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Kommunalpolitik im ländlichen Raum Ein Plädoyer für die Wiederbelebung der lokalen Politik | APuZ 46-47/1986 | bpb.de

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APuZ 46-47/1986 Kommunalpolitik im ländlichen Raum Ein Plädoyer für die Wiederbelebung der lokalen Politik Arbeit und Umwelt in der Kommunalpolitik Leitbilder der Stadtentwicklung in der Bundesrepublik Deutschland

Kommunalpolitik im ländlichen Raum Ein Plädoyer für die Wiederbelebung der lokalen Politik

Rüdiger Voigt

/ 30 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Die kommunalen Gebietsreformen in den Ländern der Bundesrepublik Deutschland haben auch den Gemeinden des ländlichen Raumes zu mehr Verwaltungsund Finanzkraft verholfen. Insofern sind sie den Anforderungen, die heute an eine moderne Kommunalverwaltung gestellt werden, besser gewachsen. Gleichzeitig ist jedoch der Abstand zwischen den Bürgern und ihrer politischen Vertretung im Gemeinderat gewachsen. Mit der Vergrößerung der Gemeinden haben viele ehemals selbständige Dörfer ihre Selbständigkeit und damit die eigene Kommunalvertretungskörperschaft verloren. Für die Bürger, die sich nach wie vor ihrem alten Dorf zugehörig fühlen, bedeutet das einen Verlust an politischer Mitbestimmung. Vor diesem Hintergrund wird auf der Grundlage einer Analyse der politischen und sozio-ökonomischen Situation der Gemeinden des ländlichen Raumes nach Partizipationsmöglichkeiten für die Dorfbewohner gesucht. Als Ausgangsbasis hierfür werden die Regelungen der nordrhein-westfälischen Bezirksverfassung herangezogen, die (bislang) jedoch lediglich für kreisfreie Städte gelten.

I. Kommunalpolitik und politische Bildung

Die früher vorherrschende Meinung, daß Kommunalpolitik ganz allgemein geeignet sei, politische Einsichten, Kenntnisse und Fertigkeiten zu vermitteln und zur politischen Teilnahme zu motivieren, ist inzwischen — zu Recht — einer eher skeptischen Einschätzung gewichen Es liegt auf der Hand, daß besonders in Großstädten die von der politischen Bildung herangezogenen Kriterien: Anschaulichkeit, Überschaubarkeit, unmittelbare Betroffenheit und Beeinflußbarkeit kaum gegeben sind. Eher könnte dies für kleine Gemeinden im ländlichen Raum gelten, da sich hier am ehesten die persönlichen Interessen mit den politischen Anliegen zur Deckung bringen lassen. Mit der Gebietsreform haben aber die bis dahin selbständigen Dörfer in den meisten Flächenländern ihre Selbständigkeit verloren. Sie sind zu Ortsteilen größerer administrativer Einheiten ge-worden. Für den ländlichen Raum nicht nur Nordrhein-Westfalens ist inzwischen die Großgemeinde typisch geworden. Sie ist weit eher in der Lage, die Verwaltungsaufgaben zu erledigen, die heute auch von der Kommunalverwaltung einer Landgemeinde erwartet werden.

Die Stärkung der Verwaltungskraft war allerdings mit einer Maßstabsvergrößerung verbunden, die nur um den Preis eines Verlustes an unmittelbarer Betroffenheit, Anschaulichkeit und Beeinflußbarkeit zu realisieren war. Die Frage ist nun, wie die Bürger im ländlichen Raum diese Veränderungverarbeitet haben. Wieweit sie sich der neuen Si-Bevorwir uns der Frage zuwenden, welche Besonderheiten das Politikverständnis der Bewohner ländlicher Gemeinden aufweist, ist zunächst zu tuation angepaßt haben, läßt sich z. B. daran able-sen, ob sie sich der neuen administrativen Einheit (Großgemeinde) zugehörig fühlen, oder ob sie sich immer noch mit ihrem Dorf identifizieren.

Im folgenden soll nach einer Diskussion der einschlägigen Stadt-Land-Konzepte Abschnitt) zunächst das Verhältnis der Dorfbewohner zur Politik (3. Abschnitt), insbesondere zur Parteipolitik, sowie die Auswirkungen der kommunalen Gebietsreformen auf die Situation der Dörfer in der Bundesrepublik Deutschland (4. Abschnitt) beleuchtet werden. Sodann sind die ökonomischen (5. Abschnitt) und sozio-politischen Rahmenbedingungen (6. Abschnitt) der Kommunalpolitik im ländlichen Raum zu skizzieren. Daran schließt sich eine Darstellung der kommunalpolitischen Entscheidungsstruktur in einer konkreten Landgemeinde (7. Abschnitt) an, die durch einen Exkurs zur Kreispolitik (8. Abschnitt) ergänzt wird. Auf dieser Grundlage werden einige Vorschläge für die Erweiterung der Mitwirkungsmöglichkeiten der Bürger (9. Abschnitt) erarbeitet. Dabei geht es vor allem um die Verwirklichung der folgenden Ziele 2): — das Interesse an der Kommunalpolitik zu wek-ken bzw. zu verstärken, — die Teilnahmebereitschaft zu fördern und — für eine sinnvolle und erfolgreiche Teilnahme zu qualifizieren.

II. Stadt und Land: Gegensatz oder Kontinuum?

klären, was unter „ländlich“ verstanden werden soll. Zwar läßt sich der Begriff „Stadt“ relativ leicht definieren, aber diejenigen Gemeinden, die sich hiermit nicht erfassen lassen, sind durchaus nicht immer zugleich auch ländliche Gemein-Dieser Beitrag ist die überarbeitete und erweiterte Fassung eines Vortrages während des 5. Dorfsymposiums in Bleiwäsche, 12. /13. Mai 1986. den Offenbar müssen weitere Merkmale hinzukommen. In der soziologischen Diskussion werden im wesentlichen zwei einander widersprechende Konzepte zum Stadt-Land-Verhältnis vertreten: die von amerikanischen Vorbildern übernommene Vorstellung von einem Stadt-Land-Kontinuum, die in der deutschen Gemeindesoziologie vorherrscht, sowie die auf Arbeiten von Johann Heinrich Riehl und Karl Marx basierende These eines Stadt-Land-Gegensatzes

Während Marx die Beziehungen zwischen Stadt und Land im Rahmen seiner Kapitalismuskritik als politisches und ökonomisches Ausbeutungsverhältnis deutete, führte Riehl den Stadt-Land-Gegensatz aus konservativer Sicht auf eine politische Krise der Gesellschaft zurück. Moderne Verfechter des Gegensatz-Konzepts weisen daraufhin, daß sich die Benachteiligung der Bewohner des ländlichen Raumes eher noch verschärft hat Demgegenüber sind Ausgangspunkt des Kontinuum-Konzepts nicht grundsätzliche, sondern graduelle Abstufungen. Die meisten hierfür verwendeten Merkmale lassen sich auf die von Louis Wirth (1938) geprägten Begriffe Größe, Dichte und Heterogenität zurückführen. Stadt und Land, denen keine eigenständige, für sie typische Kultur zuerkannt wird, erscheinen als Extrempunkte auf einem Kontinuum. Kritiker dieses Konzepts wenden dagegen ein, daß auf diese Weise stillschweigend die Benachteiligung des ländlichen Raumes festgeschrieben werde

Ein in der Raumordnung verwendetes Merkmal ist die Bevölkerungsdichte. Die Anwendung dieses Kriteriums erlaubt zumindest einen Überblick über Größe und Umfang des zur Diskussion stehenden Teils der Bundesrepublik Deutschland. Geht man davon aus, daß der ländliche Raum durch eine Dichte von weniger als 200 Einwohnern je qkm charakterisiert ist, dann muß man 72% der Gesamtfläche mit 33% der Bevölkerung der Bundesrepublik zum ländlichen Raum rechnen. Damit ist freilich noch nicht gesagt, daß es erkennbare Unterschiede zwischen dem politischen Verhalten von Stadt-und Landbewohnern gibt, wie sie von den Verfechtern der These vom Stadt-Land-Gegensatz unterstellt werden. Dieser Frage wird — nach einer Diskussion der unterschiedlichen ökonomischen Ausgangssituationen ländlicher Teilräume — an konkreten Beispielen nachzugehen sein.

