Meine Merkliste Geteilte Merkliste PDF oder EPUB erstellen

Deutschland und seine Nachbarn Polen und Tschechien. Regionale Kooperation im Umweltbereich und bei der Inneren Sicherheit | APuZ 3-4/1999 | bpb.de

Archiv Ausgaben ab 1953

APuZ 3-4/1999 Die Voraussetzungen demokratischer Entwicklung in Mittel-, Nordost-, Südost-und Osteuropa - Zum Spannungsverhältnis von Nation und Außenpolitik in Ostmitteleuropa Anpassungsprobleme in postsozialistischen Ländern Osteuropas im Vorfeld der EU-Osterweiterung Deutschland und seine Nachbarn Polen und Tschechien. Regionale Kooperation im Umweltbereich und bei der Inneren Sicherheit

Deutschland und seine Nachbarn Polen und Tschechien. Regionale Kooperation im Umweltbereich und bei der Inneren Sicherheit

Wolfram Hilz

/ 31 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Bei der Frage nach dem Beitritt mittelosteuropäischer Reformstaaten zur EU geht es längst nicht mehr um das Ob, sondern nur noch um das Wie und Wann. In der öffentlichen Diskussion dominieren hierbei die wirtschaftlichen und finanziellen Fragen der Osterweiterung. In der „AGENDA 2000“, der Stellungnahme der Europäischen Kommission zur Osterweiterung, weist diese jedoch darauf hin, daß die Bewerber neben dem Aufbau einer stabilen Demokratie und einer funktionsfähigen Marktwirtschaft auch imstande sein müssen, den restlichen Besitzstand der Union an Normen und Prinzipien zu übernehmen. In den beiden Reformstaaten Polen und Tschechien werden die größten Herausforderungen in der wirtschaftlichen, demokratischen, aber auch in der ökologischen Entwicklung sowie in der Gewährleistung der Inneren Sicherheit gesehen. Vor dem Hintergrund der EU-Anforderungen und der vorhandenen Probleme wird in dem Beitrag der Stand der Kooperation zwischen Deutschland, Polen und Tschechien in den beiden letztgenannten Bereichen bilanziert. Während die umweltpolitischen Herausforderungen überwiegend aus den Umweltzerstörungen der kommunistischen Ära resultieren, stellen die Gefährdungen der Inneren Sicherheit neuartige Aufgaben dar. Sowohl die Folgen der Migrationsbewegungen als auch die vermehrten Aktivitäten der Organisierten Kriminalität weisen auf die Notwendigkeit gesamteuropäischer Zusammenarbeit zumal in den Grenzregionen hin. Der Umgang mit diesen Problemen an der Schnittstelle zwischen Ost und West -an der deutschen Ostgrenze -zeigt exemplarisch, welche Hindernisse für das zusammenwachsende Europa bestehen, aber auch, welchen Beitrag die direkt Betroffenen auf beiden Seiten der „Wohlstandsgrenze“ durch intensive Kooperation zu ihrer Überwindung leisten bzw. leisten können.

I. Einleitung

Die Bundesrepublik Deutschland hat sich als größtes EU-Mitglied seit dem Epochenwechsel 1989/90 am stärksten für die Annäherung der mittel-und osteuropäischen Reformstaaten an den Westen und seine Institutionen eingesetzt. Hierbei spielte die Heranführung an die Europäische Union als Garant für wirtschaftliche und politische Stabilität in Europa von Beginn an eine zentrale Rolle. Gleichwohl stehen viele EU-Partner Deutschlands einer Erweiterung der EU nach Osten skeptisch gegenüber Nicht zufällig faßte der Europäische Rat erst unter der deutschen Präsidentschaft bei seinem Gipfeltreffen im Dezember 1994 in Essen den Beschluß, nach Ende der 1996 einzuberufenden Regierungskonferenz Beitrittsverhandlungen mit den östlichen Reformstaaten zu beginnen. Im März 1998 startete die Europäische Union ihre Sondierungsgespräche für Beitrittsverhandlungen mit sechs von elf Bewerbern.

Bis zur Beitrittsfähigkeit der Reformstaaten bedarf es einer Vielzahl unterschiedlicher Maßnahmen: Sie reichen vom Umbau der Wirtschafts-und Rechtssysteme in den Reformstaaten über die schrittweise Öffnung der westlichen Märkte für osteuropäische Güter bis zu konkreten Hilfestellungen der EU oder ihrer Mitglieder in den Politikbereichen der Gemeinschaft. Die Europäische Union leistet ihren Beitrag durch Finanzhilfen und institutionalisierte Kooperationsmechanismen. Neben den Europaabkommen, über die die Reformstaaten mit der EU assoziiert wurden, sind dies der strukturierte Dialog, die intensivierte Heranführungsstrategie und die Beitrittspartnerschaften. Die EU-Kommission betonte aber auch wiederholt die Bedeutung der „regionalen Zusammenarbeit als Mittel zur Förderung von Stabilität, Sicherheit und Wohlstand sowie zur Stärkung des Integrationsprozesses in Europa“ Sie trage dazu bei, daß in Europa keine neuen Trennungslinien entständen.

