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Jugoslawienpolitik am Wendepunkt | APuZ 37/1993 | bpb.de

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APuZ 37/1993 Ursachen des Krieges in Ex-Jugoslawien Jugoslawienpolitik am Wendepunkt Makedonien -der jüngste Staat auf der europäischen Landkarte Menschenrechtstragödien in Bosnien-Herzegowina

Jugoslawienpolitik am Wendepunkt

Marie-Janine Calic

/ 28 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Nach zwei Jahren intensiver diplomatischer Bemühungen im ehemaligen Jugoslawien haben die internationalen Vermittler das Scheitern ihrer Politik offen eingestanden. Verantwortlich hierfür sind analytische und interpretatorische Fehlleistungen von Seiten der internationalen Akteure, konzeptionelle Schwächen bei der Politikformulierung, institutionenspezifische und organisatorische Mängel sowie der Einsatz unangemessener und ineffizienter Instrumentarien. Allerdings sind die externen Einwirkungsmöglichkeiten wegen der außerordentlichen Komplexität der Konfliktstrukturen, ihrer Prozeßhaftigkeit und inneren Dynamik zwangsläufig begrenzt. Und bei aller Kritik darf nicht vergessen werden, daß die Tragödie auf dem Balkan nicht die internationalen Organisationen, sondern die politischen Eliten der jugoslawischen Nachfolgestaaten zu verantworten haben. Gleichwohl ist richtig, daß die Diplomatie wichtige Chancen verpaßt hat, frühzeitig schlichtend auf die Konfliktparteien einzuwirken.

Genau zwei Jahre nach Ausbrechen des jugoslawischen Krieges trat im Juni 1993 eine bemerkenswerte Wende in der westlichen Balkanpolitik ein. Aufgrund der endgültigen Ablehnung des von Lord Owen und Cyrus Vance entwickelten Friedensplans für die Bürgerkriegsrepublik Bosnien-Hercegovina mußten die Vertreter der Europäischen Gemeinschaft und der Vereinten Nationen das Versagen ihrer diplomatischen Bemühungen offen eingestehen. Nach Monaten intensivster Verhandlungen über eine völkerrechtlich akzeptable politische Lösung für den postjugoslawischen Raum sahen sie keine andere Alternative mehr, als sich dem Druck der militärischen Realitäten zu beugen und ihre ursprünglichen Prinzipien zu revidieren. Obwohl sie rhetorisch weiterhin an der territorialen Integrität der jugoslawischen Nachfolgestaaten festhalten, haben sie den Forderungen von Serben und Kroaten nachgegeben, über die Aufteilung Bosnien-Hercegovinas zu verhandeln. Zeitgleich mit diesem unverblümten Bekenntnis zur Realpolitik entzündete sich zwischen den westlichen Partnern und Verbündeten eine Debatte darüber, wer die Verantwortung für das Scheitern der Diplomatie im ehemaligen Jugoslawien trägt. Vor allem die Deutschen mußten harsche Kritik entgegennehmen, weil sie innerhalb der Europäischen Gemeinschaft auf die Anerkennung der vormals jugoslawischen Teilrepubliken als unabhängige und souveräne Staaten gedrungen hatten. Aufgrund ihrer vermeintlichen Untätigkeit wurden freilich auch die übrigen internationalen Akteure mit scharfen Worten bedacht.

I. Phasen des internationalen Engagements 1991-1993

Die internationalen Bemühungen um eine Lösung der jugoslawischen Krise haben im Verlauf von zwei Jahren drei Phasen durchlaufen, von denen die erste ganz im Zeichen Europas stand 1. Die „Stunde Europas“

Nachdem der jugoslawische Staat mit den Unabhängigkeitserklärungen Sloweniens und Kroatiens am 25. Juni 1991 endgültig auseinandergebrochen war und es in beiden Republiken zu ersten Kampfhandlungen zwischen den Territorialverteidigungen und der Jugoslawischen Volksarmee gekommen war, schalteten sich zunächst die KSZE und die Europäische Gemeinschaft ein, während sich die Vereinten Nationen ausdrücklich für nicht zuständig erklärten. Am 27. Juni setzte Österreich den KSZE-Krisenmechanismus in Gang und forderte die Belgrader Regierung zur Aufklärung ihrer militärischen Aktivitäten beim Wiener Konfliktverhütungszentrum auf. Kurz darauf beschloß der Europarat, seine Troika (bestehend aus den Außenministern Italiens, Luxemburgs und der Niederlande) zu einer Vermittlungsmission nach Jugoslawien zu entsenden.

Mit der am 7. /8. Juli 1991 verabschiedeten „Deklaration von Brioni“ hat die Troika einen ersten Verhandlungserfolg erzielt, den die EG als „Stunde Europas“ feierte. Das zwischen Slowenien, Kroatien und Serbien geschlossene Abkommen beruhte auf einem Waffenstillstand und setzte die Unabhängigkeit der beiden nördlichen Republiken für einen Zeitraum von drei Monaten aus, in dem sich die Konfliktparteien um eine einvernehmliche politische Lösung bemühen sollten. Die Europäische Gemeinschaft, die sich hierfür aktiv engagierte, verhängte ein Waffenembargo und suspendierte alle wirtschaftlichen Hilfen an das ehemalige Jugoslawien. Ebenso wie die KSZE entsandte sie Beobachtermissionen zur Überwachung des Waffenstillstands. Da aber allen Aktivitäten zum Trotz die Kämpfe weiter eskalierten, berief sie im September 1991 eine Friedenskonferenz nach Den Haag ein, die der ehemalige NATO-Generalsekretär, Lord Carrington, leitete. Sein Vorschlag, Jugoslawien in eine lose Konföderation souveräner Republiken umzuwandeln, wurde jedoch von Serbien abgelehnt. 2. Die Internationalisierung der Krise Angesichts der anhaltenden Kämpfe in Kroatien wandten sich die Außenminister der EG am 19. September mit der Bitte um Unterstützung an den UNO-Sicherheitsrat. Er beschloß, sich dem von der EG über Jugoslawien verhängten Waffenembargo anzuschließen und leitete damit die umfassende Internationalisierung des Balkankonflikts ein. Nunmehr setzte die Völkergemeinschaft auf eine zweigleisige Strategie: Während sich die EG weiter um die Vermittlung einer politischen Lösung bemühte, sollte die UNO im Bereich friedenserhaltender Maßnahmen (peace keeping) aktiv werden. Am 23. November gelang es ihrem Unterhändler, Cyrus Vance, einen dauerhaften Waffenstillstand zu vermitteln. Im Rahmen des Vance-Planes beschloß der Sicherheitsrat im Februar 1992 die Entsendung einer Schutzgruppe (UNPROFOR) in die kroatischen Kriegsgebiete Slawoniens und der Krajina. Sie sollte den Rückzug der Jugoslawischen Volksarmee und die Einhaltung des Waffenstillstands überwachen, die paramilitärischen Verbände demobilisieren und die Rückkehr der Vertriebenen ermöglichen. Ursprünglich auf zwölf Monate beschränkt, ist ihr Mandat bereits mehrmals verlängert worden.

