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Wissenschaftliche Vernunft im sozialen und politischen Kontext der Gegenwart | APuZ 49/1987 | bpb.de

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APuZ 49/1987 Artikel 1 Die Problematik der herrschenden Wissenschaftskonzeption Die Notwendigkeit einer Erneuerung der Metaphysik Wissenschaftliche Vernunft im sozialen und politischen Kontext der Gegenwart Die Versuchung der Utopie Zum Verhältnis von Glaube und Politik in der Befreiungstheologie

Wissenschaftliche Vernunft im sozialen und politischen Kontext der Gegenwart

Klaus Fischer

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Zusammenfassung

Gegenstand dieser Analyse ist die soziale und politische Lage von Wissenschaft in der Gegenwart. Im Zentrum stehen die Ursachen der heute zu beobachtenden wachsenden Wissenschafts-und Technologie-skepsis. ihre Konsequenzen sowohl für die Binnenstruktur der Wissenschaft als auch für ihre Situation als gesellschaftliches Subsystem sowie die Reaktionen der Wissenschaft auf die veränderte Lage — insbesondere die von ihr verfolgten Strategien zur Reinstallation ihrer Autonomie. Es wird gezeigt, daß die bisherigen Versuche zur Abgrenzung der Sphären von Wissenschaft und Politik gescheitert sind. Nachdem es der Wissenschaftstheorie nicht gelungen ist. die Ergebnisse der Wissenschaften durch Rekurs auf die im Prozeß ihrer Prüfung zur Geltung kommende methodische Rationalität abzusichern, erweist sich auch die Trennung von Grundlagenforschung und angewandter Forschung, von Wissenschaft und Technologie als praktisch undurchführbar, weil der Prozeß der reinen Forschung in vielen Fällen bereits als technologischer Eingriff mit möglichen sozialen und politischen Folgen anzusehen ist. Die Trennung von Wissenschaft und Trans-Wissenschaft wiederum hat zur Konsequenz, daß der erste Bereich leer wird, weil alle Aspekte wissenschaftlichen Handelns immer zugleich auch transwissenschaftliche Eigenschaften aufweisen. Trotz des Scheiterns dieser Versuche, reine Wissenschaft von allen politischen Implikationen oder Elementen zu reinigen, ist die Chance direkter politischer Steuerbarkeit zukünftiger wissenschaftlicher Entwicklung als gering einzuschätzen. Sowohl die Wissenschaftsgeschichte als auch neuere Untersuchungen zur Verteilung von Innovationen in Astronomie und Astrophysik zeigen, daß grundlegende Neuerungen nicht planbar oder durch gezielten Einsatz massiver Forschungsmittel erzwingbar sind. Ursache dafür könnte sein, daß in der reinen Wissenschaft vor allem die subjektiven, personalistischen und elitistischen, Komponenten des Forschungshandelns zur Geltung kommen, während in der angewandten Forschung seine methodischen, kooperativen, demokratischen Komponenten zu dominieren scheinen.

I. „Diagnose“ der gegenwärtigen Situation von Wissenschaft

Weite Teile der öffentlichen Meinung, aber auch der Wissenschaft selbst sehen sich heute — zu Recht oder zu Unrecht — von den Leistungen der Wissenschaft enttäuscht und von ihren technologischen Folgen beunruhigt. Hielten 1966 noch 72 % aller Befragten den technischen Wandel für segensreich. so ist diese Quote bis 1981 auf 30% gesunken. Die Zahl der Unentschiedenen stieg im gleichen Zeitraum von 17 auf 53%. die der negativ Eingestellten von 3 auf 13%. Noch krasser fallen die Differenzen bei den 16-bis 20jährigen aus. Waren diese 1966 mit 83 % noch fortschrittsgläubiger als der Durchschnitt, so hält die Zahl der Fortschrittspessimisten der Zahl der positiv Eingestellten 1981 auf 13%. Noch krasser fallen die Differenzen bei den 16-bis 20jährigen aus. Waren diese 1966 mit 83 % noch fortschrittsgläubiger als der Durchschnitt, so hält die Zahl der Fortschrittspessimisten der Zahl der positiv Eingestellten 1981 bereits die Waage (19 gegen 23%) 1) -Auch innerhalb der Wissenschaft selbst wankt der Glaube, daß die externen Wirkungen der eigenen Tätigkeit grundsätzlich positiv seien und daß negative Folgen stets den Interventionen von Politik oder Wirtschaft zuzuschreiben sind. Glaubte Robert Millikan im Jahre 1930 noch, daß die Natur „a bias in favor of man“ 2) habe, so fragen Skeptiker heute nach der Möglichkeit einer „anderen Wissenschaft“ 3) oder stellen zumindest das Problem zur Debatte, ob uns Alternativen „der“ Wissenschaft weiterhelfen oder ob nicht vielmehr Alternativen „zur“ Wissenschaft gefordert seien (Gernot Böhme).

Dahinter verbirgt sich nicht nur Rhetorik. Die Konturen einer neuen Wissenschaft sind für einige bereits klar ersichtlich Nicht mehr die isolierte Analyse einzelner Faktoren. Ursachen oder Wirkungen. sondern die ganzheitliche Untersuchung komplexer Systeme, ihres Verhaltens und ihrer Interaktionen soll ihr Inhalt sein. Obwohl die Verfechter dieses Programms glauben, sich hierbei auch auf zeitgenössische Fachautoritäten berufen zu können, erscheint sein Inhalt keineswegs neu. Trotz seiner modernisierten Form ähnelt er in Grundstruktur und Grundtendenz dem bekannten Muster romantischer Wissenschafts-und Zivilisationskritik, die bereits mehrere Konjunkturen und Krisen hinter sich hat. Der letzte große Entwurf stammt hier wohl von Oswald Spengler, der der mechanistischen, objektivistischen und auf Kausalität und Logik gegründeten Weltanschauung des Westens die Philosophie einer neuen Zeit entgegensetzte. die auf Finalität. Willen, Gefühl und auf der Betonung des Organischen, Personalen und Subjektiven beruht. Heute heißen die Stichworte: Synergie, Morphogenese. Hologramm, Symbiose, Qualität. Interdependenz, Offenheit, Vernetzung. Deren Gegner sind Reduktionismus, Individualismus. isolierende, quantitative Betrachtungsweise. Naturbeherrschung. Linearität und Geschlossenheit. Man fragt, ob unsere gegenwärtige industrielle Kultur nicht ein Maß an Komplexität erreicht hat. das sie für Wissenschaft mehr und mehr unbeherrschbar und in ihrer Entwicklung und ihren Wirkungen unprognostizierbar macht. Dem entspricht die Forderung nach Vereinfachung. Dezentralisierung. kleintechnologischen Problemlösungen, Entflechtung und Auflösung großer Systeme, nach direkten demokratischen Verfahren bei staatlichen Entscheidungen mit ökologischen Konsequenzen. Die wahrgenommenen Defizite der bestehenden Wissenschaft werden vielfach einem Versagen ihrer Selbststeuerungsfähigkeit zugeschrieben. Wissenschaft leide an einem Mangel an ethischer Verantwortung bei der Produktion und technologischen Umsetzung von Wissen. Wertungen dieses Versagens fallen zuweilen drastisch aus. Man vergleicht die Funktion der Wissenschaft bei der Kontrolle technologischer Entwicklung mit der eines Brandstifters.dem zugleich die Aufgaben der Feuerwehr übertragen wurden, oder man sieht Wissenschaft in der Rolle eines Zauberkünstlers, dessen Tricks zunehmend an Wirkung verlieren. Scheinbar gestützt wird diese Bewertung durch den Wandel der öffentlichen Selbstdarstellung von Wissenschaft. Immer häufiger liefern sich wissenschaftliche Autoritäten und Gegenautoritäten vor staunendem Publikum politische Stellvertreterkämpfe, die kaum zur Information. dafür umso mehr zur Desorientierung der Öffentlichkeit beitragen. Sie vermitteln dieser den Eindruck, wissenschaftliche Expertise sei in höherem Maße von der jeweiligen Interessenlage der Beteiligten als von der tatsächlichen Sachlage abhängig — oder sie sei gar käuflich, wie andere vermuten Meyer-Abich konstatiert: „Die Wissen-schäft ist parteiisch geworden und wird so auch in der Öffentlichkeit wahrgenommen.“ — und er stellt die Frage, wie man „die Wissenschaft von dieser Art Prostitution wieder reinigen könne“

Diese harte Wertung ist nicht ohne empirische Basis. Ob ein Wissenschaftler aufgrund der gegenwärtigen Informationen zur Strahlenbelastung durch die Tschernobyl-Katastrophe Tausend oder eine Million Krebstote für die nächsten 20 Jahre prognostiziert, hängt offenbar, wie die Fernsehsendung „Tschernobyl. Ein Jahr danach“ vom 23. April 1987 (NDR) hinreichend dokumentiert, vor allem davon ab. ob der Betreffende beim Umweltbundesamt. bei der Strahlenschutzkommission der Kernenergiebehörde in Wien oder als freier Wissenschaftler nach der Emeritierung oder Pensionierung tätig ist. Eine ähnliche Freiheit der Gewichtung besteht, wie Edith Efron in ihrem Buch „The Apocalyptics“ jüngst nachgewiesen hat. anscheinend auch hinsichtlich der Primärursachen von Krebserkrankungen. Wenn sich durch Tierversuche 25% aller in der Natur vorkommenden chemischen Stoffe und Verbindungen (einschließlich „naturbelassener“ Lebensmittel und vom Körper selbst in seinem natürlichen Stoffwechselprozeß erzeugter Stoffe) als krebserzeugend oder Mutationen auslösend erweisen lassen, mag aus dem Katalog der als gefährlich befundenen Stoffe jeder im Einklang mit seinen sonstigen Überzeugungen. Interessen und Feindbildern und ohne Verletzung wissenschaftlicher Prinzipien diejenigen heraussuchen, die er — zusammen mit ihren Produzenten — als die „wahren“ Kanzerogene an den Pranger stellen will. Nicht überraschen kann daher, daß diese Entscheidungsspielräume von Wissenschaft bei der Bewertung von Theorien und Daten immer häufiger von nichtwissenschaftlichen Instanzen zur Verfolgung eigener Interessen besetzt werden und daß politische Gremien und Institutionen sich gezwungen sehen. wissenschaftliche Evidenz zu vergleichen, zu bewerten und ggf. zu relativieren, wenn Entscheidüngen über die Setzung von Grenzwerten oder über ein Verbot von Chemikalien. Medikamenten oder synthetischen Zusätzen in Lebensmitteln zu treffen sind.