Aus raumordnungspolitischer Sicht läßt sich folgendermaßen unterteilen:

— Ländliche Räume innerhalb von Regionen mit großen Verdichtungsräumen bzw. mit leistungsfähigen Oberzentren; hier haben die Bewohner Zugriff auf das Arbeitsplatz-und Infrastrukturangebot einer Großstadt; dörfliche Strukturen können allerdings kaum erhalten werden.

— Periphere, also abgelegene, dünn besiedelte ländliche Räume abseits der wirtschaftlichen Zentren des Bundesgebiets; diese Räume sind besonders benachteiligt, da sie neben einer extrem niedrigen Bevölkerungsdichte zugleich eine ungünstige Wirtschaftsstruktur in einer Randlage aufweisen; die alte Dorfstruktur ist hingegen häufig weitgehend erhalten geblieben.

III. Kommunalpolitik zwischen Sachzwang und Gestaltung

Als „Kirchturmpolitik“ wurde der Kommunalpolitik in der Bundesrepublik lange Zeit jede Eigen-art „echter“ Politik abgesprochen Zur Begründung wurde darauf verwiesen, daß die Aufgabe der Kommunalpolitik lediglich darin bestehe, vorgegebene Entscheidungen übergeordneter staatlicher Instanzen verwaltungsmäßig auszuführen. Später wurde von Vertretern der Politökonomie geltend gemacht, daß der Handlungs-und Entscheidungsspielraum der Kommunen in einer kapitalistischen Gesellschaft gegen Null tendiere Definiert man hingegen Politik ganz all-gemein als gesellschaftsbezogenes Planen, Entscheiden und Realisieren dann zeigt sich, daß es keineswegs nur um die „große“ Politik gehen kann, sondern daß für die Betroffenen vor Ort gerade die von ihrer Gemeinde getroffenen „kleinen“ Entscheidungen (z. B. im Bereich der kommunalen Daseinsvorsorge) von größter Bedeutung sind. Dennoch ist die Einschätzung der Kommunalpolitik als „Verwaltung von Sachaufgaben“ nach wie vor weit verbreitet und bestimmt — zumindest streckenweise — auch das Verhalten von Bürgern und Gemeindevertretern

Die Tübinger Wissenschaftler Urs Jeggle und Albert Ilien hatten bereits 1975 festgestellt, daß der Begriff „politisch“ in den von ihnen untersuchten Dörfern stets mit „großer“ Politik, vor allem mit der dort als negativ eingeschätzten Parteipolitik, assoziiert wurde Diese Auffassung wird besonders anschaulich, wenn man Gemeindevertreter zu Wort kommen läßt: „Politik brauchen wir hier nicht, hier ist alles überschaubar.“ In einer Studie zur „Politik in einer deutschen Kleinstadt“ faßte Benita Luckmann die in ihrer Untersuchung zutage geförderten Meinungen von Bürgern folgendermaßen zusammen „Kommunalpolitik darf nicht durch kontroverse Strei-tigkeiten, eine scharfe Polemik oder eine zugespitzte Konfrontation verschiedener Fraktionen zersplittert werden.“ Ein Zusammenhang zwischen dem, was im eigenen Dorf bzw. in der Kleinstadt geschieht und den Ereignissen auf anderen politischen Ebenen wird hingegen nicht gesehen. Nicht zuletzt diese Ergebnisse der empirischen Sozialforschung und ihre Bewertung durch die Politikwissenschaft haben dazu geführt, daß die ländliche Kommunalpolitik immer noch ein Stiefkind dieser Disziplin ist. Nach wie vor steht die Stadtpolitik (genauer: Großstadtpolitik) im Zentrum des politikwissenschaftlichen Interesses Diese „Großstadtzentriertheit“ der lokalen Politikforschung gilt es aufzubrechen. Neuere Veröffentlichungen zur „Kreispolitik im ländlichen Raum“ zur „Krise ländlicher Lebenswelten“ oder zum „Dorf* schlechthin leisten hierzu einen ersten Beitrag. Aber auch die früher erschienenen Bücher über die „Lebensbedingungen auf dem Dorf zur „Dorfpolitik“ zu den „Produktionsund Lebensverhältnissen auf dem Land“ zum „Ende des alten Dorfes “ und zur „Veränderung von Werten“ im ländlichen Raum weisen bereits in diese Richtung.

IV. Effektivität oder Überschaubarkeit?

Die in den sechziger Jahren in allen Flächenländern der Bundesrepublik Deutschland durchge-führten kommunalen Gebietsreformen dienten — teilweise kombiniert mit einer Neuverteilung der Zuständigkeiten (Funktionalreform) — vor allem der Anpassung an

— ökonomische und gesellschaftliche Veränderungen, — das veränderte Anspruchsniveau der Bevölkerung und — das ökonomische Leitbild der Effizienz.

Sie führten im Ergebnis zu einer drastischen Veränderung der kommunalen Landschaft. Bemerkenswert ist vor allem der Rückgang der Gesamtzahl der selbständigen Gemeinden. Selbst wenn man die Mitgliedsgemeinden von Verwaltungsgemeinschaften, Verbandsgemeinden etc. mitrech-net, wird dies deutlich. Aus vorher 24400 Gemeinden wurden 8 518 eigenständige Gemeinden. Gleichzeitig erhöhte sich die durchschnittliche Einwohnerzahl von 2414 auf 7198 Einwohner pro Gemeinde

Diese Maßstabsvergrößerung ist in den Ländern allerdings unterschiedlich ausgefallen. Sie schwankt zwischen einer Abnahme der Gemeinden um 86 % im Saarland und 18 % in Schleswig-Holstein, während Bayern (70 %) und Nordrhein-Westfalen (83 %) obere Mittelpositionen einnehmen. Allerdings war in den beiden zuletzt genannten Ländern die Ausgangslage auch unterschiedlich. Hatte die durchschnittliche bayerische Gemeinde vor der Gebietsreform lediglich 1 409 Einwohner, so waren es in Nordrhein-Westfalen zum selben Zeitpunkt bereits 7027 Einwohner, also fünfmal so viele. Nach der Gebietsreform vergrößerte sich dieser Abstand noch einmal nicht unwesentlich. Jetzt hat die durchschnittliche Gemeinde Nordrhein-Westfalens fast 45000, also achtmal so viele Einwohner wie die bayerische Gemeinde (5 260).

Es liegt auf der Hand, daß die kommunalen Gebietsreformen für die ländlichen Gemeinden besonders starke Auswirkungen haben mußten. So hat vor allem die Zahl der Gemeinden unter 1 000 Einwohnern deutlich abgenommen. Gab es Ende der sechziger Jahre bundesweit noch mehr als 10000 Gemeinden mit weniger als 500 Einwohnern, so sind es heute nur noch 1 825 Gemeinden. Und von den 16000 Gemeinden mit weniger als 1000 Einwohnern verblieben ganze 1425 Gemeinden Damit haben viele bis dahin selbständige Dörfer ihre administrative Selbständigkeit verloren und sind zu Ortsteilen von sogenannten Großgemeinden geworden.

V. Lebensbedingungen auf dem Lande

Obgleich die wirtschaftliche Situation der Land-bevölkerung alles andere als zufriedenstellend ist, ist hiervon — abgesehen von einigen lautstarken Bauernprotesten — kaum etwas ins Bewußtsein der Öffentlichkeit gedrungen. Kann man daraus den Schluß ziehen, daß die Menschen mit ihrer Lage zufrieden sind? Die Ergebnisse von Befragungen nach der Einstellung von Dorfbewohnern zu den Lebensverhältnissen im ländlichen Raum zeigen ein ganz anderes Bild Zwar wohnt die große Mehrheit der Befragten gern im Dorf und weiß die Vorzüge des Lebens auf dem Lande durchaus zu schätzen, ist aber mit dem Arbeitsplatzangebot und vor allem mit den Verdienst-und Aufstiegschancen unzufrieden. Das hat auch durchaus einen realen Hintergrund:

— Industriebetriebe im ländlichen Raum sind oft nur die „verlängerten Werkbänke“ großer Konzerne, deren Zentralen weitab liegen. Sie werden als erste abgebaut, wenn die Gewinne schrumpfen. Die Folge ist ein überdurchschnittlich hohes Arbeitsplatzrisiko und oft zugleich eine erzwungene Beschränkung auf weniger qualifizierte Arbeit infolge begrenzter Branchenvielfalt Im

Falle von Arbeitslosigkeit sind die Chancen im allgemeinen geringer, einen neuen Arbeitsplatz zu finden.

