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Aspekte der deutschen Außen-und Sicherheitspolitik im Rahmen der Ost-West-Beziehungen | APuZ 7-8/1985 | bpb.de

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APuZ 7-8/1985 Aspekte der deutschen Außen-und Sicherheitspolitik im Rahmen der Ost-West-Beziehungen Ostpolitik auf der Waage Rahmenbedingungen deutscher Nahostpolitik Kommentar und Replik

Aspekte der deutschen Außen-und Sicherheitspolitik im Rahmen der Ost-West-Beziehungen

Horst Teltschik

/ 28 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Innen-und Außenpolitik der Bundesrepublik Deutschland bedingen sich wechselseitig. Stabilität nach innen bleibt ein wichtiges Kapital für die Außenpolitik. Außenwirtschaftsinteressen müssen ebenfalls integraler Bestandteil deutscher Außenpolitik sein. Die ungelöste deutsche Frage erfordert eine Politik, die innenpolitisch konsensfähig ist. Sie erfordert die Mitwirkung unserer Nachbarn in Ost und West. Der Ost-West-Konflikt ist nach wie vor ein dominierender Faktor in der internationalen Politik. Das Konkurrieren der Sowjetunion auf Weltmachtebene bewirkt ein regionales Ungleichgewicht in Europa und tangiert damit die politische Stabilität und Sicherheit Westeuropas, vor allem die der Bundesrepublik Deutschland, ständig. Aktive deutsche Außen-und Sicherheitspolitik ist daher unabdingbar. Eine aktive deutsche Außen-und Sicherheitspolitik muß konstruktiv auf die Ost-West-Beziehungen eingehen. Ständige Vorsorge für die äußere Sicherheit auf der einen, Dialog, Zusammenarbeit und Verhandlungen auf der anderen Seite sind die Hauptelemente einer solchen Politik. Sicherheit durch Gleichgewicht und durch glaubhafte Abschreckung bildet — auch in Zukunft — die Basis für Frieden und Freiheit in Europa. Der Erhalt der politischen Handlungsfähigkeit der Allianz ist daher eine ständige Aufgabe. Integraler Bestandteil der Sicherheitspolitik bleiben die Rüstungskontrollverhandlungen zwischen West und Ost auf allen Ebenen. Vor dem Hintergrund des unverzichtbaren Dialogs der Großmächte wird die Bundesregierung weiterhin ihren Beitrag zur Überwindung des Ost-West-Konflikts leisten. Deutsche Ostpolitik muß realistisch sein, auf der Grundlage gemeinsamer Interessen erfolgen und eine europäische Perspektive haben. Die Fortführung des KSZE-Prozesses und substantielle Fortschritte in der politischen Zusammenarbeit Europas sind essentiell für dieses Konzept, das Europa politisch grundlegend verändern könnte, nicht zuletzt im Hinblick auf die deutsche Frage.

Am 10. Januar dieses Jahres gab der amerikanische Präsident Ronald Reagan seiner Hoffnung Ausdruck, „daß das Jahr 1985 sich zu einem Jahr des Dialogs und der Verhandlungen entwickeln wird, einem Jahr, das zu besseren Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und der Sowjetunion führt".

Anlaß für diese Hoffnung gab die Vereinbarung zwischen dem amerikanischen Außenminister George Shultz und dem sowjetischen Außenminister Andrej Gromyko vom 8. Januar in Genf, in diesem Jahr Verhandlungen über atomare und Weltraumwaffen aufzunehmen. Ist dies ein neuer Silberstreifen am Horizont der Ost-West-Beziehungen, nachdem die Sowjetunion noch vor einem Jahr die Kriegsgefahr heraufbeschworen hatte?

Es ist „in der Tat lediglich ein Schritt", erklärte der sowjetische Außenminister nach den Genfer Gesprächen. Wie auch immer, es war ein Schritt, auf den die ganze Welt gewartet und den sie mit Erleichterung begrüßt hat. Dies gilt im besonderen für die Europäer, in West und in Ost. Den Grund für dieses weltweite Aufatmen hat Gromyko in seiner Genfer Abschlußerklärung selber genannt: „Weiß doch die ganze Welt, daß vom Stand der sowjetisch-amerikanischen Beziehungen in vieler Hinsicht die Situation in der Welt insgesamt abhängt." Wir in der Bundesrepublik Deutschland, an der Schnittlinie zwischen West und Ost, sind davon am unmittelbarsten betroffen, als Faktor wie als Interessent zugleich.

I. Die außenpolitischen Interessen der Bundesrepublik Deutschland

1. Die Wechselwirkung von Innen-

und Außenpolitik Vierzig Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg und 36 Jahre nach ihrer Gründung ist die Bundesrepublik Deutschland eine stabile Demokratie. Sie gehört zu den führenden Industrienationen der Welt. Ihr System der sozialen Sicherheit gilt als beispielhaft. Sie hat bisher alle Anfechtungen radikaler Gruppierungen von rechts und links, wirtschaftliche Strukturkrisen, soziale Krisenerscheinungen ohne substantielle Gefährdung ihrer Legitimität überwinden können. Die Regierungswechsel von 1969 und 1982 haben den demokratischen Ablöseprozeß von Regierung und Opposition gestärkt. International genießt die Bundesrepublik Deutschland hohes Ansehen. Diese Stabilität nach innen bleibt ein wichtiges Kapital für die Außen-und Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland. Als ein Staat in der Mitte Europas und ohne natürliche Grenzen leben wir offen nach West und Ost. Aufgrund unserer Geschichte, unseres Bevölkerungspotentials, unserer Wirtschaftskraft, der geistigen Vitalität unseres Volkes und der stärksten konventionellen Armee bleiben wir unseren Nachbarn in West und Ost nicht gleichgültig und sie nicht uns.

Nach der Überwindung der Schrecknisse der nationalsozialistischen Diktatur und der Katastrophe des Zweiten Weltkrieges ist die Stärke unserer Demokratie, unserer marktwirtschaftlichen und sozialen Ordnung ein unverzichtbarer Faktor unserer Sicherheit nach außen. Sie machen uns zum natürlichen Partner der Demokratien in Europa und der freien Welt. Die Übereinstimmung in den demokratischen Grundwerten vermittelt Sicherheit nach beiden Seiten. Wirtschaftlicher Wohlstand und soziale Stabilität festigen das demokratische Fundament unseres Staates. Unsere Nachbarn wissen: Bonn ist nicht Weimar.

Die Bundesrepublik Deutschland ist ein hochindustrialisiertes, jedoch rohstoffarmes Land, das davon lebt, daß fast die Hälfte seiner Produktion exportiert wird. Wir sind beinahe existentiell auf funktionierende und ausbaufähige wirtschaftliche Beziehungen mit grundsätzlich allen Ländern der Erde angewiesen. Für Rohstoffzufuhr und Warenausfuhr brauchen wir ungestörte See-und Luft-verbindungen. Dies setzt natürlich auch — soweit wie möglich — gute politische Beziehungen voraus.

