwa 56, 4 Millionen (1982); dies entspricht einem Anteil von 47, 6% an der Gesamtbevölkerung. Bezogen auf die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter (15 Jahre und älter) erreicht die Erwerbsquote 62% bei den Männern und 36% bei den Frauen. Damit ist der Unterschied der Erwerbsquote zwischen männlicher und weiblicher Bevölkerung in Japan weit stärker ausgesprägt als in anderen Industrienationen. Auffallend ist daneben auch die Tatsache, daß der Anteil der Erwerbstätigen unter den japanischen Männern der Altersgruppe über 65 Jahre noch mehr als 45% beträgt. Dies macht deutlich, daß ein Großteil derjenigen, die im Alter zwischen 55 und 60 Jahren pensioniert werden, auch danach noch in der einen oder anderen Weise berufstätig bleibt. Ebenfalls gibt die große Zahl der selbständigen Händler und Kleingewerbetreibenden ihre Arbeit keineswegs automatisch mit Erreichen der Altersgrenze auf.

Verschiedene Besonderheiten — verglichen mit deutschen Verhältnissen — weist auch die Beschäftigungsstruktur nach Wirtschaftsbereichen in Japan auf. Einerseits wird dem Beobachter der mit 34, 2% vergleichsweise geringe Anteil der im sekundären Sektor — d. h. im produzierenden Gewerbe einschließlich Bauwirtschaft — Beschäftigten auffallen, liegt der entsprechende Wert in der Bundesrepublik doch etwa 10 Prozentpunkte höher. Auf der anderen Seite beschäftigt der japanische Handel unverhältnismäßig mehr Arbeitnehmer: 23% aller japanischen Beschäftigten sind in Unternehmen des Groß-oder Einzelhandels tätig, wogegen es in Deutschland lediglich 12% sind. Hierin dürfte auch die Ursache für die relativ geringe Arbeitslosigkeit in Japan — die Arbeitslosenquote erreichte sogar während des vergangenen Winters keine 3% — zu sehen sein. Rationalisierung und konjunkturelle Schwierigkeiten in der Industrie haben den Arbeitsmarkt in der Vergangenheit weit weniger belastet, als dies in westlichen Ländern der Fall war, da der Dienstleistungsbereich — und hier besonders der Handel — sich als sehr aufnahmefähig erwiesen hat.

Von großer Bedeutung ist in diesem Zusammenhang ebenfalls die ausgeprägte „Dualstruktur" der japanischen Wirtschaft. Lediglich 0, 1% der japanischen Betriebe beschäftigen mehr als 300 Mitarbeiter, wogegen Kleinstbetriebe mit ein bis vier Beschäftigten knapp 70% aller Unternehmen ausmachen. Auch wenn man die Gesamtzahl der Beschäftigten in den verschiedenen Betriebsgrößen-klassen betrachtet, wird offensichtlich, welch großen Anteil Klein-und Mittelbetriebe am Wirtschaftsleben in Japan haben. Sind die Großunternehmen stark rationalisiert und arbeiten mit erstaunlich hoher Produktivität, so sind die Verhältnisse in den mittelständischen Betrieben durch einen hohen Personal-einsatz und nur mäßige Rationalisierungsanstrengungen gekennzeichnet. Auf diese Weise werden vermehrt Arbeitsplätze bereitgestellt, die jedoch deutlich schlechter bezahlt sind als in der Großindustrie. Nach Berechnungen des Arbeitsministeriums betragen die Durchschnittslöhne und -gehälter in Kleinbetrieben mit bis zu 29 Beschäftigten lediglich 60% der in Großunternehmen (mehr als 500 Beschäftigte) erzielten Durchschnittseinkommen. Auch unter anderen Aspekten bestehen ausgeprägte Disparitäten zwischen den Unternehmen der verschiedenen Größenordnungen. So erreicht die Produktivität der mittelständischen Betriebe (bis 299 Beschäftigte) nur 50% des Niveaus von Unternehmen mit mehr als 300 Mitarbeitern; Klein-und Mittelbetriebe sind in weit größerer Gefahr, zahlungsunfähig zu werden und tragen überhaupt die Hauptlast der konjunkturelleg Anpassungsprozesse. Gleichwohl sind sie ein wichtiger Stützpfeiler der japanischen Volkswirtschaft, was die Regierung schon in den sechziger Jahren veranlaßt hat, besondere Förderungsmaßnahmen für die mittelständische Wirtschaft gesetzlich zu verankern. Das Amt für Klein-und Mittelbetriebe — eine dem Ministerium für Außenhandel und Industrie (MITI) zugeordnete Behörde — hat seitdem die Aufgabe, angemessene Rahmenbedingungen für die Weiterentwicklung der mittelständischen Wirtschaft zu schaffen und sie bei der Verbesserung ihrer Wettbewerbsfähigkeit zu unterstützen. Dies geschieht insbesondere über spezielle Steuererleichterungen und gezielte Kreditvergabe. Aber auch eine Vielzahl von Beratungsprogrammen sowie die Förderung von Erfahrungsaustausch und Zusammenarbeit zwischen Klein-und Mittelbetrieben wird von der Regierung vorangetrieben. Wie schon am Beispiel der Mittelstandspolitik deutlich wird, widmet die japanische Regierung Fragen der Wirtschaftsstruktur weit mehr Aufmerksamkeit, als dies zum Beispiel in der Bundesrepublik der Fall ist. Dabei kommt der in die Zukunft gerichteten Komponente entschieden größere Bedeutung zu als strukturerhaltenden Maßnahmen, wobei die staatliche Wirtschaftsplanung eine wichtige Rolle spielt. Der Vergleich mit dem Planungssystem einer Zentralverwaltungswirtschaft ist jedoch absolut unzulässig, vielmehr handelt es sich um eine rein indikative Pla-nung. Das Wirtschaftsplanungsamt (EPA) selbst faßt seine Rolle unter vier Aspekten zusammen:

1. Die Pläne sollen als Richtschnur für eine längerfristige und in sich konsistente Wirtschaftspolitik der Regierung insgesamt sowie als Basis für die spezifischen Maßnahmen der einzelnen Ressorts dienen.

