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Erfolg von Unternehmen. Plädoyer für einen kritischen Umgang mit dem Erfolgsbegriff | APuZ 23/1996 | bpb.de

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APuZ 23/1996 Erfolgsstrategien unbekannter Weltmarktführer. Ergebnisse einer empirischen Untersuchung Erfolgsfaktoren und ihre Gestaltung in der betrieblichen Praxis. Empirische Ergebnisse und Handlungsempfehlungen Erfolgsfaktoren von erfolgreichen Unternehmen im deutschsprachigen Raum Erfolg von Unternehmen. Plädoyer für einen kritischen Umgang mit dem Erfolgsbegriff

Erfolg von Unternehmen. Plädoyer für einen kritischen Umgang mit dem Erfolgsbegriff

Hagen Rudolph

/ 16 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Erfolg und Mißerfolg scheinen intuitiv leicht erfaßbar, doch allzuleicht werden Probleme, die mit der Verwendung dieser Begriffe einhergehen, übersehen. So können beispielsweise zufällige Einflüsse zu einem Erfolg führen, der ursprünglich nicht geplant war, im nachhinein aber als angestrebt hingestellt wird. Einige Studien, die Ursachen für Erfolge von Organisationen oder Unternehmen ermitteln, nennen lediglich ökonomische Faktoren. Tatsächlich steht jedoch eine breite Palette von Erfolgsindikatoren zur Verfügung. Deren Verwendbarkeit hängt aber von der Perspektive des Betrachters und von dem Bild, welches dieser von Organisationen hat, ab. Die Beachtung dieser Zusammenhänge führt zu einem weniger oberflächlichen Verständnis des Erfolgsbegriffs.

I. Problemstellung

Abbildung: Differenzierung des Erfolgsbegriffes Quelle: Eigene Darstellung.

Wirft man einen Blick in Wirtschafts-und Managementmagazine, dann wird bald deutlich, welche Unternehmen und welche Manager als erfolgreich gelten. Die Bewertung kann jedoch schnell umschlagen. Wie z. B. Heinz Schimmelbusch und die Metallgesellschaft gezeigt haben, ist der Weg vom Manager des Jahres zur Persona non grata bzw. vom Spitzenunternehmen zum Beinahe-Konkurs mitunter kurz.

Dazwischen liegen oftmals weniger geänderte Umstände als eine veränderte Wahrnehmung. Solange Mißstände nicht von außenstehenden Beobachtern entdeckt und bekannt gemacht werden, gilt zuweilen auch ein marodes Unternehmen noch als erfolgreich. Umgekehrt kann es lange dauern, bis das Erfolgspotential einer unterschätzten Firma erkannt wird. Vermeintlicher Erfolg oder Mißerfolg können sich plötzlich in nichts auflösen.

Bereits diese einführende Betrachtung illustriert, daß der anscheinend mühelos intuitiv erfaßbare Erfolgsbegriff seine Tücken hat, die um so offensichtlicher werden, je genauer man hinschaut. Eine wissenschaftliche Untersuchung steht vor der Aufgabe, Erfolgsfaktoren und -Strategien sowohl von Zufällen als auch von Mißerfolgsfaktoren und -Strategien eindeutig zu trennen.

Was ist also Erfolg, und wie kann man ihn messen?

In diesem Beitrag geht es vorrangig um den Erfolg von Organisationen oder Unternehmen, auch wenn viele Aspekte auf Individuen übertragbar sind und Beispiele sowohl aus dem organisationellen als auch individuellen Zusammenhang stammen. Es soll vor allem deutlich werden, welche Fragen im Zusammenhang mit dem Erfolgsbegriff zu berücksichtigen sind. Eine Lösung der Probleme kann nicht geliefert, dafür aber ein kritischer Umgang mit populären „Erfolgsrezepten“ ermöglicht werden.

Die Schwierigkeiten beginnen bei der Unterscheidung von erfolgreichen und erfolglosen Unternehmen. Marktentwicklungen sind bisweilen „launisch“, und die Fortüne von Unternehmen wechselt. Eine Reihe von Ursachen führt unter einer Vielzahl von Einflüssen zu zahlreichen direkten und indirekten Wirkungen und Rückwirkungen. Was gestern Gewinne abwarf, kann heute Verluste erzeugen -und umgekehrt. In Zeiten des Erfolges kann die Saat des Mißerfolges schon zu keimen beginnen und in der Krise der Weg für zukünftigen Erfolg bereitet werden. Mitunter ist auch unklar, ob ein Unternehmen trotz oder wegen bestimmter Gegebenheiten Erfolg hat.