Dieser Beitrag soll einen Einblick vermitteln, welche unterschiedlichen Formen der Zusammenarbeit zwischen Deutschland und den Reformstaaten neben den genannten EU-Aktivitäten existieren und welchen Beitrag diese Kooperation zur Annäherung der zukünftigen Partner aus Ost und West leisten kann. Im Vordergrund stehen dabei die Nachbarn Polen und Tschechien sowie die Politikbereiche Umwelt und Innere Sicherheit. Diese beiden Sektoren sind gerade auch für die Menschen in den Grenzregionen zwischen Ost und West nach Öffnung des „Eisernen Vorhangs“ von besonderem Interesse, da sie am unmittelbarsten von grenzüberschreitenden Umwelt-und Sicherheitsproblemen betroffen sind.

Welche Bedeutung die Politikbereiche Umwelt und Innere Sicherheit bei der Beurteilung der Beitrittsfähigkeit spielen, machten die EU-Außenminister Anfang Oktober 1997 bei ihrem Treffen in Luxemburg deutlich: Sie stellten klar, daß von den Beitrittskandidaten noch erhebliche Anstrengungen insbesondere beim Umweltschutz und bei der Bekämpfung der Kriminalität erwartet würden Damit knüpften sie an die AGENDA 2000 -die Stellungnahme der EU-Kommission zur Osterweiterung vom Juli 1997 -an, in der diese betonte, daß die Bewerber neben dem Nachweis einer stabilen Demokratie und einer funktionsfähigen Marktwirtschaft auch in der Lage sein müssen, den gesamten Besitzstand der Union, den acquis communautaire, zu übernehmen Für die beiden untersuchten Kooperationsbereiche soll zunächst der Rahmen der existierenden Gemeinschaftsregelungen sowie die von der Kommission in der AGENDA 2000 angesprochene Problematik skizziert werden, bevor vor dem Hintergrund der vorhandenen Probleme auf den Stand der Kooperation zwischen Deutschland, Polen und Tschechien beim Umweltschutz und der Inneren Sicherheit, insbesondere auf regionaler Ebene, eingegangen wird.

II. Kooperation im Umweltbereich

1. EU-Rahmenbedingungen und Kommissionsforderungen laut AGENDA 2000

Die EU betreibt gemäß Art. 100 a, Art. 130 r-t sowie Art. 2 und Art. 3 k EG-Vertrag eine aktive Politik zum Schutz von Wasser, Klima, Luft, Boden, Tier-und Pflanzenwelt sowie Gemeinschaftspolitiken in den Bereichen Lärmbelästigung, Abfallentsorgung und Gefahren durch Chemikalien. Mit den negativen Folgeerscheinungen der Bmnenmarktliberalisierung -vor allem im Verkehrssektor bzw. im Transportwesen -gewann der Umweltschutz zusätzliche Bedeutung. Inzwischen gibt es über 200 Rechtsakte zum Thema Umwelt, die (langfristig) auch von den Beitritts-kandidaten umgesetzt und vollzogen werden müssen. In der AGENDA 2000 heißt es bezüglich des umweltpolitischen Niveaus der Bewerberstaaten u. a.: „Die Übernahme der UmweitVorschriften und -normen der Union ist von zentraler Bedeutung, doch kann -in Anbetracht der bestehenden Umweltprobleme und der erforderlichen massiven Investitionen -bei keinem Bewerberland davon ausgegangen werden, daß es dem Besitzstand in naher Zukunft entspricht . . . Nichtsdestotrotz sind Investitionen im Hinblick auf die Übernahme des Besitzstandes eines der vorrangigen Ziele der intensivierten Heranführungsstrategie.“

