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Algerien zwischen westlicher Demokratie und Fundamentalismus? | APuZ 21/1998 | bpb.de

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APuZ 21/1998 Afrika zwischen Demokratisierung und Staatszerfall. Eine Bilanz nach zehn Jahren politischer Veränderungen seit dem Ende des Kalten Krieges Machterhalt oder Demokratie in Eritrea? Algerien zwischen westlicher Demokratie und Fundamentalismus?

Algerien zwischen westlicher Demokratie und Fundamentalismus?

Werner Ruf

/ 29 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Der grauenvolle Konflikt in Algerien, dem seit 1992 80 000 bis 120 000 Menschen zum Opfer gefallen sind, scheint auf den ersten Blick jenes einfache Klischee vom Kampf irrationaler und fanatischer Horden gegen eine säkulare, den Werten des Westens verpflichtete Regierung zu bestätigen. Bei genauerer Betrachtung wird jedoch deutlich, daß eine vor allem aus Militärs bestehende Clique, die seit der Unabhängigkeit den Kern der Macht im Staate verkörpert, ihre Pfründen in einem zutiefst korrupten System verteidigt gegen eine populistische Protestbewegung, die getragen wird von den Verlierern eines fehlgeschlagenen Entwicklungsmodells, das die Folgen einer brutalen Siedlungskolonisation für die Identität und Ökonomie des Landes beseitigen sollte. Der den Bürgerkrieg auslösende Putsch vom 11. Januar 1992 war der Höhepunkt einer lange schwelenden Krise um die Legitimität politischer Macht in Algerien, die Stärke der Islamisten Resultat einer systematisch von oben betriebenen Islamisierung der Gesellschaft bei gleichzeitiger Inbesitznahme des Staatsapparats mit dem Ziel privater Bereicherung. So macht das immer verworrener erscheinende Konfliktgeschehen deutlich, daß das staatliche Gewaltmonopol in Algerien sich immer mehr auflöst, Massenmord und Terror offensichtlich auch von Banden betrieben werden, die zumindest den Baronen des Regimes nahestehen, und daß blutiger Gegenterror auch das Ziel verfolgt, die Bevölkerung von der Unterstützung bewaffneter islamistischer Kommandos abzuhalten, aber auch dem Westen ein Schreckensbild vor Augen zu halten, das weitere politische, militärische und finanzielle Unterstützung für die Machthaber in Algier sichern soll. Europa und der Westen stehen vor dem Dilemma, weiterhin ein illegitimes, terroristisches Militärregime zu stützen, das immerhin den Zufluß algerischen Erdgases sicherstellen kann, oder aber die immer wieder proklamierte Forderung nach Demokratie selbst ernst zu nehmen und durch ökonomischen und politischen Druck eine Lösung in Algerien herbeizuführen, die nur durch die Beteiligung aller politischen Kräfte des Landes möglich erscheint.

I. Vorbemerkungen

Algerien

Spätestens seit Samuel P. Huntingtons populärer Schrift vom Kampf der Kulturen scheint die Welt wieder in Ordnung, nachdem ihr durch den Zusammenbruch des Sozialismus und die Auflösung der Sowjetunion Feind und Feindbild zugleich abhanden gekommen waren. Islamischer Funamentalismus, begriffen als religiös-politischer Fanatismus und Irrationalismus, wird antithetisch westlichen Werten von Zivilgesellschaft und Demokratie gegenübergestellt. Bereits der Begriff Fundamentalismus ist jedoch ein westliches Etikett, das deshalb für die Muslime einen abwertenden Charakter hat Im folgenden ist daher von Islamismus die Rede, um jenen Begriff zu verwenden, den sich die islamistischen Gruppierungen selbst geben. Übersehen wird bei diesen simplistisehen Gegenüberstellungen, die oft Fragmente von jahrhundertealten Feindbildern unterbewußt anklingen lassen und zu neuen Gesamtbildern zusammenfügen daß während der Zeit des Kalten Krieges der militante politische Islam keineswegs bedrohlich erschien, sondern als Waffe im Kampf gegen den atheistischen Sozialismus durchaus unterstützt und instrumentalisiert wurde, so etwa, wenn mit westlicher Hilfe und Tolerierung Saudi-Arabien islamistische Bewegungen in nahezu allen arabischen Ländern -darunter auch die Islamische Heilsfront FIS in Algerien -unterstützte oder die sich aus arabischen und islamischen Ländern rekrutierenden Freiwilligen finanzierte, die von der CIA zum Kampf gegen die sowjetischen Truppen in Afghanistan ausgebildet wurden.

Ist der Islamismus wirklich der radikale Gegensatz zur Demokratie, oder sind nicht die islamischen Bewegungen zu verstehen als Protestbewegungen gegen autoritäre und korrupte Regime, kurz als der Wille breiter Schichten der Bevölkerung, die Gestaltung ihrer Gesellschaft selbst in die Hand zu nehmen, also dem Willen des Souveräns zum Durchbruch zu verhelfen, auch wenn dabei auf normative Vorstellungen zurückgegriffen wird, die der durch Individualismus gekennzeichneten westlichen Welt zunächst fremd erscheinen müssen?

Es gibt den islamischen Fundamentalismus nicht, vielmehr gibt es in den islamischen Ländern verschiedene, jeweils spezifisch historisch geprägte islamistische Bewegungen, die sich, gerade da sie sich auf die gleiche Grundlage berufen, sowohl innerhalb der Länder als auch zwischen den Ländern gegenseitig oft massiv bekämpfen.

Es wäre falsch, der oft vertretenen und auf den ersten Blick so einsichtigen These zu folgen, daß der Maghreb, der arabische Westen, der ja eine relative soziokulturelle Geschlossenheit darstellt und französisches Kolonialgebiet war, deshalb auch eine relativ einheitliche Geschichte und Prägung besitzt. Diese These legt ja auch nahe, daß ein Sieg der Islamisten in Algerien im Sinne der Domino-Theorie auch den Sturz der Regime in Marokko und Tunesien zur Folge haben würde. Gerade die unterschiedliche koloniale Prägung der Maghrebländer, so die hier vertretene These, ist entscheidend für das Verständnis der algerischen Krise: Marokko und Tunesien waren Protektorate, behielten Elemente eigener Staatlichkeit, insbesondere im Bereich des Erziehungswesens, die Kolonisation war dort durch die Interessen des Finanzkapitals geprägt, zielte also auf Ausbeutung der Bodenschätze, teilweise auf Industrialisierung und Ausbau der Infrastruktur. Ganz anders war die Situation im bereits 1830 kolonisierten Algerien, einer reinen Siedlungskolonie, die rechtlich Bestandteil Frankreichs wurde -mit bis heute massiv spürbaren Konsequenzen

II. Koloniales Erbe und algerisches Entwicklungsmodell

Algerien war der Prototyp einer Siedlungskolonie: Die Enteignung der Algerier erfolgte durch systematische, gewalttätige Inbesitznahme des Landes und brutale Vertreibung derer, die bisher das Land bewirtschaftet hatten. Die Brutalität dieser Kolonisation bewirkte geradezu zwangsläufig den erbitterten Widerstand der Einheimischen, so den Kampf des Emirs Abdelkader (1832-1848), und über das ganze 19. Jahrhundert hinweg immer wieder aufflammende Aufstandsbewegungen, deren wichtigste die von el Mokrani (1871) und von Bouamama (1881) waren. Diese Aufstände wurden zu weiterer Landnahme genutzt; so mußten die Stämme, die am Mokrani-Aufstand teilgenommen hatten, eine Kriegskontribution von 35 Millionen Francs erbringen, 500 000 ha Land wurden beschlagnahmt. Kolonisation wurde also erfahren und gelebt als reines und unmittelbares Gewaltverhältnis. Dieses Gewaltverhältnis und die Eigentumsfrage bildeten dann auch den Hintergrund für den mehr als siebenjährigen Befreiungskrieg gegen Frankreich, der auf algerischer Seite -bei einer damaligen Gesamtbevölkerung von gut neun Millionen muslimischen Algeriern -eine Million Menschen kostete, dem rund 100 000 Franzosen zum Opfer fielen, der rund eine Million französische Siedler zur Massenflucht veranlaßte und der die Grundfesten des französischen politischen Systems erschütterte: Der in Verbindung mit den Siedlern von der französischen Algerienarmee durchgeführte Putsch am 13. Mai 1958 beendete die IV.französische Republik, brachte Charles de Gaulle (wieder) an die Macht, hatte weitere Putschversuche und Attentate gegen de Gaulle zur Folge und hat bis heute in der französischen Gesellschaft tiefe Spuren hinterlassen.