Einen wichtigen Schritt für die Internationalisierung der Krise bedeutete die Unabhängigkeitswerdung der ehemaligen jugoslawischen Teilrepubliken. Auf Druck des deutschen Außenministers Hans-Dietrich Genscher stellten die Außenminister der EG am 17. Dezember 1991 in Aussicht, diese im Januar des folgenden Jahres unter bestimmten Bedingungen als unabhängige Staaten anzuerkennen. Am 15. Januar 1992 wurden Slowenien und Kroatien, am 7. April Bosnien-Hercegovina zu Völkerrechtssubjekten erklärt, während die Anerkennung Makedoniens vorläufig am griechischen Widerstand scheiterte. Unmittelbar nach ihrer internationalen Anerkennung griff der Krieg im April 1992 auch auf die Republik Bosnien-Hercegovina über. Seither verlagerte die internationale Gemeinschaft ihre Anstrengungen auf humanitäre Hilfe und Flüchtlingsfürsorge. Die Blockade der Hilfstransporte durch kämpfende Einheiten führte im Juni zur Entsendung zusätzlicher Blauhelme (UNPROFOR II) für den Flughafen Sarajevo. Am 30. Mai verhängte der Sicherheitsrat aufgrund der Resolution 757 wirtschaftliche Sanktionen gegen Serbien und Montenegro, die als Hauptverantwortliche identifiziert wurden. Er unterband den Warenverkehr mit den beiden Republiken, fror Zahlungen und Kredite ein und untersagte den Flugverkehr. Zusätzlich wurde die sportliche, kulturelle und technische Kooperation suspendiert. WEU und NATO erklärten sich bereit, das Embargo in der Adria zu überwachen. Am 22. September 1992 wurde das ehemalige Jugoslawien aus der UNO ausgeschlossen.

Mit der im August 1992 von EG und UNO initiierten Londoner Friedenskonferenz, bei der erstmals alle Konfliktparteien am gemeinsamen Verhandlungstisch Platz nahmen, intensivierte die Völkergemeinschaft ihre Bemühungen, eine politische Lösung für die Bürgerkriegsrepublik Bosnien-Hercegovina zu vermitteln. Bis heute werden die Gespräche in Genf und New York fortgesetzt.

Aufgrund der zunehmenden Menschenrechtsverletzungen entsandte der Sicherheitsrat im Oktober 1992 eine Menschenrechtskommission in das ehemalige Jugoslawien und beschloß die Einrichtung eines internationalen Gerichshofs zur Ahndung der Kriegsverbrechen. Im gleichen Monat verfügte er, die bereits auf der Londoner Konferenz beschlossene Flugverbotszone energischer zu kontrollieren und das Embargo notfalls mit Zwangsmaßnahmen durchzusetzen. 3. Das Eingreifen der USA Eine neue Phase im internationalen Konflikt-management schien zu beginnen, als im Januar 1993 die Vereinigten Staaten erstmals stärkeres Engagement im Jugoslawienkonflikt signalisierten. Der im Februar 1993 vorgelegte Sechs-Punkte-Plan des neuen Präsidenten Bill Clinton sah vor, mit Reginald Bartholomew einen eigenen Vermittler in den Verhandlungsprozeß einzusetzen. Zur Durchsetzung eines Friedensabkommens zog man erstmalig den Einsatz von Militärkräften in Betracht. In wesentlichen Punkten korrespondierten die Vorschläge Clintons jedoch mit der von der UNO vorgezeichneten Verhandlungslinie.

Im Verlauf von zwei Jahren erstreckten sich die internationalen Bemühungen um Konfliktprävention und -management folglich 1. auf die Kontrolle von Menschen-und Minderheitenrechten (in Form von Beobachtung und Dokumentation von Verstößen durch unabhängige Kommissionen), 2. die Vorbereitung und Durchführung diplomatischer, wirtschaftlicher und (begrenzter) militärischer Sanktionen, 3. die Organisation humanitärer Hilfe, 4. Maßnahmen zur Friedenssicherung (auf den Gebieten vorbeugender Diplomatie, Vermittlung von Waffenstillständen, Leitung von Friedensverhandlungen, Entsendung von Blauhelm-Truppen als peacekeeping forces sowie 5. die Bewältigung der Kriegsfolgen (Kriegsverbrecherprozesse). Angesichts der anhaltenden Kämpfe haben sich jedoch trotz dieser Aktivitäten die Chancen für eine dauerhafte Friedenslösung im postjugoslawischen Raum extrem verschlechtert.

II. Gründe für den begrenzten Erfolg des internationalen Engagements

Die Gründe für das Scheitern der internationalen Vermittlungsbemühungen sind auf vier Ebenen angesiedelt. Es geht 1. um analytische und interpretatorische Fehlleistungen von Seiten der internationalen Akteure, die konzeptionelle Schwächen bei der Politikformulierung nach sich zogen; behinderten institutionenspezifische und organisatorische Mängel einen frühzeitigen und effektiven Problemzugriff, so daß 4. inadäquate und ineffiziente Instrumentarien zum Einsatz kamen. Bei aller Kritik ist jedoch stets im Auge zu behalten, daß die Auflösung Jugoslawiens aufgrund der konträren Interessen und Ziele der Konfliktparteien, nicht zuletzt wegen ihrer überregionalen Dimensionen, eine der komplexesten und diffizilsten diplomatischen Herausforderungen der Nachkriegsepoche darstellt. 1. Konfliktwahrnehmung und -analyse Obwohl es an Warnsignalen nicht gefehlt hat, wurde die krisenhafte Zuspitzung der innerjugoslawischen Situation erst relativ spät wahrgenommen 2. Sowohl die Konflikthaftigkeit des in den späten achtziger Jahren in allen Teilrepubliken rasch um sich greifenden Nationalismus als auch die destabilisierenden Folgen des seit 1987 forcierten serbischen Zentralismus wurden weitgehend unterschätzt. Als 1991 der Bundesstaat endgültig kollabierte, war die Aufmerksamkeit der politischen Kreise noch durch die Folgen des Golfkriegs gebunden. Der Moskauer Putsch und der nahende Zerfall der Sowjetunion absorbierten alle diplomatischen Kräfte. Indikatoren wie der rapide Zerfall der gesamtstaatlichen Strukturen, die abnehmende Dialog-und Kompromißbereitschaft der Republiken und Bundesgewalten und nicht zuletzt die rapide Radikalisierung und Militarisierung der Gesellschaft drangen kaum ins Bewußtsein der Öffentlichkeit. Daß aus den innerjugoslawischen Wirren eine der größten diplomatischen Krisen nach 1945 entstehen könnte, hat niemand ernsthaft in Betracht gezogen.

Aus der begrenzten und selektiven Wahrnehmung zentraler Krisenindikatoren resultierten insbesondere in der Frühphase des Konflikts frappierende Fehlinterpretationen und -analysen. Vor allem hat man die Tragweite der Auseinandersetzung in zweierlei Hinsicht unterschätzt: Zum einen hielt sich mit zäher Hartnäckigkeit die Vorstellung, es handele sich um einen lokalen Konflikt, der sich auf das Gebiet des ehemaligen Jugoslawien begrenzen ließe, so daß die vielfältigen spill-over-Risiken kaum ernsthaft diskutiert wurden. Zum anderen wurden alle jugoslawischen Probleme als Ethno-und „Stammeskonflikte“ 3 und sogar „Religionskriege“ etikettiert. Dies ließ übersehen, daß die unter dem Rubrum ethnonationalistischer Kriege ausgetragenen Konflikte auf eine Vielzahl divergierender Probleme zurückgingen. Hierzu gehörten die jahrzehntelang schwelenden Macht-und Herrschaftskonflikte zwischen den Völkern und Republiken Jugoslawiens, aber auch soziale und wirtschaftliche Verteilungskämpfe zwischen den ärmeren und reicheren Regionen sowie nicht zuletzt eine aus dem niedrigen Entwicklungsniveau resultierende strukturelle Modernisierungskrise, die nahezu alle Lebensbereiche überschattet. Kurz gesagt, kulminierten Ende der achtziger Jahre handfeste ökonomische und machtpolitische Interessenkonflikte, die unter den Vorzeichen einer veränderten weltpolitischen Situation und einer sich rasch verschärfenden Wirtschaftskrise immer häufiger entlang ethnischer Linien artikuliert und in nationale Kategorien umgedeutet wurden. Die Nationalitäten-und Minderheitenproblematik, auf die sich anfänglich alle Schlichtungsversuche konzentrierten, bildete mithin nur einen schmalen Strang in einem dichten Konfliktbündel.