Die Aussichten für ein Erreichen der hohen EU-Umweltstandards durch die Bewerberstaaten scheinen nach Einschätzung der Kommission nicht sehr gut zu sein. Die enge Verflechtung beim Umweltschutz bietet jedoch gute Chancen für das ökonomische und politische Zusammenwachsen Europas d. h., daß auch die Westeuropäer ein Eigeninteresse an einem baldigen Erreichen „westlicher“ Umweltschutzstandards in Osteuropa haben müßten.. Die logische Folge wäre eine Unterstützungspolitik der osteuropäischen Reformstaaten durch die EU und ihre Mitglieder. Zwar soll die Umorientierung und Bündelung der PHARE-Mittel (das sind die EU-Hilfsprogramme zur Umgestaltung der Wirtschaft der osteuropäischen Länder) einen Beitrag zur Steigerung der Investitionen im Umweltsektor leisten, ihr Umfang ist jedoch begrenzt. Die Kommission weist deshalb auf die Notwendigkeit hin, weitere -auch private -Investitionen zu akquirieren 2. Hauptprobleme im Umweltsektor In den Reformstaaten existieren erhebliche Altlasten aus den Zeiten der Ost-West-Spaltung Europas. Beispielsweise wurden umweltgefährdende Einrichtungen -wie etwa emissionsintensive Kraftwerke -verstärkt im grenznahen Bereich angesiedelt. Sie stellen damit eine besondere Belastung für die Grenzregionen dar, die ohnehin zumeist ökonomisch vernachlässigt wurden. Ein zusätzliches Problem ist die veraltete Sicherheitsund Verfahrenstechnik in allen ehemaligen Ostblockstaaten. Das größte Umweltproblem in den osteuropäischen Reformstaaten -und damit auch in den Grenzregionen -ist die jahrzehntelange massive Luftverschmutzung, die sowohl eine starke direkte Gefährdung für die Gesundheit der Bewohner dieser Gebiete darstellt als auch über die Kontaminierung des Waldes, des Bodens und des Grundwassers negativ fortwirkt. Außerdem stellt die Verschmutzung der Grenzgewässer zwischen Deutschland, Polen und Tschechien -insbesondere von Oder, Neiße und Elbe -sowie der Ostsee eine große Umweltbelastung dar. In den meisten Gutachten gilt Tschechien als das Land, das am meisten unter der Luftverschmutzung und ihren Folgen leidet, da hier der Anteil der emissionsintensiven Braunkohle an der Gesamtenergieproduktion enorm hoch war und ist: Noch 1992 wurden 65 Prozent der Primärenergie aus Braunkohle gewonnen, und 75 Prozent der Elektrizität gingen daraus hervor. Die Kombination mit energieintensiver Schwerindustrie, die Anfang der neunziger Jahre noch 80 Prozent des tschechischen Stroms verbrauchte, verdeutlicht das tiefgreifende Problem

Bei der Schadstoffkonzentration durch Braunkohleverfeuerung gibt es innerhalb Tschechiens erhebliche Unterschiede: Anfang der neunziger Jahre war die Schwefeldioxid-Konzentration in Nord-Böhmen, an der Grenze zu Sachsen, zwanzigmal so hoch wie im ohnehin schon stark belasteten nationalen Durchschnitt. Damit handelt es sich bei dieser Umweltgefährdung um ein Nachbarschaftsproblem ersten Ranges. Allein der direkte Schaden wird auf Verluste von 100 Mio. Dollar jährlich im Agrarbereich und auf eine Vernichtung des Baumbestandes von 60 Prozent geschätzt. Nach UN/ECE-Angaben sind Polen und Tschechien in Europa die traurigen Spitzenreiter bei den Wald-schäden mit 54, bzw. 59, 7 Prozent geschädigter Waldfläche 9.

Der Hauptverursacher dieser grenzüberschreitenden Umweltgefährdung ist zwar die Tschechische Republik, sie ist an der Misere jedoch nicht alleine schuld. Vielmehr sind es auch „deutsche“ und „polnische“ Emissionen, die einen erheblichen Teil zur hohen Schadstoffkonzentration in den Grenzregionen beitragen Diese Klassifizierung von Emissionen nur nach ihrer nationalen Provenienz macht die Unsinnigkeit der gegenseitigen Aufrechnung und den dringenden Kooperationsbedarf im Umweltsektor deutlich.