Wegen des im ganzen allgemein niedrigeren technologischen Niveaus der Betriebe im ländlichen Raum sind die Aufstiegschancen vor allem jüngerer Menschen geringer als in den Städten. Die Folge ist eine Abwanderung gerade des aktivsten und kreativsten Teils der ursprünglichen Dorfbevölkerung. Die gestiegene Bildungsbereitschaft und der damit verbundene Bildungserfolg der Landbevölkerung kommen auf diese Weise gar nicht oder zumindest lediglich in geringerem Maße dem ländlichen Raum zugute. Alle Prognosen über die Wanderungsbewegungen innerhalb des Bundesgebietes gehen davon aus, daß die Wanderungsverluste der peripheren ländlichen Räume eher noch zunehmen werden Wande-rungsgewinne verbuchen allerdings weniger die städtischen Ballungsgebiete als vielmehr die urbanisierten Umlandbereiche der Kernstädte.

— Die Chancen eines Dorfbewohners, in der Nähe seines Heimatdorfes einen gutbezahlten Arbeitsplatz zu finden, sind deutlich geringer als die eines Stadtbewohners. Besonders kleine Arbeitsmarktzentren, wie sie für den großstadtfernen ländlichen Raum typisch sind, sind von der Arbeitsplatzauszehrung besonders betroffen Die Folge ist der Zwang zum täglichen Pendeln zwischen Wohn-und Arbeitsstätte. Lediglich in unmittelbarer Nähe zu Großstädten ist dieses Pendlerdasein einigermaßen problemlos zu bewältigen. In abgelegenen ländlichen Räumen erschwert hingegen das unzureichende Angebot des öffentlichen Personennahverkehrs oft zusätzlich das Pendeln.

— Da landwirtschaftliche Vollerwerbsbetriebe kaum noch rentabel arbeiten können, steigt die Zahl der Nebenerwerbsbetriebe. War um 1850 noch mehr als die Hälfte aller Beschäftigten in der Landund Forstwirtschaft tätig, so war es 1950 nur noch etwa ein Viertel. Heute sind hingegen etwa die Hälfte aller Arbeitnehmer im Dienstleistungsbereich und nur noch rund 5 % in der Land-und Forstwirtschaft beschäftigt. Gleichzeitig ging die Zahl der Betriebe zurück, während die Fläche pro Einzelbetrieb wuchs. Zur Zeit werden rund 40% aller landwirtschaftlichen Betriebe von Nebenerwerbslandwirten geführt. Das hat nicht nur eine doppelte Belastung für den Landwirt — der zugleich Arbeitnehmer ist — zur Folge, sondern belastet die gesamte Familie. Denn ohne die mitarbeitenden Familienangehörigen ist der Betrieb nicht aufrechtzuerhalten.

— Die (in Grenzen sicher notwendige) Zentralisierung der Infrastruktur (Schulen, Einkaufszentren, Krankenhäuser etc.) bietet zwar einerseits die Möglichkeit einer qualitativ besseren Ausstattung des ländlichen Raums, geht aber zu Lasten der kleinen Orte bzw. Ortsteile, denen ein höherer zentralörtlicher Status (z. B. Mittelzentrum) versagt bleibt Benachteiligt werden hierdurch vor allem die nichtmobilen Dorfbewohner. Wer kein eigenes Auto hat (wie Kranke, Gebrechliche, Alte, Kinder etc.), ist auf das oft unzureichende Ange-bot des öffentlichen Personennahverkehrs angewiesen und damit von den Infrastrukturleistungen weitgehend abgeschnitten.

VI. Schlechte Startchancen für Dorfpolitik

Trotz dieser — im ganzen gesehen — eher ungünstigen wirtschaftlichen Lage der Dorfbewohner ist kaum jemals von politischen Protesten der Dorfbevölkerung die Rede. Woran liegt das? — Die Berichterstattung über dörfliche Interessen ist unzulänglich Die Pressekonzentration hat in der Bundesrepublik in einem Maße zugenommen, daß mehr als ein Drittel der Bevölkerung in einem sogenannten Ein-Zeitungs-Kreis wohnt. 1983 gehörten 46, 8% (1973 waren es noch lediglich 33, 3%) aller Kreise und kreisfreien Städte zu den Gebieten, in denen sich der Bürger nur aus einer Zeitung über das lokale Geschehen informieren konnte. Hinzu kommen die Gebiete, in denen eine Zeitung eine dominierende Marktstellung einnimmt. Und schließlich haben die Verlage ihre redaktionellen Ausgaben der neuen Verwaltungsstruktur angepaßt 3%) aller Kreise und kreisfreien Städte zu den Gebieten, in denen sich der Bürger nur aus einer Zeitung über das lokale Geschehen informieren konnte. Hinzu kommen die Gebiete, in denen eine Zeitung eine dominierende Marktstellung einnimmt. Und schließlich haben die Verlage ihre redaktionellen Ausgaben der neuen Verwaltungsstruktur angepaßt, so daß anstelle einzelner Gemeinden der ganze Kreis erreicht wird. Auch die Zahl der „Kopfblätter“ hat zugenommen, die unter verschiedenen Namen, aber mit weitgehend übereinstimmendem Inhalt erscheinen. Der Lokalteil wird dann in der (zumeist unterbesetzten) Redaktion in der Kreisstadt produziert. Mit der räumlichen Entfernung von den lokalen Problemen nimmt ihr „Nachrichtenwert“ ab, so daß sich viele Gemeinden mit einer „verdünnten“ Berichterstattung zufriedengeben müssen 32).

Der Stuttgarter Oberbürgermeister Manfred Rommel hat diese Situation als Präsident des Deutschen Städtetages im Jahre 1981 folgendermaßen kommentiert: „Ich bedaure sehr, daß die Kommunalpolitik, vor allem die Kommunalpolitik kleinerer Städte und Gemeinden, heute oft in den Medien zu kurz kommt, ja oft genug überhaupt nicht mehr vorkommt... Manche Medien, die zu größeren Verbreitungsgebieten tendieren, empfinden die auf kleine Räume beschränkte kommunale Selbstverwaltung als störend.“ 33) Die lokalen Probleme ländlicher Gemeinden werden also oft genug aus städtischer Perspektive oder sogar aus der Sicht des Kreises betrachtet. Nur bei besonderen Anlässen kann sich der hauptamtliche Redakteur die Zeit nehmen, in die einzelne Gemeinde zu fahren, um über wichtige lokale Probleme zu berichten Über die „kleinen“ Ereignisse, wie Gemeinderatssitzungen, Feuerwehr-oder Vereinsfeste etc. werden die Gemeindebürger im allgemeinen durch nebenamtliche Korrespondenten informiert Zumeist sind sie eng mit der lokalen Elite — insbesondere den Vereinsvorständen — verflochten, so daß sie kaum ein Interesse an einer kritischen Berichterstattung haben Dies ist besonders offensichtlich, wenn über Veranstaltungen berichtet wird, an denen der Berichterstatter selbst beteiligt war. Nicht selten werden dann die von Vereinen oder Parteien entworfenen Texte mehr oder weniger ohne redaktionelle Bearbeitung übernommen und abgedruckt. Das Ergebnis besteht dann oft in einer Selbstdarstellung der lokalen Größen, deren Namen herausgestrichen und deren Verdienste gefeiert werden. So ergab eine inhaltsanalytische Untersuchung von elf Zeitungen in Baden-Württemberg daß sich ein Drittel aller Artikel mit den Themen: kulturelle Ereignisse, Feste, Jubiläen und Ehrungen sowie Unfallmeldungen befaßte. Theo Rombach, Redakteur der „Stuttgarter Zeitung“, hat dies auf die einprägsame Formel „Blechschäden und Blechbläser sind die wichtigsten Themen für lokale Medien“ gebracht. Politische Themen machen etwa zehn bis 15% der Artikel aus, von denen allerdings nur ein Bruchteil kritische Bemerkungen aufweisen. Kritisiert werden in aller Regel Objekte und Zustände, nicht jedoch Personen oder Organisationen.