Die Reduktion auf ethnonationalistische Konflikt-lagen wiederum hat die Anfälligkeit für kulturzentristische Argumentationsmuster auf der Interpretationsebene erhöht, welche die Konfliktparteien gezielt für ihre Auseinandersetzung instrumentalisierten. So hat sich die kroatische Seite mit relativem Erfolg als integraler Bestandteil der zivilisierten katholisch-mitteleuropäischen Kultur präsentiert und die serbischen Nachbarn als Vertreter des barbarisch-despotischen Ostens ausgegrenzt. Die Serben haben sich dagegen mit dem Topos der jahrhundertealten Benachteiligung, Bedrohung und physischen Vernichtung, was sich symbolhaft im Kosovo-Mythos ausdrückt, eine universale Rechtfertigungsstrategie verschafft. Derartige Stereotypisierungen des Konflikts finden sich nicht nur in Zeitungskommentaren, sondern auch in der wissenschaftlichen Literatur wieder.Der Umgang westlicher Diplomaten und Politiker mit der jugoslawischen Krise war nicht zuletzt von verschiedensten Fehlannahmen geleitet. Aufgrund einer markanten Selbstüberschätzung ging zum Beispiel die Europäische Gemeinschaft davon aus, diesen hochgradig komplexen und eigendynamischen Konflikt noch in einem weit fortgeschrittenen Stadium mit relativ bescheidenen Mitteln von außen beeinflussen zu können. Hinzu kam die Annahme, daß sich die Akteure nach einer Logik verhielten, die der eigenen Rationalität entspräche. Nach dem Muster eines „mirror imaging“ ging man von kongruenten Verhaltensweisen zwischen den Konfliktparteien und den externen Vermittlungsinstanzen aus. Die an die serbische Seite adressierte Androhung ökonomischer Sanktionen beispielsweise übersah, daß deren Kriegsziele vom Primat der Politik diktiert waren und wirtschaftliche Interessen nur eine untergeordnete Rolle spielten. Allein diese Faktoren mußten zwangsläufig negativ auf den Entwurf einer koordinierten Jugoslawienpolitik wirken. 2. Jugoslawienpolitik ohne Konzepte Daß die westliche Jugoslawienpolitik lange Zeit konzeptionslos blieb, lag unter anderem daran, daß es gerade in der Frühphase des Konflikts nicht gelang, die eigene Interessenlage klar zu definieren Lange Zeit ging man davon aus, daß die Ereignisse im ehemaligen Jugoslawien keine vitalen Interessen des Westen berührten. Tatsächlich hatte mit dem Ende des Ost-West-Konflikts Jugoslawien seine zentrale geostrategische Bedeutung für die westliche Sicherheits-und Verteidigungspolitik verloren. Mit der seit der 1989 eingeleiteten Systemtransformation in Osteuropa büßte zudem die relative Liberalität des jugoslawischen Modells viel von ihrer ursprünglichen Attraktivität ein. Der krisengeschüttelte jugoslawische Bundesstaat rückte seit der demokratischen Wende in Osteuropa immer weiter aus dem Blickfeld.

Erst angesichts der rasch eskalierenden Kampfhandlungen gewann das westliche Interesse schärfere Konturen: Zum einen bedrohte der Krieg demokratische, rechtsstaatliche und humanitäre Mindeststandards und tangierte somit europäische Werteinteressen; zum anderen war schon bei Ausbrechen der kroatischen Krise abzusehen, daß West-bzw. Mitteleuropa kurzfristig nicht von den Kriegsfolgen verschont bleiben würde. Die rasch anschwellenden Flüchtlingsströme gefährdeten den sozialen Frieden der Aufnahmestaaten; darüber hinaus waren finanzielle Hilfs-und Wiederaufbauforderungen zu erwarten. Vor allem seit sich im Sommer 1992 die Kampfhandlungen auf Kosovo und Makedonien auszuweiten drohten, lag darüber hinaus offen, daß nicht nur in Ex-Jugoslawien und seinen Anrainerstaaten Frieden und Stabilität langfristig gefährdet sein würden. Sollten sich die Türkei und Griechenland als Gegner in einen großen Balkankrieg hineinziehen lassen, stünde nicht zuletzt der Zusammenhalt westlicher Bündnisstrukturen zur Debatte.

Obwohl alle europäischen Staaten diese globalen Herausforderungen früher oder später in ähnlicher Weise rezipierten, zeichneten sich hinsichtlich ihrer Bewältigung stark divergierende nationale Bewertungen ab. Diese resultierten aus objektiv unterschiedlich gelagerten Interessen, die aber offensichtlich von geopolitischen Orientierungen, historisch tradierten Bündnisloyalitäten und vermeintlichen konfessionell-kulturellen Sympathien überwölbt waren. Großbritannien und Frankreich schienen Serbien nahezustehen, während Deutschland offen die kroatische Sache unterstützte. Die im Umfeld der „orientalischen Frage“ des 19. Jahrhunderts gebildete Mächtekonstellation, Koalitionen und Gegnerschaften im Ersten Weltkrieg, die deutsch-französische Rivalität um die Hegemonie in Südosteuropa während der Zwischenkriegszeit, nicht zuletzt deutsche Mitteleuropa-Pläne und die nationalsozialistische Expansion während des Zweiten Weltkriegs traten in Erinnerung Die scheinbare Wiederkehr historischer und kultureller Affinitäten und Aversionen gab Anlaß zu vielerlei Spekulationen, ließ sich de facto aber kaum nachweisen Schwerer wog, daß diejenigen europäischen Staaten, die (wie Frankreich, Großbritannien und Spanien) selbst mit starken ethnonationalistischen und regionalistischen Bewegungen konfrontiert sind, die Auflösung des jugoslawischen Bundesstaats zwangsläufig anders interpretierten als die in dieser Hinsicht unbelasteten Deutschen. Die Konfliktparteien im ehemaligen Jugoslawien freilich versuchten, das latente Mißtrauen zwischen den europäischen Partnern für ihre Kriegsziele argumentativ zu nutzen. Den Ausgleich zwischen den unterschiedlichen nationalen Bewertungen und Interessen herzustellen, gestaltete sich insofern schwierig, als das Auseinanderbrechen Jugoslawiens die internationale Gemeinschaft auch noch vor gravierende völkerrechtliche Probleme stellte. Die nach Unabhängigkeit strebenden Republiken Slowenien und Kroatien beriefen sich im Sommer 1991 auf das Selbstbestimmungsrecht der Völker, das die Charta der Vereinten Nationen garantiert, das jedoch in seiner Anwendung höchst problematisch ist. Zum einen ist offen, welche ethnischen Gemeinschaften sich als „Völker“ definieren und Anspruch auf einen eigenen Nationalstaat anmelden können. Zum anderen konfligiert das Selbstbestimmungsrecht mit dem Prinzip der Unverletztlichkeit von Grenzen bzw.der territorialen Integrität von Staaten. Die UNO hat es in ihrer politischen Praxis stets als Selbstbestimmungsrecht von Staaten (im Sinne einer Befreiung von kolonialer Fremdherrschaft), nicht Völkern interpretiert Im ethnisch heterogenen Jugoslawien stand zu befürchten, bei Abspaltung einer Teilrepublik eine Kettenreaktion von Sezessionsbestrebungen in immer kleineren Einheiten auszulösen. Nicht zuletzt sollten in Hinblick auf den drohenden Zerfall der Sowjetunion und der Tschechoslowakei Präzedenzfälle vermieden werden.