Zu dieser materiellen Seite der Siedlungspolitik gehört jedoch auch die politisch-ideologische Seite der Kolonisation Algeriens. Zwar erklärte Frankreich das Land zum Teil des nationalen Territoriums, politisch erschien es jedoch zu brisant, den Algeriern die vollen Staatsbürgerrechte (insbesondere das Wahlrecht und den Zugang zu gehobenen Ämtern des öffentlichen Dienstes sowie zum Offizierskorps) zu gewähren. Ihre Diskriminierung erfolgte durch die Instrumentalisierung der muslimischen Religionszugehörigkeit: Der algerischen Bevölkerung wurden einige wenige Elemente des muslimischen Familien-und Erb-rechts gelassen. Die Fortexistenz dieser . Bruchstücke islamischen Rechts wurde sodann dazu benutzt, den Rechtsstatus der Algerier (Statut musulman) als sujets frangais (französische Untertanen), nicht aber als citoyens (Staatsbürger) zu zementieren, um ihnen die Ausübung der bürgerlichen Rechte, insbesondere des Wahlrechts, zu verwehren.

Da Algerien jedoch Teil Frankreichs war, wurde der Unterricht der arabischen Sprache -ganz im Gegensatz zu Tunesien und Marokko -an den Schulen des Landes verboten und die Tätigkeit der Koranschulen stark eingeschränkt. Die Durchsetzung der „Zivilisierung" Algeriens ging so weit, daß zahlreiche Moscheen beschlagnahmt, zu Kirchen und Kathedralen umgebaut oder in Pferdeställe umgewandelt wurden Diese Politik der Demütigung und Diskriminierung der muslimischen Mehrheit Algeriens bildete die Parallele zur Politik der Landnahme. So erfuhren die Algerier einerseits ihre Ohnmacht und Rechtlosigkeit gegenüber der Politik des Kolonisators, andererseits wurden sie von diesem als Muslime diskriminiert. Diese doppelte Diskriminierung fand ihren Niederschlag darin, daß im Befreiungskrieg die Masse der Kämpfer in den Bergen schlicht gegen die rumi (Römer bzw. Christen) kämpfte, daß der Kampf als djihad (Heiliger Krieg) verstanden wurde, in dem die mudjahedin ihr Land zurückeroberten und von den Fremd-gläubigen befreiten.

Schließlich hatte die Kolonisation noch eine weitere wichtige Folge, die Algerien von Tunesien und Marokko unterscheidet: Wie jede Schicht von Großgrundbesitzern hatten die Siedler keinerlei Interesse an einer Industrialisierung Algeriens. Sie waren an einer großen Zahl von rechtlosen Tagelöhnern interessiert, die als hochmobile saisonale Arbeitskräfte für die Landwirtschaft verfügbar waren. So ist es kein Zufall, daß die ersten gewerkschaftlichen und politischen Organisationen der Algerier nicht in Algerien entstanden, sondern bald nach dem Ersten Weltkrieg in Frankreich, wo Zehntausende als Soldaten zwangsrekrutierte Algerier nach dem Krieg als Lohnarbeiter verblieben Diese Art der Kolonialpolitik bewirkte, daß in Algerien keine sozialen Mittelschichten entstehen konnten, die von politischer Relevanz gewesen wären und die immer auch Träger des politischen Kompromisses sind.

Somit ist festzustellen, daß die Spezifik der Kolonisation in Algerien dazu führte, daß in einem geradezu pathologischen Lernprozeß Gewalt als einziges Mittel der politischen Auseinandersetzung erfahren wurde. Hinzu kam die Entpersönlichung der Algerier durch die Diskriminierung des Arabischen und ihre Ausgrenzung aufgrund ihrer Religion. Wie also konnte eine Identitätsrückgewinnung aussehen? Die nationalistische Antwort hierauf gab die Vereinigung der muslimischen Rechtsgelehrten Algeriens, die seit den dreißiger Jahren eine wachsende Rolle in der Entwicklung des algerischen Nationalismus zu spielen begann, wenn sie als Programm formulierte: „Der Islam ist meine Religion, Arabisch meine Sprache, Algerien mein Heimatland.“ Oder, wie es anders formuliert Remy Leveau auf den Punkt bringt: „Wenn Algerier sein in erster Linie bedeutet, kein Franzose zu sein, wie ließe sich das besser zeigen als durch die Betonung eines strengen Islam?“

Die andere, die ökonomische Seite des Projekts zur Herstellung einer Identität schaffenden und unabhängigen algerischen Nation war das Entwicklungsmodell der „industrialisierenden Industrien“. Es galt in den siebziger und zu Beginn der achtziger Jahre als geradezu paradigmatischer Versuch eines Landes der „Dritten Welt“, durch den Aufbau hochmoderner Spitzentechnologien in den Branchen der chemischen und der Stahlindustrie sowohl den Anschluß an den Weltmarkt zu erreichen wie auch eine innere revolutionäre Modernisierung durchzuführen. Die ökonomistische Konzentration auf die wirtschaftliche Transformation des Landes verstellte oft den Blick auf die Tatsache, daß dieses Entwicklungsmodell auch eine kulturell-identitätsstiftende Seite hatte, stellte es doch die nationalistische algerische Antwort auf die Folgen von 132 Jahren französischer Kolonialpolitik dar.

Während des Algerienskrieges waren die ungeheuren Erdöl-und Erdgasvorräte des Landes entdeckt worden. Ihre Ausbeutung erfolgte nach der Unabhängigkeit (1962) weiterhin durch Frankreich. 1970 verstaatlichte der damalige algerische Präsident Houari Boumedienne die Erdölindustrie und sicherte sich damit eine wichtige Devisenquelle, die zur Grundlage der Industrialisierung des Landes werden sollte. Durch die sogenannte Ölkrise des Jahres 1973 stieg der Kohlenwasserstoffpreis auf etwa das Vierfache, für die ehrgeizigen Industrialisierungspläne ergaben sich glänzende Perspektiven. Das algerische Entwicklungsmodell war gekennzeichnet durch zwei tragende Elemente: Zum einen sollte auf jede nachholende Industrialisierung verzichtet werden, Algerien beabsichtigte eine hochleistungsfähige Schwerindustrie und eine hochmoderne petrochemische Industrie aufzubauen. Diese sollten mit den Produkten der führenden Industrieländer auf dem Weltmarkt konkurrieren können und wurden von Firmenkonsortien der entwickeltsten Industrieländer (vor allem Bundesrepublik Deutschland und Japan) erstellt. Daß diese Industrien wenig arbeitsintensiv waren, wurde in Kauf genommen, sollten sie doch als „industrialisierende Industrien“ wirken, die in einer zweiten Phase eine sekundäre Industrialisierung durch weiterverarbeitende Betriebe zur Folge haben würden

