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Erprobung der Menschenwürde am Beispiel der Humangenetik | APuZ 3/1985 | bpb.de

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APuZ 3/1985 Die genetische Manipulation des Menschen Erprobung der Menschenwürde am Beispiel der Humangenetik Brauchen wir eine neue Ethik?

Erprobung der Menschenwürde am Beispiel der Humangenetik

Ernst Benda

/ 49 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Die neuartigen Möglichkeiten der Gentechnik in ihrer Anwendung auf den Menschen sprengen den Rahmen des bisher für möglich Gehaltenen. Heute ist es denkbar, daß über die Bekämpfung von Erbkrankheiten und andere therapeutische Eingriffe hinaus das Wesen des Menschen verändert wird. Hieraus ergibt sich die Frage, ob dem menschlichen Zugriff auf die Natur Grenzen gesetzt sind, und wie sie zu bestimmen sind. Die Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland geht von dem Gebot der unbedingten Achtung der Menschenwürde aus. Die Verpflichtung des Staates, sich schützend vor den in seiner Würde gefährdeten Menschen zu stellen, zwingt zu der Prüfung, gegen welche Anwendungsmöglichkeiten der Humangenetik ethische und rechtliche Bedenken zu erheben sind, und wie die Rechtsordnung hierauf zu reagieren hat. Hierfür muß zunächst bestimmt werden, wie der verfassungsrechtliche Begriff der Menschenwürde zu verstehen ist. Da es sich bei neuartigen Möglichkeiten der Gentechnologie um bisher unvorstellbare Sachverhalte handelt, fehlen bisher alle Erfahrungen, aus denen sich die Richtung einer Reaktion der Rechtsordnung ergeben könnte. Daher muß das Gebot der Achtung der Menschenwürde neu geprüft werden, um aus ihm auch für bisher unbekannte, in der Zukunft liegende Gefährdungen antworten zu können.

Antrittsvorlesung vom 15. November 1984 an der Universität Freiburg, Juristische Fakultät.

I.

Möglichkeiten und Gefahren der Gentechnologie werden in neuerer Zeit zunehmend diskutiert, vor allem soweit es sich um ihre Anwendung im Humanbereich handelt. Auch Bundesregierung und Parlament beginnen sich mit der Frage zu beschäftigen, ob der Staat angesichts möglicher Gefahren zum Eingreifen verpflichtet ist. Die juristische Diskussion steckt aber noch im Anfangsstadium. Verfassungsrechtliche Überlegungen fehlen weitgehend

Mehrere juristische Beiträge verdanken wir unserem Freiburger Kollegen Albin Eser. Er gehört wie ich der im Frühjahr 1984 von den Bundesministern für Forschung und Technologie und der Justiz gebildeten Arbeitsgruppe „In-vitro-Fertilisation, Genom-Analyse und Gentherapie" an, die interdisziplinär zusammengesetzt ist. Damit sind zugleich die von mir behandelten Themenbereiche bezeichnet. Arbeitsergebnisse und mögliche Empfehlungen für politisches Handeln sollen 1985 vorliegen. Die ebenfalls vor kurzem gebildete Enquöte-Kommission „Gentechnologie" des Deutschen Bundestages soll auch „mögliche Zielkonflikte zwischen der grundgesetzlich garantierten Freiheit der Forschung und anderen Grundrechten" untersuchen Arbeits-ergebnisse sollen bis Ende 1986 vorgelegt werden.

Ich möchte im folgenden versuchen, zu der beginnenden verfassungsrechtlichen Diskussion beizutragen. Mein Thema spricht von einer „Erprobung" der Menschenwürde. Dies hängt mit einer Beobachtung zusammen, die Herr Eser gemacht hat: Die eigentlich schwierige Frage bestehe darin, bei welcher Anwendung der Humangenetik eine Verletzung der Menschenwürde anzunehmen und wie hierauf zu reagieren sei. „Im krassen Unterschied zum inflationären Alltagssprachgebrauch macht daher der Jurist vom Etikett des Menschenwürdigen nur zurückhaltend Gebrauch." Ich möchte am neuartigen Gegenstand erproben, ob unser bisheriges Instrumentarium zur Interpretation eines zentralen Verfassungsprinzips es ermöglicht, eine früher unbekannte Fragestellung zu beantworten.

Das Thema spricht nicht nur den Juristen an; es erfordert das interdisziplinäre Gespräch. Dies ist für den Juristen aber nicht einfach. Er mag sich, mühsam genug, ein Bild vom Stand der naturwissenschaftlichen Forschung und den Grundregeln der Technik verschafft haben. So kann er vielleicht eine Vorstellung darüber gewinnen, was heute oder in absehbarer Zukunft möglich ist. Dabei muß er mit einem (hoffentlich milden) Lächeln der Fachleute rechnen, auch mit dem Ratschlag, lieber die Finger von einer Sache zu lassen, die den Laien zum Dilettantismus verführt. Ob aber aus verfassungsrechtlichen Gründen ein Regelungsbedarf besteht, müssen Juristen und Politiker beantworten.

Manches, was in der Presse, in der Populärliteratur oder in politischen Diskussionen als Anwendungsmöglichkeit der Humangenetik beschrieben wird, verweist die Fachwissen-schäft in den Bereich der „Science fiction". Aber der Vorwurf, daß man nur Science fiction betreibe, beantwortet die Sachfrage nicht. Hans Jonas, der sich in seiner Schrift „Das Prinzip Verantwortung" um eine ethische Antwort auf die sich aus der technischen Entwicklung ergebenden Probleme bemüht, bezeichnet „das bloße Wissen um Möglichkeiten" als völlig genügend „für die Zwecke der heuristischen Kasuistik, die im Dienste der ethischen Prinzipienlehre angestellt wird":

„Schon die Möglichkeit liefert... die Benötigung, und die Reflexion über das imaginativ voll entwickelte den Zugang zu neuer Wahrheit ... Es ist also von einer imaginativen Kasuistik die Rede, die nicht wie Kasuistik sonst in Recht und Moral der Erprobung schon bekannter Prinzipien dient, sondern der Aufspürung und Entdeckung noch unbekannter. Die ernste Seite der Science fiction liegt eben in der Anstellung solcher wohlinformierter Gedankenexperimente, deren plastischen Ergebnissen die hier gemeinte heuristische Funktion zukommen kann."

Nun suchen wir nicht den Zugang zu neuer Wahrheit, sondern wollen ein geltendes Verfassungsprinzip auf die Probe stellen. Dies geschieht jedoch an einem Sachverhalt, bei dem historische Erfahrung und entwickelte Wertvorstellungen fehlen.

Aber auch für die Überprüfung schon vorliegender Erkenntnisse hält Jonas eine solche Lage für geeignet, ja für ideal. In seinem Aufsatz „über die Freiheit des Bildens — homo pictor und die differentia des Menschen" fragt er nach dem Wesen des Menschen „im Rahmen eigens gestellter rigoroser Bedingungen": „Eine ideal rigorose Bedingung für ein heuristisches Experiment ist gegeben in der fiktiv angenommenen Situation von Weltraumfahrern, die sich in der ihnen völlig fremden Lebewelt eines anderen Planeten umtun und sich vergewissern wollen, ob es dort . Menschen'gibt. Die Situation ist ideal rigoros und daher heuristisch ideal, weil sie alle Stützen präjudizierender morphologischer Vertrautheit. .. für die Erkennung des Menschlichen versagt. . Menschlich'muß dann etwas sein, was die Zuteilung des Namens selbst angesichts äußerster physischer Unähnlichkeit rechtfertigt... Was könnte unter solchen Umständen als schlüssige Evidenz anerkannt werden, und wofür wäre sie schlüssig? Das heißt: was können wir über ihre bloß intuitive Gültigkeit hinaus aus ihr für das Wesen des Menschen lernen?"

Die Voraussetzungen für unsere Überlegungen sind jener fiktiven Weltraumfahrt vergleichbar. Auch wir müssen uns über den Bereich des bisher Bekannten und Erfahrenen hinausbegeben. . Der zu erwartende Einwand, daß manches doch fern läge und auf absehbare Zeit kaum einen Realitätsbezug habe, hat dabei nur eine relative Relevanz. Allerdings ist es auch verfassungsrechtlich von Bedeutung, wieweit konkret erkennbare Gefahren bestehen oder nur ein Risiko vorliegt, dessen Aktualisierung wenig wahrscheinlich ist. Der Gesetzgeber darf zuwarten, 'wenn auch später noch genügend Zeit verbleibt, um einer Entwicklung zu begegnen, durch die verfassungsrechtlich geschützte Rechtsgüter gefährdet würden. Auch der Maßstab praktischer Vernunft ist ein verfassungsrechtlich beachtlicher Gesichtspunkt Dies gilt erst recht, wenn die Freiheit der Forschung beschränkt werden soll. Etwaige Einschränkungen der Wissenschaftsfreiheit sind nur aus der Verfassung selbst herzuleiten Dieser Frage kann ich hier nicht nachgehen.

Im übrigen hat aber der Einwand, eine bestimmte Entwicklung sei zwar technisch möglich, werde jedoch zur Zeit von niemandem ernstlich erwogen, nur ein geringes Gewicht. Auch wenn wir das Prinzip der Menschenwürde an Situationen messen, die dem Bereich der „Science fiction" zuzurechnen sind, könnten sich hieraus Erkenntnisse ergeben, die, wenn nicht zu „neuer Wahrheit", so doch zu einer Überprüfung des bisherigen Meinungsstandes führen könnten. Dies zu versuchen, ist das Ziel meines Beitrages.

II.

Auch unser juristisch-astronomisches Abenteuer fragt, wie das von Jonas beschriebene, nach dem Wesen des Menschen. Art. 1 GG geht von einem Menschenbild aus, das nach der bekannten Formulierung des Bundesverfassungsgerichts zugleich seine Gemeinschaftsbezogenheit und seinen Eigenwert betont Damit soll auch etwas über die Eigenschaften ausgesagt werden, die den Menschen von anderen Lebewesen unterscheiden. Wenn die menschliche Natur technologisch verändert wird, so berührt dies das verfassungsrechtlich vorausgesetzte Menschenbild. Art. 1 GG will den „Eigenwert“ des Menschen oder, wie es dort heißt, seine „Würde" schützen, also das, was für seine physische, psychische und seelische Existenz wesentlich ist. Es geht dabei nicht um Beiläufiges, sondern um Vorgänge, die ihn im Kern seines Wesens treffen.

Die Entschlüsselung des genetischen Codes geht von einem anderen Bild des Menschen aus, ohne daß allein schon hieraus ein Widerspruch zum Verfassungsrecht folgte. „Genotypisch gesehen", besteht der Mensch aus „sechs Fuß einer bestimmten molekularen Reihenfolge von Kohlenstoff-, Wasserstoff-, Sauerstoff-, Stickstoff-und Phosphor-Atomen — die Länge der DNS, eng gewickelt im Kern des sich entwickelnden Eies" Oder: „Das Genom des Menschen setzt sich aus etwa 50 000 Erbanlagen, den Genen, zusammen und einem weiteren großen Anteil genetischen Materials, dessen Funktion bisher unverstanden ist... Veränderungen, Mutationen einzelner Gene können zu sog. monogenen Erbleiden führen, von denen heute mehr als 3 000 bekannt sind. Etwa 1 % aller Neugeborenen weisen einen derartigen Defekt auf."

Heute erscheint es möglich, mit Hilfe der Genom-Analyse („genetic screening") Erbkrankheiten frühzeitig zu erkennen und mit den Mitteln der Gentechnologie akute oder künftige Gesundheitsschäden zu heilen oder ihre Übertragung auf Nachkommen zu verhindern. Verfassungsrechtliche Probleme scheint dies nicht aufzuwerfen. Die Hilfe für kranke Menschen und die Bereitstellung entsprechender Einrichtungen des Gesundheitswesens gehören zweifellos zu den wichtigen Gemeinschaftsgütern Auch das Gebot der Achtung und des Schutzes der Menschenwürde verlangt, daß Kranken die jeweils mögliche medizinische Hilfe zuteil wird. Zwar kann auch das Ertragen einer schweren Krankheit oder die Annahme eines unheilbaren Leidens ein Weg sein, auf dem der Betroffene sein Menschsein verwirklicht. Wollte man aber mit dieser Begründung ärztliche Hilfe unterlassen oder verhindern, so erschiene dies unmenschlich, und die Rechtsordnung würde hierauf mit dem Vorwurf unterlassener Hilfe-leistung reagieren.