2. Im Zuge der Planung sollen die auf längere Sicht zu erwartenden Probleme erkannt und analysiert sowie mögliche Gegenstrategien entwickelt werden.

3. Für die Privatwirtschaft soll die staatliche Planung die zu erwartenden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen beschreiben und somit den Handlungsspielraum für die einzelnen Branchen und Unternehmen definieren.

4. Der Planungsprozeß unter Beteiligung der wichtigen gesellschaftlichen Gruppen soll dem Interessenausgleich und der Konsensbildung beim Abstecken der gesamtwirtschaftlichen Ziele dienen.

Verfolgt man die Planinhalte seit den fünfziger Jahren im einzelnen, so fällt auf, daß zu Anfang eher Aspekte des quantitativen Wirtschaftswachstums im Vordergrund standen, wogegen später nach und nach Fragen der Lebensqualität i. w. S. in den Mittelpnkt des planerischen Interesses rückten. Die Hauptziele des im August 1979 verabschiedeten „New Economic and Social Seven-Years Plan" sind folgerichtig eine Stabilisierung der Volkswirtschaft insgesamt, die Verbesserung der Lebensqualität und die Förderung der internationalen wirtschaftlichen Zusammenarbeit. In Anbetracht dessen, daß die Laufzeit dieses Plans bis 1985 reicht, ist bereits Ende 1983 mit den Vorarbeiten für den nächsten langfristigen Gesamtplan begonnen worden. Über die Planinhalte hinaus zeigt sich auch am Ablauf des Planungsprozesses die für das japanische Wirtschaftssystem insgesamt typische enge Zusammenarbeit zwischen Regierung und Privatwirtschaft. An der Spitze der institutionalisierten Zusammenarbeit steht ein Wirtschaftsbeirat, der ebenso wie die Wirtschaftsplanungsbehörde dem Amt des Ministerpräsidenten zugeordnet ist. Dem Beirat gehören mehr als 200 Vertreter von Unternehmen und Wirtschaftsverbänden, aus Wissenschaft und Bürokratie an, deren Aufgabe es ist, Auffassungsunterschiede zwischen den verschiedenen Interessengruppen im Wege des Kompromisses auszugleichen und somit die Basis für eine allgemein akzeptierte Wirtschaftsplanung zu schaffen und den Ministerpräsidenten in allen wirtschaftspolitischen Fragen zu beraten.

Aber auch auf dem Umweg über die einzelnen Fachressorts, ihre Beiräte und Ausschüsse wird ein stetiger Meinungsaustausch zwischen Regierung und Wirtschaft gewährleistet, was sich sowohl auf die Gesamtplanung als auch auf deren Konkretisierung in den verschiedensten Bereichen auswirkt. Insgesamt existieren schätzungsweise rund 260 derartige Beratungsgremien, denen etwa 7 600 Personen angehören, wobei der Einfluß der verschiedenen Gremien durchaus unterschiedlich zu bewerten ist und Kompetenzüberschneidungen nicht zu vermeiden sind. Diese Unbestimmtheit in den Zuständigkeitsbereichen — typisch für beinahe alle Organisationsstrukturen in Japan — fördert jedoch den Prozeß der Konsensbildung eher, als daß sie sich negativ auswirkt, ist durch sie doch automatisch die Notwendigkeit einer ständigen gegenseitigen Abstimmung gegeben. Neben der institutionalisierten Ebene existiert außerdem ein weites Feld informeller Kontakte und personeller Verflechtungen zwischen Verwaltung und Privatwirtschaft. Zum einen sind hier die langjährigen persönlichen Beziehungen zu nennen, die die leitenden Ministerialbeamten mit den Führungskräften in Verbänden und Unternehmen verbinden. Diese Beziehungen gehen in der Regel auf das gemeinsame Studium an einer der wenigen Elite-Universitäten des Landes zurück, aus deren Absolventen die Führungskader von Wirtschaft und Verwaltung rekrutiert werden. Da eine einmal entstandene Bindung solcher Art entsprechend den Regeln der japanischen Gesellschaft „auf ewig" eingegangen ist, ergibt sich ein dauerhaftes und engmaschiges Netz gegenseitiger Beziehung und Verpflichtung. Hinzu kommt die Praxis des „amakudari", was wörtlich übersetzt „Herabsteigen vom Himmel" heißt und das Überwechseln hoher Staatsbeamter nach ihrer Pensionierung in leitende oder beratende Positionen der Privatwirtschaft bezeichnet.

Die auf solche Art und Weise gewährleistete Kommunikation zwischen Bürokratie und Wirtschaft garantiert zusammen mit dem beiden Gruppen gemeinsamen Interesse, dem Wohl der Gesamtwirtschaft zu dienen, eine ausgesprochen fruchtbare und enge Zusammenarbeit. Dabei sind Konflikte selbstverständlich nicht ausgeschlossen, und ebenso wie die verschiedenen Wirtschaftszweige versuchen, ihre Interessen in den Vordergrund zu stellen, bemüht sich die Regierung ihrerseits, eigene Vorstellungen zu verwirklichen.

Die zentrale Rolle bei der Durchsetzung wirtschaftspolitischer Zielsetzungen der Regierung spielt sicherlich das bereits erwähnte Ministerium für Außenhandel und Industrie (MITI). Gleichwohl kann nur davor gewarnt werden, in dieser Behörde das allmächtige Steuerungsorgan zu sehen, das nach Ansicht mancher ausländischer Beobachter die japanische Wirtschaft von Erfolg zu Erfolg führt. Vielmehr hat sich in der Vergangenheit mehrfach gezeigt, daß sich die Vorstellungen des Ministeriums, sofern sie auf konsequente Ablehnung der betroffenen Branchen oder Unternehmen stießen, nicht durchsetzen ließen. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Entwicklung der japanischen Automobilindustrie: Hatte die Regierung ursprünglich die Absicht, die Autoproduktion des Landes auf zwei Unternehmen zu konzentrieren, so nahmen in der Folgezeit doch immer mehr Betriebe die Fertigung von Kraftwagen auf. Die Konsequenz ist, daß heute insgesamt 13 Unternehmen in der Autoproduktion engagiert sind und auf dem japanischen Automarkt ein ausgeprägter Wettbewerb stattfindet.