Dieses Industrialisierungsmodell war getragen von der Ideologie des algerischen Nationalismus, deren Kernpunkt es war, nie wieder vom Ausland abhängig zu werden. Deshalb vermied es Algerien, aus Furcht vor strukturpolitischen Auflagen, Kredite bei der Weltbank oder beim Internationalen Währungsfonds aufzunehmen; stattdessen bediente man sich auf dem freien Kapitalmarkt mit meist kurzfristigen und sehr hochverzinslichen Krediten. Angesichts des hohen Kohlenwasserstoffpreises schien dies kein Problem zu sein. Das ernüchternde Erwachen kam mit dem Beginn des Ersten Golfkrieges zwischen Iran und Irak, als die Quoten-und Preisbindung für Erdöl endete und die OPEC (Organisation der erdölexportierenden Länder) praktisch zusammenbrach. Schlagartig stand Algerien vor einem Schuldenberg und vor seinen gigantischen Industrien, deren technologischen Ansprüchen die Algerier selbst nicht gewachsen waren, deren Produktion nur schlecht funktionierte, deren Produkte auch nicht -und schon gar nicht konkurrenzfähig -auf den Weltmarkt gelangen konnten Ohne jede Verbindung und parallel zum Industrialisierungsprogramm wurde mit gleicher Vehemenz versucht, die zweite große Hinterlassenschaft des Kolonialismus, die Entpersönlichung der Algerier, zu beseitigen durch die Herstellung der „arabischislamischen algerischen Persönlichkeit“ Hier ist daran zu erinnern, daß die algerische Nationale Befreiungsfront keine auf der Basis eines politischen Programms geschlossene Partei war, sondern eine Front, in der sich die unterschiedlichsten Kräfte der algerischen Gesellschaft auf der Basis des kleinsten gemeinsamen Nenners, der Unabhängigkeit des Landes, verbündet hatten. So standen den Technokraten des industriellen Aufbaus jene Kräfte entgegen, die in einer Arabisierung und Islamisierung Algeriens die zentrale Aufgabe der „algerischen Revolution“, wie der Befreiungskrieg offiziell genannt wurde, sahen. Diese Strömung in der Einheitspartei forderte die konsequente Islamisierung des öffentlichen Lebens und erreichte beispielsweise die Einführung des Freitags als wöchentlichem Ruhetag oder die Verabschiedung eines Personenstandsrechts (1984), das die Frauen stärker diskriminiert, als dies heute in der Islamischen Republik Iran der Fall ist. Dabei war die Arabisierungspolitik keineswegs nur ein ideologisches Programm, in ihr artikulierte sich auch die Spaltung der algerischen Gesellschaft in einen kleinen, von den Technokraten des Regimes beherrschten Sektor und die große Masse der unter prekären sozialen Bedingungen lebenden Algerier. Anders ausgedrückt: Das Industrialisierungsmodell und seine Folgen spalteten die Gesellschaft in eine kleine Gruppe von Modernisierungsgewinnern und die große Masse der Verlierer.

Während, im Sinne dieser Arabisierungspolitik, die Masse der Jugendlichen von meist schlecht ausgebildeten, mehrheitlich aus Ägypten importierten Lehrern in einem vom algerischen Dialekt weit entfernten sterilen Arabisch unterrichtet wurde, setzte der Zugang zur Administration und zu den Leitungsfunktionen in den hochtechnisierten Staatsbetrieben moderne Fremdsprachenkenntnisse, zumindest des Französischen, voraus. Zu diesem sozialen Tableau gehört auch die Tatsache, daß die Minister und führenden Technokraten weiterhin ihre Kinder auf das französische Lycee Descartes schickten: Diese kulturelle Spaltung der Nation bedeutet zugleich die Weichenstellung für den Zugang zu ökonomischen und sozialen Privilegien oder aber den Weg ins soziale Abseits.

III. Die Entwicklung des politischen Systems

Formal herrschte in Algerien bis 1989 die Nationale Befreiungsfront (FLN) als Einheitspartei. Ihre Strukturen und Funktionsweisen waren ebenso wie die staatliche gelenkte Industrialisierung dem staatssozialistischen Entwicklungsmodell nachempfunden, wobei allerdings anzumerken ist, daß -aus Mangel an Privatkapital -ohnehin nur der Staat als Träger der Industrialisierungspolitik in Frage kommen konnte. Nach der von erheblichen politischen Wirren gekennzeichneten und teilweise von bewaffneten Auseinandersetzungen begleiteten Zeit, die der Unabhängigkeit Algeriens folgte, hatte eine der rivalisierenden Gruppen um den ersten Staatspräsidenten Ahmed Ben Bella eine Allianz geschlossen mit dem Oberkommando der sogenannten „Armee der Grenzen“. Es handelte sich dabei um jene „regulären“ militärischen Einheiten, die gegen Ende des Algerienkrieges in Tunesien und Marokko stationiert waren, an den Kämpfen in Algerien jedoch nicht mehr teilnehmen konnten, da die von Frankreich errichteten Grenzbefestigungsanlagen ein Eindringen dieser Einheiten praktisch unmöglich machten. Diese Armee -und ihr harter Kern, der militärische Sicherheitsdienst -stellte den einzigen funktionierenden Apparat im Chaos der Unabhängigkeitswerdung dar. Ihr Oberkommandierender, Houari Boumedienne, wurde folgerichtig Ben Bellas Verteidigungsminister und stürzte diesen drei Jahre später am 19. Juni 1965 in einem militärischen Staatsstreich, der als „revolutionäre Kurskorrektur“ (reajustement militaire) bezeichnet wurde. Hinfort regierte Boumedienne als starker Mann bis zu seinem Tode im Jahre 1978. Ihm folgte als Präsident der Wunschkandidat des Militärs, Chedli Bendjedid. Damit wird deutlich, daß trotz der zivilen Fassade das Militär im Hintergrund die entscheidenden Fäden zog.

Die undemokratischen Strukturen und die Okkupation der politischen Macht hatten es ermöglicht, daß in Verbindung mit dem Industrialisierungsprogramm eine relativ kleine Gruppe von Funktionären aus Partei und Militär erhebliche Summen von Bestechungsgeldern einstreichen konnte, die von dem ehemaligen algerischen Ministerpräsidenten Brahimi allein für die achtziger Jahre auf mindestens 26 Milliarden US-Dollar geschätzt wurden Als weiterer Faktor der Bereicherungsmöglichkeitkommt die Monopolisierung des Außenhandels hinzu. Algerien hatte die landwirtschaftliche Entwicklung zugunsten des Industrialisierungsprogramms vernachlässigt, so daß das Land etwa 80 Prozent seiner Grundnahrungsmittel importieren muß. Vergabe und Erhalt von Importlizenzen sichern weitere enorm profitträchtige Pfründen, da durch künstliche Verknappung von lebenswichtigen Waren die Preise nach oben getrieben werden können.

Bis zum Zusammenbruch des Kohlenwasserstoff-preises -98 Prozent der Staatseinkünfte stammen aus dem Export dieses Rohstoffes -gelang es dem Regime jedoch, durch massive Subventionierung der Lebensmittelpreise, durch den weiteren Ausbau des Gesundheits-und Erziehungswesens die Mindestansprüche der Algerier zufriedenzustellen. Nach 1985 wurde dies zunehmend schwieriger, und 1988 kam es im Oktober zu ersten schweren Unruhen, in deren Verlauf die Armee eingriff. Etwa 800-1 000 Menschen wurden erschossen, Tausende festgenommen und gefoltert.