Die Liste der zu berücksichtigenden Probleme läßt sich fortsetzen. Ich komme auf sie zurück. Hier sollen jedoch zunächst Herkunft und Bedeutung des Begriffs dargestellt werden.

II. Erfolgsbegriff

Übersicht: Verschiedene Perspektiven zur Analyse von Organisationen (nach Morgan) und korrespondierende Effizienzindikatoren (Auswahl nach Gzuk) Quelle: Eigene Darstellung.

Der Begriff „Erfolg“ entstand im 17. Jahrhundert aus „erfolgen“ im Sinne von „erreichen, erlangen“ In der Gegenwart wird „Erfolg“ als positive Wirkung oder Folge von Entscheidungen oder Handlungen verstanden. Daraus läßt sich ableiten, daß „Erfolg“ das Erreichen eines positiven Ergebnisses ist, wobei offenbleibt, ob das Ergebnis angestrebt worden ist oder nicht. Gerade dieser letzte Punkt ist bei der Ursachenanalyse von großer Bedeutung.

So ist oftmals zu beobachten, daß bei der Erfolgszuschreibung („Bill Gates besiegt IBM“; „Lee Iacocca rettet Chrysler“; „Ludwig Erhard schafft das Wirtschaftswunder“) Legenden geschaffen werden. Bei dieser Personalisierung entsteht in der Regel der Eindruck, der jeweilige Held sei zielstrebig vorgegangen Zufällige Einflüsse passen nicht recht zum Mythos und werden daher gerne ignoriert. Realistischerweise ist aber anzunehmen, daß bewußte Steuerung und Zufall gleichzeitig wirksam sind, wie die folgende Abbildung zeigt. Sollte ein positives Ergebnis nicht bewußt (also explizit geplant und gesteuert) angestrebt, aber dennoch erreicht worden sein, dann kann von „Zufall“ oder „Glück“ gesprochen werden; von einem günstigen Zusammentreffen verschiedener Entscheidungen und Umstände.

Das Ergebnis kann jedoch auch bewußt angestrebt worden sein, indem bei der Zielerreichung positiv beeinflussende Faktoren erkannt und gefördert, negative Faktoren hingegen erkannt und vermieden wurden. Der Grad der Zielerreichung (z. B. vollständig -weitgehend -teilweise -kaum -gar nicht) läßt sich als Maßstab für die Effizienz (Wirksamkeit) von Entscheidungen und Prozessen ansehen.

Im nachhinein ist allerdings oftmals kaum feststellbar, inwieweit das Ziel tatsächlich angestrebt wurde oder der Zufall half. Dies wird deutlich, wenn sich etwa bei der Entwicklung von Medikamenten unerwartete Anwendungsmöglichkeiten mit erheblichem Gewinnpotential für den Hersteller ergeben (z. B. die Entdeckung der Benzodiazepine wie Librium oder Valium im Jahr 1957

Die sozialpsychologische Attributionsforschung, die sich mit der Interpretation und Zuschreibung sozialer Verhaltensweisen befaßt, zeigt, daß man seine Erfolge gerne der eigenen Leistung, Mißerfolge aber den äußeren Umständen zuschreibt.

Des weiteren ist zu bedenken, daß mit der Entscheidung zugunsten einer bestimmten Vorgehensweise andere Strategien verworfen werden. Dies geschieht, wenn aus mehreren diskutierten Alternativen (gewiß hat man dabei nicht alle tatsächlich vorhandenen Möglichkeiten in Betracht gezogen) ein bestimmtes Investitionsprojekt gewählt wird. Es kann allenfalls darüber spekuliert werden, wie das erreichte Ergebnis bei einer anderen Strategie ausgesehen hätte.

Die innere Einstellung (optimistisch/pessimistisch) und das Selbstbewußtsein einer Person bestimmen auch, ob sie vertane Chancen bedauert, oder ob sie den eingeschlagenen Weg rückblikkend als den richtigen ansieht („I did it my way!“). Diese Geisteshaltung prägt die Darstellung der Leistung und des Erfolgs nach außen.

Darüber hinaus hängen viele Entscheidungen -ganz gleich, ob es z. B. um wirtschaftliche oder politische Strategien, Investitionen oder Personal-33 fragen geht -von Fingerspitzengefühl, Intuition, Erfahrung und Risikobereitschaft der Verantwortlichen und Beteiligten ab. Zusammen mit weiteren bewußten und unbewußten Faktoren, situativen Besonderheiten und der „Gunst der Stunde“ ergibt sich ein Bündel kaum klar zu ermittelnder Einflüsse, die sich später als vor-oder nachteilig erweisen. Ihre Konstellation ist jedoch einmalig und nicht vollständig rekonstruierbar. Glück bzw. Zufall sind auch hier wirksam.