Ungeachtet ihrer Ursachen führt diese wahrgenommene „plastische Deformierbarkeit“ wissenschaftlicher Evidenz und Expertise zu einem Erosionsprozeß des öffentlichen Vertrauens in die Ergebnisse von Wissenschaft. Die in der Politikberatung stattfindende Dekonstruktion von Forschungsresultaten erweckt den Eindruck, daß mit geeigneten interpretativen Strategien nahezu jede politische Entscheidung wissenschaftlich begründet werden kann. Diese Entwicklung ist nicht nur für die Wissenschaft. sondern auch für die Politik gefährlich. Wenn — um mit Parsons zu sprechen — das „Tauschmedium“ Wissen seine interne Validität und damit seinen Wert verlieren würde, dann wäre es weder in andere kulturelle oder materielle Werte konvertierbar, noch wären Entscheidungen in anderen Subsystemen durch Rückgriff auf die Ressource „Wissen“ rationalisierbar und legitimierbar. Wissenschaft als soziales Subsystem und als Institution ist dann in Gefahr, ihre Autonomie zu verlieren und in ihren inhaltlichen Entscheidungen mehr und mehr von Politik. Wirtschaft und Öffentlichkeit bestimmt zu werden. Die Grenzen zwischen Politik. Wirtschaft. Interessengruppen und Wissenschaft verschwimmen. Wissenschaft wird politisiert, ökonomisiert. sozialisiert, ideologisiert. Von den Forderungen der alternativen Öffentlichkeit nach „Sozialverträglichkeit“. vom Streben des Staates nach „Inpflichtnahme" zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben und vom Hilferuf der Wirtschaft nach einer nützlichen, ihr im internationalen Konkurrenzkampf assistierenden Forschung in die Zange genommen. ist Wissenschaft nicht mehr weit davon entfernt, ihre Autonomie vollständig zu verlieren und im Sinne Francis Bacons zur „dienstbaren Magd der Praxis“ — und zwar jedermanns Praxis — zu werden.

II. „Ätiologie“: Wie ist es zu dieser Entwicklung gekommen?

Wissenschaft ist heute die zentrale interpretative Ressource und — wie manche (Joseph Haberer) meinen — sogar die führende Institution moderner Industriegesellschaften. Praktische Konsequenz der interpretativen Dominanz von Wissenschaft ist die Tendenz zur Rationalisierung aller Handlungsbereiche und zur Auflösung traditioneller Institutionen. Beispiele für diesen langandauernden Prozeß der De-Institutionalisierung sind die Psychiatrisierung des Strafvollzugs, die Verwissenschaftlichung von Recht. Erziehung. Ernährung. Gesundheitswesen. die Rationalisierung von Verwaltung und Betriebsführung oder die Technisierung des privaten Haushalts und des alltäglichen Lebens. Die Wurzeln dieser Entwicklung reichen weit zu-rück, doch ihre „take-off“ -Phase beginnt erst im 19. Jahrhundert. Nach dem Zweiten Weltkrieg und aufgrund der unvorhersehbaren waffentechnologischen Erfolge der Wissenschaft gewann der Prozeß der Verwissenschaftlichung ebenso wie der des Geldzuflusses an Wissenschaft exponentiellen Charakter. „Scientists became the heroes of the age; . . . (they) lived in a state of euphoria“. so drückte es der Soziologe Edward Shils auf dem Ciba Foundation Symposium 1971 in London aus.

Die Erfolge und Konsequenzen von Wissenschaft werden von Kritikern wie Befürwortern einer Wissenschaftsauffassung gutgeschrieben, die auf der Einheit von Wahrheit und Nützlichkeit beruht. Francis Bacon hat diese Idee zum Programm erhoben und in verschiedenen Schriften ausgearbeitet. In seinem „New Atlantis“ stellt er die Utopie einer Gemeinschaft vor.deren gesamter Lebensprozeß auf der Idee einer neuen, nutzenorientierten Wissenschaft beruht. Ziel dieses Programms ist „the Dominion of Man over the Universe" (Novum Organon), ihr Mittel die Erforschung der Naturgesetze. Das Maß der Wahrheit ist die durch sie ausgeübte Macht. „And so those twin objects. human knowledge and human power, do really meet in one“ (Great Instauration).

Auch die Verbesserung der Lebensbedingungen der Menschen ist bei Bacon eine direkte Folge der Vergrößerung unseres Wissens und unserer Herrschaft über die Natur. „The human intellect and social conditions are enriched by one and the same means“ (Novum Organon). Weder Kontemplation noch rein theoretische, vernunftgemäße Analyse der Realität, sondern nur eine nutzenorientierte Wissenschaft, die auf der vorurteilslosen Sammlung von Beobachtungen (einer umfassenden „Natural History“) beruht, wird nach Bacons Auffassung schließlich auch zu sicheren Erkenntnissen führen. In Bacons Utopia. Atlantis, verschwinden soziale und politische Konflikte, weil es durch eine Gemeinschaft von Wissenschaftlern nach den Gesetzen der Natur regiert, oder besser: verwaltet wird. Die moderne Erscheinung der Ersetzung von Politik durch Administration ist in Bacons utopischer Wissenschaftsgesellschaft bereits vorweggenommen. „Bacon’s community . . . works together very much like a monastic brotherhood or a military Organization. . . . Nature as enemy and Science as impartial authority hold the community together“. so beschreibt Joseph Haberer den sozialen Charakter dieses Modells

Dieses von Bacon formulierte utilitaristische Wissenschaftsverständnis bestimmt heute das öffentliche Bild der Wissenschaft. Dies zeigt sich unter anderem darin, daß Wissenschaftler wie Politiker es für notwendig halten, selbst die abstraktesten Bereiche der Grundlagenforschung vor allem unter dem Aspekt der späteren technologischen Transformierbarkeit zu rechtfertigen. „Basic research is useful“. heißt es im Tenth Annual Report of the National Science Board vom 2. August 1978. Ungeachtet der Möglichkeit, daß hinter diesem Credo zumindest teilweise taktische Motive stehen, die besonders dann hervortreten, wenn der Haushalt für das jeweils nächste Jahr beraten wird, erweist sich das utilitaristische Aushängeschild langfristig gesehen als äußerst problematisch. Das Baconsche Versprechen beruht auf einem Mißverständnis des Verhältnisses von Technologie und Wissenschaft. Es überfordert die Leistungsfähigkeit der Wissenschaft und schreibt ihr die implizite Verantwortung für Entwicklungen zu. die außerhalb des Bereichs liegen, den sie von ihrer epistemologischen Situation her zu vertreten hat. Indem sich die Wissenschaft im Interesse einer weiteren großzügigen Finanzierung durch Steuermittel auf dieses Versprechen einließ, hat sie ihr Schicksal von der Erfüllung ihrer ersten Aufgabe, nämlich der Erklärung der Realität, entkoppelt, und es an indirekte, externe Folgen der eigenen Arbeit geknüpft, die von ihr weder steuerbar noch im Einzelfall intendiert sind.

Zu diesen Folgen gehört, daß die großtechnologische Anwendung von Wissenschaft unerwünschte Ergebnisse wie: Verschmutzung und chemische Vergiftung von Gewässern. Luft und Boden. Rückstände in Nahrungsmitteln. Aussterben biologischer Arten, Löcher in der Ozonschicht der Erde. Havarien von Reaktoren, radioaktive Verseuchung. und nicht zuletzt die Möglichkeit des chemischen. biologischen und atomaren Krieges erzeugt hat. Ergebnisse, die von ihr weder erwartet noch vorausgesehen wurden. Selbst moderate Kritiker der modernen Wissenschaftsentwicklung wie Robert L. Sinsheimer sehen sich bereits zu der Feststellung veranlaßt, daß seit dem 20. Jahrhundert nicht mehr die positiven, sondern die negativen Konsequenzen der Technik dominieren.

Aber auch jenseits dieser negativen Folgen technologischer Entwicklung verursacht der Prozeß der Verwissenschaftlichung und Rationalisierung aller gesellschaftlichen Bereiche Kosten. Da Wissenschaft selbst der Veränderung unterworfen ist. lastet auf sozialen, ökonomischen, politischen und institutioneilen Strukturen ein ständiger Anpassungsdruck.der die Kapazität dieser Strukturen leicht überfordern kann. Das Individuum erfährt die hierdurch bedingte Instabilität seiner eigenen sozialen Rollen und seiner sozialen Umgebung als kognitiven Streß, der in spezifischen Kontexten und bei Vorliegen geeigneter alternativer Interpretationsmuster zur Bildung von Gegenorganisationen zur wissenschaftlich dominierten Kultur führt. Obwohl dies kein neuer Gedanke ist. werden die realen Ausmaße dieser Kosten und ihr möglicher exponentieller Anstieg erst heute sichtbar.

