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Der Wandel organisierter Interessen in der Bundesrepublik. Erosion oder Transformation? | APuZ 49/1985 | bpb.de

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APuZ 49/1985 Der Wandel organisierter Interessen in der Bundesrepublik. Erosion oder Transformation? Soziale Konflikte und Parteiensystem in der Bundesrepublik

Der Wandel organisierter Interessen in der Bundesrepublik. Erosion oder Transformation?

Ulrich von Alemann

/ 42 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Organisierte Interessen sind allgegenwärtig im liberaldemokratisch verfaßten politischen System der Bundesrepublik Deutschland. Organisierte Interessen sind der Vermittlungsstoff zwischen dem Mikrobereich des Individuums und der Makroebene der politischen Institutionen. Die vergangenen Jahrzehnte waren gekennzeichnet durch einen immer schnelleren Wechsel von Kristallisationskernen öffentlicher Aufmerksamkeit und von Anknüpfungspunkten für eine Organisation von Interessen: Studentenbewegung, Bürgerinitiativen, Selbsthilfegruppen, Frauenbewegung, Volkszählungsboykottbewegung. Erleben wir hier einen Zerfall der Integrations-und Organisationskraft großer Gruppen und Verbände wie Gewerkschaften, Parteien, Sportverbände? Oder deuten alle diese Tendenzen auf eine normale Transformation der Organisierung von Interessen hin? Die Hauptthese des Beitrags lautet: Gerade der Wandel der Formen organisierter Interessenpolitik ist deren hervorragendes Kennzeichen und ermöglicht ein sensibles Reagieren auf gesellschaftlichen Wandel. Zunächst wird der recht diffuse Begriff „organisierte Interessen" eingegrenzt. Dann wird ein Überblick der organisierten Interessen der Bundesrepublik gegeben, um den eigentlichen Gegenstand dem Leser vorzustellen. Schon bei der Übersicht der unterschiedlichen Verbandsformen und -typen wird auf Wandlungstendenzen aufmerksam gemacht. Im nächsten Schritt werden anhand von Leitfragen die wichtigsten Erklärungsversuche aus der wissenschaftlichen Diskussion zur Organisation von Interessen eingeführt. Danach werden mit drei Fallbeispielen — Umweltschutz, Informationsgesellschaft, Parteienfinanzierung — Veränderungen von Form, Inhalt und Methoden organisierter Interessen illustriert Ein abschließendes Fazit versucht, eine Antwort auf die Eingangsfrage zu formulieren.

I. Einleitung

Leitende Erklärungsansätze der Organisation von Interessen

Organisierte Interessen sind allgegenwärtig im liberal-demokratisch verfaßten politischen System der Bundesrepublik Deutschland. Von der losen Bürgerinitiative über den eingetragenen Verein, von der umfassenden Einheitsgewerkschaft über den mächtigen Verband der Pharmazeutischen Industrie, von der Humanistischen Union bis hin zum ADAC — all diese Formen von organisierten Interessen sind der eigentliche Vermittlungsstoff zwischen Mikrobereich des Individuums und Makroebene der politischen Institutionen.

Ein beweglicher intermediärer Bereich organisierter Interessen ist geradezu das Kennzeichen eines relativ offenen Gesellschaftssystems gegenüber der Geschlossenheit autoritärer Regime, für die staatliche Kontrolle aller gesellschaftlichen Organisationsformen charakteristisch ist

Der gesamte intermediäre Bereich zwischen der Lebenswelt des einzelnen und seinen Primärgruppen mit unmittelbarem Kontakt im Alltag einerseits und dem Bereich politisch-administrativer Entscheidungen andererseits umfaßt viel mehr als die organisierten Interessen. Dazu gehören die politischen Parteien ebenso wie die Massenmedien. Da die öffentliche Kommunikation und die ökonomische Kommunikation in Form der Konsumwerbung fast ausschließlich über Massenmedien vermittelt wird, sind diese neben den Parteien und Interessenorganisationen die dritte Säule des gesamten intermediären Bereichs.

Die Medien können in diesem Beitrag aber nur am Rande angesprochen werden, und zwar immer dann, wenn sie für den Wandel organisierter Interessen bedeutsam sind. Auch die politischen Parteien, die den organisierten Interessen oft so nahe stehen, daß sie kaum unterscheidbar werden, sollen hier im Hintergrund bleiben.

Dabei ist für die politische Entscheidungsbildung gerade das Zusammenwirken von Parteien und Verbänden eines der wichtigsten Charakteristika. Obwohl beide in ihrer histo-rischen Entstehung gemeinsam Kinder der bürgerlichen Gesellschaft des 19. Jahrhunderts sind, obwohl sich ihre Funktionen und Strukturen auch heute vielfach überlappen werden die Parteien hier in dieser Darstellung abgetrennt, um sich besser auf die Veränderungstendenzen organisierter Interessen konzentrieren zu können.

In den vergangenen zwei Jahrzehnten erlebten wir in der Bundesrepublik einen immer schnelleren Wechsel von Kristallisationskernen öffentlicher Aufmerksamkeit und von Anknüpfungspunkten für eine Organisation von Interessen: Studentenbewegung, Bürgerinitiativen, Selbsthilfegruppen, Frauenbewegung, Friedensbewegung, Volkszählungsboykottbewegung. Etablierte Großorganisationen wie Gewerkschaften, Parteien oder Sportverbände beklagen einen nachlassenden Organisationsgrad; sie erfahren insbesondere einen Schwund jugendlicher Mitglieder.

Erleben wir hier einen Zerfall der Interpretations-und Organisationskraft großer Gruppen und Verbände? Stehen wir vor einer Erosion des Systems organisierter Interessen? Zerfallen die Grundlagen für die Herausbildung fester Gruppeninteressen, weil sich für eine wachsende Zahl von Individuen die dauerhaften und damit organisierbaren Iteressenbildüngen verflüssigen und verflüchtigen? Lösen sich die arbeits-und berufsbezogenen Positionsbestimmungen durch Strukturkrise und Strukturwandel der Wirtschaft immer weiter auf

Damit ist ein erster Fragenkomplex nach der Erosion der Interessenvermittlung formuliert. Können aber nicht all diese Tendenzen auch auf eine normale Transformation hindeuten? Ist eine durchaus grundlegende Veränderung der Organisation von Interessen im Gange, die aber keineswegs zur Auflösung führen muß? Sind nicht Bürgerinitiativen, Selbsthilfegruppen, ganz allgemein soziale Bewegungen auch organisierte Interessen, nur eben von einem anderen Typus als etablierte Verbände? Waren nicht manche, wie die Gewerkschaften, in ihrer Frühzeit ebenfalls nichts anderes als soziale Bewegungen?

Die Hauptfragestellungen des vorliegenden Beitrages werden sich auf eben diese Wandlungstendenzen von Form und Inhalt des Systems organisierter Interessen richten. Führen die Wandlungstendenzen zu einer bedrohlichen Erosion oder zu einer bedeutsamen Transformation der Interessenvermittlung? Lösen sich traditionelle Formen der Interessenvermittlung auf, etablieren sich neue Muster der politischen Form? Schwächen die ökonomischen und ökologischen Krisenerscheinungen durch Überlastung und Überbeanspruchung der politischen und gesellschaftlichen Vermittlungsinstrumente die Substanz des politischen Systems oder ist im Gegenteil eine Stärkung, eine reinigende, aktivierende, mobilisierende und motivierende Wirkung durch die Krisen zu beobachten?

Die Hauptthese dieses Beitrages wird sein, daß gerade der Wandel der Formen organisierter Interessenpolitik deren hervorragendes Kennzeichen ist. Es gibt kein finales Modell der Interessenvermittlung, sondern durch deren Widersprüchlichkeit ein schnelles und sensibles Reagieren auf gesellschaftlichen Wandel.

Diese Hauptthese soll am Schluß wieder aufgenommen werden. Zunächst soll der recht diffuse Begriff „organisierte Interessen" eingegrenzt, dann ein Überblick der organisierten Interessen in der Bundesrepublik gegeben werden, um dem Leser den eigentlichen Gegenstand vorzustellen. Schon bei der Über-sicht der unterschiedlichen Verbandsformen und -typen wird auf Wandlungstendenzen aufmerksam gemacht. Im nächsten Schritt werden anhand von Leitfragen die wichtigsten Erklärungsversuche aus der wissenschaftlichen Diskussion zur Organisation von Interessen eingeführt. Danach werden mit drei Fallbeispielen — Umweltschutz, Informationsgesellschaft, Parteienfinanzierung — Veränderungen von Form, Inhalt und Methoden organisierter Interessen illustriert Ein abschließendes Fazit versucht eine Antwort auf die Eingangsfrage zu formulieren.

II. Der Begriff „organisiertes Interesse“

Gesellschaftliche Entwicklungsphasen und korrespondierende Bewegungen 44)

Organisierte Interessen umgreifen ein breites Feld, dessen Grenzen nur vage mit der Mikroebene direkter persönlicher Sozialbeziehungen des einzelnen einerseits und der Makro-ebene formaler politischer Institutionen, aber auch formaler ökonomischer Organisationen andererseits abgesteckt werden kann. Der Begriff „organisiertes Interesse" ist deshalb weiter als andere verwandte Begriffe wie Verbände, Interessengruppen, pressure groups usw., weil mit organisierten Interessen zwei Aktivitätsformen zusammengefaßt werden. Zum einen ist dies die nach innen gerichtete Organisation gemeinsamer Interessen (z. B. eines Sportvereins oder einer sozialen Selbsthilfeorganisation), zum anderen die nach außen gerichtete Organisierung gemeinsamer Interessen gegenüber anderen Gruppen oder der politischen Willensbildung (z. B. eine Gewerkschaft, ein Berufsverband oder der Mieterbund). In der Realität verbinden sich häufig beide Aktionsformen organisierter Interessen. Ein typisches Beispiel ist der ADAC, der gleichzeitig Autosportclub, Autofahrerverbraucherverband, Serviceorganisation und Autolobby in einem ist.

Die beiden Kernbegriffe Organisation und Interesse verkörpern eher unscheinbare Allerweltsvokabeln und sind dennoch Schlüsselkategorien der Sozialwissenschaften und insbesondere der politischen Soziologie. „Unsere Gesellschaft ist eine organisierte Gesellschaft" — dies stellt die Organisationssoziologie fest. „In Organisationen oder in engem Kontakt mit ihnen verbringt der einzelne als Mitglied, Klient oder Kunde oder in anderer Weise Betroffener einen wesentlichen Teil seines Lebens. In Organisationen wird er geboren, erzogen, gebildet und ausgebildet, verwahrt und umerzogen. Von Organisationen wird er versorgt, betreut, gestützt und kontrolliert. In Organisationen übt er seinen Beruf aus und geht er seiner Arbeit nach, verdient er seinen Lebensunterhalt und macht er Karriere — oder auch nicht In Organisationen erfährt er aber auch, was Kooperation und Konflikt, was Status und Prestige, was Herrschaft und Abhängigkeit, was Fremd-und Selbstbestimmung, was Schicht-und Klassenzugehörigkeit bedeuten."

Der Allgegenwart von Organisationen widmet die Soziologie intensive Aufmerksamkeit Günter Büschges schlägt folgende Definition vor: „Organisationen sind von Menschen erfundene, zur Verwirklichung spezifischer Zwecke geschaffene, planmäßig gestaltete, herrschaftlich verfaßte und relativ dauerhafte soziale Gebilde mit formalisierten Miglied-Schaftsbedingungen, Ein-und Austrittsregelungen, arbeitsteilig differenzierten und hierarchisch oder demokratisch geordneten Positionen und Rollen, festgelegten Arbeitsprogrammen, zurechenbaren Aktionen und teils integrierenden, teils konfligierenden Strukturen und Prozessen."