An solchen Entwicklungen zeigt sich immer wiedqr, daß das Verhältnis zwischen Wirtschaft und Staat durch starke gegenseitige Abhängigkeiten geprägt ist und die Bürokratie keineswegs immer die Führungsrolle spielt. Allerdings ist unbestreitbar, daß die Regierung — nicht zuletzt aufgrund des konfuzianistischen Einflusses im Lauf der historischen Entwicklung — auch heute noch eine erheblich größere Rolle im Wirtschaftsleben spielt, als dies in der Bundesrepublik etwa der Fall ist. Dabei bedienen sich die Ministerien nur in seltenen Fällen konkreter gesetzlicher Regelungen, vielmehr versuchen sie häufig, mit nicht-hoheitlichen Mitteln ohne Rechtsverbindlichkeit auf die Wirtschaft einzuwirken, um sie zu einem bestimmten Verhalten zu veranlassen. Diese Praxis der „administrativen Anleitung" (gyoseishido) ist unter den in Japan herrschenden gesellschaftlichen Bedingungen meist sehr wirksam, stehen der Bürokratie doch auch ohne gesetzlich verankerte Vorschriften vielfältige subtile Sanktionsmechanismen zur Verfügung. Aus diesem Grunde werden die betroffenen Unternehmen sehr gründlich abwägen, ob sie den Empfehlungen beispielsweise des MITI selbst dann folgen, wenn diese nicht unbedingt den eigenen Vorstellungen entsprechen. Im Zweifelsfall sind etwaige Bedenken der Wirtschaft sowieso schon im Vorfeld der Entscheidung vorgetragen und gegebenenfalls berücksichtigt worden.

Insbesondere auf zwei Gebieten versucht die Regierung — speziell das MITI — die Wirtschaft des Landes nach ihren Vorstellungen zu beeinflussen. Es sind dies, ganz im Sinne einer konsequenten Strukturpolitik, die Förderung von zukunftsträchtigen Wirtschaftsbereichen einerseits und der Abbau von überalterten und nicht mehr wettbewerbsfähigen Kapazitäten andererseits. So wurden in der Vergangenheit unter Führung des Ministeriums Strukturkrisenkartelle zum planmäßigen Gesundschrumpfen der verschiedensten Branchen gbildet. Der Schiffbauindustrie gelang es auf diese Weise, innerhalb weniger Jahre 40 % der Kapazitäten abzubauen, und es scheint, daß dieser Prozeß noch keineswegs abgeschlossen ist. Auch in der Textilindustrie und in verschiedenen Bereichen der Grundstoffindustrie, wie etwa Aluminium oder Petrochemie, war und ist eine entsprechende Vorgehensweise zu beobachten.

Im Gegensatz hierzu erfreuen sich eine Reihe von modernen Hochtechnologie-Branchen der Unterstützung durch die Regierung. Aber auch hier fällt wiederum auf, daß diese Unterstützung weniger auf direktem Wege, etwa über extensive öffentliche Finanzhilfen, erfolgt, sondern dadurch, daß z. B. das MITI nach den entsprechenden Abstimmungsprozessen Schwerpunkte setzt und die Privatindustrie ermuntert, in diesen Schwerpunktbereichen — gegebenenfalls auch im Wege der Kooperation — aktiv zu werden. So ist es. nicht verwunderlich, daß von den gesamten Ausgaben für Forschung und Technologie, die 1982 mit 6, 5 Billionen Yen 2, 44 % des Bruttosozialprodukts erreichten, lediglich ein gutes Viertel von der öffentlichen Hand aufgebracht wurde.

Noch in den letzten Jahren wurde Japan von ausländischen Beobachtern immer wieder der Vorwurf gemacht, daß es zwar Ergebnisse der internationalen Grundlagenforschung aufgreife und bis zur Perfektion weiterentwickele, aber kaum eigenständig grundlegende Neuerungen in Wissenschaft und Technik hervorbringe. War diese Vorgehensweise in der Vergangenheit auch weit verbreitet und für den Wiederaufbau der japanischen Wirtschaft von großem Nutzen, so sind sich alle Beteiligten in Regierung, Wissenschaft und Industrie doch seit geraumer Zeit darüber einig, daß ein verstärktes Engagement in der Grundlagenforschung und der Entwicklung neuer Technologien erforderlich ist. Stand seit der Mitte der siebziger Jahre die Mikroelektronik mit der Entwicklung immer leistungsfähigerer Bauelemente im Mittelpunkt des Interesses, so ist der Bereich der besonders förderungswürdigen Forschungs-und Entwicklungsprojekte inzwischen deutlich ausgeweitet worden: Das Forschungs-und Entwicklungsprogramm für Basistechnologien und Zukunftsindustrien, 1981 vom MITI vorgelegt, definiert zwölf Einzelprojekte aus den Bereichen Biotechnologie, Mikroelektronik und Neue Materialien als besonders bedeutsam für die künftige Wirtschaftsentwicklung. Daneben werden bereits laufende Einzelprojekte, wie z. B. das Programm zur Entwicklung der fünften Computergeneration, konsequent fortgeführt.