Einige wenige Zahlen sollen unsere weltwirtschaftliche Abhängigkeit verdeutlichen: Im Gesamtumsatz von Ein-und Ausfuhr nimmt die Bundesrepublik im Welthandel Platz 2 ein, hinter den USA und vor Japan. Die Bedeutung des Exports für die deutsche Volkswirtschaft zeigt sich darin, daß sein Anteil am Bruttosozialprodukt 25, 9% beträgt. Rechnet man die Dienstleistungen hinzu, betrug 1984 die Exportquote 34%. Damit stehen wir an der Spitze aller westlichen Industrieländer, weit vor den USA (10, 5%), Japan (17%) und Frankreich (22%). Und mehr als 30% der Beschäftigten in der deutschen Industrie sind für den Export tätig; d. h. jeder dritte Arbeitsplatz ist bei uns vom Export abhängig.

Wichtige Rohstoffe wie Eisen, Kupfer, Mangan, Zinn, Chrom, Titan, Nickel u. a. werden zu 100% eingeführt.

Zur Förderung des Exports haben die Bundesregierungen Garantien und Bürgschaften für Ausfuhrgeschäfte und gebundene Finanzkredite an ausländische Schuldner von gegenwärtig insgesamt 195 Mrd. DM gewährt. Im Vergleich dazu beträgt das Gesamtvolumen des Haushalts 259, 3 Mrd. DM. Das Haushalts-risiko ist angesichts der internationalen Verschuldungskrise vieler Länder offensichtlich. Angesichts dieser außenwirtschaftlichen Verflechtung der Bundesrepublik Deutschland, angesichts der Tatsache, daß jeder dritte Arbeitsplatz vom Export abhängig ist und angesichts von mehr als zwei Millionen Arbeitslosen beantwortet sich die Frage von selbst, in welchem Ausmaß die Außenpolitik die Außenwirtschaftsinteressen unseres Landes berücksichtigen muß. Die Wechselwirkung oder Interdependenz zwischen der Innen-und Außenpolitik ist unübersehbar. 2. Die deutsche Frage Deutschland ist ein geteiltes Land. Die Folgen sind unübersehbar: Millionen von Deutschen sind die Menschenrechte und das Selbstbestimmungsrecht verwehrt. Die Insellage West-Berlins, Mauer und Stacheldraht symbolisieren am stärksten und nachhaltigsten die Widernatürlichkeit der Teilung Deutschlands. Sie führen seit 40 Jahren immer wieder zu Spannungen und Konflikten. Wir können versuchen, sie zu mildern, sie zu regeln. Dauerhaft beseitigen können wir sie nur, wenn wir die Ursache selbst überwinden, wenn nicht heute, dann morgen oder übermorgen.

Ein geteiltes Volk wird immer wieder die Frage nach seiner Identität stellen, solange ihm die Selbstbestimmung als Ganzes verweigert wird; schon gar, wenn es sich um ein so geschichtlich reiches und geistig vitales Volk wie die Deutschen in der Mitte Europas handelt. Wenn es nicht unsere Generation tut, dann die nächste oder übernächste.

Viele fragen sich heute, warum die deutsche Frage plötzlich wieder in den Mittelpunkt der öffentlichen Diskussion gerückt ist. Die Ursachen sind vielfältig. Sie liegen auch in der Politik der DDR begründet, die, auf der Suche nach einer eigenen nationalen Identität als Ersatz für ihre fehlende demokratische Legitimität, immer stärker die gemeinsame deutsche Geschichte und Kultur bemüht, wenn sie Friedrich des Großen, Gneisenaus, Luthers, Goethes oder Bachs gedenkt.

Und wenn andere ost-und südosteuropäische Staaten immer offensichtlicher ihren eigenen nationalen Weg suchen, ist es nicht verwunderlich, daß diese Anstrengungen besonders bei uns Widerhall finden. Aber auch die ver-'stärkte Diskussion über das Verhältnis zwischen den USA und Westeuropa wie die Bemühungen um eine engere politische, sicherheitspolitische, wirtschaftliche und kulturelle Zusammenarbeit in der Europäischen Gemeinschaft werfen erneut die Frage nach der Zukunft der Deutschen auf. Angesichts dieser internationalen Entwicklungen wäre es doch eher überraschend, wenn die Deutschen ihr eigenes Schicksal unberührt ließe.

Darüber hinaus bleiben alle Verfassungsorgane dem Auftrag des Grundgesetzes verpflichtet, „in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands zu vollenden“. Auch die drei Westmächte haben sich in Art. 7 des Deutschlandvertrages verpflichtet, „bis zum Abschluß der friedensvertraglichen Regelung zusammenzuwirken, um mit friedlichen Mitteln ihr gemeinsames Ziel zu verwirklichen: ein wiedervereinigtes Deutschland, das eine freiheitlich demokratische Verfassung besitzt und in die Europäische Gemeinschaft integriert ist“.

Die deutsche Frage hat den Deutschen nie allein gehört. Sie liegt heute weniger denn je allein in unseren Händen. Ungeachtet der Teilung unseres Vaterlandes ist sie noch immer eine Kernfrage Europas. Es ist die Frage: Wohin gehören die Deutschen? Die Antwort darauf hat in der Geschichte entscheidend das Schicksal unserer Nachbarn in Europa mitbestimmt. Und das gilt auch für die Zukunft. Es wäre ein verhängnisvoller Irrtum zu glauben, daß die deutsche Frage als Thema einseitig nur auf ein bestimmtes politisches Spektrum beschränkt bleiben könnte, zu glauben, es sei nur ein Problem der politischen „Rechten", insbesondere der Vertriebenen und Flüchtlinge, die deshalb innenpolitisch wie international isoliert werden müßten. Die deutsche Frage kann mit gleicher Nachdrücklichkeit auch von der politischen „Linken" gestellt werden. Ansätze dazu gibt es bereits. Die Friedensbewegung und die Grünen haben längst die deutsche Frage auch für unsere Nachbarn neu gestellt, in dem Sinne: Wohin treiben die Deutschen?

Und wenn allein 1984 über 40 000 Deutsche aus der DDR in die Bundesrepublik Deutschland übergesiedelt sind, so bilden auch sie, die sie Verwandte und Freunde zurückgelassen haben, ein Potential, das eine neue Dynamik in die öffentliche Diskussion einführen kann.

Alle demokratischen Kräfte in der Bundesrepublik Deutschland müssen sich deshalb gleichermaßen dazu aufgerufen fühlen, gemeinsame Antworten und Wege zu finden, die eine Politik der Vernunft möglich machen und jeden Extremismus — von links oder rechts — verhindern. Und dies muß auch die Unterstützung unserer Nachbarn finden, in West, aber auch in Ost.

Deutschlandpolitik kann immer nur gewaltlose Politik sein. Wir alle wissen, daß wir die ungelösten Fragen nur gemeinsam mit unseren Nachbarn und nicht gegen sie lösen können und daß wir besonders auf die Einsicht der Sowjetunion angewiesen sind.