Zufällige Einflüsse werden also den Grad der Ziel-erreichung oftmals erheblich beeinflussen (sowohl positiv, als auch negativ). Ihr Gewicht ist freilich kaum zu quantifizieren, und sie sind nicht steuerbar (sonst wären sie nicht zufällig). Trotz ihrer Allgegenwart seien sie daher bei der weiteren Diskussion des Erfolgsbegriffs ausgeblendet. Auch ohne die Berücksichtigung zufälliger Einflüsse gibt es noch genügend zu lösende Probleme.

III. Ausgewählte Untersuchungen

Thomas J. Peters und Robert H. Waterman haben in ihrer 1982 in den USA erschienenen Untersuchung acht Merkmale identifiziert, die „das wirklich Besondere an den besonders erfolgreichen, innovativen Unternehmen“ ausmachen:

1. Primat des Handelns;

2. Nähe zum Kunden;

3. Freiraum für Unternehmertum;

4. Produktivität durch Menschen;

sichtbar gelebtes Wertsystem;

Bindung an das angestammte Geschäft;

einfacher, flexibler Aufbau;

straff-lockere Führung 5.

Die Veröffentlichung hat als „Weltbestseller“ das Denken von Managern, Unternehmensberatern und wahrscheinlich auch Wirtschaftswissenschaftlern beeinflußt, ist jedoch eher der populären Managementliteratur zuzurechnen, als daß es sich um eine methodisch fundierte empirische Arbeit handelt.

Das von Thomas J. Peters/Robert H. Waterman entwickelte McKinsey-7S-Model 6 wird von Wilfried Krüger wegen seiner „Eindimensionalität“, „Undifferenziertheit“, „Unschärfe“, „Unvollständigkeit“ und „Einseitigkeit“ 7 kritisiert. In einer eigenen Untersuchung kommt er zu dem Ergebnis, daß in erfolglosen Unternehmen mehrere Faktoren (Strategie, Träger, Struktur) schwergewichtig wirken, während in erfolgreichen Unternehmen vor allem der eine Faktor Strategie von Bedeutung ist 8.

Eine neue Sekundäranalyse haben Manfred M. Adamer und Günter Kaindl durchgeführt Bei ihrer nach Branchen differenzierten Untersuchung ermitteln sie (zusammengefaßt) als Erfolgskriterien:

1. Innovationsbereitschaft;

2. kompromißloses Qualitätsstreben;

3. Nischenpolitik;

4. Orientierung am Kundenbedürfnis;

5. eindeutige Unternehmenskultur.

Ihre Erkenntnisse gehen jedoch nicht über die von Peters/Waterman hinaus, und die Methodik bleibt hinter der von Krüger zurück, wodurch vor allem illustriert wird, wie schwer das Problem der Erfolgsfaktoren konzeptionell und methodisch in den Griff zu bekommen ist.

Claus Steinle, Jasmin und Volker Kirschbaum befragten Unternehmen in drei Wellen (1992, 1993, 1994), um herauszufinden, welche Faktoren am stärksten mit wirtschaftlichem Erfolg korrelieren. Firmen gelten bei ihnen als erfolgreich, wenn ROI (Return on Investment, Kapitalrendite) oder Cash flow (Kennziffer zur Beurteilung der Finanzierungsstruktur von Unternehmen) in den vorherigen fünf Jahren über dem Branchendurchschnitt lagen. Als wichtigste Erfolgsfaktoren ergeben sich (in, dieser Reihenfolge):

1. EDV-Einsatz;

2. Innovationsmanagement; 3. Leitbild;

4. globale Umweltfaktoren;

5. Faktoren strategischer Wahl

Offensichtlich stoßen Ökonomen bei ihren Untersuchungen auf Erfolgsmerkmale, die dem ökonomischen Denken zuzuordnen sind (manche sprechen deshalb auch ausdrücklich von „wirtschaftlichem Erfolg“). Ein Arbeitspsychologe würde möglicherweise eher auf Betriebsklima oder Konfliktlösungsverhalten im Unternehmen achten, während ein Arbeitsmediziner eine niedrige Zahl von Arbeitsunfällen und beruflich bedingten Krankheiten als Erfolg werten würde. Dazu später mehr.