Für die Organisationssoziologie ist somit jedes gewerbliche Unternehmen, jede Verwaltung, jede staatliche Institution oder kirchliche Körperschaft, jede Armee oder supranationale Einheit wie die UNO eine Organisationsform. Dies eröffnet gerade für die Analyse von Organisation und Herrschaft wichtige Querbezüge für alle Grundtatbestände organisierten Handelns in der Gesellschaft.

Der hier verwendete politikwissenschaftliche Begriff „organisierte Interessen“ soll indessen enger gefaßt werden, da nur freiwillige Zusammenschlüsse außerhalb von Erwerbstätigkeit und von politischen Parteien erfaßt werden sollen. Und er soll den Organisationsbegriff weit fassen, denn auch spontane, kurzfristige oder lose verbündete Gruppen (wie soziale Bewegungen) weisen die Grundmerkmale von Organisation auf.

Auch das „Interesse" ist — anders als so bedeutungsschwere politikwissenschaftliche Grundbegriffe wie Macht, Herrschaft, Demokratie, Frieden oder Konflikt — heute ein blasses Wort der Alltagssprache und gleichzeitig doch ein Schlüsselbegriff der politischen Theorie der Neuzeit. Der bürgerliche Liberalismus baute auf dieser Grundkategorie die Rechtfertigung des modernen Kapitalismus auf, wenn Adam Smith verkündete, daß die „privaten Interessen und Leidenschaften die Individuen von Natur aus dazu bewegen, ihr Vermögen in solche geschäftlichen Unternehmungen zu stecken, die in aller Regel für die Gesellschaft am vorteilhaftesten sind". Nicht weniger ausdrücklich wird der Interessenbegriff in der marxistischen Theorie zum Ausgangspunkt genommen, wenn Marx und Engels konstatieren: „Die ökonomischen Verhältnisse einer gegebenen Gesellschaft stellen sich zunächst dar als Interessen.“

Insofern sind Liberalismus und Sozialismus von Anfang an Interessentheorien, obwohl natürlich entgegengesetzt gewendet. Während der Liberalismus bis heute versucht, den Interessenbegriff mit dem Freiheitsbegriff zu verbinden, sucht der Sozialismus diese Verbindung mit dem Gleichheitsbegriff. Aber auch die konservative Theorie, der die egoistischen Einzelinteressen suspekt blieben, entdeckt das „Nationalinteresse“ im außen-politischen Machthandeln wie auch das „öffentliche Interesse" im oft vorgeblich allgemeinwohlorientierten innenpolitischen Konflikt.

Eine solche Allgegenwart des Interessenbegriffs macht die Definition nicht eben leichter. Statt einer abschließenden Begriffsbestimmung seien daher drei Dimensionen angeboten, die der Interessenbegriff in der Politikwissenschaft annimmt:

1. Die individuelle Dimension des Interesses ist in den Bedürfnissen und Antrieben des einzelnen Menschen verankert;

2. die materielle Dimension von Interesse verweist auf die Erzielung von Nutzen in der Interaktion mit anderen;

3. die gesellschaftliche Dimension von Interesse verknüpft die individuellen und kollektiven, materiellen und immateriellen Aspekte in der Auseinandersetzung mit konkurrierenden anderen Nutzenprofilen.

Diese vielfältigen gesellschaftlichen, konfliktorischen Bezüge des Interessenbegriffs unterscheiden ihn vom Bedürfnis, das auf der individuellen Ebene noch vom Interesse kaum unterscheidbar bleibt. Charakteristisch für Interessen ist ihre Vielfalt, Variationsbreite und Widersprüchlichkeit Sie entwikkeln sich mit gesellschaftlichem Wandel und bleiben nie statisch stehen. Zusammenfassend werden hier organisierte Interessen eingegrenzt auf freiwillig gebildete soziale Einheiten mit einer formalen Grundstruktur, die individuelle Bedürfnisse mit materiellem und immateriellem Nutzen gesellschaftlich verknüpfen und dies innerhalb der sozialen Einheit verwirklichen oder gegenüber anderen Gruppen und politischen Institutionen durch Mitwirkung und Einwirkung zur Geltung bringen wollen. Weder allein auf ökonomischen Nutzen gerichtetes Handeln in gewerbsorientierten Unternehmen, noch rein auf Übernahme öffentlicher Ämter gezielte Aktivitäten in politischen Parteien gehören damit zum Bereich organisierter Interessen.

III. Das Erscheinungsbild organisierter Interessen

Um Aussagen über den Wandel organisierter Interessen formulieren zu können, kommen wir nicht umhin, zunächst das gesamte Erscheinungsbild organisierter Interessen in der Bundesrepublik kurz Revue passieren zu lassen. Dieses Bild kann sicher nur mit einigen wenigen Strichen skizziert werden, denn der gesamte Bereich ist ein so weites Feld, daß eine umfassende, grundrißartige Gesamt-darstellung, wie sie für das Parteiensystem vorliegt kaum leistbar ist. Einen zuverlässigen Einblick liefern aber besonders die beiden gut zugänglichen Einführungen von Klaus von Beyme, der mehr international vergleichend arbeitet, und von Jürgen Weber, der sich auf die Bundesrepublik konzentriert, sowie der vergleichende Überblick von Jürgen Hartmann

Um einen so heterogenen Gegenstand wie die organisierten Interessen in den Griff zu bedarf es einer klaren bekommen, Typologie. Hier beginnen allerdings große Probleme, da die Klassifikation von Interessenorganisationen zu den umstrittensten Fragen des ganzen Forschungsbereichs gehört. Insbesondere wird eine Fülle von Zweiteilungen zur Unterscheidung angeboten: öffentlich/privat, informell/formell, wirtschaftlich/ideell, verfaßt/frei gebildet, hierarchisch/horizontal

Zur Gewinnung von Typologien werden vier Kriterien besonders häufig eingesetzt:

— die Art von Interessen (z. B. wirtschaftlich-ideell); — die Organisation von Interessen (z. B. nach Organisationsgrad: formell/informell; nach Organisationsebene: lokal/zentral; nach Organisationsform: privat/öffentlich-rechtlich); — die historische Genese von Interessen (vorindustrielle, industrielle, nachindustrielle Periode von organisierten Interessen);

— die Handlungsfelder von Interessen in der Gesellschaft (Bereich Ökonomie, Politik, Kultur usw.).

Zweifellos gibt es keine endgültige Aufgliederung organisierter Interessen nach objektiven Kriterien. Es wird auch kaum möglich sein, die methodisch strengen Regeln einer klassifikatorischen Typologie — umfassend und widerspruchsfrei, so daß sich jede Einheit zweifelsfrei zuordnen läßt — einzuhalten. Die Entscheidung für eine Typologie richtet sich deshalb nach pragmatischen Gesichtspunkten und nach Arbeitsinteressen. Die hier vorgeschlagene Typologie orientiert sich an fünf gesellschaftlichen Teilbereichen und Handlungsfeldern (s. u.), denn die in diesem Beitrag zu behandelnde Frage nach Verände-

Typologie von organisierten Interessen nach Handlungsfeldern

1. Organisierte Wirt Interessen im -

schaftsbereich und in der Arbeitswelt — Unternehmer-und Seibständigenverbände — Gewerkschaften — Konsumentenverbände 2. Organisiserte Interessen im sozialen Bereich — Sozialanspruchsvereinigungen (z. B. Blindenverein)

— Sozialleistungsvereinigungen (z. B. Wohlfahrtsverbände)

— Selbsthilfegruppen (z. B. Anonyme Alkoholiker) 3. Organisierte Interessen im Bereich Freizeit und Erholung — Sportvereine und -verbände — Geselligkeits-und Kommunikationsvereine 4: Organisierte Interessen im gesellschaftspolitischen Bereich — politische Vereinigungen (z. B. Humanistische Union, amnesty international)

— public-interest-groups (z. B. für Umwelt, Frieden, Frauenemanzipation usw.) 5. Organisierte Interessen im Bereich von Religion, Kultur und Wissenschaft — Kirchen, Sekten — Wissenschaftliche Vereinigungen — Bildungswerke, Kunstvereinerungen in der Interessenvermittlung wird später die Antworten gerade im gesellschaftlichen Wandel suchen. Einzelne dieser Veränderungstendenzen können bereits im folgenden Überblick angezeigt werden. 1. Organisierte Interessen im Bereich von Wirtschaft und Arbeitswelt Die Grundlage menschlicher Existenz ist die Arbeit. Entsprechend bilden die Verbände der Wirtschaft und des Arbeitslebens die wichtigste Gruppe organisierter Interessen. Sie werden hier nach drei Gesichtspunkten unterschieden, nämlich in Unternehmer-und Selb-Ständigenverbände, Gewerkschaften und Konsumentenverbände. Die Forschungslage ist hier sehr uneinheitlich. Am wenigsten sind die Unternehmerverbände bearbeitet, etwas besser ist die Lage bei einzelnen Selb-Ständigenverbänden, wie etwa der Bauern oder der Ärzte; wenig ist auch über die allerdings nur marginal bedeutsamen Konsumentenvereinigungen veröffentlicht. Dagegen ist die Literatur über die Gewerkschaften so umfassend, daß sie für sich eine Bibliothek füllen kann.

Unternehmer-und Seibständigenverbände vertreten die wirtschaftlichen Interessen ihrer Mitglieder gegenüber Staat und Gesellschaft, insbesondere gegenüber den Tarifparteien. Während international höchst unterschiedliche Organisationsformen existieren, dominiert in der Bundesrepublik eine dreifache Struktur der Interessenorganisation: a) Die Wirtschaftsverbände der Unternehmen und Selbständigen Unter ihnen ragt der einflußreiche Bundes-verband der Deutschen Industrie (BDI) heraus, der über den größten Apparat verfügt und als Dachverband alle Branchenverbände des produzierenden Gewerbes zusammenschließt. Die organisierten Interessen des Handwerks sind zum größten Teil in der »Bundesvereinigung der Fachverbände des Deutschen Handwerks“ vereinigt. Die 15 regionalen Bauernverbände sind im „Deutschen Bauernverband“ zusammengeschlossen. Der »Bundesverband der freien Berufe“ organisiert 35 Mitgliederverbände, darunter allein acht Ärzteverbände wie die „Kassenärztliche Bundesvereinigung" b) Die Kammern Als Quasi-Interessenorganisationen können neben den Branchen-und Fachverbänden die Kammern gelten (75 Industrie-und Handelskammern, 45 Handwerkskammern, 10 Landwirtschaftskammern sowie Kammern der Anwälte und Ärzte), denn durch ihren öffentlich-rechtlichen Charakter mit Zwangsmitgliedschaft weisen sie nicht das Definitionsmerkmal der Freiwilligkeit auf. Sie nehmen besonders regionale Aufgaben der Strukturförderung, der Berufsausbildung und der Berufsaufsicht wahr. Ihre Dachverbände, z. B.der Deutsche Industrie-und Handelstag (DIHT), sind allerdings freie Verbände, die daher auch überregional ohne die öffentlich-rechtlichen Bindungen auftreten können c) Die Arbeitgeberverbände Als Arbeitgeberverbände (Dachverband ist die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, BDA) nehmen die Unternehmer ihre Aufgabe in der Tarifpolitik gegenüber den Gewerkschaften wahr. Die dreifache Organisationsstruktur von Unternehmerverbänden mit einem kaum überschaubaren Unterbau aus Regional-, Fach-und Branchenverbänden stattet diese mit einer außerordentlich breiten und ressourcenstarken Organisationsmacht aus. Diese wird allerdings noch dadurch verstärkt, daß die kollektive Aktion über einen Verband für den einzelnen Unternehmer nur eine seiner Möglichkeiten darstellt. Während der abhängig Beschäftigte kaum anders als organisiert seine Ziele durchsetzen kann, realisiert der Unternehmer seine Interessen primär über den Markt oder über direkten politischen Zugang bei starker Marktmacht

