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Abschreckung und Kriegführungsfähigkeit | APuZ 13-14/1986 | bpb.de

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APuZ 13-14/1986 Ipressum Zehn Jahre Vertrauensbildende Maßnahmen Abschreckung und Kriegführungsfähigkeit Der NATO-Abschnitt Europa-Mitte und die Frage der „defensiven Verteidigung“

Abschreckung und Kriegführungsfähigkeit

Michael Rühle

/ 29 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Die kontroverse amerikanische Diskussion um die Hinwendung zu einem verstärkt auf Kriegführungsfähigkeit beruhenden Abschreckungskonzept setzte kurz nach Erreichen strategischer Parität zwischen den USA und der UdSSR zu Beginn der siebziger Jahre ein. Bis dahin hatte der zehn Jahre zuvor geprägte Begriff der „gegenseitigen gesicherten Zerstörung“ (mutual assured destruc-tion, MAD) die deklaratorische Nuklearstrategie der USA dominiert und auch das öffentliche Denken über nukleare Abschreckung nachhaltig beeinflußt. Neue militärische Optionen der UdSSR und ihr offensiveres weltpolitisches Auftreten ließen jedoch in weiten Kreisen der USA die Befürchtung aufkommen, daß eine auschließlich auf Vergeltungsdrohung beruhende strategische Doktrin der wachsenden Gefahr eines Versagens der Abschreckung nicht mehr hinreichend Rechnung tragen könne. Darüber hinaus führte die neuerliche Beschäftigung mit sowjetischem strategischen Denken viele amerikanische Analytiker zu dem Schluß, daß die UdSSR nicht zwischen Abschreckung und Kriegführungsfähigkeit unterschied, sondern vielmehr in der eigenen Fähigkeit zur Führung auch eines Nuklearkrieges die Voraussetzung glaubwürdiger Abschrekkung erblickte. Die Notwendigkeit, die psychologisch-politische Instrumentierbarkeit der sowjetischen Militärmacht auszuschließen sowie das sowjetische Kriegführungskonzept erfolgreich konterkarieren zu können, führte zu einer Revision der amerikanischen Nuklearstrategie. Einer zunächst eher deklaratorischen Abkehr vom MAD-Konzept, welches ohnedies keinen Niederschlag in der amerikanischen Zielplanung gefunden hatte, folgten in den späten siebziger und frühen achtziger Jahren eine Reihe von Veränderungen, die sich deutlich an sowjetischen Vorstellungen orientierten. Eine völlige Konvergenz der Strategien blieb dennoch aus. Das amerikanische Kriegführungskonzept enthielt eine Reihe kooperativer und kriegsbegrenzender Elemente, die sich auf sowjetischer Seite nicht nachweisen ließen. Als letztlich unlösbar erwies sich schließlich das Problem, glaubhafte Kriegführungsfähigkeit ohne die Fähigkeit zum Schutz des eigenen Territoriums zu gewährleisten. Trotz dieser Einschränkungen ist ein Trend zur Abkehr von einer als unpolitisch und selbstabschreckend empfundenen Vergeltungsstrategie und die Hinwendung zu einer Strategie der Verwehrung des gegnerischen Angriffserfolges (deterrence by denial) unverkennbar. Auch die „Strategische Verteidigungsinitiative“ (SDI) muß in dieser Entwicklung betrachtet werden.

Mehr als drei Jahre nach Präsident Reagans aufsehenerregender Fernsehansprache, in der er die Vision eines Abwehrsystems gegen nukleare Raketen beschwor, bewegt die „Strategische Verteidigungsinitiative“ (SDI) auch weiterhin die Gemüter. Als „neue Strategie“ hat SDI notwendigerweise zu einer Debatte über Vor-und Nachteile der geltenden Abschreckungskonzeptionen und über Chancen zu deren Überwindung geführt, doch bereits über die Frage der Beschaffenheit der „gegenwärtigen“ Strategie besteht alles andere als Einigkeit. Dies gilt insbesondere für die Inhalte der amerikanischen Nuklearstrategie, deren teils abstrakte und spieltheoretische Elemente dem kontinentaleuropäischen Denken nur schwer zugänglich zu sein scheinen.

Die Strategische Verteidigungsinitiative ist ein amerikanisches Konzept. Sie entspricht amerikanischem Denken und amerikanischen Erfahrungen. Jede zukünftige Einschätzung ihrer Auswirkungen auf Europa wird daher fragmentarisch bleiben, wenn man auf den Bezug zur bisherigen strategischen Politik der USA verzichtet.

Bereits seit einigen Jahren steht die amerikanische Nuklearstrategie im Kreuzfeuer der Kritik. So gab und gibt insbesondere der wiederholt auftauchende Begriff der „Kriegführungsfähigkeit“ zu Mißverständnissen Anlaß; er ließ in weiten Kreisen der Öffentlichkeit die Befürchtung aufkommen, die USA vollzögen eine gefährliche Abkehr vom Prinzip der Abschreckung. Angesichts unbesonnener Äußerungen einiger Mitarbeiter der Reagan-Administration fiel es Kritikern leicht, die Strategische Verteidigungsinitiative als endgültige Demaskierung finsterster amerikanischer Erstschlags-und Enthauptungsabsichten zu präsentieren Was aber, so bleibt angesichts vieler Mißverständnisse zu fragen, sind die Inhalte der amerikanischen Nuklearstrategie?

Deklaratorische und tatsächliche Politik

Bereits 1956 unterschied Paul Nitze zwischen einer deklaratorischen Politik, die vorrangig politisch-psychologische Wirkung erzielen solle, und einer „action policy“, also den tatsächlich festgelegten politischen Richtlinien für den Ernstfall Eine ausschließliche Konzentration auf öffentliche Verlautbarungen kann demzufolge die amerikanische Nuklearstrategie nur unzureichend wiedergeben. Während sich die deklaratorische Politik eher zyklisch bewegte, ihr Schwerpunkt bisweilen auf der massiven nuklearen Drohung gegen Bevölkerungszentren, dann wieder auf selektiven, schadensbegrenzenden Einsätzen gegen militärische Ziele lag, blieb die militärische Planung vergleichsweise konsequent. Sie umfaßte seit den frühen fünfziger Jahren eine erhebliche Bandbreite von Zielkategorien und verengte sich keineswegs auf eine reine Vergeltungsoption. Angesichts der strengen Geheimhaltung amerikanischer Zielplanung blieb diese Differenzierung zunächst jedoch unbekannt. Erst in den siebziger Jahren gewonnene Forschungsergebnisse machten einer breiteren interessierten Öffentlichkeit das Auseinanderklaffen von deklaratorischer und „echter“ Nuklearstrategie deutlich Bis da-hin hatten sich jedoch bereits einige Vor-und Fehlurteile über die amerikanische Abschrekkungsdoktrin herausgebildet. Versuche, diese Vor-und Fehlurteile durch neue Sachinformationen abzubauen, führten zu heftigen Kontroversen.