Das allgemeine Entsetzen über die fürchterliche Repression des Oktober 1988 führte jedoch dazu, daß große Teile der inzwischen herangewachsenen Intelligenz und Elemente der im Entstehen begriffenen Mittelschichten nunmehr Rechtsstaatlichkeit und politische Freiheiten forderten. Genau diese Forderungen erhoben auch die Islamisten, die teils noch immer innerhalb der Einheitspartei agierten, teilweise dieser aber wegen ihrer doppelzüngigen Politik den Rücken gekehrt hatten. Sie hatten die Protestbewegung des Oktober 1988 zwar nicht initiiert, hatten es aber verstanden, die sozialen Forderungen der algerischen Jugend zu den ihren zu machen. Ihre Popularität wuchs in dem Maße, in dem sie sich zum Sprachrohr der sozialen und politischen Unzufriedenheit der Bevölkerung machten. In dieser Situation wurde eine neue Verfassung ausgearbeitet, die die Menschenrechte sicherte und den politischen Pluralismus festschrieb. Diese Verfassung trat am 28. Februar 1989 in Kraft. Zu einer ökonomischen Liberalisierung kam es jedoch nicht, die Wirtschaft des Landes blieb weiterhin fest in den Händen des alten Apparats.

Unter der Führung des Pädagogikprofessors Abassi Madani und des populären Predigers Ali Benhadj (auch Belhadj) konstituierte sich die Islamische Heilsfront (Front Islamique du Salut, FIS) als Sammlungsbewegung der islamistischen Ten-denzen und wurde als politische Partei zugelassen Bei den -ersten und wirklich freien -Kommunalwahlen im Juni 1990 erlangte sie auf Anhieb landesweit 55 Prozent, in den Großstädten erhielt sie gar 80 Prozent und mehr. Befördert wurde die Popularität der Islamisten dann noch durch den Golfkrieg, der die Massen in den Ländern des Maghreb noch mehr emotionalisierte als im Machrek. Unter dem Druck der Basis mußte die FIS konsequent antiwestliche Positionen beziehen und ging dadurch ihrer massiven finanziellen Unterstützung durch Saudi-Arabien verlustig.

So war es kein Zufall, daß schon in der ersten Runde der Parlamentswahleh am 26. Dezember 1991 die FIS einen überwältigenden Wahlsieg verbuchen konnte. Es stand außer Frage, daß nach der zweiten Runde der Parlamentswahlen, die nach dem Modus der französischen Parlamentswahlen eine Stichwahl zwischen den beiden aussichtsreichsten Kandidaten gewesen wäre, die FIS weit mehr als jene Zweidrittelmehrheit im neuen Parlament erreicht hätte, die für eine Verfassungsänderung notwendig gewesen wäre. Fünf Tage vor der Wahlentscheidung, am 11. Januar 1992, putschte das Militär, setzte Staatspräsident Bendjedid ab, die Verfassung außer Kraft und rief den Ausnahmezustand aus. Weit über zehntausend Anhänger der FIS wurden verhaftet, allen voran die Kandidaten für die Parlamentswahl, die zahlreichen Bürgermeister und Gemeinderäte sowie bekannte Mitglieder und Sympathisanten.

IV. Terror und Gegenterror: Der Krieg gegen die Bürgerinnen und Bürger

Unbestreitbar ist, daß die Islamische Heilsfront und ihr im Untergrund entstehender bewaffneter Arm, die Armee des Islamischen Heils (AIS), nach ihrem Verbot am 4. März 1992 und der Verfolgung durch die Militärs zu terroristischen Anschlägen übergingen. Diese richteten sich zumindest zunächst gegen Einrichtungen des Staates, vor allem gegen Polizeistationen und Kasernen, wo sie vor allem das Ziel hatten, Waffen für die Bewegung zu beschaffen, aber auch gegen laizistisch eingestellte prominente Intellektuelle. Erste Zweifel an der scheinbaren Eindeutigkeit der Urheberschaft solcher Anschläge kamen auf nach der Ermordung von Mohamed Boudiaf. Er war einer der wenigen noch Überlebenden aus jener verschworenen Gruppe, die am 1. November 1954 mit zahlreichen Sprengstoffanschlägen in Algerien den Befreiungskrieg gegen Frankreich begonnen hatten. Nach der Machtübernahme Ben Bellas und der Armee floh er ins marokkanische Exil. Von dort hatten ihn die Putschisten zurückgeholt und zum Präsidenten des von ihnen geschaffenen Hohen Staatskomitees gemacht. Sehr schnell stellte sich heraus, daß Boudiaf nicht bereit war, dem neuen Regime nur als Galionsfigur zu dienen. Er betrieb die Gründung einer eigenen Partei, um sich selbst eine gewisse Unabhängigkeit vom Militär zu verschaffen und, vor allem, er setzte Kommissionen ein, um den Sumpf aus Korruption und Pfründenwirtschaft, der Algeriens Ökonomie im Griff hatte, zu untersuchen und offenzulegen.

Genau 170 Tage nach Übernahme der Präsidentschaft wurde er von einem eigens für diesen Tag zu seinem Personenschutz abgestellten Beamten des militärischen Sicherheitsdienstes erschossen, während sich alle anderen Leibwächter außerhalb des Saales befanden, in dem Boudiaf eine Rede hielt. Sechs Tage später, am 5. Juli, wurden in einem kleinen Ort westlich von Algier fünf Sicherheitsbeamte erschossen, die von Boudiaf mit der Ermittlung in Korruptionsaffairen beauftragt waren Es liegt auf der Hand, daß der Anschlag auf Boudiaf, dessen Urheber als Islamist bezeichnet wurde, Zweifel an der offiziellen Version wecken mußte.

Unklar blieben auch die Umstände um den Bombenanschlag auf den Flughafen von Algier am 26. August 1992. Immerhin war einer der Hauptangeklagten dieses Anschlags bereits mehrere Tage vor dem Attentat verhaftet worden. Irritierend ist auch, daß eine telefonische Warnung über den bevorstehenden Anschlag von den Sicherheitskräften nicht beachtet wurde War das Regime selbst in die Anschläge verwickelt? Fanden hier Abrechnungen zwischen Gruppierungen innerhalb des Regimes statt? Handelte es sich um Provokationen (von Teilen) des militärischen Sicherheitsdienstes, die eine stärkere Unterstützung für das Regime vor allem durch Frankreich zum Ziele hatten? Die vier Hauptangeklagten widerriefen vor Gericht ihre unter der Folter abgelegten Geständnisse. Sie wurden am 27. Mai 1993 zum Tode verurteilt und am 31. August 1993 hingerichtet.

Spätestens 1993 ging das Regime selbst zum aktiven Gegenterror über, in dem der militärische Sicherheitsdienst Kommandos aufstellte, die ihrerseits die Bevölkerung terrorisieren. Eine dieser Organisationen, die inzwischen wieder verschwunden ist, war die Organisation des Jeunes Algeriens Libres (OJAL), die durchaus im Stil der aus Lateinamerika bekannten Todesschwadronen ganze Dörfer überfiel und deren männliche Einwohner massakrierte

Gleichfalls 1993 traten erstmals die sogenannten Bewaffneten Islamischen Gruppen (Groupes Islamiques Armes, GIA) in Erscheinung. Es sind diese Gruppen, die einerseits den bewaffneten Arm der FIS, die AIS, bekämpfen, andererseits immer wieder für zahlreiche Anschläge verantwortlich gemacht werden und denen vor allem die systematische Massakrierung ganzer Stadtviertel und Dörfer zugeschrieben wird.