Wandlungstendenzen der Organisationsform von Unternehmer-und Selbständigenverbänden sind kaum zu beobachten. Der Organisationsgrad ist weiterhin sehr hoch, die Einflußnahme über klassische Kanäle der Interessen-politik auf Regierung und Verwaltung beträchtlich. Die Gewerkschaften und die weiteren Verbände von abhängig Beschäftigten bilden den interessenpolitischen Gegenpart zu den Un-ternehmerverbänden. Allerdings ist die Sichtweise von den gleichstarken „Sozialpartnern“ verkürzt, denn aufgrund der doppelt stärkeren Ressourcen als Unternehmerverbände und als Investoren sind die Interessen der Kapitalseite im privatwirtschaftlich organisierten System immer den Gewerkschaften überlegen Im bedeutendsten Block der Arbeitnehmerorganisationen, dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB), gilt das Prinzip der Einheitsgewerkschaft unabhängig von parteipolitischer Orientierung und vom arbeitsrechtlichen Status (Arbeiter, Angestellte, Beamte) sowie das Industrieverbandsprinzip, d. h. eine Organisation für alle in einem Wirtschaftsbereich abhängig Beschäftigten. Die 17 Einzelgewerkschaften des DGB organisierten 1984 etwa 7, 66 Mio. Erwerbstätige, was einer Organisationsquote von einem Drittel der Erwerbstätigen entsprach, die größte Einzelgewerkschaft, die IG-Metall, wies alleine fast 2, 5 Mio. Mitglieder auf. Tariffähig sind allein die Einzelgewerkschaften; der DGB fungiert als Dachverband ohne diese für eine Gewerkschaft entscheidende Kompetenz

Neben dem Einzelgewerkschaften des DGB organisierten 1984 etwa 7, 66 Mio. Erwerbstätige, was einer Organisationsquote von einem Drittel der Erwerbstätigen entsprach, die größte Einzelgewerkschaft, die IG-Metall, wies alleine fast 2, 5 Mio. Mitglieder auf. Tariffähig sind allein die Einzelgewerkschaften; der DGB fungiert als Dachverband ohne diese für eine Gewerkschaft entscheidende Kompetenz 15).

Neben dem DGB existieren noch einzelne Gewerkschaften, die das Prinzip der Einheitsgewerkschaft für Berufsgruppen oder weltanschauliche Bekenntnisse durchbrechen, darunter besonders der Deutsche Beamtenbund (DBB, 0, 79 Mio. Mitglieder), die Deutsche Angestelltengewerkschaft (DAG, 0, 49 Mio. Mitglieder) und der Christliche Gewerkschaftsbund (CGB, 0, 30 Mio. Mitglieder, jeweils 1984).

Die Mitgliedschaft des DGB war in den letzten Jahren leicht rückläufig, was zum großen Teil auf den Rückgang der Erwerbstätigen-zahlen zurückzuführen ist. Dem DGB ist es allerdings kaum in Ansätzen gelungen, Arbeitslose zu organisieren. Außerdem machen sich zunehmende strukturelle Schwierigkeiten, insbesondere bei der Organisierbarkeit von Jugendlichen, bemerkbar 16).

Konsumentenverbände spielen in der Bundesrepublik nur eine recht marginale Rolle, da die Dachorganisation (. Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände") kaum eigentliche Konsumenten direkt organisiert und die „Verbraucherzentralen" in den Städten stark von staatlichen Zuwendungen abhängig sind. Allein das spezielle Segment der Mieterverbände kann auf eine erfolgreichere Organisation von Interessen im Konsumentensektor verweisen. Auch der Bund der Steuerzahler macht zwar häufig publizistisch auf sich aufmerksam, kann aber seinen umfassenden Titel kaum durch Massenmitgliedschaft rechtfertigen 17). 2. Organisierte Interessen im sozialen Bereich Die freiwillig zusammengeschlossenen organisierten Interessen im Sozialbereich zeigen drei Formen, da sie zum einen als Betroffene Sozialleistungsansprüche beim Staat geltend machen, zum zweiten als Großorganisationen Sozialleistungen für andere erbringen oder ergänzen und zum dritten als Selbsthilfegruppen autonom zu lösen versuchen.

Die Sozialanspruchsvereinigungen organisieren Betroffene wie körperlich Behinderte (Blinde, Gehörlose usw.), demographisch benachteiligte Gruppen (z. B. alte Menschen, Verband alleinstehender Mütter usw.) oder politische Betroffene, besonders durch Kriegsfolgeschäden (Vertriebene, Flüchtlinge, Kriegsgeschädigte, politisch, rassisch, religiös Verfolgte usw.). Der Organisationsgrad dieser Vereinigungen ist in den letzten Jahren, auch aus demographischen Gründen, eher rückläufig

Die Sozialleistungsvereinigungen bilden mit dem Kern der großen Wohlfahrtsverbände (Arbeiterwohlfahrt, Caritasverband, Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband, Deutsches Rotes Kreuz, Diakonisches Werk, Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland) einen dominierenden Block mit fast 400 000 hauptberuflichen Mitarbeitern. Sie formieren sich in der Bundesgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege, die in wichtigen Segmenten der Sozialpolitik im Rahmen des Subsidiaritätsprinzips eine eingespielte kooperative Bindung mit staatlicher Absiche-rung geschaffen hat Trotz ihrer Bedeutung blieben die Sozialleistungsvereinigungen lange in der „Grauzone wissenschaftlicher Forschung" Erst in jüngerer Zeit haben sich Verbändeforscher intensiver mit dieser festgefügten Struktur organisierter Interessenpolitik kritisch auseinandergesetzt

Die jüngeren sozialen Selbsthilfegruppen (Drogenabhängige, Obdachloseninitiativen, Anonyme Alkoholiker usw.) müssen nicht selten ihren Spielraum gegen die Interessen der etablierten Wohlfahrtsverbände durchzusetzen versuchen. Diese Selbsthilfegruppen sind ein neues Element lose organisierter Interessen im sozialen Sektor. Ihre Zahl ist in den letzten Jahren deutlich angestiegen. Ob dieser Zuwachs von Dauer ist, kann allerdings schwer vorausgesagt werden 3. Organisierte Interessen im Bereich Freizeit und Erholung In vielen Verbändestudien zählt der Bereich von Freizeit und Erholung nicht zum System der Interessenorganisationen, da hier die politische und gesellschaftliche Auswirkung fehle. Die „unpolitischen“ Freizeitvereine, ob als Deutscher Sportbund mit ca. 15 Mio. Mitgliedern der größte Verband überhaupt, als . Deutscher Sängerbund" (ca. 1, 5 Mio. Mitglieder) oder als Jugendverband, Pfadfinder, Schützenbund, Philatelisten öder Brieftauben-züchter, — sie alle eint ihre hohe Mitgliederzahl und die geringe Intensität der Mitgliederinteressen an der allgemeinen Vereinspolitik Ihre politische Funktion ist dabei zweitrangig, aber zweifelslos immer präsent: so z. B. sicher in der Sportpolitik, offensichtlich in der Kommunalpolitik, langfristig aber wohl am intensivsten über die indirekte prägende Wirkung von politischer Sozialisation. Mit dem größten Anteil jugendlicher Mitglieder greifen diese Verbände nämlich gewollt und ungewollt einschneidend in die Werte-vermittlung der jugendlichen Sozialisation in der Adoleszenz-und in der Postadoleszenzphase ein. Ob entscheidende Jahre des Jugendlichen in einem ländlichen Schützenverein oder in einer städtischen Rockgruppe, in der Pfadfindergruppe oder in einem Fußball-club verbracht werden, hat zweifellos beträchtliche Auswirkungen auf das politische Bewußtsein. Neuere Forschungen haben immer wieder eindringlich aufgezeigt, wie entscheidend für die Ausformung des politischen Weltbildes nach und mit der Familie die übrigen unmittelbaren Milieugruppen sind Freundeskreise und Vereinsleben üben einen so starken Einfluß in der politischen Sozialisation aus, daß alle Anstrengungen der politischen Bildung in Schule, Weiterbildung oder auch durch die Medien diesen nur schwer aufwiegen können. Der Wandel zu einer „Freizeitgesellschaft“ — freiwillig durch Arbeitszeitverkürzung oder Aussteigen und unfreiwillig durch Arbeitslosigkeit — wird die Bedeutung des Erholungsbereiches weiter steigern. Die traditionellen Vereine konkurrieren hier allerdings immer spürbarer mit dem Freizeitangebot der neuen Medien. 4. Organisierte Interessen im gesellschaftspolitischen Bereich In traditionellen Verbändestudien werden die Interessenorganisationen des gesellschaftspolitischen Bereiches, meist gemeinsam mit denen von Kultur und Religion, als „ideelle Fördervereine" recht stiefmütterlich behandelt Hier hat der deutlichste Wandel des letzten Jahrzehnts im Bereich organisierter Interessen stattgefunden, handelte es sich bisher doch eher um eine Restkategorie, wo bestimmte politische Anliegen außerhalb von Parteien eine Organisationsform fanden. Dazu zählen z. B. die „Humanistische Union“, das „Kuratorium Unteilbares Deutschland“, der „Deutsche Rat der Europäischen Bewegung" oder die „Deutsche Liga für Menschenrechte". Mit den gerade in den USA seit den sechziger Jahren expandierenden „public interest groups" hat sich ein neuer Begriff etabliert Er meint Gruppen, die „ein kollektives Gut verfolgen, dessen Erreichung der Mitgliedschaft der Organisationen keinen persönlichen Vorteil bringt" Damit ist ein weiter Bereich neuer sozialer Bewegungen angesprochen — im Umweltschutz, im Bildungsbe- reich, als Frauen-oder Friedensbewegung —, die alle zweifellos auch Grundelemente von Organisation aufweisen und insofern der hier gewählten Eingrenzung entsprechen. Gerade durch sein schnelles Wachstum und seine raschen Wandlungen kann der gesamte Bereich sozialer Bewegungen mit politisch-gesellschaftlichen Zielen kaum adäquat dargestellt werden. Die Literatur ist hier allerdings schnell nachgewachsen mit zahlreichen Darstellungen und vielen vorläufigen Analysen 5. Organisierte Interessen im Bereich von Religion, Kultur und Wissenschaft Auch diese letzte Kategorie ist außerordentlich heterogen. Viele sträuben sich gegen die Vorstellung, die Kirchen unter die organisierten Interessen zu subsumieren, da sie gerade in der Bundesrepublik einen eigenen, privilegierten Rechtsstatus haben. In anderen Ländern, besonders in den USA, ist man hier viel unbefangener Dennoch kann nichts Diskriminierendes darin gesehen werden, den freiwilligen Zusammenschluß von Gläubigen einer Konfession oder Religion zur Ausübung ihres Ritus und zur gesellschaftlich-politischen Wirkung hier einzubeziehen. Der bemerkenswerteste Wandel, der vor Jahrzehnten bei ständig nachlassender Kirchgangshäufigkeit kaum vorhergesagt wurde, betrifft in diesem Zusammenhang die neue Aktivität und Attraktivität freier kirchlicher Aktionsformen bei den katholischen und besonders den evangelischen Kirchentagen, die ja nicht direkt von den Amtskirchen getragen werden. Das Bündnis mit neuen sozialen Bewegungen für Umweltschutz, Frieden, Dritte Welt oder Frauenfragen hat gerade Jugendliche so stark engagiert, daß diese Artikulationsform mit zu den deutlichsten Wandlungstendenzen im Feld organisierter Interessen gezählt werden muß.