Abschreckungstheorien

Abschreckung kennt grundsätzlich zwei Funktionsprinzipien: Zum einen kann ein Aggressor dadurch abgeschreckt werden, daß ihm der Verteidiger glaubhaft das Erreichen seiner politischen und militärischen Ziele verwehrt (deterrence by denial). Andererseits kann der potentielle Angreifer aber auch dadurch von seinem Tun abgehalten werden, daß ihm eine glaubhafte Vergeltung in Aussicht gestellt wird, deren Folgen für ihn gravierender sind als der Nutzen der Aggression (deterrence by punishment) Beide Prinzipien haben im Abschreckungskonzept des Westens ihren Platz. Während im konventionellen Bereich das Verwehren des Erfolges (denial) die vorrangige Rolle spielt, dominiert im nuklearen Bereich der Vergeltungsgedanke (punishment). Die Begriffe Abschreckung und Verteidigung bzw. Kriegführungsfähigkeit werden daher in bezug auf die konventionelle Ebene als sich gegenseitig bedingend, auf strategisch-nuklearer Ebene hingegen häufig als sich gegenseitig ausschließend betrachtet. Diese Trennung resultiert weitgehend aus der technologischen Unmöglichkeit einer effektiven Verteidigung und gipfelt zumeist im Verweis auf die Aussage Bernard Brodies, im Nuklearzeitalter müsse die wichtigste Aufgabe darin bestehen, Kriege zu verhindern, statt sie zu führen

Im nuklearstrategischen Bereich gibt es zudem eine weitere Besonderheit: Gerade hier ist nämlich durch die Vieldeutigkeit der Begriffe „offensiv“ und „defensiv“ eine „Nichtentsprechung zwischen politischer und militärisch-instrumenteller Ebene“ gegeben. Dies ist zum einen das Resultat einer moralischen Aufwertung von Offensivwaffen als Bedingung des gegenwärtigen Abschreckungssystems, zum anderen das Ergebnis einer bewußten Diskreditierung von Defensivwaffen als für ein „Gleichgewicht des Schrekkens“ destabilisierend. Der Begriff Kriegführungsfähigkeit verwischt hingegen diese Trennung durch die Forderung nach Offensiv-und Defensivsystemen bzw. durch gänzlich andere Stabilitätskriterien

Auch die Streitkräftestruktur bestimmt sich nach der Art des Abschreckungskonzepts. Während sich eine Vergeltungskonzeption ausschließlich auf die Lage vor dem Ausbruch eines Konfliktes bezieht und der psychologischen Wirkung von Unsicherheit entscheidenden Wert beimißt, sind bei einer „denial“ -Strategie Abschreckung und Kriegführungsfähigkeit miteinander identisch. Darüber hinaus wird auf die abschreckende Wirkung von Unsicherheit zugunsten verringerter Selbstabschreckung verzichtet; es ist vielmehr gerade die Gewißheit des Gegners, seine Ziele nicht erreichen zu können, die die Glaubwürdigkeit eines „denial“ -Konzeptes ausmachen soll.

Die Theorie der Abschreckung beschäftigt sich in ihrer strategisch-nuklearen Komponente fast ausschließlich mit der Drohung der Bestrafung, wodurch sie sich in diesem Bereich zwangsläufig auf eine reine „Vorkriegs-Abschreckung“ (pre-war deterrence) reduziert. Die Frage nach einem Versagen der Abschreckung wird hier zumeist gar nicht gestellt, da aufgrund der in diesem Fall eintretenden Katastrophe eine Verfolgung politischer Ziele obsolet geworden sei. Dieser Haltung liegt die Ansicht zugrunde, daß der Krieg im Nuklearzeitalter nicht mehr im Sinne von Clausewitz die Fortsetzung der Politik ist, sondern vielmehr deren Versagen bedeutet Aus dieser Einstellung ergibt sich zugleich der Verzicht auf jegliche operative Strategie nuklearer Kriegführung. Zwar müssen bestimmte Stabilitätskriterien erfüllt werden, etwa eine gesicherte Zweitschlagskapazität und ein durch entsprechende Streitkräftestrukturen sichergestellter Ausschluß präventiver Anreize; eine Wechselbeziehung zwischen dem möglichen Verlauf eines Krieges und der Abschreckungswirkung einer solchen Konzeption wird jedoch unter Verweis auf die technologische Undurchführbarkeit strategisch-nuklearer Kriegführung verneint.

Mutual Assured Destruction

Diese Ansicht schlug sich bereits in den frühen sechziger Jahren in dem vom damaligen amerikanischen Verteidigungsminister Robert S. McNamara geprägten Begriff der „gesicherten Zerstörung“ (assured destruction) nieder. Obwohl zunächst ein vehementer Kritiker der in seinen Augen unglaubwürdigen Doktrin der „massiven Vergeltung“, wurde McNamara immer deutlicher, daß sich gegen das wachsende Potential der Sowjetunion eine unter Kosten-Nutzen-Gesichtspunkten realistische Politik der Schadens-begrenzung nicht mehr würde durchführen lassen. Ein solches Konzept schien zunehmend unglaubwürdig und wurde — zumindest verbal — aufgegeben. Statt dessen wurde die Fähigkeit zur „gesicherten Zerstörung“ eines Viertels der sowjetischen Bevölkerung und der Hälfte des Industriepotentials zum Angelpunkt amerikanischer deklaratorischer Politik.

Ursprünglich hatte es sich bei der „assured destruction“ lediglich um den Versuch einer Definition von „unakzeptablem Schaden“ gehandelt, die McNamara vor allem dazu diente, überhöhte Waffenforderungen der Teilstreitkräfte abzuwehren. In dem Maße jedoch, in dem sowohl das sowjetische strategische Potential als auch der Stellenwert von Rüstungskontrolle in McNamaras Konzeption wuchsen, wurde aus der „gesicherten Zerstörung“ eine „gegenseitige gesicherte Zerstörung“ (mutual assured destruction, MAD), die eine Symmetrie der Optionen und Strategien suggerierte und damit auf ein langfristiges stabiles Verhältnis zwischen den Großmächten hindeutete. „Gegenseitige gesicherte Zerstörung“ war weniger eine Strategie als vielmehr McNamaras Umschreibung für einen bestehenden Zustand wechselseitiger Geiselhaftung. Die eher an militärischen Leitlinien orientierte Zielplanung blieb von den Verlautbarungen des Verteidigungsministers unberührt. Dennoch führte die scheinbare Plausibilität des Konzepts in der Folgezeit dazu, daß dieses in der öffentlichen Meinung gleichsam synonym für Abschreckung schlechthin stand und bald eine einflußreiche „Lobby“ im akademischen und journalistischen Bereich besaß. Gleichzeitig führte jedoch das durch das Konzept der gegenseitigen gesicherten Zerstörung postulierte Ende aller Strategie zu einem zeitweiligen Verfall strategischer Forschung, „wie er für eine Weltmacht vermutlich auf Dauer lebensgefährlich ist“ Kritik an diesem Konzept konnte daher nicht ausbleiben.

Als die USA und die UdSSR 1972 im SALT-I-Vertrag ihre strategischen Offensivstreitkräfte auf annähernd gleichem quantitativem Niveau begrenzten und im ABM-Vertrag auf den Ausbau einer landesweiten Raketenabwehr verzichteten, schien sich zunächst das im MAD-Konzept enthaltene Element der Gegenseitigkeit in McNamaras Sinne zu bestätigen. Häufig wurde die Ansicht vertreten, daß sich sowjetisches militärisches Denken im Sinne einer Konvergenz auf amerikanische Vorstellungen zubewegen würde

Diese Theorien über Abschreckung, Stabilität und Konvergenz waren jedoch ursprünglich in einer Periode amerikanischer strategischer Überlegenheit formuliert worden. Ein Großteil der Konzepte beruhte somit explizit oder implizit auf der Annahme fondauernder eigener Überlegenheit. Dennoch gab es trotz dieser engen Verknüpfung zwischen Konzeption einerseits und Potential andererseits keine mit dem sowjetischen Rüstungsaufbau einhergehende Revision der Strategie Die MAD-Theorie konnte zwar strategi-sehe Parität grundsätzlich hinnehmen, doch war sie ein in hohem Maße unpolitisches Konzept, das strategische Stabilität allein anhand technologi-scher Fähigkeiten definierte und die politisch-psychologische Instrumentierbarkeit nuklearer Machtmittel ignorierte.

Neue Bedrohungsvorstellungen

Die auch nach SALT I anhaltende sowjetische Rüstung sowie die verstärkten Aktivitäten der UdSSR in der Dritten Welt führten indessen recht bald zu einer Neueinschätzung des politischen und militärischen Verhältnisses zur Sowjetunion. Nach Ansicht einer wachsenden Zahl amerikanischer Analytiker hatte die Gleichrangigkeit beider Großmächte keineswegs die Chancen für ein dauerhaftes Miteinander begünstigt, sondern die Sowjetunion vielmehr mit dem notwendigen Instrumentarium zu einer weltweit offensiveren Politik ausgestattet. Die wachsende sowjetische Fähigkeit zur globalen Machtentfaltung erhöhte in amerikanischer Sicht insbesondere die Gefahr regionaler Konflikte, die einzudämmen für die USA angesichts plausibler sowjetischer Gegendrohungen zunehmend schwieriger werden konnte. Das selbstbewußtere Auftreten der UdSSR im internationalen Rahmen machte daher eine Neueinschätzung des vermeintlich rein defensiven Charakters nuklearstrategischer Abschreckung notwendig.