Obwohl also der direkte Staatseinfluß auf die Wirtschaft in Japan insgesamt relativ gering ist — der Staatsanteil am Bruttosozialprodukt beträgt knapp 20 % —, ist doch die Situation der öffentlichen Finanzen eine entscheidende Rahmenbedingung für jedes wirtschaftspolitische Handeln. So wird es nur zu verständlich, daß die sich während der letzten Jahre bedrohlich verschlechternde Haushaltslage des japanischen Staates allseits mit Besorgnis verfolgt wird. Die öffentliche Verschuldung hat sich zwischen 1979 und 1983 beinahe verdoppelt; die Gesamtverschuldung in Höhe von 110 Billionen Yen entspricht zur Zeit einem Anteil von 39 % am Bruttosozialprodukt. Allerdings konnte 1983 die Nettokreditaufnahme erstmals gegenüber dem Vorjahr vermindert werden, und im Zuge einer großange25 legten „Verwaltungsreform" versucht die Regierung, die Neuverschuldung schrittweise abzubauen und die Staatsfinanzen zu sanieren. Dies soll zum einen durch Einsparungen in der öffentlichen Verwaltung und bei den sonstigen konsumtiven Staatsausgaben geschehen, zum anderen ist eine Verbesserung der Einnahmestruktur vorgesehen. Mit seinen Plänen zur Verstärkung der indirekten Besteuerung stößt das Finanzministerium jedoch auf massive Widerstände, obwohl die gesamtwirtschaftliche Steuerquote Japans mit 23, 7 % weit hinter der anderer westlicher Industrienationen zurückbleibt und von daher gesehen durchaus ein Spielraum für Steuererhöhungen vorhanden wäre.

Eine Umschichtung der Staatseinnahmen ist auch deshalb unumgänglich, weil die starke Inanspruchnahme des Kapitalmarkts durch die öffentliche Hand in der Vergangenheit trotz der hohen Sparneigung der Bevölkerung zu Engpässen geführt hat. Gerade die Handelsbanken, die auch für die Kapitalversorgung der Privatwirtschaft von großer Bedeutung sind, sind von jeher Hauptsubskribenten für Staatsanleihen und mußten in der Vergangenheit mehr dieser Papiere absorbieren, als aufgrund ihrer Kapazität gerechtfertigt wäre. Als Ausgleich finanzierten sich die Handels-banken in steigendem Ausmaß kurzfristig über den Geldmarkt, der durch die ständig überliquiden kleineren Finanzinstitute (regionale Sparkassen, Genossenschaftsbanken) versorgt wird, und über Finanzmittel von der Zentralbank.

Nicht zuletzt wegen der ausgeprägten Abhängigkeit der Großbanken von der Kreditwilligkeit der Zentralbank (Bank von Japan) hat diese eine starke Stellung innerhalb des japanischen Finanzsystems und kann die gängigen geldpolitischen Instrumente effektiv einsetzen. Darüber hinaus verfügt auch sie in Form der „Window Guidance" über ein nicht institutionalisiertes Verfahren, das Verhalten des Bankenapparates zu beeinflussen: Im Zusammenhang mit der oberen Refinanzierungslinie gibt die Bank von Japan den Geschäftsbanken regelmäßig Empfehlungen zur Mittelverwendung und kann auf diese Weise einen mehr oder weniger direkten Einfluß auf das gesamte Bankensystem ausüben, das insgesamt durch eine ausgeprägte Vielfalt gekennzeichnet ist. Neben 76 Handelsbanken (davon 13 Großbanken) existieren drei Spezialinstitute für langfristige Finanzierungen und sieben Treuhandgesellschaften sowie eine Vielzahl weiterer Institute auf genossenschaftlicher Basis. Hinzu kommen noch zwölf staatliche bzw. öffentlich-rechtliche Einrichtungen, wie beispielsweise die Tostsparkasse, die Export-Import-Bank und die Japanische Entwicklungsbank, die direkt der Regierung unterstehen.

Ähnlich wie in den USA ist auch in Japan das Bankgeschäft vom Wertpapiergeschäft getrennt, d. h., die Banken dürfen sich grundsätzlich nicht am Handel mit Aktien und festverzinslichen Wertpapieren beteiligen und nicht an der Börse auftreten. Den hierauf spezialisierten Wertpapierhäusern ist es andererseits untersagt, Einlagen entgegenzunehmen und Kredite zu vergeben. Neuerdings wird jedoch die Frage diskutiert, ob diese strikte Trennung auch in Zukunft aufrechterhalten werden soll. An eine völlige Hinwendung zum Universalbanken-Prinzip nach deutschem Vorbild ist zwar nicht gedacht, doch dürfen seit Anfang dieses Jahres mittelfristige Staatsanleihen nicht nur vom Wertpapierhandel, sondern auch von den Banken an das allgemeine Anlegerpublikum verkauft werden. Andererseits erwägen die Brokerfirmen eine verstärkte Zusammenarbeit mit ausländischen Banken, um auf diesem Umweg in das rasch wachsende Geschäft mit den Pensionsfonds der Industrie einzudringen, das bisher den Treuhandgesellschaften Vorbehalten war.

Die Hausbanken der ehemaligen Zaibatsus bildeten nach der Entflechtung der japanischen Wirtschaft den Kern neuer, mächtiger Industriegiganten. Diese Unternehmensgruppen konnten dank ihrer hochqualifzierten Mitarbeiter und ihres traditionell großen Ansehens auf Akzeptanz beim Publikum bauen. Dem japanischen Grundgedanken entsprechend, daß Unternehmungen zu allererst menschliche Gemeinschaften von Arbeitern und Managern zur Erreichung eines gemeinsamen Zieles sind, bildet nicht das westliche Profitstreben, sondern der langfristige Erfolg des Unternehmens die Basis für den Erfolg am Binnenmarkt und im Außenhandel. Finanzielle Beziehungen basieren auf engen persönlichen Beziehungen in einem geschlossenen Kreis, und die Beteiligung daran bedeutet Versorgung mit Kapital zu niedrigen Kosten.