Grundsätzlich besteht jedenfalls die Gefahr, daß Forscher „die Ostereier finden, die sie zuvor selbst versteckt haben“. Ihre Auswahl ist durch die Begriffe der jeweiligen wissenschaftlichen Disziplin geprägt. Diese wirkt wie ein Filter, der von dem gesamten Spektrum möglicher Erfolgsvoraussetzungen nur einen kleinen Teil durchläßt.

Die so gewonnenen Forschungsergebnisse sind nicht falsch, aber sie sind unvollständig, denn sie stellen nur eine Facette der viel komplexeren Realität dar. Insofern kann man sich Krügers Forderung nach einem integrierten Erklärungsansatz nur anschließen. Als erster Schritt in diese Richtung soll im folgenden die Vielfalt verwendbarer Effizienzindikatoren und die Bedeutung unterschiedlicher Organisationsbilder aufgezeigt werden.

IV. Effizienzindikatoren

Wie bereits gesagt, ist die Effizienz von Entscheidungen und Maßnahmen um so höher, je größer ihr Beitrag zur Zielerreichung (und damit ihr Erfolg) ist. Als wichtige Indikatoren gelten z. B. die bereits genannten Cash flow und Return on Investment -oder Markt-bzw. Weitmarktführerschaft(definiert als Umsatz-bzw. marktanteilsmäßige Dominanz in einem Marktsegment) Diese Meßgrößen bilden jedoch nur einen winzigen Ausschnitt aus einer breiten Palette möglicher Indikatoren, die keineswegs auf ökonomische Merkmale beschränkt sein müssen. Obendrein sind die genannten Indikatoren nicht unumstritten. Michael E. Porter zeigt, daß z. B. ein hoher Marktanteil keineswegs als betriebliches Gütekriterium gelten muß

Roland Gzuk unterscheidet vier Effizienzdimensionen, denen er -z. T. differenziert gegliedert -insgesamt 80 (!) Effizienzindikatoren für Organisationen zuordnet Hier eine Auswahl, die vor allem die Vielschichtigkeit der Indikatoren illustriert:

-Ziel-Output-Verhältnis (z. B. Absatz, Marktanteil, Wachstum, Gewinn, Rentabilität, Umsatz, Unabhängigkeit der Organisation, Bedacht auf Tradition, Modernitätsaufgeschlossenheit, Innovation. Prestige/Ansehen, Solidarität/Loyalität, Personalfluktuation, Arbeitsteilung, Führungsstil);

-Input-Output-Verhältnis (z. B. Produktivität, Wirtschaftlichkeit, Informationsverarbeitung, Ausschuß und Materialvergeudung, Abwesenheit von Personal, Fehlen von Beschwerden/Klagen);

-Ziel-Input-Verhältnis (Motivation, Realismus der Zielsetzungen, Ausstattung mit angemessenen Mitteln zur Aufgabenerfüllung);

-Realisationsvorsorge (Schaffung günstiger Strukturen) für Entschlüsse (z. B. Antizipation von kommenden Problemen, Beteiligungsmöglichkeit an Entscheidungen, Attraktion der Arbeitsgruppe, gute Beziehungen zu externen Organisationen wie Lieferanten usw.).

Natürlich sind nicht sämtliche Indikatoren für alle Zwecke gleichermaßen geeignet. Ihre Fülle relativiert jedoch die Bedeutung „klassischer“ betriebswirtschaftlicher Erfolgsmerkmale. Wirkungszusammenhänge zwischen verschiedenen Indikatoren lassen es darüber hinaus fraglich erscheinen, ob die Verwendung einiger weniger Meßgrößen sinnvoll ist. So können Führungsstil und Klarheit der Zuständigkeiten die Motivation der Mitarbeiter beeinflussen und über diesen „Umweg“ auf Umsatz, Produktqualität, Fehlen von Kundenbeschwerden usw. wirken, wodurch wiederum die Sicherheit des Arbeitsplatzes beein-flußt wird. Zwischen diesen und anderen Größen kann es wiederum eine Reihe von Wechsel-und Rückwirkungen geben. Die Beschränkung auf etwa zwei oder drei Indikatoren entspricht einer Verkürzung der Realität.

Unter diesen Bedingungen wird eine Diagnose von Erfolgsfaktoren zu einem schwierigen Unterfangen. Damit jedoch nicht genug. Hinzu kommt, daß Organisationen bzw. Unternehmen aus verschiedenen Blickrichtungen betrachtet werden können und dabei jeweils ein völlig anderes Erscheinungsbild abgeben.