Dennoch ist eine Gegenposition denkbar. Der Heileingriff korrigiert eine natürliche Entwicklung, die zu schwerem Leiden oder zum Tode führen würde. Der Arzt mag hierauf einwenden, daß es im Grunde die Natur sei, die sich selbst helfen müsse; sie könne von ihm nur behutsam und einfühlend unterstützt werden. Die Diskussion über die neue medizinische Technik mit Intensivstationen, Organ-transplantationen und Kunststofforganen weckt aber neue Zweifel. Die „blinde" Evolution der Natur bewirkte die Auslese der Gesunden und Lebensfähigen. Durch sie wurden Erbschäden ausgesondert und ihrem Umfange nach in Grenzen gehalten. An die Stelle der natürlichen Auslese tritt nun die vom Menschen betriebene selbstverantwortliche Selektion Überwundene Erbkrankheiten können auf Nachkommen vererbt werden. So wird angenommen, daß mit den immer größeren Erfolgen der Heilkunst auch die Erbkrankheiten immer stärker zunehmen Hieraus folgt als nächster Schritt die Notwendigkeit der Eugenik mit den Mitteln der Gen-technologie, also der Versuch, die durch menschliches Handeln mitverursachte Entwicklung wiederum zu korrigieren.

Dies wirft die Frage auf, ob dem menschlichen Eingriff in die Natur überhaupt keine Grenzen gesetzt sind. Besitzt der Mensch, der naturwissenschaftliche Erkenntnisse anwendet, wirklich die größere Weisheit als die Natur, welche er sich zunehmend unterwirft? So hat etwa die Natur bisher für eine im ganzen ausgewogene Geschlechtsverteilung gesorgt. Es ist aus der amtlichen Geburtenstatistik nachweisbar, daß in Deutschland nach den beiden großen Kriegen unseres Jahrhunderts jeweils ein überproportionaler Anteil an Knaben geboren wurde So scheint es eine geheimnisvolle Weisheit der Natur zu geben, mit der sie selbst menschliche Verirrungen zu korrigieren vermag. Heute wird von der Möglichkeit gesprochen, im Rahmen der In-vitro-Fertilisation (der extrakorporalen Befruchtung) das Geschlecht eines gewünschten Kindes im voraus festzulegen. Der gegenwärtige Stand der Technik ist umstritten

Wie wäre dies verfassungsrechtlich zu beurteilen? Der Gedanke liegt nahe, daß die Eltern bei dieser Entscheidung nur von ihrem natürlichen, durch Art. 6 GG geschützten Recht Gebrauch machen würden, so wie es allein ihrer Entscheidung unterliegt, ob und wieviele Kinder sie haben wollen Ein dieses Recht beschränkender Staatseingriff könnte sehr wohl als Verstoß gegen die Menschenwürde angesehen werden. Andererseits besteht ein offensichtliches Allgemeininteresse an der Ausgeglichenheit der Geschlechter, und wir wissen nicht, was solche Möglichkeit für den „Naturhaushalt" der Menschen bedeuten würde. Das Dilemma ist offensichtlieh. Zunächst mag man hoffen, daß der Mensch sich gegenüber dem neuen Service-Angebot der Technik als immun erweisen wird. Dann mag als nächster Schritt der exzentrische Plan „geschlechtsloser Menschenwesen" folgen, die von der Sexualität „als einem Relikt der Tierwelt und Triebfeder menschenunwürdiger Instinkte" befreit wären So wird sogar die Würde des Menschen als Argument herangezogen, um den Menschen in seinem natürlichsten, innersten Wesen zu verletzen.

Die Humangenetik kann den natürlichen Ausleseprozeß ersetzen, und sie kann dies unter radikaler Abkürzung der bisher von der Natur benötigten Zeit tun. Aber wir wissen nichts über die Folgewirkungen menschlicher Eingriffe in die Natur. Was läßt sich etwa dagegen einwenden, daß der biochemische Alterungsprozeß verlangsamt und die Lebenserwartung immer weiter verlängert wird? Der Preis für verlangsamte Sterblichkeit ist (nach Jonas) der verminderte Zugang neuen Lebens. Sterben bedeutet, auf die Menschheit bezogen, „die stetige Zufuhr von Andersheit" So können neue Möglichkeiten, die dem einzelnen Menschen zugute kommen, zugleich den Interessen der Menschheit als solcher oder des Volkes zuwiderlaufen, und oft sind denkbare Folgewirkungen nicht ab-schätzbar. „Wir werden lernen, den Menschen zu ändern, bevor wir überhaupt wissen, was der Mensch ist" — dieses Wort des französischen Biologen Jean Rostand kennzeichnet die Läge , Nach bisherigem Verständnis handelt Art. 1 GG von dem konkreten einzelnen Menschen, nicht von der Menschheit als solcher Wer über die Folgen gentechnologischer Entwicklungen für künftige Generationen nachdenkt, muß, mit einer vertretbaren Hilfskonstruktion, den verfassungsrechtlichen Schutz auf vorstellbare, aber noch nicht lebende Menschen ausdehnen Es ist einleuchtend, sich mit dem konkreten Einzelmenschen zu beschäftigen. Dieser soll in dem Kernbestand seiner Existenz geschützt werden. Ihm wird die Würde zugesprochen, wie immer er mit seinen Eigenheiten und Unzulänglichkeiten sein mag. „Der Mensch ist zwar unheilig genug, aber die Menschheit in seiner Person muß ihm heilig sein", sagt Kant

Gegen den Schutz der Menschenwürde des einzelnen darf daher niemals das wirkliche oder vermeintliche Wohl der Menschheit oder des Volkes ausgespielt werden. Es gibt kein noch so erstrebenswertes Ziel, das es erlauben würde, um seinetwillen den Eigenwert des einzelnen zu opfern. Ein möglicher Nutzen für die Menschheit kann daher keine gentechnische Manipulation rechtfertigen, sofern sie den einzelnen in seiner Würde gefährdet. *

Dagegen halte ich es nicht für verfassungsrechtlich irrelevant, welche Auswirkungen sich aus der neuen Technik für künftige Generationen ergeben. Der einzelne heute Lebende hat Anspruch auf Schutz seiner Menschenwürde. Aber auch ihm vorteilhaft erscheinende Möglichkeiten, sofern sie nicht ihrerseits aus Art. 1 GG folgen, beanspruchen keinen Vorrang vor der Aufgabe einer Sicherung der Zukunft der Menschheit So wie die Sozialstaatsklausel des Grundgesetzes eine zeitliche Dimension enthält, also „nicht einfach die Sorge für die heute Lebenden meint, sondern auch ihre Kinder und Enkel in ihren künftigen Lebensumständen sieht" darf nach Art. 1 GG weder die Würde der heute lebenden Menschen dem vermeintlichen Nutzen künftiger Generationen geopfert, noch heute eine Entwicklung zugelassen werden, die irreparable Manipulationen am Bild des Menschen vornehmen würde. .

III.

Die Möglichkeiten der Gentechnologie sprengen den Rahmen des bisher Vorgestellten. Die Entwicklung hat die vorausschauende Phantasie schon heute überholt. Die „Schöne Neue Welt", die A. Huxley beschreibt, steht zur Verfügung, wenn man sie will. So ergibt sich die Frage, wie sie in dem Titel der ersten deutschen Ausgabe von 1932 formuliert ist: „Welt — wohin?"

Wenn wir die Frage am Maßstab der Menschenwürde prüfen wollen, lassen uns alle Erfahrungen und Wertungen im Stich. Insofern haben wir es mit einer „ideal rigorosen" und daher „heuristisch idealen" Situation zu tun Aber wo sollen wir die Prüfungsmaßstäbe hernehmen?

Noch am ehesten lassen sich bisherige Erfahrungen für die heterologe In-vitro-Fertilisation verwerten. Der Vorgang ist nicht der Technik, aber dem Prinzip nach* hundert Jahre alt. 1884 wurde in den USA die erste erfolgreiche künstliche Befruchtung mit dem Samen eines anderen als des Ehemannes vorgenommen, ohne daß bisher die juristischen, ethischen oder sozialen Probleme befriedigend beantwortet wären Außereheliche Beziehungen hat es natürlich seit jeher gegeben. Die Rechtsordnung hat hierauf unterschiedlich reagiert, von der Todesstrafe für Ehebruch bis zur heutigen Straflosigkeit.

Nach einer frühen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist für die Feststellung rechtlich relevanter ethischer Wertungen auch die Auffassung der beiden großen Kirchen bedeutsam, weil „große Teile des Volkes" hieraus „Maßstäbe für ihr sittliches Verhalten entnehmen" daneben ist die ärztliche Standesauffassung zu berücksichtigen. Dies setzt aber voraus, daß der zu bewertende Vorgang für die Menschen erlebbar ist, sie also in ihrer persönlichen Lebensführung wenigstens potentiell betrifft. Für die In-vitro-Fertilisation muß man das bezweifeln. Sie betrifft nur eine verschwindende Minderheit. In den USA spricht man von 6 000 bis 10 000 Fällen pro Jahr in der Bundesrepublik von 2 000 jährlich auf diese Weise gezeugten Kindern Das ärztliche Standesrecht hat die heterologe Insemination zunächst eindeutig abgelehnt; dagegen bestehen heute nach Auffassung der’ Rechtsberater der Ärztekammern keine standesrechtlichen Bedenken, wenn-— anders als nach dem im Europarat erwogenen Prinzip strikter Anonymität des Samenspenders — die Identität des Spenders dokumentiert und nur das Sperma eines Spenders verwendet wird (Ausschluß des sog. Samencocktails) Eine im Rahmen der Strafrechtsreform erwogene Strafvorschrift ist nicht Gesetz geworden, weil im Hinblick auf die rechtliche Tolerierung in anderen Ländern eine „normative Isolierung" der Bundesrepublik befürchtet wurde

Innerhalb der katholischen Kirche haben sich die Meinungen zwar nicht hinsichtlich der heterologen, wohl aber hinsichtlich der homologen Insemination gewandelt. Früher wurde die künstliche Befruchtung innerhalb einer Ehe ebenso wie die heterologe Insemination verurteilt In zwei päpstlichen Verlautbarungen von 1949 und 1961 wurde die künstliche Befruchtung auch unter Eheleuten abgelehnt, weil sie ihre personale Würde verletze Hiergegen sagte Ziegler auf einer Tagung der Katholischen Akademie Bayern: „Die Qualifikation einer homologen Insemination als eines keine Ausnahme zulassenden konkreten Verstoßes gegen das ethische Prinzip der Menschenwürde entbehrt einer stringenten Logik ... Vom sittlichen Standpunkt aus kann beim derzeitigen Wissensstand ein konditioniertes Ja zur homologen extrakorporalen Befruchtung gesprochen werden." Ähnlich haben sich andere katholische Moraltheologen geäußert Auf evangelischer Seite wird die heterologe Insemination abgelehnt, aber nicht in jedem Falle als Verstoß gegen die Menschenwürde angesehen; zur homologen Insemination werden praktisch keine Bedenken geäußert

Auch die verfassungsrechtlichen Äußerungen vermitteln kein schlüssiges Bild. Dürig hat schon frühzeitig mit Entschiedenheit einen Verstoß gegen die Menschenwürde angenommen. Weil die heterologe Insemination die Anonymität des Spenders voraussetze, werde „die Naturwidrigkeit zu einem System" Vorsichtiger heißt es bei v. Münch, es sei strittig, ob die Menschenwürde verletzt sei Zippelius meint, die Ablehnung der heterologen künstlichen Insemination sei „nur als Ausdruck persönlicher Wertauffassung, allenfalls als Weltanschauungsgut partikulärer Gruppen" anzusehen. Es handele sich um eine sehr persönliche Entscheidung, die „im herrschenden Rechtsethos unserer Zeit nicht eindeutig entschieden sei" Für Häberle liegt der Fall „auf der Grenze". Zu seiner Bewertung müßten „die gesellschaftlichen Anschauungen herangezogen" werden, ferner „der Wertekanon rechts-und kulturvergleichend zu erschließender anderer Verfassungsstaaten"

Da aber solche gesellschaftlichen Anschauungen oder Wertvorstellungen jedenfalls bisher nicht auszumachen sind, kann, wenn dies das entscheidende Kriterium ist, von einer Verletzung der Menschenwürde nicht gesprochen werden. Aber dieser Prüfungsmaßstab selbst wird angegriffen. Wenn Art. 1 GG, das oberste Leitprinzip der Verfassung, keine zuverlässige Handlungsanleitung ergibt, entsteht der Verdacht, daß es sich um eine „Leerformel" handelt, bei der „nicht reflektierte kollektive Regressionen in archaisch-ethnozentrische Bewußtseinshaltungen" stattfinden Es besteht die Gefahr „metaphysischer Ballastvorstellungen" Verfassungsrichter könnten ihre persönlichen Auffassungen zugrunde legen oder die nur von Teilen der Bevölkerung vertretenen religiösen Überzeugungen zum Maßstab nehmen. Auf diese Weise würde die Verfassungsgarantie der Menschenwürde zum „trojanischen Pferd", mit dem Weltanschauungen in das Rechtssystem eingeschmuggelt würden

Wenn man aber Menschenwürde von allen Wertvorstellungen befreite, wäre der von seinen metaphysischen Wurzeln abgetrennte Begriff nicht mehr für die Menschen erlebnis-fähig. Eine Auslegung, die sich an keinen weltanschaulichen Festpunkten orientiert, sondern sich von den jeweiligen Verhältnissen und Auffassungen abhängig macht, macht die Verfassungsnorm zu einer „Wanderdüne"

Die (nach der Äußerung von Theodor Heuss) „nicht interpretierte These" der Menschenwürde läßt sich ohne weiteres nur auf offenkundige Verletzungsvorgänge anwenden, wie „Erniedrigung, Brandmarkung, Verfolgung, Ächtung" und ähnliches Zweifellos wollte Art. 1 GG auf solche Erfahrungen der nationalsozialistischen Zeit reagieren. Ginge es nur um solche Vorgänge, die glücklicherweise bei uns keine aktuelle Gefahr darstellen, würde die Verfassungsnorm gegenwärtig keine praktische Bedeutung haben.