Dem Leser wird damit ein unrealistisches Bild der Kommunalpolitik vermittelt das den Anschein einer „heilen Welt“ erweckt. Nicht nur die Kritik an den handelnden Personen kommt in den Lokalzeitungen zu kurz, sondern auch das Verhältnis von Erfolg und Mißerfolg wird einseitig dargestellt. So meldeten zwischen 7, 3 % und 18, 8 % aller Artikel in den untersuchten baden-württembergischen Zeitungen Erfolge, aber nur 1, 1 % bis 3, 2% Mißerfolge Politiker und lokale Künstler scheinen — glaubt man dieser Berichterstattung — in ihrem Leben stets Erfolge erzielt zu haben. Oft genug tritt an die Stelle von kritischem Journalismus reine Lobhudelei.

Der Politisierungsgrad der Dorfbevölkerung ist gering

Zwar identifiziert man sich mit seinem Dorf (Ortsteil), das als engere Heimat empfunden wird. Zugleich ist aber unterschwellig eine Art Minderwertigkeitskomplex vorhanden, der sich als Gefühl der Unterlegenheit gegenüber städtischer (und das heißt: „moderner“) Lebensart beschreiben läßt. Der Einsatz für solche Wettbewerbe wie „Unser Dorf soll schöner werden“ ist vor diesem Hintergrund eher als Trotzreaktion zu verstehen (nach dem Motto: „Wir können uns durchaus se-hen lassen“). Diese Reaktionen bleiben jedoch im allgemeinen im vorpolitischen Raum stecken. Erst wenn der „Lebensnerv“ des Dorfes bedroht ist, schlägt der Protest in politische Aktionen um. Beispiele hierfür finden sich nicht nur im Widerstand der Weinbauern von Wyhl gegen das Atomkraftwerk, sondern auch bei — weniger spektakulären — Protesten gegen Straßen-oder Eisenbahntrassen, gegen Munitionsdepots und nicht zuletzt ge-gen die Startbahn West.

Typisch für die Haltung der Landbevölkerung ist das Beispiel des unterfränkischen Ortes Ermershausen im Landkreis Haßberge, der durch die Gebietsreform seine Selbständigkeit verloren hatte. Dort verbarrikadierten sich die Bewohner des 600 Seelen-Dorfes im Rathaus, damit die Akten nicht zum Sitz der neuen Gemeindeverwaltung nach Maroldswaisach gebracht werden konnten. In einer Nachtund Nebelaktion stürmten am 19. Mai 1978 mehrere Hundertschaften Polizei das Rathaus, um die „ordnungsgemäße Verwaltungsführung“ sicherzustellen. Damit endete der Protest freilich nicht. Vielmehr schloß sich an den Einsatz politischer Mittel eine Verweigerungsstrategie der Dorfbewohner an. Da alle Klagen abgewiesen worden waren und eine Eingabe beim Bayerischen Landtag erfolglos blieb, boykottierten die Ermershausener die Kommunalwahlen, entsandten keinen Vertreter in die Gemeinde und votierten in der Landtagswahl für ihren bei der Bayernpartei aufgestellten Altbürgermeister. Auch heute — acht Jahre nach der Zwangseingemeindung — ist die Protesthaltung der Bevölkerung noch nicht überwunden Der Siegener Historiker Rainer S. Elkar bewertet die Vorgänge in Ermertshausen zutreffend wie folgt: „Der Protest geht dabei von Bürgern aus, die niemals zu öffentlichen politischen Aktionen bereit waren. Offenkundig wird hier eine Reizschwelle überschritten, die das lokale Selbstbewußtsein unmittelbar trifft und vor-politische Gefühlshaltungen in politische Handlungen transformiert.“ — Die dörfliche Interessenvertretung auf Bundes-und Landesebene ist wenig effektiv Obgleich die dem ländlichen Raum zuzurechnende Bevölkerung mit etwa 20 Millionen Einwohnern zahlenmäßig relativ stark ist, ist ihre Lobby verhältnismäßig schwach und/oder einseitig interessenorientiert. Ein prägnantes Beispiel für solche Interessenvertretung ist der Deutsche Bauernverband. Ihm gehören 30000 Großgrundbesitzer, rund 370000 Familienbetriebe, 95 000 kleine Zuerwerbsbetriebe, fast 320000 Arbeiter-bauern und ca. 130000 Landarbeiter an. Ein sehr hoher Organisationsgrad und eine Mitgliedschaft von einer Million machen den Bauerverband zu einem der stärksten Verbände der Bundesrepublik. Großbauern und Großgrundbesitzer dominieren die Verbandspolitik, obgleich sich die meisten Bauern eher mit Handwerkern oder Facharbeitern vergleichen

Dem steht auf der anderen Seite ein unterdurchschnittlich niedriger Grad gewerkschaftlicher Organisiertheit der Arbeiter im ländlichen Raum gegenüber. Besonders deutlich wird das bei den Ne, benerwerbslandwirten in einigen Bundesländern. Während sie im Bundesgebiet bis zu 30% gewerkschaftlich organisiert sind, liegt der Prozentsatz beispielsweise in Bayern nur bei 17%. Damit schließt sich ein Kreis: Wegen des geringen Anteils ländlicher Arbeiter (und Arbeiterbauern) an der Mitgliedschaft der Gewerkschaften besteht eine um so geringere Neigung in den Gewerkschaftszentralen, sich für die spezifischen Probleme des ländlichen Raumes und seiner Arbeiter einzusetzen. Dies vermindert wiederum die Attraktivität der Gewerkschaften für die Betroffenen. — Die Vertretung dörflicher Interessen im Rahmen zentralstaatlicher Institutionen ist schwach Das gilt bereits für den Kreis. Denn Landrat bzw. Oberkreisdirektor (in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen) haben die Interessen aller kreis-angehörigen Gemeinden zu vertreten. Die besonderen Belange eines einzelnen Dorfes gehen dabei leicht unter, zumal wenn es nur ein unselbständiger Bestandteil einer Großgemeinde ist. Zudem werden die wirtschaftlichen Probleme der kreis-angehörigen Städte im allgemeinen ohnehin höher bewertet als die der ländlichen Gemeinden. Hinzu kommen spezifische Eigeninteressen des Kreises. Die Politik des Kreises gegenüber höherstufigen Gebietskörperschaften ist daher kaum von den dörflichen Problemen geprägt.

Die Artikulationsmöglichkeiten dörflicher Interessen sind überdies dadurch beschränkt, daß es kaum Politiker gibt, die sich dieser Interessen annehmen. Nicht nur ist das Rekrutierungspotential und die „Hausmacht“ für Politiker in den Dörfern geringer, sondern es gilt auch kaum als karriere-fördernd, dörfliche Interessen innerhalb einer politischen Partei zu vertreten. Dörfliche Probleme kommen daher z. B. auch so gut wie gar nicht in den kommunalpolitischen Programmen der Parteien vor. Der Gedanke liegt nahe, daß dies mit der Einstellung der Dorfbewohner zusammenhängt, die ihre Repräsentanten eher trotz, aber nicht wegen deren Zugehörigkeit zu einer politischen Partei wählen. Eher spielen für die Wahl-chancen eines Kandidaten — neben seiner Position in einem der wichtigen Vereine — eine große Familie und eine weite Verwandtschaft eine Rolle

Auf der Ebene der kommunalen Spitzenverbände werden die Dörfer ebenfalls nur unzureichend repräsentiert, da sie auch im Deutschen Städte-und Gemeindebund ebenso wie im Deutschen Landkreistag in Konkurrenz zu den Städten (und Kreisen) treten müssen. Ein eigener Spitzenverband, der Deutsche Gemeindetag, erwies sich als nicht schlagkräftig genug

Die Dorfbewohner sind auch auf der untersten kommunalen Ebene, der Gemeinde, unterrepräsentiert Anstelle eines eigenen Gemeinderates, der die Geschicke des Dorfes in bestimmten Bereichen lenkte, entsenden heute die unselbständigen Ortsteile nur wenige (oft nur einen) Vertreter in den Rat der Großgemeinde. Damit sind die Interessen des einzelnen Dorfes kaum jemals durchzusetzen. In den Gemeinderäten bilden sich daher häufig innerhalb der Fraktionen zwei Flügel: Die Repräsentanten des Zentralortes auf der einen Seite und die Repräsentanten der Ortsteile auf der anderen Seite. Nur selten können sich jedoch die Ortsteile-repräsentanten auf eine gemeinsame Politik verständigen, die es ihnen ermöglichen würde, der schleichenden Zentralisierung entgegenzuwirken. Vielmehr ist oft der kleinste — negative — gemeinsame Nenner die Konzentration aller Einrichtungen (und der damit verbundenen Investitionen) im Zentralort. Der allmählichen (wirtschaftlichen) Verödung der Dörfer wird damit Tür und Tor geöffnet

Lediglich die z. B. nach der Gemeindeordnung von Nordrhein-Westfalen institutionalisierten Ortsvorsteher können als direkte InteressenVertreter ihres Dorfes angesehen werden. Das gilt vor allem dann, wenn es sich bei ihnen um die früheren Bürgermeister der einst selbständigen Dörfer handelt.

