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Die Krise der Deutschen Kommunistischen Partei | APuZ 46-47/1990 | bpb.de

Archiv Ausgaben ab 1953

APuZ 46-47/1990 Extremismus und Populismus von rechts Ein Vergleich auf europäischer Ebene Extrem rechtes Potential in den Ländern der Europäischen Gemeinschaft Die Krise der Deutschen Kommunistischen Partei Krisen und Anpassungsstrategien der kommunistischen Strömungen in der Bundesrepublik Deutschland und der ehemaligen DDR Der Verfall der Roten Armee Fraktion

Die Krise der Deutschen Kommunistischen Partei

Manfred Wilke

/ 30 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Die DKP wurde 1968 gegründet und trat organisatorisch, personell und ideologisch die Nachfolge der 1956 vom Bundesverfassungsgericht verbotenen Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) an. Die DKP in der Bundesrepublik war vor dem 9. November 1989 eine von drei kommunistischen Parteien in Gesamt-deutschland. „Bruderparteien“ waren die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED), die diktatorische Staatspartei der ehemaligen DDR, und die Sozialistische Einheitspartei Westberlins (SEW). Seit 1987 befindet sich die DKP in einer Parteikrise. Nicht zuletzt wurde sie ausgelöst durch die Politik der KPdSU unter Generalsekretär Michail Gorbatschow. Bis zum Schluß versuchte die SED, die von. ihr totalitär beherrschte DDR von den Veränderungen in Osteuropa abzuschotten. Historisch kann die DKP-Krise nur als ein Randphänomen des Zusammenbruchs der SED-Diktatur gewertet werden, aber sie ging dieser Zäsur der deutschen Nachkriegsgeschichte voraus. Gestritten wurde in der DKP um das sozialistische Ziel, um die Revision der leninistisch-stalinistischen Parteikonzeption, um die Last der Geschichte, und es wurde die Auflösung der DKP in einer linken Strömungspartei gefordert. Die Diskussionen nahmen inhaltlich viel von dem vorweg, womit sich die SED-Reformer erst nach dem Ende der SED-Diktatur in der DDR auseinandersetzen mußten. Somit war die Parteikrise der DKP gewissermaßen ein abgegrenzter „Laborversuch“, in dem es um die — mißlungene — Transformation der DKP in eine moderne sozialistische Partei nach dem Ende der kommunistischen Weltbewegung ging. Darin liegt die Bedeutung des Vorgangs. Er hilft, die von allen Beteiligten unerwartete Lähmung der SED in der Endphase ihrer diktatorischen Herrschaft ebenso zu verstehen, wie die Metamorphose der SED zur PDS — der „Partei des Demokratischen Sozialismus“.

I. Die DKP: Eine von drei kommunistischen Parteien in Deutschland

Die DKP wurde 1968 gegründet und trat organisatorisch, personell und ideologisch die Nachfolge der 1956 vom Bundesverfassungsgericht verbotenen Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) an. Die DKP in der Bundesrepublik war vor dem 9. November 1989 eine von drei kommunistischen Parteien in Gesamtdeutschland. „Bruderparteien“ waren die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED), die diktatorische Staatspartei der ehemaligen DDR, und die Sozialistische Einheitspartei Westberlins (SEW).

Die DKP als „orthodoxe“ Kommunistische Partei unterschied sich von anderen sozialistischen Strömungen durch folgende Merkmale:

1. Sie bekannte sich zum Marxismus-Leninismus als der einzig „wissenschaftlichen“ Weltanschauung. 2. Sie erhob einen diktatorischen Führungsanspruch in Staat und Gesellschaft. 3. Sie verstand sich als Teil der von der KPdSU geführten Kommunistischen Weltbewegung. 4. Sie sah im „Land Lenins“ das gültige Modell für den Aufbau einer sozialistischen Gesellschaft.

Zugleich war die Sowjetunion das Machtzentrum des sozialistischen Lagers, dem weltweit der von den USA geführte Imperialismus gegenüberstand.

Das Attribut „moskauhörig“, mit dem die DKP von ihren Gegnern etikettiert wurde, ertrugen ihre Mitglieder mit einem gewissen Stolz. Hieß es doch in ihrem Parteiprogramm: „Die DKP sieht — getreu dem Vermächtnis Emst Thälmanns — die Haltung zur Sowjetunion als entscheidenden Prüfstein für jeden Kommunisten an, für seine Treue zur Sache der revolutionären Arbeiterbewegung. Sie erzieht ihre Mitglieder beständig im Geist fester Freundschaft zur Sowjetunion.“

Die Existenz dreier kommunistischer Parteien in Deutschland war Ausdruck der Spaltung des Landes nach 1945. Die Kommunisten waren nach den Ostverträgen 1972 fundamentalistische Anwälte der Dreistaatlichkeit (betrachteten also in Überein-stimmung mit der SED West-Berlin als selbständige politische Einheit) und der DDR-Anerkennung. Die SED war für DKP und SEW ganz selbstverständlich die „führende“ Partei. Auf der Ebene der Parteibeziehungen war das Bekenntnis zur deutschen Zweistaatlichkeit taktischer Natur. Für die Kommunisten blieb die DDR bis zum Fall der Mauer der sozialistische Kernstaat in Deutschland Die Abhängigkeit der DKP von der SED wurde nicht nur beim Zusammenbruch der SED-Diktatur 1989 sichtbar, sie bestand von Anfang an. Wilhelm Mensing hat in seiner Studie über die Gründung der DKP 1968 nachgewiesen, wie unlösbar die Relegalisierung der bundesdeutschen Kommunisten verknüpft war mit der Vorbereitung der sozialdemokratischen Ostpolitik. Immerhin ging der Neugründung einer kommunistischen Partei für die Bundesrepublik am 4. Juli 1968 ein Gespräch zwischen dem damaligen Bundesjustizminister Gustav Heinemann und seinem Staatssekretär Horst Ehmke mit zwei führenden KPD-Funktionären voraus

Seit 1987 befand sich die DKP in einer Parteikrise. Vereinfacht gesagt, wurde sie ausgelöst durch die Politik der KPdSU unter Generalsekretär Michail Gorbatschow. Die Erosion des Ostblocks beschleunigte sich seit 1985. Nur in der DDR herrschte Ruhe. Die SED versuchte, ihr Land vor diesem „Tauwetter“ abzuschotten. Historisch kann die DKP-Krise nur als ein Randphänomen des Zusammenbruchs der SED-Diktatur gewertet werden, aber sie ging dieser Zäsur der deutschen Nach-kriegsgeschichte voraus. Gestritten wurde in der DKP um das sozialistische Ziel, um die Revision der leninistisch-stalinistischen Parteikonzeption, um. die Last der Geschichte, und es wurde die Auflösung der DKP in einer linken Strömungspartei gefordert. Die Diskussionen nahmen inhaltlich viel von dem vorweg, womit sich die SED-Reformer erst nach dem Ende der SED-Diktatur in der DDR auseinandersetzen mußten. Somit war die Partei-krise der DKP gewissermaßen ein abgegrenzter „Laborversuch“, in dem es um die Transformation der DKP in eine moderne sozialistische Partei nach dem Ende der kommunistischen Weltbewegung ging. Darin liegt die Bedeutung des Vorgangs. Er hilft uns, die von allen Beteiligten unerwartete Lähmung der SED in der Endphase ihrer diktatorischen Herrschaft ebenso zu verstehen, wie die Metamorphose der SED zur PDS — der „Partei des demokratischen Sozialismus“

II. 1988: Bilanz nach 20 Jahren

Im Jahre 1988 bestand die DKP 20 Jahre. Jubiläen wurden in kommunistischen Parteien mit Selbstverpflichtungen der Mitglieder und repräsentativen Festveranstaltungen begangen. 1988 war dazu wenig Anlaß, die DKP verlor Mitglieder, ihre Neben-organisationen wie die Sozialistische Deutsche Arbeiteijugend (SDAJ) und der Marxistische Studentenbund Spartakus (MSB) halbierten sich in ihrem Mitgliederbestand. All diese Vorkommnisse rechtfertigten aber noch nicht den Begriff Parteikrise. Der war nur dann statthaft in der offiziellen Begriffsnomenklatur, wenn die Gefahr der Spaltung bestand. Daran hatte das DKP-Präsidium im September 1987 sein Hamburger Bezirkssekretariat erinnert, als dieses in einem internen Rundschreiben vom „krisenhaften Zustand“ der eigenen Partei sprach und dessen Symptome auflistete: die Apathie vieler Mitglieder, die „Zunahme von Austritten oder Streichungen oft langjähriger Mitglieder“, eine „Orientierungslosigkeit über unsere nächsten Aufgaben“ und die große „Verunsicherung über den Umgang unserer Partei mit den tiefgreifenden Veränderungen in der Sowjetunion“. All das mündet bei den Mitgliedern in „Unlust und Unzufriedenheit“, und „die Identifikation mit der Politik der Partei geht zurück; es gibt einen individuellen Rückzug von Aktiven oder eine Verlagerung von Aktivitäten aus der Partei heraus . . . Viele Genossinnen und Genossen haben, zusammengefaßt, den Eindruck, man könne weder mit noch in unserer Partei etwas bewegen.“