Angesichts der beschriebenen negativen Erscheinungen wird das ausdrückliche Versprechen der Baconschen Wissenschaftsideologie, daß ein umfassender Einsatz einer nach praktischer Nützlichkeit strebenden Wissenschaft zu einer dauerhaften und fortschreitenden Verbesserung aller Lebens-umstände der Menschen führen werde, von einem wachsenden Teil sowohl der Öffentlichkeit als auch der Profession zunächst als gescheitert angesehen. Da weite Teile der Wissenschaft — sei es aus taktischen Gründen, sei es aus Überzeugung — sich den Baconschen Mythos zu eigen gemacht haben, fällt das vor dieser Schablone konstatierbare Versagen der Technologie auf die Wissenschaft selbst zurück. Aus der etwas pathetisch klingenden Prophezeiung von Chargaff. daß „die abnehmende Wirksamkeit ihrer Zauberkünste . . .den Wissenschaften böse vergolten werden (wird)“, droht Realität zu werden Obwohl die Entscheidung über den technologischen Einsatz von Wissenschaft nicht in direkter Weise von ihr selbst getroffen wird und somit die Verantwortung für die Folgen dieses Einsatzes nicht unmittelbar bei ihr liegt, ist die öffentliche Zuschreibung einer solchen Verantwortung mit der Logik der Verwissenschaftlichung und der interpretativen Führungsfunktion der Wissenschaft in modernen Gesellschaften kompatibel. Sie ist eine natürliche Folgerung aus der bisherigen Praxis der Politikberatung durch Wissenschaft und aus dem von der Wissenschaft geforderten und voll ausgeschöpften Vertrauensvorschuß gegenüber der Öffentlichkeit. Die vielfach erhobene Forderung, technologisch bedingten Möglichkeiten wie der globalen Selbstvernichtung des Menschen, dem Zusammenbruch des Ökosystems oder biologischen Katastrophen als Folge ungehinderter Genmanipulation durch verstärkte demokratische Kontrolle der Wissenschaftler zu begegnen, entbehrt daher nicht einer gewissen immanenten Logik. Wissenschaftler sind unter bestimmten Umständen ein nicht nur akzidentelles Glied in der kausalen Kette, die zur Verwendung führt. Politikberatende Experten können — gewollt oder ungewollt — politische Entscheidungsgremien zu technologischen Fehlentscheidungen veranlassen, indem sie — den Zuverlässigkeitsgrad ihrer eigenen Hypothesen überschätzen.

— aus Unkenntnis unerwünschte Folgen und Folgelasten bestimmter Eingriffe und Entwicklungen herunterspielen.

— die Existenz entwicklungsfähiger Alternativen leugnen oder — die Möglichkeit unerwünschter komplexer Interaktionen oder synergetischer Wirkungen ihrer Variablen innerhalb größerer Zusammenhänge verneinen.

Um Mißverständnissen vorzubeugen: nicht die Unvollkommenheit des Expertenwissens ist das Problem, sondern die Fehleinschätzung dieser Unvollkommenheit seitens der Experten und ihrer Klienten.

Die auf die negativen Folgen der Anwendung von Wissenschaft abstellende Form moderner Wissenschafts-und Zivilisationskritik läßt die Wissenschaft insoweit intakt, als sie zunächst die interne Validität ihrer Ergebnisse nicht in Frage stellt. In dieser Sichtweise ist die gegenwärtige Wissenschaft nicht falsch, sondern „nur“ schädlich oder — wie andere meinen — unterentwickelt. Abhilfe bringt unter dieser Prämisse — je nach Grundeinsteilung — entweder ein Verzicht auf weiteren Erkenntnisfortschritt oder eine Reorientierung zukünftiger wissenschaftlicher Entwicklung nach dem Leitbild von New-Age-Prinzipien wie organische, qualitative, personale und ganzheitliche Sichtweise. Synergie. Interdependenz und Vernetzung aller Faktoren. Gefordert wird im zweiten Fall nicht das Ende, auch nicht die Verlangsamung des Erkenntnisfortschritts. sondern eine Änderung seiner Richtung. die als qualitative Verbesserung des Wissens verstanden wird. Die institutioneile Struktur der Wissenschaft bleibt im wesentlichen unangetastet. Pessimistischere Beobachter, insbesondere jedoch die hinter der radikalen Zivilisationskritik stehende alternative Öffentlichkeit fordern demgegenüber bereits eine mehr oder weniger einschneidende öffentliche Kontrolle und ggf. ein Verbot bestimmter sozial, ökologisch oder kulturell „unverträglicher“ Forschungen.

Weit fatalere Konsequenzen für die institutioneile Stellung der Wissenschaft ergeben sich jedoch aus einem anderen Sachverhalt, der sich nicht aus der Kritik externer Folgen der Wissenschaft, sondern aus Schwächen ihrer internen methodischen Rationalität ableitet. Während die Geschichte der Wissenschaften eine Geschichte ihrer Kontroversen ist. in denen der Sieger nur im Nachhinein erkennbar war. erwartet die Öffentlichkeit von den hochbezahlten Experten einer Wissenschaftsgesellschaft zu Recht verbindliche Auskunft über wichtige Fragen der Gegenwart. Zu diesen Fragen gehören die nach den sozialen und wirtschaftlichen Folgen wissenschaftlicher Innovationen, nach Nutzen und Gefahren anstehender großtechnologischer Entscheidungen. nach den Konsequenzen aktueller ökonomischer Entwicklungen oder nach erfolgversprechenden Strategien zur Beseitigung von Umwelt-problemen. Diese verbindliche Auskunft kann die Wissenschaft jedoch prinzipiell nicht geben. Indem sie im Einklang mit dem Baconschen Programm die Rolle des umfassenden Interpreten und Gestalters zu spielen versuchte — eines säkularen Demiurgen (Weltenschöpfer), der zwar nicht allwissend, aber dennoch von der fundamentalen Nützlichkeit und Gutartigkeit der durch ihn initiierten Entwicklungen überzeugt ist, hat die Wissenschaft die Grenzen ihrer methodischen Kompetenz überschritten. Sie hat sich auf ein Terrain begeben, das heute zum Ausgangspunkt einer Rekolonisierung von Wissenschaft durch Politik geworden ist. Das wahrgenommene Versagen der wissenschaftlichen Experten und ihrer methodischen Rationalität vor den neuen Problemen sowie divergierende Einschätzungen von Fakten. Ursachen und Folgen seitens dieser Experten führt zur „Dekonstruktion" wissenschaftlichen Wissens und zur anfangs bereits benannten Erosion der Grenzen zwischen politischen, ökonomischen und wissenschaftlichen Interessen und Interessengruppen. Diesen Prozeß bezeichnet die Soziologie heute als die De-Professionalisierung des wissenschaftlichen Expertentums. De-Institutionalisierung der Gesellschaft durch Verwissenschaftlichung und De-Professionalisierung der Wissenschaft durch Politisierung erweisen sich als komplementäre Prozesse, die durch eine epistemologisch unzulässige Grenzüberschreitung der Wissenschaft ausgelöst wurden. Die vielfach beschworene „Wissenschaftsgesellschaft“ wird — so paradox es klingt —. zu einer durch und durch politisierten Gesellschaft, die Wissenschaft im klassischen Sinn nur noch als Marginalerscheinung zuläßt.

Eine weitere Politisierung und De-Professionalisierung von Wissenschaft hätte weit schlimmere Kon-B Sequenzen für das von Merton formulierte wissenschaftliche Ethos als dessen sichtbare Verletzung im praktischen Forschungsprozeß. Daß die Normen des Universalismus (Unabhängigkeit von Forschungsprozeß und Forschungsprodukt von der Person des Forschers), des organisierten Skeptizismus (Pflicht zur kritischen Überprüfung der eigenen Arbeit und der Arbeit der anderen), der Kommunalität (freie Verfügbarkeit wissenschaftlicher Informationen) sowie der Uneigennützigkeit (Dominanz des Erkenntnismotivs vor dem Erwerbs-und Machtstreben) bekanntermaßen im Forschungsprozeß oft nicht eingehalten werden, unterscheidet sie nicht von den Normen des Alltags oder des Strafrechts. Auch die oft kritisierte Wirksamkeit des „Matthäus-Prinzips“ könnte man soziologisch eher als häufig keineswegs dysfunktionale Folge von erwiesener Leistung und erworbenem Charisma als unter dem Begriff der Normabweichung fassen. Schwerer wiegen dagegen Änderungen der äußeren und inneren Bedingungen, unter denen Wissenschaft arbeitet. Sie bringen die latente Übereinstimmung des sozialen Selbstinteresses der Wissenschaftler an der Beachtung dieser Normen mit der Funktionalität dieser Normen für den Erkenntnisfortschritt aus dem Gleichgewicht. Ungeschriebene Regeln der von Merton formulierten Art behalten ihre verhaltenssteuernde Fähigkeit nur solange, wie es auch im rein individuellen Interesse und in der Macht der Beteiligten liegt, sie zu beachten. Ethische Appelle, philosophische Gründe oder der Hinweis auf den Erkenntnisfortschritt genügen hier nicht. Bedenklich sind daher weniger die einzelnen individuellen Normverstöße als Änderungen der Randbedingungen wissenschaftlichen Arbeitens, die den Inhalt des Eigeninteresses verändern.