Wie aber ist es möglich, daß beispielsweise solche Bewaffneten Islamischen Gruppen sechs bis sieben Stunden lang ein Wohnviertel der Außenbezirke von Algier terrorisieren, mehrere hundert Menschen abschlachten, ohne daß die Ordnungskräfte eingreifen, obwohl ein Polizeiposten und sogar eine Kaserne nur wenige hundert Meter entfernt sind? Wie ist es möglich, daß die Mörderbanden auf mehreren Lastkraftwagen anfahren und nach getaner Metzelei auf diesen wieder verschwinden, obwohl das Militär rund um die Stadt Straßensperren eingerichtet hat? Wen wundert unter diesen Umständen, wenn die terrorisierte Bevölkerung in einer Form von Galgenhumor den Begriff „groupes islamiques armes“ abwandelt in „groupes islamiques de l’armee“ (bewaffnete islamische Gruppen der Armee)?

Tatsache ist, daß die Staatsmacht sich von ihrer ureigensten Aufgabe, dem Schutz der Zivilbevölkerung, verabschiedet hat So treten die Antiterroreinheiten des Militärregimes nur noch vermummt auf -aber: Stecken unter den Masken immer wirklich nur die Sicherheitskräfte? So hat das Regime freiwillig auf das Gewaltmonopol des Staates verzichtet, indem es zur Selbstverteidigunggegen islamistische Terrorkommandos Dorfmilizen bewaffnete, die mittlerweile auf etwa 200 000 Mann angewachsen sind und nun ihrerseits Krieg gegen andere Dorfmilizen führen, Straßensperren errichten und die Zivilbevölkerung terrorisieren. Viele dieser Milizen haben inzwischen den Charakter von Privatarmeen und sind im Auftrag zentraler Figuren des Regimes tätig.

Wie ist es andererseits möglich, daß die Islamisten, die offensichtlich immer und überall zuschlagen können, wo sie dies nur wollen, bisher an keiner Stelle die Tausende von Kilometern Erdgas-und Erdölpipelines gesprengt haben, die die finanzielle Nabelschnur des Regimes darstellen? Beabsichtigen sie, sich selbst nach gewonnenem Kampf gegen das Regime ins bequeme Bett der Kohlenwasserstoffrente zu legen, oder führt dies gar zur Hypothese von geheimen Absprachen zwischen „Terroristen“ und Militärregime? Ohnehin ist vieles am Agieren der Terrorgruppen der GIA unklar und widerspricht elementaren Regeln des Guerillakrieges: Warum sollten die islamistischen Kommandos gerade die Teile der Bevölkerung massakrieren, die in den Wahlen der Jahre 1990 und 1991 mit 80 Prozent und mehr für die Islamisten gestimmt hatten? Völlig untypisch für terroristische Bewegungen mit politischer Zielsetzung ist, daß die GIA bisher nirgendwo ein politisches Programm veröffentlicht haben. Zumindest verwirrend ist auch die Tatsache, daß in den fünf Jahren des Agierens dieser Gruppe(n) keines ihrer Mitglieder gefangengenommen wurde, so daß seine Aussagen der Öffentlichkeit hätten präsentiert werden können. Stets verlauten regierungsamtliche Kommuniques nur Zahlen über Getötete. Und auch hier herrscht Unklarheit: So ist einer der berüchtigtsten Führer der GIA, Zouabri, bereits dreimal als erschossen gemeldet worden und scheint inzwischen abermals auferstanden zu sein.

Nimmt man dann die Praxis des Regimes, jeden potentiell Verdächtigen, ja ganze verdächtige Stadtteile und vor allem die dort lebenden Jugendlichen als potentielle Sympathisanten der Islamisten zu betrachten, diese Menschen nicht nur zu verfolgen, sondern zu verhaften, systematisch unter den grauenvollsten Bedingungen zu foltern, Zehntausende von Menschen verschwinden zu lassen, massenhaft illegale Hinrichtungen durchzuführen dann wird die ganze Unerträglichkeit der Situation in Algerien deutlich. Zugleich wird jedoch auch sichtbar, daß es sich hier keineswegs mehr um einen Glaubenskrieg handelt, sondern um die Auflösung staatlicher Macht in einer sozial, politisch und ökonomisch zerfallenden Gesellschaft. Dabei mag die Auflösung des staatlichen Gewaltmonopols ebenso Sinn ergeben wie die weitere Steigerung des Terrors, die Ende 1997 und zu Beginn des Ramadan im Januar 1998 zu verzeichnen war. Zum einen verfolgt sie sicherlich den Zweck, die Bevölkerung von der Unterstützung der islamistischen Terroristen abzuschrecken. Zum zweiten -und diese Strategie scheint relativ erfolgreich gewesen zu sein -gelang es dem Regime über viele Jahre, das westliche Ausland glauben zu machen, daß die grauenvollen Anschläge und Massaker ausschließlich auf das Konto der Islamisten gingen, wodurch das Regime selbst sich als vorderstes Bollwerk im Kampf gegen einen Europa bedrohenden fanatischen Islamismus präsentieren konnte. Zum dritten ist jedoch auch zu bedenken, daß die todbringende Arbeit der Mord-kommandos in einen Zeitpunkt fällt, in dem aufgrund der Auflagen des Internationalen Währungsfonds die Staatsbetriebe des ehemals „sozialistischen“ Algerien bis Ende 1998 privatisiert werden sollen. Vor diesem Hintergrund erscheint die systematische Zerstörung von Fabrikanlagen in der Vergangenheit ebenso sinnvoll wie die in jüngster Zeit sich häufenden Überfälle auf Dörfer und die Massakrierung ihrer Bewohner: Allein in der Mitidja, jener fruchtbaren Ebene zwischen Algier und Blida, im Herzen des „Dreiecks des Todes“, stehen knapp drei Millionen Hektar fruchtbarsten Landes zur Privatisierung an. Die Landarbeiter, die gewissermaßen als Staatsrentner in den soge-nannten Selbstverwaltungsbetrieben tätig waren, haben ein Vorkaufsrecht auf dieses Land. Mit ihrem Widerstand gegen die Inbesitznahme der Latifundien durch die neuen Reichen dürfte nicht mehr zu rechnen sein, nachdem sie durch die Massaker zur Massenflucht veranlaßt wurden.

V. Die Verantwortung des Westens

Hatte die Korruption schon während der Präsidentschaft Chedli Bendjedids gigantische Ausmaße angenommen, so bietet jetzt die Kriegswirtschaft weitere profitable Einnahmequellen Je mehr die Ökonomie zerfällt, je krasser die sozialen Verhältnisse werden, desto größer werden die Möglichkeiten durch Spekulation und Manipula-tion, durch mafiotische Strukturen in kürzester Zeit enorme Profite zu machen. 1994, also zwei Jahre nach dem Putsch, standen die algerischen Auslandsschulden in Höhe von 29 Mrd. US-Dollar zur Neuverhandlung an. Dem Regime gelang es, sich in seiner Rolle als Vorposten des Kampfes gegen den militanten Islamismus darzustellen. Deshalb erhielt es außerordentlich günstige Konditionen: Überstieg der Schulden-dienst damals bei weitem die Staatseinnahmen, so wurde nun vereinbart, daß hinfort nur 50 Prozent des Staatshaushalts für den Schuldendienst aufgebracht werden müssen; im Rahmen von stand-byAbkommen und Neukrediten erhielt Algerien weitere Finanzhilfen, die auf mindestens acht Mrd. Dollar geschätzt werden Ein großer Teil dieser Summen, so sie nicht für den Kauf von Waffen und Lebensmitteln verwendet wurden, versickerte in den Taschen des Regimes Hätte der Westen zu diesem Zeitpunkt massiv auf eine Verhandlungslösung zwischen den algerischen Konfliktparteien gedrängt, hätten durchaus Perspektiven für einen politischen Kompromiß zwischen den Machthabern und der islamistischen Opposition unter Beteiligung der übrigen politischen Parteien und Kräfte Algeriens gefunden werden können.