Andererseits sollte man das zentrale Leitprinzip der Verfassung nicht in die Vor-und Hinterhöfe des Alltags ziehen Nicht jede Mißlichkeit und nicht jeder rechtliche Mißgriff verstößt gleich gegen die Menschenwürde, weder die Ladung zum Verkehrsunterricht noch die Änderung richterlicher Amtsbezeichnungen -Es gibt viele Versuche, den Begriff der Menschenwürde zu umschreiben. Doehring meint aber, die Menschenwürde sei „weitgehend im abstrakten Sinne undefinierbar"; zu ihrer Bestimmung müßten die gesamte Kulturordnung, die Sittenordnung und die Rechtsordnung im übrigen herangezogen werden Auch nach Nipperdey bedarf der Begriff „keiner weiteren juristischen Definition"; es handele sich um den Eigenwert und die Eigenständigkeit, die Wesenheit, die Natur des Menschen schlechthin Der Mensch darf nicht zum bloßen Objekt gemacht werden, wie die bekannteste und einfachste Formel lautet, die Vorstellungen der deutschen idealistischen Philosophie entspringt Aber wer wird bei der heterologen Insemination zum bloßen Objekt gemacht? Die genetischen Eltern handeln auf Grund eigener Entscheidung, und das Kind ist auch bei der natürlichen Zeugung Objekt der Elternentscheidung. Nicht jedes staatliche Handeln, das den Menschen zum Objekt macht, verstößt gegen die Menschenwürde. Die Behauptung, daß Art. 1 GG verletzt werde, wenn jemand einer automatischen Verkehrsampel gehorchen muß, ist abwegig In der Abhör-Entscheidung heißt es, daß mit der Objekt-Formel lediglich die Richtung angedeutet werde, in der die Antwort gesucht werden müsse Dem hat die abweichende Meinung widersprochen; es werde ein unmittelbare Maßstäbe setzender Grundsatz aufgestellt

Positive Definitionsversuche verweisen etwa auf die „Werte, in denen die Würde des Men-sehen, d. h.seine Persönlichkeit ruht, seine Fähigkeit zur Freiheit sittlicher Entscheidung ..., seine Aktivität, Providenz, Entschlußfähigkeit und Zwecktätigkeit'' Hieraus läßt sich keine Antwort etwa auf die Frage entnehmen, ob die heterologe Insemination die Menschenwürde des Samenspenders verletzt. Jedenfalls reicht mir die Behauptung nicht aus, daß er hierdurch vom „Mann" zum „Männchen" herabgewürdigt werde

Luhmann wirft der Verfassungsdogmatik vor, sie definiere Begriffe wie „Freiheit" und „Menschenwürde" erstaunlicherweise ohne Rücksicht auf die Wissenschaften, welche sich mit dem Menschen und der menschlichen Gesellschaft befassen Der Mensch sei zwar — natürlich — Individuum, aber nur individuelles Objekt. „Selbstbewußte Individualität gewinnt er nur dadurch, daß er sich als Interaktionspartner selbst darstellt" -Würde sei ein „Wunschbegriff", der die „gelungene Selbstdarstellung" bezeichne Ist also heterologe Insemination gelungene Selbstdarstellung?

Schließlich heißt es in einem auf unser Thema bezogenen Beitrag, es gehöre zur Würde des Menschen, „daß die ihm von der Natur gegebene Prägung prinzipiell unangetastet bleibt" Aber was wissen wir über den Menschen? Dies ist eine Frage nicht bloß an den Juristen, sondern an alle Wissenschaften, die sich mit dem Menschen beschäftigen Menschenwürde ist ein „interdisziplinär zu erarbeitender Begriff" (Häberle Auch die Erkenntnis des Glaubens, daß der Mensch Ebenbild Gottes sein soll, aber ein unvollkommenes Wesen ist, gehört dazu. Es wäre unrealistisch, zu übersehen, daß zum Wesen des Menschen Unergründliches gehört, das sich nicht offenbart, wenn man ihn auf seine chemischen oder genetischen Bestandteile hin zerlegt. Der Biologe Jean Rostand sagt, daß der Mensch für den Biologen nur eine der damals (um 1940) auf 822 765 gezählten Tierarten sei Wollten wir den Menschen nur so sehen, verlöre der Begriff der spezifischen Menschenwürde jeden Sinn. Menschenwürde kann nicht ohne Wertungen konkretisiert werden. Hierfür kommen die Auffassungen von Glaubens-und Weltanschauungsgemeinschaften in Betracht, ebenso aber auch. die Überzeugungen der Anthropologie der idealistischen personalen Ethik, nach denen der Mensch Persönlichkeit ist, weil er zu eigenverantwortlicher ethischer Entscheidung fähig sei Zugunsten der von den Kirchen vertretenen Auffassungen galt die — heute eher zweifelhaft gewordene — Vermutung, daß sie von der Mehrheit der Glaubensangehörigen als Zielvorstellungen angenommen wurden, die auch ihre persönliche Lebensführung bestimmten. Eine pluralistische Gesellschaft, welche die Vielfalt der Meinungen respektiert und keiner spezifischen Glaubenslehre verpflichtet sein darf, benötigt aber einen über den Kreis der Glaubensangehörigen hinausgehenden Konsens. Nur solche ethischen Überzeugungen können verfassungsrechtlich relevant sein, die von einem übergreifenden Konsens getragen sind. Auch das Konsensargument begegnet der Kritik: der consensus omnium sei kein Kriterium der Wahrheit; auch eine Wertvorstellung könne richtig sein, die nicht zu allen Zeiten oder bei allen Völkern wirksam gewesen sei, heißt es in einer Verteidigung der Naturrechtsidee Luhmann kritisiert, daß an die Stelle einer überzeugenden Grundrechtsdogmatik der Konsens als „ultima ratio" trete: „Was hilft, ist allein das Erreichen von Konsens in der Dogmendiskussion und die Rechtskraft verfassungsrechtlicher Entscheidungen."

Eine Verfassungsoidnung, die auf die Achtung der Menschenwürde gegründet ist, hängt aber von der Übereinstimmung möglichst vieler im Grundsätzlichen ab. Was wäre wohl eine Vorstellung von Menschenwürde wert, die von den Kathedern oder Kanzeln oder Kanzleien verkündet, aber von den Menschen selbst als für ihre persönliche Lebensgestaltung irrelevant oder gar falsch empfunden würde? Wenn man die Befürchtung teilt, daß eine „in einer Wertordnung denkende Anwendung des Grundrechtskatalogs" eine „Ideologisierung der Rechtsordnung" bewirke kann man auch viel nüchterner von dem Recht jedes Menschen sprechen, „nach den dem erreichten Zivilisationsstand entsprechenden Regeln behandelt zu werden" Dies meint nichts anderes. Auch der Stand der Zivilisation ist nicht bloß eine tatsächliche Gegebenheit, sondern setzt Wertvorstellungen und Konsens voraus. Eine abweichende Meinung von Justice Brennan spricht von den „evolving Standards of decenCy which mark the progress of a maturing society" Schließlich gehört zur Findung und zur Durchsetzung des Rechts auch das Rechtsgefühl Unbefangener als der Jurist, der sich durch Gefühle irritiert zeigt, sagt Jonas, ganz zu unserem Sachthema: „Auch Ehrfurcht und Schaudern sind wieder zu lernen, daß sie uns vor Irrwegen unserer Macht schützen (zum Beispiel vor Experimenten mit der menschlichen Konstitution)" Was Menschenwürde bedeutet, läßt sich am ehesten in Grenzsituationen erfahren Daher kann man ihre Bestimmung vom potentiellen Verletzungsvorgang her versuchen Jonas nennt dies „die Heuristik der Furcht": „Wir brauchen die Bedrohung des Menschenbildes, um uns im Erschrecken davor eines wahren Menschenbildes zu versichern ... Die Erkennung des malum ist uns unendlich leichter als die des bonum. Was wir nicht wollen, wissen wir viel eher als was wir wollen."

Dies heißt nicht, daß der Staat auf die in der Gesellschaft bestehenden Auffassungen lediglich reagieren soll. Das Recht hat auch die Aufgabe, die ethischen Überzeugungen des Gesetzgebers zu widerspiegeln „Das Gesetz", so heißt es in der Abtreibungsentscheidung des Bundesverfassungsgerichts, „ist nicht nur Instrument zur Steuerung gesellschaftlicher Prozesse nach soziologischen Erkenntnissen und Prognosen, es ist auch bleibender Ausdruck sozialethischer und — ihr folgend — rechtlicher Bewertungen menschlicher Handlungen; es soll sagen, was für den einzelnen Recht und Unrecht ist." Und, noch deutlicher: „Der Staat darf sich seiner Verantwortung auch nicht durch Anerkennung eines . rechtsfreien Raumes'entziehen, indem er sich der Wertung enthält und diese der eigenverantwortlichen Entscheidung des einzelnen überläßt." Das gilt auch für unser Sachthema, an das der Gesetzgeber sich nur zögernd heranwagt.

Rechtsordnung und Konsens über die wesentlichen Wertvorstellungen ergeben zusammen die Rechtskultur, aus der sich Anhaltspunkte für die Auslegung des Begriffs der Menschenwürde entnehmen lassen Kultur ist kein Zustand, sondern ein Entwicklungsprozeß. Auch der Wandel der Verhältnisse und Auffassungen ist von Bedeutung.

Das Element des Wandels kann die Auslegung des Begriffs der Menschenwürde beeinflussen. Das OVG Berlin hat einleuchtend dargelegt, daß die Frage, ob ein Obdachloser menschenwürdig untergebracht ist, von dem jeweils erreichten Standard abhängig sei Die Orientierung auf das Ziel bleibt unverändert. Weil sich die Formen der Gefährdung ändern, kann die Antwort hierauf im Wandel der Verhältnisse unterschiedlich ausfallen. Gegenüber der Behauptung eines Verfassungswandels wegen veränderter Verhältnisse ist aber schon allgemein große Vorsicht geboten Dies gilt erst recht bei den tragenden Prinzipien des Grundgesetzes, die einer Verfassungsänderung entzogen sind, die sonst regelmäßig der geeignete Weg ist, aus der Bildung eines neuen Konsenses die Konsequenz zu ziehen.

Umstritten ist, ob Art. 1 GG ein objektives Prinzip oder ein Grundrecht darstellt Vom objektiven Verständnis her mag sich die Frage stellen, ob ein zu beurteilendes Verhalten „menschenwürdig" sei. Die subjektive Sicht fragt dagegen, was mit den konkret betroffenen Menschen geschieht. Bei der noch nicht abgeschlossenen Prüfung der Frage, ob die heterologe Insemination gegen die Menschenwürde verstößt, kann es nicht entscheidend sein, ob es „sich gehört", daß Menschen so handeln, oder ob es mit dem Sittengesetz vereinbar sei. Art. 1 GG ist nicht identisch mit dem Sittengesetz, das nach Art. 2 Abs. 1 GG den Gesetzgeber zum Eingreifen ermächtigen mag. Zu fragen ist vielmehr, ob die konkret beteiligten Menschen (die Mutter, der Samen-spender, das Kind, der Arzt und vielleicht eine Leihmutter) in ihrer Menschenwürde verletzt werden, und es muß auch geprüft werden, ob sich die Wesenhaftigkeit des Menschen berührende Auswirkungen für nachfolgende Generationen ergeben.

IV.

Nachdem wenigstens annäherungsweise einige Prüfungskriterien für die Frage nach der Menschenwürde gefunden sind, kann die nicht zu Ende geführte Würdigung der heterologen Insemination fortgeführt werden. Anschließend sollen die übrigen Bereiche der Humangenetik untersucht werden.