Die wissenschaftlichen Vereinigungen bestehen zum einen aus den akademischen Fachverbänden aller wissenschaftlichen Einzeldisziplinen, insofern es sich nicht um Berufsverbände handelt Dazu zählen z. B. die „Deutsche Gesellschaft für Physikalische Medizin“ oder die „Deutsche Vereinigung für Politische Wissenschaft". Darüber hinaus bestehen sie aus übergreifenden Fördervereinigungen der Wissenschaft wie z. B.dem „Stifterverband der Deutschen Wissenschaft" oder auch regionalen Fördervereinigungen wie dem „Frankfurter Verein für Geschichte und Landeskunde" oder speziellen Verbänden wie der „Deutschen Hegelgesellschaft“. Daneben existiert noch ein weiter Bereich kultureller und bildungsorientierter Gesellschaften, wozu die Vereine für Kunst Musik, Theater, Museum und Literatur, der Familienkunde oder der Pflege des Esperanto zählen.

Wie bei den übrigen „public interest groups" läßt sich der Einsatz für allgemeine, ideelle Ziele, die Förderung eines öffentlichen Guts, häufig nur schwer von eigenen Nutzenerwägungen durch das auch selbstgenutzte Theater oder Museum trennen. Die Uneigennützigkeit von ideellen Förderverbänden in Politik und Gesellschaft, Religion und Kultur ist also immer relativ, da die ideellen Ziele selten völlig frei von persönlichen Interessen sein können.

Abschließend zu diesem Überblick über das gesamte Spektrum organisierter Interessen in der Bundesrepublik muß noch betont werden, daß die übrigen „politischen Verbände“, also Vereinigungen von Gebietskörperschaften, wie z. B.der Deutsche Städtetag oder der Deutsche Städte-und Gemeindebund, in diesen bewußt nicht einbezogen wurden da ihnen das Element des freien Eintritts und Austritts völlig fehlt. D. h. allerdings nicht, daß diese Verbände nicht ebenso als „Interessenten" in der politischen Willensbildung auftreten und ihre Ziele durchzusetzen versuchen. Dieser Interessenbezug gilt aber für Parteien, Parlamente und Regierungen ebenso.

IV. Leitfragen und Erklärungsversuche

Eine systematische Abhandlung der organisierten Interessen in der Bundesrepublik müßte nach dem Überblick der fünf Felder von Gesellschaftsbereichen, nach denen die Gesamtheit von Interessenorganisationen geordnet wurden, nun die Leitfragen und Erklärungsversuche der Forschung ausbreiten. Eine solche breite Entfaltung der Theoriediskussion ist hier nicht möglich. Die Spannweite der Debatte soll aber mit der Formulie-rung der vier wichtigsten Leitfragen angerissen werden:

1. Wie entstehen, entwickeln sich, vergehen Interessenorganisationen? Dies ist die Frage nach der Genese organisierter Interessen innerhalb der Gesellschaft in historischer und auch prognostischer Perspektive.

2. Wie arbeiten Interessenorganisationen intern? Dies ist die Frage nach der Struktur-von organisierten Interessen, nach innerverbandlicher Demokratie, nach dem Verhältnis von Basis, Funktionärsapparat und Führungsspitze, nach der Streitfrage um das „eherne Gesetz der Oligarchie" in Organisationen.

3. Wie agieren Interessenorganisationen nach außen? Dies ist die Frage nach der Strategie, den Methoden und dem politischen Instrumentarium von organisierten Interessen, die auch die verschiedenen Adressaten des Einflusses — Konkurrenzverbände, öffentliche Meinung, Parteien, Parlamente, Verwaltungen, Regierungen, Gerichte — einschließt.

4. Welchen Beitrag leisten organisierte Interessen zur Legitimation, Überlebensfähigkeit und Veränderung eines politischen Systems? Dies ist die Frage nach der Funktion von Interessenorganisationen für Gesellschaft und Politik, eine Frage, die keineswegs nur an der Stabilitätsproblematik orientiert werden muß.

Alle diese vier Leitfragen — nach der Genese, Struktur, Strategie und Funktion von organisierten Interessen — werden seit dem Beginn der systematischen und empirischen politischen Soziologie um die Jahrhundertwende differenziert zu beantworten gesucht — mit unterschiedlichem Erfolg und höchst abweichenden Ergebnissen.

Die leitenden Erklärungsansätze für die Bedingungen der Organisation von Interessen sollen hier durch zwei Dimensionen übersichtlich zu gliedern versucht werden. Zunächst einmal werden die Erklärungsansätze nach der primären Analyseeinheit, die einmal von Gruppen und zum anderen von Individuen vorrangig ausgeht, unterschieden. Dann werden die Erklärungsansätze nach der primären Analyseperspektive der Forschung unterteilt, d. h., es wird gefragt, ob sie mehr die Bedingungen für die Formierung von Interessenorganisationen oder aber mehr die Wandlungstendenzen und Entwicklung von organisierten Interessen in den Vordergrund stellt.

Aus den beiden dichotomen Dimensionen ergibt sich damit eine übersichtliche Vier-Felder-Tafel, wie sie oben wiedergegeben ist Natürlich hat dieses Schema nur heuristischen Wert und keinesfalls theoretisch erklärende Qualität. Es will nicht mehr und nicht weniger als eine gewisse Ordnung für die leitenden Erklärungsansätze in der Interessenorganisationsforschung vorschlagen. Mit diesem Schema kann man illustrieren, daß unterschiedliche Berührungspunkte zwischen den Theorien der Interessenorganisation bestehen.

Außerdem kann man damit anzeigen, daß die Theorien des Korporatismus (Feld 3)

und des Postindustrialismus (Feld 4) besser als die beiden anderen in der Lage sind, die jüngeren Wandlungstendenzen zu erklären. 1. Pluralismus: die Gruppentheorie der Interessenformierung Die Pluralismustheorie ist seit ihren Anfängen zu Beginn dieses Jahrhunderts in Deutschland (Otto von Gierke), USA (Arthur Bentley) und Großbritannien (Harold Laski) eine Gruppentheorie gewesen, die sich gegen die vorherrschende konservativ geprägte Staatstheorie wandte In ihrer radikalen Form ist sie anti-etatistisch und damit fast anarchistisch, da sie dem Staat kein Privileg des Herrschaftsmonopols mehr zuerkennt Der Staat sei arbeitsteilig nur eine Gruppe, ein kollektives Aggregat unter mehreren und neben anderen. Der seit den fünfziger Jahren besonders in der Bundesrepublik ausgeprägte „Neopluralismus" versuchte einen Mittelweg zwischen der Dominanz des Staates in der Repräsentationstheorie und seiner Einordnung in die Gesellschaft bei den pluralistischen Gruppentheoretikern einzuschlagen. Der von Ernst Fraenkel geprägte Neopluralismus ging davon aus, daß dem flexiblen „Kräfteparallelogramm" der gesellschaftlichen Gruppen, die zu einem labilen Gleichgewicht tendieren, der Staat in Form der demokratisch legitimierten Parlamente und Regierungen als Schiedsrichter gegenübersteht Eine klare Trennung von Staat und Gesellschaft wird abgelehnt. Zwischen die Sphäre des Individuums und der politischen Entscheidungsträger schiebt sich der breite Bereich der intermediären Gewalten mit den vielfältigen sozio-politischen organisierten Interessen

Die pluralistische und funktionalistische amerikanische Systemtheorie ordnet die Interessengruppen dem gesellschaftlichen „input“ des politischen Systems zu, d. h., die Interessengruppen geben Forderungen der Gesellschaft in die politischen Institutionen ein, während die Parteien Scharniere zwischen in-put und Output seien, da sie zwar auch Forderungen eingeben, aber selbst Ergebnisse staatlich-politischer Entscheidungen an die Gesellschaft zurückvermitteln. Gabriel Almond formulierte das so: „Interessengruppen artikulieren politische Forderungen in der Gesellschaft, suchen durch Empfehlung und Aushandeln bei anderen Gruppen für diese Forderungen Unterstützung und versuchen, diese Forderungen durch Beeinflussung der Wahl des politischen Personals und der verschiedenen Prozesse des öffentlichen . policymaking'in der Ausführung in autoritative Politik zu transformieren. Politische Parteien tendieren dazu, von ideologischer Starrheit frei zu sein, und sie sind aggregativ, d. h. sie sind bemüht, die größtmögliche Koalition von Interessengruppen durch das Angebot akzeptablen politischen Personals und annehmbarer Politik zu erreichen... Das Parteiensystem aggregiert Interessen und transformiert sie in ein relativ kleines Maß alternativer allgemeiner Politik.“

Die Kritik an einer solchen Art funktionalistischer Pluralismustheorie, die zu stark an Stabilität und Gleichgewicht und kaum an Wandlung und Veränderung orientiert ist, wurde in den siebziger Jahren breit entwikkelt Nichtsdestotrotz war die Pluralismusforschung gerade für die junge deutsche Politikwissenschaft ein wichtiger Schritt, um die Dominanz der konservativen Staatstheorie abzuschütteln. Die deutsche Politikwissenschaft verdankt ihr eine Reihe von wichtigen frühen Studien zum Einfluß und zur Politik von Interessenorganisationen

Wenn Pluralismustheorie nicht nur affirmativ aus der bloßen Existenz von Gruppenpluralität auf vorbildliche demokratische Konkurrenz schließt, dann wird sie auch in Zukunft für die Erklärung organisierter Interessen eine wichtige Rolle spielen können. Das kritische Potential des Pluralismus, gerade auch im Rückgriff auf seine frühe anti-etatistische Tradition, ist sicher noch nicht ausgereizt 2. Neue politische Ökonomie: individuelle Nutzenmaximierung über kollektives Handeln Allen Ansätzen der neuen politischen Ökonomie ist gemeinsam, daß sie von einem methodologischen Individualismus ausgehen: . Aussagen über soziale Strukturen und Prozesse sind ableitbar aus Aussagen über individuelles Verhalten." Grundvoraussetzung dieser Theorien rationalen Verhaltens ist die Annahme, daß jedes Individium bestrebt ist, in jeder sozialen Situation seinen individuellen Nutzen zu maximieren. Für die Organisation von Interessen ist eine ganze Gruppe von Ansätzen in dieser Forschungstradition wichtig, insbesondere die Arbeiten von Anthony Downs, Mancur Olson und Albert Hirschman, von denen einige hier kurz zusammengefaßt werden

Der einflußreichste auf organisierte Interessen anwendbare Ansatz in der ökonomischen Theorie geht auf Mancur Olson zurück, der mit seinem Buch „Die Logik kollektiven Handelns“ die Grundlage einer ökonomischen Theorie gesellschaftlich-politischer Organisa- tionen gelegt hat Danach erzeugen besonders die großen Interessenorganisationen (wie die Gewerkschaften) für ihre Mitglieder nicht nur individuellen Nutzen, sondern hauptsächlich Kollektivgüter, die, wie z. B. Tarifabschlüsse, allen Betroffenen gleichzeitig zugute kommen, da sie nicht allein den Mitgliedern vorbehalten werden können. Statt als Organisationsmitglied einen hohen Mitgliedsbeitrag zu leisten, sei es deshalb angesichts von unteilbaren kollektiven Gütern — z. B. Umwelt, Steuern, Verbraucherschutz usw. — viel rationaler, kostenlos als Nichtmitglied, also als Trittbrett-Fahrer (free rider), den Nutzen mitzunehmen. Organisierte Interessen entwickeln angesichts dieses Grunddilemmas nach Olson zwei Strategien: Sie bauen ein professionelles Führungssystem auf, um über eine bürokratische Organisation Aufstiegschancen für Mitglieder zu bieten und Kontrollapparate einzurichten; und sie weiten ihre Angebote neben kollektiven Gütern, die Nichtmitgliedern nicht vorenthalten werden können, auf private Güter, also persönliche materielle Anreize und Nebenleistungen für Mitglieder aus, so z. B. Rechtsschutzversicherungen, Rabatte, soziale Leistungen.