Die Hamburger DKP-Führung versuchte, diese vernichtende Bilanz dadurch zu relativieren, daß sie zur Erklärung objektive Gründe heranzog: „Die Veränderungen in Struktur und Lebensweise der Arbeiterklasse“ etwa und außerdem sei die DKP „als revolutionäre Partei weit entfernt . . . von einer revolutionären Situation. Das, was uns von allen anderen politischen Strömungen grundlegend unterscheidet — unser sozialistisches Ziel —, ist -----------------I heute erst für eine kleine Minderheit attraktiv, und umgekehrt: In wichtigen Fragen der Tagespolitik haben wir unsere Exklusivität verloren (früher , typisch kommunistische* Forderungen vertreten heute auch andere) und sind zum Teil neue Themen von anderen besetzt worden. Damit sind uns nicht nur neue Partner erwachsen, sondern vornehmlich in Gestalt der Grünen auch neue Konkurrenten.“

Noch 1978 hatte der Parteivorsitzende Herbert Mies die eigene Schwäche durch die Stellvertreter-funktion relativiert, die von der DKP wahrgenommen wurde. In den früheren Jahren stellte sie für Mies jedoch mehr dar als nur „ihre eigene unmittelbare Organisation und Anhängerschaft“. Ihr politisches Gewicht bestimme sich vor allem dadurch, „daß sie in der Bundesrepublik den marxistischen, den revolutionären Teil der Arbeiterbewegung repräsentiert und daß sie damit zugleich auch Teil der kommunistischen Weltbewegung ist, die — mit der Sowjetunion und den anderen sozialistischen Staaten als Kern — die Hauptkraft unserer Epoche darstellt“ Mit solchen Sätzen reduzierte die DKP-Führung die Ursachenforschung für den sektenhaften Zustand der Partei auf das Akzeptanzproblem bei einer Bevölkerung, die ein vom „Antikommunismus“ deformiertes Bewußtsein habe.

Die Hamburger dagegen analysierten 1987 den Zustand der Organisation und wogen ihre Anhängerschaft. Zwischen diesen beiden Selbsteinschätzungen, der von 1978 und der ernüchternden Bestandsaufnahme der Wirklichkeit einer kleinen Partei von 1987, lagen der Machtantritt von Gorbatschow als Generalsekretär der KPdSU 1985 und die damit einhergehenden Veränderungen der sowjetischen Politik.

Die Zustandsbeschreibung der Lage der DKP durch die Hamburger Bezirksfunktionäre war die Voraussetzung für eine innerparteiliche Auseinandersetzung über die Fragen, wie angesichts der sowjetischen Reformpolitik in der Bundesrepublik eine moderne kommunistische Partei aussehen und agieren müsse. Voraussetzung für eine solche Poli-tik war nach Ansicht des Kölner Kreisvorsitzenden Steffen Lehndorff die „völlige Eigenständigkeit und Unabhängigkeit unserer Partei auch von solch großen Schwesterparteien wie der KPdSU, der SED, der FKP und der IKP“, und zwar mit allen Konsequenzen: „Diese Eigenständigkeit schließt die öffentliche Kontroverse um alle für uns wichtigen Fragen ein, in denen es Meinungsverschiedenheiten mit diesen Parteien gibt.“ Gegen ein solches Ansinnen der Partei-Erneuerer unterstrich das Präsidium der DKP 1989 demonstrativ die „prinzipielle kommunistische Solidarität mit der SED“ Die DKP-Funktionäre und Aktivisten fraktionierten sich seit 1987 in „Erneuerer“ und „Orthodoxe“ („Betonfraktion“).

Die „Erneuerer“ in der DKP, die seit 1987 versuchten, ihre Partei zu verändern, waren jüngere Funktionäre, die durch die Politik der Perestrojka und vielleicht mehr noch durch die sowjetische Geschichtsdebatte eine weltanschauliche Orientierungskrise erlebten. Eine neue Generation kommunistischer Funktionäre wurde wieder gezwungen, ihre Utopien und Hoffnungen an den sozialen Fakten des realen Sozialismus zu überprüfen, zumal der Generalsekretär der KPdSU selbst es war, der diese bitteren Wahrheiten aussprach. Der seit Gründung der DKP in ihren Reihen agierende Schriftsteller Peter Schütt formulierte unumwunden das Ziel der opponierenden Parteiaktivisten aus der 68er-Generation: „Ein Wechsel ist fällig, ein Generations-und Personenwechsel in der Führung, in unserer Partei, ein unübersehbares Signal zur Erneuerung unserer eigenen Perestrojka.“ Der Generationskonflikt war ein zentraler Faktor in der Krise der DKP, gehörten doch die Kontrahenten wie der Parteivorsitzende Mies und seine Stellvertreterin Ellen Weber zu den Funktionären der 1951 in der Bundesrepublik verbotenen Freien Deutschen Jugend (FDJ), die auch biographisch aufs engste mit der damaligen SED-Führung verbunden waren. Erich Honecker war Chef der FDJ in der DDR, als Mies Ende 1949 im Zentralbüro der FDJ Westdeutschlands arbeitete, das er von 1953 bis 1956 leitete.

Folgt man der DKP-Sprachregelung über den Gebrauch des Begriffs Krise in einer kommunistischen Partei, so lassen sich Anfang und Abschluß genau bestimmen: Sie begann mit der „Hamburger Erklärung“, die der Parteidebatte nach dem Wahldebakel der „Friedensliste“ 1987 folgte gipfelte im September 1988 in einer eigenen Plattform der Opposition und wurde vorläufig beendet im August 1989.

Damals verweigerte der Parteivorstand die Anerkennung des innerparteilichen Meinungspluralismus, woraufhin 16 Mitglieder zurücktraten und als Opposition ankündigten, über eine Alternative zur DKP nachzudenken Diese Lösung der Partei-krise wurde für beide Fraktionen belanglos, als im Oktober 1989 die Existenzkrise der SED begann.

Namentlich die Politik Gorbatschows hat die Parteikrise der DKP ausgelöst. Die Kontroverse um die Politik der „Perestrojka“ zwischen SED/DKP und der KPdSU ist der Schlüssel für das Verständnis der DKP-Parteikrise.

III. Gorbatschows Vorgaben

Die Tagung des Zentralkomitees der KPdSU am 27. und 28. Januar 1987 „bildete eine Zäsur in der Entwicklung der Sowjetunion unter Michail Gorbatschow“ Der Generalsekretär verknüpfte die Politik der Wirtschaftsreform mit dem Kurs einer umfassenden gesellschaftlichen Erneuerung der So-wjetunion. Boris Meissner schreibt dazu: „Gorbatschow sprach mit Recht von einer , neuen Etappe 1 der Perestrojka. In seinem Bericht am 27. Januar 1987 lag der Schwerpunkt erstmals ganz auf der gesellschaftlichen Erneuerung. Gorbatschow scheute sich nicht, in seiner Rede den Begriff Reform 1 häufiger zu gebrauchen, wobei er weiterhin den revolutionären Charakter der Perestrojka betonte. Mit einer bisher nicht dagewesenen Schärfe setzte er sich mit der Innenpolitik Breschnews, die zu wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Stagnation geführt hätte, auseinander. Er machte dabei auch den Führungsorganen und führenden Kadern der Partei den Vorwurf, versagt zu haben.“

Forderte er im Januar die Demokratisierung der Sowjetunion, so war die Festansprache zum 70. Jahrestag der Oktoberrevolution im November 1987 für Gorbatschow der würdige Anlaß, um das Verhältnis der KPdSU zu den „Bruderparteien 11 neu festzulegen. Er begann mit den Verdiensten der internationalen kommunistischen Bewegung um die Sowjetunion in der Vergangenheit, um dann klarzustellen: alle „Bruderparteien“ seien selbständig und müßten eine eigenverantwortliche Politik betreiben. Gemünzt auf die sozialistischen Staaten Gorbatschow stellte fest: „Wir haben uns überzeugt, daß Einheit keineswegs mit Identität und Uniformität gleich ist. Wir haben uns auch überzeugt, daß der Sozialismus kein , Modell 1 hat, nach dem sich alle richten würden, und auch keines haben kann.“