Die sowjetische Führung weiß, daß die deutsche Frage nicht dauerhaft gelöst ist. Angesichts ihrer Macht und ihres Selbstbewußtseins sollte sie deshalb dieses Problem nicht länger als eine Bedrohung ihrer Sicherheit oder als Herausforderung ihrer politischen Stärke verstehen. Sie sollte sich mit aufgerufen fühlen, nach politischen Lösungen zu suchen, die den Frieden in ganz Europa dauerhaft sichern können. 3. Äußere Sicherheit Die Bundesrepublik Deutschland hat sich in zahlreichen zweiseitigen wie mehrseitigen Verträgen und Vereinbarungen dazu verpflichtet, weder Gewalt anzudrohen noch anzuwenden. Sie hat freiwillig auf die Produktion wie auf die Verfügung über ABC-Waffen verzichtet. Obwohl sie heute über die stärkste konventionelle Armee in Westeuropa verfügt, kann sie ihre äußere Sicherheit nicht allein garantieren. Wir sind und bleiben auf den nuklearen Schutz der USA und auf die Beistandsverpflichtungen unserer Partner im westlichen Bündnis angewiesen. Dies gilt im besonderen für West-Berlin. Es ist deshalb unser eigenes vitales Interesse, die freundschaftlichen Beziehungen mit den USA lebendig und das NATO-Bündnis funktionsfähig zu halten.

II. Die Natur des Ost-West-Konfliktes

40 Jahre nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges verläuft noch immer mitten durch Deutschland die Schnittlinie zwischen West und Ost, wie sie sich nach Kriegsende herausgebildet hat, bestimmt von dem Kräfteverhältnis und den Konflikten zwischen den beiden Bündnissystemen des Warschauer Paktes und der Nordatlantischen Allianz unter Führung der beiden Weltmächte Sowjetunion und USA Dieser Ost-West-Konflikt ist nach wie vor ein dominierender Faktor in der internationalen Politik, nicht nur für Europa, sondern weltweit.

Als sich in den sechziger Jahren das Schisma der beiden kommunistischen Großmächte Sowjetunion und China verfestigte und sich immer mehr Staaten von ihrer kolonialen Vorherrschaft lösten und im Rahmen der Blockfreien-Bewegung in wachsendem Maße als selbständiger Faktor aufzutreten begannen, schien es, daß sich das bis dahin beinahe alles beherrschende bipolare System der beiden Weltmächte allmählich auflockern würde. Es war die Rede von der Entwicklung eines gleichschenkligen Mächtedreiecks zwischen USA, Sowjetunion und China als die ungleiche Seite oder von einem pentagonalen System, das Westeuropa und die Dritte Welt einschloß. Doch bis heute ist die Bipolarität, der Konflikt zwischen den USA und der Sowjetunion, für die internationale Politik im allgemeinen, für Europa im besonderen bestimmend geblieben.

Die Volksrepublik China befindet sich in einer eindrucksvollen inneren Umbruchphase, deren Ergebnisse noch nicht abzusehen sind. Niemand zweifelt aber daran, daß sie eine potentielle Weltmacht ist. Die Europäische Gemeinschaft ist in den letzten 15 Jahren in der politischen und wirtschaftlichen Integration keinen substantiellen Schritt vorangekommen, um als eigenständige und gewichtige Größe ein bestimmender Faktor der internationalen Politik sein zu können. Und die Dritte Welt ist nur gelegentlich in internationalen Organisationen wie den Vereinten Nationen einheitlich aufgetreten. Es wäre ein großer politischer Fehler, die Komplexität der Staaten der Dritten Welt außer acht zu lassen. Begriffe wie „Schwellenländer" und „Vierte Welt" oder die politische Renaissance des Islam bestätigen die Notwendigkeit verstärkter Differenzierung.

Geblieben ist der Ost-West-Konflikt Er wird im wesentlichen von zwei Faktoren bestimmt: — von der machtpolitischen Rivalität zweier Weltmächte und — von dem ideologischen Konflikt der antagonistischen, d. h. sich gegenseitig ausschließenden politischen, gesellschaftlichen'und wirtschaftlichen Systeme, von dem Konflikt zwischen der freiheitlichen demokratischen Ordnung und dem kommunistischen Herrschaftssystem. Beide Weltmächte sind kontinentale Mächte, militärisch hochgerüstet, wirtschaftlich weitgehend autark. Sie verfolgen ihre Interessen mit weltweitem Anspruch. Ihre militärische Rüstung ist global ausgerichtet. Seit den sechziger Jahren besteht im nuklear-strategischen Bereich Parität. Beide sind politische und militärische Führungsmächte innerhalb ihrer Bündnissysteme. Dieser machtpolitische Rangkonflikt im weltweiten Rahmen erhält seine gefährliche Brisanz durch die Kopplung mit dem ideologischen Konflikt und verleiht ihm seine Dauerhaftigkeit und Dynamik.

Für die sowjetische Führung ist die marxistisch-leninistische Ideologie Rechtfertigung und Antrieb ihrer Politik zugleich, nach innen wie nach außen. Die Ideologie legitimiert den totalen Machtanspruch einer Einpartei-Herrschaft nach innen; sie legitimiert im Rahmen des proletarischen Internationalismus die Kontrolle im sowjetischen Herrschaftssystem und sie dient der Rechtfertigung der expansiven Machtpolitik Moskaus im weltweiten Rahmen, ob in Afghanistan, Kuba, Angola oder Äthiopien. Die Ideologie bleibt somit ein wichtiges Herrschafts-, Kontroll-und Interpretationsinstrument der sowjetischen Politik. Und sie wird immer dann zum Antrieb, wenn es gilt, sozialistische „Errungenschaften" zu sichern oder sogenannte Befreiungsbewegungen zu unterstützen.

Wir bleiben deshalb mit einer Macht konfrontiert, die von der Prämisse ausgeht, daß der Konflikt der Systeme unüberwindbar ist, und die eine Politik der friedlichen Koexistenz mit Staaten unterschiedlicher Gesellschaftsordnung verfolgt, die die Einflußnahme auf die innere Entwicklung durch politischen Klassenkampf und ideologische Konfrontation ausdrücklich einschließt. Entscheidend für Frieden und Sicherheit in West und Ost bleibt, in welcher Form sich dieser ideologische Gegensatz auf die zweiseitigen wie multilateralen Beziehungen auswirkt und wie dieser ständige potentielle Konflikt von beiden Seiten kontrolliert werden kann. Die Gefahr ist zu groß, Gefangener seiner eigenen Ideologie und Propaganda zu werden.

Dieser Ost-West-Konflikt hat zu einem Wettrüsten geführt, das zu einer ständigen Quelle von Spannungen, Unsicherheiten und gegenseitigen Verdächtigungen geführt hat. Ganz zu schweigen von den materiellen Kosten, die dadurch den Völkern auferlegt wurden. Beide Seiten verfügen über eine mehrfache nukleare Zerstörungskraft, über die Kapazität des Zweitschlages und über das Wissen, daß ein nuklearer Einsatz nicht begrenzbar und nicht kontrollierbar ist. Es wird keinen Sieger mehr geben.

Der globale Anspruch der Sowjetunion, ihr Anspruch auf Gleichheit und gleiche Sicherheit gegenüber der Weltmacht USA, ihr Anspruch auf ideologischen Kampf gegenüber den demokratischen Gesellschaftsordnungen des Westens stellen eine ständige Herausforderung für die politische Stabilität und für die Sicherheitsinteressen Westeuropas und damit vor allem der Bundesrepublik Deutschland dar. Das Ziel der Parität der Sowjetunion mit den USA hat zur Superiorität in Europa geführt, nicht nur im nuklearen Bereich: Die sowjetische Aufrüstung mit der nuklearen Mittelstreckenrakete SS 20 war für die Sicherheitsbedürfnisse Moskaus in Europa schlicht überflüssig.