Daß die Alternativen zur Braunkohle als Haupt-energieträger in der Region keineswegs gefahrlos sind, zeigt die von Tschechien gewählte Variante des Ausbaus seiner Atomenergiekapazität Diese kann zu einer neuen Bedrohung für seine Nachbarn werden. Im deutsch-tschechischen Verhältnis stellt daher die Diskussion um das Weiterbetreiben oder gar den Ausbau unsicherer Kernkraftwerkstypen, insbesondere der Druckwasserreaktoren des „Tschernobyl“ -Typs wie in Temelin, eine Belastung dar. Kontroversen gab es auch um die grundlegende energiepolitische Schwerpunktsetzung in Tschechien. Während die tschechische Regierung unter Ministerpräsident Klaus stark auf Atomstrom setzte, indem sie eine Modernisierung der sowjetischen Reaktoren mit westlicher Technologie des US-Unternehmens Westinghouse forcierte, versuchten die deutschen zusammen mit den österreichischen Nachbarn, die tschechische Regierung von dieser Strategie abzubringen. Bis 1996 sollte der Umfang des Atomstroms durch die beiden Reaktoren in Temelin mit ca. 2 000 Megawatt verdoppelt werden. Die ursprünglich für 1992 geplante Inbetriebnahme des Atomkraftwerks verzögert sich jedoch weiter und wird nach Angaben der tschechischen Energiegesellschaft CEZ nicht vor dem Jahr 2001 erfolgen können Wegen der zahlreichen Umplanungen -im Vergleich zur Planung 1986 blieb nur die Betonhülle gleich -, vor allem aber wegen der zweifelhaften Sicherheitsstandards des „gemischten“ Kraftwerkstyps ist die Rechtsbasis für eine Inbetriebnahme höchst fragwürdig. Die nur befristete Betriebsgenehmigung des ersten tschechischen Atomkraftwerks Dukovany verstärkt das Bild eines energiepolitisch und ökologisch unsicheren tschechischen Weges.Mit Polen gibt es im Umweltbereich neue Probleme durch die starke Zunahme der Schadstoff-emissionen aus dem grenzüberschreitenden Straßenverkehr (insbesondere dem Güterverkehr) zwischen Ost und West. Dadurch werden die erzielten Erfolge bei der Schadstoffreduzierung in der Luft z. T. wieder zunichte gemacht: Bei jährlichen Zuwächsen des Güterverkehrs von Prozent stiegen die Stickoxide allein in Brandenburg von 1990 bis 1993 um 42 Prozent, die Kohlendioxid-Emissionen um ca. 50 Prozent; seitdem blieben die Werte auf hohem Niveau fast unverändert. Für diese Emissionen wird eher noch ein Anwachsen denn eine Reduzierung erwartet, da die Pkw-Dichte in den Reformstaaten und damit auch der grenzüberschreitende Straßenverkehr noch zunehmen wird: Laut einer Ifo-Studie von 1996 wird die Pkw-Dichte in den Visegräd-Staaten bis 2005 um 50 Prozent steigen 15. 3. Kooperationsschritte und -erfolge in den umweltrelevanten Sektoren Über die Gremien, die durch die Nachbarschaftsverträge Deutschlands mit Polen und Tschechien eingerichtet wurden, gibt es eine zunehmend intensivere nationale und regionale Umweltkooperation Auf kommunaler Ebene bilden die Euro-regionen entlang der deutsch-tschechischen und deutsch-polnischen Grenze den institutionellen Rahmen für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit. Einen Schwerpunkt der Arbeiten der Euro-regionenbilden kulturelle und bildungspolitische Projekte. Es gibt jedoch auch eine Vielzahl an kommunalen Umweltprojekten, die von den Euro-regionen initiiert wurden. Nicht unerheblich für die Realisierbarkeit der Gemeinschaftsprojekte in den Euroregionen ist die Förderung durch die Programme INTERREG II und PHARE der EU

Mit Polen existiert ein Regierungsabkommen zum grenzüberschreitenden Umweltschutz vom 7. April 1994. Auf dieser Basis arbeiten der deutsch-polnische Umweltrat, die Nachbarschafts-und die Raumordnungskommission. Ein positives Beispiel für die deutsch-polnischen Bemühungen ist das grenzüberschreitende Naturschutzgebiet an der Oder. Der deutsche Nationalpark Unteres Odertal soll zum grenzüberschreitenden deutsch-polnischen „Internationalpark Unteres Odertal“ erweitert werden. Neben gemeinsamen Umweltschutzmaßnahmen bildet die deutsche Unterstützung der polnischen Behörden bei der Rechtsangleichung und Schaffung EU-konformer Verwaltungsstrukturen durch deutsche Fachleute als Berater einen Schwerpunkt der Zusammenarbeit.

Weiterhin existiert ein Vertrag über die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Wasserwirtschaft an den Grenzgewässern vom Mai 1992, durch den die deutsch-polnische Grenzgewässerkommission eingesetzt wurde. Auf regionaler Ebene gibt es darüber hinaus ständige Arbeitskontakte zwischen den Umweltministerien und den polnischen Wojewodschaftsämtern für Umweltschutz zum Erfahrungsaustausch und zur Problembesprechung 19. Beispiele für die für beide Seiten fruchtbare Umweltkooperation sind die gemeinsam geplanten und in Betrieb genommenen Kläranlagen in Guben-Gubin und Swinemünde. Hierdurch wurden die jährlichen Schadstoffeinleitungen in die Neiße bei Guben um 95 Prozent bzw. in die Ostsee bei Swinemünde um 6 000 Tonnen reduziert Im Oktober 1996 wurde nach langwierigen Verhandlungen das deutsch-tschechische Umweltabkommen abgeschlossen, in dem sich beide Seiten u, a. zur Verhütung bzw. Verringerung grenzüberschreitender Umweltbeeinträchligungen sowie zur umweltverträglichen Entwicklung der grenznahen Gebiete verpflichteten. Einmal jährlich tagt seitdem die gemeinsame deutsch-tschechische Umweltkommission. Unterhalb dieser Ebene wurden Arbeitsgruppen gebildet wie z. B. die „Hochrangige Arbeitsgruppe Luft“ oder die Arbeitsgruppe „Immissionsdatenaustausch“, die eine objektive und transparente Datenbasis bereitstellen sollen. Bereits 1995 wurde der deutsch-tschechische Grenzgewässervertrag unterzeichnet. Die daraufhin eingesetzten ständigen Ausschüsse beschäftigen sich mit der Wasserwirtschaft an den Grenzgewässern zwischen Deutschland und Tschechien, von denen es insgesamt 243 gibt. Ein großer Erfolg auf dem Gebiet der Wasserwirtschaft ist die Reduzierung der Abwassereinleitungen in die Elbe um 90 Prozent zwischen 1991 und 1996 durch die Errichtung von 126 großen kommunalen Kläranlagen auf deutscher und tschechischer Seite. Ausgangspunkt hierfür war das dreiseitige Abkommen über die Internationale Kommission zum Schutz der Elbe