Den Verzicht auf die These vom Modellcharakter der sowjetischen Entwicklung und die Betonung der Eigenverantwortlichkeit der „Bruderparteien“ unterstrich er mit der apodiktischen Feststellung: „Die Zeiten der Komintern, des Informbüros und selbst die Zeiten der bindenden internationalen Beratungen sind vorbei . . . Alle Parteien sind restlos und unumkehrbar selbständig. Wir sagten das schon auf dem XX. Parteitag. Freilich konnten wir die alten Gewohnheiten nicht sofort ablegen. Jetzt ist das eine unwiderrufliche Gegebenheit.“

Um dem Nachdruck zu verleihen, nahm die KPdSU wieder einmal eine Neubewertung der sozialdemokratischen Parteien und der Sozialistischen Internationale vor; mit ihnen wollte man die verstärkte Zusammenarbeit suchen Demonstrativ kam es aus Anlaß des 70. Jahrestages der Oktoberrevolution in Moskau nicht mehr nur zu einem Treffen mit Vertretern kommunistischer Parteien, sondern die KPdSU konnte neben den bundesdeutschen Grünen viele Vertreter sozialdemokratischer Parteien begrüßen. In seiner Rede vor diesem Treffen verzichtete Gorbatschow öffentlich auf den ideologisch-politischen Führungsanspruch seiner Partei

Gorbatschows Absage an eine am sowjetischen Modell ausgerichtete einheitliche kommunistische Weltbewegung entsprach der Anerkennung der Pluralität, die sich zwischen den Parteien de facto herausgebildet hatte. Sein Bekenntnis zur Vielfalt der Wege zum Sozialismus und zur Reduktion der Ideologie auf ein gemeinsames Wertemuster mußte naturgemäß besonders diejenigen Parteien in ihrem Selbstverständnis treffen, die wie die DKP programmatisch darauf beharrten, mit allen Mitteln die „Einheit und Geschlossenheit der kommunistischen Weltbewegung“ zu festigen

Die nächste Zäsur in Gorbatschows Politik war die vom 28. Juni bis 1. Juli 1988 in Moskau tagende XIX. Unionsparteikonferenz der KPdSU. Nach einer sehr kontroversen Debatte faßte die Konferenz äußerst weitreichende Beschlüsse. Sie betrafen die Trennung der Funktionen der KPdSU von denen des Staates und die Festlegung allgemeiner Wahlen im April 1989 zu einem Kongreß der Volksdeputierten, aus dem heraus dann der Oberste Sowjet gewählt werden sollte. Zutreffend stellte Gorbatschow in seinem Schlußwort fest, daß der Kongreßpalast im Kreml noch nie ein solch „offenes Parteigespräch“ erlebt und „daß es bei uns seit fast 6 Jahrzehnten nichts Ähnliches gegeben hat“ Erst durch die Politik der Perestrojka sei die KPdSU nach Inhalt und Methode wieder „eine Partei leninschen Typs“. Die Zäsur zwischen einer stalinistischen und einer leninschen Partei lag für Gorbatschow in der Methode „des Kommandierens und Befehlens“, von der sich die Partei „unwiderruflich“ trennen müsse

V. SED und DKP-Führung gegen Perestrojka

Nach dem Sturz Honeckers im Oktober 1989 erklärte das kurzzeitige Mitglied des SED-Politbüros, Jochen Willerding daß den sowjetischen Kommunisten von Seiten der SED seit 1985 „unterschwellig das Etikett des Revisionismus bzw. Reformismus angehängt wurde“ Diese Haltung der SED zur Perestrojka läßt sich in ihren theoretischen Auseinandersetzungen mit der Politik der KPdSU in diesen Jahren nachweisen. Das Problem bestand aber für die SED darin, daß sie die Politik der „Bruderpartei“ nicht frontal attackieren konnte, sondern sie mußte selektiv verfahren gegenüber der Umgestaltung im Bereich der Ökonomie einerseits und der Demokratisierung von Partei und Staat andererseits. Dies erlaubte der SED und der ihr folgenden DKP-Spitze nach der zutreffenden Feststellung des zur Parteiopposition zählenden DKP-Funktionärs Wolfgang Gehrcke, die „dogmatische Distanz zum revolutionären Wesen der Perestrojka“ dahin gehend zu äußern, daß sie eine „scheinbar undogmatische Warnung aussprach, , nichts schematisch zu übertragen*, während eben diese schematische Kopie überJahrzehnte der kommunistischen Weltbewegung Realitätsnähe, Glaubwürdigkeit und Wirksamkeit raubte“

1987 sahen SED und DKP noch keinen Handlungsbedarf, ihre Haltung drückte sich in einem Bonmot aus: SED-Politbüromitglied Kurt Hager, als Sekretär des Zentralkomitees zuständig für Ideologie und Kultur, beschrieb die Haltung der SED zur Reformdiskussion in der KPdSU gegenüber dem „Stern“ mit einer Frage: „Würden Sie, nebenbei gesagt, . . . wenn Ihr Nachbar seine Wohnung neu tapeziert, sich verpflichtet fühlen, Ihre Wohnung ebenfalls neu zu tapezieren?“

Aber die Beschlüsse der XIX. Parteikonferenz der KPdSU zwangen die SED zur politischen Reaktion; sie tat dies im Dezember 1988. Entsprechend der selektiven Bewertung der Perestrojka betonte Generalsekretär Erich Honecker, der „Prozeß der Umgestaltung in der Sowjetunion (sei) . . . von großer Bedeutung für die Stärkung des Weltsozialismus und die Sicherung des Friedens“ Aber für seine Partei wäre es nicht neu, „daß es kein für alle sozialistischen Länder geltendes Modell gibt“, und deshalb verfolge die SED ihren eigenen Kurs. Ironisch grenzte er sich von den guten Ratschlägen der „neuen . Freundchen* der Sowjetunion“ aus dem Westen ab, die der SED empfahlen, Gorbatschows Reformkurs zu kopieren. Der konterrevolutionäre Hintersinn all dieser Ratschläge läge darin, daß der SED geraten würde, „in die Anarchie zu marschieren“ Otto Reinhold, Direktorder Akademie für Gesellschaftswissenschaften beim ZK der SED, hob drei Besonderheiten der Lage der DDR hervor, die von der SED berücksichtigt werden müßten: 1) das erreichte Entwicklungsniveau von Gesellschaft und Wirtschaft, 2) die historischen Traditionen des Landes und 3) „die nationale Spezifik durch die Lage der DDR an der Trennlinie zwischen den beiden Gesellschaftssystemen und Militärbündnissen, an der sensibelsten Grenze der Welt“

Mit dieser Form von ideologischer Sprachregelung zur Perestrojka glaubte die SED, sich dem Demokratisierungsdruck entziehen zu können. Die nächsten Monate sollten sie eines besseren belehren. Es begann mit der massenhaften Flucht aus der DDR über Ungarn. Reinhold erklärte im August 1989, warum sich die SED mit einer Politik der Demokratisierung in der DDR so schwer tue: dies sei die nationale Besonderheit der DDR. Polen oder Ungarn waren bereits Nationalstaaten vor „ihrer sozialistischen Umgestaltung . . . ihre Staatlichkeit war daher nicht in erster Linie von der gesellschaftlichen Ordnung abhängig. Anders die DDR. Sie ist nur als antifaschistischer, als sozialistischer Staat, als sozialistische Alternative zur BRD denkbar. Welche Existenzberechtigung sollte eine kapitalistische DDR neben einer kapitalistischen Bundesrepublik haben? Natürlich keine . . . Für ein leichtfertiges Spiel mit dem Sozialismus, mit der sozialistischen Staatsmacht ist da kein Platz.“ Die SED-Führung war somit aus Gründen der eigenen Machtsicherung gegen die Politik der Perestrojka und nicht einfach aus „dogmatischem Altersstarrsinn“ und aus dieser Interessenlage widersetzte sie sich auch einer DKP-Reform.