Die bewußte Trennung zwischen einer eher statischen Politik der „friedlichen Koexistenz“ und einem dynamischen „proletarischen Internationalismus“ versah dabei die sowjetischen strategischen Streitkräfte mit einer Doppelrolle. Sie boten nicht nur Schutz vor einem direkten amerikanischen Angriff, sondern bildeten zugleich auch einen Nuklearschirm für ein Ausgreifen in Regionen außerhalb der vom Konzept der „friedlichen Koexistenz“ erfaßten Strebte die Sowjetunion somit eine Status-quo-Änderung an und demonstrierte sie dem Verteidiger zugleich die Aussichtslosigkeit einer Gegenwehr, so war Abschreckung nur noch die militärisch-defensive Komponente einer im Kern offensiven Politik.

Von besonderer Brisanz schien die strategisch-nukleare Pattsituation für die europäischen NATO-Verbündeten. Mit der 1972 festgeschriebenen Gleichrangigkeit beider Großmächte hatten die Vereinigten Staaten ihre Eskalationsdominanz sichtbar eingebüßt. Die NATO-Strategie der „flexiblen Reaktion“, ihrerseits bereits als Antwort auf die Glaubwürdigkeitsprobleme einer „massiven Vergeltung“ konzipiert, verlor damit zumindest theoretisch eines ihrer bedeutendsten Elemente. Die Zweifel an den amerikanischen Nukleargarantien für Europa konnten sich, so wurde befürchtet, nur noch verstärken. Zwar bestand die abschreckende Wirkung eines unkalkulierbaren Risikos weiterhin fort, als alleinige Strategie schien sie jedoch nicht ausreichend. Nach Ansicht einiger Experten wurde der politische Wille, einen Nuklearwaffeneinsatz und damit voraussichtlich einen Eskalationsprozeß einzuleiten, angesichts gleichgelagerter sowjetischer Optionen prinzipiell untergraben Das Wort vom „Deterring our Deterrent“, so der Titel eines einflußreichen Artikels von Paul Nitze gab eine Beschreibung des Problems der Selbstabschreckung angesichts unausführbarer, weil selbstmörderischer Drohungen und wies auf die Notwendigkeit einer schlüssigen militärischen Konzeption zur Durchkreuzung offensiver sowjetischer Ziele hin.

Mit dieser veränderten Risikowahrnehmung mußte fast zwingend eine Überprüfung der eigenen Abschreckungsdoktrin einhergehen. Hielt man ein Versagen der Abschreckung für möglich oder gar für wahrscheinlich, so konnte eine, schlichte MAD-Doktrin nicht mehr genügen. Dieses Konzept war von einigen Analytikern stets als unpolitisch, unmoralisch und selbstabschreckend kritisiert worden. Da es für den Fall eines Versagens der Abschreckung keine rationalen Handlungsoptionen bereitstellte, war es nach Ansicht eines Teils der „Strategie Community“ keine Strategie, sondern geradezu deren Anti-these. Indem diese Konzeption Streitkräfte und Zielplanung einzig nach Kriterien größtmöglicher Schadenszufügung bemesse, führe sie bei einem Konflikt im Sinne einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung den Untergang beider Seiten konsequent herbei MAD schien vielen auch bündnispolitisch fragwürdig, da einer solchen Doktrin stets die Tendenz innewohnte, regionale Ungleichgewichte zugunsten strategischer Gesamtbilanzen zu vernachlässigen. Darüber hinaus bezweifelte eine wachsende Zahl von Experten die Grundannahme, daß sich auch die Sowjetunion von einem derartigen Abschreckungsverständnis leiten ließ.

Die Entwicklung des nuklearen Kräfteverhältnisses führte daher schon kurz nach SALT I zu einer intensiven Debatte um die weitere Evolution der amerikanischen Nuklearstrategie. Die Forderung nach einem „Mehr“ an Abschreckung und nach „Flexibilität“ der militärischen Optionen war somit nicht zuletzt ein Resultat der veränderten Bewußtseinslage weiter Teile der amerikanischen Führungseliten im Zeitalter strategisch-nuklearer Parität

Neue sowjetische Optionen

Die strategische Debatte in den USA ist größtenteils eine Debatte um „capabilities“, oftmals losgelöst von politischen Bezugsrahmen, da die gegnerischen Fähigkeiten zumeist leichter einschätzbar sind als die gegnerischen Absichten. So entzündete sich die Diskussion der frühen siebziger Jahre zunächst an Potentialen.

Aus der Verbindung von strategischer Parität und neuen Waffentechnologien erwuchsen der Sowjetunion neue militärische Optionen gegen das amerikanische Festland. Zwar besaß die UdSSR bereits seit den frühen sechziger Jahren die Fähigkeit zur Vergeltung, nunmehr versetzte sie jedoch ihr quantitatives wie qualitatives Aufholen in die Lage, zumindest hypothetisch einen Erst-schlag gegen die landgestützten militärischen Einrichtungen der USA — Raketensilos, Bomberbasen, U-Boot-Häfen und Befehlszentren — durchführen zu können. Insbesondere die raschen Fortschritte auf dem Gebiet der zielgenauen Mehrfachgefechtsköpfe (MIRV) in Verbindung mit einem ihr in SALT I zugestandenen Wurfgewichtsvorteil ermöglichten der UdSSR die Bekämpfung auch gehärteter Punktziele. Die solchermaßen in Aussicht gestellte Verringerung von Nebenschäden könnte, so wurde in den USA spekuliert, für den Angegriffenen den Anreiz zu einer (massiven) Vergeltung dämpfen, zumal dann, wenn deutlich würde, daß die Sowjetunion selbst nach einem Erstschlag gegen die USA noch den weitaus größten Teil ihrer Streitmacht zu erpresserischen Zwecken gleichsam in Reserve halten könnte.

Ein begrenzter strategischer Krieg schien für manche Analytiker nicht mehr gänzlich ausgeschlossen; bei einer operativen Analyse des Kräfteverhältnisses hatte die Sowjetunion nach Auffassung einiger Experten in fast allen meßbaren Kategorien die besseren Chancen, einen Nuklearkrieg durchzustehen Das Scheitern einiger amerikanischer Planspiele machte zudem allen Beteiligten deutlich, wie unvollkommen die USA auf ein Versagen der Abschreckung vorbereitet waren Zwar blieb die Plausibilität sowjetischer Erstschlagsszenarien heftig umstritten, doch zeigten sie zumindest die asymmetrische Entwicklung in der Streitkräftestruktur beider Großmächte und nährten damit einmal mehr die Zweifel an der sowjetischen Akzeptanz der MAD-Doktrin.

Noch weiter ging die Mitte der siebziger Jahre einsetzende Zivilschutzdebatte. Wenn die UdSSR, wie aus nachrichtendienstlichen Erkenntnissen hervorzugehen schien, durch eine Reihe von Schutzmaßnahmen die für eine MAD-Strategie typischen Ziele — Bevölkerung und Industrie — schrittweise nuklearer Waffeneinwir-kung entzog, entwertete dies das MAD-Konzept selbst in seiner ursprünglichen Bedeutung als schlichte Maßeinheit für die Zufügung unakzeptierbaren Schadens Setzte die UdSSR darüber hinaus Offensivwaffen zur präemptiven, „schadensmindernden“ Vernichtung amerikanischer strategischer Systeme ein und arbeitete sie weiter an der Entwicklung eines schnell stationierbaren Raketenabwehrsystems, so konnten ihre in isolierter Betrachtung scheinbar ziellosen Bemühungen durchaus als Bestandteile einer dem MAD-Verständnis diametral entgegengesetzten „Strategie des Überlebens“ interpretiert werden Das Problem, die eigenen Abschreckungserfordernisse an den Fähigkeiten des potentiellen Gegners auszurichten, war bis dahin in erster Linie als ein europäisches betrachtet worden. Im strategischen Bereich schien der vermeintliche „overkill" nach weitverbreiteter Meinung jeden Gedanken an rationale Kriegführung ad absurdum geführt zu haben. Zu dieser Auffassung hatte vor allem die MAD-Doktrin beigetragen. Mit dem Postulat einer genau definierbaren Zerstörungsmarge als „Grundstein der Abschreckung“ (McNamara) war die eigene Abschreckung von den Optionen des Gegners prinzipiell unabhängig geworden. Angesichts wachsender Besorgnis über sowjetische Kriegführungsfähigkeiten bedurfte dieser Zustand nach Ansicht eines Großteils der amerikanischen „Strategie community“ nunmehr jedoch dringend der Korrektur.