Bisher hat sich ergeben, daß die heterologe In-vitro-Fertilisation nach den vorliegenden Äußerungen der Kirchen, der ärztlichen Standesorganisationen oder der juristischen Kommentatoren mindestens nicht schlechthin und ausnahmslos mißbilligt wird. Die Rechtsordnung nimmt den Vorgang hin und beschränkt sich darauf, die zivilrechtlichen Folgeprobleme aufzuarbeiten

Überwiegend positiv wird die künstliche homologe Insemination als Möglichkeit gewürdigt, den Wunsch eines Ehepaares nach einem Kinde zu erfüllen, wenn der natürliche Weg ausscheidet. Vor kurzem wurde eine französische Gerichtsentscheidung bekannt, nach der die Witwe das konservierte Sperma ihres verstorbenen Mannes zur künstlichen Befruchtung herausverlangen darf Nach den Umständen des Falles möchte man dem Wunsch der Witwe Sympathie und Verständnis entgegenbringen. Es besteht kein Anlaß zu der Vermutung, daß die Menschenwürde verletzt sein könnte. Der Fall erinnert an die Samen-Versandaktion, die während des Zweiten Weltkrieges für 10 000 bis 20 000 US-Soldaten durchgeführt wurde Angesichts der Bedrohung des Lebens erschiene es wenig menschlich, solchen Wünschen mit rechtlichen Mittel entgegenzutreten. Eine ähnliche Bewertung kann auch für Fälle der heterolo-gen Insemination gelten, etwa dann, wenn der Ehemann zeugungsunfähig ist oder von einer Erbkrankheit weiß. Auch in der katholischen Morallehre wird der Vorgang als menschlich verständlich bezeichnet; eine solche „Halbadoption" könne einer Volladoption vorzuziehen sein

So sind keine Gründe ersichtlich, aus denen sich bei der heterologen In-vitro-Fertilisation allgemein ein Verstoß gegen das Prinzip der Menschenwürde ergeben könnte. Keines der erörterten Prüfungskriterien — ethische Grundüberzeugungen, Konsens, Rechtskultur, „Standards of decency" — deutet hierauf hin, so wenig man behaupten kann, daß es sich um die reinste Form der Verwirklichung der Wesenheit des Menschen handele; ebensowenig liegt aber auch ein „Ausdruck der schwersten Dekadenz unserer Zeit" vor. Die künstliche Befruchtung kann dem an den Menschen gerichteten Anspruch, von seiner Freiheit zu sittlicher Entscheidung verantwortungsvoll Gebrauch zu machen, eher gerecht werden als natürliche Zeugungsvorgänge unter dem Einfluß von Alkohol, in Vergewaltigungsfällen oder ähnlichem. Die Rechts-und Verfassungsordnung hat aus Art. 1 GG mit guten Gründen hergeleitet, daß im intimsten Bereich der Staat nur eingreifen soll, wenn ein sozialschädliches Verhalten vorliegt oder die Rechte anderer verletzt werden.

Es bleibt allerdings die Frage nach dem Wohl des Kindes. In der deutschen Literatur wird, anders als in der amerikanischen, häufiger die Befürchtung negativer Folgen einer heterologen Insemination für die physische und psychische Entwicklung des Kindes geäußert Auch aus der Sicht der Tiefenpsychologie sind erhebliche Bedenken vorgetragen wor-den Hierzu kann nur die einschlägige Wissenschaft Verbindliches aussagen. Verfassungsrechtlich folgt aus der Möglichkeit solcher Schäden die Pflicht, die Ermittlung nicht auszuschließender Gefahren für das Kind energisch voranzutreiben und Konsequenzen zu ziehen, falls sich die Befürchtungen bestätigen sollten.

Auch im übrigen bleiben bisher unbeantwortete Fragen. Nach Darstellung der medizinischen Fachleute werden bei der extrakorporalen Befruchtung „gelegentlich“ mehr als drei bis vier Embryonen erzeugt. Da wegen der Möglichkeit von Mehrlingsschwangerschaften nicht mehr als drei bis vier Embryonen transferiert werden sollten, entstünde „in seltenen Fällen" eine gewisse Zahl überzähliger, also lebensfähiger, aber nicht zur Befruchtung benötigter Embryonen Ausländische Wissenschaftler halten es für ethisch vertretbar, mit diesen für Forschungszwecke zu experimentieren. Dies wird in der mit der In-vitro-Fertilisation befaßten Erlanger Frauenklinik „kategorisch" abgelehnt, ebenso ihre Verwerfung. Hiernach bleibe derzeit nur die Möglichkeit ihrer Konservierung, um sie „in einem späteren Zyklus der Patientin transferieren zu können"

Hieraus ergibt sich die Frage, wie mit menschlichem Leben umgegangen werden darf. Schon ob Experimente mit menschlichen Embryonen wissenschaftlichen Nutzen erbringen können, ist umstritten; hierfür genügten Zellkulturen oder Tiersysteme. Jedenfalls handelt es sich um menschliches Leben, mit dem experimentiert oder das einfach weggeworfen wird Bei der betroffenen Frau kann die Bereitschaft weder vorausgesetzt noch gar erzwungen werden, sich einem wiederholten Eingriff zu unterziehen. Die Vorstellung, daß der Mensch das von ihm erzeugte Leben unbedenklich wieder abschaffen darf, wenn es seinen Zweck erfüllt hat ist mit dem Gebot der Achtung der Menschenwürde unvereinbar. Nach der Abtreibungsentscheidung des Bundesverfassungsgerichts beansprucht menschliches Leben nach Art. 2 Abs. 2 GG und nach Art. l Abs. 1 GG verfassungsrechtlichen Schutz Für die „überzähligen" Embryonen gilt nicht § 219d StGB, der vom Gericht nicht beanstandet worden ist.

Der Fall der Entstehung menschlichen Lebens außerhalb einer natürlichen Schwangerschaft ist weder durch die Strafrechtsreform noch durch das Bundesverfassungsgericht in Betracht gezogen worden. So ist der im Rahmen einer In-vitro-Fertilisation geschaffene Embryo nach gegenwärtiger Gesetzeslage schutzlos Das Dilemma ist, soweit überzählige Embryonen erzeugt werden, fast unlösbar, da ihre Implantation, die Voraussetzung der Fortsetzung des Lebens ist, nicht erzwungen werden kann. Aber die Entscheidung, was mit ihnen geschieht, kann nicht einfach dem Arzt oder den genetischen Eltern überlassen werden. Für die Klärung dieser Frage besteht Regelungsbedarf. Der Gesetzgeber darf nicht einem rechtsfreien Raum belassen, in dem willkürlich gehandelt wird; das verfassungsrechtlich geforderte Minimum wäre eine dem § 219d StGB analoge Regelung sowie die Schaffung eindeutiger „Forschungsindikationen", wenn hierfür zwingende Gründe vorgebracht werden können. Bisher ist dies nicht in ausreichender Weise geschehen.

Bei der Frage der sogenannten „Leihmütter" handelt es sich darum, daß der in vitro erzeugte Embryo bei einer Frau implantiert wird, die nicht die genetische Mutter ist; sie soll das Kind austragen und es dann der genetischen Mutter übergeben. Das kann eigenartige zivilrechtliche Probleme aufwerfen. In Europa soll bis 1983 noch kein praktischer Fall bekannt geworden sein, während andererseits berichtet wird, daß einige Gerichte die entsprechenden Verträge für sittenwidrig erklärt hätten; jedenfalls ist der Vorgang rechtlich nicht verboten In den USA ver-mietet eine Agentur „Wirtsmütter" für 12000 Dollar Im Bericht einer britischen Regierungskommission von 1984 wird erwähnt, daß zwei Frauen in vitro gezeugte Kinder für jeweils 24000 DM austrügen. Die Praxis wird für mit menschlicher Würde unvereinbar erklärt, dann „keine Frau sollte ihre Gebärmutter für finanziellen Profit nutzen" Eine Empfehlung der Schweizerischen Akademie der medizinischen Wissenschaften rät, „entgegen ausländischer Praxis" auf die Verpflanzung eines Keimlings in eine „Ammenmutter" zu verzichten In Frankreich haben Ärztekammer und Gesundheitsministerium den Wunsch eines Arztes, eine Agentur für Mietmütter zu eröffnen, abgelehnt, weil die Sache ethisch, moralisch und juristisch äußerst bedenklich sei Dagegen meinte ein deutscher Arzt auf einer Fortbildungstagung der Bundesärztekammer, Leihmütter seien vom Menschlichen her „akzeptabel", nur juristisch nicht erlaubt (was nicht zutrifft)

Die Diskussion zeigt, wie problematisch es ist, wenn man die Menschenwürde vorrangig als ein objektves Prinzip versteht, aus dem sich ergeben soll, was im Sinne einer nur abstrakt verstandenen Ethik zulässig erscheint. Pauschalierende Wert-und Unwerturteile sind hier ganz unergiebig. Ein an sich nicht zu beanstandendes Verhalten wird nicht stets dann menschenunwürdig, wenn es gegen Entgelt geschieht. Der Wunsch, ein Kind zur Welt zu bringen, ohne es selbst austragen zu müssen, kann etwa im Falle eines hohen gesundheitlichen Risikos im Vergleich zu dem in diesem Falle erlaubten Weg der Abtreibung Respekt verdienen. Auch die Leihmutter kann aus anerkennenswerten Motiven handeln. Dies sind Ansichtssachen; für die Menschenwürde sind solche Überlegungen nicht ausschlaggebend.

Im Zentrum sollte vielmehr der Mensch stehen, um den es konkret geht, also vor allem das Kind, daher auch die genetischen Eltern und die „Leihmutter" selbst. Was bedeutet es für die physische und psychische Entwick-, lung des Kindes, so zur Welt zu kommen? Von medizinischer Seite wird hierzu gesagt, daß keine Erfahrungen vorlägen Es ist aber dringlich, daß sie erarbeitet werden. Die Rechtsprechung scheint zu erwägen, daß sich während der Schwangerschaft zwischen „Leihmutter" und Kind eine „bio-psychosoziale" Beziehung entwickele, welche die Hergabe des Kindes als sittenwidrig erscheinen lasse Die Verletzung der Menschenwürde liegt dann darin, daß die dem Menschen von der Natur gegebene Prägung prinzipiell angetastet wird Die Mutter-Kind-Beziehung ist das natürlichste überhaupt denkbare Verhältnis zwischen Menschen. Es durch eine technische Manipulation zu verhindern oder aufzuspalten, ist unmenschlich, bestenfalls, wie bei der Adoption, eine Notlösung, wenn die Heimunterbringung des Kindes die Alternative ist. Die Rechtsordnung dürfte solchen Verstoß gegen die Natur des Menschen nicht zulassen, ohne gegen Art. 1 GG zu verstoßen; allenfalls sind für eng begrenzte und präzise ausgestaltete Tatbestände Ausnahmen denkbar.

über die allgemeine Problematik der in-vitroFertilisation hinaus führt der Fall der Befruchtung mit dem Sperma eines der Mutter unbekannten Spenders. Dann betreibt der Arzt oder die Samenbank oder auch die Mutter mit gezielten Wünschen ein Stück Menschenzucht. Die hierbei entstehenden Fragen übertreffen die Phantasie der science-fiction: Durch die Verwendung von über Jahrzehnte funktionsfähig gehaltenem Erbgut kann die Generationenfolge übersprungen, ja die Zeit überhaupt aufgehoben werden Kann jemand, von welcher Wissenschaft auch immer, angeben, was dies für die Betroffenen, also die eine oder mehrere Generationen nach ihrer Zeit geborenen Kinder, oder für den Menschen überhaupt bedeutet? Ich weiß nicht, ob unter den 50000 Genen des Menschen auch einer ist, der etwas mit der Zeit zu tun hat, in der er lebt. Das sind aber keine irrealen, sondern durch die Möglichkeit der Konservierung heute gegebenen Möglichkeiten, gegen die keine hinreichende Sicherung vorhanden zu sein scheint. Hier greift die „Heuristik der Furcht" ein, mit der wir Ehrfurcht und Schaudern uns erhalten oder wieder erlernen Daneben bestehen konkreter faßbare Gefährdungen wie Inzucht und ähnliches. Die hierzu schweigende Rechtsordnung muß mindestens hinreichende Kontrollmöglichkeiten bereitstellen. Es stellt sich hier auch die Frage, wer über die Auswahl des Spermas entscheidet, und nach welchen Kriterien. Die Vermischung, der so-genannten Samencocktail, ist nach deutscher im Europarat mit Erfolg vertretener Auffassung unzulässig 9. Bei der Einrichtung von Samenbanken wird an ein reiches Angebot von „Personen sehr unterschiedlichen Typs" gedacht, „möglichst aber von solchen, deren Leben den Beweis für außergewöhnliche Geistesgaben, für Vorzüge der Veranlagung und des Charakters und für physische Gesundheit geliefert hat" Die skurrile Nobelpreisträgerbank in den USA war kein voller Erfolg; nur drei Nobelpreisträger, darunter der Erfinder des Transistors, haben sich zur Verfügung gestellt. So sind auch andere „hochqualifizierte" Naturwissenschaftler hinzugetreten, darunter auch musikalisch veranlagte, und der so erzeugte Sohn zeigt auch schon große musikalische Talente, wie seine Mutter lobt In einer Diskussion wurde die Nobelpreisträger-bank als Beweis dafür kommentiert, daß der Preis nicht für humane Vernunft oder für vernünftige Humanität gegeben werde In den USA gibt es, was immer das sein mag, natürlich auch schon eine „feministische Samenbank" Bei uns ist man noch bescheidener, es sollen aber doch Studenten, möglichst Doktoranden und überhaupt Akademiker sein

Dies alles sind erste Schritte in die gezielte Menschenzüchtung. Die physische oder psychische Gesundheit der Samenspender mag ihre Auswahl bestimmen. Alles, was darüber hinaus geht, überschreitet die Grenze des unter dem Gesichtspunkt der Menschenwürde Erträglichen. Der bei uns bestehende standes-rechtliche Grundsatz, daß die Identität des Spenders deutlich dokumentiert werden soll ist auch im Interesse des Kindes der Anonymität vorzuziehen, aus der ein weiteres beachtliches Bedenken gegen die heterologe Insemination hergeleitet wird. Hierdurch darf aber kein Anreiz zur Auswahl unter „Qualitäts-Gesichtspunkten" hergeleitet werden.