V. Die Fraktion der „Erneuerer“ in der DKP und ihr Programm

Knapp drei Monate nach der XIX. Unionsparteikonferenz der KPdSU-im September 1988 kam es auf der 13. Parteivorstandstagung der DKP zum Eklat. Sechs „Parteiarbeiter“ aus der Arbeits-gruppe, die einen Entschließungsvorschlag „zur Lage und künftigen Entwicklung der DKP“ für den 9. Parteitag der DKP im Januar 1989 vorbereiteten, legten eine „Minderheitenstellungnahme“ vor. Unterzeichnet war das Papier u. a. vom Bezirksvorsitzenden von Bremen, Dieter Gautier, und dem Kreisvorsitzenden von Köln, Steffen Lehndorff. Die Autoren bezogen sich in ihrer Schrift ausdrücklich auf den Anstoß durch „die sowjetische Perestrojka“.

Herbert Mies mußte öffentlich die Existenz von zwei Strömungen in der DKP konstatieren, grenzte aber sofort die „Strömung“ aus, die sich selbst als „Erneuerer“ bezeichnete. Sie stelle — so Mies — „Grundsätze der Organisation, des Aufbaus und der Struktur einer revolutionären Arbeiterpartei“ in Frage

Die Parteiführung und die „Erneuerer“ waren sich einig, daß sich die Partei in einer Krise befinde und stagniere. Aber eine „Wende“ dieses Zustandes mußte nach Ansicht der „Erneuerer“ auf „qualitativen Änderungen beruhen, mit denen frühere Fehler und Versäumnisse korrigiert und grundlegend neue Möglichkeiten für Theorie und Praxis der Partei erschlossen werden“ Die Ursachen für die Stagnation der DKP suchten sie in der „Last der Vergangenheit“. Sie bezogen sich auf die sowjetische Geschichtsdiskussion, in der „eine radikale Kritik der Stalinschen Ära und ihrer Folgen begonnen (hat). Sie ist schmerzhaft, aber notwendig, um der Glaubwürdigkeit der Kommunistinnen willen. Sie ist notwendig, weil sie neue Voraussetzungen für die Entwicklung des Marxismus schafft, sie ist notwendig, weil sie die Wurzeln freilegen kann für zählebige Denk-und Verhaltensweisen in der kommunistischen Bewegung.“ Der eigenen Partei hielten sie vor, daß die KPD in den fünfziger Jahren den „Prozeß der Selbstreinigung“ nur unzureichend durchgeführt habe. Entlastend merkten sie an, daß die Entstalinisierungsdiskussion in der KPD durch deren Verbot „gerade in der Bundesrepublik besonders erschwert war“. Das Verdikt von Walter Ulbricht: „keine Fehlerdiskussion“ von 1956, mit der die Entstalinisierung in der DDR begrenzt wurde, ignorieren die Autoren der Minderheitsstellungnahme. Die Folge dieser Geschichtsverdrängung war für die DKP gravierend: „So kann selbst heute noch in unserer Partei, obwohl sie nicht stalinistisch ist, der , Stalinismus nachwirken.“ Dazu gehöre der innerparteiliche Kult um die „Geschlossenheit im Denken“. „Meinungsverschiedenheiten und Differenzen in politischen Einschätzungen“

würden bestenfalls nur „als eine Art notwendiges Übel“ angesehen. Aufgelistet wurden dann all die Fragen, denen sich die Partei theoretisch nicht ge-stellt hatte, z. B.den politischen Ideen der „Grün Alternativen“ — die „allzulange primär als gegei uns gerichtete Bedrohung und nicht als Bereiche rung des demokratischen Spektrums gesehen“ wur den. Erinnert wurde auch an das Verhalten de DKP zum „Eurokommunismus“, der ideologiscl bekämpft wurde, „anstatt uns selber den aufgewor fenen revolutionstheoretischen Fragen im voller Umfang zu stellen“ 32).

Gorbatschows Parteikritik an der KPdSU wurde nun auf die DKP übertragen: „Zu unserer nie hin terfragten Organisationspraxis gehört das starke Gewicht des zentralen Äpparates gegenüber dei Basis. Er erscheint immer wieder als eine , Partei in der Partei. Wichtige Entscheidungen fallen immer noch häufig hinter verschlossenen Türen. Es gibt immer noch Gruhdsatzdebatten, von denen normale Mitglieder so gut wie nichts erfahren. Die Sekretariate, eigentlich Ausschüsse der Vorstände, haben sich in der Praxis als jeweils oberstes Organ eingebürgert. Der zentrale Apparat agiert noch zu oft als Zentrum, das den Meinungsbildungsprozeß von oben nach unten zu bewerkstelligen versucht. Dies soll der Einheit der Partei dienen.“ 33) Und unter der Überschrift „Zurück zu Lenin — Zur Demokratisierung der DKP“ forderten die „Erneuerer“ die Reform der Partei. Dazu gehöre unverzichtbar die „Änderung des , Klimas, der , Psychologie in der Partei“. Gefordert wird: „Die DKP muß eine öffentliche Partei werden.“ Eine grundlegende Änderung des Parteiorgans „Unsere Zeit (UZ)“ sollte diese Änderung des Klimas ausdrükken. Nicht mehr vordringlich die vorgegebene Linie sollte propagiert, „sondern zum eigenständigen, kritischen Denken angeregt (werden)“. Revisionsbedürftig war für die Gruppe auch der innerparteiliche Entscheidungsprozeß bei Wahlen und Beschlüssen. Für sie war der Weg durch die Gremien vom Parteimitglied zum Parteitag „zu lang. Und er ist im Regelfall mit Beschluß-und Wahlvorschlägen , von oben nach unten — also genau anders herum — gepflastert“. Ausdrücklich wurde das satzungsmäßige Recht „jedes Mitglieds und jeder Körperschaft der Partei“ eingefordert, „sich zu allen die Partei betreffenden Fragen zu äußern“. Ein Dorn im Auge waren den Autoren „alle möglichen , ungeschriebenen Gesetze, die mit der Leninschen Parteitheorie und -praxis nicht das geringste zu tun haben. Eine Körperschaftsdisziplin", z. B. von Sekretariaten gegenüber den Vorständen, aus deren Mitte sie gewählt wurden, ist dem demokratischen Zentralismus fremd.“ Offensiv verlangten die Autoren die Autonomie der Organisationseinheiten der Partei und ihrer Leitungen, „bezogen auf ihren Wirkungsbereich“, und „dies gilt politisch, organisatorisch, personell“. Ebenso wie die sowje-tische Partei eine Befristung von Wahlfunktionen diskutierte, wurde in der Minderheitenstellungnahme „eine zeitliche Befristung in der Ausübung von Wahlfunktionen“ verlangt. Solange die DKP eine kleine Partei wäre, sollten die Parteitagsdelegierten auch wieder von der Kreisdelegiertenkonferenz „gewählt werden“. Das Programm der Demokratisierung endete mit der Forderung nach der Quotierung der zu besetzenden Funktionen, um „den Weg für mehr Genossinnen in leitende Funktionen“ zu öffnen Unverkennbar trug das Parteimodell der „Minderheit“ basisdemokratische Züge und richtete sich im Kern gegen die diktatorische Verfügung des hauptamtlichen Sekretariats-apparats über die politische Linienfestlegung und die innerparteiliche Kaderpolitik.

Der Versuch, eine „moderne“ kommunistische Partei aus der DKP heraus zu formieren, war nicht nur ein Reflex auf die Linienänderung der KPdSU. Er war auch eine direkte Folge der Etablierung der Grünen als Protestpartei in den Parlamenten der Bundesrepublik. Besonders gravierend war für die DKP, daß „Glasnost“ und die von der KPdSU ausgehenden Reformen in der Sowjetunion jahrzehntelang wider besseres Wissen geglaubte Sozialismuspropaganda von KPD und DKP in Makulatur verwandelten. Das sozialistische Vorbild für das eigene Ziel erwies sich als Land ökonomischer Rückständigkeit, diktatorischer Strukturen und mit buchstäblichem Massenelend. Das Ziel Sozialismus — wollte man es retten — mußte vom sowjetischen Entwicklungsweg abgekoppelt werden. Damit begann das Programm der „Erneuerer“, das sich in vier Punkten zusammenfassen läßt: 1. Die Sozialismuskonzeption der DKP muß wieder auf einer Utopie basieren, die es erlaubt, ökologische und andere globale Fragestellungen in sie zu integrieren und die Praxis regierender kommunistischer Parteien zu kritisieren. 2. Der kommunistische Internationalismus sollte sich der gleichberechtigten Kooperation mit anderen „fortschrittlichen Kräften“ in Europa und der Dritten Welt öffnen. 3. Die Voraussetzung für die Chance eines kommunistischen Neuanfangs war der glaubhafte Bruch mit dem Stalinismus und die überfällige eigene Vergangenheitsbewältigung. 4. Die stalinistischen Apparatstrukturen sollten überwunden und die Partei demokratisiert werden. Die DKP sollte nach dem Willen der Parteiopposition endlich eine „hiesige“ Partei werden. Die „Erneuerer“ drängten auf eine rasche Demokratisierung, gab es doch nach ihrer Einschätzung 1988/89 eine doppelte Chance für die Rekonstruktion einer sozialistischen Perspektive für die Bundesrepublik: 1. Die Bewunderung, die Gorbatschow auch in der Bundesrepublik genoß, und 2. schien sich innenpolitisch eine reale Chance für eine rot-grüne Koalition in Bonn zu eröffnen. In einem solchen politischen und kulturellen Klima der Reform könnte es wieder „ein breiteres Interesse an grundlegenden sozialistischen Alternativen“ geben. „Heute schon weckt die Perestrojka in ersten Ansätzen neue Hoffnungen in die sozialistische Idee.“