Für Änderungen dieser Randbedingungen gibt es verschiedene Indizien. Eine stetig anschwellende Flut an neuen Veröffentlichungen macht es beispielsweise nicht nur Herausgebern und Redakteuren von Fachzeitschriften, sondern zunehmend auch den Spezialisten selbst unmöglich, alle neuen Ideen kritisch auf ihre Brauchbarkeit zu prüfen. Würden sie es dennoch versuchen, so käme die eigene Arbeit zum Erliegen. Das Selbstinteresse des Wissenschaftlers an der Fortführung der eigenen Arbeit erzwingt somit eine starke Filterung des Informationsflusses. Sekundärinformationen wie Name. Institution. Schulzugehörigkeit des Verfassers.der Gebrauch bestimmter „Reizwörter“ im Titel, die Reputation der Zeitschrift bilden dann häufig Kriterien für eine Vorselektion der überhaupt zur Kenntnis genommenen Beiträge

Eine Änderung der Randbedingung wissenschaftlichen Arbeitens ist auch dann gegeben, wenn staatliche Bestrebungen Erfolg haben. Forschungsergebnisse in „Frontwissenschaften“ aus Gründen der Staatsräson unter Verschluß zu halten, wie dies im Westen, insbesondere in den USA. zu beobachten ist. Solche Änderungen der Randbedingungen stoßen häufig auf den Widerstand der wissenschaftlichen Gemeinschaft. So wandte sich das „Panel on Scientific Communication and National Security“ der NASA (National Academy of Science) gegen jede Beschränkung der universitären Kommunikationsfreiheit.denn „. basic’ scientific research ist not a significant source of . technology transfer'benefiting Soviet military strength.“ Grundlagenforschung transferiere theoretisches und empirisches Wissen über die Natur und enthalte kein unmittelbar in Hardware umsetzbares Rezeptwissen. Jede Einschränkung der Kommunikationsfreiheit behindere den Erkenntnisfortschritt und a fortiori — und jetzt kommt der überraschende Zusatz — den technologischen Fortschritt. Dies klingt widersprüchlich. ist es jedoch nicht, wie nachher noch deutlich werden wird.

Für die Funktionsfähigkeit des wissenschaftlichen Ethos zumindest potentiell ebenso gefährlich, wenngleich auf weniger Widerstand seitens der Wissenschaftler stoßend, ist ihre Möglichkeit, als direkte Marktanbieter aufzutreten — Beispiel: Gentechnik. Diese Möglichkeit fördert eine Einstellung, die die wirtschaftliche Verwertung von Ideen über deren interne Validität stellt. Ökonomisch ist dies insoweit rational, als auch fehlerhafte wissenschaftliche Ergebnisse zu verkaufsfähigen Produkten gemacht werden können. Da es zudem nicht im Interesse eines Wissenschaftsunternehmers liegt, seine Ergebnisse und Methoden, also sein Produktions-Know-how offenzulegen, ist sowohl die fachliche Kommunikation als auch die Möglichkeit der Kritik stark behindert. Gerade in Gebieten wie der Gentechnologie, die nur schwer abschätzbare Risiken in sich bergen, könnte diese Symbiose von wissenschaftlicher und wirtschaftlicher Aktivität äußerst gefährliche Konsequenzen haben.

Besonders negativ wirkt sich die wachsende Bedeutung der industriellen sowie der direkt oder indirekt gesteuerten staatlichen Forschung auf das wissenschaftliche Ethos aus. In einer Institution angewandter Forschung oder auch der Grundlagenforschung in militärisch oder strategisch-wirtschaftlich sensiblen Bereichen kann Geheimhaltung. Kontrolle und Beschränkung der internen Kommunikationswege. Verzicht auf Kritik Außenstehender und durch Außenstehende. Ausschließung von Forschern bestimmter Nationalität oder politischer Ausrichtung zum unverzichtbaren Teil der Staatsräson oder des wirtschaftlichen Kalküls werden. Diese sowohl vom Baconschen Ideal angewandter Wissenschaft als auch von der erwiesenen militärischen Bedeutung von Forschung geförderte Einbettung des Wissenschaftsprozesses in das politische oder wirtschaftliche Subsystem führt zu einer Kollision der entsprechenden normativen Systeme, de-ren Ausgang bei gegebener Kräftekonstellation nicht zweifelhaft sein kann. In der militärischen und industriellen Forschung ist das Ethos der Wissenschaft nicht verletzt, sondern suspendiert.

Alltägliche Verstöße gegen das wissenschaftliche Ethos unter funktionalen Randbedingungen stellen dieses dagegen weniger in Frage als sie es bestärken. Zwar werden Normbrüche zuweilen verharmlost und als praktisch unvermeidbar erklärt, aber sie werden als solche anerkannt und als unerwünscht erachtet. Und dies ist entscheidend.

Von Bedeutung ist weniger das Vorliegen von Normverletzungen als die Wirksamkeit reaktiver Sanktionen und die Beibehaltung der genannten Prinzipien als jederzeit aktivierbarer Appellationsinstanzen. Verschiedene bekanntgewordene Skandale um Betrug und Täuschung in der Wissenschaft scheinen zu zeigen, daß die Mühlen des wissenschaftlichen Ethos zwar langsam — zuweilen erst posthum — aber dennoch wirksam mahlen. Zuzugestehen ist allerdings auch, daß die Dunkelziffer unbekannter und deshalb ungeahndeter Normverletzungen nur schwer zu schätzen ist und daß eine Veralltäglichung von Normverstößen unter sich langsam ändernden Randbedingungen auf lange Sicht auch zu einer Erosion der Normen selbst führen muß. Sie kann allerdings auch Anlaß zur Entwicklung neuer meta-methodologischer Normen und Strategien sein, die die Unzulänglichkeiten der bisherigen Wissenschaftspraxis oder Veränderungen der Randbedingungen der wissenschaftlichen Tätigkeit explizit in Rechnung stellen und mit Hilfe kompensatorischer Mechanismen korrigieren.

Vermutlich ist die Entwicklung dieser selbstreflexiven Mechanismen immer höheren Abstraktionsgrades — also des Wissens darüber, wie man Wissen erzeugt — ein besserer Indikator für Evolutionsprozesse der wissenschaftlichen Vernunft als die Entwicklung der inhaltlichen Produkte dieser Vernunft. Die Vernunft der okzidentalen Wissenschaft unterscheidet sich von der Rationalität primitiven und traditionalen Denkens nicht durch die Methode ihres Schließens. Das primitive Denken verfährt weder unlogisch noch irrational und seine Struktur ähnelt in vielen Punkten der logischen Struktur der Wissenschaft. Die Palette der von Ethnologen gefundenen Erkenntniseinstellungen primitiver Kulturen reicht vom reinsten Agnostizismus und Skeptizismus über den Empirismus und Pragmatismus bis zum dogmatischen Fanatismus. Primitives und traditionales Denken müssen auch keineswegs statisch sein. Was dem vorokzidentalen Denken jedoch zu fehlen scheint, ist die Fähigkeit, über die Konstruktion expliziter Methodologien und Meta-Methodologien selbstreflexive Mechanismen zu entwickeln, die Möglichkeit des „Lernens des Lernens“ zu nutzen, um damit — mehr oder weniger erfolgreich — Kontrolle über die Entwicklungsdynamik der eigenen Erkenntnisprozesse auszuüben.

An folgendem Beispiel kann man dies verdeutlichen: Wenn in Erfahrung gebracht wird, daß das soziale System der Wissenschaft zur Dogmatisierung bestimmter Teile des gegenwärtigen Wissens und zur voreiligen negativen Bewertung von Außenseitern tendiert. Außenseiter jedoch oft einen schärferen Blick für Schwächen der dominierenden Theorien und für Alternativen haben, so könnte eine dieser meta-methodologischen Regeln etwa besagen, die Ideen von Außenseitern nicht zu ignorieren. sondern im Gegenteil besonders sorgfältig und im Lichte ihrer eigenen Evidenz zu prüfen. Diese neuen oder ergänzenden Normen können in gleicher Weise wie die ursprünglichen auf ihre Leistung überprüft und ggf. durch bessere ersetzt werden.

III. „Therapie“: Ist der Autonomieanspruch der Wissenschaft lösbar?

Der Prozeß umfassender gesellschaftlicher Rationalisierung hatte der Wissenschaft eine Verantwortung auferlegt, die sie weder von der Struktur ihres Wissens noch von ihren Methoden zu dessen Sicherung her tragen konnte. In Abwesenheit demokratischer Legitimierung war die interpretative und gestalterische Dominanz von Wissenschaft nur auf der Basis eines Erkenntnismodells plausibel zu machen. das zu sicherem und begründbarem Wissen führt. Die Entwicklung der Wissenschaftstheorie in den vergangenen Jahrzehnten dokumentiert jedoch. daß Theorien. Hypothesen und selbst „harte“ Tatsachen niemals endgültig zu beweisen oder zu widerlegen sind, sondern bestenfalls als mehr oder weniger vorteilhafte Konstruktionen oder als zur Zeit „beste Wette“ Geltung beanspruchen können.