Wenn der Staat die heterologe In-vitro-Fertilisation rechtlich toleriert, ist er jedenfalls gehalten, sicherzustellen, daß deutliche, die gezielte Menschenzüchtung ausschließende Auswahlkriterien entwickelt und überwacht werden.

Schon wird auch die Möglichkeit erörtert, die Methode des Klonens, d. h. die Erzeugung beliebig vieler identischer Geschöpfe, auf den Menschen anzuwenden. Hierzu erübrigen sich nähere Ausführungen. Es entsteht die Vision eines „Potsdamer Garderegiments aus lauter blonden Bestien" oder einer „police force cloned from the cells of J. Edgar Hoover". Zunächst wurde Lenin als Spender empfohlen, später fehlte er auf der Liste und wurde durch Leonardo da Vinci, Descartes, Pasteur, Lincoln und Einstein ersetzt Solche Phantastereien werden von juristischer Seite, soweit sie das Klonen für tolerabel halten (ich habe nur eine Stimme gefunden für gegenstandslos erklärt. Es gehe nur um den verständlichen und natürlichen Wunsch von Eltern, mit ihren Kindern genetisch so weit wie möglich verwandt zu sein, nicht um staatlich geregelte Züchtung von Menschen zur Erfüllung bestimmter Aufgaben Es muß nicht erläutert werden, daß sich der Staat die Menschen nicht selbst herstellen darf. Der Wunsch von Eltern, Kinder zu haben, die ihnen vollkommen gleichen, ist nicht natürlich, sondern ganz unvernünftig. Das Kind ist nicht das Spiegelbild seiner Eltern. Nicht in der Gleichartigkeit, sondern in der Verschiedenheit unserer Kinder erkennen wir uns wieder.

Unter dem Gesichtspunkt der Menschenwürde besteht der elementare Anspruch des Heranwachsenden Menschen, nicht eine Kopie seiner Eltern zu sein, sondern eigene, unwiederholbare Persönlichkeit. Diese Forderung ist unmittelbar aus dem Wesen des Menschen begründbar. Aus der Sicht des Volkes oder der Menschheit im ganzen gilt nichts anderes. Der Mensch müßte als Wesen verarmen, wenn er in Serie gefertigt würde. Auch wenn dabei lauter kleine Mozarts oder wer immer sonst entstehen würden, wäre die Menschheit nicht reicher, sondern ärmer. Aus dem Beispiel des Klonens ergibt sich die Bedeutung der Frage, ob die Würde nur des einzelnen Menschen durch Art. 1 GG geschützt wird, oder ob es auch um das Menschenbild im ganzen geht. Wie schon erörtert, umfaßt der verfassungsrechtliche Schutz beides .

Während die bisher behandelten Möglichkeiten der Humangenetik heute schon weitgehend technisch machbar und vorstellbar sind, gehört der noch direktere Zugriff im Wege des Gen-Transfers in Keimbahnzellen einstweilen in den Bereich der als wenig realistisch bezeichneten Zukunftsvisionen. Aber die grundsätzlichen Fragen, die sich bei Eingriffen in das menschliches Erbgut stellen, sind schon heute aktuell.

Eine durch staatliche Eingriffe erzwungene Nachwuchsplanung ist nicht so grundsätzlich neu, wie es scheinen mag. Das Verbot der Verwandtenehe als Bestandteil der Rechtsordnung hat das Ziel, Erbschäden für Nachkommen zu vermeiden

Den zuständigen Wissenschaften soll das Urteil darüber überlassen werden, welchen Anteil an dem Persönlichkeitsbild des Menschen ererbte Veranlagungen einerseits und Erziehung oder andere Umwelteinflüsse andererseits haben. Die Behauptung, daß Schulerziehung, Religionen, Wirtschaftsformen und politische Systeme am Bild des Menschen ein größeres Unheil anrichten können und schon angerichtet haben, als jede denkbare Gentechnik ist nicht leicht zu nehmen. Man kann nicht so tun, als habe es vor und außerhalb der Gentechnik keine Gefährdungen der Menschenwürde gegeben. Auch die Geistes-wissenschaften, die Rechtswissenschaft nicht ausgenommen, haben Anlaß zu der Frage, ob sich ihre Arbeitsergebnisse stets zum Wohle der Menschheit ausgewirkt haben

Wieweit eine gezielte Selektionierung durch Gentransfer überhaupt möglich ist, läßt sich heute nicht abschließend beurteilen. Oft wird von einer „Schrotschuß-Technik" gesprochen, also von Eingriffen, deren Folgen unberechenbar sind. Wenn dies so ist, kann der Eingriff nicht etwa deshalb erlaubt sein, weil er vielleicht wirkungslos bleiben oder keine bedenklichen Folgen haben würde. Ein solches Experiment mit dem Menschen verstößt offenkundig gegen die Menschenwürde und unterscheidet sich nicht von den aus der NS-Zeit bekannten Versuchen am Menschen Daß ein Wissenschaftler, der sich seiner Verantwortung bewußt ist, solche Eingriffe erwägen könnte, muß nicht unterstellt werden. Für Äußerungen wie diejenige, die dem Genetiker und Nobelpreisträger Watson zugeschrieben wird, ist allein ihr Autor verantwortlich zu machen; Watson soll gemeint haben, daß man Menschenwürde nur dem zusprechen solle, der geboren und auf seinen Gesundheitszustand getestet worden sei Sogar in der juristischen Literatur kann man, wenn auch mit Mühe, vergleichsweise unsinnige Äußerungen finden.

Im übrigen wird dargelegt, daß für eine gezielte genetische Manipulation menschlicher Keimzellen nach heutigem Erkenntnisstand „keine Indikation" gegeben sei Es scheint weitgehende Übereinstimmung darüber zu bestehen, daß die dem Menschen typisch zuzurechnenden Eigenschaften wie Intelligenz, Willensstärke, Güte und seine charakterliche und geistige Veranlagung insgesamt weder durch Genom-Analyse feststellbar, noch mit den Mitteln der Gen-Chirurgie beeinflußbar Beispiel der modischen Wissenschafts-und Technikfeindlichkeit. Die oft behandelte Ambivalenz des technischen Fortschritts 133) wird auch hier sichtbar. Sie macht es dringlich, auch solche scheinbar entfernten Möglichkeiten zu erörtern.

Gentransfer ist auch ein wichtiges Mittel der Hilfe für den Menschen. Die Heilung von Immunerkrankungen, bei Infektionen, die Einregulierung eines gestörten Stoffwechsels oder die Verhinderung von Erbschäden gehören zu den Möglichkeiten der Gentechnik 134). Solche Maßnahmen der als negative Eugenik bezeichneten Eingriffe im Dienste des kranken Menschen werden zunehmend genutzt werden. Als positive Eugenik bezeichnet man dagegen Maßnahmen zur Züchtung eines bestimmten Menschentypus. Sie müßte auch dann, wenn die Extremphantasien einzelner Wissenschaftler auszuschließen sind, die, die von dem neuen, angeblich besseren Menschen träumen, zu einer Vereinheitlichung des Genpools und damit zu einem Verlust menschlicher Vielfalt führen 135). Der Staat muß jedem Versuch solcher positiven Eugenik entgegentreten.

Auch wenn auzuschließen ist, daß der Mensch durch gezielte Manipulation seiner Erbanlagen zum Objekt der Wissenschaft wird, bleibt die Frage, wie zwischen negativer wird auch hier sichtbar. Sie macht es dringlich, auch solche scheinbar entfernten Möglichkeiten zu erörtern.

Gentransfer ist auch ein wichtiges Mittel der Hilfe für den Menschen. Die Heilung von Immunerkrankungen, bei Infektionen, die Einregulierung eines gestörten Stoffwechsels oder die Verhinderung von Erbschäden gehören zu den Möglichkeiten der Gentechnik Solche Maßnahmen der als negative Eugenik bezeichneten Eingriffe im Dienste des kranken Menschen werden zunehmend genutzt werden. Als positive Eugenik bezeichnet man dagegen Maßnahmen zur Züchtung eines bestimmten Menschentypus. Sie müßte auch dann, wenn die Extremphantasien einzelner Wissenschaftler auszuschließen sind, die, die von dem neuen, angeblich besseren Menschen träumen, zu einer Vereinheitlichung des Genpools und damit zu einem Verlust menschlicher Vielfalt führen Der Staat muß jedem Versuch solcher positiven Eugenik entgegentreten.

Auch wenn auzuschließen ist, daß der Mensch durch gezielte Manipulation seiner Erbanlagen zum Objekt der Wissenschaft wird, bleibt die Frage, wie zwischen negativer Eugenik, also der erwünschten Bekämpfung . von Krankheiten, und der positiven Eugenik, also der Züchtung eines neuen Menschen-typs, zu unterscheiden ist. Die Grenze ist fließend, weil wir vielleicht nicht wissen, wann der Mensch krank ist. Nach der bekannten Definition der Weltgesundheitsorganisation soll Gesundheit nicht bloß-als die Abwesenheit von Krankheit verstanden werden, sondern als der Zustand des vollständigen seelischen, geistigen und sozialen Wohlbefindens.

Legte man diesen Begriff zugrunde, ließe sich jeder Eingriff auch der positiven Eugenik rechtfertigen Ein Gen-Transfer in Keimbahnzellen bedeutet dabei stets Fremdbestimmung gegenüber den Nachkommen durch die Eltern, den Wissenschaftler oder den Staat. sind 128); kaum eines dieser Merkmale sei durch nur ein Gen bedingt, und für sie seien die Umwelteinflüsse von mindestens gleicher Bedeutung wie Erbanlagen.

Damit könnte die Erörterung dieses Punktes abgebrochen werden, der wenig Realitätsbezug zu haben scheint und bei dem eine Verletzung der Menschenwürde so eindeutig wäre, daß hierüber nicht weiter gesprochen werden müßte. So stellt auch das Arbeitspapier der beim Bundesgesundheitsamt gebildeten Arbeitsgruppe fest: „Der Gentransfer in befruchtete menschliche Zellen ist mit Hilfe moderner Techniken möglich. Die zu erwartenden Risiken sind vielschichtig, unabsehbar und nicht auf das ursprünglich betroffene Individuum begrenzt. Mit dem heutigen Selbstverständnis des Menschen sind derartige Eingriffe aus medizinischer, ethischer und emotionaler Sicht nicht vereinbar." 129) Dem muß verfassungsrechtlich nichts hinzugefügt werden. Für die Feststellung eines Verstoßes gegen Art. 1 GG genügt hier die klassische Formel, nach der der Mensch nicht als Objekt, also als bloßes Mittel zum Zweck dienen darf. Es ginge um eine Selektion — der Zusammenhang, in dem in der NS-Zeit das Wort gebraucht worden ist, sollte uns noch in Erinnerung sein —, die sich das „perfekte Sozial-wesen Mensch" vorstellt 130), um eine „eugenische Zuchtwahl", deren Kriterien . willkürlich und fremdbestimmt festgelegt würden 131). Zugleich würde auch die heutige Generation Macht über die kommenden gewinnen; so entstünde eine „Herrschaft der Toten über die Lebenden" 132).