VI. Die Niederlage der „Erneuerer“

Die Parteiwahlen der DKP im Herbst 1988 waren eindeutig Linienwahlen: Es ging um die Besetzung der Bezirksvorstände und die Bestimmung der „richtigen“ Delegierten für den 9. Parteitag der DKP. Die Fraktion der „Erneuerer“ hat die Delegiertenwahlen zum Parteitag verloren, ihre bezirkUchen Bastionen aber behaupten können. Damit hatten Präsidium und Sekretariat ihr strategisches Ziel erreicht: Sie verfügten über die Mehrheit der Delegierten des Parteitages und konnten dadurch die Kontinuität der kommunistischen Partei auf ihre Weise sichern. Seit der Stalinisierung der KPD in den zwanziger Jahren sahen die Sekretariate des Zentralkomitees bzw. bei der DKP des Parteivorstandes darin ihre Aufgabe, gleichgültig wieviele Mitglieder oder gar Wähler der Partei wirklich an-hingen.

Die Ausgrenzung der Parteiopposition erfolgte durch die Parteiführung im Spätsommer 1989. Die Vorentscheidung fiel bereits bei den Vorstandswahlen auf dem 9. Parteitag in Frankfurt. Der Verlauf dieses Parteitags unterschied sich qualitativ von seinen Vorgängern. Es gab mehr Kandidaten für den Vorstand als zu vergebende Vorstandspositionen; der vom Parteivorstand vorgelegte Personalvorschlag wurde durch spontane Kandidaturen ergänzt, und es kam zu einer harten Personaldebatte. Für die höchsten Leitungsgremien beschloß der Parteitag entsprechend dem Mitgliederanteil der Frauen eine 43, 4 prozentige Quotierung.

Bei den Vorstandswahlen nutzte die SED-orientierte Mehrheit ihre Stärke. Aber nur mit Bück auf die Parteiopposition fragte Mies nach dem Parteitag, ob es bei den Wahlen „einigen Genossinnen und Genossen um einen reinen , Machtkampf ging? Und ob der Linienstreit durch Wahlen ausgetragen werden sollte?“ Herbert Mies und die stellvertretende Vorsitzende Ellen Weber wurden wiedergewählt, bekamen aber erstmals in der DKP-Geschichte eine hohe Zahl von Gegenstimmen. Im Gegenzug wurden Wortführer der „Erneuerer“ abgewählt, so Vera Achenbach, seit 1981 Mitglied des Sekretariats des Parteivorstandes, Steffen Lehndorff und der Bremer Bezirksvorsitzende Dieter Gautier Die Unterlegenen nahmen ihre Niederlage nicht widerspruchslos hin. Dieter Gautier wertete die Wahl als „Zeichen“ der „Ausgrenzung“. Er teilte in einer persönlichen Erklärung vor dem Parteitag mit, die „Bremer Delegation“ habe beschlossen, noch auf dem Parteitag eine „Beratung“ durchzuführen. Lehndorff kündigte an, daß die Kölner Delegierten sich „der Bremer Beratung anschließen“

Die Parteiopposition unternahm diesen demonstrativen Schritt, obwohl die Parteitagsmehrheit ihr entgegenkam. Durch Beschluß wurde der Partei-vorstand beauftragt, bei der Wahl von Präsidium und Sekretariat „Vertreter der wesentlichen Positionen der Parteidiskussion in einer der politischen Realität der Partei entsprechenden Weise in dem Führungsgremium“ zu berücksichtigen. Der neugewählte Vorstand hielt sich formal an diese Entschließung. Das Präsidium wurde um einen Sitz vergrößert, seine Frauenquote erhöht, und die „Erneuerer“ waren in dem 20köpfigen Gremium mit Werner Stürmann, Birgit Radow und Heinz Jung vertreten. Anders verfuhr der Parteivorstand bei der Wahl des Sekretariats. Es wurde drastisch von 14 auf neun Sitze verkleinert. Gemäß dem Parteitagsbeschluß wurde zwar der Frauenanteil erhöht, aber ein „Erneuerer“ kam nicht in diesen Führungsstab. Dem Sekretariat gehörten daraufhin die folgenden Funktionäre mit den angegebenen Geschäftsbereichen an: Der Vorsitzende Mies, seine Stellvertreterin Ellen Weber (Demokratische Bündnispolitik), Beate Landefeld (Marxistische Theorie und Bildung), Ingeborg Nödinger (Frauen-politik), Fritz Noll (Öffentlichkeitsarbeit und Medien), Rolf Priemer (Organisations-und Personalpolitik), Helga Rosenberg (Bundes-, Landes-und Kommunalpolitik), Karlheinz Schröder (Internationale Beziehungen), Heinz Stehr (Wirtschafts-, Sozial-und Technologiepolitik, Betriebe und Gewerkschaften) -

Die Kontinuität des Apparats war frappierend: Das Sekretariat der DKP von 1989 wurde immer noch zu zwei Dritteln von früheren Funktionären und Mitgliedern der KPD beherrscht. Vier (Mies, Noll, Schröder, Weber) traten vor dem Verbot von 1956 in die Partei ein, zwei (Priemer und Stehr) 1960 bzw. 1962. Mies, Weberund Schröder waren hauptamtliche FDJ-Funktionäre, Noll arbeitete als Redakteur der Hamburger Parteizeitung, und alle kamen aus dem Apparat der illegalen KPD. Nur Landefeld, Nödinger und Rosenberg traten nach 1968 der DKP bei. Die erfolgreiche Verteidigung der apparativen Bastionen durch die Parteiführung zeigte sich auch in der Funktion von Kurt Fritsch im Präsidium, er wurde zuständig für die „Finanzpolitik der Partei“ Fritsch gehört zu der Alterskohorte von Mies und Weber, war wie sie FDJ-Funktionär und Mitglied des Sekretariats des ZK der verbotenen KPD gewesen. Schließlich wurde erneut Otto Hans zum Vorsitzenden der Zentralen Schiedskommission der Partei gewählt. Auch er gehört zu den FDJ-Funktionären. Werner Stürmann konnte nach der Wahl dem Parteivorstand vorwerfen, daß der Beschluß des Parteitags besonders hinsichtlich der Besetzung des Sekretariats „nicht umgesetzt wurde“ Die Besetzung des Sekretariats zeigte auch, wie die Parteiführung das Prinzip der „Kontinuität“ in der Führung mit dem der Kooptation von Führungsnachwuchs verband. Landefeld, Nödlinger und Rosenberg hatten zuvor jahrelang im zentralen und bezirklichen Apparat der DKP gearbeitet.