Dennoch kann der heutige Stand der Diskussion nicht voll befriedigen. Nimmt man konventionalistische oder radikal-soziologische Theorien des Wissens ernst, dann müßte man der Behauptung zustimmen, das Newtonsche Gravitations-oder das Galileische Fallgesetz seien nicht deshalb akzeptiert. weil sie korrekte Beschreibungen gewisser Aspekte der Realität sind, sondern weil der soziale, politische und ökonomische Kontext ihrer Produktion so oder so geartet war und weil die legitimierende Macht dieses Entstehungskontextes offenbar bis heute (oder bis zur Entwicklung einer neuen relativistischen Mechanik durch Albert Einstein) nachwirken konnte. Wenn dies so wäre, so könnte man das Argument weiter zuspitzen, dann sollten sozial verantwortungsbewußte Physiker schleunigst ein anderes Fallgesetz aushandeln, das die Zahl der tödlich verlaufenden Stürze von Leitern. Brücken. Gebäuden oder Bergen umgehend vermindert. Obwohl diese Forderung so absurd ist, daß sich bisher niemand zu ihr bekannte, ist sie doch im Kern kaum absurder als die tatsächlich aufgestellte Behauptung, es gebe keinen eindeutigen Unterschied zwischen epistemischen und ethischen Werten und die Wissenschaften besäßen infolgedessen nicht die moralische Autonomie zur Annahme von Hypothesen. wenn absehbar ist. daß diese Hypothesen schädliche soziale oder politische Folgen haben So plausibel, ethisch verantwortungsvoll und politisch geboten diese Behauptung erscheint, wenn Fragen der sozialen oder genetischen Determination kognitiver Leistungen oder des Zusammenhangs zwischen Hautfarbe und IQ und nach den Konsequenzen der Befunde für das Bildungssystem und für das Ideal der Chancengleichheit zur Debatte stehen, so unsinnig wird sie am erwähnten Beispiel des Fallgesetzes.

Die Wissenschaften befinden sich infolgedessen in einem erkenntnistheoretischen Dilemma: Sie können auf einen Bestand gut bestätigter phänomenologischer Gesetze verweisen, an dem zu zweifeln lächerlich erscheint, doch sie verfügen über keine Methodologie, die die Evidenz oder den Bestätigungsgrad dieser Gesetze zweifelsfrei zu erweisen vermag. Der Vorschlag der evolutionären Erkenntnistheorie. diese Gesetze einem „Mesokosmos“ — einer Welt der „mittleren Dimensionen“ zwischen Mikro-und Makrokosmos — zuzuordnen, dessen erfolgreiche Erforschung durch die Entwicklungsgeschichte biologischer Arten genetisch prämiert wurde, hat eher Überredungscharakter als epistemologischen Wert: Sie ist weder auf die abstrakten symbolischen Konstruktionen der modernen Wissenschaft anwendbar, noch zur Entscheidung zwischen verschiedenen, jedoch gleichermaßen praktisch erfolgreichen Interpretationsrastern geeignet. Damit stellt sich das Problem, ob es andere Kriterien gibt, die zur Abgrenzung der Sphären von Wissenschaft und Politik dienen können — Kriterien, die den Anspruch der Wissenschaft auf Abschirmung vor politisch-ideologisch-religiösen Beeinflussungsversuchen und damit zugleich ihren Status als ethisch neutrale und von jedem gleichermaßen verwendbare Informationsquelle abzusichern vermögen.

Bisherige Grenzziehungen dieser Art laufen darauf hinaus. Wissenschaft in zwei Teilbereiche zu zerlegen. von denen der erste vollständig autonom und politikfrei, der zweite dagegen in den politischen und wirtschaftlichen Prozeß eingebunden ist. Im folgenden werden zwei Abgrenzungsversuche vorgenommen. die in der Diskussion eine dominante Rolle gespielt haben. Dies sind:

1. die Trennung von Wissenschaft und Technologie bzw. von Grundlagenforschung und angewandter Forschung und 2. die von Alvin Weinberg vorgeschlagene Unterscheidung von Wissenschaft und Trans-Wissenschaft

Es soll versucht werden, die Brauchbarkeit dieser Abgrenzungen für eine Reinstallation des Autonomieanspruchs von Wissenschaft gegenüber den Einflüssen von Politik. Interessengruppen und Wirtschaft zu testen.

IV. Wissenschaft und Technologie

Ist die Transformation von Wissenschaft in Technologien und politische Empfehlungen ein einfacher Übersetzungsprozeß, wie weite Teile der bisherigen Wissenschaftstheorie im Anschluß an Bacon annahmen und noch heute annehmen? Bacon glaubte, es genüge, die wahren Ursachen der beobachtbaren Erscheinungen zu entdecken und dann die Natur nachzuahmen, um all jene von ihm geschilderten nützlichen Effekte für das Wohl der Menschheit zu erreichen. Abgesehen von der sprachlichen Ein-kleidung entspricht dies auch der Meinung der bisherigen Wissenschaftstheorie. Die Transformation von Wissenschaft in Technologien und politische Empfehlungen wird als eher trivialer Umformungsprozeß gesehen, dessen Struktur sich aus dem deduktiv-nomologischen Modell wissenschaftlicher Erklärung ergibt. Der Unterschied zur Erklärung besteht im wesentlichen darin, daß die Realisierung der Wenn-Komponente nicht der Natur überlassen bleibt, sondern aktiv angestrebt wird. Der techno-logische Effekt bzw. die Realisierung der Dann-Komponente erfolgt anschließend mit naturgesetzlicher Notwendigkeit.

Diese Auffassung ist nicht nur grob vereinfachend, sie ist schlicht falsch. Es hat nach Bacon noch ein viertel Jahrtausend gedauert, bis findige Techniker auf die Idee kamen, nicht durch Nachahmung des Vogelfluges, also durch Anschnallen künstlicher Flügel oder durch mechanische Nachahmung von Schwingbewegungen fliegen zu wollen, sondern zu diesem Zweck andere, in der Natur nicht realisierte Mechanismen zu entwickeln. Sowohl die Bewegungen der Vögel als auch die eines Flugzeugs oder Zeppelins gehorchen den Gesetzen der Aerodynamik. Dennoch ist die Konstruktion natürlicher oder künstlicher fliegender Objekte keineswegs schon aus diesen Gesetzen ableitbar. Es bedarf höchster Erfindungskunst und zahlreicher assistierender Problemlösungen, um aus einer Kombination bekannter Grundprinzipien tatsächlich ein komplexes funktionierendes System wie das Flugzeug, die Rakete oder den Zeppelin zu entwickeln. Man benötigt nicht nur richtige, oder besser; praktisch brauchbare Grundideen, sondern auch noch geeig23 nete Werkstoffe. Energiequellen, effiziente und sichere Brennstoffe. Kontrollinstrumente, einen Piloten.der das Gerät bedienen kann. Produktionsstätten und Wartungsanlagen mit qualifizierten Fachkräften und hohem Sicherheitsstandard und — nicht zuletzt — jemanden, der bereit ist. das wirtschaftliche Risiko der Entwicklung zu tragen. Technologische Entwicklungen, die das alltägliche Leben und die Umwelt in den vergangenen 150 Jahren in nie zuvor dagewesenem Ausmaß verändert haben, wie der Ausbau des Eisenbahnnetzes. die Bildung neuer urbaner und staatlicher Infrastrukturen. die Elektrifizierung, die industrielle Massenproduktion und die Einführung des Fließbands. schließlich die Entwicklung des Individualund Massenverkehrs durch Auto oder Flugzeug, waren keineswegs logische Folgerungen aus der Aero-und Thermodynamik, der Mechanik, der Elektrizitätslehre oder der Chemie aromatischer Kohlenwasserstoffe, sondern komplexe Innovationen selbständigen Charakters.

Wie schwierig und wie teuer die technologische Umsetzung bekannter wissenschaftlicher Prinzipien sein kann, erfahren alle hochindustrialisierten Staaten seit zwei Jahrzehnten und vermutlich noch einige weitere Jahrzehnte beim Versuch der Entwicklung funktionsfähiger Fusionsreaktoren; das gleiche gilt für den Versuch der USA zur Realisierung ihres SDI-Programms. Ob diese beiden Projekte jemals den gewünschten Erfolg bringen, ist zur Zeit noch völlig offen — ungeachtet der wissenschaftlich erwiesenen Möglichkeit. Energie auf geregelte Weise durch Kernfusion zu gewinnen oder Interkontinentalraketen mit hochenergetischen Laserstrahlen abzuschießen. Diese Beispiele scheinen zugleich auch den Einwand vieler Wissenschaftskritiker zu widerlegen, daß eine politische Kontrolle auch der reinen Forschung deshalb unumgänglich sei. weil Wissen, wenn es einmal verfügbar ist. unweigerlich auch angewendet werde. Bei Berücksichtigung des zuweilen dafür notwendigen wirtschaftlichen und innovatorischen Aufwandes, der erforderlichen Infrastruktur und der Möglichkeit des Auftauchens unüberwindbarer praktischer Hindernisse kann von einer Automatik jedoch offenbar keine Rede sein.