Die politischen Wirkungen schienen der Sowjetunion jedoch Erfolg zu versprechen. Das Entstehen der Friedensbewegung, die Angst-psychose, die vor allem in der Bundesrepublik Deutschland ausgelöst wurde, die innenpolitischen Auseinandersetzungen um die Nachrüstung, die Verfechter einseitiger westlicher Abrüstung, des Austritts aus der NATO, dies alles wollte die sowjetische Führung als Erfolg verbuchen.

Doch die Kurzsichtigkeit dieser Politik ist augenfällig. Wenn die sowjetische Führung das Schreckgespenst einer „imperialistischen Einkreisung“ befürchtet, dann hat sie selbst mit ihrer Rüstungs-und Expansionspolitik kräftig dazu beigetragen. Die SS 20 hat zu einer politischen Annäherung zwischen Japan und der Volksrepublik China und zwischen Japan und der Atlantischen Allianz geführt. Die Atlantische Allianz ist gefestigter denn je. Der Westen hat seine Option auf das Gleichgewicht gewahrt und wird das auch in Zukunft tun. Das globale Gleichgewicht kann nicht stabil sein, solange ein regionales Ungleichgewicht fortbesteht oder bewirkt wird. Dies gilt vor allem für uns Europäer und dies gilt auch im konventionellen Bereich. Sicherlich gilt die konventionelle Überrüstung der Sowjetunion auch der Kontrolle ihres eigenen Machtbereiches. Die sowjetische Führung muß jedoch wissen, daß sie damit zugleich die Sicher-1 heitsinteressen der Westeuropäer unmittelI bar berührt.

Westeuropa sieht sich heute im Osten nicht imehr mit einem Monolithen stalinistischer Prägung konfrontiert. Die Sowjetunion selbst ist vielfältigen inneren Herausforderungen . ausgesetzt. Ihre Verbündeten verfolgen in immer stärkerem Maße ihre eigenen nationalen Interessen. Ausmaß und Methoden variieren von Land zu Land. Diese Entwicklung birgt für den Westen Chancen und Gefahren. Sie bietet die Chance eines evolutionären Wandels im politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bereich. Sie bietet die Chance zu mehr Dialog, zu mehr Zusammenarbeit, zu immer mehr Verständigung. Konflikte können lösbarer werden, wenn sie aus ihrer ideologischen Gefangenschaft befreit werden. Wir müssen alles tun, diesen Prozeß zu fördern.

Die Gefahr besteht darin, daß die Sowjetunion diesen Prozeß als Gefährdung ihrer Macht und ihrer Sicherheit mißversteht und dogmatisch reagiert mit verstärkter politischer Kontrolle und verstärkter Rüstung, und daß sie nicht erkennt, daß sich damit die Chancen für einen stärkeren Interessenausgleich zwischen West und Ost erhöhen und damit ihren eigenen Sicherheitsinteressen dienen und den Frieden sichern helfen.

Aus diesem Gesamtbild ergibt sich, daß wir es als Bundesrepublik Deutschland mit einer höchst unstabilen Außenwelt zu tun haben. Aufgrund unserer europäischen Mittellage, aufgrund unserer politischen und wirtschaftlichen Gegebenheiten sind gerade wir Deutschen aufgefordert, eine aktive Außen-und Sicherheitspolitik zu betreiben und unsere nationalen Interessen in Europa, im Atlantischen Bündnis und weltweit offensiv zu vertreten. Als geteiltes Land, als unmittelbar Betroffene des Ost-West-Konflikts brauchen wir mehr als andere Freunde und Partner. Als hochindustrialisiertes, aber in hohem Maße außen-wirtschaftlich abhängiges Land sind wir auf weltweite Wirtschaftsbeziehungen angewiesen. Als Mitglied der Europäischen Gemeinschaft und des Atlantischen Bündnisses und als eine der führenden Industrienationen der Welt sind wir — ob wir es wollen oder nicht — eine beträchtliche weltwirtschaftliche und, in Grenzen, auch eine weltpolitische Größe geworden. An uns stellen daher immer mehr Völker wachsende Erwartungen — ganz gleichgültig wiederum, ob uns dies gefällt oder nicht oder ob diese Erwartungen in manchen Fällen zu hoch gespannt sind.

Wir sind ein wichtiger Faktor der internationalen Gemeinschaft, ein mit ihr besonders eng verflochtener und damit zugleich ein von ihr besonders abhängiger Bestandteil. Es wäre deshalb wirklichkeitsfremd zu glauben, daß wir Frieden, Freiheit, Sicherheit, soziale Gerechtigkeit und Wohlstand sichern können, wenn wir uns auf uns selbst konzentrieren. Unsere nationalen Interessen verlangen von uns heute ein weltweites Engagement, das viele Bürger bei uns immer noch nicht wahrhaben wollen.

III. Sicherheit und Verständigung — Konstanten deutscher Außen-und Sicherheitspolitik

Angesichts der unstabilen Außenwelt muß sich deutsche Außen-und Sicherheitspolitik vorrangig darauf konzentrieren, auf die Ost-West-Beziehungen in vielfältiger Weise konstruktiv einzuwirken. Dies muß in zweifacher Weise geschehen:

— Wir müssen ständige Vorsorge für unsere äußere Sicherheit treffen.

— Wir müssen gleichzeitig durch Dialog, Zusammenarbeit und Verhandlungen ein produktives Verhältnis zwischen den Staaten in Ost und West anstreben.

Dies sind die beiden unverzichtbaren Grundelemente deutscher Außen-und Sicherheits7

Politik. Sie bedingen sich gegenseitig. Wer die Sicherheit vernachlässigt, entzieht der Politik des Dialogs und der Zusammenarbeit die Grundlage. Wer die Politik der Verständigung in Frage stellt, gefährdet unsere Sicherheit. Diese beiden Elemente stehen in einer engen Wechselwirkung. Die Atlantische Allianz hat diese Prinzipien vor über einem Jahrzehnt im Harmel-Bericht verankert. Sie sind zuletzt bestätigt worden in der Gemeinsamen Erklärung des Bundeskanzlers Helmut Kohl und des amerikanischen Präsidenten Ronald Reagan anläßlich ihrer Gespräche am 30. November 1984 in Washington. 1. Sicherheit durch Gleichgewicht Die Bundesrepublik Deutschland und mit ihr das freie Europa sind konfrontiert mit dem ständig wachsenden konventionellen und nuklearen Rüstungspotential des Warschauer Paktes. Diese militärische Überrüstung ist nicht nur Ausdruck eines übersteigerten Sicherheitsbedürfnisses der Sowjetunion. Sie dient darüber hinaus der militärischen und damit politischen Kontrolle sowohl des sowjetischen Vielvölkerstaates wie des sowjetischen Herrschaftsbereiches. Sie ist Ausdruck einer Politik mit weltpolitischem Anspruch und der Gleichheit gegenüber der Weltmacht USA. Die Nachkriegsgeschichte hat bewiesen, daß die Sowjetunion bis zum heutigen Tag bereit ist, politische Kontrolle und Einfluß mit militärischen Mitteln zu gewinnen und militärische Überlegenheit als politisches Drohinstrument einzusetzen, in Europa wie weltweit. Frieden und Sicherheit in Europa wie zwischen West und Ost im allgemeinen bleiben deshalb nur so lange garantiert, wie ein ungefähres Gleichgewicht zwischen beiden militärischen Paktsystemen gewährleistet ist. Dies gilt im weltweiten Maßstab und muß für uns in Europa gelten. Regionale Ungleichgewichte gefährden das weltweite Gleichgewicht. Militärisches Gleichgewicht in Europa setzt voraus, daß die Europäer selbst und damit wir in der Bundesrepublik Deutschland im Rahmen unserer Möglichkeiten für die notwendige militärische Verteidigungskapazität Sorge tragen. Das militärische Potential Westeuropas wird dafür auf absehbare Zeit nicht ausreichen. Wir brauchen den nuklearen Schirm der USA und die Zusammenarbeit innerhalb der Nordatlantischen Allianz. Die NATO ist damit für uns ein unverzichtbares Fundament unserer Sicherheitspolitik.