Vordergründig war der Parteitag für die „Erneuerer“ keine Niederlage. Vor allem programmatisch und konzeptionell erzielten sie Erfolge: Die Frauenquote wurde durchgesetzt, die Verabschiedung der beiden programmatischen Dokumente „Zur Lage der Partei“ und „Bundesrepublik 2 000“ auf einen Sonderparteitag 1990 verschoben. Der Parteitag erkannte an, durch die Entwicklung in der Sowjetunion sei „eine Grundsatzdiskussion über unser Verhältnis zum realen Sozialismus und die Geschichte der kommunistischen Bewegung“ ausgelöst worden. Und die Partei erwartete, „wie die kommunistische Weltbewegung insgesamt“, eine längere „Phase des Suchens nach neuen Antworten“: Dazu gehörten die Fragen nach der „Strategie der revolutionären Partei der Arbeiterklasse heute, zur Anwendung der Grundprinzipien des demokratischen Zentralismus, zum Verhältnis von Reform und Revolution, zu den Sozialismusvorstellungen“. Aber bei der prinzipiellen Bejahung von der „Öffentlichkeit aller Diskussionsprozesse“ wurde doch allen „Tendenzen von Lager-und Fraktionsbildung und der Etablierung politischer Plattformen“ eine klare Absage erteilt. An dieser Stelle befestigte die Parteiführung ihre Grundsatzposition. In der Frage der Aufarbeitung der eigenen Parteigeschichte folgt der Parteitag wiederum den „Erneuerern“. Allerdings ging es nicht so sehr um die 20jährige Existenz der DKP, sondern um die „ 70jährige Geschichte unserer Partei“, wie es Mies in seinem Schlußwort auf dem Parteitag formulierte

Nach dem Parteitag hat Gehrcke die „verschiedenen Optionen“ beschrieben, die die Parteivorstands-Mehrheit als Reaktion auf die innerparteiliche Opposition besaß. Ihr taktischer Ausgangspunkt war das innerparteiliche Kräfteverhältnis. „Volle Konfrontation“ hätten die „Erneuerer“ zu erwarten, wo sie „isoliert“ oder vorsichtig vorgingen, „Anpassung verbal und/oder teilweise Zugeständnisse“, wenn die Positionen der Opposition auf Zustimmung stießen, und „Unsicherheit/Abwarten bei unklaren Mehrheitsverhältnissen . . . oder bei umgekehrten Mehrheitsverhältnissen in Bezirken und Kreisen. Klassische Machtpolitik, wo immer das möglich ist (Personalpolitik, bei entsprechenden Mehrheiten).“ Schließlich erwähnte er noch das „schlichte Aussitzen, um den gegen Erneuerung wirkenden Zeitfaktor auszunutzen“ Der Zeitfaktor arbeitete tatsächlich gegen die Strömung. Die Konflikte, die mit der Ausgrenzung der Opposition verbunden waren, beschäftigten die DKP bis zum Herbst 1989 und endeten mit dem Austritt der „Erneuerer“

VII. Die Perspektive eines „linken Blocks in der Bundesrepublik“

Nach dem Parteitag bekamen immer mehr Anhänger der Parteiopposition Zweifel über die realistischen Chancen des Konzepts „Erneuerung“ der DKP. Zum Wortführer der Zweifler machte sich der Marburger Politologieprofessor Georg Fülberth Er erklärte das Konzept der „Erneuerung“ der DKP für unrealistisch und plädierte für eine „Umgründung“. Die DKP sollte nach seinen 'Vorstellungen aktiv mitwirken an der „Herstellung eines linken Blocks“. Er erwartete, so wurde er zitiert, „daß es in den neunziger Jahren zu Umgruppierungen innerhalb der Linken kommen werde.

Insbesondere bei Teilen der Grünen, nämlich un-dogmatischen Linken, Ökosozialisten und Fundis sah Fülberth diejenigen Kräfte, mit denen es zusammen gelingen könne, einen linken Block zu formieren.“ Für ihn waren folgerichtig nunmehr die Strömungen und innerparteilichen Gruppen in der DKP nur noch „ein produktiver Faktor im Prozeß der Umgründung der Partei“ zumal ein linker Block nur mit pluraler Binnenstruktur vorstellbar wäre. Fülberth hat die Krise der DKP an anderer Stelle mit der Entwicklung in der Sowjetunion seit 1985 begründet: „Die DKP war von Anfang an eine Partei, die ihr Selbstverständnis von der Systemauseinandersetzung ableitete und den nachkapitalistischen Ländern eine zentrale Funktion bei der Über-windung der kapitalistischen Verhältnisse hierzulande zumaß. Nachdem die UdSSR seit 1985 diese Funktionen selbst in Frage stellt, läßt sich die bisherige Konzeption der DKP nicht mehr erhalten.“

Zu dieser für die DKP dramatischen Veränderung der internationalen Konstellation ihrer Politik kamen dann noch „Defizite auf Politikfeldern, die in der Periode eines in erster Linie auf die Staaten des realen Sozialismus bezogenen Internationalismus weitgehend vernachlässigt worden waren“ -Jetzt rächten sich nach seiner Ansicht die Fehler der DKP in den siebziger Jahren: „Auf die Offensive des Eurokommunismus Mitte der siebziger Jahre reagierte sie hilflos verworren. Die Reaktion auf die Ausbürgerung Wolf Biermanns 1976 entwikkelte sich vollends zum Debakel der Partei in der Intelligenz. Sie hat sich sowohl in der Umweltfrage als auch in der Demokratiefrage so isoliert, daß sie von der Vorbereitung einer neuen Oppositionsgruppierung — DIE GRÜNEN — ausgeschlossen ist.“ Die von Fülberth prognostizierte Umgruppierung von Teilen der Linken in der Bundesrepublik in den neunziger Jahren wurde vom Präsidium der DKP als mögliche Entwicklung ernstgenommen

Man kam jedoch zu dem Ergebnis, zunächst einmal die Relationen zurechtzurücken. Die „Umgruppierung im linken Spektrum“, „vor allem auch weltpolitisch gesehen“, sah man zunächst und vor allem in der stärkeren „Annäherung von Kommunisten und Sozialdemokraten“. Die DKP bezog sich auf das gemeinsame SED-SPD-Ideologiepapier und sah die Debatte „gelegentlich“ schon in der Nähe dei Frage, „ob nicht gar eine . Wiedervereinigung 1 vor kommunistischer und sozialdemokratischer Strömung“ ins „Blickfeld rücke“. Gemessen an diesei Perspektive könnte es bei den Grünen nur um einer „Teilprozeß in einem relativ kleinen politischer Spektrum“ gehen Freilich konzedierte die DKP-Führung, daß eine solche „Umgruppierung“ die eigene Mitgliedschaft erheblich tangieren würde. Diese Spekulationen über die Neuformierung der radikalen Linken in der Bundesrepublik waren der Hintergrund für die Ausgrenzung der „Erneuerer“, die der DKP-Parteiapparat 1989 ins Werk setzte. Erst nach dem November 1989 wurden all diese Überlegungen aktuell, die Kommunisten mußten sich in Deutschland neu formieren.

VIII. Die DKP-Finanzkrise 1989

Die Darstellung der DKP-Parteikrise wäre unvollständig, ohne auf die Finanzkrise einzugehen, in die sie der Zerfall der SED-Herrschaft Ende 1989 stürzte. Offenbarte sie doch, was ihre Kritiker schon längst wußten: Die DKP war nicht primär eine „hiesige“ Partei, sondern der Interventionsapparat der SED in der Bundesrepublik. Am 6. Dezember meldete die UZ: „Das DKP-Präsidium sah sich . . . gezwungen, alle beim Parteivorstand bestehenden Beschäftigungsverhältnisse zu beenden“ — es betraf 500 Hauptamtliche. Auch die Funktionäre in den Bezirksgeschäftsstellen mußten gehen. Am selben Tag gab in Berlin die SEW bekannt: „Gesichert sei die Auszahlung der Gehälter der Parteiangestellten „bis 13. 12. ‘. Erforderlich werde die Kündigung der 86 Betroffenen und die Suche von Nachmietern für von der SEW bisher genutzte Räume.“ Die SED-Krise traf auch die der DKP verbundenen Verlage und Organisationen. Der Kölner Pahl-Rugenstein-Verlag mußte Konkurs anmelden, die SED-eigene Anzeigen-agentur „Interwerbung“ stornierte Anzeigenaufträge in Höhe von „über 1, 5 Millionen DM“