Ein Vergleich deutscher und japanischer Besitzverhältnisse in der Industrie kommt zu dem Ergebnis, daß der Aktienbesitz in Japan breiter gestreut ist als in der Bundesrepublik Deutschland und demgemäß der Einfluß des Managements größer als der der Kapitaleigner ist. In Japan vollzog sich darüber hinaus eine stärkere Bewegung im Aktienbesitz vom Einzeleigentümer zu den Unternehmen, was nichts anderes bedeutet als die Bildung neuer Gruppen durch den Kauf von Aktien der anderen Unternehmung, mit der man in Geschäftskontakt steht. Tatsächlich fühlen sich in Japan Management und Firmenangehörige als die wahren Besitzer ihres Betriebes, was sich in der Bezeichnung „uchi" (mein Haus) ausdrückt, den sie benutzen, wenn sie von „ihrem" Betrieb sprechen. Die früher dem Besitzer gegenüber empfundene Loyalität richtet sich nun auf die menschliche Gemeinschaft des Betriebes. Gefördert wurde diese Identifikation durch das Aufkommen der Unternehmensgewerkschaften nach dem Zweiten Weltkrieg. Die starke Identifikation des einzelnen mit seiner Gruppe, z. B. Familie, Schule, Universität oder Betrieb, verhinderte das Aufkommen einer horizontalen Solidarität. Heute sind 12, 5 Mio. Arbeitnehmer in 74 100 Betriebsgewerkschaften organisiert. Der Organisationsgrad liegt bei rund 30, 5 %. Eine Industriegewerkschaft ist nur die Gewerkschaft der Seeleute. Die nationalen Gewerkschaftsverbände sind ohne Macht, da die Betriebsgewerkschaften allein Tarifabkommen abschließen.

Die Tatsache, daß Japaner auf die Frage nach ihrem Beruf meistens mit dem Firmennamen antworten, d. h. nicht sagen, was sie, sondern wo sie arbeiten, weist auf ein völlig anderes Berufsverständnis als in Europa hin. Die Berufswahl ist für die Japaner eine Entscheidung für ein Unternehmen und nur in Ausnahmefällen für einen Beruf. Die Unternehmensleitung allein beschließt, wo der Berufsanfänger am sinnvollsten seine Begabungen der Betriebsgemeinschaft nutzbar machen kann. In vielen Unternehmen wird daher in den ersten Jahren ein institutionalisiertes System der „Job Rotation" praktiziert. Der „Neue" erhält so Gelegenheit, den gesamten Betrieb kennenzulernen. Später als Führungskraft wird er aus seiner Erfahrung viel Verständnis für die besonderen Probleme der verschiedenen Abteilungen aufbringen. Das Unternehmen ist daran interessiert, weniger hochspezialisierte Fachleute einzustellen, als junge Leute, die durch das Überstehen der „Examenshölle" bewiesen haben, daß sie belastbar sind, ausbildungsbereit und ausbildungsfähig.

In der überwiegenden Mehrheit bilden in Japan die Unternehmen im Betrieb aus: Training on the job. In diesem Ausbildungsprozeß wird auch größter Wert darauf gelegt, die Loyalität zur Unternehmensfamilie zu fördern. Die Beiordnung eines älteren Kollegen als „Pate", das ständige Zusammensein auch in der Freizeit usw. läßt die Berufskollegen zu Freunden werden. „Freiheit in Geborgenheit" wird praktiziert, doch auch das Sprichwort „Deru kugi wa utareru" (der herausstehende Nagel wird eingehauen) erhält seinen Sinn.

Unternehmensführung findet auf der Basis menschlicher Harmonie und Kooperation durch Konsens statt. Der Entscheidungsfindung (Ringi) mit allgemeiner Partizipation gehen Prozesse des „Nemawashi" (informelle Konsensbildung) in allen betroffenen Gruppen und Abteilungen voraus. Dem Mittelmanagement kommt dabei eine entscheidende Aufgabe als Initiator für kreatives Denken und Aufbereiten der Ideen des Untergebenen zu. Das Spitzenmanagement ist bereit, . sich ständig mit neuen Ideen der Mitarbeiter zu beschäftigen und keinen Vorschlag brüsk zurückzuweisen. Führungskräfte kommen immer aus dem eigenen Haus und müssen in vielen Jahren bewiesen haben, daß sie Menschenführer sind. Ausgeprägtes Taktgefühl wird als wichtige Eigenschaft der Manager bezeichnet. So wird verständlich, warum die ursprünglich als mathematisch-statistische Methode aus den USA stammende Idee der „Qualitätszirkel" zu einem allumfassenden System weiterentwickelt wurde, das neben der Fehlervermeidung die Kreativität jedes Mitarbeiters fordert und seine Identifikation mit seinem Betrieb fördert. Ideologiefreies pragmatisches Denken erlaubt es den Japanern, technischen Fortschritt ohne Kulturpessimismus zu sehen.

Das japanische Vertriebssystem weist historisch gewachsene Strukturen auf, die durch die zwischenmenschlichen Beziehungen der Geschäftspartner bestimmt werden. Sie erlauben es nicht, über Generationen gewachsene persönliche Geschäftsbeziehungen reinem Kostendenken zu opfern. Der vergleichsweise hohe Anteil des Handels an der japanischen Volkswirtschaft ist auch auf die psychologische Einstellung des Japaners zum Service zurückzuführen, die in einer Mitteilung der Bundesstelle für Außenhandelsinformation wie folgt charakterisiert wird: „In Japan ist eine — kulturhistorisch gewachsene und auf langer Tradition aufbauende — andere psychologische Einstellung zum Service als in den westlichen Ländern vorherrschend. Der Vorgang des Dienens, der Bedienung, der Erbringung von Dienstleistungen mit dem Ziel, den anderen zufriedenzustellen, wird als Freude oder sogar Vergnügen, nicht aber als Belastung oder gar mit Gefühlen von Inferiorität dem Bedienten gegenüber empfunden." Hier wird deutlich, warum der Japaner bereit ist, für die Bequemlichkeit eines in der Nähe liegenden „Tante-Emma-Ladens" mit freundli27 eher Bedienung einen erheblich höheren Preis zu zahlen, als das der ausländische Konsument tun würde. Entgegen den Entwicklungen in westlichen Industrienationen ist die Zahl der „Tante-Emma-Läden" in Japan in den letzten Jahren noch gestiegen.