V. Organisationsbilder

Bei der Untersuchung von Organisationen sind Interesse und fachliche Herkunft des Betrachters nicht unwichtig. So werden Volkswirte, Marxisten, Soziologen, Politologen, Arbeitspsychologen oder Betriebswirte jeweils ihre eigene Fragestellung, Begrifflichkeit und Methode anwenden und spezifische Probleme thematisieren.

Gareth Morgan hat diesbezüglich eine besondere Mannigfaltigkeit aufgezeigt. Er unterscheidet acht verschiedene Perspektiven zur Analyse von Organisationen, die sich nicht ausschließen, sondern ergänzen. So kann dieselbe Organisation als Maschine, Organismus, Gehirn oder Kultur, als politisches System, seelisches Gefängnis, Prozeß oder gar als Freibeuter angesehen werden (vgl. die folgende Übersicht)

Der betriebswirtschaftlichen Sicht entspricht z. B. am ehesten das Bild der Organisation als Maschine. Es wird versucht, nach einem vorgegebenen Schema mit einem bestimmten Input einen bestimmten Output zu erzeugen. Den Bestandteilen einer Maschine gleich gibt es Arbeitsteilung, festgelegte Aufgaben und Verantwortlichkeiten, eine Hierarchie usw., wie sie im Organigramm festgelegt sind.

Das Bild der Organisation als Organismus verwenden u. a. Soziologen und Motivationstheoretiker. Sie sehen Parallelen zu biologischen Systemen, die aus Subsystemen, aus zusammenwirkenden Organen bestehen. Das gesamte System versucht, sein Überleben in der jeweiligen Umwelt zu sichern. Einzelne Organe haben Bedürfnisse, die stets berücksichtigt werden müssen.

Häßlich -aber nicht weniger realistisch -ist das Bild der Organisation als Freibeuter, die Arbeitskräfte und Umwelt rücksichtslos für ihre Zwecke ausbeutet, indem z. B. veraltete, gefährliche oder unsichere Produktionsprozesse beibehalten werden. Folgen können Arbeitsunfälle und Umwelt-katastrophen (Seveso, Bhopal, Tschernobyl) sein. der Arbeitswelt ausgesetzt sind, sowie die Gefahr von Berufskrankheiten können in die Kategorie (latente) „Ausbeutung“, zumindest jedoch Rücksichtslosigkeit gegenüber Menschen und Umwelt fallen.

Dies sind zur Illustration drei der acht von Morgan unterschiedenen Metaphern. Sie alle haben ihre Vorzüge und Schwächen. Keine Sichtweise hat einen berechtigten Anspruch darauf, „besser“ oder „richtiger“ zu sein als andere. Sie kann allenfalls für bestimmte Anliegen zweckmäßiger sein als andere.

Jedes der acht Bilder betont andere Aspekte und Ziele von Organisationen, die, wie gesagt, gleichzeitig vorhanden sein können. Je nach Perspektive des Betrachters werden also unterschiedliche Indikatoren den Grad der Zielerreichung anzeigen, und man kann den Versuch unternehmen, jeden der 80 Effizienzindikatoren nach Gzuk einer (oder mehrerer) der Organisationsmetaphern nach Morgan zuzuordnen, wie in der Übersicht ansatzweise geschehen.

Da alle Zielsetzungen in einer Organisation gleichzeitig vorliegen können, ist offensichtlich, daß es zu Konflikten, Unvereinbarkeiten und Widersprüchlichkeiten der verschiedenen Ziele kommen muß. Eine Maßnahme kann -je nach Sichtweise -gleichzeitig hier zu Erfolg, dort zu Mißerfolg führen. Das Streben nach Handlungsspielräumen (Prozeß-Metapher) kann der Klarheit von Zuständigkeiten (politisches System) entgegenstehen. Fairneß-Gebot (Kultur) und Machtstreben (politisches System, aber auch Freibeuter) sind vermutlich unvereinbar.

Freilich müssen diese Gegensätzlichkeiten nicht immer als einander ausschließend (entweder -oder) angesehen werden. Sie können durchaus im dialektischen Sinne herausfordern, das eine mit dem anderen zu einem „höheren“ Ganzen zu verbinden, indem man etwa Traditionsbewußtsein (Kultur) mit Innovationsfähigkeit (Prozeß) in Einklang bringt. Tradition im negativen Sinne äußert sich z. B. in mangelnder Flexibilität und starren Strukturen. Übertriebene Innovationstätigkeit kann ein Unternehmen und seine Kunden überfordern, sowie den Wiedererkennungswert von Produkten beeinträchtigen. Indem man jedoch die positiven Aspekte beider Merkmale zusammenfügt, kann ein modernes, marktorientiertes Unternehmen mit markantem Profil entstehen.