Neben den genannten Beispielen für bilaterale Kooperationsschritte gibt es auch trilaterale Erfolge bei der Umweltzusammenarbeit. Ein solcher Schritt unter Einbeziehung der EU ist der Vertrag über die Internationale Kommission zum Schutz der Oder (IKSO), der am 1 I. April 1996 in Breslau zwischen den Regierungen Deutschlands, Polens und Tschechiens abgeschlossen wurde. Bereits erste Ergebnisse brachte die trilaterale Kooperation in der deutsch-polnisch-tschechischen Arbeitsgruppe „Schwarzes Dreieck“, an der die EU beteiligt ist Die Expertengruppe „Luftmonitoring“ baute in der von Bergbau-und Schwerindustrie geprägten Grenzregion mit 6, 3 Millionen Einwohnern ein grenzüberschreitendes Luftmeßnetz auf, wodurch Transparenz bei den Immissionswerten erreicht wurde. Die Expertengruppe „Waldschäden“ lieferte eine einheitliche Bestandsaufnahme der Waldschadenssituation und ihrer Veränderungen. Die Expertengruppe „UVP im Schwarzen Dreieck“ sorgt für eine einheitliche Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) in den drei Staaten und damit für ein zukunftsorientiertes ökologisches Handeln in der Region.

Insgesamt konnte die Luftverschmutzung in den Grenzregionen seit Anfang der neunziger Jahre durch massive Anstrengungen erheblich reduziert werden. Die unsanierte tschechische Kraftwerks-leistung ist vom Winter 1991/92 von 4 190 Megawatt auf 530 im Winter 1997/98 zurückgegangen. Dies gelang durch erhebliche Investitionen in Filteranlagen für die grenznahen tschechischen Braunkohlekraftwerke. Hierdurch konnten die jährlichen Schadstoffemissionen allein an Schwefeldioxiden von 1991 rund 1 Mio. Tonnen auf knapp 200 000 reduziert werden Zu dieser Sanierung der tschechischen Kraftwerksleistung trug auch die Bundesregierung durch Finanzhilfen in Höhe von 84 Mio. DM zwischen 1992 und 1998 bei. Die nicht zu sanierenden Altkraftwerke Tusmice 1 und Ledvice wurden Ende 1998 abgeschaltet. Damit wird sowohl dem tschechischen Luftreinhaltegesetz als auch den europäischen Emissionsgrenzwerten bei Großkraftwerken Genuge getan

Im Bereich des Verkehrs gab es zwar regionale Entlastungen. Durch die Fertigstellung der Autobahnverbindung nach Polen in der Nähe von Frankfurt (Oder) wird ein Großteil des Verkehrs aus der deutschen Grenzstadt und ihrer polnischen Nachbarkommune Slubice herausgeleitet. Die Abgasemissionen in der Grenzregion, wie in Deutschland insgesamt, werden dadurch aber noch weiter steigen. Auch die Schaffung weiterer Straßengrenzübergänge zwischen Deutschland und Tschechien entlastet die bisherigen Grenzübergänge und stößt in den Grenzregionen wegen des intensiveren Wirtschaftsaustausches auf Zustimmung. Unter Umweltschutzgesichtspunkten bringen sie dem Erzgebirge aber neue Belastungen. Genauso zwiespältig sind die Fortschritte bei der generellen verkehrstechnischen Anbin-düng der Reformstaaten an die EU zu sehen. Im Rahmen der transeuropäischen Netze (TEN) werden durch Mittel aus dem PHARE-Programm, aus Krediten der Europäischen Investitionsbank und eigenen Anstrengungen der Reformstaaten insgesamt neun West-Ost-Verkehrskorridore gebaut, die für das Zusammenwachsen Gesamteuropas wichtig sind. Ein Beispiel hierfür ist die Straßenverbindung Berlin-Kiew über Dresden, Wroclaw, Katowice, Krakow und Lvov, deren Ausbau bereits weit fortgeschritten ist. Hiervon werden auch die Grenzregionen profitieren. In der deutschen Nachbarschaft wird dies u. a. die oberschlesische Industrieregion Katowice sein, die durch den Niedergang der polnischen Kohle-und Stahlindustrie ökonomisch schweren Schaden erlitten hat. Die kurzen Transportwege nach Deutschland werden daher für die Region zu einem wichtigen Standortvorteil bei der Umstrukturierung durch die Ansiedlung neuer Industrien