Eine zweite Chance wurde zu Beginn des Jahres 1995 vertan. Vor dem Hintergrund der algerischen Greuel hat die katholische Laienbruderschaft Comunitä Sant'Egidio (benannt nach ihrem Stammsitz, einem Kloster bei Rom) eine beachtenswerte Initiative ergriffen. Unter Vermittlung dieser kirchlichen Nicht-Regierungsorganisation, die bereits an der Lösung des Konflikts zwischen der FRELIMO-Regierung und den RENAMO-Rebellen in Mosambik beteiligt war, trafen sich im November 1994 und nochmals vom 8. bis 13. Januar 1995 Vertreter der legalen Opposition und der verbotenen islamistischen FIS. Das Ergebnis dieses Dialogs führte zur sogenannten Plattform von Rom Diese wurde von allen acht beteiligten Gruppierungen unterzeichnet. Zu ihnen zählen einige weniger bedeutsame Organisationen, die in der ersten Runde der dann durch den Militärputsch abgebrochenen Wahlen von 1992 nur geringe Stimmenanteile auf sich vereinen und keine Direktmandate erzielen konnten. Beteiligt waren aber auch jene drei Parteien, die als einzige bei den abgebrochenen Wahlen Parlamentssitze errungen hatten: die FIS, der überwältigende Sieger der annullierten Wahlen, sowie die beiden großen, eher laizistisch ausgerichteten Konkurrenten, die Nationale Befreiungsfront (FLN, 16 Mandate im ersten Wahlgang der Parlamentswahlen) und die Front der Sozialistischen Kräfte (FFS, 26 Mandate). Es fehlten: die unbedeutende ettehadi (Kommunisten) und die Berberpartei Rassemblement pour la Culture et la Democratie (RDC), die beide bei den Wahlen keinen Sitz errungen hatten.

Die Unterzeichner der Plattform von Rom vertraten also -im Gegensatz zum Militärregime -nahezu die Gesamtheit der bei den freien Parlamentswahlen abgegebenen Stimmen. Das gibt ihrem gemeinsamen Dokument Legitimität und politisches Gewicht. Um so bemerkenswerter ist der Inhalt der Plattform. Ihr Grundanliegen ist die „Wiederherstellung des souveränen, demokratischen und sozialen algerischen Staates im Rahmen der Prinzipien des Islam“. Eckpfeiler der politischen Ordnung Algeriens sollen die universelle Menschenrechtsdeklaration und das Prinzip des Parteienpluralismus, die Gestaltung des politischen Prozesses durch freie und allgemeine Wahlen sowie das Prinzip der Gewaltenteilung sein. Grundlagen der algerischen Persönlichkeit sind der Islam sowie die Identität als Araber oder als Berber. Damit dokumentiert das Papier die Kompromißfähigkeit der beteiligten Parteien, spiegelt aber auch die nach wie vor vorhandene Spannung zwischen unterschiedlichen gesellschaftlichen Ordnungsmodellen wider.

Als Schritte auf dem Weg zu einer Normalisierung forderten die Unterzeichner der Plattform die Aufhebung der Zwangsauflösung der FIS, die Freilassung ihrer Führung und aller politischen Gefangenen, die Aufhebung des Ausnahmezustands. Ausweg aus der Krise sollte eine nationale Übergangskonferenz sein, bestehend aus der derzeit an der Macht befindlichen Gruppierung (also der putschistischen Fraktion des Militärs) und den repräsentativen politischen Kräften Algeriens. Als wichtigste Voraussetzungen für das Gelingen eines solchen Prozesses wurden die Herstellung von Informationsfreiheit und die Schaffung von Übergangsstrukturen genannt, die zu „freien und pluralistischen Wahlen“ führen sollten.

Im hier dargestellten Zusammenhang erscheint hervorhebenswert, daß die Unterzeichner eine Petition beschlossen hatten, deren Ziel die Unter-Stützung ihrer Forderung nach einer politischen und friedlichen Lösung in Algerien war, weshalb sie auch die internationale Gemeinschaft zu Solidarität mit dem algerischen Volk aufriefen. Dies drückte zum einen die geringe Hoffnung aus, die die Oppositionsparteien auf die ehemalige Kolonialmacht Frankreich setzten, die in ihren Augen durch die konsequente Unterstützung des Regimes diskreditiert ist. Zugleich kann dieser Appell auch verstanden werden als Aufforderung an die EU als Ganzes, an die Vereinten Nationen und nicht zuletzt an die USA, sich in die Lösung der algerischen Krise einzuschalten. Daß gerade dieser Passus die Militärs in besonderer Weise irritieren mußte, ist verständlich, stellte er doch zum einen den Versuch dar, die Krise aus dem algerisch-französischen Kontext hinauszutragen und zu internationalisieren; zum anderen traf dieser Passus das Selbstverständnis des Militärs als Kämpfer für die Souveränität Algeriens -auch wenn angesichts der innenpolitischen Verhältnisse und der Abhängigkeit von internationalen Finanzinstitutionen von der derzeitigen Regierung als Wahrerin der Unabhängigkeit Algeriens kaum mehr gesprochen werden kann.

Es war Francois Mitterrand, der die Vorschläge der in Rom versammelten algerischen Opposition positiv aufgriff und -nach Rücksprache mit Bundeskanzler Helmut Kohl auf dem EU-Gipfel in Essen -den Vorschlag machte, die Europäische Union solle eine Konferenz organisieren, auf der die verschiedenen Parteien im algerischen Konflikt ihre Positionen darstellen könnten Geradezu wütender Widerstand kam von zwei Seiten zugleich: vom algerischen Regime, das Mitterrand anklagte, im späten Greisenalter seine kolonialen Träume verwirklichen zu wollen, und vom Rechts-außen der französischen Regierung, Innenminister Charles Pasqua („es gibt keine gemäßigten Islamisten“), was schließlich dazu führte, daß die französische Regierung unter dem Hinweis, sich nicht in inneralgerische Angelegenheiten einmischen zu wollen, die Initiative ablehnte. Bemerkenswert ist, daß der Innenminister aufgrund seiner guten Beziehungen zum Premierminister (und damals mutmaßlichen konservativen Präsidentschaftskandidaten) Balladur die moderateren Positionen des Außen-und auch des Verteidigungsministeriums zu marginalisieren vermochte. So wie der Konflikt in Algerien gekennzeichnet ist durch den Gegensatz zwischen „Ausrottern“ und „Versöhnlern“, so besteht offensichtlich auch eine transnationale Allianz gleicher Art: auf der einen Seite die Achse Pasqua -Zeroual, auf der anderen Seite die „kompromißlerische“ Position jener, die durch eine politische Lösung dem Konflikt ein Ende setzen wollten. Festzustellen bleibt, daß der möglichen Chance, die in dem Prozeß von Sant’Egidio lag, durch die transnationale Allianz der „Ausrotter“ ein Ende bereitet wurde.

Inwieweit der in Sant’Egidio projektierte Prozeß letztlich tragfähig gewesen wäre, muß hier dahingestellt bleiben. Sicher ist jedoch, daß die Chancen hierfür täglich geringer werden; möglicherweise sind sie schon zerronnen. Denn mit dem Zerfall der politischen Strukturen in-Algerien, der nicht nur militärisch und politisch, sondern vor allem auch sozial und ökonomisch bedingt ist, schwindet auch die Handlungsfähigkeit und Legitimität der politischen Akteure und ihre im Januar 1995 knapp erreichte Konsensfähigkeit.