VII. Das Beispiel: Die ländliche Großgemeinde

Anhand eines konkreten Beispiels soll dieser letzte Punkt vertieft werden. Es handelt sich dabei um eine ländliche Großgemeinde von ca. 20000 Einwohnern in Nordrhein-Westfalen in unmittelbarer Nähe einer Großstadt. Die Gemeinde G. entstand im Zuge der kommunalen Neugliederung am 1. Januar 1969 durch Zusammenfassung von elf ehemals selbständigen Gemeinden, die z. T. zu unterschiedlichen Ämtern gehörten. Die große Ausdehnung des Gemeindegebiets — noch dazu in hügeliger Landschaft — und das unzureichende Straßennetz erschweren die Ausrichtung auf einen administrativen Mittelpunkt der Großgemeinde. Dieser wurde vielmehr von der Landesregierung festgelegt und erhielt in den vergangenen zehn Jahren eine Ausstattung mit Infrastruktureinrichtungen (Rathaus, Schulzentrum, Busbahnhof, Einkaufszentrum etc.), die ihn weit über die Ortsteile hinaushebt.

Die Bevölkerung der Gemeinde G. war noch vor 20 Jahren zu fast einem Viertel in der Land-und Forstwirtschaft beschäftigt, hat sich aber der allgemeinen ökonomischen Entwicklung folgend umorientiert. Heute verteilt sich die Erwerbsbevölkerung von G. im Verhältnis von 60 : 40 auf das produzierende Gewerbe einerseits und auf Handel und Dienstleistungen andererseits. Das ist nicht zuletzt auf die geschickte Wirtschaftsförderungspolitik der Gemeindeverwaltung zurückzuführen. Sie hat es verstanden, nicht nur Gewerbe-betriebe, sondern auch Einzelhandels-und Dienstleistungsunternehmen im Gemeindegebiet anzusiedeln Die Mehrzahl der ehemals selbständigen Bauern ist zu Nebenerwerbslandwirten geworden.

Der 39köpfige Gemeinderat spiegelt die Zusammensetzung der Gemeindebevölkerung nur unvollkommen wider. Fünf Arbeitern und einem Handwerker stehen 16 Angestellte bzw. leitende Angestellte und neun Angehörige des öffentlichen Dienstes (davon fünf Lehrer bzw. Schulleiter) gegenüber sowie fünf Rentner bzw. Pensionäre, eine Hausfrau und zwei Freiberufler (davon ein Architekt). Seit 1969 ist Mehrheitsfraktion im Rat die CDU, zweitstärkste Partei die SPD; eine Freie Wählergemeinschaft und die Grünen sind mit je drei Abgeordneten vertreten. Die CDU stellt den Bürgermeister und den zweiten stellvertretenden Bürgermeister, die SPD den ersten stellvertretenden Bürgermeister.

Da die Ratsarbeit auch in ländlichen Gemeinden eine erhebliche zeitliche Beanspruchung mit sich bringt, findet offensichtlich eine soziale Selektion der Mandatsträger statt. Startvorteile als Ratsmitglieder haben solche Personen, die nicht durch eine genau festgelegte, fremdbestimmte Arbeitszeit gebunden sind, also z. B. Rentner oder Hausfrauen, die keine schulpflichtigen Kinder zu betreuen haben Bei den abhängig Beschäftigten kommen vor allem Angehörige des öffentlichen Dienstes, und hier besonders das Lehrpersonal aller Bildungseinrichtungen in Betracht. Auch freigestellte Betriebsratsmitglieder und solche (vor allem leitende) Angestellte, deren Arbeitgeber ein Interesse an der Wahrnehmung eines Rats-mandats durch einen ihrer Mitarbeiter haben, gehören zu dieser bevorzugten Gruppe. Bei einer zusätzlichen Belastung des Zeitbudgets mit bis zu 20 Stunden pro Woche sehen sich hingegen „einfache“ Arbeiter, insbesondere Schichtarbeiter, kaum zur Ratsarbeit in der Lage. Bei den Freiberuflern bilden lediglich Architekten eine Ausnahme, bei denen die Wahrnehmung eines kommunalen Mandates oft im eigenen beruflichen Interesse liegt. Besonders deutlich wird diese soziale Selektion bei dem durch Spitzenpositionen gekennzeichneten Personenkreis. Es ist daher kein Zufall, daß in der „Spitzengruppe“, die vom Bürgermeister, seinen beiden Stellvertretern, den drei Fraktionsvorsitzenden und den Vorsitzenden der wichtigsten Ausschüsse (z. B. Bauausschuß) gebildet wird, allein vier Angehörige des öffentlichen Dienstes (davon zwei Lehrer) sowie zwei leitende Angestellte sind und einer (der Bürgermeister) Rentner ist.

Im Hinblick auf das Verhältnis von „Neubürgem“ und „Alteingesessenen“ weist diese Spitzengruppe allerdings kaum auffällige Unterschiede zu den „gewöhnlichen“ Ratsmitgliedern auf. Eher ist der Anteil der „Neubürger“ bei den Spitzenpositionen etwas geringer als im ganzen Rat (ca. 30%). Das läßt sich z. B. mit den Besonderheiten des lokalen Parteiensystems auf dem Lande erklären. Bereits 1970 wurden bei der Untersuchung der niedersächsischen Gemeinden Cloppenburg und Westerstede die auffälligen Besonderheiten bei der Kandidatenaufstellung herausgearbeitet die auch für unsere Untersuchungsgemeinde zutreffen: Nicht die parteipolitische Betätigung führt — wie z. B. in den Großstädten — zur Aufstellung als Kandidat für den Gemeinderat, sondern soziale, insbesondere Vereinsaktivitäten Kriterien sind dabei:

— die „Erfüllung öffentlicher Tugenden“, wie z. B. Verantwortungsbewußtsein, freundliches Wesen, Einsatzbereitschaft und geordnetes Familienleben; — die durch berufliche Tätigkeit oder ehrenamtliche Tätigkeit in Vereinen, Schulbeiräten, Kirchengemeinden oder freiwilliger Feuerwehr nachgewiesene Amtskompetenz;

— der auf dem gleichen Wege oder durch Familienzugehörigkeit erlangte Bekanntheitsgrad. Dies sind zugleich die „Bewährungsmöglichkeiten“ für Zugezogene. Wem es gelingt, in einem der wichtigen Vereine (z. B. Schützenverein oder Gesangverein) eine Rolle zu spielen, der hat sozusagen die „Aufnahmeprüfung“ bestanden. Da er nun von der Dorfbevölkerung als einer der Ihren akzeptiert wird, ist er auch für die politischen Parteien attraktiv, denn u. U. bringt er Stimmen „mit“, wenn er als Kandidat für die Gemeinderatswahl aufgestellt wird. Die Zugehörigkeit zu der einen oder anderen Partei ist daher oft genug eher ein Ergebnis des Zufalls als das einer bewußten politischen Entscheidung.