Mit dieser Feststellung allein ist es jedoch nicht getan. Das Atlantische Bündnis kann nur funktionieren, solange sich alle Mitgliedstaaten ihrer politischen Prinzipien bewußt bleiben, auf denen die Partnerschaft beruht: auf den Prinzipien der Freiheit, der Demokratie und der Menschenrechte. Sie stellen das Bindemittel dar und müssen ihren konkreten Ausdruck in der gemeinsamen Politik finden.

Das gemeinsame militärische Potential dient der Verteidigung dieser Prinzipien. Damit wird der Verteidigungscharakter des Bündnisses deutlich und verhindert, daß die militärische Stärke des Westens zu einem Bedrohungselement in der internationalen Politik und im Ost-West-Verhältnis im besonderen degeneriert. Mit militärischer Stärke allein kann das westliche Bündnis alles verlieren.

Erst die politische Übereinstimmung verleiht der Atlantischen Allianz Stärke und Überzeugungskraft nach innen wie nach außen. Dies setzt aber auch gleichberechtigte Partnerschaft und eine ausgewogene Lastenverteilung innerhalb des Bündnisses voraus. Sie kann nur auf der Grundlage enger Konsultationen gedeihen. Dies erfordert einen ständigen Prozeß der Abstimmung und der wechselseitigen Verständigung.

Mit der Durchführung des Doppelbeschlusses hat das westliche Bündnis bewiesen, daß es nicht bereit ist, einseitige Veränderungen des Kräfteverhältnisses zwischen West und Ost hinzunehmen. Es hat zugleich bewiesen, daß es die Kraft und die Entschlossenheit besitzt, einen gemeinsamen Beschluß, der den Sicherheitsinteressen der Bündnispartner entspricht, trotz vehementer Drohgebärden der Sowjetunion und trotz innenpolitischer Turbulenzen durchzusetzen, wenn eine Lösung auf dem Verhandlungswege am Widerstand der Sowjetunion scheitert.

Mit der Verweigerung einer Verhandlungslösung hat die sowjetische Führung die Glaubwürdigkeit des westlichen Bündnisses herausgefordert. Hätte das Bündnis dem Druck Moskaus und der „Straße" nachgegeben, dann hätte der freie Westen weltweit kundgetan, daß er nicht in der Lage ist, eine Entscheidung durchzuführen, die dem eigenen Sicherheitsbedürfnis entspricht. Sowohl die USA wie die Europäer wie das Bündnis im gesamten hätten international entscheidend an Vertrauen und Überzeugungskraft verloren. Das Bündnis hat diese Bewährungsprobe bestanden und ist gestärkt aus ihr hervorgegangen.

Dabei haben sich zwei Faktoren als wesentlich erwiesen:

— das enge Vertrauensverhältnis zwischen der Bundesregierung und der amerikanischen Administration und — das enge Zusammenwirken und die gegenseitige Unterstützung der Bundesrepublik Deutschland, Frankreichs, Großbritanniens und Italiens.

Das persönliche Vertrauensverhältnis zwischen Präsident Reagan und Bundeskanzler Kohl und zwischen beiden Administrationen haben zu ständigen und sehr intensiven bilateralen und Bündniskonsultationen geführt. Auf diese Weise konnte die Bundesregierung in entscheidendem Maße auf die amerikanischen Verhandlungsvorschläge bei den Genfer INF-Verhandlungen Einfluß nehmen. Und beide Seiten haben daraus gelernt, daß diese Konsultationen nicht nur den Verhandlungen selbst, sondern auch den jeweiligen Regierungen zu Hause wie dem Bündnis insgesamt zugute kamen.

Das enge freundschaftliche Verhältnis zwischen den USA und der Bundesrepublik Deutschland und das unmittelbare politische Zusammenwirken hat nicht zu mehr Abhängigkeit der Bundesregierung von der amerikanischen Regierung geführt, sondern zu mehr Einfluß und Mitgestaltungsmöglichkeiten der Deutschen in Washington. Wir haben damit auch nicht an Gewicht gegenüber der Sowjetunion und in der internationalen Politik verloren. Im Gegenteil: Unser Gewicht ist gewachsen. Wer den Konflikt mit den USA sucht, um damit seine Unabhängigkeit unter Beweis zu stellen, verliert nicht nur Vertrauen und damit Einfluß in Washington, sondern verstärkt damit auch die ständigen Versuchungen der sowjetischen Führung, vermeintliche Widersprüche im westlichen Bündnis für die eigenen Interessen zu nutzen und Keile zwischen die USA und ihre europäischen Bündnispartner treiben zu wollen.

Das Gewicht der Bundesrepublik gegenüber der Sowjetunion mißt sich daher vor allem an der Intensität unseres Zusammenwirkens mit den USA und an der Geschlossenheit des Bündnisses. Damit verstärken wir unsere Ein-wirkungsmöglichkeiten in Washington, im Bündnis und damit auch auf die Ost-West-Beziehungen. Die Bundesregierung ist international gerade auch deshalb ein gesuchter Gesprächspartner, weil man um ihre Freundschaft und ihren Einfluß in Washington weiß.

Die zweite wichtige Bestätigung, die die Bundesregierung in den letzten beiden Jahren erfahren hat, waren die politischen Vorteile, die sich aus der eindrucksvollen Übereinstimmung im besonderen zwischen der französichen, der britischen und der Bundesregierung ergaben. Die uneingeschränkte Unterstützung von Paris hat den Handlungsspielraum der deutschen, der britischen wie der italienischen Regierung in der Durchsetzung der sicherheitspolitischen Interessen innen-und außenpolitisch entscheidend vergrößert und kam allen Partnern zugute. Daraus erwuchs auch das gemeinsame Interesse, die außen-und sicherheitspolitische Zusammenarbeit innerhalb der Europäischen Gemeinschaft auszubauen. Sichtbarer Ausdruck dafür ist auch der Versuch, die Westeuropäische Union wiederzubeleben. 2. Sicherheit durch Abschreckung Das ungefähre Gleichgewicht zwischen West und Ost hat in den letzten 40 Jahren dazu beigetragen, den Frieden in Freiheit zu sichern. Es ist ein Gleichgewicht durch Abschreckung. Beide Seiten verfügen über das nukleare Potential des Zweitschlages. Beide Seiten wissen, daß eine nukleare Auseinandersetzung die Apokalypse bedeutet. Angesichts der angehäuften Waffenarsenale bedeutet jedes Rüsten mit dem Ziel der Überlegenheit die Fortsetzung der Rüstungsspirale. Ein solches Wettrüsten schafft nicht mehr, sondern weniger Sicherheit und ist damit ein Irrsinn in sich selbst.