Dennoch geht es um mehr als um eine unrealistische Zukunftsvision oder um ein weiteres Es ist nicht ganz selbstverständlich, daß der Staat dabei keinen Ehrgeiz entwickeln wird. Das Bundesverfassungsgericht hat in einer Entscheidung über die „Hilfe in besonderen Lebenslagen" (§§ 72 ff. BSHG) daran erinnern müssen, daß es nicht Aufgabe des Staates ist, seine Bürger zu „bessern"; leider hat die Entscheidung nicht Art. 1 GG herangezogen Andererseits ist es nicht möglich, den Menschen in ein körperliches und in ein geistig-seelisches Wesen aufzuspalten Auch das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung zum Düsseldorfer Fluglärmproblem angedeutet, daß Eingriffen durch Lärm auch dann entgegenzutreten sei, wenn sie nicht zu einer Krankheit im physischen Sinne führten, aber das psychisch-seelische Wohlbefinden beeinträchtigten. Auch in diesem Falle könne die durch Art. 2 Abs. 2 GG geschützte „Gesundheit" betroffen sein So könnten Maßnahmen der negativen und der positiven Eugenik ineinander übergehen. Es besteht aktueller Regelungsbedarf insofern, als Abgrenzungskriterien zu suchen sind, an denen sich die Wissenschaft und die ärztliche Praxis orientieren können.

Unter dem abschließend zu erwähnenden Feld der Genom-Analyse versteht man die durch die Gentechnik gegebene Möglichkeit, vorhandene Krankheiten besser zu verstehen, Gesundheitsrisiken und Vorstadien von Krankheiten zu erkennen und mögliche Gesundheitsrisiken für Nachkommen zu erfahren Das „genetic screening" ist in Bereichen der amerikanischen Arbeitswelt schon gängige Praxis Die arbeitsrechtlichen Aspekte sollen hier unerörtert bleiben der Deutsche Gewerkschaftsbund hat vor kurzem auf sie hingewiesen Zum Gesichtspunkt der Menschenwürde wird gesagt, daß sich „keine neuen ethischen Probleme" stellten Die Kenntnis genetischer Informationen führe im Gegenteil zur verantwortlichen Lebensgestaltung und zur Mündigkeit. „Nur so, und durch nichts anderes, unterscheidet sich die menschliche Person vom animalischen Leben."

Hiergegen werden aber auch grundsätzliche Bedenken geäußert: Es könnte zu einer staatlich verordneten Zwangserfassung individueller Erbanlagen kommen. Vorstellbar ist die Kartierung der gesamten menschlichen Erbinformationen So ergeben sich zunächst Fragen des Datenschutzes Zumal nach der Volkszählungsentscheidung ist eindeutig, daß eine vollständige Erfassung derartiger Daten mit Art. 2 Abs. 1 und Art. 1 Abs. 1 GG unvereinbar wäre Andererseits sind auch zwangsweise angeordnete medizinische Untersuchungen, wie die Röntgenreihenuntersuchung, keine Verletzung der Menschenwürde, wenn sie dem Schutz des Betroffenen und anderer vor gesundheitlichen Gefahren dienen Dies ist eine Konsequenz der Gemeinschaftsbezogenheit des Menschen. Für eine Genom-Analyse, die der Abwehr gesundheitlicher Gefahren dient, könnte nichts anderes gelten. Zu solchen medizinisch-diagnostischen Fällen liefert die Anwendung herkömmlicher Kriterien zur Bestimmung der Menschenwürde ausreichende Antworten. Auch die pränatale Diagnose möglicher genetisch bedingter Defekte kann so gesehen werden. Aber sie ist schon ambivalent: für die Eltern, die wegen .der befürchteten Schädigung des Kindes eine Abtreibung erwägen, kann eine Entlastung eintreten, wenn ihre Befürchtungen sich nicht bestätigen. So dient die Analyse dem Lebensschutz. Aber auch der umgekehrte Fall ist möglich

Nach einer Äußerung des Bundesforschungsministers soll die Genom-Analyse „nur angewendet werden, wenn sie dem Individuum zugute kommt" Wenn sich aus einer Analyse die Möglichkeit einer Schädigung ergibt, stellt sich die Frage, was dem einzelnen zugute kommt, mit aller Schärfe. Die Eltern wissen von der Möglichkeit einer Schädigung, aber sie können nicht wissen, wie das viel-leicht behinderte Leben verlaufen wird. So müssen sie aus einer unvollständigen Kenntnis über Leben oder Nichtleben eines Kindes entscheiden. Würde die Genom-Analyse zwangsweise mit dem Ziel durchgeführt, die genetische Gesundheit der Menschheit zu verbessern, wäre dies positive Eugenik in ihrem negativsten Sinne. Die amerikanische Kommission, welche die ethischen und rechtlichen Fragen der Genom-Analyse geprüft hat, kommt zu einem eindeutigen Ergebnis, das bei uns nicht anders lauten könnte: die Begriffe „genetische Gesundheit" und „genetische Normalität" sind äußerst vage und elastisch. Sie täuschen mittels medizinischer Begriffe über kontroverse Idealvorstellungen von der Qualität des Menschen hinweg. „Sound public policy — especially when it involves the curtailment of individual liberties — cannot be based on such loose and abusable notions." Jonas berichtet über eine Diskussion, in der auf seine Bemerkung, daß so wohl der epileptische Dostojewski vom Geborensein ausgeschlossen worden wäre, ihm eine Biologin geantwortet habe, daß sich die künftige Menschheit kranke Genies nicht leisten könne. Ähnlich habe ihm ein Psychoanalytiker gesagt, was für ein Philosoph Kant erst hätte sein können, wenn er von seinen Zwangsneurosen geheilt worden wäre

Auch wenn — nach unserem Verfassungsverständnis selbstverständlich — die Entscheidungsfreiheit der Eltern nicht beschränkt wird, kann sich eine Lage des sozialen Drucks entwickeln, in der die Zeugung oder das Austragen behinderter oder sonst nicht dem Gesundheitsideal der Gesellschaft entsprechender Kinder als Zeichen der Verantwortungslosigkeit gewertet wird. Es wird gesagt werden, daß es ja schließlich die Gesellschaft sei, die für die Folgen des „eigensüchtigen" Handelns der Eltern aufkommen müsse Bisher gilt der Schutz der Schwachen und Behinderten als ein besonderes Gebot der Menschenwürde. Wenn es nicht mehr unvermeidbares Schicksal, sondern Verantwortung, ja Schuld ist, ob behinderte Menschen zur Welt kommen, könnte sich das Wertsystem geradezu umkehren. So würden nicht die bestehenden Wertvorstellungen den Inhalt der Menschenwürde bestimmen. Indem Eltern an ihre Verantwortung gegenüber der Gesellschaft erinnert würden, würden sich diese Vorstellungen verändern und schließlich zu einer Lage führen, die dem bisherigen Verständnis des Art. 1 GG geradezu entgegengesetzt wäre.

Dies wäre, wie ich in anderem Zusammenhang gesagt habe, „die Zerstörung der Menschenwürde unter der Fahne der Humanität"

Wieder hat Jonas das Problem auf eine zugespitzte Formel gebracht: Wenn bisher das Ziel des Lebens das Erwerben von Wissen und Bildung gewesen sei, müsse man jetzt „ein Grundrecht auf Nichtwissen" fordern.

Nur im Nichtwissen des eigenen Schicksals, soweit es genetisch bedingt sei, könne der Mensch frei sein Dies ist nicht nur das Recht, nicht ausgeforscht zu werden also das Recht auf Datenschutz, sondern der Anspruch darauf, über sich selbst nicht mehr wissen zu müssen, als man selbst will. Wer glaubt, die volle Wahrheit ertragen zu können, hat ein Recht darauf, daß ihm Informationen nicht vorenthalten werden. Es gehört zur Eigenverantwortung des Menschen, daß nur er selbst hierüber entscheidet. Genom-Analyse darf daher nicht zwangsweise durchgeführt werden, sondern es muß der Entscheidung des einzelnen überlassen bleiben, ob er von ihr Gebrauch machen will. Aber auch bei rechtlich gesicherter Freiwilligkeit wird eine Lage sozialen Druckes, etwa bei Einstellungsuntersuchungen, nicht ausgeschlossen.

Wenn wir am Ende unserer Überlegungen erneut nach dem Wesen des in seiner Würde zu schützenden Menschen fragen, sind wir von der von Jonas geforderten „schlüssigen Evidenz" noch weit entfernt; Annäherungen erscheinen aber möglich.

Aus dem Versuch, die bisher bekannten Prüfungskriterien für die Bestimmung der Menschenwürde auf den neuen Sachverhalt anzuwenden, ergeben sich verfassungsrechtliche Grenzen für die Möglichkeiten der Humangenetik immer dann, wenn über den medizinisch gebotenen Heileingriff hinaus der Mensch qualitativ „verbessert" werden soll. Ganz zugespitzt lautet daher die Frage, ob es — entgegen der bisherigen Annahme — wirklich der dem Menschen zugemessene, ihn von der unpersönlichen Natur abhebende Geist ist seine Fähigkeit zu eigenverantwortlicher sittlicher Entscheidung, die sein Wesen im Kern ausmachen, oder nicht vielmehr seine Unvollkommenheit und Unzulänglichkeit. Sie ergibt sich aus einem Vergleich zur Perfektion des Tieres, die dieses für seine freilich begrenzten Zwecke in der Natur auszeichnet.

In der Tat liegt hier der entscheidende Punkt, wenn die Zulässigkeit von neuen Techniken zu prüfen ist, die den Anspruch erheben, menschliche Unvollkommenheit durch gezielte Auslese und durch Veränderung der genetischen Ausstattung in einem geplanten Entwicklungsprozeß in einen Zustand vorgestellter Perfektion zu überführen. Die Anmaßung liegt in dem Anspruch, die hierfür maßgeblichen Kriterien festzulegen. Dürfte dies die Wissenschaft, so wäre ein Wissenschaftstotalitarismus die zwangsläufige Folge. Auch der Staat, der zu wertenden Entscheidungen über menschliches Verhalten nicht nur berechtigt, sondern in gewissem Umfange auch verpflichtet ist, stößt unter der Herrschaft des Art. 1 GG an unüberschreitbare Grenzen. Die eingängige Formel von Ren Marcic, daß der soziale Rechtsstaat diejenige Gemeinschaftsform sei, in welcher „der Mensch von Rechts wegen zur Nächstenliebe angehalten wird” überschätzt nicht nur die begrenzten Möglichkeiten des Rechts, sondern müßte auch die Eigenverantwortlichkeit des Menschen aufheben, die nach Art. 1 GG bleibende Grenze für jeden Staatseingriff ist. Der Staat darf äußeres Verhalten sozialadäquat normieren und auch Rechtsgesinnung verlangen und fördern aber nicht die Moral durch das Recht erzwingen wollen. Noch weniger kann dies dem Forscher oder dem Mediziner erlaubt sein. Niemand darf aus dem Schutz seiner Würde herausfallen. Art. 1

GG gilt ebenso für den aus eigener Schuld oder schicksalhafter Verstrickung sittlich verwahrlosten oder den sich jeder Resozialisierung entziehenden Gewohnheitsverbrecher. Der Staat darf sich nicht anmaßen, das letzte Urteil über den Menschen zu sprechen. Zum Wesen des Menschen gehören seine Unvollkommenheiten ebenso wie seine wenigstens potentielle Fähigkeit, über diese hinaus-zuwachsen. Der Mensch mag sich nach persönlicher Glaubensüberzeugung als Ebenbild Gottes sehen, aber er wird selbst wissen, wie weit er auch im besten Falle von diesem Ideal entfernt bleiben muß. Seine Hoffnungen und Sehnsüchte, Torheiten und Illusionen, seine Verzweiflungen, auch seine dunklen Triebe und Instinkte gehören zu dem Bild des Menschen, das der verfassungsrechtlichen Entscheidung zugrunde liegt, allerdings auch der an ihn gerichtete Anspruch, sich an Zielvorstellungen zu orientieren und immer neu den Versuch zu machen, mit seiner Unzulänglichkeit zu einem erfüllten oder doch erträglichen Zusammenleben mit anderen in einer größeren Gemeinschaft zu gelangen.

Würde es wissenschaftlicher Forschung gelingen, den immer neuen, stets mit dem Risiko des Scheiterns behafteten Prozeß des Bemühens um wenigstens annäherungsweise Orientierung an dem Ideal durch noch so gut gemeinte genchirurgische Eingriffe überflüssig zu machen, so hätten wir ein neues Wesen vor uns, das mit dem uns bekannten Menschen nur noch physische Ähnlichkeiten aufweisen würde. Es wäre nicht mehr der Mensch, von dem das Grundgesetz ausgeht, weil er mit der Notwendigkeit auch der Fähigkeit beraubt wäre, sein Leben in eigener Verantwortung selbst zu gestalten.

Der hier unternommene Versuch, das Wesen des Menschen aus seiner Unvollkommenheit zu definieren, mag überraschend sein. Neu ist er aber nicht: Alle überlieferten und in unserem Kulturkreis entwickelten Glaubensüberzeugungen gehen von dem Bild des Menschen aus, der sich bemühen soll, seinem Schöpfer ähnlich zu werden, aber nie dieses Ziel erreicht. Nur so sind Liebe und Gnade möglich. So entspricht dieses Menschenbild den überlieferten sittlichen Vorstellungen, den historischen Erfahrungen, der Rechtskultur und schließlich auch dem heute oft bemühten Bild vom mündigen Bürger.