Auch die Fiktion von beiderseitig gleichgelagerter Rationalität“, wie sie dem MAD-Konzept unterlag, schien angesichts eines wachsenden sowjetischen Rüstungspotentials zunehmend fragwürdig. Nach welchen Kriterien die sowjetische Führungselite über Krieg und Frieden entschied, ließ sich angesichts einer keinesfalls nach MAD-Kriterien verlaufenden Offensivrüstung nicht mehr mit hinreichender Sicherheit vermuten. Ohnehin hatten Abschreckungsforscher das Konstrukt einer zeitlosen und allgemeingültigen Rationalität immer wieder in Frage gestellt

Alte und neue Fragen drängten sich nun auf: —-War die amerikanische Abschreckung noch ausreichend, oder bedurfte sie im Zeitalter der Parität und der Technologien zum Angriff auf militärische Punktziele (counterforce) einer Revision? — Wie schätzte die Sowjetunion ihre eigenen Fähigkeiten ein?

— War sie auf den Erwerb echter Kriegführungs-oder gar Siegoptionen aus?

— Von welchem Kriegsbild sollte man ausgehen, falls die Abschreckung versagte? Und schließlich: — Wie schreckte man einen Gegner mit völlig andersartigem Politik-, Ideologie-und Wertesystem ab? /

Die „reserve convergence“ -Debatte

Diese Fragen führten rückwirkend zu einer intensiven Diskussion um die sowjetische Militärdoktrin und -Strategie, nicht allein in Form wertneutraler Analysen, sondern zugleich mit dem Ziel, die gewonnenen Ergebnisse in die eigene Abschreckungskonzeption einzugliedern. Die Bezeichnung als „umgekehrte Konvergenzdebatte“, in ironischer Anspielung auf die noch in den sechziger Jahren erhoffte Übernahme amerikanischer Denkweisen durch die Sowjetunion, traf daher durchaus den Kern des Problems.

So begrüßenswert eine intensivere Beschäftigung mit der „Empfängerseite“ amerikanischer Abschreckungsdrohungen im Prinzip erscheinen mußte, so problematisch entwickelte sich die Diskussion in Form und Inhalt. Indem die Debatte nämlich zunächst von einer Analyse sowjetischer militärischer Fähigkeiten ausging und von dort auf Absichten zurückschloß, zeichnete sie zumeist ein Bild akuter Bedrohung und schrieb bestimmte Erkenntnisse fast zwingend vor. Indem sie ferner die Ambivalenz des sowjetischen Schrifttums und die unregelmäßige Quellenlage zugunsten eindeutiger Aussagen auflösen wollte, geriet die Debatte zum Glaubenskrieg einzelner „Kreml-Astrologen“. Da zudem nicht immer zwischen alter und neuer Literatur, politischen und militärischen Autoren und regionalen oder strategischen Kriegsschauplätzen unterschieden wurde, stand schließlich erneut Meinung gegen Meinung. Zusätzlich erschwerte eine sich seit Mitte der siebziger Jahre in Mäßigung übende sowjetische Rhetorik die Einschätzung hinsichtlich der Gültigkeit von angeblich „veralteten“ Aussagen

Eine Tendenz, der die Mehrheit der „Strategie Community“ folgte, ließ sich gleichwohl feststellen. Demnach existierten eine Reihe spezifischer sowjetischer Anschauungen hinsichtlich nuklearer Abschreckung und Militärstrategie, die sich in weiten Bereichen fundamental von den amerikanischen unterschieden. Walter Slocombe, einer der maßgeblichen Mitarbeiter Präsident Carters, faßte diese 1981 wie folgt zusammen:

„— die sowjetische Militärdoktrin scheint im Kriegsfälle die Möglichkeit eines lang andauernden Schlagabtausches in Betracht zu ziehen;

— es gibt Beweise dafür, daß die Sowjets eher Streitkräfte anstatt die allgemeine wirtschaftliche Kapazität als vorrangige Ziele in einem nuklearen Schlagabtausch ansehen;

— die sowjetische Führung mißt dem Erhalt des Regimes und dem Überleben und der fortdauernden Effektivität der Instrumente der Staatsmacht großen Wert bei — zumindest soviel, wie allen Verlusten der Bevölkerung bis kurz vor der völligen Zerstörung der sowjetischen Gesellschaft; und — zumindest unter bestimmten Umständen scheint die sowjetische Führung die theoretische Möglichkeit eines sowjetischen Sieges im Nuklearkrieg ernst zu nehmen.“

Die zweifellos einschneidendste Feststellung war hingegen die im sowjetischen Denken offenbar nicht vorhandene Begriffsproblematik hinsichtlich von Abschreckung und Kriegführungsfähigkeit. Bei dem Begriff „Verteidigung“ (oborona) unterschieden sowjetische Autoren nicht zwischen Verteidigung und Vergeltung, sondern sahen vielmehr in der eigenen Fähigkeit zur erfolgreichen Führung eines Nuklearkrieges die Voraussetzung glaubwürdiger Abschreckung

Für die Bedeutung dieser Erkenntnisse und ihrer Auswirkungen auf die amerikanische Abschrekkungskonzeption gab Slocombe die Begründung: „... weil unsere strategische Doktrin, wie unsere strategischen Streitkräfte, dazu geschaffen ist, die Sowjets abzuschrecken und nicht eine Gruppe von westlichen Analytikern, muß sie sowjetische Vorstellungen in Betracht ziehen und formen helfen ... Nicht nur wir müssen glauben, daß wir die Streitkräfte und den Willen zur Vergeltung besitzen, wir müssen ebenso, um abzuschrecken, die sowjetische Führung davon überzeugen ... Denn per definitionem verlangt Abschreckung die Beeinflussung sowjetischer Einschätzungen über die Risiken eines Krieges, Einschätzungen, die in ihren Modellen erfolgen, nicht in unseren, selbst wenn wir diese Modelle für weniger zutreffend halten als unsere eigenen.“

Wenn sich also Abschreckung als ausschließlich „empfängerseitiges“ Phänomen grundsätzlich am sowjetischen Kriegsplaner auszurichten hatte, so lag es nahe, ihn mit seinen eigenen Konzepten zu konfrontieren. Dies bedeutete die endgültige deklaratorische Loslösung von der MAD-Doktrin und ihren politisch-strategischen Grundannahmen. Statt dessen näherte sich die amerikanische deklaratorische Strategie der sowjetischen Auffassung an, wonach die Fähigkeit zur erfolgreichen Führung eines Krieges auch unter Einschluß nuklearstrategischer Mittel die Voraussetzung glaubwürdiger Abschreckung darstellte. Ausgehend von einer Einschätzung sowjetischer Planungen und Wertvorstellungen wurde aber auch die tatsächlich implementierte amerikanische Nuklearstrategie in weiten Teilen der sowjetischen nachempfunden.