Angesichts der verworrenen innerjugoslawischen Situation grenzte es ohnehin an die Quadratur des Kreises, eine für den gesamten Raum akzeptable politische Ordnung zu entwerfen und durchzusetzen. Der gravierendste Fehler der Jugoslawien-politik bestand aber darin, sich permanent mit Teillösungen zu bescheiden und zu ignorieren, daß die Probleme aller südslawischen Republiken unauflösbar miteinander verwoben sind. Wer ein Element innerhalb des labilen multinationalen staatlichen Konstruktes verschob, brachte das gesamte ethnische und politische Gefüge in Bewegung. Überspitzt gesagt, jede politische Reaktion gegenüber Slowenien hätte auf ihre Auswirkungen auf Makedonien hin überprüft werden müssen. Insofern war es durchaus begründet, daß die internationale Gemeinschaft zunächst am Erhalt des jugoslawischen Bundesstaats festhielt und erst angesichts der raschen Erosion der Bundesgewalten Konzepte zu seiner Konföderalisierung in Betracht zog

Monate nachdem sich die Republiken Slowenien und Kroatien für unabhängig erklärt hatten, schwenkte die EG angesichts anhaltender Kämpfe in Kroatien schließlich auf die von den Deutschen forcierte internationale Anerkennung ein. Sie kam zu dem Schluß, alle ehemaligen jugoslawischen Teilrepubliken in ihren bestehenden Grenzen anzuerkennen, sofern sie die Menschen-und Minderheitenrechte respektierten Noch im August 1992 hatten die Vertreter der EG und der UNO auf der nach London einberufenen Jugoslawien-Konferenz die Grundsätze ihrer Politik dahingehend präzisiert, eine gewaltsame Veränderung der Grenzen nicht zu akzeptieren und die ethnischen Vertreibungen rückgängig zu machen.

Der Vorsatz, alle Teilrepubliken in unabhängige und souveräne Staaten umzuwandeln, besaß mit Bosnien-Hercegovina und Makedonien zwei gefährliche Schwachstellen. In Bosnien-Hercegovina war in den Monaten vor der internationalen Anerkennung die Situation bereits extrem gespannt. Der serbisch-kroatische Krieg hatte die Gesellschaft in ethnische Fraktionen gespalten und drohte, sämtliche staatliche Strukturen aufzulösen. In verschiedenen Teilen des Landes hatten serbische Nationalisten autonome Gebiete ausgerufen, so daß die bosnische Regierung ihre Souveränität bereits im Frühjahr 1992 nur noch in sehr begrenztem Maße ausübte. Nach der Völkerrechtslehre besteht ein Staat jedoch dann, „wenn sich ein auf einem bestimmten Gebiet seßhaftes Volk unter einer selbstgesetzten, von keinem anderen Staate abgeleiteten, effektiv wirksamen und dauerhaften Ordnung organisiert hat.“ Dies war in Bosnien-Hercegovina offensichtlich nicht der Fall, und um so schwieriger gestaltete es sich, seine territoriale Integrität zu gewährleisten. Hinzu kam, daß Serbien und Kroatien massiv auf eine Aufteilung der Republik hinarbeiteten.

Prinzipiell erschien es wenig plausibel, warum das Zusammenleben der Völker in ethnisch heterogenen Republiken besser funktionieren sollte als im multinationalen jugoslawischen Bundesstaat. In Bosnien, wo drei staatstragende Nationen (Muslime, Serben und Kroaten) zusammenlebten, versuchte die EG, diesen Widerspruch durch eine Föderalisierung aufzulösen. Zu Beginn des Jahres 1992, also noch vor der internationalen Anerkennung, hatte sie gegen den Widerstand der Muslimedas Verhandlungskonzept serbischer und kroatischer Nationalisten übernommen, Bosnien in eine Balkanschweiz aus drei ethnischen Kantonen zu verwandeln. Da sich aber aufgrund der ethnischen Gemengelage keine klaren Grenzen zwischen den Siedlungsgebieten der bosnischen Nationen ziehen ließen, mündeten die Kantonsverhandlungen schließlich in Krieg und ethnische Vertreibungen ein. Erst als die Homogenisierung schon in vollem Gange war, hat sich die EG eines Besseren besonnen. Im Januar 1993 wurde der Plan eines regionalisierten, aber multiethischen bosnischen Staats ersonnen. Der theoretisch geniale Vance/Owen-Plan, der versuchte, die großserbischen Vereinigungsbestrebungen zu konterkarieren und Bosnien-Hercegovina in einen multiethnischen Föderalstaat umzuwandeln, kam freilich viel zu spät und erwies sich theoretisch wie praktisch als undurchführbar Nachdem ihn die bosnischen Serben im Frühjahr 1993 endgültig abgelehnt hatten, bestand kaum noch Aussicht, die Souveränität der Republik zu retten. Heute leugnet niemand mehr, daß Bosnien-Hercegovina unter den Kriegs-gegnern aufgeteilt wird

Den zweiten Problemfall stellt bis heute Makedonien dar, dessen Unabhängigkeitswerdung monatelang am griechischen Einspruch scheiterte Zwar zählt es heute zu den Gemeinplätzen, daß sich der jugoslawische Krieg mit gefährlichen Weiterungen auch auf die kleine Vielvölkerrepublik ausdehnen könnte; aber dennoch gibt es keine überzeugende Antwort darauf, mit welchen diplomatischen Maßnahmen sich dies verhindern ließe Die KSZE hat sich damit beschieden, Beobachterkommissionen zu bilden, und die USA haben im Juni 1993 in Funktion eines „Stolperdrahts“ 300 Soldaten nach Makedonien entsandt. Wie sich die Staatenwelt im Fall eines Übergreifens der Kämpfe auf diese Republik verhalten wird, ist jedoch vollkommen offen. 3. Organisatorische und institutionenspezifische Probleme Das Ausbrechen der jugoslawischen Krise traf Europa in einer Phase tiefgreifenden politischen Wandels auf mehreren Ebenen. Nach dem Ende des Ost-West-Konflikts mußten alle europäischen Staaten ihre außen-und geopolitischen Ziele neu definieren und ihre Organisationen und Institutionen umstrukturieren. Die Europäische Gemeinschaft befand sich 1991 auf dem Weg zur politischen Union und arbeitete an einer „Gemeinsamen Außen-und Sicherheitspolitik“ Ähnlich befand sich auch die KSZE noch auf dem Weg zu einer regionalen Abmachung mit eigenständigen Krisenmechanismen. Ihr Instrumentarium war auf zwischen-, nicht binnenstaatliche Konflikte zugeschnitten. Darüber hinaus fehlten ihr jegliche Sanktionsmöglichkeiten Im Grunde haben sich die europäischen Institutionen in das Konfliktmanagement eingeschaltet, ohne die hierfür notwendigen Entscheidungsstrukturen und Instrumentarien zu besitzen. „The lesson of Yugoslavia is, that no coordinated European security policy exists, no instruments for its future coordination are in place, and the , complimentarity‘ of current security studies, so cleverly advanced by many observers and politicians, is a myth.“ Nicht zuletzt deshalb haben viele Organisationen die jugoslawische Krise zum Anlaß genommen, ihre Zuständigkeiten und ihre operative Rolle zu überdenken (wie WEU und NATO) oder ihre Instrumentarien zu effektivieren (wie KSZE und UNO). Die meisten Diskussionen in diesem Zusammenhang sind jedoch noch nicht abgeschlossen.

Darüber hinaus entpuppte sich der Zerfall Jugoslawiens als Katalysator, um verbesserte Formen der Zusammenarbeit zwischen den internationalen Organisationen zu entwickeln. Angesichts der hektischen und unkoordinierten Betriebsamkeit, die in den Gremien entfaltet wurde, drohte sich das Konzept der „interlocking institutions" jedoch in eines von „interblocking institutions“ zu verkehren Arbeitsteilig sind heute alle wichtigen Institutionen mit dem Konfliktmanagement befaßt: Beobachtermissionen der KSZE kontrollierten bis Juli 1993 die Einhaltung der Menschen-und Minderheitenrechte in Serbien und in Makedonien.UNO und EG leiten weiterhin die Friedensverhandlungen zwischen den verfeindeten Parteien in Genf und New York, darüber hinaus sind die Vereinten Nationen mit Friedenstruppen in Kroatien und Bosnien-Hercegovina präsent. Die Westeuropäische Union und die NATO haben die Überwachung der Wirtschaftssanktionen in der Adria übernommen und kontrollieren die Einhaltung des Flugverbots.