Nach einem Wort von Karl Jaspers geht die Garantie der Menschenwürde davon aus, daß der Mensch mehr ist, als er von sich weiß Hieraus ergibt sich eine Grenze zulässiger wissenschaftlicher Forschung und ihrer Anwendung auf den Menschen. Wir kennen die Unvollkommenheit des Menschen, der mehr sein soll, als er ist. Er selbst ist es, der sich diesem hohen und niemals ganz einlösbaren Anspruch zu stellen hat. Die Wissenschaften werden niemals aufhören, der Frage nach der Natur des Menschen nachzugehen, und sie sollen hieran nicht gehindert werden. Aber es ist heute notwendig, die Grenzen ganz neu zu definieren, jenseits derer Eingriffe unzulässig sind, weil so die Wesenhaftigkeit des Menschen verändert würde. Die vom Staat zu gestaltende Rechtsordnung steht damit vor einer Entscheidung von großer Tragweite. Der Staat wird sich seiner Verantwortung, die Würde des Menschen zu bewahren, nicht entziehen dürfen.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Im Mai 1984 hat Christian Flämig seine Marburger Antrittsvorlesung verfassungsrechtlichen Fragen der Gentechnologie gewidmet; siehe dazu seinen Beitrag in dieser Ausgabe S. 3— 17. Im Juni 1984 hat Günter Mersson in Bochum eine Dissertation über „Fortpflanzungstechnologien und Strafrecht" vorgelegt, in der nach dem Untertitel auch Fragen zu Art. 1 GG behandelt sind. Die Dissertation war mir bis zum Abschluß meiner Arbeit nicht zugänglich; sie konnte daher nicht berücksichtigt werden.

  2. Antrag der Fraktion der SPD, BT-Drucks. 10/1353; Antrag der Fraktion DIE GRÜNEN, BT-Drucks. Nr. 10/1388.

  3. So im Antrag der SPD (Anm. 2).

  4. A Eser, Recht und Humangenetik, in: Die Verführung durch das Machbare, Civitas Resultate Band 3, Stuttgart 1983, S. 50 ff., 61 f.

  5. H. Jonas, Das Prinzip Verantwortung, Frankfurt 1980, S. 67 f.

  6. H. Jonas, Zwischen Nichts und Ewigkeit. Drei Aufsätze zur Lehre vom Menschen, Göttingen 1963, S. 26.

  7. Vgl. BVerfGE 49, 89, 143.

  8. Vgl. BVerfGE 47, 327, 369 f.

  9. BVeriGE 4, 7, 15f.; st. Rspr.

  10. J. Lederberg auf dem Ciba-Symposium 1962, zit. nach Dusik, Grenzprobleme der Menschenwürde, Diss. Würzburg 1978, S. 34.

  11. K. Sperling, in: Bundesminister für Forschung und Technologie (Hrsg.), Ethische und rechtliche Probleme der Anwendung zellbiologischer und gentechnischer Methoden am Menschen, München 1984, S. 104.

  12. Vgl. BVerfGE 7, 377, 414; 9, 39, 52.

  13. H. J. Bogen, Knaufs Buch der modernen Biologie, München — Zürich 1967, S. 311 ff.

  14. Besonders informativ für den Gesamtkomplex ist der Bericht der „President’s Commission for the Study of Ethical Problems in Medicine and Biomedical and Behavioral Research" über „Screening and Counseling for Genetic Conditions", Washington, 1983; vgl. auch J. Rostand, LHomme, Paris 19612, S. 135 ff.

  15. Vgl. U. Eibach, in: BMFT (Anm. 11), S. 115.

  16. Statistisches Bundesamt, Fachserie 1, Bevölkerung und Erwerbstätigkeit, Reihe 1, Gebiet und Bevölkerung, 1. Vierteljahr 1984, Spalte: Knaben auf 1 000 lebendgeborene Mädchen.

  17. Dies wurde in dem Karlsruher Rechtsgespräch über „Frostembryo und Forschungsfreiheit" des SDR vom 13. 9. 1983 von dem Genetiker Prof. Dr. Murken als derzeit noch nicht möglich bezeichnet, vgl. Niederschrift des SDR, S. 3; anders nach Angaben britischer Wissenschaftler DER SPIEGEL, (1983) 47, S. 213, sowie von japanischen und amerikanischen Forschern, vgl. DIE ZEIT vom 6. 1. 1984; E. Nieschlag (Anm. 11), S. 79: „Technisch möglich wird es in Kürze sicher sein”; zur Pränataldiagnostik zur Geschlechtsfeststellung mit anschließender Abtreibung des in dieser Hinsicht unerwünschten Kindes E. Passarge, in: BMFT (Anm. 11), S. 83; „Can Science Pick a Childs Sex?", in: TIME MAGAZINE vom 27. 8. 1984, S. 39; aus philosophischer Sicht H. M. Sass, in: BMFT (Anm. 11), S. 83 f.

  18. Zum „Elternrecht" auf „Elterliche Geschlechts-vorwahl" des eigenen Kindes vgl. H. B. Nordhoff und R. Hohlfeld, in: Probleme und Perspektiven der Gen-Technologie, Dokumentation der Tagung der Friedrich-Ebert-Stiftung vom März 1984, Bonn 1984, S. 88.

  19. Vgl. P. Overhage, Experiment Menschheit, Frankfurt 1967, S. 277.

  20. H. Jonas (Anm. 5), S. 47 ff., 49.

  21. Zit. nach M. Schumann, in: Gentechnologie, Kolloquium des Wirtschafts-und Sozialausschusses der Europäischen Gemeinschaften, Brüssel 1981, S. 81.

  22. So etwa J. M. Bochenski, Die kommunistische Ideologie und die Würde des Menschen, Bonn 1957 3, S. 19; I. v. Münch, in: GG-Kommentar, Bd. I, München 19812, Rdnr. 8 zu Art. 1-, Nipperdey, in: Grundrechte Bd. II, hrsg. v. Neumann/Nipperdey/Scheuner, Berlin 1954, S. 3; Wertenbruch, Grundgesetz und Menschenwürde, Köln — Berlin 1958, S. 24; Wintrich, zur Auslegung und Anwendung des Art. 2 Abs. 1 GG, in: Staat und Bürger, Festschrift für W. Apelt, München — Berlin 1958, S. 1 ff., 2.

  23. I. v. Münch (Anm. 22).

  24. Zit. nach Wertenbruch (Anm. 22), S. 24, Anm. 19.

  25. Vgl. J. Gründel, Die sittliche Bewertung der eugenischen Indikation und genetischer Experimente, in: Wissenschaftliche Information (1981) S. 77ff.,

  26. E. Benda, in: E. Benda/W. Maihofer/H. J. Vogel, Handbuch des Verfassungsrechts, Berlin 1983, S. 546 f.; ähnlich A Wagner schon 1883, vgl. A v. Arnim, Staatslehre, München 1984, S. 131.

  27. A Huxley, „Welt — wohin?" Erste Deutsche Ausgabe. 1932.

  28. H. Jonas (Anm. 6), S. 26.

  29. Bericht der „President's Commission" (Anm. 14), S. 68.

  30. BVerfGE 6, 389, 434 f.

  31. Bericht der „President's Commission" (Anm. 14), S. 68.

  32. Nach Angaben einer Sendung im SWF II vom 8. 5. 1984.

  33. Zur Entwicklung in strafrechtlicher, ethischer und standesrechtlicher Hinsicht M. Balz, Heterologe künstliche Samenübertragung beim Menschen, Tübingen 1980, S. 6 ff.

  34. M. Balz (Anm. 33), S. 7 f.

  35. Vgl. die bei D. Giesen, Die künstliche Insemination als ethisches und rechtliches Problem, Bielefeld 1962, S. 171, zitierten Diskussionsbeiträge. Giesen selbst meint, daß die Rechtsordnung zu einer solchen Entscheidung der Eheleute schweigen sollte, S. 175; ähnlich Dürig, in: Maunz/Dürig, Komm, z. GG., Rdnr. 39 zu Art. 1 I.

  36. Vgl. Ziegler, Zeugung oder Befruchtung, in: Zur Debatte, Themen der Katholischen Akademie in Bayern, München 1982 Nr. 3, S. 3f.; ebenso zur invitro-Befruchtung Kardinal Höffner, Stellungnahme von 10. August 1978, Pressedienst des Sekretariats der Deutschen Bischofskonferenz vom 10. 8. 1978

  37. Ziegler (Anm. 35), S. 4.

  38. J. Gründel auf der gleichen Tagung (Anm. 36), S. 4f.; ebenso in seinem Vortrag vor dem Juristinnenbund im Oktober 1983 über „Humangenetische Manipulationen und ihre ethischen Implikationen", Thesenpapier S. 2; F. Böckle und W. v. Eiff, Wissenschaft und Ethos, in: Christlicher Glaube in moderner Gesellschaft, Teilband 20, Freiburg-Basel-Wien 1982, S. 119ff„ 129ff.: Fraling, in: BMFT (Anm. 11), S. 66 ff.

  39. Der Meinungsumschwung hinsichtlich der homologen Insemination, aber auch die zunehmend weniger kritische Beurteilung der heterologen Insemination wird besonders deutlich im Vergleich der Beiträge zum Stichwort „Insemination, künstliche" im Evangelischen Staatslexikon, in der 1. Aufl. von E. -W. Hanack, Sp. 788ff. (1966), in der 2. Aufl. von Th. Lenckner, Sp. 1008 ff. (1975).

  40. Dürig (Anm. 35), Rdnr. 39 zu Art. 1 I; ebenso in AöR Bd. 81 (1956), S. 117 ff., 130.

  41. I. v. Münch (Anm. 22), Rdnr. 32 zum Stichwort: „Insemination, künstliche".

  42. R. Zippelius, in: Bonner Kommentar (Zweitbearb.), Rdnr. 21 zu Art. 1.

  43. P. Häberle, Menschenwürde und Verfassung am Beispiel von Art. 2 Abs. 1 Verf. Griechenland 1975, in: Rechtstheorie, II (1980), S. 389ff., 422.

  44. E. Denninger, Staatsrecht, Reinbek bei Hamburg 1973, S. 23; vgl. auch Behrendt, Die Würde des Menschen, II, Hannover 1967, S. 10.

  45. Krawietz, Gewährt Art. 1 Abs. 1 GG dem Menschen ein Grundrecht auf Achtung und Schutz seiner Würde, in: Gedächtnisschrift für Friedrich Klein, München 1977, S. 245 ff.. 257.

  46. P. Schneider, in: Prinzipien der Verfassungsinterpretation, VVDStRL, (1963) 20, S. 83; vgl. W. Maihofer, Rechtsstaat und menschliche Würde, Frankfurt 1968, S. 88, Anm. 129.

  47. Chr. Starck, Menschenwürde als Verfassungsgarantie im modernen Staat, JZ (1981), S. 457 ff., 463.

  48. Vgl. v. Doemming/Füßlein/Matz, Entstehungsgeschichte der Artikel des GG, JöR N. F. 1 (1951), S. 49.

  49. BVerfGE 1, 97, 104.

  50. Vgl. P. Häberle (Anm. 43), S. 402.

  51. BVerfGE 22, 21, 28; 38, 1, 21.

  52. Doehring, Staatsrecht, Frankfurt 19802, S. 281.

  53. Nipperdey (Anm. 22), S. 1.

  54. U. Scheuner, in: E. Benda, Gefährdungen der Menschenwürde, Opladen 1975, S. 31; P. Häberle (Anm. 43), S. 422. Die Definition selbst vor allem bei Dürig (Anm. 35), Rdnr. 34 f. zu Art. 1 I; Wintrich, Zur Problematik der Grundrechte, 1957, S. 17; BVerfGE 27, 1, 6.

  55. M. Schreiber, Gehorsam für automatische Farbzeichen, in: Die öffentliche Verwaltung (1956), S. 692 ff.; hiergegen zu Recht N. Luhmann, Grundrechte als Institution, Berlin 1965, S. 75, Anm. 52.

  56. BVerfGE 30, 1, 25.

  57. BVerfGE 30. 1, 40.

  58. Bohne, Naturrecht und Gerechtigkeit, in: Festschrift für R. Lehmann, Berlin-Tübingen 1956, I, S. 3 ff., 13.

  59. Vgl. D. Giesen (Anm. 35), S. 174.

  60. N. Luhmann (Anm. 55), S. 57.

  61. N. Luhmann (Anm. 55), S. 61.

  62. N. Luhmann (Anm. 55), S. 68.

  63. D. Coester-Waltjen, Befruchtungs-und Gen-technologie beim Menschen — rechtliche Problem von morgen? , FamRZ (1984), S. 230ff., 235.