Neue Zielplanung

Den ersten deutlichen Schritt einer offiziellen Absage an das Konzept der MAD unternahm bereits Verteidigungsminister Schlesinger, indem er 1974 sein Konzept der „flexiblen Optionen“ vorstellte. Zwar blieb die Drohung der „gesicherten Zerstörung“ nach wie vor bestehen, jedoch nur als eine — letzte — Option des amerikanischen Präsidenten. Zeitlich vorgeschaltet wurde ein durch den selektiven Einsatz strategisch-nuklearer Waffen ermöglichtes Spektrum limitierter Einsatzpläne, um auf jeden denkbaren Angriff mit angemessenen Mitteln — und nicht allein mit Kapitulation oder Selbstmord — antworten zu können Schlesinger reagierte mit diesem Konzept auf die Gefahr einer dem Zustand strategischer Parität innewohnenden Tendenz zur wechselseitigen Lähmung der Arsenale. Nicht zuletzt den Verbündeten wurde damit signalisiert, daß die USA der Glaubwürdigkeit ihrer nuklearen Garantien auch unter veränderten äußeren Bedingungen Rechnung trugen.

Schlesingers Korrekturen waren indessen weitgehend deklaratorischer Natur. Zwar ließ er eine weitere Verfeinerung der Zielplanung durchführen, doch handelte es sich hierbei im wesentlichen um eine ohnehin fällige Anpassung an die technologische Entwicklung. Im Verlauf der anschließenden Debatte war zudem rasch deutlich geworden, daß eine MAD-Doktrin zu keiner Zeit die operative Planung der USA dominiert hatte Zwar hatte McNamara das öffentliche Abschreckungskonzept, nicht aber den Aufbau des eigenen Potentials „einfrieren“ können, wodurch zwischen offiziell verlautbarer Politik und tatsächlicher Zielplanung eine deutliche Lücke entstanden war. Indem Schlesinger die deklaratorische Politik mit der tatsächlich implementierten Doktrin in Einklang brachte, unterstrich er die Ansicht, daß nur ein in sich schlüssiges militär-strategisches Konzept der Gefahr auftretender Lücken im Abschreckungsspektrum entgegenwirken und die amerikanische Außenpolitik in ihrem Umgang mit einer militärisch ebenbürtigen Sowjetunion unterstützen könne

Hatte Schlesinger die verlautbarte Politik mit der tatsächlichen Zielplanung in Einklang gebracht, so sah die zweite Hälfte der siebziger Jahre eine kontinuierliche Entwicklung der amerikanischen Abschreckungsdoktrin hin zu einer teilweisen Konvergenz mit der sowjetischen. In dieser zweiten Stufe der Abkehr vom Konzept der MAD wurden unter Bezugnahme auf spezifische sowjetische Planungen und Verwundbarkeiten neue Erfordernisse bei Zielplanung und Waffenbeschaffung formuliert; entsprechende öffentliche Verlautbarungen folgten. Verteidigungsminister Brown präsentierte 1980 die auf der Presidential Directive 59 beruhende „countervailing strategy“ und bezeichnete sie ausdrücklich nicht als revolutionäre, sondern vielmehr als evolutionäre Verfeinerung langjähriger US-Zielplanung. Die Reagan-Administration legte noch strengere Maßstäbe an die Fähigkeit der strategischen Nuklearstreitkräfte an, blieb jedoch in der Kontinuität ihrer Vorgänger

Ausgehend von der Annahme, daß der höchste Abschreckungseffekt dann erreicht sei, wenn die in der Sicht der sowjetischen Führung bedeutendsten Werte — politische Kontrollstruktur und Militärmacht — bedroht werden konnten, widmete man den vermuteten Schwachstellen des sowjetischen Systems besondere Aufmerksamkeit. Hier eröffneten der extreme Zentralismus, die inflexible Befehlsstruktur und die fragliche Loyalität der Satellitenstaaten neue Optionen für die amerikanische Zielplanung. Hinzu kamen die hohe Konzentration der sowjetischen Wirtschaftsstruktur und die Möglichkeit politischer Auflösungserscheinungen des Vielvölkerstaates im Falle verlustreicher Kriegshandlungen. Durch die Einbeziehung der für einen militärischen Erfolg in Europa entscheidenden sowjetischen Streitkräfte (projection forces) in die strategischen Ziellisten sollten die Kriegsziele der UdSSR sichtbar durchkreuzt und der sowjetischen Führung zugleich der Verlust der politischen Kontrolle über ihren Machtbereich angedroht werden. Neben der Forderung nach einer strategischen Reserve und nach verbesserten Fähigkeiten zur Bekämpfung gehärteter Punktziele wurde auch die Fähigkeit zur Erfassung und Zerstörung beweglicher öder kurzfristig verlegbarer Ziele gefordert, was zu höheren Anforderungen an die Aufklärungs-und Führungssysteme führte. Auch der besondere Schwerpunkt, der auf die Überlebensfähigkeit der Kommandostruktur selbst nach mehrmonatigen nuklearen Kampfhandlungen gelegt wurde, sowie die geforderte Fähigkeit nach flexiblen, d. h. vom Kriegsverlauf abhängigen Einsatzoptionen, verlangte wesentliche Investitionen im Bereich der eigenen Führungs-und Kommunikationseinrichtungen.

Ein besonders weit gefaßtes Abschreckungsverständnis zeigte sich ferner im Konzept des „recovery targeting“. Bereits die Zivilschutzdebatte hatte die strategische Diskussion in den USA an einen bis dahin kaum durchdachten Punkt geführt: die Nachkriegswelt. Im Gegensatz zu der im Westen — nicht zuletzt durch das Konzept der MAD — verbreiteten Auffassung, wonach ein Nuklearkrieg mit dem Ende der zivilisierten Welt gleichbedeutend sei, ging die sowjetische Führung offenbar davon aus, daß sich die UdSSR als Nation selbst nach einem Kernwaffenkrieg wieder erholen könne und traf entsprechende Vorkehrungen. Nach Ansicht einiger amerikanischer Analytiker hätte die Sowjetunion durch ihre möglicherweise höhere Überlebensfähigkeit die Chance, die USA bei einem wirtschaftlichen Wiederaufbau zu überholen und bereits dadurch die Nachkriegswelt zu dominieren. Durch die gezielte Zerstörung der sowjetischen Wiederaufbaufähigkeit versuchte man der Forderung Rechnung zu tragen, daß die UdSSR für ihren wirtschaftlichen und politischen Wieder-aufstieg einen längeren zeitlichen Rahmen benötigen müsse als die USA Mit einer Ausdeh-nung der Abschreckung bis in die Nachkriegs-welt hinein sollte sich die Sowjetunion zu keiner Zeit und auf keiner Konfliktebene Aussichten auf einen für sie günstigen Verlauf des Geschehens machen können. Die rein auf die „Vorkriegszeit“ bezogene Abschreckung einer MAD-Doktrin wurde endgültig als unzureichend eingestuft.

Damit jedoch eröffneten sich eine Vielzahl von Problemen, die den schillernden Charakter des Begriffes „Kriegführungsfähigkeit“ deutlich machten. So stand etwa das Ziel einer Kriegs-beendigung zum frühestmöglichen Zeitpunkt in sichtbarem Kontrast zu dem Konzept der schnellen Ausschaltung der sowjetischen Führung: Ohne eine überlebende politische Autorität ließe sich keine frühe Kriegsbeendigung aushandeln. Ebenso blieb fraglich, ob die beabsichtigte Schonung der Zivilbevölkerung angesichts der Stadt-nähe vieler bedeutsamer militärischer Ziele überhaupt gewährleistet werden könne. Zweifel erschienen auch hinsichtlich der Hoffnung angebracht, daß der Gegner einen selektiven Nuklearwaffeneinsatz überhaupt als solchen erkennen könne und nicht sofort mit massiven Gegenschlägen antworten würde.

Angesichts dieser und weiterer Ungewißheiten blieb die Frage nach der faktischen Durchführbarkeit theoretischer Überlegungen weiterhin umstritten. Dies um so mehr, als die Streitkräfteentwicklung, die neben der deklaratorischen und der tatsächlichen Doktrin gleichsam das dritte Element der strategischen Politik darstellte, mit den anspruchsvollen Planungen längst nicht mehr Schritt halten konnte. Mit 40 000 potentiellen Zielen umfaßte der amerikanische integrierte Einsatzplan schließlich etwa das Vierfache der verfügbaren Anzahl an Sprengköpfen

Kriegführung ohne Verteidigung?