Trotz der nuklearen strategischen Parität zwischen den USA und der Sowjetunion hat die sowjetische Aufrüstung mit nuklearen Mittelstreckenraketen vom Typ SS 20 jedoch bewiesen, daß die Versuchung anhält, sich einseitige Vorteile auch im nuklearen Bereich zu verschaffen. Und niemand sollte vergessen, daß diese Aufrüstung zu einem Zeitpunkt begonnen hatte, als in den siebziger Jahren mit der Unterzeichnung der KSZE-Schlußakte in Helsinki und mit den zweiseitigen Ostverträgen der Höhepunkt der Entspannungspolitik zwischen West und Ost erreicht schien.

Im gleichen Zeitraum vergrößerte sich auch das konventionelle Ungleichgewicht zugunsten des Warschauer Paktes. Es war deshalb nicht überraschend, daß die öffentliche Diskussion darüber ausbrach, ob wir uns immer mehr einer nuklearen Katastrophe nähern. Auch die notwendig gewordenen Gegenmaßnahmen des westlichen Bündnisses zur Sicherung des Gleichgewichts haben bei manchen Bürgern die Ängste nur vermehrt. Die Sowjetunion hat das ihrige dazu getan, die Nachrüstung des Westens als Störung des Friedens zu verteufeln.

Damit sind alle politisch Verantwortlichen herausgefordert, schwierigste und häufig widersprüchliche Fragen zu beantworten: Kann die Strategie der Abschreckung auch in Zukunft den Frieden sichern? Wächst mit der weiteren Anhäufung und Fortentwicklung der nuklearen Systeme die Gefahr, begrenzte nukleare Kriege führen zu können? Wächst die Gefahr, daß der Einsatz nuklearer Waffen außer Kontrolle gerät und damit der berühmte Fingerdruck auf den roten Knopf durch Zufall, Mißverständnisse oder Fehleinschätzung wahrscheinlicher wird? Erhöht das konventionelle Ungleichgewicht zugunsten des Ostens nicht die Gefahr eines Krieges mit konventionellen Mitteln in Europa, weil die Sowjetunion glauben könnte, daß die nukleare Abschreckung aufgrund der strategischen Parität beider Weltmächte nicht mehr wirksam ist und eine konventionelle Aggression somit erfolgreich sein könnte? Oder führt das konventionelle Ungleichgewicht nicht dazu, daß der Westen gezwungen sein könnte, zu früh nuklear zu reagieren?

Das westliche Bündnis hat wichtige Schritte eingeleitet, die Handlungsfähigkeit der Allianz in vollem Umfang zu erhalten und die Abschreckung auf allen Ebenen zu stärken. Auf ihren Herbsttagungen 1984 hat die NATO beschlossen, die konventionelle Komponente zu stärken, um damit die Nuklear-schwelle anzuheben. Gleichzeitig hat sie begonnen, 2 400 nukleare Kurzstreckensysteme einseitig abzubauen. Die entscheidenden Initiativen bleiben aber die Abrüstungs-und Rüstungskontrollverhandlungen zwischen West und Ost auf allen Ebenen. 3. Sicherheit durch Abrüstung und Rüstungskontrolle Präsident Reagan und Bundeskanzler Kohl haben in ihrer gemeinsamen Erklärung vom 30. November 1984 noch einmal das politische Konzept des Nordatlantischen Bündnisses bekräftigt, daß „Abschreckung und Verteidigung zusammen mit Rüstungskontrolle und Abrüstung integrale Bestandteile ihrer Sicherheitspolitik sind".

Am 8. Januar dieses Jahres haben die USA und die Sowjetunion vereinbart, „wirksame Übereinkünfte auszuarbeiten, deren Ziel es ist, ein Wettrüsten im Weltraum zu verhindern und es auf der Erde zu beenden, die atomaren Waffen zu begrenzen und zu verringern und die strategische Stabilität zu festigen". Diese Verhandlungen im Rahmen der drei vereinbarten Foren wie alle generellen Bemühungen müssen „zur Begrenzung und Verringerung der Rüstung zur vollständigen und allseitigen Beseitigung von Kernwaffen führen".

Seit über zehn Jahren wird in Wien über den Truppenabbau in Mitteleuropa im Rahmen von MBFR verhandelt Seit einem Jahr wird in Stockholm eine Einigung über vertrauensund sicherheitsbildende Maßnahmen und Abrüstung in Europa (KVAE) angestrebt. In Genf wird um ein nachprüfbares, umfassendes und weltweites Verbot chemischer Waffen gerungen. Nimmt man die Genfer Abrüstungskonferenz hinzu, ergibt sich ein hoffnungsvolles Bild umfassender Abrüstungs-und Rüstungskontrollverhandlungen. Doch der Weg zu konkreten und damit wirksamen Vereinbarungen ist noch weit. Viel Geduld und zähes Ringen wird erforderlich sein. Angesichts der Schwierigkeit und Komplexität der Probleme müssen wir auch in Zukunft mit Rückschlägen rechnen.

Überall dort, wo die Bundesregierung mit am Verhandlungstisch sitzt, hat sie die westlichen Vorschläge initiiert und weiterentwikkelt. Mit gleichem Nachdruck wird sie die deutschen und europäischen Interessen auf den anderen Foren einbringen, um Ergebnisse zu ermöglichen und mitzubestimmen. Erfolge werden sich aber nur einstellen, wenn sich auch die politischen Beziehungen zwischen Ost und West konstruktiv entwickeln.

IV. Politische Entspannung durch Dialog, Zusammenarbeit und Verständigung

Enttäuscht über die bisherigen Ergebnisse der Entspannungspolitik kann nur der sein, der die Ursachen der Spannungen niemals richtig eingeschätzt oder der geglaubt hat, sie seien in wenigen Jahren zu überwinden. Was wir heute erreichen können und müssen, ist die Begrenzung und Kontrolle von Spannungen und Konflikten. Darüber hinaus müssen wir uns auf die Interessen konzentrieren, die Ost und West gemeinsam sind. Neues Vertrauen zwischen West und Ost kann nur gewonnen werden, wenn wir auf der Grundlage gemeinsamer Interessen den ständigen Dialog führen und Zusammenarbeit ermöglichen. Deutsche Ostpolitik kann nicht isoliert betrieben werden. In welch starkem Maße sie vom Gesamtverhältnis zwischen West und Ost abhängig ist, konnten wir im zurückliegenden Jahr erleben, als Generalsekretär Honecker und der bulgarische Präsident Schiwkow kurzfristig ihre vereinbarten Besuche in der Bundesrepublik Deutschland verschieben mußten. Die Ost-West-Beziehungen bleiben maßgeblich von dem Ausmaß der Verständigung zwischen den beiden Weltmächten USA und Sowjetunion bestimmt. 1. Die sowjetisch-amerikanischen Beziehungen müssen verbessert werden Nichts kann den Dialog und die konstruktive Zusammenarbeit zwischen Moskau und Washington ersetzen. Als Grundlage der Beziehungen fordert die UdSSR die Anerkennung des Prinzips der Gleichheit und der gleichen Sicherheit. Präsident Reagan hat in der gemeinsamen Erklärung mit Bundeskanzler Kohl bestätigt, daß der Ost-West-Dialog „auf der Anerkennung gegenseitiger legitimer Sicherheitsinteressen beruhen und auf der Grundlage der Gleichberechtigung aller Beteiligten geführt werden" muß. Beide Seiten müssen auf militärische Potentiale verzichten, die über die legitimen Verteidigungserfordernisse hinausgehen, und das in der Charta der Vereinten Nationen verankerte Verbot der Androhung oder Anwendung von Gewalt strikt einhalten. Es darf keinen Anspruch einer Seite auf militärische Überlegenheit geben.