VI. Fazit

Es ist also festzustellen, daß zahlreiche Hürden den Umgang mit dem Erfolgsbegriff erschweren. Süffisant verweist Reinhard K. Sprenger auf eine Studie, nach der „mindestens 14 der ehemals 43 (von Peters/Waterman) bejubelten Firmen nur zwei Jahre später (!) in den Mißerfolg abgerutscht sind“ Dies zeigt, wie dicht Erfolg und Mißerfolg beieinanderliegen, und wie sehr die Diagnose vom Erhebungszeitpunkt abhängig ist. Zwei Jahre früher oder später hätten Peters/Waterman vielleicht dieselben Erfolgsfaktoren ermittelt, dabei aber z. T. andere Unternehmen als Beispiele herangezogen (womit wir wieder beim „Osterei-Effekt“ wären).

Augenscheinlich ist die Zuschreibung von Erfolg mit der nicht geringen Gefahr verbunden, recht bald des Irrtums überführt zu werden. Der Erfolgsbegriff scheint beinahe willkürlich einsetzbar zu sein. Folgende Gründe sind dafür u. a. ausschlaggebend: -Zufällige Einflüsse bleiben unberücksichtigt. Das unbeabsichtigte Erreichen eines positiven Zieles wird nachträglich rationalisiert, also im nachhinein nahezu unwiderlegbar als gesteuerte Vorgehensweise hingestellt. -Das Spektrum verfügbarer Effizienzindikatoren, an denen Erfolg zu erkennen ist, ist in seiner Breite kaum bekannt und wird daher nur fragmentarisch in Betracht gezogen. -Bei der Fülle möglicher Einflüsse ist die tatsächliche Bedeutung einzelner Einflüsse kaum zu ermitteln. Untersuchte Zusammenhänge werden eher willkürlich aus der breiten Palette ausgewählt. -Es wird ausgeblendet, daß gefundene Erfolgs-faktoren bei anderer Sichtweise häufig ebensogut als Mißerfolgsfaktoren gelten können.

Während Erfolg und Mißerfolg intuitiv gut erfaßbar scheinen, ist die tückische Komplexität der Begriffe leicht zu übersehen, und sie wird kaum diskutiert. Ungeachtet aller Unzulänglichkeiten kommt der Erfolgsmessung und -Zuschreibung jedoch im täglichen Leben große Bedeutung zu: -Für viele Arbeitnehmer ist die Höhe der Entlohnung von der erbrachten Leistung, also dem Erfolg ihrer Tätigkeit, abhängig. Hier stellt sich die ungelöste Frage der Lohngerechtigkeit. Es gibt eine Reihe von Faktoren, die Grundlage der Leistungsbemessung sein können, wie z. B. produzierte Menge, produzierte Qualität, Qualifikationsniveau, hierarchischer Rang, Dauer der Betriebszugehörigkeit. -Die gewählte Bemessungsgrundlage zieht manche Schwierigkeiten nach sich. Stückzahlabhängiger Lohn etwa kann sich negativ auf die Produktqualität auswirken. Bei der immer weiter um sich greifenden Gruppenarbeit stellt die Entlohnung eines der kniffeligsten Probleme dar. Leistungsund Erfolgszurechnung lassen sich kaum zur Zufriedenheit aller regeln, insbesondere bei unterschiedlichen und schwer vergleichbaren Einzelbeiträgen der Gruppenmitglieder. -Erfolg wird nicht von einer unabhängigen Instanz objektiv festgestellt, sondern oft durch geschickte Selbstvermarktung der Umwelt suggeriert. Das so erzeugte Image ist recht stabil, und es bedarf schon beträchtlicher Fehlleistungen, damit das Publikum diese wahrnimmt. Ist diese Wahrnehmungsänderung jedoch einmal erfolgt, dann „kippt“ das Image schnell in das Gegenteil, und aus Helden werden Schurken (siehe oben). -Eine Vorbildfunktion als erfolgreich geltender Unternehmen oder Personen kann falsche Signale setzen, wenn Ursache-Wirkungs-Beziehungen zwischen Handlung und Erfolg unvollständig oder falsch erkannt, dargestellt oder verstanden werden. Dies gilt insbesondere für diverse „Patentrezepte“ (z. B. das „Konzept“ der „schlanken Produktion“ oder „Lean Production“, welches mit dem angeblich ihm zugrundeliegenden „ToyotaProduktionssystem“ tatsächlich wenig zu tun hat die von zahlreichen Beratern verbreitet werden, letztlich aber nur Schlagworte und „Sprechblasen“ sind. -Die einseitige Hervorhebung ökonomischer Erfolgsindikatoren kann das frühzeitige Erkennen sich abzeichnender Krisen von Unternehmen verhindern. Kritiker werden mit dem Hinweis auf „glänzende Geschäftsergebnisse“ mundtot gemacht. Interne Schwierigkeiten (überforderte Manager, strategische Fehlentscheidungen, demotivierender Führungsstil, Konflikte, Machtkämpfe) werden ignoriert, bis sie beim besten Willen nicht mehr zu leugnen, aber auch nicht mehr zu kontrollieren sind.