VIII. Der Kreis als „Dienstleistungsbetrieb”?

Während sich die Wissenschaft, aber auch die Öffentlichkeit heute stärker mit der Politik von und in Städten und Gemeinden befassen, gilt dieses Interesse kaum der Kreispolitik Obwohl auf Kreisebene wichtige Entscheidungen fallen, bleibt vor allem der Landkreis häufig eine anonyme Institution, die der Bürger nur dann zur Kenntnis nimmt, wenn er sein Kraftfahrzeug anmelden will, die vom Kreis unterhaltenen Schulen oder Krankenhäuser in Anspruch nimmt oder die von ihm benutzte Kreisstraße reparaturbedürftig ist. Diese geringe Identifikation der Bevölkerung mit „ihrem“ Kreis ist durch die Maßstabsvergrößerung der Kreise im Bundesgebiet durch die kommunale Neugliederung eher noch verstärkt worden. Gab es 1964 noch 425 Kreise, so sind es heute nur noch 237. Fehlendes „Kreisbewußtsein“ führt aber auch dazu, daß die Fragen der Kreispolitik nur von einem kleinen Teil der Kreisbevölkerung, vor allem den direkt betroffenen Partei-und Verbandsfunktionären sowie den Spitzenbeamten der Kreisverwaltung, diskutiert werden

Als Gemeindeverband ist der Kreis jedoch gemäß Art. 28 Abs. 2 des Grundgesetzes mit einem eigenen Selbstverwaltungsrecht ausgestattet. Seine Vertretungskörperschaft geht ebenso wie die der Gemeinde aus allgemeinen Wahlen hervor. Neben den Aufgaben überörtlichen -der Selbstver waltung verbirgt sich hinter dem Bild von der „Doppelnatur“ des Kreises zugleich aber auch seine Funktion als staatlicher Verwaltungsbezirk. Ähnlich wie die Gemeindeordnungen der Länder unterschiedliche Gemeindeverfassungssysteme vorschreiben, so bestimmen die Landkreisordnungen, welchem Typ die Kreisverfassung folgen soll Dabei wechseln nicht nur die Bezeichnungen. So ist der Landrat im allgemeinen der Chef der Kreisverwaltung, nur in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen ist er Vorsitzender des Kreistages, während der Hauptverwaltungsbeamte Oberkreisdirektor heißt. Wichtiger ist die Frage, ob der Landrat vom Kreistag bzw. von der Kreisbevölkerung (Bayern) gewählt oder aber von der Landesregierung ernannt wird

Als Zwischenergebnis läßt sich festhalten, daß sich die Bewohner des ländlichen Raumes eher mit ihrem Dorf (Orts-oder Stadtteil) als mit der administrativen Einheit Großgemeinde bzw. Stadt identifizieren. Aber auch der Landkreis wird nicht so sehr als Ort politischer Entscheidungen wahrgenommen, sondern vielmehr als eine Art „Dienstleistungsbetrieb“, der überregionale Einrichtungen der Daseinsvorsorge unterhält. Diese Einschätzung hat u. U. auch Rückwirkungen auf das Selbstverständnis der Kreispolitiker und -verwaltungsbeamten. Sie scheuen sich häufig, die politischen Aufgaben in Angriff zu neh-men, die der Kreis für die ihm angehörenden Gemeinden wahrzunehmen hat.

IX. Mehr Partizipation für die Dorfbewohner

Da durch die mit den Gebietsreformen verbundene Maßstabsvergrößerung die Mitwirkungsmöglichkeiten der Dorfbewohner an der politischen Gestaltung ihrer Umwelt stark reduziert worden sind, ihr Engagement hierfür aber zugenommen hat, ist nach einem Weg zu suchen, um beiden Seiten gerecht zu werden. Einerseits ist kaum damit zu rechnen, daß die Stärkung der Finanzund Verwaltungskraft der vergrößerten Gemeinden wieder rückgängig gemacht werden könnte. Andererseits zeigt die lebhafte Beteiligung an den Wettbewerben „Unser Dorf soll schöner werden“, daß ein bislang unbefriedigter Partizipationsbedarf der Landbevölkerung vorhanden ist, auch wenn sich dieser Bedarf zunächst eher unpolitisch artikuliert. Dieser Wunsch nach mehr Beteiligung könnte zum einen durch Schaffung neuer oder stärkere Nutzung bereits vorhandener Möglichkeiten zur (Mit-) Entscheidung über die eigenen lokalen Angelegenheiten gedeckt werden. Zum anderen gilt es, die Vertretung der administrativen Einheit (z. B.der Großgemeinde) für die Bedürfnisse und Nöte der Dorfbewohner zu interessieren

Der Gemeinderat der Großgemeinde ist jedoch oft nur wenig sensibel hierfür. Er wird im allgemeinen von einer Vorentscheidergruppe dominiert, die aus dem Verwaltungschef und den Beigeordneten auf der einen Seite und dem Bürgermeister (Ratsvorsitzenden), den Fraktionsund Ausschußvorsitzenden auf der anderen Seite besteht Ihr Interesse ist in aller Regel stärker auf einen Ausbau des Zentralortes gerichtet als auf eine Berücksichtigung dörflicher (in ihren Augen „peripherer“) Bedürfnisse.

Dabei kommt den Interessen dieser Vorentscheidergruppe eine Tendenz zu Hilfe, die besonders in ländlichen Gemeinderäten zu beobachten ist: Politische Themen, die sich nicht aus „Sachzwängen“ ergeben, sind unbeliebt. Ihre Initiatoren werden als linke oder grüne Spinner abgetan. Verstärkend kommt hinzu, daß ein großer Teil der Dorfbevölkerung den politischen Parteien nach wie vor mißtrauisch gegenübersteht und eine „überparteiliche“ Politik bevorzugen würde. Bürgeraktionen scheinen eher geeignet, die Dorfbewohner zu eigenem Engagement zu motivieren. Dabei gilt folgende Regel: Je weniger die Aktion den Anstrich des Politischen hat, desto mehr Aussicht hat sie, von den „braven“ Bürgern unterstützt zu werden.

Diese Neigung zum Unpolitischen wird durch die politischen Strukturen noch verstärkt, die im Zuge der Gebietsreform entstanden sind. Wer keine Chance sieht, auch nur im Rat der eigenen Gemeinde Verständnis und Interesse für die dörflichen Bedürfnisse zu finden, verliert leicht die Lust zum politischen Engagement. Die Medienberichterstattung tut das Ihre dazu, um diese Tendenz noch zu verstärken, indem sie nicht nur die Politik in unzulässiger Weise „personalisiert“, sondern darüber hinaus eine Informationspolitik betreibt, die eher den Namen „Hofberichterstattung“ verdienen würde

Eine Rücknahme der durch die Gebietsreform erzielten „Maßstabvergrößerung“ ist — abgesehen von wenigen Ausnahmen, die. eher die Regel bestätigen — nicht zu erwarten. Allerdings ist durchaus eine Verbesserung der politischen Mitwirkungsmöglichkeiten der Dorfbevölkerung mög-lieh Das hierfür benötigte Instrumentarium steht in den Gemeindeordnungen der Länder bereit. Wie sich die vorhandenen gesetzlichen Regelungen hierzu nutzen ließen, soll anhand des folgenden Beispiels der nordrhein-westfälischen Gemeindeordnung aufgezeigt werden.

§ 13 d der Gemeindeordnung NRW sieht vor, daß das Gemeindegebiet auch in kreisangehörigen Gemeinden in Bezirke (Ortschaften) eingeteilt werden kann. Dabei ist laut Gesetz „auf die Siedlungsstruktur, die Bevölkerungsverteilung und die Ziele der Gemeindeentwicklung Rücksicht zu nehmen“. In den meisten Großgemeinden des ländlichen Raums ist dies auch geschehen. Häufig enthält der Gebietsänderungsvertrag zum einschlägigen Neugliederungsgesetz eine Verpflichtung zur Bezirkseinteilung. Die Gemeindeordnung sieht als Alternative vor, daß der Rat für jeden Bezirk entweder einen Bezirksausschuß bildet oder einen Ortsvorsteher wählt. Beide Möglichkeiten sind auch innerhalb einer Gemeinde für verschiedene Bezirke kombinierbar.

In vielen Großgemeinden Nordrhein-Westfalens gibt es freilich nur Ortsvorsteher in den Ortsteilen (Bezirken) und keine Bezirksausschüsse. Zudem hat auch diese Beteiligungsform einen „Schönheitsfehler“: Die Bezirksausschüsse werden — ebenso wie die Bezirksvertretungen in kreisfreien Städten — nicht direkt von der Bevölkerung des Ortsteils gewählt. Vielmehr beruft der Rat die Mitglieder der Bezirksausschüsse, wobei das bei der Gemeinderatswahl im jeweiligen Gemeindebezirk erzielte Stimmenverhältnis zugrunde zu legen ist. Die Vorschriften über die Ausschüsse des Rates werden für die Bezirksausschüsse ausdrücklich für anwendbar erklärt. Allerdings dürfen den Bezirksausschüssen mehr sachkundige Bürger als Ratsmitglieder angehören. „Dorfparlamente“ sind die Bezirksausschüsse also nicht.