Auf der Grundlage dieser Prinzipien, wie sie auch in der Schlußakte von Helsinki ihren Ausdruck gefunden haben, müssen die Beziehungen gestaltet werden. Präsident Reagan hat der sowjetischen Führung „regelmäßige Gespräche und Zusammenkünfte auf hoher Ebene" angeboten, die den Willen beider Seiten zeigen würden, „in Fragen des Friedens, der Sicherheit und der internationalen Stabilität zusammenarbeiten" zu wollen. Dies schließt Gespräche über regionale Krisen und wirtschaftliche Zusammenarbeit ein. Inzwischen hat der amerikanische Sicherheitsberater McFarlane gemeinsame Gespräche über die Nahost-Probleme angekündigt. Ebenso hat vor kurzem ein intensives Gespräch zwischen Washington und Moskau über die Intensivierung der Wirtschaftsbeziehungen stattgefunden. Damit haben beide Seiten auf der politischen, sicherheitspolitischen wie wirtschaftlichen Ebene wichtige Signale gesetzt. Doch dieser Dialog bliebe ein Torso, wenn er nicht seine Ergänzung in der Zusammenarbeit zwischen den europäischen Mitgliedern beider Bündnissysteme fände. 2. Deutsche Ostpolitik Bei seinem letzten Zusammentreffen mit Bundeskanzler Kohl hat Präsident Reagan die „anhaltenden Bemühungen der Bundesrepublik Deutschland um Dialog und Zusammenarbeit mit der Sowjetunion und allen Staaten Mittel-und Osteuropas begrüßt". In seiner Regierungserklärung am 4. Mai 1983 hatte Bundeskanzler Helmut Kohl als politisches Ziel erklärt, „eine neue und bessere Qualität der Beziehungen zur Sowjetunion und zu den Staaten des Warschauer Paktes" erreichen zu wollen und die Gespräche „auf allen Ebenen" zu führen und, wenn möglich, zu vertiefen. Dieser Dialog sollte „mit einer gewissen Regelmäßigkeit" erfolgen.

Seit 1983 haben der Bundeskanzler und Außenminister Genscher mehrfach Gespräche mit den sowjetischen Generalsekretären Andropow und Tschernenko, mit Ministerpräsident Tichonow, Verteidigungsminister Ustinow und Außenminister Gromyko geführt. In allen seinen Gesprächen hat Bundeskanzler Kohl erklärt, daß die Sowjetunion für die Bundesrepublik Deutschland der wichtigste Nachbar im Osten bleibt.

Deutsche Ostpolitik ist in dem Augenblick zum Scheitern verurteilt, wenn sie den Versuch unternehmen würde, Politik an Moskau vorbei zu betreiben oder einzelne Mitglieder des Warschauer Paktes gegenüber Moskau oder untereinander ausspielen und soge-nannte Sonderverhältnisse entwickeln zu wollen.

Die Bundesregierung hat auch zu keinem Zeitpunkt Zweifel darüber aufkommen lassen, daß die Grundlage ihrer Ostpolitik alle geschlossenen Verträge sind, „nach deren Buchstaben und Geist wir unsere Politik mit dem Osten gestalten wollen". So heißt es in der Regierungserklärung vom 4. Mai 1983. Dabei geht es nicht nur um eine Respektierung der Ostverträge. Dies ist bare Selbstverständlichkeit. Die Verträge sollen vielmehr als Instrumente zur Fortentwicklung der Beziehungen genutzt werden. Die Bundesregierung bleibt fest entschlossen, ihren Beitrag zur Überwindung des Ost-West-Konflikts zu leisten.

Doch die Ostpolitik der Bundesregierung wie des Westens insgesamt kann nur dann erfolgreich sein, wenn sie von den angesprochenen Regierungen des Warschauer Paktes ein positives Echo erfährt. Der gute Wille einer Seite allein reicht nicht aus. Die konstruktive Gestaltung bilateraler wie multilateraler Ost-West-Beziehungen kann nur gelingen, wenn beide Seiten aufeinander zugehen, wenn beide Seiten Gespräche und Verhandlungen nicht mit Vorbedingungen belasten. Keine Seite darf der anderen etwas zumuten, was sie nicht will, daß es ihr zugemutet wird. Angesichts der vielfältigen fundamentalen Gegensätze werden spektakuläre Ergebnisse die Ausnahme bleiben und Kompromisse die Regel. Jedoch ist jeder kleine Schritt vorwärts besser als gar keiner und mit Sicherheit besser als jeder Rückschritt. Aber auch ein solcher kann in Zukunft nicht ausgeschlossen werden.

Dialog und Zusammenarbeit setzen aber auch ein bestimmtes Klima im Umgang miteinander voraus. Einmischungen in die inneren Verhältnisse des anderen Partners oder Kampagnen, die die Gegenseite zu diffamieren versuchen, wirken sich zwangsläufig negativ auf alle Ebenen der Beziehungen aus, auch auf die wirtschaftliche. Niemand will und soll die Gegensätze zwischen West und Ost totschweigen, aber die öffentlichen Auseinandersetzungen darüber erfordern einen Stil, der sachlich bleibt, der nicht persönlich verletzend wirkt, der nicht zur Verschärfung der Lage beiträgt, sondern der anderen Seite deutlich macht, daß es in ihrem Interesse liegt und im Interesse konstruktiver internationaler Beziehungen ist, solche Mißstände zu beseitigen. Die beste Grundlage für Dialog, Zusammenarbeit und Verständigung bilden gemeinsame Interessen. Wir können deshalb nicht genug Kreativität und Phantasie entwickeln, um unseren Nachbarn deutlich zu machen, wo solche gemeinsamen Interessen vorhanden sind und wie wir auf ihnen aufbauen können.

Und es gibt solche gemeinsamen Interessen: die Sicherung des Friedens, der Abbau von Rüstungen, aber auch die Entwicklung wirtschaftlicher Beziehungen zum gegenseitigen Vorteil, die Lösung von Umweltproblemen, kultureller, wissenschaftlicher und technologischer Austausch. Doch Voraussetzung bleibt der gute Wille beider Seiten. Er kann nicht einseitig erzwungen werden.