VI. Perspektiven

In den vergangenen zwei Jahren hat das Regime durch zahlreiche Volksabstimmungen und Wahlen (Annahme einer Verfassung, Präsidentschafts-, Parlaments-und Kommunalwahlen) versucht, sich den Anstrich demokratischer Legitimation zu geben. Daß diese Wahlen dem Kandidaten des Militärregimes, General Zeroual, die erwünschten Mehrheiten brachten, liegt auf der Hand. Entsprechend negativ fiel auch das Urteil der (viel zu wenigen) internationalen Wahlbeobachter aus. Doch selbst wenn man Wahlen Bedeutung zumessen wollte -, die gewählten Organe sind demokratisch bedeutungslos, da die neue Verfassung vom 26. November 1996 dem Präsidenten schlicht diktatorische Vollmachten gibt. Sie schließt jede Gewaltenteilung und daraus resultierende Rechtsstaatlichkeit aus. Damit entpuppen sich diese zahlreichen Wahlen als das, was sie sein sollten: eine Schaufensterveranstaltung, die dem Regime in den Augen des Westens Legitimität verleihen sollte. Derweil eskaliert das Massenmorden, und die „Ausrotter“, die während der letzten vier Jahre stets versprachen, den „Restterrorismus“ auszumerzen, scheinen auf dem besten Weg zu sein, das eigene Volk auszurotten Blickt man zurück auf die Chronologie des Terrors, so ist festzustellen, daß dieser immer dann eskalierte, wenn die Möglichkeit einer politischen Lösung (wie z. B. Sant’Egidio) amHorizont auftauchte. Vor diesem Hintergrund ergeben die zunehmenden Erklärungen von desertierten Polizeioffizieren und Beamten des Sicherheitsdienstes einen Sinn, die die Hauptverantwortung für den Terror dem Regime anlasten

Die Steigerung der Spirale der Gewalt im Dezember 1997 und Januar 1998 hat die EU immerhin veranlaßt, eine Delegation der Troika nach Algier zu schicken, gefolgt von einer Delegation des Europaparlaments. Schon im Vorfeld, um überhaupt von den Machthabern empfangen zu werden, mußten die Delegationen massive Konzessionen machen, insbesondere darauf verzichten, die Einsetzung einer internationalen Untersuchungskommission für die Ursachen der Massaker zu fordern. In Algerien selbst wurde den Delegationen der Besuch der Orte der Massaker verweigert. Und da seit Rückkehr der Delegationen keine allzu spektakulären Terrorakte mehr gemeldet wurden, verschwindet das Thema langsam wieder aus den Medien.

Immerhin signalisiert das Entsenden von EU-Delegationen, daß innerhalb Europas die alte Arbeitsteilung beendet wird, wonach für den Konflikt in Algerien so gut wie ausschließlich Frankreich zuständig ist. Dieses Signal und auch die von den USA erhobene Forderung nach Einsetzung einer internationalen Untersuchungskommission sowie die Erklärungen des UN-Generalsekretärs deuten darauf hin, daß die internationale Gemeinschaft dem Konflikt vielleicht nicht mehr ganz so tatenlos zusieht, wie dies bisher der Fall war.

Die nüchterne Betrachtung des Konflikts muß dazu führen, daß endlich das falsche Klischee über Bord geworfen wird, das den Konflikt als einen Kampf zwischen (westlicher) Demokratie einerseits und einem den Mächten der Finsternis verhafteten Fundamentalismus andererseits darstellt, wie dies auch in einem Teil der Literatur immer wieder behauptet wird Der Coup vom 11. Januar 1992 war nicht ein „Machtwechsel“, sondern ein Staatsstreich, der die Verfassung des Landes außer Kraft setzte, den Staatspräsidenten zum Rücktritt zwang und die in Gang befindlichen Wahlen abbrach, in denen sich zum erstenmal in der Geschichte Algeriens der politische Wille des Souveräns frei artikulierte. Bei halbwegs genauem

Hinsehen zeigt sich, daß die Konfrontation zwischen den putschistischen Militärs und der Islamischen Heilsfront gar nichts zu tun hat mit einem Konflikt zwischen Demokraten und „Feinden der Demokratie“. Die Islamisierung der Gesellschaft war das Projekt der zur Einheitspartei mutierten Nationalen Befreiungsfront, und deren Rückgrat war stets das Militär. Und die Islamisierungs-und Arabisierungspolitik geht auch unter dem Militär weiter wie zuvor, versuchen die Generäle doch, sich selbst islamisch zu legitimieren. Nicht zuletzt kooperiert das Militärregime hervorragend mit den legalen islamistischen Parteien, allen voran der algerischen Hamas-Partei (inzwischen umbenannt in Partei der Gesellschaft für den Frieden), die schon in den früheren Kabinetten Zerouals Ministerposten innehatte, bei den „Wahlen“ im Juni 1997 zweitstärkste Kraft werden durfte und nun mit sieben Ministern im Kabinett vertreten ist. In ihrer Programmatik unterscheidet sie sich in nichts von der Islamischen Heilsfront, allerdings verzichtet sie auf die reale Ausübung der Macht, sprich: auf die Kontrolle der Pfründen der herrschenden Clans und gibt sich mit einigen gewährten Privilegien zufrieden.

Das Dilemma des Westens bestand sicherlich teilweise darin, daß das alte und seit Ende der Bipolarität wiederbelebte Feindbild Islam mit dazu beigetragen hat, im Putsch der Militärs das kleinere Übel zu sehen, die illegitimen Machthaber zu unterstützen und damit den Islamisten die Bestätigung ihrer verschwörungstheoretischen Vorstellungen über das Fortdauern westlich-imperialistischer Zielvorstellungen zu geben. Der Westen dürfte es schwer haben, in den Augen der Völker der Region als glaubwürdiger Vertreter der Demokratie zu erscheinen, wenn immer dann, wenn wirklich freie Wahlen ungeliebte Kräfte an die Macht zu bringen drohen, eine berechenbare Diktatur akzeptabler erscheint als ein neuer, schwer berechenbarer politischer Partner. Nicht zuletzt ist der Teufelskreis der algerischen Krise ein schlagendes Beispiel dafür, daß durch eine Politik der Ausgrenzung und Bekämpfung der Islamisten deren gemäßigte Elemente die Verlierer sind, übrig bleiben am Schluß nur die radikalsten und unberechenbarsten Elemente oder aber eine Gesellschaft, die in ein Chaos fällt, in dem funktionierende (und legitime!) politische Strukturen kaum mehr vorhanden sind.

Auch die Gruppe an der Macht ist in sich nicht homogen, denn hinter der Fassade der Militärdiktatur bekämpfen sich mindestens zwei Clans: der eine um den Generalstabschef Lamari und den Geheimdienstchef Mediene, der der Fraktion der „Ausrotter“ angehört und von Frankreich unterstützt wird, der andere wird repräsentiert durch den als proamerikanisch geltenden ehemaligen Geheimdienstchef Betchine, der als Berater des Generals-Präsidenten Zeroual gilt und zur Fraktion der „Versöhnler“ gerechnet wird Immerhin wurden im vergangenen Jahr sowohl von Europa wie von den USA enorme Investitionen im Erdgassektor Algeriens getätigt. Liegt hier der harte Kern der Unlösbarkeit des Konflikts? Genügt es, daß die Generäle offensichtlich in der Lage sind, den ungestörten Zustrom von Erdgas nach Europa zu sichern?