Trotz der problematischen Grundannahme jeder Theorie der rationalen Nutzenmaximierung sind damit wichtige Bedingungen für die Formierungen organisierter Interessen angesprochen. Auch die Organisationsschwäche von nicht konfliktfähigen großen Bereichen der Politik, in der Sozial-und Gesundheitspolitik, Steuerpolitik oder auch immer noch im Umweltschutz, finden hier plausible Erklärungen. Dennoch zeigt gerade der Umweltschutz oder die Dritte-Welt-Begegnung, daß hier Interessenorganisationen existieren, die es nach dem streng rationalen individuellen Nutzenkalkül eigentlich nicht geben dürfte.

Während bei Olson nicht-materielle Anreize zur Mitgliedschaft in Interessenorganisationen praktisch nicht existieren, spielen diese bei Albert Hirschman in der Form der Loyalität eine wichtige Rolle. Sein Buch „Exit, Voice and Loyalty" enthält eine einfache und gerade dadurch bestechende Theorie über die Reaktionsformen und Konflikte und mangelnde Leistungen von Organisationen

Abwanderung, Austritt aus der Organisation (exit) oder Widerspruch, Protest (voice) innerhalb der Organisationen seien die beiden Alternativen für die Mitgliedschaft. Die Wahl einer der beiden Strategien und ihre Wirksamkeit hänge von vielen Faktoren ab, z. B.der Organisationsgröße, der Organisationskonkurrenz, der Art der Organisationsleistung. Gerade für Gewerkschaften ist die Abwanderung von Mitgliedern oft ein wichtigeres Indiz für Organisationsdezifite als die Äußerungen auf Gewerkschaftskongressen, die vom mittleren Funktionärsapparat getragen werden. Neben Abwanderung und Widerspruch wird von Hirschman aber auch noch die Loyalität einbezogen, die eine stark positive Einstellung zu einer Organisation meint, die von aktuellen Leistungen relativ unabhängig ist. Hier gilt die Hypothese: Je größer die Loyalität eines Individuums zu einer Organisation ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, daß es im Falle von Unzufriedenheit mit der Organisation nicht mit Abwanderung, sondern mit Widerspruch reagiert.

Für die Bedingungen der Formierung und das Funktionieren von Organisationsprozessen stellen die ökonomistischen Ansätze eine Fülle von plausiblen Hypothesen bereit. Diese sind jedoch kaum in der Lage, nicht-materielle Interessen einzubeziehen und die Wandlung kollektiver Organisationen zu erklären, da sie Grundprobleme von Macht und Herrschaft ausklammern. Die Organisationsprobleme eines Automobilclubs oder einer Gewerkschaft, eines Unternehmerverbandes oder eines Heimatvereins werden auf die Grundfragen rationalen Handelns reduziert. Ob der rational kalkulierende homo oeconomicus, mit dem die wirtschaftspolitische Realität schon beträchliche Schwierigkeiten hat, nun in der Form des homo politicus in die Politikwissenschaft eintreten sollte, erscheint doch sehr zweifelhaft. Es kann nicht verwundern, daß mit diesem analytischen Besteck gerade neue Formen von organisierten Interessen im Umweltschutz oder in der Friedensbewegung höchstens auf sterile formale und damit unpolitische Weise seziert werden können. 3. Korporatismus: Wandel der Interessen-vermittlung durch Gruppenformierung Gegenüber einer individualistischen neuen Ökonomie betonen die Theorieansätze des Korporatismus die kollektiven, herrschaftsorientierten Gruppenprozesse; gegenüber der Gruppentheorie eines harmonisierenden Pluralismus bekräftigen einige Korporatismusansätze stärker die strategischen, beweglichen und interaktiven Elemente in der Interdependenz von Staat und organisierten Interessen Nach den Thesen über die Entwicklung eines liberalen oder Neo-Korporatismus sind die großen Interessenverbände längst aus der Rolle der pressure group herausgewachsen, die ihre wohlverstandenen Interessen an den Staat herantragen und durchzusetzen suchen. Sie spielen selbst aktive Rollen, die sie vom Staat in der Tarifpolitik, Sozialpolitik und vielen anderen Bereichen übernommen haben. Gewerkschaften, Unternehmer-verbände und andere Interessenorganisationen werden in „konzertierte Aktionen" eingebunden, d. h. Vertretungen von Staat, Kapital und Arbeit zur Koordinierung von Wirtschafts-und Lohn-Preis-Politik. Dieser „Tripartismus" bildet einen Mittelpunkt der Diskussionen um einen neuen Korporatismus in den Industriestaaten.

Damit ist nicht mehr der ständestaatliche Korporativismus vorkapitalistischen Feudalismus gemeint Er hatte die großen Gruppen, Stände, Zünfte in eine feste Gesellschaftsordnung inkorporiert. Faschistische und autoritäre Bewegungen versuchten noch in diesem Jahrhundert späte Reminiszenzen eines Staatskorporativismus wiederzubeleben.

Das Prinzip der freiwilligen Kooperation bestimmt den neuen, gesellschaftlichen oder liberalen Korporatismus der Industriestaaten. Es herrscht eine Austauschlogik vor, das System bringt allen Beteiligten Vorteile: der staatlichen Verwaltung bessere Informationen und Hilfen zur Kanalisierung von gesellschaftlichen Interessen; den Verbandsspitzen wirksame Durchsetzung ihrer Interessen.

Es bleibt aber eine labile Balance. Die Gewerkschaften können sich zwar Einfluß auf nationale Wirtschaftspolitik versprechen, ihre Beteiligung bleibt aber immer für sie mit dem größten Risiko verbunden, denn sie haben die geringsten Sanktionsmittel, da sie allein auf ihre Position im Tarifkonflikt verwiesen sind. Als Massenverbände müssen sie sich durch kurzfristige Erfolge immer wieder der Unterstützung ihrer Mitglieder versichern. Die andere problematische Seite eines Korporatismus, der auch in andere Politikbereiche der Sozial-und Gesundheitspolitik, der Energie-und Technologiepolitik vordringen kann, ist die Versteinerung zu einem geschlossenen Elitenkartell.

Korporatismus kann zwar als kurz-und mittelfristige Strategie des Krisenmanagements für Großverbände nützlich sein. Langfristig bedroht die Verschiebung von Entscheidungsstrukturen nicht nur die Position von Parlament und Parteien, sondern mehr noch die Durchlässigkeit der politischen Willensbildung von unten nach oben überhaupt.

Der Bundesrepublik wurde in vergleichenden Untersuchungen über korporative Tendenzen in den Industriestaaten regelmäßig ein guter Mittelplatz eingeräumt Eine recht einheitliche Gewerkschaftsstruktur, starke Unternehmerverbände, eine intensive Durchorganisierung des ganzen Sektors der Sozialpolitik und insbesondere eine allseits verbreitete, in Deutschland tiefverwurzelte Gemeinwohl -ideologie stützen in jede Form von Kompromiß und Kooperation, ohne in jedem Fall zu ausgebildeten korporativen Instrumenten und Strategien zu führen. Eine unübersehbare Vielfalt von „quagos“ (quasi-gouvernementale Institutionen), von ministeriellen Beiräten, Kommissionen und Beratungsgremien, prägen in der Bundesrepublik den Schwerpunkt korporativer Entscheidungsstrategien. Die politische Kultur der Kooperation ist intensiver internalisiert, als daß sie durch einen Regierungswechsel von der sozial-liberalen Koalition zur konservativ-liberalen Regierung abgebrochen werden könnte. Die Voraussetzungen für ein Weiterleben korporatistischer Arrangements sind auch in der Bundesrepublik gegeben.

Korporatismus taugt nicht zur Beschreibung einer neuen Epoche, aber durchaus zur Erklärung von Strategien und einzelnen Strukturen und Entwicklungstendenzen in den Industriegesellschaften. Korporatismus tritt nicht an die Stelle von Pluralismus, sondern eröffnet als analytischer Arbeitsbegriff weitere Möglichkeiten, um Verhärtungstendenzen und Autonomieansprüche von Großorganisationen erfassen zu können. 4. Postindustrialismus/Postmaterialismus: neue Formen kollektiven Handelns durch soziale Bewegungen Die neuen sozialen Bewegungen von Bürgerinitiativen, Frauengruppen, Friedensbewegung und Umweltschutzinitiativen sind ein lebendiger Protest gegen die zentralistische 44) Interessenpolitik durch Großverbände Sie machen es sich zur Aufgabe, die nicht konfliktfähigen und nicht organisationsfähigen Interessen, die durch die traditionellen Verbände unberücksichtigt blieben, zu artikulieren.

Die neuen sozialen Bewegungen wollen Form, Inhalt und Ziele von Interessenpolitik radikal verändern. Dabei ändern sich die Formen doppelt: nicht nur durch aktiven Protest mit passivem Widerstand und Aktionsf Interessenpolitik durch Großverbände 40). Sie machen es sich zur Aufgabe, die nicht konfliktfähigen und nicht organisationsfähigen Interessen, die durch die traditionellen Verbände unberücksichtigt blieben, zu artikulieren.

Die neuen sozialen Bewegungen wollen Form, Inhalt und Ziele von Interessenpolitik radikal verändern. Dabei ändern sich die Formen doppelt: nicht nur durch aktiven Protest mit passivem Widerstand und Aktionsformen am Rand der Legalität, sondern auch durch die Verbindung von Protestaktionen mit Selbsthilfe und alternativer Lebensform. Die Inhalte und Ziele werden umfassender. Es stehen nicht nur Einzelaktionen, ob Autobahnbau oder Atomkraftwerk, im Vordergrund, sondern zusammenhängende Forderungen eines alternativen Lebens. Der Begriff Interessenpolitik selbst wird abgelehnt. Skeptisch muß dazu allerdings angemerkt werden, daß soziale Bewegungen in der Geschichte nie etwas Geringeres beanspruchten, als eine neue Gesellschaft zu kreieren, ohne je freilich den hohen Anspruch einzulösen 41).

Die Erklärungsversuche der neuen sozialen Bewegungen sind zahlreich. Karl-Werner Brand hat schon vor ein paar Jahren mindestens zwölf Varianten systematisch abzugrenzen versucht: von der Theorie des Wertwandels über die sozialen Grenzen des Wachstums, von der Kulturkrise über die Anspruchsinflation bis zur Kolonialisierung der Lebenswelt 42). Eine anspruchsvolle Synthese hat jüngst Joachim Raschke mit seinem Werk „Soziale Bewegungen. Ein historisch-systematischer Grundriß" vorgelegt 43). An dieser Stelle kann nur auf zwei Gedanken zurückgegriffen werden: auf einen historischen und einen systematischen Aspekt.

In einem Resümee faßt Raschke seine historischen Überlegungen in einem Schema zusammen, aus dem hervorgeht, daß er drei Gesellschaftsphasen unterscheidet, denen jeweils dominante Formen der Interessenorganisation zugeordnet werden: der vorindustriellen Gesellschaft die frühbürgerliche Bewegung; der industriellen Gesellschaft die Arbeiterbewegung; der nachindustriellen Gesellschaft, die er für die Bundesrepublik seit den siebziger Jahren terminiert, die neuen sozialen Bewegungen.

Für die systematische Erklärung legt Raschke großen Wert darauf, daß soziale Bewegungen nicht als spontane, amorphe Gebilde, sondern als „eine eigenständige politische Organisationsform neben Parteien und Verbänden" eingestuft werden. Sowohl der Mythos der Organisation auf der einen Seite, wie bei der alten Arbeiterbewegung, als auch der Mythos der Spontaneität auf der anderen Seite, wie heute bei den neuen sozialen Bewegungen, und genauso die Mythen von Zentralismus und Dezentralisation haben immer wieder zur Spaltung und Schwächung beigetragen. Raschke konstatiert zwei charakteristische Schwächen der neuen sozialen Bewegungen: ihre Instabilität und ihre Unterkomplexität. „Beide stehen im Zusammenhang mit einem problematischen Organisationsverständnis, das in der Organisation primär die Entfremdung und weniger das Stabilisierungs-und Interventionsinstrument sieht Dadurch wird einer stärkeren Arbeitsteilung die Legitimationsbasis entzogen. Direkte interne Demokratie und indirekte und direkte Aktion vermögen aber die Ressourcen der Bewegung nicht auszuschöpfen und bleiben hinter der Komplexität der Gesellschaft zurück."