Gleichwohl sind nach wie vor viele Organisationen durch die Uneinigkeit ihrer Mitgliedsstaaten blokkiert. Nicht selten entsprach die Zahl der in den Gremien diskutierten Lösungsvorschläge der Summe ihrer Mitgliedsstaaten. Während beispielsweise im Rahmen der Europäischen Gemeinschaft die Deutschen 1991 auf Anerkennung der Teil-republiken setzten, forderten Frankreich und Großbritannien die Aufrechterhaltung des völkerrechtlichen Status quo. Und um die Maastricht-Verhandlungen nicht zu gefährden, wurde in Kauf genommen, daß Griechenland monatelang die Anerkennung Makedoniens blockierte. Daß die USA durch die jugoslawischen Konflikte ihre vitalen Interessen nicht bedroht sahen und bei deren Lösung lange keine aktive Rolle spielten, schaltete eine wichtige Integrationsmacht aus Daher sind einige Autoren der Meinung, daß die lange Zurückhaltung der USA die Probleme der westlichen Jugoslawienpolitik verstärkt hat

Viele diplomatischen Ungereimtheiten erklären sich nicht zuletzt daraus, daß dem Umgang mit der Jugoslawienkrise in dreifacher Hinsicht symbolische Bedeutung beigemessen wurde. Zum einen ging man davon aus, daß Jugoslawien grundsätzlich einen Test-und Präzedenzfall für das Management ethnonationaler Konflikte darstellt und daß von seiner Bewältigung Signalwirkung auf andere Spannungsregionen ausgeht. Alle Bemühungen konzentrierten sich darauf, angesichts der seit 1989 erstarkenden zentrifugalen Kräfte in der Sowjetunion und in der Tschechoslowakei keine Präzedenzfälle zu schaffen. Insofern wurde die westliche Balkanpolitik stets als Botschaft an die osteuropäischen Reformstaaten begriffen. Zum zweiten wird der jugoslawische Krieg in vielen Staaten für rein innenpolitische Ziele instrumentalisiert. Oft dient die Kritik an der offiziellen Balkanpolitik den nationalen Oppositionsparteien lediglich dazu, sich über außenpolitische Themen gegenüber ihren Regierungen zu profilieren. So nutzen in einigen islamischen Ländern die Fundamentalisten den Balkankrieg für antiwestliche Propaganda In Rußland pochen die Gegner Boris Jelzins auf die Solidarität mit den Serben, um ihre eigene Position zu stärken. Zum dritten diente die Jugoslawien-krise als Instrument, um das innereuropäische Kräfteverhältnis zu definieren, und in gewisser Weise hat sie sich zum Katalysator für eine Nationalisierung der Außenpolitik entwickelt. In ihrem Verlauf ist unter anderem die Furcht entstanden, daß das wiedervereinigte Deutschland mit Hilfe seiner Jugoslawienpolitik die Führungsrolle im europäischen Mächtekonzert übernehmen wolle Jeder Vorschlag zur Konfliktlösung wurde folglich dahingehend analysiert, welche Auswirkungen er auf die Rangordnung der europäischen Partner-staaten haben könnte, und weniger unter dem Aspekt, ob er im Sinne der Konfliktlösung zielführend sei. „In this wider diplomatic game, Yugoslavia ultimately counted for little.“ 4. Wirkungslose Instrumentarien Im Verlauf der jugoslawischen Krise kam eine breite Palette von Instrumentarien zum Einsatz. Viele Reaktionen erfolgten jedoch verspätet, trugen rein symbolischen Charakter oder blieben insgesamt widersprüchlich So wurde das Embargo gegen Serbien und Montenegro erst im Mai 1992, rund ein Jahr nach Kriegsausbruch, vom Sicherheitsrat bestätigt. Auch der im Januar 1993 vorgelegte Vance-Owen-Plan, der vorsah, Bosnien-Hercegovina in zehn multiethnische Provinzen mit gemeinsamer Zentralregierung zu zerlegen, hatte angesichts der massenhaften ethnischen Vertreibungen zum Zeitpunkt seiner Entstehung bereits keine realistische Chance mehr.

Zu den wichtigsten und umstrittensten diplomatischen Schritten gehörte die Anerkennung der ehemaligen jugoslawischen Teilrepubliken als unabhängige Staaten Seit sich das bosnische Debakelnicht mehr vertuschen läßt, ergehen sich die Verbündeten in gegenseitigen Schuldzuweisungen über ihre Balkanpolitik. So sorgte bereits im Mai d. J.der niederländische Botschafter, Arnold Peter van Walsum, mit seiner Kritik an der deutschen Anerkennungspolitik für Aufsehen, und auch der Bericht des EG-Vermittlers Henry Wynaendt schlug in dieselbe Kerbe Einen Monat später warf der amerikanische Außenminister Warren Christopher den Deutschen eine besondere Verantwortung für die Entwicklung auf dem Balkan vor, weil sie die EG zur Anerkennung der Teil-republiken überredet hätten. Wenig später schloß sich sein früherer französischer Amtskollege Roland Dumas mit der These an, der deutsche Alleingang habe zur Eskalation des Krieges in Bosnien-Hercegovina geführt Diesen Anschuldigungen traten die Deutschen mit dem Argument entgegen, daß die Anerkennung auf einem gemeinsamen Beschluß der zwölf EG-Staaten beruhe und ohnehin nur die bereits faktisch vollzogene Auflösung Jugoslawiens sanktioniere. Darüber hinaus habe man sich von der Internationalisierung des Konflikts eine abschreckende Wirkung auf die serbischen Angreifer versprochen, während ein längeres Abwarten die Serben in ihrer Eroberungspolitik ermuntert hätte

Tatsächlich sind an der Anerkennungspraxis formal zwei Aspekte problematisch. Zum einen griff die deutsche Ankündigung, Slowenien und Kroatien zu Völkerrechtssubjekten zu erklären, den Ergebnissen der unter Leitung des französischen Verfassungsrechtlers Badinter eigens gebildeten Schiedskommission der EG vor, die erst Mitte Januar 1992 vorliegen sollten. Zum anderen mißachtete die deutsche Ankündigung die Kommissionsempfehlung, zunächst die Republiken Slowenien und Makedonien, welche alle Kriterien erfüllten, in die Staatengemeinschaft aufzunehmen. Indem die EG schließlich Slowenien und Kroatien, nicht aber Makedonien in den Kreis souveräner Staaten aufnahm, hat sie sich in tiefe Widersprüche verstrickt.