Inzwischen sollte deutlich geworden sein, daß der Erfolgsbegriff mit der gebührenden Sorgfalt behandelt werden muß. Was bedeutet dies nun im einzelnen? Der folgende Katalog liefert einige Anregungen, die gewiß ergänzt werden können: -Viel ist schon mit einer differenzierteren Sicht erreicht. Wenn man sich der Unzulänglichkeiten des Erfolgsbegriffs, der Rolle zufälliger Einflüsse usw. bewußt ist, lassen sich die gröbsten Vereinfachungen bereits vermeiden. Wird z. B. von „Unternehmenserfolg“ gesprochen, dann ist zu prüfen, welche Perspektive gemeint ist. Erfolg stellt sich für Arbeitgeber, Arbeitnehmer, Aktionäre, Kunden, Lokalpolitiker, Umweltschützer oder andere Gruppen unterschiedlich dar. Dieser Pluralismus verbietet aber den Absolutheitsanspruch einer speziellen Interessengruppe. -Die Personalisierung von Erfolg sollte argwöhnisch betrachtet werden. Seit Urzeiten gibt es Helden und charismatische Führungspersönlichkeiten, denen in der Geschichte eine besondere Indentifikations-Funktion zukommt. Menschen sollen ihnen folgen, sollen sich für ihre Heroen aufopfern. Solange eine Person schlicht ein Vorbild ist, durch ihr Handeln überzeugt und damit zum freiwilligen Nacheifern anregt, ist dagegen nichts einzuwenden. Wird jedoch propagandistisch ein VorBild aufgebaut und opferbereites Nachfolgen gefordert, dann ist Gefahr im Verzug -zumindest die, daß kritisches Denken unterbleibt, daß Menschen gehorchen, daß sie sich führen lassen. Sie verhalten sich dann nicht mehr wie mündige, erwachsene Bürger. -Bilanzen müssen „ganzheitlicher“ werden. Ökonomischer Erfolg ist nicht alles. Selbstverständlich müssen Unternehmen angemessene Gewinne erwirtschaften. Aber diese werden oftmals ohne Rücksicht auf Verluste in anderen Bereichen angestrebt. Von negativen externen Effekten spricht man, wenn Kosten (oder Schäden) anderen Personen, Gruppierungen oder der Umwelt aufgebürdet werden, ohne daß diese an den Erträgen beteiligt (also ent-schädigt) werden. Dies können die eigenen Mitarbeiter sein, die einem hohen Unfall-oder Krankheitsrisiko ausgesetzt sind. Es kann aber z. B. auch die lärm-oder schadstoffbelastete menschliche oder natürliche Umwelt sein oder das soziale System. Kosten dieser Art müßten dem Verursacher angelastet und in einer Umweltbilanz erfaßt werden. Sowohl positive als auch negative externe Effekte hätten sich in einer solchen „Öko-Bilanz“ niederzuschlagen, was in der Praxis freilich mit erheblichen Problemen verbunden und daher nur bedingt möglich ist. Die Entwicklung eines derartigen Bilanzierungssystems soll den tatsächlichen Erfolg von Unternehmen unter Berücksichtigung externer Effekte vergleichbarer machen.

Die generelle Frage nach der Nützlichkeit des Erfolgsbegriffs soll hier nicht gestellt werden. Seine Anwendung bleibt schließlich jedem selbst überlassen. Häufig genug, etwa bei der Einschätzung des Erfolgs von Unternehmen, bleibt dem durchschnittlichen Bürger aber kaum eine andere Möglichkeit, als seine Informationen aus Presse und Funkmedien zu beziehen. Dabei kann nur zu größerer Skepsis, zu einem kritischeren Umgang mit der teilweise oberflächlichen, nur nach Verkaufszahlen oder Einschaltquoten schielenden Berichterstattung aufgerufen werden.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Vgl. Friedrich Kluge, Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache, Berlin -New York 198922, S. 185.