In diesen instabilen, aber dennoch zu immer wieder neuem Engagement fähigen Mobilisierungsformen liegt wohl sicher eine der deutlichsten Wandlungstendenzen der organisierten Interessen. Ob damit eine Erosion, eine Zersplitterung und Auflösung der Interessenvermittlungsformen verbunden ist oder nur eine Transformation oder Evolution, eine Bereicherung durch neue Formen und Strategien, soll anhand von Beispielen aus drei Politikfeldern abschließend illustriert werden: aus dem Umweltschutz, der Parteienfinanzierung und aus Tendenzen zur Informationsgesellschaft.

V. Drei Illustrationen des Wandels

1. Beispiel Umwelt Der Ökologie-und Umweltschutzbereich durchschneidet die gesamte Struktur des ökonomischen, politischen und gesellschaftlichen Systems. In ihm konzentrieren und kreuzen sich ungewöhnlich intensiv sozio-ökonomi -scher, kultureller und politisch-instrumenteller Wandel. Die unerwünschten Nebenfolgen freien wirtschaftlichen Wachstums sind so gestiegen, daß sie nicht wie in der Vergangenheit durch weiter forciertes Wachstum verdrängt werden können. Wirtschaftliches Wachstum selbst, das als selbstverständliche Norm die ökonomische Praxis der Wachstumskoalitionen beherrschte, wird durch einen Wertwandel zu einer postmaterialistischen Ära in Frage gestellt. Neue Instrumente und Organisationsformen der Interessenartikulierung und Aggregierung sind entständen, die eingespielte Regelungsmechanismen bedrohen.

Der Umweltpolitik kommt durch ihre Verzahnung mit existentiell bedeutsamen Politiken — von Energie-, Wirtschafts-und Konjunkturpolitik über Verkehrs-und Technologiepolitik — auch für die Zukunft dauerhafte und überragende Bedeutung zu. Akteure, Interessen und deren Organisations-und Entscheidungsmacht entsprechen auch hier im Umweltschutzbereich keineswegs einem pluralistischen Gleichgewichtsmodell.

Der Staat steckt im Dilemma der Förderung ökonomischer Leistungsfähigkeit einerseits, dessen Wahrnehmung in erster Linie an die privatwirtschaftlich organisierten Unternehmen delegiert wird, und der Gewährleistung guter und gleich verteilter Lebensbedingungen für die gesamte Bevölkerung andererseits. Das klar definierte der Ziel privaten Wirtschaft als Gewinnoptimierung dagegen ist Wachstums-und outputorientiert und darauf alle Nebenkosten Infrastruktur-und auf die Allgemeinheit abzuwälzen. Ihrem eindeutigen Ziel entspricht eine leistungsfähige und schlagkräftig organisierte Vertretung umweltpolitischer Gegeninteressen. Die organisierten Interessen im Umweltbereich zeigen gegenüber Staat und Privatwirtschaft ein viel diffuseres Bild.

1. Im Umweltbereich existieren traditionell fest organisierte Verbände, die teilweise über lange historische Traditionen verfügen. Sie reichen von den Naturnutzerverbänden (Fischer, Jäger, Reiter) zu älteren Naturschützerverbänden wie Bund für Naturschutz Deutschland e. V., Deutscher Bund für Vogel-schutz usw.

2. Die klassischen Großorganisationen der Arbeitnehmer und Berufsgruppen, unter denen sich vor allem die Gewerkschaften als Vertreter der ökonomisch unterprivilegierten Gruppen verstehen, befinden sich in einem Dilemma: Verfolgung des materiellen Interesses an Arbeitsplatzsicherung und Verbesserung des materiellen Lebensstandards durch wirtschaftliche Prosperität in Wachstumsperioden einerseits und der längerfristigen Verfolgung von Hebung, der Lebensqualität der gesamten abhängig Beschäftigten auch durch 46) verstärkten Umweltschutz andererseits Die meisten etablierten Großverbände bearbeiten in eigens dafür eingerichteten Fachabteilungen oder Aktionsgruppen Umweltprobleme — von Gewerkschaften über Verbraucherverbände bis zu den Kirchen.

3. Die neu entstandene Bürgerinitiativbewegung im Umweltschutzbereich kann sich demgegenüber klar auf die eindeutige Forderung nach Forcierung von Umweltschutz konzentrieren. Die Spontaneität dieser neuen sozialen Bewegung ist aber Stärke und Schwäche zugleich, da die kurzfristige Mobilisationsfähigkeit hoch, die langfristige Durchsetzungsstrategie aber problematisch ist Institutionalisierungsformen haben sich als übergeordnete Verbände, z. B. „Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz e. V." (BBU) etabliert, mit allen Risiken der Institutionalisierung jeder sozialen Bewegung.

Je öffentlicher, unteilbarer, allgemeiner ein Gut ist, desto weniger entsteht ein Anreiz zur gezielten Bearbeitung durch organisierte Interessen. Denn Verbände, die ihren Mitgliedern keine Sonderleistungen zukommen lassen können, finden wenig Anreiz zum Erwerb der Mitgliedschaft. Dies sind die bekannten Überlegungen aus der ökonomischen Theorie der Politik zum Organisationsanreiz. Und trotzdem gibt es Verbände im Umweltschutz, obwohl die Nichtmitglieder genauso von besserer Luft profitieren wie die zahlenden Mitglieder. Von daher ist es natürlich auch zu erklären, daß Naturnutzerverbände, wie Angler oder Jäger, über eine viel höhere Organisationsdichte verfügen können als die Naturschützer, die freilich immerhin eigene Betroffenheit durch das gerettete lokale Feuchtbiotop oder die verhinderte Autobahntrasse in der Nachbarschaft erzeugen können.

Die Konkurrenz zwischen traditionellen Verbänden wie „Deutscher Naturschutzring“ und neuen Organisationsformen aus dem Bereich der sozialen Bewegungen, ob Bürgerinitiativen oder der Dachverband BBU, ist, wie nicht anders zu erwarten, aus der Konjunktur des Umweltthemas entstanden. Im Sog der Okologiebewegung findet inzwischen ein tiefgreifender und noch nicht eindeutig gerichteter Wandel des Selbstverständnisses auch der traditionellen Naturschutzverbände statt. Die Folgen des ideologischen und organisatorischen Wandels in den traditionellen Verbänden führen zu konfliktträchtigen Anpassungsproblemen sowohl von Seiten der Verbands-führung als auch von Seiten der Mitgliedschaft. Der ideologische Wandel findet in traditionellen Umweltverbänden allerdings ungleichzeitig statt, nicht zuletzt wegen unterschiedlicher Rekrutierungsmuster von stabiler, professionalisierter Führung und stärker fluktuierender Mitgliedschaft

Der Staat entwickelt ein starkes Interesse an einer Integration und Einbindung der basis-orientierten und spontanen Bürgerinitiativen durch unterschiedliche Privilegierungen und Förderungsmaßnahmen. Traditionelle korporative Strategien durch Austauschbeziehungen zwischen Verbandsspitze und Administration greifen allerdings bei den Umwelt-verbänden weniger, da besonders die Verpflichtungsfähigkeit der Mitgliedschaft durch die Verbandsführung schwächer ausgebildet und weniger vorhersagbar ist.

Insbesondere arbeiten soziale Bewegungen auch im Umweltschutz wie in allen weiteren Bereichen eng mit den Medien zusammen, die teilweise sogar als funktionales Äquivalent fehlende eigene organisatorische Strukturen ersetzen können, ökologische Zeitschriften bilden einen umweltpolitisch potenteren Faktor, als dies manche engagierte Bürgerinitiative jemals erreichen kann.

Der Wandel organisierter Interessen im Bereich des Umweltschutzes hat insgesamt keineswegs zu einer Erosion, sondern zu einer vielfältigen Evolution neuer Organisationsformen und zu einer Transformation alter organisierter Interessen im Umweltbereich geführt. Schließlich ist auch nicht zuletzt durch den Umweltbereich eine neue Partei in den Bundestag befördert worden, was angesichts der hohen Hürden des bundesdeutschen Wahlrechts noch in den siebziger Jahren kaum jemand vorhergesagt hätte. 2. Beispiel Informationsgesellschaft Die neuen Technologien auf der Basis der Mikroelektronik verändern die gesamte Gesellschaft in einem rasanten Tempo. Dabei konzentriert sich die intensive Debatte über die Auswirkungen der Informations-und Kommunikationstechnologien im wesentlichen auf die ökonomischen Auswirkungen für in-dustrielles Wachstum und Arbeitsmarkt Die politischen Wirkungen einer entstehenden Informationsgesellschaft werden deutlich weniger thematisiert, wenn überhaupt, dann auf das Verhältnis von Bürger und Staat unter dem Stichwort Datenschutz oder gläserner Staatsbürger konzentriert

Sowohl der ökonomische als auch der politisch-gesellschaftliche Bereich werden tief-greifende Auswirkungen auf die Bedingungen der Organisation von Interessen haben. Im ökonomischen Bereich betrifft dies insbesondere das Verhältnis von Kapital und Arbeit und hier die Organisationsfähigkeit der Gewerkschaften. Bei einer Verlagerung von Tätigkeiten durch Dezentralisierung und einer weiteren Zersplitterung von Arbeitsprozessen, möglicherweise sogar durch Teleheimarbeit, wird die Organisation von Interessen auf Seiten der abhängig Beschäftigten sich noch drastisch erschweren. Gleichzeitig können aber auch Konflikte, die durch Problemkumulation bei der Einführung neuer Technologien hervorgerufen werden, motivationsverstärkend auf die Organisation von gemeinsam betroffenen Interessen in Betrieben zurückwirken. Es erscheint besonders wichtig, daß die indirekten Auswirkungen einer Entwicklung zur Informationsgesellschaft auf die Organisationsfähigkeit der Interessen von Arbeitnehmern sehr viel gravierender sind als die direkten Probleme, die im Betrieb durch die Anwendung neuer Informationstechnologien entstehen mögen.

Die verfassungsrechtliche Problematik von neuen Informationstechnologien hat sich bisher zu stark auf das Verhältnis von Bürger und Staat, auf Datenschutz und das vom Bundesverfassungsgericht neu geschöpfte Recht der „informationeilen Selbstbestimmung" konzentriert -Dagegen wurde der intermediäre Bereich organisierter Interessen bisher kaum thematisiert. Folgende Tendenzen sind in Ansätzen erkennbar:

— Die Funktion von großen Interessengruppen, den Staat mit Informationen zu versorgen, wird durch einen intensiven Ausbau von administrativen Informationstechniken zunehmend obsolet, dadurch sinkt die Bedeutung von Großorganisationen.

— Wie in anderen gesellschaftlichen Großorganisationen, so steigert auch in Interessenorganisationen die Elektronisierung von Information eher den Informationsvorsprung der Organisationsspitze gegenüber als der Basis. Freiwillige und ehrenamtliche Tätigkeit, ob Einkassieren der Beiträge oder persönliches Einladen zu Veranstaltungen, entfällt immer stärker. Der Aktivitätsgrad in Interessenorganisationen kann insgesamt dadurch sinken.