Die umweltpolitischen Folgen, die durch einen massiven Ausbau des Straßenverkehrsnetzes auftreten, werden aber zunächst kaum thematisiert. Zwar fließen die für 1998 von der EU-Kommission zur Verfügung gestellten Mittel zur Schaffung der transeuropäischen Verkehrsnetze zu über 60 Prozent in Eisenbahn-bzw. Kombiverkehrsprojekte gleichzeitig sucht die Kommission aber mit den beteiligten Staaten bisher vergeblich nach einem geeigneten Konzept, um vor allem den grenzüberschreitenden Güterverkehr stärker auf die Schiene zu verlagern. Da die in Deutschland registrierten Abgasemissionen aus dem Verkehr bereits zu über 50 Prozent vom grenzüberschreitenden Transport stammen, muß ein Schwerpunkt der Umweltschutzbemühungen in den Staaten Mittel-und Osteuropas bei der raschen Übernahme der strengen EU-Standards für Kfz-Abgase und Kraftstoffe liegen Eine erste Initiative in diese Richtung brachte die 1. ECE-Konferenz zu Umwelt und Entwicklung vom 12. bis 14. November 1997 in Wien. Dort wurde über ein gesamteuropäisches Abkommen verhandelt, das die Teilnahme von Lkw und Bussen am internationalen Verkehr von der Einhaltung von Umweltgrenzwerten nach EG-Standard abhängig machen soll 4. Bewertung der umweltpolitischen Kooperation Im Umweltbereich hat sich die Situation im deutsch-polnisch-tschechischen Nachbarschaftsverhältnis seit Anfang der neunziger Jahre deutlich gewandelt. Alle Beteiligten haben die schwierige Ausgangssituation als gemeinsame Herausforderung angenommen und sind ihr durch koordiniertes Vorgehen begegnet. Zur kurzfristigen Entlastung erfolgten massive Investitionen von allen Seiten; zum zukünftigen schonenden Umgang mit der Ressource Natur wurden Strukturen errichtet, die ein auch langfristig kooperatives Handeln gewährleisten können. Diese Kooperationsstrukturen, die von der nationalen über die regionale bis zur kommunalen Ebene reichen, sind deshalb so wichtig, da jede Ebene unabhängig von den anderen durch die Verfestigung der gutnachbarschaftlichen Beziehungen das „Gebäude“ der Kooperation mit trägt. Hierdurch wirken sich unvermeidliche Verstimmungen auf der einen oder anderen Ebene weniger gravierend auf das Nachbarschaftsverhältnis insgesamt aus Die negativen umweltpo- litischen Folgen des Verkehrswachstums zwischen Ost-und Westeuropa -wie die Luftverschmutzung durch Autoabgase -können bilateral nur geringfügig beeinflußt werden. Die in ihrem Umfang stark gewachsenen Verkehrsströme mit ihren umweltschädigenden Begleiterscheinungen sind nur durch gesamteuropäische Maßnahmen kanalisierbar

In der Frage der Energiegewinnung aus Atomkraft hat sich die Situation unter Umweltschutz-gesichtspunkten seit Anfang der neunziger Jahre verändert. Aufgrund der gemeinsamen Sanierungserfolge im Bereich der tschechischen Kohle-kraftwerke ist die Fertigstellung des AKW Temelin aus Gründen der „sauberen“ Stromgewinnung und Deckung des Energiebedarfs nicht mehr notwendig. Diese veränderte energiepolitische Situation hat nach dem Sturz der Regierung Klaus, die keinerlei Diskussion über die Fertigstellung von Temelin zuließ, zu einem Nachdenken über Sinn und Notwendigkeit des AKW innerhalb der Übergangsregierung Tosovsky und der Regierung von Ministerpräsident Zeman geführt Ein weiterer Punkt, der in die begonnene Neubeurteilung der tschechischen Energiepolitik mit einfließen muß, ist die mit dem EU-Beitritt der Tschechischen Republik wirksam werdende Zuständigkeit der Europäischen Atomgemeinschaft (EURATOM) für die Versorgung mit Spaltstoffen und die Kontrolle der Sicherheit im Atomenergiebereich allgemein

III. Kooperation bei der Inneren Sicherheit

1. EU-Rahmenbedingungen und Kommissionsforderungen laut „AGENDA 2000“

In den Maastrichter Vertrag wurde dieser Politikbereich in die dritte Säule (Zusammenarbeit in der Innen-und Justizpolitik) des EU-Vertrages als Gegenstand intergouvernementaler Kooperation aufgenommen. Im Amsterdamer Vertrag von 1997 vereinbarten die EU-Mitglieder die Übernahme des Schengener Abkommens in den institutioneilen Rahmen der EU Bis zum Inkrafttreten des Amsterdamer Vertrages bilden der aus mehreren EU-Mitgliedern bestehende Schengen-Verbund in dem die Teilnehmer die Personenkontrollen an den Binnengrenzen aufgehoben und die Grenzkontrollen an ihren Außengrenzen massiv verstärkt haben, sowie die Maßnahmen zur Errichtung einer europäischen Polizeibehörde (EUROPOL) den wichtigsten Rahmen für die Kooperation der EU-Staaten mit den osteuropäischen Beitrittsbewerbern bei der Inneren Sicherheit.