  2. Vgl. Gerhard Wahrig, Deutsches Wörterbuch, Gütersloh -München 19912, S. 426.

  3. Vgl. Wolfgang Grunwald/Hagen Rudolph, Qualifikation von Spitzenkräften: Was erfolgreiche Manager auszeichnet, in: Günther Würtele (Hrsg.), Lernende Elite, Frankfurt am Main -Wiesbaden 1993, S. 194-220 (S. 196 ff).

  4. Vgl. Dieter E. Zimmer, Ruhe aus der Retorte, in: Die Zeit vom 1. März 1996, S. 34.

  5. Vgl. Thomas J. Peters/Robert H. Waterman, Auf der Suche nach Spitzenleistungen, München 19913, S. 36 ff und korrespondierende Kapitel.

  6. Vgl. ebd., S. 32: Das Modell besteht aus sechs kreisförmig angeordneten Elementen (Struktur, Systeme, Stil, Stammpersonal, Spezialkenntnisse, Strategie) und einem siebten Element (Selbstverständnis) in der Mitte. Jedes Element ist mit allen anderen verbunden. Alle sieben Worte beginnen mit einem „S“, daher die Bezeichnung. Nach Darstellung der Autoren dient es „als sinnvoller Rahmen für das Durchdenken von Organisationsproblemen“ (ebd., S. 33).

  7. Wilfried Krüger, Hier irrten Peters und Waterman, in: Harvard Manager, (1989) 1, S. 13-18 (S. 13).

  8. Vgl.ders., Die Erklärung von Unternehmenserfolg: Theoretischer Ansatz und empirische Ergebnisse, in: DBW (Die Betriebswirtschaft), 48 (1988) 1, S. 27-43 (S. 39 ff); ders., (Anm. 7), S. 16; ders., Organisation der Unternehmung, Stuttgart u. a. 19943, S. 28 ff.

  9. Vgl. Manfred M. Adamer/Günter Kaindl, Erfolgsgeheimnis von Markt-und Weltmarktführern, München -Mering 1994, insbes. S. 18, 41, 63, 87, 109. Anmerkung der Redaktion: Siehe auch den Beitrag der Autoren in diesem Heft.

  10. Vgl. Claus Steinle/Jasmin Kirschbaum/Volker Kirschbaum, Erfolgreich überlegen -Erfolgsfaktoren und ihre Gestaltung in der Praxis, Frankfurt am Main 1996; dies., Was zeichnet erfolgreiche Unternehmungen aus?, in: Der Betriebswirt, (1994) 3, S. 14-17. Anmerkung der Redaktion: Siehe auch den Beitrag von Claus Steinle in diesem Heft.

  11. Vgl. W. Krüger, Die Erklärung von Unternehmenserfolg (Anm. 8), S. 28.

  12. Vgl. C. Steinle u. a. (Anm. 10), S. 15.

  13. Vgl. M. M. Adamer/G. Kaindl (Anm. 9), S. 8. Anmerkung der Redaktion: Zum Thema Markt-oder Weltmarktführerschaft siehe auch den Beitrag von Hermann Simon in diesem Heft.

  14. Vgl. Michael E. Porter, Wettbewerbsvorteile, Frankfurt am Main -New York 19923, S. 49 und 290.

  15. Vgl. Roland Gzuk, Messung der Effizienz von Entscheidungen, Tübingen 1975, S. 57 und 101 f. Hinzu kommen umfangreiche Listen mit Effizienzindikatoren komplexer wirtschaftlicher Entscheidungsprozesse (ebd., S. 107 ff) und Effizienzindikatoren für einfache Problemlösungsaufgaben (ebd., S. 111 ff.).

  16. Vgl. Gareth Morgan, -Images of Organization, Beverly Hills u. a. 1986.

  17. Reinhard K. Sprenger, Mythos Motivation, Frankfurt am Main -New York 1995’.

  18. Vgl. Hagen Rudolph, Erfolgsfaktoren japanischer Großunternehmen, Frankfurt am Main -New York 1996, 8. Kapitel.

Weitere Inhalte

Hagen Rudolph, Dr. rer. pol., geb. 1961; Studium der Wirtschafts-und Sozialwissenschaften in Lüneburg; 1991 — 1995 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Lüneburg; seit 1996 wissenschaftlicher Autor und Referent. Veröffentlichungen u. a.: Erfolgsfaktoren japanischer Großunternehmen, Frankfurt am Main -New York 1996.