— Elektronische Massenkommunikationsmedien absorbieren immer mehr die Erholungsphase in der Freizeit. Aktives Engagement in freiwilligen Interessenorganisationen, gerade bei bestimmten Segmenten in der Bevölkerung wie insbesondere Jugendlichen, aber auch älteren Menschen, kann dadurch drastisch zurückgehen. Erste Rückgänge des Organisationsgrades bei Jugendlichen werden bei Gewerkschaften, aber auch im übrigen Vereins-und Verbandswesen in der Bundesrepublik deutlich beobachtet — Die Funktion von organisierten Interessen als Informations-und Kommunikationsmittel für die lokale Mitgliedschaft kann durch Zunahme lokaler elektronischer Medien zunehmend verkümmern. Das für die gesellschaftliche Sozialisation bedeutsame „unpolitische“ Vereinswesen verliert dadurch an Bedeutung. Diese zum Teil beobachtbaren, zum Teil erwarteten Folgen einer Informationsgesellschaft auf die Interessenorganisationen sind hier keineswegs vollständig und abschließend abgehandelt. Die Erforschung der Auswirkungen neuer Technologien auf den intermediären Bereich der Gesellschaft steht noch ganz am Anfang. Es bleibt zu hoffen, daß sich die Forschung in Zukunft diesem Bereich intensiver annimmt. 3. Beispiel Parteienfinanzierung Das letzte Beispiel zum Wandel von organisierten Interessen stammt nicht aus einem gesellschaftlichen Teilbereich wie Umweltschutz oder Informationsgesellschaft, sondern aus dem Methodenrepertoire von Interessen-organisationen. Die traditionelle Beschäftigung mit den Mitteln der Durchsetzung organisierter Interessen konzentrierte sich auf den Lobbyismus in der Vorhalle des Parlamentes: auf Eingaben der Bonner Verbindungsbüros, auf Durchdringung von Parteien und Parlamenten durch Patronage, auf Drohung mit Stimmenentzug und auf Informationsbeschaffung für die Administration. KorBruption und Bestechung, Drohung, Nötigung und Gewalt sind in der Interessengruppenliteratur gemeinhin nicht vorgesehen.

Eine Ausnahme bildet hier die Darstellung von Klaus von Beyme, in der die beiden Tatbestände jeweils Kapitelüberschriften im Abschnitt über Methoden der Interessengruppen bilden In anderen Ländern, insbesondere in den USA, wird die Adaption illegaler Praktiken durch Interessenorganisationen sehr viel kühler analysiert. Dies gipfelt in der Auffassung einiger funktionalistischer Systemtheoretiker, daß Korruption im engeren Sinne als funktional und daher unvermeidlich anzusehen sei, wie ein Autor mit seiner lapidaren Feststellung ausdrückt: „Some corruption is inevitable in a city like Chicago“ Seit der Flick-Affäre und den weiteren Verfahren über Steuerhinterziehungen, Korruptionsanklagen und Bestechungsverfahren in den Affären um die Parteienfinanzierung in der Bundesrepublik muß auch hier neu über die Methoden der Interessenvermittlung nachgedacht werden. Der ganze Komplex der Parteienfinanzierung ist dabei außerordentlich vielschichtig Es gehören dazu:

1. Der Fall Flick im engeren Sinne mit den zur Zeit laufenden Verfahren wegen Bestechung bzw. Bestechlichkeit gegen Eberhard von Brauchitsch, Hans Friderichs und Otto Graf Lambsdorff.

2. Die Parteienfinanzierung durch Steuerhinterziehung mittels illegaler Spendenquittungen. Mindestens 16 Staatsanwaltschaften ermitteln derzeit in über 1 000 Fällen gegen Unternehmen, die durch Scheingutachten, Blind-anzeigen, Mitgliedschaft in Quasi-Berufsverbänden oder besonders über sogenannte „staatsbürgerliche Vereinigungen" Geldzuwendungen an Parteien einerseits als gemeinnützig steuerlich abgesetzt und andererseits die Offenlegung der Parteispenden nach der im Grundgesetz vorgeschriebenen Rechenschaftspflicht der Parteien umgangen haben.

3. Die dritte Dimension des Skandals um Parteienfinanzierung betrifft die Amnestie von Straftatbeständen im Zusammenhang mit Parteispenden, die zwischen 1981 und 1984 mehrfach versucht worden war.

Bei dieser dritten Dimension ist ein besonders enger Verbund zwischen organisierten Interessen und Parlamentsparteien zu beob-achten. Es wird durchaus die These vertreten, daß das Scheitern des ersten Amnestieversuchs im Winter 1981/82 eine entscheidende Bruchstelle der sozial-liberalen Koalition gewesen sei. Der bisher letzte Amnestieversuch im Sommer 1984 gehört sicher zu den bis dahin schwersten politischen Belastungen der konservativ-liberalen Koalition. Wie auch die gesamte Aufdeckung des Skandals, so ist die Vereitelung der Amnestieversuche nicht spontanen Bewegungen oder organisierten Interessen, sondern allein der durch die Medien mobilisierten öffentlichen Meinung zu verdanken. Da dies so ist, stellt sich die Frage, was hat die ganze Affäre um illegale Formen der Parteienfinanzierung in der Bundesrepublik dann mit dem Wandel organisierter Interessen zu tun?

Dies mag an zwei Aspekten deutlich werden: an einem verdeckten und retrospektiven sowie an einem offenliegenden und in die Zukunft weisenden Aspekt. Zunächst kann man feststellen, daß sich an den Formen der Parteienfinanzierung ein normalerweise verdecktes drittes Gesicht der Macht zeigt. In den siebziger Jahren wurden die traditionellen Untersuchungen pluralistischer Interessenpolitik mit der Feststellung kritisiert, daß die sichtbaren Entscheidungen in Parlament und Regierung, auf die Interessengruppen Einfluß nehmen, nur ein offen zutage liegendes Gesicht der Macht, sozusagen die Vorderansicht, repräsentierten. Das zweite Gesicht von Machtstrukturen in einer Gesellschaft, sozusagen die Rückseite, ließe sich nicht durch Eingaben, Demonstrationen, Protestaktionen von Interessengruppen herausfinden. Hierbei handele es sich nämlich um eingebaute Strukturen und Machtvorteile von Interessen in einer Gesellschaft, die offenen Druck gar nicht einsetzen müßten, um ihre Ziele zu erreichen. Entscheidungen zeigten die Vorderseite der Macht, Nichtentscheidungen seien das verdeckte zweite Gesicht von Herrschaftsprozessen

Korrupte Praktiken sind allerdings ein Indiz, daß dieses zweite Gesicht von Herrschaftsprozessen nicht so reibungslos als selbstverständliche Machtstruktur funktionieren kann. Denn wenn der Staat ohnehin das Geschäft des Kapitals betriebe, wozu dann noch Bestechung? Das dritte Gesicht der Macht in der Dunkelheit von Korruption, Bestechung, Drohung und Nötigung verlangt noch sehr viel intensivere Erforschung, die aber so, wie die Dinge liegen, manchmal durch Gerichtspro-zesse oder durch investigativen, aufdecken-den Journalismus besser als durch Forschungsprozesse gefördert werden kann.

Bezüglich der Bedeutung von organisierten Interessen ist aus der Flick-Affäre bereits ein deutliches Ergebnis zutage getreten: Es bedarf eben nicht nur der Organisation von Interessen in Verbandsform, um in der Illegalität des dritten Gesichtes der Macht Wirkung zu entfalten. Großkonzerne und Einzelunternehmer haben mittels ihrer finanziellen Ressourcen die Möglichkeit, ohne die Bindung an Verbände und deren Informationssysteme eigene Wirkung zu erzielen.

Der zweite wichtige Aspekt des gesamten Parteienfinanzierungskomplexes betrifft die Rolle des Trägers der Enthüllung sowie die Mobilisierung. Allein die Presse und hier nur wenige Publikationsorgane, an der Spitze das Nachrichtenmagazin Der Spiegel, waren in der Lage, eine breite mobilisierende Wirkung zu erzielen. Keine organisierten Interessen, keine politische Bewegung war fähig; Themenstellung aufzugreifen und noch weiter zu verbreiten. Trotz weiterer Enthüllungen der Praktiken von einzelnen Industrieverbänden und Branchen (Pharmaindustrie und Versicherungswirtschaft) konnte eine Verstärkung der Mobilisierung der Öffentlichkeit allerdings nicht erreicht werden. Offensichtlich ist eine Personalisierung, wie bei den Akteuren der Flick-Affäre möglich, Voraussetzung einer erfolgreichen Vermittlung in den Medien. Eine solche Funktion der Medien als Träger mobilisierender politischer Aktionen steht uns für die Zukunft der Informationsgesellschaft wohl noch stärker bevor.)

VI. Schlußthesen: Erosion oder Transformation?

1. Organisierte Interessen bilden neben den Parteien und den Medien die dritte Säule des intermediären Bereiches zwischen Individuum und Institutionen. Ihre Beweglichkeit und prinzipielle Offenheit, ihre Widersprüchlichkeit und Vielfalt sind wichtige Kriterien einer offenen Gesellschaft.

2. Die Bundesrepublik ist eine organisierte Gesellschaft, die von einem besonders ausgeprägten Netz organisierter Interessen im Wirtschaftsbereich und in der Arbeitswelt, im sozialen und im gesellschaftspolitischen Bereich, im Bereich von Freizeit, Religion, Kultur und Wissenschaft geprägt ist 3. Auch in der Bundesrepublik erleben wir in den letzten drei Jahrzehnten einen deutlichen Wandel von Interessenpolitik. Studentenbewegung und Bürgerinitiativen, Friedensbewegung und Umweltpolitik konkurrieren mit herkömmlichen Interessenverbänden. Erleben wir einen Zerfall der Organisationskraft durch Großgruppen?

4. Die sozialwissenschaftlichen Erklärungen des Verhaltens von organisierten Interessen, ob Pluralismustheorie, Hypothesen der Neuen Politischen Ökonomie, Theoreme des Neo-Korporatismus oder des Postmaterialismus, greifen immer nur Teilaspekte heraus. Keine kann für sich eine Gesamtbegründung und Deutung des Wandels organisierter Interessen bieten. Alle vier Ansätze erscheinen nicht ausgereizt und verlangen theoretische und empirische Weiterarbeit zur integrativen Erklärung von Organisationsprozessen in einer sich wandelnden Gesellschaft. 5. Das Fallbeispiel Umweltschutz verweist auf die Möglichkeit, auch zunächst nicht organisations-und konfliktfähig erscheinende Interessen zu einem Engagement zu motivieren. Es zeigt eine neue Bandbreite organisierter Interessen auf. Die Verbändeforschung darf sich nicht mehr allein an einem engen, formalen Organisationsbegriff festhalten, sondern muß die neuen sozialen Bewegungen in ihrer ganzen neuen Unübersichtlichkeit miterfassen. 6. Das Fallbeispiel Informationsgesellschaft will die Risiken für Organisationen in Ökonomie, für besonders die Gewerkschaften, und auch in der Gesamtgesellschaft illustrieren, die den traditionellen Mitgliederverbänden entstehen, wenn deren Funktion durch neue Medien teilweise aufgehoben wird. Eine Transformation des gesamten intermediären Bereiches — d. h. eine Zurückdrängung der organisierten Interessen als Vermittlungsagenten zugunsten neuer Vermittlungsformen durch Medien und direkte Interaktion Individuum/Institutionen — wird in Ansätzen erkennbar.

7. Das Fallbeispiel Parteienfinanzierung soll auf ein drittes Gesicht der Macht aufmerksam machen, das von der deutschen Interessengruppenforschung vernachlässigt wird. Die Flick-Affäre und ihre Begleitumstände haben drastisch illustriert, daß auch informelle bis illegale Praktiken der Interessendurchsetzung bei der Analyse von Methoden und Strategien organisierter Interessen berücksichtigt werden müssen. Und der Gesamtkomplex hat erneut auf die Bedeutung der Medien verwieB sen, denen die Aufdeckung dieses dritten Gesichtes der Macht zu verdanken ist. 8. Zur Zeit läßt sich keine Erosion, also kein Zerfall der Bedeutung organisierter Interessen in der Bundesrepublik belegen, wohl aber sind deutliche Ansätze zur Transformation erkennbar. Diese liegen besonders in drei Tendenzen: der Formierung von Interessen zu korporativen Einheiten, in Bonn neuerdings auch „Trialog" genannt; der Auflockerung von Organisationsformen durch neue soziale Bewegungen; der stärkeren Bedeutung der Medien im intermediären Bereich, die in einer zukünftigen „Informationsgesellschaft" durchaus zu stärkeren Konkurrenten für die Mobilisierung und Organisierung von Interessen heranwachsen können.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Vgl. Carola Schulz, Der gezähmte Konflikt. Zur Interessenverarbeitung durch Verbände und Parteien, Opladen 1984.