Wollten Europa und der Westen wirklich eine Lösung der Krise in Algerien, so bietet sich in diesem Jahre eine womöglich letzte Chance: 1998 muß Algerien seine Auslandsschulden neu verhandeln. Diese belaufen sich nicht mehr, wie im Jahre 1994, auf 29 Milliarden US-Dollar, sondern dürften aufgrund von Umschuldungsfolgen und Neukrediten erheblich über 40 Milliarden US-

Dollar liegen. Genau hier wäre die Möglichkeit, den notwendigen massiven Druck auf Algier auszuüben, um eine politische Lösung des Konflikts zu erreichen. Und der Westen könnte sich der Umschuldungsbedingungen von 1994 erinnern, wenn, wie im Zusammenhang mit den Reisen der EU-und der EP-Delegation, immer wieder von Algier auf das Nichteinmischungsprinzip gepocht wird: Damals war Algerien zur Abwertung seiner Währung um 40 Prozent gezwungen worden, es mußte sein Atomprogramm einstellen und der Privatisierung seiner Staatsbetriebe -d. h. nahezu aller Betriebe -zustimmen. Selbst wenn die Chancen heute schlechter sind als 1995, erscheint die in Sant’Egidio gefundene Formel der Charta von Rom die einzige noch halbwegs Hoffnung tragende Lösungsmöglichkeit: Befriedung durch eine Allparteienregierung, in der allerdings sichergestellt werden müßte, daß die Sicherheitsdienste unter zivile Kontrolle gestellt werden. Nicht der Kampf der Kulturen ist angesagt, sondern Demokratisierung und Rechtsstaatlichkeit. Dies ist auch eine Frage der Glaubwürdigkeit westlicher Politik!

Fussnoten

Fußnoten

  1. Vgl. Samuel P. Huntington, The Clash of Civilizations?, in: Foreign Affairs, (Sommer 1993), S. 22-49; ders., Kampf der Kulturen, Wien 1996.

  2. Vgl. Angelika Hartmann, Der islamische „Fundamentalismus“ -Wahrnehmung und Realität einer neuen Entwicklung im Islam, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 28/97, S. 3-13.

  3. Vgl. hierzu Edward Said, Orientalism, New York 1978; Nina Berman, Orientalismus, Kolonialismus und Moderne, Stuttgart 1996.

  4. Vgl. hierzu Werner Ruf, Die algerische Tragödie. Vom Zerbrechen des Staates einer zerissenen Gesellschaft, Münster 1997.

  5. Siehe beispielsweise den Bericht Tocquevilles für die französische Abgeordnetenkammer von 1847 in: Todorov Tzvetan (Hrsg.), Alexis de Tocqueville, De la Colonisation en Algerie, Paris 19882.

  6. Vgl. Larbi Talha, Le salariat immigre dans la crise, Paris 1989, insbes. S. 17-49.

  7. Auch verzichtete die Kolonisation nicht auf an die Kreuzzüge gemahnende Rhetorik. 1832 wurde die Ketchaoua-Moschee, das höchste Bauwerk Algiers, in eine Kathedrale umgewandelt. Bei ihrer Einweihung, erklärte der damalige . Kardinal von Algier, Lavigerie: „Siehe, Rom ist zurückgekehrt.“ Zit. in: Luc-Willy Deheuvels, Islam et penses contemporaines en Algerie, Paris 1991, S. 15.

  8. Vgl. hierzu W. Ruf (Anm. 4), S. 29-47.

  9. Remy Leveau, Frankreich -Algerien: Wechselseitige Vorstellungen; in: Frankreich Jahrbuch 1997, S. 59-70.

  10. Vgl. Gerard Destanne de Bernis, Les Industries industrialisantes et les options algriennes; in: Revue Tiers Monde, 12 (1971) 47, S. 545-563; Hartmut Elsenhans, Algeria: The contradictions of Rent-financed development; in: The Maghreb Review, 14 (1989) 3-4, S. 226-248.

  11. Vgl. W. Ruf (Anm. 4), S. 85-100.

  12. Ulrike Mengedoht, La politique d’arabisation de l'Algrie et ses consquences sur l’islamisme; in Joseph Jurt, Algrie, France, Islam, Paris 1997, S. 77-93.

  13. Vgl. Le Monde vom 3. 4. 1990.

  14. Die korrekte Übersetzung müßte lauten Islamische Errettungsfront.

  15. Zur Problematik der möglichen Verfassungsfeindlichkeit der FIS vgl. W. Ruf (Anm. 4), S. 81-83.

  16. Vgl. Ahmed Rouadjia, Grandeur et decadence de l’Etat algerien, Paris 1994, S. 352-354; Severine Labat, Les islamistes algeriens, Paris 1995, S. 232 f.

  17. Vgl. auch die Berichterstattung in Le Monde im entsprechenden Zeitraum.

  18. Vgl. hierzu die der FIS nahestehende Dokumentation: Comite Algerien des Militants Libres de la Dignite Humaine et des Droits de l’Homme, Livre blanc sur la Repression en Algerie (1991-1994), Plan-les-Ouates 1995, insbes. S. T 1-S 1. Der Vertrieb dieses Weißbuchs ist in Frankreich verboten. Vgl. auch amnesty international, ai-Index MDE, London 28. Februar 1995.

  19. Vgl. hierzu auch den erschütternden Bericht von amnesty international, Algerien -Angst und Schweigen. Eine Menschenrechtskrise im Verborgenen, MDE 28/11/97, deutsche Übersetzung, Bonn 1997.

  20. Vgl. ebd.

  21. Zu den Funktionsprinzipien der Bürgerkriegsökonomien vgl. Francois Jean/Jean-Christophe Rufin, Economie des guerres civiles, Paris 1996.

  22. Vgl. Remy Leveau, L’Algerie en guerre, Brüssel 1995, S. 129 f.

  23. Vgl. W. Ruf (Anm. 4), insbes. S. 93-100.

  24. Text der Plattform von Rom nach der Veröffentlichung in der algerischen Zeitung el watan vom 13. und 14. Januar 1995, wiedergeben in Le Monde Diplomatique vom März 1995.

  25. Nach einem Wechsel in der Führung unterstützt die FLN seit 1996 wieder die Militärregierung.

  26. Vgl. Liberation vom 4. /5„ 6., 7. Februar 1995. Vgl. auch Bulletin der EU 12/1994, S. 14.

  27. So geht R. Leveau (Anm. 22) schon 1995 von etwa 120 000 Toten aus. Von mindestens der gleichen Zahl spricht auch Martin Stone, The Agony of Algeria, London 1997, S. 1.

  28. Aussagen solcher Deserteure finden sich u. a. in: The Observer vom 11. Januar 1998; Der Spiegel, (1998) 3, S. 120; Algeria Watch, Info-Mappe, Nr. 2, Berlin, Oktober 1997.

  29. Vgl. hierzu vor allem Sigrid Faath, Keine Demokratie für die Feinde der Demokratie?, in: Blätter für deutsche und internationale Politik, (1992), 3, S. 281-289; dies., Probleme der Demokratisierung im Maghreb, in: Aus Politik und Zeit-geschichte, B 44-45/95, S. 14-23.

  30. Vgl. Algeria Watch, Herrschaft der Angst; in: Frankfurter Rundschau vom 16. Februar 1998.

Weitere Inhalte

Werner Ruf, Dr. phil., geb. 1937; Professor für internationale und intergesellschaftliche Beziehungen und Außenpolitik am Fachbereich Gesellschaftswissenschaften der Universität Gesamthochschule Kassel. Veröffentlichungen u. a.: Die neue Welt-UN-Ordnung. Vom Umgang des Sicherheitsrates mit der Souveränität der „Dritten Welt“, Münster 1994; Die algerische Tragödie. Vom Zerbrechen des Staates einer zerrissenen Gesellschaft, Münster 1997; Feindbildproduktion nach dem Ende des Ost-West-Konflikts: Die islamische Bedrohung, in: Eckhard Jung/Wolfgang Vogt (Hrsg.), Kultur des Friedens, Darmstadt 1997.