  64. W. Geiger, Menschenrecht und Menschenbild in der Verfassung der Bundesrepublik Deutschland, in: Festschrift H. J. Faller, München 1984, S. 7f.

  65. P. Häberle (Anm. 43), S. 424.

  66. J. Rostand (Anm. 14), S. 8.

  67. Vgl. hierzu kritisch P. Badura, Generalprävention und Würde des Menschen, JZ (1964), S. 337 ff., 339;

  68. Bohne (Anm. 58), S. 8.

  69. N. Luhmann (Anm. 55), S. 60.

  70. P. Badura (Anm. 67), S. 342.

  71. P. Badura (Anm. 67), S. 342.

  72. Vgl. R. Schwartz, Die Bedeutung der Sozialbiologie für die Rechtswissenschaft, in: Der Beitrag der Biologie zu Fragen von Ethik und Recht, Berlin 1983, S. 51ff„ 55.

  73. Vgl. Rehbinder, Fragen des Rechtswissenschaftlers an die Nachbarwissenschaften zum sog. Rechtsgefühl, in: Der Beitrag der Biologie zu Fragen von Ethik und Recht, Berlin 1983, S. 51 ff., 55.

  74. H. Jonas (Anm. 5), S. 392.

  75. W. Maihofer (Anm. 46), S. 11.

  76. Dürig (Anm. 35), Rdnr. 28 zu Art. 1 I; v. Münch (Anm. 22), Rdnr. 14 zu Art. 1.

  77. H. Jonas (Anm. 5), S. 63 f.

  78. Bohne (Anm. 58), S. 13.

  79. BVerfGE 39, 1, 59.

  80. BVerfGE 39. 1, 44.

  81. P. Badura (Anm. 67). S. 342; P. Häberle (Anm. 43), S. 403 ff.

  82. OVG Berlin, NJW 1980, 2484 ff., 2485.

  83. Vgl. E. Benda (Anm. 26), S. 112f.

  84. Zum Stand der Meinungen vgl. Krawietz (Anm. 45).

  85. Hierzu z. B. Coester-Waltjen (Anm. 63); R. Zimmermann, Die heterologe künstliche Insemination und das geltende Zivilrecht, FamRZ (1981), S. 929 ff.; Th. Lenckner (Anm. 39), Sp. 1009f.

  86. Nice Matin vom 2. 8. 1984.

  87. Th. Lenckner (Anm. 39), Sp. 1008.

  88. J. Gründel (Anm. 25), S. 87.

  89. So Becker, vgl. D. Giesen (Anm. 35), S. 175.

  90. Th. Lenckner (Anm. 39), Sp. 1008.

  91. Die Materialien der Arbeitsgruppe der Bundesregierung, in denen solche Befürchtungen geäußert werden, sind bis zum Abschluß der Beratungen nicht zur Veröffentlichung bestimmt.

  92. S. Trotnow, in: BMFT (Anm. 11), S. 56.

  93. S. Trotnow (Anm. 11), ’ S. 57.

  94. H. B. Nordhoff und R. Hohlfeld (Anm. 18), S. 86; J. Gründel (Anm. 25), S. 90; A. W. Böckle und v. Eiff (Anm. 38), S. 131.

  95. U. Eibach, Ethische Fragen zu „Überlegungen zur Anwendung gentechnologischer Methoden an Menschen", Diskussionspapier zu dem Fachgespräch des BMFT (Anm. 11), S. 20ff„ 22; ähnlich A Eser, in: BMFT (Anm. 11), S. 30.

  96. BVerfGE 39, 1, 36 ff., 43.

  97. A. Eser, Rechtliche und rechtspolitische Aspekte zur Anwendung gentechnologischer Methoden am Menschen, Diskussionspapier zu dem Fachgespräch BMFT (Anm. 11), S. 29; ebenso W. Spann/H. Hepp/E. Benda in dem Karlsruher Rechtsgespräch 1983 (Anm. 17), S. 7 ff.

  98. Zur Situation in der Bundesrepublik vgl. Vermerk des Referats II A 1 des BMJ vom 11. 11. 1983, S. 14 (Mitteilung von Prof. Trotnow); nach E. Deutsch ist nicht bekannt, daß bisher eine Ethik-kommission einen Versuch mit einem menschlichen Embryotransfer erlaubt hätte, in: Juristische Stellungnahme zu den „Überlegungen zur Anwendung gentechnologie Methoden am Menschen, Disskusionpapier zu dem Fachgespräch in: (Anm.11) S.18 in der ARD Fernsehsendung von U.Bub und E. Weymann am 28.9. 1984wurde eine Frau vorgestellt, die angab als Leihmutter tätig gewesen zu sein.

  99. Die Angaben über die USA entstammen der Sendung des SWF (Anm. 32).

  100. Bericht der Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 20. 7. 1984.

  101. A. a. O. (Anm. 100).

  102. Nach J. Esthoff, Der schöne neue Mensch, in: DIE ZEIT vom 24. 2. 1984.

  103. Bericht der Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 4. 4. 1984.

  104. M. Honecker, in: Fachgespräch BMFT (Anm. 11), S. 59 f.

  105. D. Krebs, Stellungnahme zu dem Arbeitspapier der Molekularbiologischen Arbeitsgruppe am Bundesgesundheitsamt, Diskussionspapier zu dem Fachgespräch, in: BMFT (Anm. 11), S. 33.

  106. H. B. Nordhoff und R. Hohlfeld (Anm. 18), S. 87.

  107. D. Coester-Waltjen (Anm. 68), S. 235 f., die aber in NJW 1982 2528 (Rechtliche Probleme der für andere übernommenen Mutterschaft), S. 2532 f., weder generelle Sittenwidrigkeit noch einen prinzipiellen Verstoß gegen Art. 6 GG annimmt, sondern auf die Umstände des Falles und die Regelung durch die Rechtsordnung abstellen will.

  108. M. Balz (Anm. 33), S. 36; D. Giesen (Anm. 35), S. 174f.

  109. H. Jonas (Anm. 5), S. 63 f.

  110. M. Balz (Anm. 33), S. 5.

  111. H. J. Muller, vgl. P. Overhage (Anm. 19), S. 330.

  112. So in der Sendung des SWF (Anm. 32).

  113. W. Kluxen (Anm. 11), S. 144.

  114. Sendung des SWF (Anm. 32).

  115. Sendung des SWF (Anm. 32).

  116. Vgl. M. Balz (Anm. 33), S. 10.

  117. Henniger, Zellen werden zu Fabriken, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 8. 10. 1983.

  118. TIME MAGAZINE vom 19. 4. 1971, S. 26, 33.

  119. H. Kliemt, Normative Probleme der künstlichen Geschlechtsbestimmung und des Klonens, Zeitschrift für Rechtspolitik (1979), S. 165 ff.

  120. H. Kliemt (Anm. 119), S. 168.

  121. M. Balz (Anm. 33), S. 39, Anm. 72, spricht zum Klonen von der individualistischen Verkürzung der Menschenwürde. Indem Art. 1 GG nur die Würde des einzelnen Menschen schützen solle, werde der einzige Maßstab preisgegeben, an dem die kritischen neuen Technologien gemessen werden könnten. — Zur Klonierung als Verarmung des Wesens Mensch Gründel (Anm. 25), S. 84; ähnlich Eser (Anm. 97), S. 30.

  122. D. Sperlich, Stellungnahme zu „Überlegungen zur Anwendung gentechnologischer Methoden am Menschen", Diskussionspapier zum Fachgespräch, in: BMFT (Anm. 11), S. 37.

  123. W. Wickler, Stellungnahme zu „Überlegungen zur Anwendung gentechnischer Methoden am Menschen", Diskussionspapier zum Fachgespräch, in: BMFT (Anm. 11), S. 42.

  124. Vgl. F. Böckle und AW. v. Eiff (Anm. 38), S. 121.

  125. A Eser (Anm. 11), S. 141; J. Gründel (Anm. 38), Thesenpapier S. 7.

  126. Nach ü. Eibach (Anm. 11), S. 144.

  127. K. Sperling (Anm. 11), S. 153.

  128. C. F. von Weizsäcker, Der Garten des Menschlichen, München-Wien 1978, S. 64.

  129. H. J. Bogen (Anm. 13), S. 312.

  130. J. Gründel (Anm. 25), S. 84; U. Eibach, in: BMFT (Anm. 11), S. 22; allgemein zur „homogenisierenden“ Antastung der Menschenwürde z. B. durch Erziehung Behrendt (Anm. 44), S. 22 ff.; zu negativer und positiver Eugenik J. Rostand (Anm. 14), S. 140 ff.

  131. Vgl. V. Eibach, in: BMFT (Anm. 11), S. 143; E. Benda, in: Karlsruher Rechtsgespräch (Anm. 17), S. 18f.

  132. BVerfGE 22, 180, 219 f.

  133. J. Gründel (Anm. 25), S. 84.

  134. BVerfGE 56, 54, 73ff.

  135. K. Sperling, in: BMFT (Anm. 11), S. 104f.: H. M. Sass, ebenda, S. 118 ff.

  136. Vgl. die ausführliche Darstellung der „President' s Commission" (Anm. 14); U. Eibach, in: BMFT (Anm. 11), S. 116.

  137. Hierzu J. Walter, Gentechnologie und Arbeitnehmerinteressen, in: Probleme und Perspektiven der Gen-Technologie, Dokumentation der Tagung der Friedrich-Ebert-Stiftung, Bonn 1984, S. 53 ff.

  138. Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 9. 8. 1984.

  139. K. Sperling, in: BMFT (Anm. 11), S. 107.

  140. H. M. Sass, in: BMFT (Anm. 11), S. 119, 122.

  141. Eser, in: BMFT (Anm. 11), S. 28; Arbeitspapier der Molekularbiologischen Arbeitsgruppe, in: BMFT (Anm. 11), S. 12.

  142. A. Eser und Ch. Zimmerli in ihren Diskussionspapieren zum Fachgespräch, in: BMFT (Anm. 11), S. 27 f. bzw. 46.

  143. BVerfGE 64, 1.

  144. Dürig (Anm. 35), Rdnr. 48 zu Art. 1 I.

  145. F. Böckle und A. W. von Eiff (Anm. 38), S. 132 f.; J. Gründel (Anm. 25), S. 90 f.

  146. Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 4.2.1984.

  147. President's Commission (Anm. 14), S. 52.

  148. H. Jonas (Anm. 5), S. 411.

  149. President's Commission (Anm. 14), S. 52 f.; vgl. die „ethics of genetic duty", von denen der amerikanische Theologieprofessor Ramsey sprach, TIME vom 19. 4. 1971, S. 31; A Eser (Anm. 4), S. 66.

  150. E. Benda (Anm. 54), S. 26.

  151. H. Jonas, zitiert nach einem Bericht der Süddeutschen Zeitung vom 15. 5. 1981; ähnlich U. Ei-bach, in: BMFT (Anm. 11), S. 117; F. Böckle und A W. v. Eiff (Anm. 38), S. 133.

  152. A. Eser, in: BMFT (Anm. 11), S. 127; H. B. Nordhoff und R. Hohlfeld (Anm. 18), S. 62.

  153. Vgl. Dürig (Anm. 35), Rdnr. 18 zu Art. 1 I.

  154. Marcic, Vom Gesetzesstaat zum Richterstaat, Wien 1957, S. 416; hierzu E. Benda, Industrielle Herrschaft und sozialer Staat, Göttingen 1966, S. 93 f.

  155. G. Radbruch, Einführung in die Rechtswissenschaft, Stuttgart 196912, S. 18. ,

  156. Zitiert nach Chr. Starck (Anm. 47), S. 463 und Anm. 17.

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Ernst Benda, geb. 1925; Studium der Rechtswissenschaften in Berlin und USA; 1955— 1971 Rechtsanwalt in Berlin; 1957— 1971 Mitglied des Deutschen Bundestages (CDU/CSU-Fraktion); 1967/68 Pari. Staatssekretär beim Bundesminister des Innern; 1968/69 Bundesminister des Innern; 1971— 1983 Präsident des Bundesverfassungsgerichts; seit 1978 Honorarprofessor an der Universität Trier; seit 1984 o. Professor für öffentliches Recht an der Universität Freiburg. Veröffentlichungen u. a.: Industrielle Herrschaft und sozialer Staat, Göttingen 1966; Der Rechtsstaat in der Krise (hrsg. von M. Hohnstock), Stuttgart 1972; Gefährdungen der Menschenwürde, Opladen 1975; Herausgeber (mit W. Maihofer und H. J. Vogel) des Handbuchs des Verfassungsrechts, Berlin 1983. Eine ausführliche Bibliographie aller bis 1983 erschienenen Schriften, bearb. von Franz Schneider, bei De Gruyter, Berlin—New York 1983.