Die hohe Kontrolldichte an den Außengrenzen des Schengen-Raumes bedeutet für die deutschen Nachbarn im Osten, daß neben der „Wohlstandsmauer“ aufgrund des ökonomischen West-Ost-Gefälles eine weitere Barriere zwischen der EU und den Reformstaaten entstanden ist. Gerade Polen und Tschechien, deren Grenze zu Deutschland am stärksten kontrolliert wird, müssen bemüht sein, dieses zusätzliche Mobilitätshinder-nis rasch zu überwinden. Hierzu müssen sie unter Beweis stellen, daß sie die strengen Anforderungen des Schengen-Systems erfüllen können und wollen.

Das entscheidende Kooperationsinstrument zur Gewährleistung der Inneren Sicherheit der Schengen-Staaten ist das Schengen-Informations-System (SIS) mit Sitz des Zentralrechners in Straßburg. Mit diesem elektronischen Fahndungsverbund, der auch als „Schatztruhe für die europäischen Kriminalisten" gilt, können polizeirelevante Daten ausgetauscht und sekundenschnell abgerufen werden. Das SIS und die darauf aufbauende Effektivierung der polizeilichen Kooperation innerhalb der teilnehmenden EU-Staaten sollen durch die Errichtung einer europäischen Polizeibehörde (EUROPOL) mit Sitz in Den Haag erweitert werden. Tätigkeitsfelder von EUROPOL, dessen Aufbau auf deutsche Initiative hin auf dem Maastrichter Gipfel 1991 beschlossen wurde, sollen neben der Unterstützung der nationalen Behörden bei der Bekämpfung des Drogenhandels, der Geldwäsche und des internationalen Terrorismus die zentrale Auswertung polizeilicher Erkenntnisse zu grenzüberschreitenden Straftaten bei Autoverschiebung, Nuklearschmuggel, Schleuserkriminalität, Menschenhandel und Kindesmißbrauch sein. Neben den nationalen Ermittlungsbeamten sollen die EUROPOL-Beamten durch die Datenauswertung die Netzwerke der Organisierten Kriminalität aufdecken und langfristig eine europäische Strategie zur gemeinsamen Verbrechensbekämpfung entwickeln

In der AGENDA 2000 heißt es zur Inneren Sicherheit u. a.: „Alle Bewerber stehen, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß, vor der Herausforderung der Bekämpfung von organisiertem Verbrechen, Terrorismus, Menschenhandel und Rauschgifthandel . . . Bereits jetzt machen sich die Auswirkungen dieser Faktoren in der Union bemerkbar. Die Unionserweiterung bietet jedoch eine Gelegenheit, gemeinsame Probleme in diesen Bereichen, die sowohl die gegenwärtige Union als auch die Beitrittsländer betreffen, wirksamer anzugehen.“

Bei der Beitrittsfähigkeit der Reformstaaten hinsichtlich der Inneren Sicherheit ist das Urteil der Kommission in der AGENDA 2000 sehr viel moderater als bei der Umweltpolitik; hier hat die EU selbst noch große Probleme. 2. Hauptgefährdungspotentiale für die Innere Sicherheit Illegale Migration

Mit 52, 51 Prozent der 1996 in der EU neu registrierten Asylbewerber trägt Deutschland mit großem Abstand die Hauptlast aller Aufnahmeländer in Europa Die Gesamtzahl der offiziellen Flüchtlinge und Asylbewerber veranschaulicht die Größenordnung des Migrationsproblems; sie betrug in Deutschland 1996 rund 1, 6 Mio. Hinzu muß die Zahl illegaler Zuwanderer in unbekannter Größenordnung gerechnet werden. Bei der illegalen Einreise nach Deutschland bildet seit Jahren die deutsche Ostgrenze zu Polen und Tschechien mit einer Gesamtlänge von 1 264 km den Schwerpunkt. Hier hat die Schleuserkriminalität kontinuierlich stark zugenommen. Die Schleuserbanden sind so gut organisiert und versiert, daß selbst das europaweit dichteste Kontrollnetz des Grenzschutzes in Sachsen mit 5 800 BGS-und 3 100 weiteren Grenzschutzbeamten angesichts des nur zu schätzenden Umfangs von Menschenschmuggel von Ost nach West lediglich marginale Erfolge liefern kann Von deutscher bzw. EU-Seite wurde in die- sein Zusammenhang vor allem die liberale polnische Einreisepraxis an seiner Ostgrenze kritisiert, die es Einreisewilligen nach Westeuropa ermöglicht, relativ problemlos bis zur EU-Ostgrenze zu gelangen

Seit der Asylrechtsänderung in der Bundesrepublik 1993 ist die Gefahr sozialen Sprengstoffs durch Migranten auch für die beiden deutschen Nachbarn angestiegen. Durch die deutsche Klassifizierung Polens und Tschechiens als sichere Drittstaaten im Sinne des deutschen Asylrechts -an sich ein Qualitätssiegel für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit -änderte sich deren Rolle in den Ost-West-Wanderungsbewegungen: Sie wurden von Transfer-zu Zielländern.