Immerhin können ihnen bereits nach der geltenden Regelung Aufgaben zur Entscheidung übertragen werden, „die sich ohne Beeinträchtigung der einheitlichen Entwicklung der gesamten Gemeinde innerhalb des Gemeindebezirks erledigen lassen“. Nimmt man hierfür den Aufgabenkatalog des § 13 b als Beispiel, der für die Bezirksvertretungen in kreisfreien Städten gilt, dann wäre die Übertragung der folgenden Aufgaben auf die Bezirksausschüsse denkbar:

— Unterhaltung und Ausstattung der im Dorf gelegenen Sportplätze, Altenheime, Friedhöfe, Büchereien und ähnlicher sozialer und kultureller Einrichtungen, deren Bedeutung nicht wesentlich über das Dorf hinausgeht

— Pflege des Ortsbildes und Ausgestaltung der Grün-und Parkanlagen;

— Festlegung der Reihenfolge der Arbeiten zum Um-und Ausbau sowie zur Unterhaltung und Instandsetzung von Straßen, Wegen und Plätzen einschließlich der Straßenbeleuchtung;

— Betreuung und Unterstützung örtlicher Vereine, Verbände etc.;

— Veranstaltungen der Heimatpflege und des Brauchtums;

— Information, Dokumentation und Repräsentation in Angelegenheiten des Dorfes.

Dies alles könnte zu einer Revitalisierung dörflicher Alltagswelt führen. Die Dezentralisierung der lokalpolitischen Willensbildung im vorgeschlagenen Sinne könnte dabei durchaus ein geeignetes Mittel sein, die Bereitschaft der Dorfbevölkerung zum politischen Engagement zu stärken. Erst ein solches Engagement, das durch institutionalisierte Partizipationsformen abgestützt wäre, böte dann die Chance, zum einen auf lokaler Ebene — im Rat der Großgemeinde —, zum anderen auf zentralstaatlicher Ebene — z. B. durch gezieltes Ansprechen von politischen Parteien und Verbandsvertretern — dörfliche Interessen wirksamer als bisher vertreten zu können.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Vgl. Veränderungen von Werten und Normen im ländlichen Raum. Handreichungen von Lehrund Lernimaterialien für die ländliche Erwachsenenbildung, hrsg. vom Sozialinstitut Katholisches Landvolk e. V., Stuttgart 1983: Baustein Kommunalpolitik, S. 80 f.; Helmut Köser, Einleitung: Kommunalpolitik, Kommunalwissenschaft und politische Bildung, in: Helmut Köser (Hrsg.), Der Bürger in der Gemeinde. Kommunalpolitik und politische Bildung, Bonn 1979, S. 7 ff., 9 f.

  2. Baustein Kommunalpolitik, S. 82 f.

  3. Bernd van Deenen, Land/ländlich, in: Rüdiger Voigt (Hrsg.), Handwörterbuch zur Kommunalpolitik, Opladen 1984, S. 305 ff.; Christoph Borcherdt, Ist das Dorf heute noch bäuerlich geprägt? Ländliche Siedlungen: Strukturwandel und heutige Erscheinungsformen, in: Bernhard Schäfers u. a., Das Ende des alten Dorfes?, Stuttgart 1980, S. 21 ff.

  4. Rüdiger Voigt, Stadt/Land, in: Martin Greiffenhagen/Sylvia Greiffenhagen/Rainer Prätorius (Hrsg.), Handwörterbuch zur politischen Kultur der Bundesrepublik Deutschland, Opladen 1981, S. 479 ff.

  5. Klaus Brake, Zum Verhältnis von Stadt und Land. Historie, Ursachen und Veränderungsmöglichkeiten der Siedlungsstruktur der BRD, Köln 1980; Helmut Brede, Einebnung oder Verschärfung des Stadt-Land-Gegensatzes? in: V. Brandes/J. Hirsch/R. Roth (Hrsg.), Leben in der Bundesrepublik. Die alltägliche Krise, Berlin 1980, S. 137 ff.

  6. Helmut Brede, Stadt-Land-Verhältnis, in: Rüdiger Voigt, Handwörterbuch zur Kommunalpolitik (Anm. 3), S. 424 ff.

  7. Hans Peter Gatzweiler, Entwicklung des ländlichen Raumes im Bundesgebiet— Probleme, Ziele und Strategien aus raumordnungspolitischer Sicht, in: Klaus M. Schmals/Rüdiger Voigt (Hrsg.), Krise ländlicher Lebenswelten. Analysen, Erklärungsansätze und Lösungsperspektiven, Frankfurt-New York 1986, S. 21 ff.

  8. Rüdiger Voigt, Restriktionen kommunaler Sozialverwaltung, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 3/77, S. 3 ff.

  9. Vgl. Adalbert Evers/Michael Lehmann, Politischökonomische Determinanten für Planung und Politik in den Kommunen der Bundesrepublik, Offenbach 19732, S. 187 ff.

  10. Lutz-Rainer Reuter, Kommunalpolitik im Parteien-vergleich, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 34/76, S. 8 ff.

  11. Hiltrud Naßmacher/Karl-Heinz Naßmacher, Kommunalpolitik in der Bundesrepublik. Möglichkeiten und Grenzen, Opladen 1979.

  12. Albert Ilien/Urs Jeggle, Die Dorfgemeinschaft als Not-und Terrorzusammenhang, in: Hans-Georg Wehling (Hrsg.), Dorfpolitik, Opladen 1978, S. 38 ff.

  13. Interviews des Verf. mit Dorfbewohnern in Südwestfalen, durchgeführt im Jahre 1983.

  14. Benita Luckmann, Politik in einer deutschen Kleinstadt, Stuttgart 1970.

  15. Joachim Jens Hesse/Hellmut Wollmann (Hrsg.), Probleme der Stadtpolitik in den 80er Jahren, Frankfurt-New York 1983; Dietrich Fürst/Joachim Jens Hesse/Hartmut Richter, Stadt und Staat. Verdichtungsräume im Prozeß der föderalstaatlichen Problemverarbeitung, Baden-Baden 1984; Joachim Jens Hesse (Hrsg.), Erneuerung der Politik von unten? Stadtpolitik und kommunale Selbstverwaltung im Umbruch, Opladen 1986.

  16. Herbert Schneider u. a., Kreispolitik im ländlichen Raum, München 1985.

  17. Klaus M. Schmals/Rüdiger Voigt, Krise ländlicher Lebenswelten (Anm. 7).

  18. Renate Brüggemann/Rainer Riehle, Das Dorf. Über die Modernisierung einer Idylle, Frankfurt-New York 1986.

  19. Albert Ilien/Urs Jeggle, Leben auf dem Dorf. Zur Sozialgeschichte des Dorfes und zur Sozialpsychologie seiner Bewohner, Opladen 1978.

  20. Hans-Georg Wehling (Hrsg.), Dorfpolitik, Opladen 1978.

  21. Onno Poppinga (Hrsg.), Produktion und Lebensverhältnisse auf dem Land, Opladen 1979.

  22. Bernhard Schäfers u. a., Das Ende des alten Dorfes? (Anm. 3).

  23. Veränderungen von Werten und Normen im ländlichen Raum, Stuttgart 1983.

  24. Hans-Georg Wehling/Rosemarie Wehling, Nach der Gemeindereform. Versuch einer Bilanz, in: Das Ende des alten Dorfes? (Anm. 3) S. 52 ff.; Dieter Schimanke, Gebiets-und Verwaltungsreform, in: Rüdiger Voigt, Handwörterbuch zur Kommunalpolitik (Anm. 3), S. 179 ff.

  25. Walter Schmitt-Glaeser, Die kommunale Landschaft nach der Gebietsreform und ihre Folgewirkungen für die Raumordnung und Landesplanung, in: Der Landkreis (1980), S. 130 ff.

  26. Bernhard Schäfers, Die ländliche Welt als Alternative. Zum Wandel des Stadt-Land-Verhältnisses, in: Das Ende des alten Dorfes? (Anm. 3), S. 11 ff.

  27. Baustein: Situation und Probleme des ländlichen Raumes, in: Veränderungen von Werten und Normen im ländlichen Raum (Anm. 23), S. 252.

  28. Atlas zur Raumentwicklung, Bonn 1982, Band 1, Teil 1. 03; Beispiele aus verschiedenen ländlichen Regionen in: Wolfram Elsner/Ulrich Spörel, Branchenentwicklung und Arbeitslosigkeit in einer industriealisierten ländlichen Region — Das Beispiel der Region Ostwestfalen-Lippe, in: Klaus M. Schmals/Rüdiger Voigt (Anm. 7), S. 228; Peter Strutynski/Karl Hermann Tjaden, Das Belastungsprofil der arbeitenden Bevölkerung und die Gestaltungsstrategie einer arbeitsorientierten Politik in einem agrarisch-industriellen Randraum — Untersuchungsergebnisse aus der Region Nordhessen, in: ebenda, S. 249 ff.