Als zentrales Problem für die amerikanische Abschreckungsdoktrin erwies sich jedoch eine andere Aufgabe: Wie ließ sich das Erfordernis einer Kriegführungsfähigkeit ohne die Möglichkeit zu effektiver Verteidigung . gewährleisten? Ließen sich im konventionellen Bereich die Begriffe Kriegführung und Verteidigung gleichsetzen, so galt dies nicht für die strategisch-nukleare Ebene. Technologisch schien eine Verteidigung von Bevölkerungszentren auf lange Sicht nicht möglich zu sein. Auch das Ende der sechziger Jahre bereits heftig umstrittene „Safeguard“ -Raketenab-wehrsystem hatte lediglich die Aufgabe, Waffensysteme zu schützen; es stand daher nicht im Widerspruch zur MAD-Theorie. Ebenso besaßen die USA inzwischen keine nennenswerte Luftabwehr mehr und unterhielten ein lediglich gering finanziertes Zivilschutzprogramm.

Man stand somit vor dem Problem, der Sowjetunion glaubhafte Kriegführungsfähigkeit in dem steten Bewußtsein demonstrieren zu müssen, daß eine wechselseitige Geiselhaftung beider Gesellschaften bestand und auf absehbare Zeit bestehen blieb. Ein Ausweg aus diesem Dilemma konnte daher nur in Konzeptionen zur Kriegs-begrenzung gefunden werden. Angesichts der „gesicherten Verwundbarkeit“ der Zivilbevölkerung konnte die amerikanische Diskussion um Kriegführungsfähigkeit per definitionem nur die Diskussion um einen wie auch immer begrenzten Nuklearkrieg sein.

Parallelen zur „limited war“ -Debatte der fünfziger Jahre drängten sich auf. Robert Osgood, Henry Kissinger und andere hatten bedeutende Vorarbeiten hinsichtlich der Frage geleistet, wie ein Staat auch im Nuklearzeitalter militärische Macht zur Verfolgung seiner politischen Ziele nutzen konnte. Zwar kreiste die damalige Debatte um regionale Konflikte und nicht um einen strategischen Krieg, doch verliehen das Anwachsen der sowjetischen Rüstung, die stete Verbesserung der Waffensysteme und nicht zuletzt der beiderseitige Besitz gesicherter Zweitschlagsfähigkeiten dem Gedanken an einen „limited Strategie war“ nunmehr eine gewisse Glaubwürdigkeit. Die in den siebziger und frühen achtziger Jahren diskutierten Szenarien ähnelten weitgehend dem „no cities“ -Konzept, das sogar McNamara zu Beginn seiner Amtszeit vertreten hatte: Durch die bewußte und glaubhaft demonstrierte Schonung der Zivilbevölkerung des Gegners sollte dieser von einer Fortführung des Konflikts abgehalten und seine Städte für den Fall weiterer Eskalation als Geisel gehalten werden.

Der Zwang zur Kooperation

Voraussetzung für das Gelingen einer Kriegsbegrenzung ist freilich stets das reziproke Verhalten des Gegenspielers. Daher mußte nach Anzeichen für ähnliche sowjetische Verhaltensweisen gesucht werden. Die einzig verfügbaren Hinweise „waren die dislozierten Waffensysteme, das in der sowjetischen Literatur geäußerte Interesse an Kontrollmechanismen und Folgerungen aus den Beobachtungen sowjetischer Manöver“

Die neuerliche Beschäftigung mit sowjetischen Stellungnahmen verlief indessen unergiebig. Ungeachtet aller theoretischen Optionen blieb die UdSSR bei ihrer offiziellen Ansicht, jeder Krieg mit den USA würde ein totaler Krieg werden. Mithin bestand keine Aussicht auf eine Annäherung an amerikanische Vorstellungen. Dennoch sahen manche amerikanischen Analytiker Hinweise für eine Veränderung der sowjetischen Position. Im europäischen Rahmen schien sich eine sowjetische Vorliebe für selektive nukleare Optionen erst mit Erlangen der tatsächlichen Fähigkeiten hierfür entwickelt zu haben. So zeigten die siebziger Jahre im sowjetischen Schrifttum eine merkliche Zurückhaltung hinsichtlich der bis dahin kategorisch bejahten Frage, ob ein Krieg in Westeuropa unweigerlich zum strategischen Schlagabtausch eskalieren müsse. Auch im nuklearstrategischen Bereich bestand daher die Aussicht, daß die rein faktische Möglichkeit eines selektiven Nuklearwaffengebrauchs zu einer neuen Richtung im sowjetischen Denken führen könne. Zudem wurde die Drohung einer unvermeidbaren Eskalation häufig eher als Bestandteil sowjetischer Abschreckungsrhetorik denn als ernstgemeinte Überzeugung verstanden; ebenso ließ der stets betonte Primat der Politik die Möglichkeit zu, im Konfliktfall von deklaratorischen Prinzipien abzuweichen

Lawrence Freedman bemerkt zu dieser Argumentation, es sei nicht ohne Ironie, wenn die Befürworter selektiver Optionen, vormals die strengsten Kritiker strategischer Konvergenztheorien, nun ihrerseits auf eine „Verfeinerung“ im sowjetischen Denken setzten Und in der Tat blieb die Konzeption des begrenzten strategischen Krieges eine typisch amerikanische. Sie basierte auf der Annahme, daß keiner Seite daran gelegen sein konnte, ihre Bevölkerungszentren einem Angriff auszusetzen, und postulierte demnach ein zwingendes Gemeininteresse. Wählte die UdSSR durch aktive und passive Verteidigung und durch überlegene Offensivoptionen einen unilateralen Weg zur eigenen „Schadensbegrenzung“, so hatten sich die USA, noch immer von einem kooperativen Konfliktverständnis ausgehend, für den Weg gegenseitiger Zurückhaltung entschieden

Dies aber schien manchen Kritikern zu wenig. Sie zogen den Abschreckungswert einer auf kooperative Elemente angewiesenen Doktrin in Zweifel und warfen ihr vor, auf halbem Wege stehengeblieben zu sein. Solange man der Sowjetunion nicht deren militärische und politische Niederlage androhen könne, sondern ihr vielmehr durch fehlende eigene Verteidigungsfähigkeit die Möglichkeit einer weiteren Eskalation überlasse, verbleibe die amerikanische Abschrekkung inkonsequent, lückenhaft und daher unglaubwürdig. Erst in der Rückbesinnung auf eine „klassische“ Strategie des militärischen und politischen Sieges könne die Abschreckung verstärkt oder im Falle ihres Versagens ein Konflikt zu erträglichen Kosten überstanden werden

Dies ist der gegenwärtige Stand der Dinge. Ob die Argumentation dieser Kritiker Eingang in die offizielle amerikanische Politik finden wird, ist noch nicht sicher. Innenpolitisch zwar schwer vertretbar, könnten die gegenwärtig diskutierten Konzepte dennoch eine Vorreiterrolle einnehmen. Ohnehin geht ein Großteil der Inhalte der aktuellen strategischen Debatte auf Arbeiten der fünfziger und frühen sechziger Jahre zurück

Die politische Dimension

Die Auseinandersetzung um die amerikanische Nuklearstrategie war und ist nur vordergründig eine militärische. Ihre eigentliche Brisanz liegt weit weniger in dem Ringen um eine adäquate Zielplanung als vielmehr in der diesen Veränderungen zugrunde liegenden Neudefinition von Abschreckung schlechthin.

Die „gesicherte Zerstörung“, die einmal lediglich Maßeinheit für die Beurteilung der erforderlichen Größe strategischer Vergeltungsstreitkräfte gewesen, dann aber zu dem die öffentliche Diskussion dominierenden Konzept der „Mutual Assured Destruction“ geworden war, wurde wieder zum analytischen Werkzeug degradiert. Zugleich widersprach man damit öffentlich einer Abschreckungstheorie, derzufolge die Wirkung der Abschreckung allein darauf beruht, daß dem Gegner als einzige Reaktion der massive Vergeltungsschlag gegen seine Städte und Industrieanlagen angedroht wird.