Die japanischen Konsumenten sind in ihrer Mehrzahl nach 1945 geboren und zeichnen sich durch einen extrem hohen Bildungsstand aus. Japaner sind, was ihre Sparraten angeht, Weltrekordler mit 20 % vom Einkommen (1982). Die Durchschnittsfamilie von vier Personen verfügt über ein privates Sparguthaben von rund 65 000 DM. Neueste Befragungen haben ergeben, daß sich rund 90 % der Bevölkerung dem Mittelstand zurechnen. Trotz aller Einkommenssteigerungen blieb bisher ein essentieller Wunsch vieler japanischer Verbraucher unerfüllt: Der Besitz eines eigenen Hauses. Die exorbitanten Steigerungen der Grundstückspreise führten dazu, daß im Großraum Tokio der Durchschnittsbürger gezwungen ist, Anfahrten zum Arbeitsplatz von bis zu zwei Stunden in Kauf zu nehmen. Selbst in dieser Entfernung sind Grundstückspreise von DM 1 000, — und mehr pro Quadratmeter „normal". Die bereits erwähnten geographischen Gegebenheiten werden auch in der Zukunft keine grundlegende Besserung zulassen.

Die zunehmende Freizeit hat auch in Japan weitreichende wirtschaftliche Folgen. Neben der nationalen Begeisterung für Golf und Baseball wird eine nach Millionen zählende Anhängerschar als Skifahrer, Jogger, Tennisspieler, Surfer und Bergsteiger aktiv. Der steigende Außenwert des Yen wird zweifellos auch das Heer der schon nach Millionen zählenden Auslandsreisenden weiter wachsen lassen.

In Form der sogenannten „Sogo Shosha“ (übersetzt soviel wie: General-Handelshaus) mit ihren weltumspannenden Niederlassungszentren und Informationssystemen verfügt die japanische Wirtschaft über ein besonders schlagkräftiges Instrument im internationalen Handel. Ursprünglich gegründet, um den historisch bedingten Mangel an Know-how im Auslandsgeschäft schnell und effektiv zu überwinden, konzentrieren sich ihre Tätigkeiten keineswegs auf den Handel. Im Fiskaljahr 1982 belief sich der Gesamtumsatz der neun größten Handelshäuser auf 80 Billionen Yen, d. h. auf mehr als ein Viertel des japanischen Bruttosozialprodukts; im Außenhandel wikkeln sie etwa die Hälfte aller Exporte und Importe Japans ab. Ihre Entwicklung wurde in den letzten Jahren von der weltweiten Rezession, mehr aber noch von der zurückgehenden Bedeutung der Basisindustrien wie Stahl, Zement, öl oder Aluminium betroffen. Traditionell war das Massengeschäft Schwerpunkt der Geschäftstätigkeit, doch sind die Sogo Shoshas entschlossen, der Entwicklung von Hochtechnologie-Produkten und der Weiterentwicklung von Drittmarkt-Geschäften größere Bedeutung einzuräumen. Im Oktober 1982 schloß so die Sumitomo Corp. ein Abkommen mit Seltech, der größten Forschungsund Entwicklungs-Gesellschaft für Biotechnologie in Großbritannien, ab. Auch die Mitsubishi Corp., die größte Handelsgesellschaft, wird ein spezielles Institut für die Entwicklung von Biotechnologie zusammen mit Mitsubishi Chemical einrichten. Besonders große Chancen werden in der Zukunft im Dritt-markt-Handel gesehen, da umfassende Informationen die Basis solcher Geschäfte sind. Erfolge sind hier bereits bei Kompensationsgeschäften mit den osteuropäischen Staaten für die Sogo Shoshas zu verzeichnen gewesen. Der Anteil von Kompensationsgeschäften wird bereits auf 30 bis 50 % des gesamten Welthandels geschätzt.

Wie bereits an anderer Stelle erwähnt, ist Japans Wirtschaft in starkem Maße von importierten Nahrungsmitteln und Rohstoffen abhängig. Schon von daher ist es also einleuchtend, daß die Importstruktur einen anderen Charakter aufweisen muß als in Ländern mit einer breiteren Rohstoffbasis. Von den gesamten japanischen Einfuhren (1983 etwa 126, 5 Mrd. US-Dollar) entfallen allein rund 50% auf die Energieträger öl, Gas und Kohle und mehr als 12% auf sonstige Rohstoffe zur industriellen Verarbeitung. Hinzu kommen noch eine Vielzahl von Halbfertigwaren der verschiedensten Art sowie Nahrungsmittel, die rund 11 % der Importe ausmachen. Für die Einfuhr von industriellen Fertigwaren bleibt deshalb nur wenig Raum, so daß deren Anteil während der letzten Jahre regelmäßig nur wenig mehr als 20% betrug. Immerhin stiegen die Fertigwareneinfuhren in absoluten Zahlen gerechnet jedoch an, und auch für 1983 deutet sich ebenfalls eine Erhöhung ihres Anteils am Gesamtimport an. Mittel-und langfristig gesehen wird die japanische Wirtschaft sich den Prinzipien der internationalen Arbeitsteilung noch weiter öffnen. Auf der einen Seite sträuben sich die Länder der Dritten Welt zunehmend, den Rohstoffbedarf Japans billig zu decken, und andererseits stellt sich für die Industrieländer das Problem der horizontalen Arbeitsteilung, d. h.des Austauschs von Fertigwaren in beiden Richtungen.

Beide Tendenzen sind von Regierung und Wirtschaft des Landes inzwischen sehr wohl erkannt worden, und auch ausländische Beobachter bestätigen, daß in Japans Importpolitik ein Wandel eingetreten ist Auf der Rohstoff-seite fällt insbesondere ins Auge, wie stark sich die Anstrengungen zur Energieeinsparung auf die Öleinfuhren ausgewirkt haben: Mengenmäßig sind diese inzwischen unter den Stand von 1973, dem Höhepunkt der Ölkrise, gefallen, und es bleibt das Hauptziel der japanischen Regierungspolitik, die Abhängigkeit des Landes vom Erdölimport drastisch zu vermindern.