Inkonsequent hat sich die Völkergemeinschaft auch insofern benommen, als sich niemand bereit fand, die Souveränität ihrer jüngsten Mitglieder militärisch zu gewährleisten. Zwar ist die Frage eines bewaffneten Eingreifens seit Ausbruch des jugoslawischen Kriegs im Sommer 1991 in unterschiedlichsten Gremien immer wieder diskutiert und durchgespielt worden. Dabei schälte sich jedoch ein breiter Konsens gegen die Entsendung von Bodentruppen heraus. Die Hauptargumente lauteten, daß ein militärisches Eingreifen ohne politische Lösungen keinen Sinn habe und daß der Umfang, die Dauer und die Gefahren eines solchen Einsatzes unabsehbar seien Die Experten kamen zu dem Schluß, daß bei einer Militärintervention im ehemaligen Jugoslawien Zweck und Mittel in einem groben Mißverhältnis zueinander stünden, daß die politischen und militärischen Risiken kaum kalkulierbar und die Aussichten auf einen politischen Erfolg verschwindend gering seien. Scheidet jedoch die Anwendung von Gewalt aus, stehen nur noch diplomatische und ökonomische Sanktionen zur Verfügung. Über die Wirksamkeit ökonomischer Zwangsmaßnahmen als Mittel der Außenpolitik herrscht in der wissenschaftlichen Literatur keine einhellige Meinung. Kritiker führen ins Feld, daß sich Embargos kaum lückenlos durchsetzen lassen und deshalb prinzipiell nur begrenzte Effekte erzielen. Darüber hinaus ist nicht erwiesen, inwieweit sich Außenpolitik überhaupt durch wirtschaftliche Sanktionen beeinflussen läßt Im Falle Serbiens haben sich die Hoffnungen, auf diesem Wege den jugoslawischen Krieg beenden zu können, jedenfalls bislang nicht erfüllt Zwar hat das Embargo die ohnehin schwer beschädigte Volkswirtschaft Serbiens und Montenegros dicht an den Rand des Kollapses geführt. Im Januar und Februar 1993 lag die Industrieproduktion bereits 40 Prozent niedriger als ein Jahr zuvor, die Exportaktivität fiel im gleichen Zeitraum um 77, 4 Prozent Bei galoppierender Inflation sind 3, 5 Mio. Menschen aufgrund von Arbeitslosigkeit, Zwangsurlaub und sinkenden Sozialleistungen unter die Armutsschwelle gerutscht Aber trotz dieser rasanten Talfahrt der Wirtschaft hat die jugoslawische Regierung für 1993 wieder eine Rekordsumme für den Verteidigungshaushalt bereitgestellt Gleichzeitig führt sie weiterhin einen erheblichen Anteil des Nationaleinkommens an die Serben Kroatiens und Bosnien-Hercegovinas ab. Eine wirtschaftliche Lähmung der Kriegsmaschinerie ist daher vorerst nicht zu erwarten. Auch die Hoffnung, daß die dramatische Verschlechterung der ökonomischen Lage einen Umsturz der innerserbischen Machtverhältnisse bewirken könne, hat sich bislang nicht erfüllt. Im Gegenteil hat die internationale Isolierung das Regime sogar noch stabilisiert Die Wahlen vom 20. Dezember 1992 haben die Position der ultranationalistischen Kräfte deutlich gestärkt Noch bevor seine Volkswirtschaft endgültig zusammenbricht, wird Serbien seine Kriegs ziele erreicht haben

Die Hauptaktivitäten der internationalen Gemeinschaft konzentrieren sich darauf, im Rahmen von Friedenskonferenzen eine politische Lösung für den postjugoslawischen Raum zu vermitteln. Obwohl Serbien von der internationalen Gemeinschaft als Hauptaggressor identifiziert und mit umfassenden Sanktionen belegt wurde, basiert das Verhandlungskonzept der EG und der UNO auf neutraler Vermittlung. In asymmetrischen Konflikten, wenn sich Machtressourcen und militärisches Potential ungleich verteilen, begünstigt dies zwangsläufig den Aggressor So hat auch das über alle jugoslawische Nachfolgestaaten verhängte Waffenembargo das Ungleichgewicht zwischen den Kriegsparteien zementiert Und letztlich hat auch die Entsendung der Blauhelmtruppen nach Kroatien faktisch eher dazu beigetragen, die serbischen Eroberungen abzusichern als die Souveränität Zagrebs wiederherzustellen.

III. Die Folgen des jugoslawischen Desasters

Die Kapitulation der Diplomatie vor dem jugoslawischen Krieg hat weitreichende Folgen. Die drohende Aufteilung Bosnien-Hercegovinas wird keinen Stabilitätsgewinn für den postjugoslawischen Raum, geschweige denn für die südosteuropäische Gesamtregion bringen. Der seit Monaten tobende Krieg um die Grenzen, das Tauziehen um die Verteilung der wirtschaftlichen Ressourcen und die Gefahr ethnischer Vertreibungen verlagern sich von der innerrepublikanischen auf die zwischenstaatliche Ebene. Nicht mehr der bosnische Vielvölkerstaat, sondern das serbisch-kroatische Verhältnis entwickeln sich dann zur zentralen Konfliktquelle.

Hinzu kommt, daß die gewaltsame Umgestaltung des südslawischen Staatensystems die politisch-territoriale Ordnung der gesamten südosteuropäischen Region in Frage stellt. Mit der Rehabilitierung der Barbarei demonstriert die internationale Gemeinschaft, daß Gewalt ein probates und trotz rhetorischer Verurteilung letztlich akzeptiertes Mittel darstellt, politische Ziele durchzusetzen. Dies gilt sowohl für den Gewinn oder Verlust der Eigenstaatlichkeit als auch für die Veränderung staatlicher und ethnischer Grenzen. Daß sich politische und ethnische Grenzen unter den Augen der internationalen Gemeinschaft gewaltsam ändern lassen, schafft einen Präzedenzfall, der in gefährlicher Weise zur Nachahmung einlädt. So bleibt zu hoffen, daß die radikalen Umwälzungen im ehemaligen Jugoslawien keine Demonstrationseffekte auf die weitere Balkanregion ausüben, wo vierzig Minderheiten-konflikte und fünfzig zwischenstaatliche Krisen schwelen

In abstrakten Kategorien gedacht, stellt die Zerstückelung Bosnien-Hercegovinas also nicht nur die Existenz dieses einen Staates, sondern der ganzen politisch-territorialen Ordnung Südosteuropas in Frage. Mit Kosovo und Makedonien könnte sich der jugoslawische Krieg auf andere Regionen ausweiten Sollte sich die realpolitische Linie einer Aufteilung Bosniens durchsetzen, wären alle Bemühungen um eine Stabilisierung der Vielvölkerrepublik Makedonien, die durch territoriale Aspirationen ihrer vier Nachbarn Serbien, Bulgarien, Albanien und Griechenland bedroht ist, obsolet. Analog steht das Schicksal der bosnischen Muslime, für die im Rahmen einer realpolitisch strukturierten Friedensordnung kein angemessener Platz mehr zu finden sein wird, für eine bunte Vielzahl ethno-konfessioneller Gruppen in Südosteuropa, die im Zuge des erstarkenden Nationalismus in vielen Ländern immer stärker unter Druck geraten. Darüber, ob die Vernichtung des säkularen Islams im ehemaligen Jugoslawien zu einem Erstarken fundamentalistischer Orientierungen führt, läßt sich derzeit nur spekulieren. Das gleiche gilt für die Ausbreitung (eventuell terroristischer) irredentistischer Bewegungen.

Nicht nur die Gefahr eines großen Balkankriegs, in dem Griechenland zugunsten der Serben und die Türkei auf Seiten der Albaner intervenieren könnten, tangiert schließlich westeuropäische Bündnis-strukturen. Schon jetzt hat der Streit darüber, wer die Schuld am jugoslawischen Dilemma trägt, die westlichen Partner und Verbündeten entzweit

Insofern ist durch den jugoslawischen Krieg auch die Identität und der Zusammenhalt des Westens bedroht

IV. Fazit

Nach zwei Jahren Krieg im ehemaligen Jugoslawien scheint das Versagen der Diplomatie auf allen Ebenen vollkommen: Weder auf dem Gebiet der Konfliktprävention noch im Krisenmanagement, geschweige denn im Bereich strategischer Langzeitplanung hat die internationale Gemeinschaft nennenswerte Erfolge erzielt. Diplomaten, Politiker und Wissenschaftler haben daher versucht, Lehren aus der gescheiterten Jugoslawienpolitik zu formulieren. Ein breiter Konsens läßt sich hinsichtlich genereller Regelungen feststellen: Die internationale Gemeinschaft müsse ihr Warnsystem optimieren, sich frühzeitig und koordiniert in Krisenregionen einmischen, dabei Entschiedenheit, Konsequenz und Glaubwürdigkeit demonstrieren.