Politisch war die Debatte folglich auch insofern, als sie zu dem Schluß führte, daß Abschreckung nur auf der Basis eines möglichen rationalen Einsatzes auch strategischer Nuklearwaffen gewähr-35) leistet werden könnte und daß die gesicherte Zweitschlagsfähigkeit „zwar eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung für westliche Sicherheit ist“ Politisch war auch die Bedeutung, die man der Wahrnehmung des strategischen Kräfteverhältnisses beimaß. Konnten amerikanische Analytiker zu Beginn der siebziger Jahre noch von einem Zustand stabiler Abschrekkung reden, so waren diese Einschätzungen am Ende der Dekade wesentlich düsteren Beurteilungen gewichen Der „militärische Schatten“ der Sowjetunion führe, so wurde befürchtet, weltweit zu einem Macht-und Ansehensverlust der USA, mache die UdSSR als Bündnispartner attraktiv und führe zu vorbeugendem Wohlverhalten oder gar einer „Finnlandisierung" bei den europäischen NATO-Partnern.

Die Debatte war somit zugleich eine Auseinandersetzung um die politisch-psychologische Wir-kung militärischer Macht im Nuklearzeitalter. Die bloße Sichtbarkeit eines Vergeltungspotentials mochte genügen, solange man dessen Anwendung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausschließen konnte. Ging man jedoch, aus welchen Gründen auch immer, von der Möglichkeit eines Versagens der Abschreckung aus, so konnte eine bloße Zurschaustellung von Vernichtungskapazität nicht mehr ausreichen. Eine zu tiefe konzeptionelle Lücke zwischen Kontingenten einerseits und ihren Einsatzplänen andererseits lief dann nämlich Gefahr, keine Abschreckungsfähigkeit, sondern nur noch Selbst-lähmung zu kommunizieren; sie barg außerdem das Risiko politischer Nachteile. Abschreckung, auch dies wurde deutlich, war nicht zuletzt eine Frage des Willens und folglich auch Erosionsgefahren ausgesetzt.

Von grundsätzlicher Bedeutung war daher auch die Tatsache, daß die deklaratorische Politik der USA mit der tatsächlich implementierten Doktrin in Einklang gebracht wurde. Man hatte erkannt, daß Vertrauen in die eigene — sei es nationale oder kollektive — Stärke das Wissen um diese Stärke voraussetzte. Entscheidend war nicht allein der Besitz bestimmter Fähigkeiten, sondern die Tatsache, daß die eigene Bevölkerung, Verbündete und Gegner gleichermaßen um die Existenz dieser Fähigkeiten wußten: „Militärische Kapazitäten aber sind ... nicht so eindeutig, nicht so spezifisch, daß sich von ihrer Auslegung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auf ihre Einsatzgrundsätze schließen ließe. Daher ist, zumal in einer offenen Gesellschaft, das militärstrategische Konzept, die Theorie, Bestandteil der Abschreckung.“

Schlußbetrachtung

Die amerikanischen nuklearstrategischen Konzeptionen der letzten eineinhalb Jahrzehnte dokumentieren den Versuch, gegenüber der Sowjetunion eine systematische Balance aufzubauen und aufrechtzuerhalten: Nicht nur, wie zuvor, eine weitgehend zufällige partielle Symmetrie der Waffenarsenale, sondern auch eine bewußte Symmetrie sowohl defensiver wie offensiver operativer Optionen; nicht nur, wie bis dahin, als durch die vorhandenen Waffen mögliche, aber nicht verbal in Anspruch genommene, sondern als in die militärische Planung und nationale Politik integrierte, jedoch jederzeit in konkrete Aktion umsetzbare Optionen. Eine wahrgenommene Gleichheit sollte demnach keineswegs nur in allgemeinen Kategorien strategischer Waffensysteme bestehen; die USA sollten vielmehr jede Option, die der Sowjetunion offenstand, gleichwertig und sichtbar besetzen, um ein stabiles Gleichgewicht neben der Symmetrie nuklearer Waffen auch auf eine „Symmetrie der Pressionen“ (Schlesinger) zu gründen.

Hintergrund dieser Überlegungen war die Über-zeugung, daß die USA die künftigen Auseinandersetzungen mit der Sowjetunion nur erfolgreich bestehen könnten, wenn sie den im Frieden, in der Krise und im Konflikt ausgetragenen, jeweils nur in seiner Intensität differierenden „Wettbewerb der Willensstärke“ durchstehen würden. Hierzu gehörte vorrangig, sowohl die psychologisch-politische Instrumentierbarkeit der sowjetischen Militärmacht auszuschließen, als auch das sowjetische Kriegführungskonzept erfolgreich konterkarieren zu können. Eine sichtbare numererische Gleichheit diente dem ersten, operative Kriegführungsoptionen dem zweiten Erfordernis. Der „Rüstungswettlauf 1 stellte sich in diesem Zusammenhang denn auch keineswegs als nur von militärisch-industriellen Interessen motiviertes Phänomen dar, sondern ebenfalls als ein Ringen um politischen Einfluß. Schließlich wurde auch die insbesondere in Europa vertretene Unterscheidung zwischen „politischen“ und „militärischen“ Nuklearwaffen verworfen. Nur eine militärisch einsetzbare Waffe hatte auch politischen Nutzen; eine auf bloße Vergeltungsoptionen reduzierte Minimalabschreckung blieb in höchstem Maße unpolitisch.

Doch wie fügt sich die Strategische Verteidigungsinitiative in diese Entwicklung? Abseits der Vision Präsident Reagans von einer durch SDI ermöglichten nuklearwaffenfreien Welt bedeutet die bereits in den späten siebziger Jahren einsetzende Renaissance der Raketenabwehr nichts anderes, als zumindest partiell auch auf der nuklearstrategischen Ebene zu einer Abschreckung durch „denial“ überzugehen. Zwar dürfte die technologische Realisierbarkeit eines perfekten Schutzschildes ein kaum zu erreichendes Maximalziel bleiben, doch tritt der Erfolg einer Verwehrungsstrategie bereits dann ein, wenn angesichts eines auch nur begrenzt wirksamen Abwehrsystems der Gegner keine hinreichenden Aussichten mehr erkennen kann, seine militärischen und politischen Ziele zu erreichen.

Ob durch die Einführung einer — in der sowjetischen Strategie seit langem nachweisbaren — Komponente der aktiven Verteidigung der amerikanischen Nuklearstrategie der Ausweg aus ihrem gegenwärtigen Dilemma gelingt, nämlich glaubhafte Kriegführungsfähigkeit ohne gleichzeitigen Schutz des eigenen Territoriums demonstrieren zu wollen, bleibt abzuwarten. Die SDI — genauer: das Konzept der Raketenabwehr — steht jedenfalls in einem unmittelbaren evolutionären Zusammenhang mit einer allgemeinen Tendenz, die eigene Sicherheit weniger auf eine als zunehmend unglaubwürdig empfundene Zweitschlagsdrohung abzustützen und sich statt dessen dem vorrangigen Problem der Verhinderung eines gegnerischen Erstschlags zu widmen. * Die Strategische Verteidigungsinitiative wird daher auch in Zukunft im Spannungsfeld der rivalisierenden Denkschulen einer „denial“ -und einer „punishment“ -Abschreckung bewertet werden, wobei abschließend festzuhalten bleibt, daß es MAD-Befürwortern ebensowenig um die Ausrottung der Menschheit geht wie Kriegführungs-Vertreter daran interessiert sind, einen Nuklear-krieg zu führen.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Vgl. etwa Dieter Engels /Jürgen Scheffran /Ekkehard Sieker, Die Front im All, Köln 1984; Max Schmidt /Wolfgang Schwarz, SDI im Kontext der Militärstrategie der USA, in: IPW-Berichte, (1986) 1, S. 13— 20.