Wissenschaft sucht nach Faktoren. Ursachen und Gesetzen unter der chaotischen Oberfläche der Erscheinungen; sie strebt nach der Erklärung phänomenaler Komplexität durch einfache Strukturen. Technologie dagegen beruht auf der Kombination sehr vieler einfacher Komponenten zu neuen komplexen System, deren Interaktionen mit anderen, gleichfalls komplexen Systemen von der Wissenschaft (aufgrund der Nichtlinearität der Interaktionen.der Neuartigkeit ihrer Resultate, der Unüberschaubarkeit aller involvierter Faktoren, etc.) nicht zuverlässig prognostizierbar sind. Dies gilt um so mehr, als keineswegs alle Aspekte der Funktionsweise technischer Systeme wissenschaftlich erforscht sein müssen. Für die meisten Ziele der Technik genügt es. wenn das Gerät funktioniert — und dies kann in vielen Fällen, wie die Technikgeschichte zeigt, durch Anwendung des gesunden Menschenverstandes, durch Probieren, durch vielfältige Variation von Komponenten sowie durch Einplanung großzügiger Sicherheitsreserven erreicht werden.

Die, erläuterten Unterschiede zwischen Wissenschaft und Technologie erklären, warum sich weite Bereiche der Technik weitgehend autonom und unabhängig von Fortschritten der Wissenschaft entwickeln. Die Druckerpresse, das Schießpulver, die mechanische Uhr.der Kompaß, das Wasserrad oder das Fließband waren zunächst rein technische Erfindungen, die dennoch revolutionäre politische, soziale und ökonomische Konsequenzen hatten. Das gleiche gilt für die frühe Entwicklung der Schifffahrt.des internationalen Handels und des Bergbaus.der riesigen Bewässerungssysteme sogenannter „hydraulischer Kulturen“ oder urbaner und staatlicher Infrastrukturen. Inwieweit die wissenschaftliche Revolution der Neuzeit die technologische Entwicklung oder die Industrialisierung gefördert hat oder gar unabdingbar für sie war. wird unter Historikern noch immer kontrovers diskutiert. Sicher ist jedenfalls, daß von einer linearen Koppelung keine Rede sein kann und daß viele industriell bedeutsame Erfindungen keineswegs auf der Anwendung der neuesten physikalischen oder chemischen Prinzipien beruhten. Die Praxis erweist sich zuweilen als äußerst konservativ und tendiert eher zum Festhalten an bewährten Methoden als zur nicht durch Not bedingten Einführung neuer. Dies ist keineswegs irrational. Es ist billiger, eine neue aber falsche Theorie aufzugeben, als einen Betrieb durch Einführung einer neuen aber verfehlten Technologie in den wirtschaftlichen Ruin zu treiben. So war die Dampfmaschine noch hundert Jahre nach ihrer Erfindung nur unter spezifischen Bedingungen (etwa in Gebieten mit sehr billiger Kohle) mit herkömmlichen Energiequellen konkurrenzfähig. Das im 17. Jahrhundert von der Royal Society formulierte Programm einer wissenschaftlichen Fundierung zukünftiger technologischer und industrieller Entwicklung ist erst ab dem 19. Jahrhundert auf mehr und mehr Teilbereichen Wirklichkeit geworden — ohne die im utilitaristischen Wissenschaftsprogramm beabsichtigte vollständige Verschmelzung erreichen zu können. Zweifellos ist die Entwicklung moderner Schlüsseltechnologien nur auf der Basis der modernen Naturwissenschaft möglich. Wie groß jedoch der Anteil des handwerklichen und produktionstechnischen „Know-how“, also der wissenschaftsunabhängigen Konstruktions-und Erfindungskunst an der Entwicklung dieser Technologien in Wirklichkeit ist. wurde bisher nicht untersucht. Daß er beträchtlich ist. ergibt sich jedoch aus der qualitativen Beobachtung, daß gleiche Chancen der Verfügung über die Ergebnisse der Grundlagenforschung keineswegs gleiche Chancen bei der technologischen Umsetzung dieser Ergebnisse bedingen. Erinnert sei nur an die Schwierigkeiten deutscher Firmen wie Siemens bei der Megachip-Produktion. Die oben angeführte Feststellung der National Academy of Science, die Kommunikation von Ergebnissen der Grundlagenforschung stelle kein Risiko für die Nationale Sicherheit der USA dar. geht auf eben jene Einsicht zurück.

Bacons Hypothese, daß nur eine nach Nützlichkeitsgesichtspunkten verfahrende Wissenschaft optimale Resultate hervorbringen könne, wird von der Wissenschaftsgeschichte falsifiziert. Weder die Kosmologien der Vorsokratiker, die aristotelische Physik, die ptolemäische Astronomie oder die euklidische Geometrie, noch die kopernikanische Astronomie, die Galileische Physik, die Maxwellsehe Elektrodynamik oder die Relativitäts-und Quantentheorie verdanken ihre Entstehung irgendwelchen praktischen Nützlichkeitserwägungen. Die Astronomie ist spätestens seit der Entwicklung der Atomuhren, die Kosmologie von Anfang an ohne jeglichen praktischen Nutzen — ohne daß dies ihre Entwicklung in sichtbarer Weise gehemmt hätte. Andererseits ist ein praktisch nützliches und mit Milliardenbeträgen gefördertes Projekt wie das amerikanische Krebsbekämpfungsprogramm in Ermangelung einer korrekten Theorie der Krebsgenese ohne durchschlagenden Erfolg geblieben. Offenbar ist eine nur nach Nützlichkeitsgesichtspunkten verfahrende Wissenschaft nicht besonders effektiv. wenn nicht — wie im Falle der Atombombe oder des Apollo-Programms — bestimmte theoretische Voraussetzungen für die Initiierung eines zielorientierten Forschungsprogramms bereits vorliegen. Diese theoretischen Voraussetzungen sind wiederum indifferent gegenüber möglichen Formen ihrer Anwendung. Es gibt nur eine korrekte Physik des Atomkerns — nicht eine für die Bombe, eine andere für Reaktoren, eine dritte für die Medizin und eine vierte für die Umwelt.

Es gibt jedoch noch einen weiteren Unterschied zwischen Wissenschaft und Technologie. Die wissenschaftliche Konstruktion von Ursachen. Gesetzen und Strukturen bleibt ebenso wie die Suche nach relevanten Tatsachen stets im hypothetischen Bereich. Dagegen schafft Technologie vollkommen neue, unter Umständen unerwünschte reale Strukturen und Tatbestände, die nicht wie Hypothesen in einfacher Weise durch bessere Alternativen zu ersetzen sind. Bei einiger Vereinfachung könnte man sagen: Wissenschaftlicher Wandel verändert unmittelbar nur das Denken über die Welt, technischer Wandel verändert die Welt selbst.

Auf der Grundlage dieser Überlegungen hat es zunächst den Anschein, als sei eine klare Trennung zwischen Wissenschaft und Technologie möglich. Daß dieser Eindruck falsch ist. liegt an vier Sachverhalten: — Wissenschaft benötigt heute zu ihrer Entwicklung selbst hochgezüchtete technische Systeme wie Elementarteilchen-Beschleuniger. Weltraumteleskope. Höchstleistungscomputer, gentechnische Labors, durch die eine sich ausweitende „Grauzone“ zwischen Wissenschaft und Technologie entsteht. Wie Martin Harwit am Beispiel der Astronomie feststellte, sind Innovationen in vielen Fällen an die Einführung neuer oder besserer Instrumente gekoppelt — Es gibt Forschungsbereiche, in denen der Erkenntnisfortschritt an die Produktion neuer komplexer Systeme, neuer chemischer Substanzen, neuer Elemente oder Elementarteilchen oder neuer biologischer Organismen gebunden ist. die an sich bereits als technische Veränderungen der Welt zu betrachten sind. Wie die negative Utopie des aus einem gentechnologischen Labor entkommenen „Killervirus“ belegt, können solche Veränderungen im Extremfall von recht einschneidender Natur sein. — Viele wissenschaftliche Untersuchungen sind auf den Einsatz reaktiver Verfahren angewiesen, die in gravierender Weise in den Lebensprozeß von Individuen. Gruppen oder der Gesamtheit eingreifen können. Dies gilt für einen Teil der medizinischen, biologischen und psychologischen Forschung, aber auch für viele soziologische Meß-und Erhebungsmethoden. — Auch rein theoretische Produkte der Grundlagenforschung können soziale und politische Konsequenzen haben und sie damit in Konflikt mit dem politischen System bringen. Obwohl theoretische Innovationen reversibel sind, brauchen externe Wirkungen dieser Innovationen dies nicht zu sein. An vielen Beispielen ließe sich zeigen, wie neue Ideen, sind sie einmal ausgesprochen und verbreitet. plötzlich ihre eigene, durch den Urheber nicht mehr steuerbare Dynamik entwickeln.

Der Versuch, durch eine Trennung von Wissenschaft und Technologie einen politikfreien Raum auszugrenzen, in dem sich Wissenschaft autonom, ihren eigenen Regeln folgend zu entwickeln vermag. ist daher unter den heutigen Bedingungen als mißlungen zu betrachten.

V. Wissenschaft und Trans-Wissenschaft

Die bisherige politische Entscheidungspraxis war das Ergebnis einer Arbeitsteilung. Danach war es Sache der Wissenschaft, die Risiken technologi-scher, ökonomischer oder infrastruktureller Entwicklungen oder Eingriffe zu bewerten, die Schädlichkeit chemischer Stoffe festzustellen, sowie die Unsicherheitsspielräume dieser Bewertung abzuschätzen. Aufgabe der Politik war es. über die Tragbarkeit dieser oder jener Risiken, die Unbedenk-lichkeit dieser oder jener Schadstoffbelastung, die Spielräume von Forschung am Menschen oder die rechtlichen Konsequenzen des Forschungshandelns zu entscheiden.