Der Westen, so sieht es aus, hat aus der Jugoslawienkrise vor allem über sich selbst gelernt. Er suggeriert, daß sich der Krieg auf dem Balkan hätte verhindern lassen, wenn nur die europäischen Staaten größere Einigkeit besessen und ihre Instrumentarien einen rascheren und problemorientierten Zugriff erlaubt hätten. Angesichts der hochgradigen Komplexität der Konfliktstrukturen, ihrer Prozeßhaftigkeit und inneren Dynamik ist dies jedoch mehr als fraglich. Darüber hinaus bleibt unter den westlichen Partnern und Verbündeten weiter umstritten, welche Erkenntnisse en detail aus dem diplomatischen Desaster zu gewinnen sind. Konkrete Schritte der Jugoslawienpolitik werden nach wie vor national sehr unterschiedlich bewertet Solange der Minimalkonsens gemeinsamer Interessen in Krisen-und Konflikträumen nicht gefunden ist, solange eine akzeptierte Kasuistik für das Management ethnonationaler Konflikte fehlt, bleibt dieses Manko wohl unüberwindlich. Und entsprechend finster sind die Perspektiven für eine künftige Balkanpolitik.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Zur Chronologie der innerjugoslawischen Entwicklung vgl. John Zametica, The Yugoslav Conflict, London 1992; Misha Glenny, The Fall of Yugoslavia. The Third Balkan War, London 1992; Mark Thompson, A Paper House. The Ending of Yugoslavia, New York 1992; James Gow, Legitimacy and the Military. The Yugoslav Crisis, London 1992; Paul Garde, Vie et mort de la Yougoslavie, Paris 1992; Catherine Samary, Krieg in Jugoslawien, Köln 1992. Eine systematische Zusammenfassung der internationalen diplomatischen Aktivitäten bieten u. a. James B. Steinberg, The Role of European Institutions in Security After the Cold War: Some Lessons from Yugoslavia, Santa Monica 1992 (Rand: N-3445-FF); Die Internationalen Organisationen EG, WEU, KSZE, NATO und VN [UNO] im Jugoslawien-Konflikt, Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, Info-Brief 131/93.

  2. Vgl. Heinz Vetschera/Andrea Smutek-Riemer, „Signale“ zur Früherkennung von krisenhaften Entwicklungen. Am Beispiel der Entwicklung zur Jugoslawien-Krise, in: österreichische Militärische Zeitschrift, 31 (1993) 1, S. 17-25.

  3. Vgl. Dunja Melde, Krieg, Blauhelme und europäische Politik, in: die tageszeitung vom 10. Dezember 1992, S. 12.

  4. Vgl. Viktor Meier, Ohne Konzept für den Balkan. Das Grundübel westlicher „Jugoslawien“ -Politik, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 7. Dezember 1992, S. 7; ders., Zögern, hinnehmen, wegschauen. Der Westen ohne Jugoslawien-Politik, in: ebd. vom 30. Januar 1993, S. 10.

  5. Vgl. Wolfgang Danspeckgruber, Balkan Web: Unraveling A Region’s Tangled History, in: The Washington Post vom 9. Mai 1993, S. 4

  6. Vgl. Eberhard Rondholz, Deutsche Erblasten im jugoslawischen Bürgerkrieg, in: Blätter für deutsche und internationale Politik, 37 (1992) 7, S. 829-838; Michel Korinman, L’Autriche, l'Allemagne et les Slaves du Sud, in: Hrodote, 63 (1991), S. 52-65; Yves Lacoste, La question serbe et la question allemande, in: Hrodote, 67 (1992), S. 3-48; Norman Stone, Wir sind hier, weil wir hier sind, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 22. Juni 1993, S. 32; Viktor Meier, Vom Nachteil historischer Vorurteile. Die angelsächsische Vorliebe für die Serben, in: ebd. vom 17. Juni 1993, S. 12.

  7. Vgl. Hurst Hannum, Autonomy, Sovereignty and Self-Determination, Philadelphia 1990, S. 25ff.; Peter Coulmas, Das Problem des Selbstbestimmungsrechts. Mikronationalismus, Anarchie und innere Schwäche der Staaten, in: Europa Archiv, 48 (1993) 4, S. 85-92.

  8. Vgl. Anton Bebler, Jugoslawiens Zukunftsperspektiven. Widerstreitende Konzeptionen zur Neuordnung des Staates, in: Südosteuropa, 40 (1991) 1, S. 1-10.

  9. Vgl. Alain Pellet, The Opinions of the Badinter Arbitration Committee. A Second Breath for the Self-Determination of Peoples, in: European Journal of International Law, 3 (1992) 1, S. 178-185; Report of the European Community Arbitration Committee, in: Yugoslav Survey, 33 (1992) 1, S. 121-134.

  10. Alfred Verdross/Bruno Simma, Universelles Völker-recht, Theorie und Praxis, Berlin 19913, S. 224.

  11. Vgl. Marie-Janine Calic, Der Krieg in Bosnien-Hercegovina. Ursachen, Verlaufsformen und Lösungsmöglichkeiten, unv. Manuskript, Ebenhausen 1993; Robert M. Hayden, The Partition of Bosnia and Herzegovina, 1990-1993, in: RFE/RL Research Report, 2 (1993) 2, S. 1-14.

  12. Vgl. Marcus Tanner, West Sets the Stage for a Human Tragedy, in: The Independent vom 8. Juni 1993, S. 10; Viktor Meier, Sollen die Muslime in Bosnien in „Reservaten“ leben?, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 10. Mai 1993, S. 3.

  13. Vgl. dazu den Beitrag von Jens Reuter in diesem Heft.

  14. Vgl. Jonathan Eyal, How to Stop the War From Spreading, in: The Wall Street Journal vom 25. Juni 1993, S. 6.

  15. Vgl. Michael Brenner, The EC in Yugoslavia: A Debüt Performance, in: Security Studies, 1 (1992) 4, S. 586-609; Predrag Simic, Bürgerkrieg in Jugoslawien: Vom lokalen Konflikt zur europäischen Krise, in: Südosteuropa-Mitteilungen, 33 (1933) 1, S. 35-49.

  16. Vgl. Norbert Ropers/Peter Schlotter, Vor den Herausforderungen des Nationalismus: Die KSZE in den neunziger Jahren, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 15-16/93, S. 20-27; Heinz Vetschera, Die KSZE-Krisenmechanismen und ihr Einsatz in der Jugoslawien-Krise, in: österreichische Militärische Zeitschrift, 29 (1991) 5, S. 405-411.

  17. Jonathan Eyal, Europe and Yugoslavia: Lessons From A Failure, London 1993 (Whitehall Paper 19), S. 80.

  18. Vgl. John Roper, Jugoslawien und die neue Struktur europäischer Sicherheit. EG, NATO, WEU, KSZE -welche Aufgabe für wen?, in: Dokumente, 48 (1992) 2, S. 38-42.

  19. Vgl. George Kenney, Does Bosnia Matter?, in: World Policy Journal, 9 (1992) 4, S. 639-654; Michael Brenner, Les tats-Unis et la Crise Yougoslave, in: Politique trangre, 57 (1992) 2, S. 329-338; Klaus-Dieter Frankenberger, Ohne Kompaß. Der Balkankonflikt und die amerikanische Führungsrolle, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 29. Mai 1993, S. 10.

  20. Vgl. J. B. Steinberg (Anm. 1); J. Eyal (Anm. 17), S. 80.

  21. Vgl. Bassam Tibi, „Das muslimische Blut ist das billigste Blut“, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 1. Juni 1993, S. 12; Khalid Duran, Dschihad der Bosnier gegen Kreuzzug der Groß-Serben. Auf islamische Solidarität können die Muslime nicht bauen, in: ebd. vom 15. September 1992, S. 10.

  22. Vgl. Pierre M. Gallois, Vers une prödominance allemande, in: Le Monde vom 16. Juli 1993, S. 2; Hans Stark, Dissonances franco-allemandes sur fond de guerre serbocroate, in: Politique trangre, 57 (1992) 2, S. 339-347.