Ebenfalls hat Japan in der Frage der weiteren Öffnung des Markts für ausländische Fertigwaren umfassende Aktivitäten entwickelt, ja es ist sogar das einzige Land, das eine explizite Importförderungspolitik betreibt. Seit Beginn des Jahres 1982 sind nicht weniger als drei Programme zur weiteren Einfuhrliberalisierung in Kraft getreten, obwohl doch der Durchschnitt der japanischen Einfuhrzölle bereits 1976 unter dem der USA und der Europäischen Gemeinschaft gelegen hatte. Zusätzlich werden die im Rahmen der Tokyo-Runde des Allgemeinen Zoll-und Handelsabkommens (GATT) beschlossenen weiteren Zoll-senkungen schon in diesem Jahr — drei Jahre früher als geplant — abgeschlossen. Mengenmäßige Einfuhrbeschränkungen existieren in Japan nur noch für 27 Produkte, wogegen beispielsweise Frankreich den Import von nicht weniger als 46 Produkten kontingentiert. Berechtigung dürfte bis in die jüngste Vergangenheit hinein allerdings die ausländische Kritik an der japanischen Importpolitik gehabt haben, was nicht-tarifäre Handelshemmnisse, speziell gewisse Importprüfverfahren, betrifft. Aus diesem Grunde hat die japanische Regierung umfangreiche Maßnahmen in die Wege geleitet, um den Marktzugang für ausländische Anbieter zu verbessern. Nach Abschluß einer großangelegten Erhebung, in deren Rahmen die 99 wichtigsten Beschwerdepunkte untersucht wurden und für 67 Punkte eine Vereinfachung der Prüfverfahren empfohlen wurde, sind bereits konkrete Maßnahmen in die Wege geleitet worden. Verbesserungen bei der Typzulassung von Kraftfahrzeugen konnten inzwischen ebenso realisiert werden wie beispielsweise die Anwendung der internationalen IEC-Normen bei der Prüfung importierter Elektrohaushaltsgeräte. Es ist unverkennbar, daß der japanische Markt ausländischen Anbietern weit mehr Chancen bietet, als dies voreingenommene Beobachter auch heute noch zugestehen wollen.

Um so mehr sollten sich ausländische Anbieter ein Beispiel an der Hartnäckigkeit und Gründlichkeit nehmen, mit der japanische Exporteure die internationalen Märkte erschließen. Jahrelange und intensive Marktbeobachtung ist für sie ebenso eine Selbstverständlichkeit wie die eindeutige Ausrichtung auf den jeweiligen Kundengeschmack und etwaige nationale Besonderheiten der verschiedenen Märkte. Wenn man etwa bedenkt, wie die Automobilhersteller des Landes über Jahre hinweg den deutschen Markt erforscht haben und in einem langwierigen „trial and error'-Prozeß mühsam eine zunächst bescheidene Position aufgebaut haben, sollte es nicht verwundern, daß sich schließlich auch der Erfolg in Form eines mehr als 10%igen Markt-anteils eingestellt hat. Die Bereitschaft zur Anpassung an fremde Marktgegebenheiten, der Wille zum Lernen und die klaglose Hinnahme von oftmals hohen Anfangsverlusten sind das A und O der japanischen Exporterfolge. Als sehr wirkungsvoll hat sich daneben die Konzentration der japanischen Ausfuhren auf die Bereiche erwiesen, in denen die Wirtschaft des Landes über deutliche komparative Kostenvorteile gegenüber ihren internationalen Konkurrenten verfügt. Dies entspricht zwar voll und ganz der Theorie vom freien Außenhandel, wird aber vom Ausland in dieser Konsequenz offenbar vielfach als unfair empfunden. Gestützt auf den großen Binnenmarkt kann die japanische Industrie in den als besonders wachstumsintensiv erkannten Bereichen hohe Produktionskapazitäten aufbauen und aufgrund der realisierten Kostendegression den Weltmarkt preiswert mit qualitativ hochwertigen Erzeugnissen beliefern. Dabei fällt auf, daß sich das internationale Image japanischer Produkte in der Vergangenheit radikal geändert hat: Galten Produkte „made in Japan" während der fünfziger und sechziger Jahre zwar als billig, doch als qualitativ minderwertig, so wird ihnen heute ein ausgesprochen günstiges Preis-Qualitäts-Verhältnis bescheinigt. Betrachtet man die Zusammensetzung der japanischen Exporte (1983 etwa 146, 9 Mrd. US-Dollar) im Detail, so ist es nach allem vorher gesagten nicht verwunderlich, daß mehr als 90% auf industrielle Fertigwaren entfallen. Der technologieintensive Bereich Maschinen, Geräte und Ausrüstungen — in der japanischen Statistik relativ weit gefaßt — macht inzwischen etwa ein Drittel der Ausfuhren aus; der Kraftfahrzeug-export allein erreicht einen Anteil von rund 18%. Als Folge der konsequenten Strukturanpassung wird die japanische Wirtschaft auch in Zukunft mit technisch hochentwickelten Produkten weitere Erfolge am Weltmarkt erzielen können, wogegen ihr auf anderen Sek-29 toren in Gestalt der asiatischen Schwellenländer eine ernst zu nehmende Konkurrenz erwachsen ist. Die anhaltende Schwäche des japanischen Stahlexports beispielsweise dürfte nicht zuletzt hierauf zurückzuführen sein.

Nur sehr zögernd hat sich Japan dazu entschlossen, im Ausland zu investieren. Bis weit in die sechziger, ja in die siebziger Jahre hinein wurden diese Investitionen in ihrer Mehrzahl zur Erschließung bzw. Sicherstellung von Rohstofflieferungen getätigt. Der Schwerpunkt lag dabei in den südostasiatischen Nachbarländern, Südamerika und Kanada. Die wachsenden Probleme, denen sich japanische Exporteure auf der handelspolitischen Seite gegenüber sahen, führten dazu, daß seit Anfang der siebziger Jahre verstärkt in Produktionsunternehmen investiert wird. Ende 1980 belief sich das gesamte Auslandsinvestitionsvolumen Japans auf 19, 6 Mrd. US-Dollar, im Vergleich zu 37, 9 Mrd. US-Dollar der Bundesrepublik Deutschland. Der Anteil Japans machte weltweit 4, 3% aus, gemessen am deutschen Anteil von 8, 3%. Das Zentrum japanischer Investitionen ist heute der US-amerikanische Markt. Hier waren Ende März 1982 rund 10 000 japanische Unternehmen, davon 1 500 Produktionsunternehmen, mit einer Gesamtinvestitionssumme von 12, 2 Mrd. US-Dollar tätig. Auf Europa entfielen 2 751 Unternehmen, davon 704 Produktionsbetriebe mit einer Gesamtinvestitionssumme von 5, 2 Mrd. US-Dollar. Der Anteil Europas liegt damit bei weniger als 40% der in Asien getätigten Investitionen, wo 8 675 Unternehmen, davon 4 621 Produktionsbetriebe, eine Gesamtinvestitionssumme von 13, 16 Mrd. US-Dollar repräsentieren. Dem zunehmenden internationalen Druck, im Ausland zu produzieren, wird von japanischer Seite nur zögernd nachgegeben. Als Gründe dafür werden die Unterschiede im Geschäftsleben und im sozialen Umfeld des Gastlands, sowie die fehlende Erfahrung japanischer Manager bei der Leitung größerer Unternehmenseinheiten im Ausland genannt.