  2. Theo Schiller, Interaktionsmuster zwischen Parteien, Verbänden und Bewegungen, in: Jürgen W. Falter/Christian Fenner/Michael Th. Greven (Hrsg.), Politische Willensbildung und Interessen-vermittlung, Opladen 1984, S. 496— 504.

  3. Amitai Etzioni, Soziologie der Organisationen, München 1967, S. 9.

  4. Günter Büschges, Organisation und Herrschaft Reinbek bei Hamburg 1976, S. 14.

  5. Ebd.

  6. Für Quellennachweise beider Zitate und weitere Literatur vgl. Ulrich von Alemann, Interessenvermittlung in Westeuropa: Die Diskussion um Korporatismus in der vergleichenden Politik, in: ders. /brhard Forndran (Hrsg.), Interessenvermittlung und Politik, Opladen 1983, S. 116— 142; sowie Peter

  7. Richard Stöss (Hrsg.), Parteien-Handbuch. Die Parteien der Bundesrepublik Deutschland 1945— 1980, zwei Bände, Opladen 1983/84.

  8. Klaus von Beyme, Interessengruppen in der Demokratie, München 1980; Jürgen Weber, Interessengruppen im politischen System der Bundesrepublik Deutschland, Stuttgart 1977; Jürgen Hartmann, Verbände in der westlichen Industriegesellschaft, Frankfurt 1985.

  9. Vgl. dazu Klaus von Beyme (Anm. 8), S. 64ff., und Jürgen Weber (Anm. 8), S. 71 ff.; sowie die intensive Fallstudie von Peter Raschke, Vereine und Verbände. Zur Organisation von Interessen in der Bundesrepublik Deutschland, München 1978, S. 35ff.

  10. Jürgen Hartmann (Anm. 8), S. 76 ff.

  11. Am aktuellsten zum Gesamtkomplex sind die Passagen bei Jürgen Hartmann (Anm. 8); im einzelnen siehe auch Heidrun Abromeit, Unternehmer-verbände, in: Manfred G. Schmidt (Hrsg.), Westliche Industriegesellschaft, München 1983, S. 454— 461; Onno Poppinga, Bauern und Politik, Frankfurt

  12. Hermann Adam, Der Einfluß der Industrie-und Handelskammern auf politische Entscheidungsprozesse, Frankfurt 1979.

  13. Walter Simon, Macht und Herrschaft der Unternehmerverbände BDI, BDA und DIHT, Köln 1976; sowie Carola Schulz (Anm. 1).

  14. Claus Offe/Helmut Wiesenthal, Two Logics of Collective Action, in: Political Power and Social Theory, I (1980), S. 67ff.

  15. Einen guten jüngeren Überblick bieten Siegfried Mielke/Fritz Vilmar, Bundesrepublik Deutschland, in: Siegfried Mielke (Hrsg.), Internationales Gewerkschaftshandbuch, Opladen 1983, S. 337— 384.

  16. Heribert Schatz, Verbraucherinteressen im politischen Entscheidungsprozeß, Frankfurt 1984; Bernhard Wanders, Zwischen Dienstleistungsunternehmen und politischer Protestbewegung. Mieterorganisationen in der Bundesrepublik, Diss., Universität Duisburg 1982.

  17. Vgl. z. B. Max Wambach, Verbändestaat und Parteienoligopol. Macht und Ohnmacht der Vertriebenenverbände, Stuttgart 1971; Wolf Donner, Die sozial-und staatspolitische Tätigkeit der Kriegsopferverbände, Berlin 1960.

  18. Rudolph Bauer, Wohlfahrtsverbände in der Bundesrepublik, Weinheim 1978, S. 6.

  19. Rolf G. Heinze/Thomas Olk, Die Wohlfahrtsverbände im System sozialer Dienstleistungsproduktion, in: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, 33 (1981), S. 94— 114.

  20. Wolfgang Beywl/Helmut Brombach, Neue Selbstorganisationen — Zwischen kultureller Autonomie und politischer Vereinnahmung, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 11/84, S. 15-— 29; Rolf G. Heinze/Thomas Olk, Selbsthilfe, Eigenarbeit, Schattenwirtschaft, in: Frank Benseler/Rolf G. Heinze/Arno Klönne (Hrsg.), Zukunft der Arbeit, Hamburg 1982, S. 13— 29.

  21. Hier ist die vertiefende Literatur besonders spärlich; einführend: Jürgen Weber (Anm. 8), S. 148ff.

  22. Vgl. Jugendwerk der Deutschen Shell (Hrsg.), Jugend '81. Lebensentwürfe, Alltagskulturen, Zukunftsbilder, Opladen 1982, Bd. 1, S. lOOff.

  23. Heinz Ulrich Brinkmann, Public Interest Groups im politischen System der USA Opladen 1984.

  24. Klaus von Beyme (Anm. 8), S. 87.

  25. Vgl. besonders Karl-Werner Brand/Detlef Büsser/Dieter Rucht, Aufbruch in eine andere Gesellschaft. Neue soziale Bewegungen in der Bundesrepublik, Frankfurt 1983; Joachim Raschke, Soziale Bewegungen. Ein historisch-systematischer Grundriß, Frankfurt 1985; und die Beiträge in Jürgen W. Falter/Christian Fenner/Michael Th. Greven (Hrsg.) (Anm. 2).

  26. Klaus von Beyme (Anm. 8), S. 83f.; siehe auch Jürgen Weber (Anm. 8), S. 153ff.

  27. Klaus von Beyme (Anm. 8), S. 91; Jürgen Weber (Anm. 8), S. 157 ff.

  28. Den besten Überblick bietet weiterhin Hans Kremendahl, Pluralismustheorie in Deutschland, Leverkusen 1977; vgl. auch Peter Massing/Peter Reichel (Anm. 6); sowie Peter Massing, Interesse und Konsensus, Opladen 1979.

  29. Ernst Fraenkel, Reformismus und Pluralismus, Hamburg 1973.

  30. Gabriel A. Almond, Interessengruppen und politischer Prozeß, in: Günther Doeker (Hrsg.), Vergleichende Analyse politischer Systeme, Freiburg 1971,

  31. Ein Resümee zieht Klaus von Beyme, Die politischen Theorien der Gegenwart, München 19804, S. 216ff.

  32. Dazu immer noch interessant Rainer Eisfeld, Pluralismus zwischen Liberalismus und Sozialismus, Stuttgart 1972; sowie Udo Bermbach/Franz Nuscheler (Hrsg.), Sozialistischer Pluralismus, Hamburg 1973.

  33. Franz Lehner, Einführung in die Neue Politische Ökonomie, Königstein 1981, S. 10.

  34. Franz Lehner (Anm. 34), S. 77— 111; sowie Manfred Groser, Sozialökonomische Theorien der Verbände, in: Warnfried Dettling (Hrsg.), Macht der Verbände — Ohnmacht der Demokratie?, München 1976, S. 81— 104.

  35. Mancur Olson, Die Logik kollektiven Handelns. Kollektivgüter und die Theorie der Gruppen, Tübingen 1968; siehe auch ders., Die Logik kollektiven Handelns, in: Warnfried Dettling (Anm.

  36. S. 105— 123; dort auch Beiträge zur weiteren Diskussion. 3) Albert O. Hirschman, Abwanderung und Widerspruch, Tübingen 1974.

  37. Es gibt keine festgefügte Theorie des neuen Korporatismus, sondern höchst unterschiedliche Ansätze. Die wichtigsten Richtungen der deutschen Diskussion finden sich in: Ulrich von Alemann (Hrsg.), Neokorporatismus, Frankfurt 1981; siehe auch ders. /Rolf G. Heinze (Hrsg.), Verbände und Staat, Opladen 19812; sowie jüngst Manfred Glagow (Hrsg.), Gesellschaftssteuerung zwischen Korporatismus und Subsidiarität, Bielefeld 1984.

  38. Ulrich von Alemann (Anm. 6), S. 128ff.

  39. Aus der zahlreichen Literatur seien hervorgehoben: Karl-Werner Brand/Detlef Büsser/Dieter Rucht (Anm. 26); Wilfried Nelles/Wolfgang Beywl, Bürgerinitiativen und Selbsthilfegruppen, in: Martin Irie (Hrsg.), Methoden und Anwendungen in der Marktpsychologie, Göttingen 1983, S. 769— 834; sowie die Beiträge in Jürgen W. Falter/Christian Fenner/Michael Th. Greven (Hrsg.) (Anm. 2).

  40. Joachim Raschke (Anm. 26), S. 445.

  41. Joachim Raschke (Anm. 26), S. 226.

  42. Joachim Raschke (Anm. 26), S. 464.

  43. Ulrich von Alemann/Peter Mambrey, Gewerkschaften und Bürgerinitiativen — Konkurrenz oder Kooperation?, in: Otthein Rammstedt (Red.), Bürgerinitiativen in der Gesellschaft (— Argumente in der Energiediskussion Bd. 9), Villingen 1980, S. 233— 263.

  44. Thomas Ellwein/Martin Leonhard/Peter M. Schmidt, Umweltschutzverbände in der Bundesrepublik Deutschland, Forschungsbericht, Berlin

  45. Einen Überblick der Gesamtproblematik liefern: Ulrich von Alemann/Heribert Schatz u. a., Mensch und Technik. Grundlagen und Perspektiven einer sozialverträglichen Technikgestaltung, Opladen 1985 (im Erscheinen).

  46. Paul Kevenhörster, Politik im elektronischen Zeitalter. Politische Wirkungen der Informationstechnik, Baden-Baden 1984.

  47. Vgl. dazu die Beiträge in: Informationsgesellschaft oder Überwachungsstaat Strategien zur Wahrung der Freiheitsrechte im Computerzeitalter. Gutachten zum Symposion der Hessischen Landesregierung vom 3. bis 5. September 1984, Wiesbaden 1984.

  48. Klaus von Beyme (Anm. 8), S. 230ff.

  49. Edward C. Banfield, zit nach Klaus von Beyme (Anm. 8), S. 231.

  50. Vgl. Ulrich von Alemann, Politische Moral und politische Kultur in der Bundesrepublik — Vergiften oder reinigen Skandale die Politik?, in: Gewerkschaftliche Monatshefte, 36 (1985) 5, S. 258— 269.

  51. Peter Bachrach/Morton S. Baratz, Macht und Armut, mit einer Einleitung von Claus Offe, Frankfurt 1977.

Weitere Inhalte

Ulrich von Alemann, Dr. phil., geb. 1944; Master of Arts, Professor für Politikwissenschaft an der Fernuniversität Hagen; seit 1972 wissenschaftlicher Assistent an der Universität Bonn, ab 1978 Professuren an der Pädagogischen Hochschule Rheinland und an der Universität/Gesamthochschule Duisburg, seit 1984 in Hagen; Mitglied des Direktoriums des Rhein-Ruhr-Instituts für Politikberatung (RISP) an der Universität-GH-Duisburg. Veröffentlichungen u. a.: Parteiensysteme im Parlamentarismus, 1973; (mit Erhard Forndran) Methodik der Politikwissenschaft, 19853; (Hrsg.) Partizipation — Demokratisierung — Mitbestimmung, 19782; (Hrsg, zusammen mit Rolf G. Heinze) Verbände und Staat, 19812; (Hrsg.) Neokorporatismus, 1981; (Hrsg.) Parteien und Wahlen in NRW, 1985.