Obwohl diese Unterscheidung von Risikobewertung und Risikomanagement hinreichend klar erscheint. ist sie zur Abgrenzung der Sphären von Politik und Wissenschaft untauglich. Wie eine nähere Analyse zeigt, sind auch Wahrnehmung. Selektion und Gewichtung von Risiken und Gefährdungen weniger von der Gefährlichkeit entsprechender Stoffe. Objekte und Situationen als von ihrer sozial-kognitiven Wertigkeit und ihrer Eignung zur Stützung anderer Ziele und Bewertungen abhängig. Die heute als dominant wahrgenommenen und im Zentrum des politischen Konflikts stehenden Risiken sind zu bekannt, um einer Aufzählung zu bedürfen. Doch „objektiv“ fallen dem Alkohol und dem Tabakrauchen vielleicht mehr Menschen zum Opfer als allen „Umweltgiften“ zusammengenommen. „Objektiv“ verursacht die Vorstellung. gebräunte Haut sei schön, attraktiv und ein Merkmal von Gesundheit, vielleicht mehr Fälle von Hautkrebs als die durch alle existierenden Kernreaktoren und alle bisherigen Kernwaffentests freigesetzte Radioaktivität. „Objektiv“ ist die Gefahr, in einem Verkehrs-oder Haushaltsunfall getötet oder verletzt zu werden, vielleicht größer als die Gefahr einer Vergiftung durch chemische Rückstände in Lebensmitteln. Dennoch gibt es keine publikumswirksamen Bürgerinitiativen oder gar Massenbewegungen — gegen den Alkohol, seine Produzenten und die an den Einnahmen beteiligten Steuerbehörden. — gegen Sonnenbaden. Urlaub im Hochgebirge.

Fliegen in Höhen über 2 000 Meter. Bräunungsstudios. Höhensonnen und die damit verdienende Industrie.

— gegen das Rauchen und die Tabakwarenindustrie. — gegen das Auto, das Motorrad und die entsprechenden Fahrzeughersteller.

— oder gegen das Putzen hoher Fenster und die Hersteller unsicherer Stehleitern.

Die genannten Risiken sind „sozial akzeptabel“, sie finden keine politischen oder wirtschaftlichen Gruppierungen, die sich im Namen dieser oder jener Ethik, dieser oder jener Religion, dieser oder jener Ideologie, oder einfach „im Interesse der Natur“ zu Anwälten der durch sie Gefährdeten ernennen, um auf diese Weise gegen andere Gruppierungen politisch antreten zu können. Douglas und Wildavsky formulieren es so: „The perception of risk is a social process ... To alter risk selection and risk perception. then. would depend on changing the social Organization.“

Doch nicht nur die Wahrnehmung von Risiken, auch die Wahrnehmung und Gewichtung von Chan-cen unterliegt sozialer Selektion auf der Grundlage unterschiedlicher kognitiver Landkarten. Hinter den großen Zukunftsprojekten der Breitbandverkabelung.der Produktion von Computern mit humanoiden menschlichem Denken ähnlichen kognitiven Funktionen, des Fusionsreaktors, der industriellen Nutzung der Meere und des erdnahen Weltraums oder der biotechnologischen Umgestaltung der irdischen Flora und Fauna im Sinne besserer wirtschaftlicher Verwertbarkeit stehen nicht nur industrielle Interessen, sondern vor allem auch Entwürfe und Projektionen einer zugleich praktikablen und wünschenswerten Zukunftsgesellschaft. Das gleiche gilt mutatis mutandis natürlich auch für diejenigen. die sich für eine der vielen Formen alternativer Lebensweise entschieden haben.

Der soziale Charakter der Wahrnehmung von Risiko und Chance hat nicht nur ideologische, sondern auch epistemische Ursachen. Alvin Weinberg zeigte an mehreren Beispielen, daß es Fragen der Risikobewertung und der Folgenabschätzung gibt, die aufgrund ihrer prinzipiellen oder aktuellen wissenschaftlichen Nichtentscheidbarkeit in einen Bereich zwischen Wissenschaft und Politik fallen — einen Bereich, den er als Trans-Wissenschaft bezeichnet. Hierzu gehören Schätzungen der biologische Effekte extrem niedriger Strahlungsdosen, der Wahrscheinlichkeit von Kernkraftwerkunfällen, der Sicherheit von Bauwerken, der ökonomischen Folgen bestimmter wirtschaftspolitischer Maßnahmen oder der sozialen Konsequenzen neuer Gesetze. infrastruktureller Veränderungen oder des technologischen Fortschritts. Gute Indikatoren für den transwissenschaftlichen Charakter dieser Fragen sind divergierende Meinungen der Experten und die Forderung der Öffentlichkeit nach Beteiligung an der Planung und Entscheidung. Wie ein Essay von Jasanoff zeigt reagieren gesetzgebende Behörden in den USA in solchen wie auch in anderen durch divergierende Expertisen gekennzeichneten Situationen durch eigene Rekonstruktionen der wissenschaftlichen Evidenz und durch Bewertung von Konflikten und Unsicherheiten im Lichte früherer Erfahrungen. Damit kommen sie sowohl ihrem verfassungsmäßigen Auftrag nach rationaler Begründung von Entscheidungen als auch ihrer tatsächlichen Verantwortung nach. Obwohl die Empfindungen der Wissenschaftler in dieser Frage zwiespältig sein mögen, ist diese Regelung für die Wissenschaft von Vorteil. Sie trägt der epistemologischen Situation der Wissenschaft und somit auf lange Sicht auch ihrem Interesse an Autonomie besser Rechnung als eine Übertragung der Verantwortung für Entscheidungen transwissenschaftlichen Charakters auf sie.

Bei genauerer Betrachtung zeigt sich allerdings, daß der transwissenschaftliche Bereich dazu tendiert. immer tiefer in das Gebiet der Wissenschaft vorzudringen. So könnte man fragen, ob nicht Pro-bleme der Forschungsplanung, der Setzung von Forschungsprioritäten oder der technischen Ausstattung der Forschung ebenfalls in diese Kategorie gehören. Weiterhin läßt sich nicht bestreiten, daß die von der Wissenschaft in Anspruch genommene Freiheit zur Wahl dieser oder jener Probleme und zur Entscheidung für diese und gegen jene Theorie vielfach zu Konflikten mit anderen gesellschaftlich verwurzelten Wertsystemen geführt hat. Ein solcher Konflikt ist selbst dann möglich, wenn die Diskussion im rein akademischen Bereich verbleibt. Walter Lippmann nannte Wirkungen dieser Art „The external effects of the behavior of the insiders“. Da Theorien niemals endgültig beweisbar sind, hat ein solcher Konflikt im Sinne Weinbergs transwissenschaftlichen Charakter. Die Zerstörung sozialer und religiöser Dogmen durch die Sophistik im Athen des 5. Jahrhunderts v. Chr., Galileis Angriff auf das geozentrische Weltbild des Mittelalters. Darwins Widerlegung der Annahme einer bevorzugten Stellung des Menschen innerhalb der belebten Natur, die Marxsche Behauptung der ökonomischen Bestimmtheit des Denkens oder die heutigen Biowissenschaften sind nur wenige Beispiele aus einer reichhaltigen Palette theoretischer Innovationen. die mit sozial verwurzelten Wertsystemen in Konflikt gerieten und somit im Sinne moderner Wissenschaftskritik nicht sozial-verträglich waren.

Dieser transwissenschaftliche Konflikt zwischen Tradition und kognitiver Innovation ist also weder neu noch allgemeingültig lösbar. Er ist in der Tat eine der Ursachen jener „autokatalytischen“, „dissipativen“ Prozesse, die die Entwicklung sozialer Systeme mit ihren unvermeidbaren Friktionen. Reibungsverlusten und Brüchen auf ein Niveau höherer Komplexität vorantreiben. Angesichts dieser „Kosten“ kognitiver Evolution und in Erfüllung seiner integrativen Aufgabe ist jeder Staat frei in seiner Entscheidung für oder gegen die Aufnahme dieser oder jener Ideen in die Lehrpläne seiner Schulen, für oder gegen den Bau von VLA-Radioteleskopen oder Protonensynchroton-Ringen, für oder gegen die Zulassung von Genmanipulationen in großtechnischem Maßstab, für oder gegen die Initiierung von Programmen zur Nutzung alternativer Energien. Zur Humanisierung der Arbeit oder zur Förderung von Techniken transzendentaler Meditation. Dies sind Entscheidungen der demokratisch gewählten Gremien und der von ihnen beauftragten ausführenden Organe, die nach Abwägung aller damit verbundenen Folgekosten und -chancen zu treffen sind; es sind keine Entscheidungen im unmittelbaren Verantwortlichkeits-und Zuständigkeitsbereich der Wissenschaft — auch dann nicht, wenn die politikberatenden Experten über die Nützlichkeit. Machbarkeit oder Risikolosigkeit eines zielorientierten Forschungsprogramms Einigkeit erzielen sollten. Sie stellen keine Eingriffe in Methodologie und Ethos autonomer Wissenschaft dar.