Zum letzten Mal erzielte die Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1968 einen Überschuß im Japanhandel. Seither weist der gegenseitige Warenaustausch einen ständig wachsenden Überschuß Japans aus. 1982 wurden deutsche Waren im Werte von 5, 1 Mrd. DM nach Japan exportiert, und Deutschland bezog Waren im Wert von 12, 6 Mrd. DM aus Japan. Im ersten Halbjahr 1983 ging die deutsche Ausfuhr nach Japan um 2% zurück und die deutschen Einfuhren aus Japan nahmen noch um 1 % zu. Japan wurde durch diese Entwicklung unter den Kunden der Bundesrepublik sechzehnter und nahm unter den Lieferanten Platz 7 ein. Der Anteil Japans am deutschen Außenhandel liegt bei den Exporten bei 1, 2% und bei den Importen bei 3, 6%. Die Bundesrepublik Deutschland rangiert auf der Liste der japanischen Handelspartner auf Platz 4 bei den Exporten und auf Platz 13 bei den Importen. Ende 1982 hatten deutsche Unternehmen insgesamt Investitionen in Höhe von 635, 7 Mio. DM in Japan getätigt, was einer Steigerung um 16, 3% gegenüber dem Jahresende 1981 entsprach. Die japanischen Investitionen in der Bundesrepublik beliefen sich auf 1, 9 Mrd. DM und verzeichneten damit auch eine Steigerung um 16% gegenüber 1981. Diese Zahlen sind allerdings nur bedingt aussagekräftig, da sie auf deutschen Statistiken beruhen, die deutsche Unternehmen, die schon seit vielen Jahrzehnten in Japan ansässig sind und sich aus japanischen Quellen finanzieren können, nicht erfassen, über die Hälfte der japanischen Direktinvestitionen in der Bundesrepublik ist durch Banken erfolgt, während vergleichbare Engagements deutscher Banken in Japan aus technischen Gründen nicht durchgeführt wurden. Etwa 300 Unternehmen in Japan arbeiten mit deutschem Kapital, dabei ist der Handel meist ganz in deutscher Hand, während auf dem Gebiet der Produktion Gemeinschaftsunternehmen vorherrschend sind. Zweifellos sind in der Zukunft auf beiden Seiten die Investitionschancen als gut einzuschätzen, wenn auch die japanische Seite besonders in hohen Kosten, den Steuern, aber auch vielen juristischen Vorschriften ein Haupthindernis zur Ausweitung ihrer Direktinvestitionen in der Bundesrepublik sieht. Der Großraum Düsseldorf hat sich mit fast 300 japanischen Unternehmen und etwa 5 500 Japanern zu einem Schwerpunkt japanischer Wirtschaftsaktivitäten entwickelt.

Im Jahre 1982 sah die Struktur des deutschen Exports nach Japan wie folgt aus: Uhren, feinmechanische und optische Erzeugnisse 4, 1%, elektrotechnische Erzeugnisse 7, 1%, Kraftfahrzeuge 15%, Maschinen und Anlagen 19, 3%, pharmazeutische Erzeugnisse 9, 7%, Nahrungs-und Genußmittel 4, 9%. Ein Markt von fast 120 Millionen kaufkräftigen Konsumenten ist zweifellos die Mühe wert, sich besonders um ihn zu kümmern. Die Bundesrepublik Deutschland macht mit der Deutschen Leistungsschau 1984 im April/Mai in Tokio den Versuch, die traditionell guten deutsch-japanischen Beziehungen auch auf wirtschaftlichem Gebiet in eine für beide Seiten viel-versprechende Zukunft zu lenken.

Fussnoten

Weitere Inhalte

Karl-Heinz Meid, Dipl. -Kfm., geb. 1940; Studium der Betriebswirtschaftslehre, Verkehrspolitik und Sozialpolitik an der Universität Köln; seit 1978 stellvertretender Geschäftsführer des Deutsch-Japanischen Wirtschaftsförderungsbüros. Veröffentlichungen u. a.: Japan. Arbeitsmarkt, Löhne, Arbeitszeit, Soziale Sicherheit, in: Berichte des Deutschen Industrieinstituts zur Sozialpolitik, Köln 1970, Heft 2/3; Japans Gewerkschaften, in: Studienreihe Japanwirtschaft, Hamburg 1972, Heft 18; Japans Gewerkschaften, in: Reihe Japanwirtschaft, Düsseldorf 1982, Heft 14; Die japanische Wirtschaftsmentalität — Mentalitätsunterschiede als Hindernisse für eine Ausweitung des Handels, in: Zeitschrift für Kulturaustausch, Stuttgart 1980, 2. Vj. Michael Glambeck, Dipl. -Volkswirt, geb. 1953; Studium der Volkswirtschaftslehre an der Universität Köln; seit 1978 Referent im Deutsch-Japanischen Wirtschaftsförderungsbüro, Düsseldorf. Veröffentlichungen: Aufsätze zu verschiedenen Aspekten der japanischen Wirtschaft in Zeitungen, Zeitschriften und Sammelbänden.