  29. Raumordnungsbericht 1982 (Schriftenreihe „Raumordnung“ des Bundesministers für Raumordnung, Bau-wesen und Städtebau, Heft 06. 050), Bonn 1983, S. 13 ff.; zu den Folgen der Abwanderung: Herbert Schwedt, Wenn das Vertrauen in die Zukunft schwindet. Schicksale von Dörfern in Abwanderungsgebieten, in: Das Ende des alten Dorfes? (Anm. 3), S. 43 ff.

  30. Baustein: Situation und Probleme des ländlichen Raumes (Anm. 27), S. 252.

  31. Vgl. Hartmut Eichenauer, Das zentralörtliche System nach der Gebietsreform. Geographisch-empirische Wirkungsanalyse raumwirksamer Staatstätigkeit im Umland des Verdichtungsgebietes Siegen, München 1983.

  32. Manfred Rommel, in: Der Städtetag (1981), S. 14.

  33. Herbert Schneider, Lokalpolitik in einer Landgemeinde, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 3/77, S. 21 ff.

  34. Hans-Georg Wehling, Dorfpolitik (Anm. 12), S. 8.

  35. Günther Rager, Publizistische Vielfalt im Lokalen. Eine empirische Analyse, Tübingen 1982; Theo Rom-bach, Lokalzeitung und Partizipation am Gemeinde-leben, Berlin 1983.

  36. Theo Rombach, Presse und kommunale Öffentlichkeit, in: Theodor Pfizer/Hans-Georg Wehling (Hrsg.), Kommunalpolitik in Baden-Württemberg, Stuttgart 1985, S. 176 ff.

  37. Herbert Schneider, Lokalpolitik in einer Landgemeinde (Anm. 34), S. 21 ff.

  38. Theo Rombach, Presse und kommunale Öffentlichkeit (Anm. 37), S. 182.

  39. Heide Inhetveen, Staatliche Macht und dörfliche Ehre: Die Geschichte eines Ortsbauernführers, in: Klaus M. Schmals/Rüdiger Voigt, Krise ländlicher Lebenswelten (Anm. 7), S. 133 ff.

  40. Rainer S. Elkar (Hrsg.), Europas unruhige Regionen. Geschichtsbewußtsein und europäischer Regiona-lismus, Stuttgart 1980.

  41. Rolf G. Heinze, Soziale Lage und Deutungsmuster von Arbeiterbauern, in: Onno Poppinga (Anm. 21), S. 194 ff.; Rolf G. Heinze, Struktur und Politik des Deutschen Bauernverbandes, in: A. D. Brockmann (Hrsg.), Landleben, Reinbek 1977, S. 322 ff.

  42. Max Matter, Sozioökonomische Entwicklung, kollektives Gedächtnis und Dorfpolitik — Ein Beitrag zur historischen Analyse zentraler Werte und Bestimmung lokaler politischer Kultur am Beispiel eines Dorfes in der Hocheifel, in: Klaus M. Schmals/Rüdiger Voigt (Anm. 7), S. 163 ff.; Max Matter, Dorf/Dorfkultur, in: Rüdiger Voigt, Handwörterbuch zur Kommunalpolitik (Anm. 3), S. 118 ff.

  43. Rüdiger Voigt, Kommunale Partizipation am staatlichen Entscheidungsprozeß, Würzburg 1976, S. 19 ff.

  44. Siehe hierzu: Hartmut Eichenauer, Das zentralörtliche System nach der Gebietsreform (Anm. 31).

  45. Vor den Gebietsreformen waren die kreisangehörigen Gemeinden in einigen Ländern zu Amtsbezirken (Ämtern) zusammengefaßt. Ohne daß sie dabei ihre Selbständigkeit verloren hätten, konnten die (ehrenamtlichen) Bürgermeister und Gemeinderäte auf die Hilfe der für sie zuständigen Amtsverwaltung zurückgreifen.

  46. Rüdiger Voigt, Politische Entscheidungsstrukturen am Beispiel einer ländlichen Großgemeinde in Südwestfalen, in: Klaus M. Schmals/Rüdiger Voigt (Anm. 7), S. 320 ff.; Rüdiger Voigt, Aktionsbedingungen politischer Teilhabe im ländlichen Raum, in: Regine Roemfeld/Heinz Zielinski (Hrsg.), Kommune im Aufbruch, Frankfurt 1983, S. 149 ff.

  47. Karl-Heinz Naßmacher, Parteien in der Kommunalpolitik — Strukturen, Funktionen, Defizite, in: Sozialwissenschaftliche Informationen für Unterricht und Studium, (1981) 1, S. 19 ff., 22 f.; Wolfgang Holler/Karl-Heinz Naßmacher, Rat und Verwaltung im Prozeß kommunalpolitischer Willensbildung, in: Helmut Koser, Der Bürger in der Gemeinde, 1979, S. 275 ff.

  48. Karl-Heinz Naßmacher, Parteien I, in: Voigt, Handwörterbuch zur Kommunalpolitik, 1984, S. 322 ff.

  49. Oscar W. Gabriel, Mängelanalyse des politischen Willensbildungsprozesses in der Gemeinde. Ein Beitrag zur institutioneilen Krise der kommunalen Selbstverwaltung, in: Lothar Albertin u. a., Polititische Beteiligung im repräsentativen System, Teil 1, Bonn 1979, S. 73 ff.

  50. Herbert Schneider, Der Landkreis, in: Pfizer/Wehling, Kommunalpolitik in Baden-Württemberg (Anm. 37), S. 190 ff.; Hans Günther Dehe, Kreispolitik, in: Handwörterbuch zur Kommunalpolitik (Anm. 3), S. 296 ff.

  51. Herbert Schneider, Kreispolitik im ländlichen Raum (Anm. 16), S. 263.

  52. Herbert Schneider, ebenda, S. 37 f.

  53. Georg-Christoph von Unruh, Kreis, in: Rüdiger Voigt, Handwörterbuch zur Kommunalpolitik (Anm. 3), S. 293 ff.

  54. Herbert Schneider, Dorfpolitik, in: Rüdiger Voigt, Handwörterbuch zur Kommunalpolitik (Anm. 3), S. 125 ff.

  55. Gerhard Banner, Zur politisch-administrativen Steuerung in der Kommune, in: Archiv für Kommunal-wissenschaften, (1982), S. 26 ff.

  56. Herbert Schneider, Lokalpolitik in einer Landgemeinde (Anm. 34), S. 32 f.

  57. Oscar W. Gabriel (Hrsg.), Bürgerbeteiligung und kommunale Demokratie, München 1983.

  58. In kreisfreien Städten ist die Einteilung in Bezirke gemäß § 13 Abs. 1 der Gemeindeordnung Pflicht. Vgl. Dietrich Thränhardt, Bezirksverfassung, in: Rüdiger Voigt, Handwörterbuch zur Kommunalpolitik (Anm. 3), S. 70 ff.; Claus Eppe, Ortschaftsund Bezirks-verfassung. Sublokalpolitik in der Gemeinde, in: Theodor Pfizer/Hans-Georg Wehling, Kommunalpolitik in Baden-Württemberg (Anm. 51), S. 158 ff.

  59. So sinngemäß etwa der Text des § 13 b der Gemeindeordnung NRW.

  60. Erika Haindl, Revitalisierung dörflicher Alltagswelt — Versuche und Chancen, dargestellt an Waldamorbach im Odenwald, Corippo und Brione in der Schweiz, in: Klaus M. Schmals/Rüdiger Voigt (Anm. 7), S. 375 ff.

Weitere Inhalte

Rüdiger Voigt, Dr. jur., geb. 1941; Professor für Politikwissenschaft an der Universität GH Siegen. Veröffentlichungen u. a.: Kommunale Partizipation am staatlichen Entscheidungsprozeß, Würzburg 1976; Das System des kommunalen Finanzausgleichs, Stuttgart 1980; (Hrsg.) Handwörterbuch zur Kommunalpolitik, Opladen 1984; (Hrsg, zusammen mit Klaus M. Schmals) Krise ländlicher Lebenswelten, Frankfurt—New York 1986; Herausgeber der Schriftenreihe „Beiträge zur Kommunalwissenschaft“ (München).