  2. Vgl. Paul H. Nitze, Atoms, Strategy and Policy, in: Foreign Affairs, Januar 1956, S. 187.

  3. Einen sehr guten Überblick bieten: Aaron L. Friedberg, A History of the U. S. Strategie , Doctrine‘ — 1945 to 1980, in: Journal of Strategie Studies, Dezember 1980, S. 37— 71; Henry S. Rowen, The Evolution of Strategie Nuclear Doctrine, in: Laurence Martin (Ed.), Strategie Thought in the Nuclear Age, Baltimore 1979, S. 152 ff.; Lawrence Freedman, The Evolution of Nuclear Strategy, New York 1981; ein hervorragendes Kompendium über die strategische Diskussion der siebziger Jahre bieten: John F. Reichart /Steven R. Sturm (Eds.), American Defense Policy, Baltimore-London 19825.

  4. Vgl. Glenn H. Snyder, Deterrence by Denial and Punishment, Princeton (N. J.) 1959.

  5. Vgl. Bernard Brodie, The Absolute Weapon, New York 1946, S. 76.

  6. Wolfgang Pfeiler, Die strategische Doktrin der Abschreckung als politisches Problem, Habilitationsschrift, Bonn 1981, S. 64.

  7. Vgl. Carl H. Builder, The Case for first-strike Counterforce Capabilities, Rand P-6179, Santa Monica (Cal.) 1978, S. 8 ff.

  8. Vgl. McGeorge Bundy, The Future of Strategie Deterrence, in: Survival, November/Dezember 1979, S. 269.

  9. Uwe Nerlich, Einige politische Aspekte der gegenwärtigen Strategiediskussion in den USA, Stiftung Wissenschaft und Politik, AP 2037, Ebenhausen, März 1974, S. 38.

  10. Vgl. Roman Kolkowicz, Strategie Parity and Beyond, in: World Politics, April 1971, S. 438ff.

  11. Vgl. Keith B. Payne, Nuclear Deterrence in U. S. -Soviet Relations, Boulder (Col.) 1982, S. 1 ff.

  12. Vgl. Dimitri K. Simes, Deterrence and Coercion in Soviet Policy, in: International Security, Winter 1980/1981, S. 94f.; vgl. neuerdings: Michael Charlton, „Star Wars“ or Peace-in-the-Skies, Part Two, in: Encounter, März 1986, S. 13— 27.

  13. Vgl. Colin S. Gray, The Strategie Forces Triad: End of the Road?, in: Foreign Affairs, Juli 1978, S. 771 bis 789.

  14. Foreign Policy, Winter 1976/77, S. 195— 210.

  15. Vgl. Albert Wohlstetter, Threats and Promises of Peace: Europe and America in the New Era, in: Orbis, Winter 1974, S. 1126; Fred Charles Ikle, Can Nuclear Deterrence Last Out the Century, in: Foreign Affairs, Januar 1973, S. 267— 285.

  16. Vgl. Thomas W. Wolfe, The SALT Experience, Cambridge (Mass.) 1979, Kapitel 7.

  17. Vgl. Paul H. Nitze, Assuring Strategie Stability in an Era of Detente, in: Foreign Affairs, Januar 1976, S. 207 ff.

  18. Vgl. Thomas Powers, Choosing a Strategy for World War III, in: The Atlantic, November 1982, S. 95.

  19. Vgl. William H. Kincade, Repeating History: The Civil Defense Debate Reviewed, in: International Security, Winter 1978, S. 99ff.

  20. Vgl. Daniel Goure /Gordon H. McCormick, Soviet Strategie Defense: The Neglected Dimension of the U. S. -Soviet Balance, in: Orbis, Frühjahr 1980, S. 126f.

  21. So kann das Zustandekommen rationaler Entscheidungen durch eine Vielzahl von Einschränkungen verhindert werden; vgl. Patrick M. Morgan, Deterrence — A Conceptual Analysis, Beverly Hills-London 1977, S. 102 ff. Ein Entscheidungsprozeß kann durch typische Effekte des „Gruppendenkens“ verzerrt werden; vgl. Irving Janis, Victims of Groupthink, Boston 1972, S. 197f. Besonders bedeutsam ist schließlich das Problem der Fehlwahrnehmung; vgl. Robert Jervis, Perception and Misperception in International Politics, Princeton (N. J.) 1976.

  22. Vgl. Michael Rühle, Die sowjetische Militärmacht in amerikanischer Perspektive, in: Beiträge zur Konfliktforschung, (1984) 3, S. 51— 75.

  23. Walter Slocombe, The Countervailing Strategy, in: International Security, Frühjahr 1981, S. 20.

  24. Vgl. Fritz W. Ermarth, Contrasts in American und Soviet Strategie Thought, in: International Security, Herbst 1978, S. 138— 155.

  25. Walter Slocombe (Anm. 23), S. 19 f.

  26. Vgl. Lynn Etheridge Davis, Limited Nuclear Options: Deterrence and the New American Doctrine, Adelphi Paper Nr. 121, IISS London, Winter 1975/76.

  27. Desmond Ball, Dj Vu: The Return to Counterforce in the Nixon Administration, California Seminar on Arms Control, Santa Monica (Cal.) 1974.

  28. Vgl. Briefing on Counterforce Attacks, Hearing held before the Senate Foreign Relations Committee, 11. September 1974, Washington (D. C.) 1975.

  29. Vgl. Nuclear War Strategy, Hearing before the Committee on Foreign Relations, United Staates Senate, 96th Congress, 2nd Session, on Presidential Directive 59, 16. September 1980, Washington (D. C.) 1981.; Jeffrey Richelson, PD-59, NSDD-13 and the Reagan Strategie Modernization Program, in: Journal of Strategie Studies, Juni 1983, S. 125 ff.

  30. Vgl. Annual Defense Department Report, Fiscal Year 1978, Washington (D. C.), Januar 1977, S. 66ff.

  31. Zur grundsätzlichen Kritik vgl. Ian Clark, Limited Nuclear War, Princeton (N. J.) 1982; Desmond Ball, Can Nuclear War be Controlled?, Adelphi Paper Nr. 169, I 1SS London 1981.

  32. Lawrence Freedman (Anm. 3), S. 381.

  33. Vgl. Benjamin S. Lambeth, Selective Nuclear Options and Soviet Strategy, in: Johan Holst /Uwe Nerlich (Eds.), Beyond Nuclear Deterrence, London 1978, S. 97 ff.

  34. Vgl. Lawrence Freedman (Anm. 3), S. 381.

  35. Vgl. Jack Snyder, The Soviet Strategie Culture: Implications for Limited Nuclear Operations, Rand R-2154-AF, Santa Monica (Cal.), September 1977, S. 2f.

  36. Vgl. Richard B. Foster, On Prolonged Nuclear War, in: International Security Review, Winter 1981/82, S. 515; Colin S. Gray, War-Fighting for Deterrence, in: Journal of Strategie Studies, März 1984, S. 5— 28.

  37. Vgl. Fred Kaplan, The Wizards of Armageddon, New York 1983, Kapitel 25 und 26.

  38. Holger H. Mey, Die Strategische Verteidigungsinitiative, in: Marineforum, (1985) 10, S. 338.

  39. Vgl. Benjamin S. Lambeth, Deterrence in the MIRV Era, in: World Politics, Januar 1972, S. 221 f.; ders., The Political Potential of Soviet Equivalence, in: International Security, Herbst 1979, S. 22 ff.

  40. Hans Rühle, Die Änderung der amerikanischen Nuklearstrategie und ihre Auswirkungen auf Europa, unveröffentl. Manuskript, S. 22.

Weitere Inhalte

Michael Rühle, geb. 1959; Studium der Rechts-und Geschichtswissenschaft an der Universität Bonn; daneben freier Mitarbeiter des Bundesinstituts für ostwissenschaftliche und internationale Studien in Köln. Veröffentlichungen u. a.: Die sowjetische Militärmacht in amerikanischer Perspektive, in: Beiträge zur Konfliktforschung, (1984) 3; The Soviet Operational Maneuver Group: Is the Threat lost in a Terminological Quarrei?, in: Armed Forces Journal, August 1984; Krieg im Weltraum?, in: CIVIS, 2 (1984) 2; Die Strategische Verteidigung in Rüstung und Politik der UdSSR, in: Berichte des Bundes-instituts für ostwissenschaftliche und internationale Studien, (1985) 40.