Der FDGB-Gewerkschaftsverlag „Tribüne“ kündigte seine Verträge mit dem Frankfurter Nachrich-ten-Verlag. Die seit 1961 erscheinende Zeitschrift „Nachrichten zur Wirtschafts-und Sozialpolitik“, zentrales Instrument der DKP-Gewerkschaftspolitik, wurde zum Jahresende 1989 eingestellt. Die DKP-eigene Presseagentur „Progress Presseagentur“ (PPA) mußte aufgelöst werden, als die DDR-Nachrichtenagentur ADN und der Sender „Stimme der DDR“ ihre Abonnements stornierten Auch die seit 1961 existierende „Deutsche Friedens-Union“ stellte ihr Wirken ein. Ihre Bundesgeschäftsstelle sowie alle Landesgeschäftsstellen wurden geschlossen. „Das Aus ist . wesentlich verursacht durch die schlagartige Einstellung fast aller Dauerspenden", hieß es“ Das Schicksal der DFU teilte auch die „traditionsreichste und mitgliederstärkste antifaschistische Organisation in der Bundesrepublik“ (taz), der VVN/BdA (Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschisten). Auf der VVN-Bundesvorstandssitzung im November 1989 antwortete Generalsekretär Kurt Erlebach, Mitglied des DKP-ParteiVorstands, auf Fragen nach der Finanzlage der 15 000 Mitglieder starken Organisation noch kurz und lapidar: „Es gibt keine Fremdfinanzierung.“ Anfang Dezember erfuhren die Mitarbeiter der Frankfurter Bundesgeschäftsstelle, daß ihnen zum 31. Dezember 1989 gekündigt wurde. Mittelbar waren davon auch die Landesorganisationen betroffen. Die nicht der DKP angehörenden Mitglieder des Bundesvorstands setzten eine von Sozialdemokra-ten dominierte Kommission ein, um die politische und finanzielle Abhängigkeit der VVN-BdA von der DKP zu untersuchen. Der bisherige Organisationssekretär Jörg Ehret (DKP) enthüllte nun, daß vor Einstellung von hauptamtlichen Mitarbeitern bei der VVN-BdA die Bewerbungsunterlagen „zunächst zum Parteivorstand der DKP, Abteilung Personalpolitik (gingen) ... in aller Regel war nur mit Zustimmung der DKP eine Einstellung bei der VVN-BdA möglich. Dies galt sowohl für Einstellungen auf der Bundes-wie auch auf der Landes-ebene“ -Weiter wurden die DKP-Mitglieder im Sekretariat der VVN-BdA regelmäßig von „einem Vertreter des Präsidiums der DKP“ angeleitet. Die Annahme von Spenden aus der DDR rechtfertigt der ehemalige Organisationssekretär mit dem Argument: „Ich bin der Meinung, daß es weder ein Verbrechen war noch ist, aus der DDR Geld anzunehmen. Im Gegenteil. Lange Jahre wäre in unserem Land antifaschistische Arbeit, eine konsequente Friedensarbeit unmöglich gewesen, wenn es diese Gelder nicht gegeben hätte.“ Als Fehler räumte er ein, über diese DDR-Spenden nicht geredet zu haben. Dadurch wäre die Chance verpaßt worden, „alternative Finanzierungskonzepte zu entwickeln, als die politisch möglich wurden“ Der schlagartige Zusammenbruch des hauptamtlichen Apparats der DKP und ihrer Vorfeldorganisationen als Folge der Partei-und Herrschaftskrise der SED beantwortet die Frage, warum die DKP trotz aller parlamentarischen Mißerfolge über 20 Jahre hinweg als Partei in der Bundesrepublik existieren konnte. Die Fremdfinanzierung machte die Partei unabhängig von Wählerstimmen und vom Mitgliederwillen.

Anfang Januar 1990 gab es die sensationellste Enthüllung über die DKP: „Der Spiegel“ veröffentlichte einen Bericht über „eine geheime, illegale , militärische Organisation 4 (MO)“, die vom SED-Militärapparat in der Bundesrepublik aufgebaut worden sei. Für die insgesamt „bis zu 300 Mann“ starke Kampfgruppe seien nach Angaben eines Mitglieds „vertrauenswürdige Mitglieder der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) verpflichtet worden“ Erwartungsgemäß dementierte die DKP-Führung diese Berichte heftig und bestritt jeden Zusammenhang zur Partei Nach Recherchen und einem Bericht der DDR-Zeitung „Neuer Tag“ am 27. Februar sah sich das DDR-Verteidigungsministerium gezwungen, offiziell das militärische Geheimtraining von Bundesbürgern durch das Ministerium für Staatssicherheit zuzugeben Ob es sich bei diesen Sabotage-Kommandos um DKP-Mitglieder gehandelt hat, wollte man jedoch weiterhin nicht verraten, „da es keine Namenslisten gebe“ Sollte die „Militärorganisation“ tatsächlich existiert haben, worauf nach der ersten Verblüffung inzwischen vieles hindeutet, dann wäre dies ein letzter Beweis für die jahrzehntelangen, von der SED finanzierten Untergrund — und Interventionsanstrengungen der DKP gewesen.

Anfang Mai 1990, als der deutsche Vereinigungsprozeß eine Realität war, bewertete Rolf Priemer, neugewählter Sprecher der DKP. konsequenterweise das absehbare Ende der DDR für die deutschen Kommunisten als „eine Niederlage historischen Ausmaßes“

Fussnoten

Fußnoten

  1. Programm der Deutschen Kommunistischen Partei, beschlossen vom Mannheimer Parteitag der DKP, 20. — 22. Oktober 1978, Neuss 19833, S. 88 f.

  2. So erklärte der erste Parteivorsitzende der DKP, Kurt Bachmann, Ende 1988 in Moskau auf einer Veranstaltung zur KPD-Gründung: , Die Errichtung der Deutschen Demokratischen Republik, des ersten Arbeiter-und Bauernstaates auf deutschem Boden, . . . stellt die größte Errungenschaft der revolutionären deutschen Arbeiterbewegung seit Gründung der KPD vor 70 Jahren dar.“ Kurt Bachmann, Unser Verhältnis zu KPdSU und SED in: Unsere Zeit (UZ) vom 28. 1. 1989, S. 14.

  3. Vgl. Wilhelm Mensing in Zusammenarbeit mit Manfred Wilke, Wir wollen unsere Kommunisten wieder haben . . . Demokratische Starthilfen für die Gründung der DKP; dies., Nehmen oder Ahnehmen. Die verbotene KPD auf der Suche nach politischer Teilhabe, Zürich-Osnabrück 1989. 1990 erschien von Georg Fülberth, KPD und DKP 1945— 1990, Heilbronn 1990. Fülberths Darstellung der DKP-Gründung stützt sich explizit auf die Studie von Mensing.

  4. Die folgende Darstellung der DKP-Parteikrise basiert auf dem letzten Kapitel von: Manfred Wilke/Hans-Peter Müller/Marion Brabant, Die Deutsche Kommunistische Partei (DKP). Geschichte-Organisation-Politik, Köln 1990.

  5. Diskussionsbeitrag des Bezirkssekretariats Hamburg zur Beratung mit den Gruppenvorsitzenden am 6. September 1987, Überlegungen zum krisenhaften Zustand der Partei, in: JW-Informationsdienst, Nr. 6/87, Mainz-Gustavsburg, 19. 10. 1987, S. 2f.

  6. Ebd.

  7. Herbert Mies, Zur Entwicklung der revolutionären Arbeiterbewegung in der Bundesrepublik Deutschland, in: ders., Zur Politik der DKP, Frankfurt 1969, S. 21 f.

  8. UZ vom 4. 2. 1989.

  9. Erster Entwurf und überarbeiteter Entwurf: Zur Lage und künftigen Entwicklung der DKP, in: Information DKP, 9. Parteitag, o. O., o. J. (1989), S. 16.

  10. Peter Schütt, in: DKP-Informationen, Nr. 13, S. 35.

  11. Mit der „Friedensliste“ versuchte von 1984 bis 1987 die DKP als einem von ihr organisierten „Personenbündnis“ in Konkurrenz zu den Grünen ihren Status als parlamentarische Sekte zu überwinden. Vgl. das Kapitel „Friedensliste“, in: M. Wilke/H. -P. Müller/M. Brabant (Anm. 4).

  12. Erklärung von Mitgliedern des DKP-Parteivorstands zur 7. Parteivorstandstagung, Düsseldorf, 26. 8. 1989, in: 7. Tagung des Parteivorstandes der DKP, Düsseldorf, 26. /27. 8. 1989, abgedruckt in: UZ-Eigenbeilage vom 30. 8. 1989, S. 36 f.

  13. Boris Meissner, Die Sowjetunion im Umbruch. Historische Hintergründe, Ziele und Grenzen der Reformpolitik Gorbatschows, Stuttgart 1988, S. 164.

  14. Ebd.

  15. Michail Gorbatschow, Rede zum 70. Jahrestag der Oktoberrevolution, Köln 1987, S. 94.

  16. Ebd., S. 91.

  17. Vgl. Heinz Timmermann, Die KPdSU und die internationale Sozialdemokratie. Akzentänderungen im Zeichen des „Neuen Denkens“, in: Die neue Gesellschaft/Frankfurter Hefte, (1988) 12, S. 1157ff.