Für uns in der Bundesrepublik Deutschland wie für den Westen insgesamt bleibt die Frage, ob die Sowjetunion bereit ist, auf einen solchen Kurs der Vernunft einzuschwenken? Setzt eine solche Politik nicht einen grundlegenden Wandel der sowjetischen Politik voraus? Und wie wäre dieser zu erreichen? Es bleibt unsere Aufgabe, nicht nur ständig darüber nachzudenken, sondern Mittel und Wege zu finden, die eine Zusammenarbeit ermöglichen, die Gräben überwinden und nicht neue aufreißen. Dies gilt auch gegenüber allen osteuropäischen Staaten, gegenüber der DDR genauso wie gegenüber Polen, der CSSR, Ungarn, Rumänien und Bulgarien. Und jeder Staat will für sich selbst ernst genommen werden. Die Warschauer Pakt-Staaten verstehen sich nicht als monolithischer Block. Auch unsere Interessen sind gegenüber jedem einzelnen dieser Staaten nicht gleichgerichtet

Die ungelöste deutsche Frage und die Fortdauer der Vier-Mächte-Verantwortung für Deutschland als ganzes und für Berlin bestimmen naturgemäß auch unsere bilateralen Beziehungen. Das unverzichtbare Ziel der Selbstbestimmung und der Menschenrechte für alle Deutschen ist aber nicht zuallererst eine territoriale Frage. Seit Konrad Adenauer hat das Ziel der Freiheit Vorrang vor Einheit.

Wer aber jetzt ständig eine Politik einfordert, die nicht einlösbar ist, schwächt nicht nur die Glaubwürdigkeit deutscher Außenpolitik und deutscher Ostpolitik im besonderen, sondern muß sich überlegen, ob er nicht Entwicklungen in ganz Europa hemmt oder billige Vorwände liefert, deutsche Politik zu verdächtigen und sie ihrer Wirkungskraft zu berauben Und zwar in einem Augenblick, in dem Prozesse in Gang gekommen sind, die am Ende genau dorthin führen können, wo wir alle unc alle Europäer hinwollen, in Richtung aul mehr Menschenrechte und auf die Überwin düng von Grenzen in ganz Europa. 3. Europäische Entwicklungen Eine Lösung der deutschen Frage kann deshalb nur im größeren Rahmen der europäischen Politik angestrebt werden. Wir müssen uns daher auf zwei Prozesse konzentrieren, die das Europa von heute grundlegend verändern können.

In diesem Jahr jährt sich der 10. Jahrestag der Unterzeichnung der KSZE-Schlußakte von Helsinki. Sie stellt den Versuch der 35 Teilnehmerstaaten aus Europa und Amerika dar, die Prinzipien und die Felder der Zusammenarbeit gemeinsam zu definieren. Der erste Teil der KSZE-Schlußakte, der sogenannte I.

Korb, befaßt sich mit den „Fragen der Sicherheit in Europa". Darin sind sowohl die Prinzipien der „stetigen Entwicklung freundschaftlicher Beziehungen" formuliert wie die Regeln über „vertrauensbildende Maßnahmen und bestimmte Aspekte der Sicherheit und Abrüstung". Korb II befaßt sich mit den konkreten Fragen der „Zusammenarbeit in den Bereichen der Wirtschaft, der Wissenschaft und der Technik sowie der Umwelt". Korb III enthält die Vereinbarungen über die „Zusammenarbeit in humanitären und anderen Bereichen". Diese Schlußakte wurde einstimmig angenommen und von allen Teilnehmerstaaten in West und Ost unterzeichnet.

Die Konferenz von Helsinki hat die Spaltung Europas nicht überwinden können. Dies hatte auch niemand erwartet. Sie war nicht der Schlußpunkt einer Entwicklung mit abschließenden Ergebnissen; sie hat aber für eine Vielzahl von Problemen, die sich für Europa und für die Ost-West-Beziehungen heute und künftig stellen, mehr oder weniger klar definierte Prinzipien, Richtlinien und Handlungsvorschläge formuliert, deren Durchsetzung das Bild Europas grundlegend verändern würden.

Wir müssen diesen Prozeß entschieden fortführen. Er hat in den letzten zehn Jahren deutliche Wirkungen in den Warschauer Pakt-Staaten hervorgerufen. Er hat es ermöglicht, daß 1983 die Folgekonferenz in Madrid erfolgreich abgeschlossen werden konnte und trotz der Durchführung des NATO-Doppel-beschlusses im Januar 1984 zur Eröffnung der Stockholmer Konferenz über vertrauens-und sicherheitsbildende Maßnahmen und Abrü-B stung in Europa geführt. 1985 wird in Ottawa das für uns so wichtige Expertentreffen über Menschenrechte und 1986 in Bern das über menschliche Kontakte stattfinden. Damit sind wichtige Ost-West-Foren vorgegeben, die den Dialog und die Verständigung fortführen können. Dort wird die Sowjetunion ihren Willen zur Zusammenarbeit erneut unter Beweis stellen müssen.

Gleichzeitig stehen wir in Westeuropa vor einem schicksalhaften Jahr. 1985 wird sich erweisen, ob die Partnerstaaten der Europäischen Gemeinschaft die Kraft aufbringen werden, einen substantiellen Schritt in der politischen Zusammenarbeit voranzukommen. Im Juni will der Europäische Rat in Mailand darüber beraten und Entscheidungen treffen. Wird es gelingen, einen neuen, großen Schritt in der Gemeinschaft einzuleiten in Richtung auf eine Wirtschafts-und Währungsunion, in Richtung auf eine gemeinsame europäische Außen-und Sicherheitspolitik, in Richtung auf eine Politische Union und der Einrichtung und Fortentwicklung gemeinsamer Institutionen?

Jeder Schritt in diese Richtung ist ein Beweis dafür, daß Nationen, die sich noch vor vier Jahrzehnten als Feinde gegenüberstanden, freundschaftliche Beziehungen entwickeln, Grenzen überwinden und Formen der Zusammenarbeit begründen können, die dem Frieden, der Freiheit, der Gerechtigkeit und dem Wohlstand der Völker dienen, in Europa wie weltweit. Eine solche Politik wird ihre Wirkungen auch auf die Ost-West-Beziehungen haben, als Faktor des Friedens und der Stabilität in Europa.

Deutsche Außen-und Sicherheitspolitik braucht keine „neuen" Perspektiven. Wir haben sie längst. Sie erfordern aber aktives Handeln in Europa, im Bündnis, in den Ost-West-Beziehungen und weltweit. Die Bundesrepublik Deutschland ist zu groß, zu wichtig und zu abhängig, um sich auf sich selbst zurückziehen zu können und Nabelschau zu halten. Dieser internationalen Verantwortung müssen sich alle Bürger stellen, wenn der Friede in Freiheit gesichert und Selbstbestimmung und Menschenrechte für alle Deutschen Wirklichkeit werden sollen.

Fussnoten

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Horst Teltschik, Dipl. -Pol., geb. 1940; Studium der Politikwissenschaft, Neueren Geschichte und des Völkerrechts an der Freien Universität Berlin; 1968— 1970 wissenschaftlicher Assistent am Otto-Suhr-Institut der Freien Universiät Berlin; 1970— 1972 Leiter der Gruppe Außen-und Deutschlandpolitik in der CDU-Bundesgeschäftsstelle; 1972— 1976 Referent in der Staatskanzlei Rheinland-Pfalz; 1977— 1982 Leiter des Büros des Vorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion; seit Oktober 1982 Leiter der Abteilung für Auswärtige und Innerdeutsche Beziehungen, Entwicklungspolitik, Äußere Sicherheit im Bundeskanzleramt. Veröffentlichungen: Aufsätze über deutsche Außen-und Sicherheitspolitik sowie über internationale Politik in verschiedenen Fachzeitschriften und Zeitungen.