  23. J. Eyal (Anm. 17), S. 33.

  24. Vgl. Catherine Guicherd, L’heure de l’Europe. Premires leons du conflit Yougoslave, Paris 1993.

  25. Vgl. Heinz Jürgen Axt, Hat Genscher Jugoslawien entzweit? Mythen und Fakten zur Außenpolitik des vereinten Deutschlands, in: Europa-Archiv, 48 (1993) 12, S. 351-360; Alexander Mühlen, Die deutsche Rolle bei der Anerkennung der jugoslawischen Sezessionsstaaten, in: Liberal, 34 (1992) 2, S. 49-55; Arthur Heinrich, Neue deutsche Außenpolitik. Selbstversuche zwischen Zagreb und Brüssel, in: Blätter für deutsche und internationale Politik, 36 (1992) 12, S. 1446-1458; Bruno Schoch, Anerkennung als Ersatzhandlung. Ein kritischer Rückblick auf die Bonner Jugoslawien-politik, in: Peter Schlotter u. a. (Hrsg.), Der Krieg in Bosnien und das hilflose Europa. Plädoyer für eine militärische UN-Intervention, Frankfurt a. M. 1993 (HSFK-Report 5-6/1993), S. 37-53.

  26. Vgl. Verbauter Rückzug aus einem untauglichen Konzept, in: General-Anzeiger vom 27. Mai 1993, S. 4; Henry Wynaendts, L’engrenage. Chroniques Yougoslaves, juillet 1991-aoüt 1992, Paris 1993.

  27. Vgl. Trübungen zwischen Bonn und Washington. Kohl und Kinkel verwahren sich, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 19. Juni 1993, S. lf. Eine entsprechende Anklage erhoben bereits: John Newhouse, Bonn, der Westen und die Auflösung Jugoslawiens. Das Versagen der Diplomatie -Chronik eines Skandals, in: Blätter für deutsche und internationale Politik, 37 (1992) 10, S. 1190-1205; William Horsley, United Germany’s Seven Cardinal Sins. A Critique of German Foreign Policy, in: Millennium, 21 (1992) 2, S. 225-241.

  28. Vgl. Immo Stabreit, Yugoslav Breakup: Don’t Blame Germany, in: The Washington Post vom 29. Juni 1993, S. A 9; Peter Sartorius, War Bonn an allem schuld? Von den Schwächen der Argumente gegen Genschers Balkan-Politik, in: Süddeutsche Zeitung vom 5. Juni 1993, S. 10; Werner A. Perger, Warum Bonn am Pranger steht, in: Die Zeit vom 25. Juni 1993, S. 5; Viktor Meier, Verantwortlich sind England und Frankreich, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 9. Juni 1993, S. 12.

  29. Vgl. Paul Beaver, In Yugoslavia, Only Fools March In, in: The Wall Street Journal vom 16. Dezember 1992, S. 6; Edward Cowan, The Price Of Intervention, in: The Independent vom 30. April 1993, S. 23; Cohn L. Powell, Die Ziele müssen klar sein, in: Die Zeit vom 16. Oktober 1992, S. 16; Dieter S. Lutz, Militärische Gewalt -Mittel gegen den Krieg in Bosnien-Herzegowina?, in: Vierteljahresschrift für Sicherheit und Frieden, 8 (1992) 3, S. 146-150.

  30. Vgl. Peter A. G. van Bergeijk, Success and Failure of Economic Sanctions, in: Kyklos, 42 (1989) 3, S. 385-404; Hanns W. Maull, Wirtschaftssanktionen als Instrument der Außenpolitik, in: Jahrbuch für Politik, 1 (1991) 2, S. 341-367.

  31. Am 30. Mai 1992 hatte der Sicherheitsrat Sanktionen erlassen, die im September des gleichen Jahres noch einmal verschärft wurden. Angesichts der anhaltenden Kämpfe in Bosnien-Hercegovina hatte er im April 1993 eine strenge Überwachung der Blockade (vor allem der Donau) durchgesetzt.

  32. Vgl. David Dyker/Vesna Bojicic, The Impact of Sanctions on the Serbian Economy, in: RFE/RL Research Report, 2 (1993) 21, S. 50-54.

  33. Vgl. Jens Reuter, Eine Ausweitung des Kriegs ist wahrscheinlicher als der Frieden, in: Das Parlament vom 12. März 1993, S. 10.

  34. Vgl. Brdo novca za novu vojsku (Ein Berg Geldes für die neue Armee), in: Borba vom 21. Dezember 1992, S. 10.

  35. Vgl. J. M. Scolnick, How Governments Utilize Foreign Threats, in: Conflict, 8 (1988), S. 12-22.

  36. Vgl. Milan Andrejevich, The Radicalization of Serbian Politics, in: RFE/RL Research Report, 2 (1993), S. 14-24; ders., What Future for Serbia, in: ebd., 1 (1992) 50, S. 7-17.

  37. Eine andere Frage ist, ob sich das Spektrum nichtmilitärischer Sanktionen nicht noch erweitern ließe. Friedensforscher haben einen breitgefächerten Katalog wirtschaftlicher, währungspolitischer, völkerrechtlicher, kultureller, elektronischer, technischer und (beschränkter) militärischer Zwangsmaßnahmen entwickelt, die im Sinne einer Eskalationsskala noch zum Einsatz kommen könnten. Vgl. Achim Schmillen/Erich Schmidt-Eenboom, Friedliche Konfliktregelung und aktive Konfliktaustragung, in: Mediatus, 12 (1992) 5. S. 3-6.

  38. Vgl. Peter Schlotter, Vom Scheitern einer Vermittlung: Europäische Gemeinschaft und Vereinte Nationen im Krieg auf dem Balkan, in: ders. u. a. (Anm. 25), S. 54-65; Dieter Senghaas, Wie Gewaltfreiheit den Aggressor begünstigt. Lehren aus den Kriegen im ehemaligen Jugoslawien, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 7. Juli 1993, S. 7.

  39. Vgl. Albert Wohlstetter, The Way Out, in: The Wall Street Journal vom 5. Juli 1993, S. 10.

  40. Vgl. Francois Heisbourg/Pierre Lellouche, Maastricht ou Sarajevo?, in: Le Monde vom 17. Juni 1993, S. lf.

  41. Vgl. Michael W. Weithmann, Krisenherd Balkan. Ursprünge und Hintergründe des aktuellen Konflikts, München 1992, S. 210ff.

  42. Vgl. Patrick Moore, Kosovo Could Spark Another Balkan War, in: RFE/RL Research Report, 1 (1992) 50, S. 18-20.

  43. Vgl. John Thomson, Solidarität auf dem Prüfstand, in: Die Zeit, Nr. 26 vom 25. Juni 1993, S. 8.

  44. Vgl. Michael Stürmer, Debakel des Westens, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 28. Juli 1993, S. 10.

  45. Vgl. D. Senghaas (Anm. 38); Edward Mortimer, What we should have done, in: Financial Times vom 6. Januar 1993, S. 8; J. Eyal (Anm. 17); C. Guicherd (Anm. 24).

Weitere Inhalte

Marie-Janine Calic, Dr. phil., geb. 1962; wissenschaftliche Referentin für Südosteuropa bei der Stiftung Wissenschaft und Politik, Ebenhausen. Veröffentlichungen u. a.: Die Minderheitenfrage in historischer Perspektive, in: Südosteuropa, 40 (1991) 5; Zur Sozialgeschichte ethnischer Gruppen. Fragestellungen und Methoden, in: Edgar Hösch/Gerhard Seewann (Hrsg.), Aspekte ethnischer Identität, München 1991; Soziale Ungleichheit in Serbien und der Vojvodina (1918-1941). Die Verteilung der Bildungschancen, in: ebd.