  18. Vgl. Treffen der Vertreter von Parteien und Bewegungen zum 70. Jahrestag der Oktoberrevolution, Moskau, 4. und 5. November 1987, Reden und Beiträge, Berlin (Ost) 1988.

  19. Programm der DKP (Anm. 1), S. 89.

  20. Michail Gorbatschow, Schlußwort auf der 19. Unionsparteikonferenz, in: Die Zukunft der Sowjetunion. Die Debatte auf der Parteikonferenz der KPdSU, Köln 1988, S. 401.

  21. Ebd., S. 3.

  22. Willerding wurde auf dem außerordentlichen SED-Parteitag im Dezember 1989 in das Präsidium des Parteivorstandes der SED-PDS gewählt. Vgl. Führungsgremien der SED-PDS, in: Deutschland Archiv, (1990) 2, S. 316.

  23. Jochen Willerding, Schriftlicher Diskussionsbeitrag, in: Schritte zur Erneuerung. 10. Tagung des ZK der SED, 8. — 10. 11. 1989, Berlin (Ost) 1989, S. 313.

  24. Wolfgang Gehrcke, Wir brauchen ein tieferes Verständnis der Perestrojka für uns selbst — eine Absage an das kommunistische Wahrheitsmonopol, in: Detlev Albcrs/Frank Deppe/Michael Stamm (Hrsg.), Fernaufklärung, Köln 1989, S. 113f.

  25. Kurt Hager beantwortet Fragen der Illustrierten „Stern“, in: Neues Deutschland vom 10. 4. 1987, S. 3.

  26. Aus dem Bericht des Politbüros an die 7. Tagung des Zentralkomitees der SED, Berichterstatter: Erich Honekker, Mit Blick auf den XII. Parteitag die Aufgaben der Gegenwart lösen, in: UZ-Dokumentation vom 6. 12. 1988, S. 9.

  27. Ebd., S. 10.

  28. Otto Reinhold, Das Programm unserer Partei hat sich im Leben bewährt, in: Dokumentation zur 7. Tagung des Zentralkomitees der SED, in: Deutschland Archiv, (1989), S. 230 f.

  29. Otto Reinhold, Keine Existenzberechtigung für eine kapitalistische DDR, in: Radio DDR vom 19. 8. 1989, 19 Uhr; „Wir, unsere Zeit“, zit. in: taz vom 28. 8. 1989, S. 8.

  30. Herbert Mies, Zu Fragen unserer aktuellen Politik. Zum 9. Parteitag. Zum Meinungsstreit in der DKP, Referat auf der 13. Tagung des Parteivorstands der DKP, Düsseldorf 3. /4. September 1988, in: UZ-Eigenbeilage vom 7. 9. 1988, S. 19.

  31. Minderheitenstellungnahme aus der Arbeitsgruppe, in: DKP-Informationen Nr. 13, September 1988, S. 109. Alle folgenden Zitate sind dieser Stellungnahme entnommen.

  32. Ebd., S. 110f.

  33. Ebd., S. 111.

  34. Ebd.

  35. Herbert Mies, Eine Lehre des Parteitages, in: UZ vom 12. 1. 1989. S. 2.

  36. Ergebnis der Wahl des Parteivorstands, in: UZ vom 10. 1. 1989, S. 5.

  37. Persönliche Erklärungen zu den Wahlen auf dem 9. Parteitag der DKP in Frankfurt, in: UZ vom 11. 1. 1989, S. 5.

  38. UZ vom 11. 1. 1989, S. 3.

  39. Vgl. DKP-Pressedienst 2/89, Düsseldorf vom 22. 1. 1989.

  40. UZ vom 10. 3. 1989.

  41. Werner Stürmann, Zur Wahl des Präsidiums und des Sekretariats, in: UZ vom 28. 1. 1989, S. 14.

  42. Herbert Mies, Ansprache zum Abschluß der Beratungen des 9. Parteitags der DKP, in: UZ vom 11. 1. 1989, S. 3.

  43. Wolfgang Gehrcke, Die DKP ist der Gegenstand der Erneuerung, in: Dokumente-Stellungnahmen-Papiere zur Lage der Partei (Teil 2). S. 5f. Gehrcke hat in seinem Beitrag auf der 5. Parteivorstandstagung 1989 klargestellt, daß die auch von Mies zitierte „Rede“ von ihm nicht gehalten wurde. „Was hier abgedruckt wurde, ist ein Manuskript einer nicht gehaltenen Rede. Dieses Manuskript wird zitiert, aber ich stehe natürlich zu dem, was in dem Manuskript steht.“ Wolfgang Gehrcke, Beitrag auf der 5. Tagung des DKP-Parteivorstandes, in: DKP-Informationen Nr. 24, Juni 1989, S. 43 f.

  44. Vgl. zum Verlauf: M. Wilke, H. -P. Müller, M. Brabant (Anm. 4).

  45. Georg Fülberth sorgte als Mitautor der 1977 im Kölner Pahl-Rugenstein-Verlag (PRV) erschienenen „Geschichte der deutschen Gewerkschaftsbewegung“ für Schlagzeilen, als Manfred Scharrer den Autoren des Werkes in einer Rezension vorwarf, daß die „Geschichte“ als „der bisher geschickteste Versuch“ zu werten sei, „die parteikommunistische Geschichtskonstruktion an den bundesrepublikanischen Leser zu bringen“. Manfred Scharrer, , Kurzer Lehrgang“ der Geschichte der deutschen Gewerkschaftsbewegung, in: Neuer Langer Marsch Nr. 38, Berlin, November 1978. Vgl. hierzu Manfred Wilke, Einheitsgewerkschaft zwischen Demokratie und antifaschistischem Bündnis, Melle 1985, S. 161 ff.

  46. Thomas Dinter; ParteitagsausweYtung der Marburger DKP, in: UZ vom 25. 1. 1989, S. 9.

  47. Ebd.

  48. Georg Fülberth, Notizen zur Geschichte der DKP, in: Streitschrift zur Erneuerung der Politik, Hamburg, Oktober 1989, S. 26.

  49. Ebd.

  50. Ebd.

  51. Vgl. Präsidium des Parteivorstandes, Informationen für den Parteivorstand, die Bezirkssekretariate, interessierte Mitglieder: Zur möglichen Umgruppierung von Teilen der Grünen, maschinenschriftliches Manuskript, 15. April 1989, S. 1.

  52. Ebd.

  53. Die DKP muß entlassen, in: UZ vom 6. 12. 1989, S. 1.

  54. Neue Zeitung, Berlin (West) vom 7. 12. 1989, S. 1.

  55. Jan C. Schwartz, Für die DKP-Firmen war der politische Traum schnell aus, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 15. 12. 1989.

  56. Vgl. ebd.

  57. Ebd.

  58. Karl Kropotnik, Deutsche Kommunisten stoßen WN in die Pleite, in: die tageszeitung vom 7. 12. 1989.

  59. Diskussionsbeitrag des bisherigen Organisationssekretärs Jörg Ehret, in: VVN-BdA, Ende der Vorfeldorganisation, JW-Informationsdienst, Mainz-Gustavsburg, Nr. XXXI/3— 4/22. 1. 1990. S. 1.

  60. Ebd.

  61. Schüsse am Scharmützelsee, in: Der Spiegel. (1990) 1, S. 65 ff. Mit Volldampf, in: Der Spiegel, (1990) 2, S. 61 ff.

  62. Vgl. UZ vom 5. 1. 1990. S. 1 u. 3.

  63. Vgl. Der Tagesspiegel vom 28. 2. 1990, S. 10; Stasi trainierte DKP-Partisanen, in: Frankfurter Rundschau vom 28. 2. 1990, S. 1.

  64. Der Tagesspiegel, ebd.

  65. Rolf Priemer, Referat der 2. Tagung des Parteivorstands der DKP. in: Eigenbeilage zu UZ vom 11. 5. 1990, S. 5.

Weitere Inhalte

Manfred Wilke, Dr. rer. pol., geb. 1941; Studium an der Hochschule für Wirtschaft und Politik, Hamburg; Habilitation im Fach Soziologie an der FU Berlin; seit 1985 Professor für Wirtschaftssoziologie an der Fachhochschule für Wirtschaft, Berlin. Veröffentlichungen u. a.: Die Funktionäre. Apparat und Demokratie im DGB, München 1979; (zus. mit G. Otto) Der Kampf um die Köpfe. Mediengewerkschaft im DGB, München 1986; (zus. mit H. -P. Müller) FDGB: Vom alten Herrschaftsapparat zu neuer Gewerkschaftsmacht?, Sankt Augustin 1990.