Daß der Anspruch der Politik auf Regulierung des transwissenschaftlichen Bereichs jedoch auch zu direkteren Formen der Beschneidung von Forschungsinhalten oder gar zur Erzwingung punktueller Forschungsabstinenz führen könnte, zeigen neuere Beispiele. In der vorliegenden Literatur werden für angeblich „sozialschädliche“ und damit im wohl-oder mißverstandenen Interesse der Öffentlichkeit zu verhindernder Forschungen die Untersuchung des Alterns von Organismen, das SETI(= Search for Extra-Terrestrial Intelligence) Programm. die Intelligenz-Forschung und die Genforschung angeführt. Wir wollen hier davon absehen, was es bedeuten könnte, wenn ein Staat die Absicht auf Verhinderung bestimmter Forschungen wirklich in die Tat umsetzen wollte. In der Regel argumentieren selbst Wissenschaftskritiker nicht für eine Kontrolle der Forschung durch eine Gedankenpolizei. sondern eher für eine Steuerung über Forschungsmittei oder den Entzug von Instrumenten. Bei Berücksichtigung der Fragilität von institutionellen Konstruktionen wie der wissenschaftlichen Selbstverwaltung, der Verschiebbarkeit der Forschungsförderung von indirekten zu direkten Formen oder der faktischen Abschnürbarkeit ungebundener universitärer Forschung durch Überhäufung des wissenschaftlichen Personals mit Lehrverpflichtungen können selbst diese Formen des Eingriffs noch einschneidend genug sein. Dennoch würden sie vermutlich ohne Erfolg bleiben. Wenn in einem System internationalen Wettbewerbs die wirtschaftliche Ausbeutung einer bestimmten Idee Erfolg verspricht, wird sich früher oder später ein Anbieter finden, der die Marktlücke erkennt — und sei es nur darum, weil man es sich, wie die beiden US-Patentanwälte Miller und Tramposch es formulierten, bei einem Handelsbilanzdefizit von 170 Milliarden Dollar nicht leisten könne, ein Geschäft wie das mit genetisch genormten Nutztieren einfach in den Wind zu schlagen (Spiegel 19 [1987], S. 256).

Nicht die Praktikabilität der von einigen geforderten Kontrolle der Forschung in Staaten mit vielfältigen Möglichkeiten der Finanzierung und unter den Bedingungen internationaler Konkurrenz soll hier interessieren, sondern ihre Chance, das gesteckte Ziel der Verhinderung bestimmter theoretischer Innovationen im nationalen Rahmen nach demokratischen Spielregeln über die Steuerung von Forschungsmitteln oder die Verrechtlichung des Forschungshandelns zu erreichen. Vor dem Hintergrund der Wissenschaftsgeschichte ist die Antwort auf diese Frage relativ einfach. Ob ein Durchbruch in der Altersforschung unbedingt vom National Institute of Ageing Research ausgehen muß oder vielleicht aus ganz anderer Richtung (z. B. aus der Gen-oder Pflanzenforschung) kommen wird, ist völlig ungewiß. Ähnliches gilt für das SETI-Programm. das Problem des Zusammenhangs zwischen Rasse, sozialer Schicht und IQ und auch für die Genforschung. In allen genannten Fällen gilt, daß der Charakter möglicher Innovationen und ihre Folgen vom gegenwärtigen Wissensstand her kaum antizipierbar sind. Innovationen kommen keineswegs immer aus jenen Ecken, in denen die Institute der Big Science angesiedelt sind, sondern ebenso häufig aus Richtungen, wo sie niemand vermutet hatte. Die entgegengesetzte Annahme unterläge, wie der Biologe Baltimore zu Recht ausführt, dem „Error of Futurism“

Zur Bestärkung dieser Behauptung könnte man die Ergebnisse einer von Martin Harwit durchgeführten Studie über Innovationen in der Astronomie anführen. Harwit stellte fest, daß etwa die Hälfte aller fundamentalen Innovationen in der Astronomie unbeabsichtigte Folge einer auf andere Ziele gerichteten Arbeit waren. Gleichfalls die Hälfte aller Innovationen stammte nicht von Astronomen, sondern von Physikern. Chemikern. Ingenieuren, Meteorologen. Gegen die Idee einer steuerbaren Forschung spricht auch, daß von den astronomischen und astrophysikalischen Innovationen der letzten 25 Jahre keine von den großen nationalen Forschungszentren der USA kam. Wie Harwit feststellte. gingen „Entdeckungen neuer Phänomene eher aus Projekten hervor, die von ein oder zwei einzelnen Forschern betrieben werden.“

Diese Beobachtungen deuten darauf hin. daß unerwünschte wissenschaftliche Ideen und Innovationen in der Grundlagenforschung durch selektive Förderung von Wissenschaft nicht mit Sicherheit verhindert werden können. Allenfalls die globale Beschneidung der staatlichen Wissenschaftsförderung hätte vermutlich eine gewisse Verzögerungswirkung — aber auch dies nur dann, wenn nicht andere Geldgeber wie Wirtschaft, internationale Organisationen oder Stiftungen an die Stelle des Staates träten. Michael Polanyi kommt aufgrund seiner Überlegungen zur Struktur des Forschungsprozesses zu dem Schluß: „You can kill or mutulate the advance of Science, you cannot shape it.“ Im Gegensatz zur angewandten Forschung scheint die soziale Struktur der Grundlagenforschung mehr Cartesische (unberechenbare, personalistische, elitäre. charismatische) als Baconsche (methodische, demokratische, kooperative, berechenbare) Elemente im Sinne Haberers zu verkörpern.

Dafür spricht auch, daß alle seit Ende des Zweiten Weltkrieges für die physikalische Großforschung ausgegebenen Giga-Dollar. Giga-Mark und Giga-Rubel keine neue Revolution in den Grundlagen der Physik erzwingen konnten, obwohl sie unter Umständen zur Beschaffung der experimentellen Basis eines zukünftigen Umbruchs beigetragen haben. Die beiden letzten grundlegenden Revolutionen in der Physik, die Entwicklung der Relativitätstheorie und der Quantentheorie, waren Small-Science-Revolutionen. und sie liegen bereits über ein halbes Jahrhundert zurück. Es ist keineswegs auszuschließen und im Licht der Wissenschaftsgeschichte nicht einmal unwahrscheinlich, daß die von Stephen Toulmin am Ende seines Essays über die historischen Hintergründe der antiwissenschaftlichen Bewegung formulierten Sätze von der Realität eingeholt werden. Sie lauten: „The next major advances in scientific thought may well be going to come, not from any generously-funded . research project'. but — as they have so often done before — from the late 20th-century counterpart of a country house in Kent, or the Swiss Patent Office, or a monastery in Bohemia.“

Fussnoten

Fußnoten

  1. Vgl. die Arbeiten in Oskar Schatz (Hrsg.). Brauchen wir eine andere Wissenschaft. Graz u. a. 1981.

  2. Zum Beispiel Erich Jäntsch. Frederic Vester. Fritjof Capra. Theodore Roszak. Lewis Mumford. Herbert Pietschmann.

  3. Wie Manfred Eigen. Hermann Haken. Ilja Prigogine. Humberto Maturana. David Bohm.

  4. So Jenö Kurucz. in: Ideologie. Betrug und naturwissenschaftliche Erkenntnis. Saarbrücken 1986.

  5. Meyer-Abich (Anm. 1). S. 224. 226

  6. Joseph Haberer. Politics and the Community of Science. London u. a. 1969. S. 36. 47.

  7. Erwin Chargaff. Schwere Alternativen, in: Schatz (Anm. 3). S. 33.

  8. Vgl. D. P. Peters/S. J. Cecci. Peer Commentary on Peer Review, in: The Behavioral and Brain Science. 5 (1982).

  9. Thomas Gieryn. Boundary Work and the Demarcation of Science from Non-Science, in: American Sociological Review. 1983. S. 790.

  10. So James C. Gaa. Moral Autonomy and the Rationality of Science, in: Philosophy of Science. 1977. S. 522. 516.

  11. Alvin Weinberg. Science and Trans-Science, in: Minerva. 10 (1972).

  12. Martin Harwit. Die Entdeckung des Kosmos. München 1983.

  13. Mary Douglas/Aaron Wildavsky. Risk and Culture. Berkeley 1982. S. 6. 9.

  14. Sheila S. Jasanoff. Contested Boundaries in Policy-Relevant Science, in: Social Studies of Science. 17 (1987). S. 195 ff.

  15. Walter Lippmann. The Phantom Public. New York 1925. S. 144-145.

  16. Vgl. David Baltimore. Limiting Science: A Biologist’s Perspective, in: Holton/Morison (Eds.). Limits of Scientific Inquiry. New York 1979. S. 42.

  17. Harwit (Anm. 14). S. 319.

  18. Michael Polanyi. The Republic of Science, in: Minerva. I (1962). S. 62.

  19. Stephen Toulmin. The Historical Background to the Anti-Science Movement. in: Ciba-Foundation Symposium I. Civilization and Science. Amsterdam 1973. S. 32.

Weitere Inhalte

Klaus Fischer. Dr. phil. habil., geb. 1949; Wissenschaftlicher Angestellter an der Technischen Universität Berlin; Studium der Soziologie. Wissenschaftsgeschichte und Wissenschaftslehre in Marburg und Mannheim; zur Zeit am Zentrum für Antisemitismusforschung der Technischen Universität Berlin als Bearbeiter eines Forschungsprojektes zur Wirkungsgeschichte der deutschsprachigen wissenschaftlichen Emigration nach 1933. Veröffentlichungen u. a.; Kritik der marxistischen Wissenschaftstheorie. Greven 19792; Konventionalismus oder Realismus?. Greven 1980; Galileo Galilei. München 1983 (und Barcelona 1986); Kognitive Grundlagen der Soziologie. Berlin 1987. sowie zahlreiche Aufsätze zur Wissenschaftstheorie. Wissens-soziologie. Wissenschaftsgeschichte und zur Struktur und Dynamik kognitiver Systeme.