Organisierte Kriminalität Durch die Organisierte Kriminalität (OK) besteht neben den direkten Schäden in außerordentlicher Höhe die Gefahr der Unterwanderung der demokratischen Strukturen in Wirtschaft und Politik. Dies gilt für die stabilen Demokratien in Westeuropa und in noch stärkerem Maße für die jungen Demokratien Osteuropas. Ein EU-Lagebericht aus dem Jahr 1996 kommt zu dem Ergebnis, daß die Organisierte Kriminalität eine zunehmende internationale Dimension hat, die den Kooperationserfolgen der EU-Mitglieder weit voraus ist Obgleich unbestritten ist, daß grenzüberschreitende Kriminalität nur international bekämpft werden kann, fehlt es hier noch an wirkungsvoller Zusammenarbeit. Bisher können zwar innerhalb der EU Waren und Geld weitgehend unbehindert die Grenzen überschreiten, Justiz und Polizei dürfen jedoch nicht über diese hinaus handeln.

Wie dringend auch hier eine Intensivierung der Ost-West-Kooperation ist, sollen einige Beispiele illustrieren. Beim Waffenhandel spielen die östlichen Nachbarstaaten nicht nur als Transfer-, sondern auch als Herkunftsländer eine bedeutende Rolle Beim Drogenhandel (vor allem Heroin) existiert eine gesamteuropäische „Arbeitsteilung“: Die mittel-und osteuropäischen Staaten haben eine wichtige Funktion als Sammel-und Lagerplätze für die überwiegend türkischen Händler-ringe. Im Westen ist Frankreich die Haupt-operationsbasis. Neben der Unterwanderung demokratischer Strukturen bedeutet die Organisierte Kriminalität eine massive wirtschaftliche Schwächung der Staaten. Allein der Ausfall an Tabak-und Umsatzsteuer durch den meistens über Osteuropa laufenden Zigarettenschmuggel wird in der Bundesrepublik auf jährlich rund 1, 2 Mrd. DM geschätzt; bei rund 20 Mrd. DM Tabaksteuereinnahmen ist dies ein beträchtlicher Anteil Hinzu kommt, daß mit den Erlösen die Aktivitäten der Organisierten Kriminalität in Deutschland weiter verstärkt werden.

Die absurde Kooperationspraxis bei Kfz-Verschiebungen ist ein weiterer Beleg für die Notwendigkeit gemeinsamer Maßnahmen: Polnische Polizisten dürfen einen Verdächtigen nur 48 Stunden festhalten. Wegen fehlenden Zugangs zu den westlichen Informations-und Kommunikationsmechanismen müssen Anfragen auf dem Dienstweg über die Hauptkommandantur in Warschau und das Bundeskriminalamt in Wiesbaden an die lokale deutsche Polizeidienststelle gestellt werden -mit dem Ergebnis, daß die Verdächtigen wieder auf freiem Fuß sind, bis eine Antwort eintrifft Das Beispiel zeigt, daß die Kooperationsgeschwindigkeit den Verhältnissen völlig unangemessen ist. 3. Kooperationsschritte und -erfolge bei der Inneren Sicherheit Ein multilateraler Schritt zur Einbeziehung der mittel-und osteuropäischen Staaten in die Maßnahmen zur Stärkung der Inneren Sicherheit in Gesamteuropa war die Bildung der Arbeitsgemeinschaft für polizeiliche Zusammenarbeit in Mittel-und Osteuropa (AG Polmoe) im Dezember 1996 auf Initiative des seinerzeitigen Innenministers von Mecklenburg-Vorpommern, Rudi Geil (CDU), zur wirkungsvolleren Bekämpfung osteuropäischer Banden u. a. in den Bereichen Men-schenschmuggel, Rauschgift-, Alkoholschmuggel und Kfz-Verschiebung. Konkret soll das Gremium zum regelmäßigen Informationsaustausch mit halbjährlichen Treffen dienen, ein gemeinsames Frühwarnsystem schaffen und die Bekämpfungsstrategien abstimmen

Hinsichtlich der Migrationsproblematik gab es bereits erste gemeinsame europäische Initiativen. Bei einem Treffen von Innenministern aus rund 40 europäischen Staaten am 15. Oktober 1997 in Prag einigten sich diese auf einen Empfehlungskatalog von 55 Maßnahmen, die von der engeren Kooperation bei illegalen Grenzübertritten bis zur beabsichtigten Strafverschärfung bei Menschenschmuggel reichen. Die Staaten der EU sicherten den Reformstaaten zudem ihre Unterstützung bei der Bekämpfung der illegalen Migration und der damit verbundenen Kriminalität zu

Bilateral gibt es sowohl zwischen dem Bund als auch den an die Beitrittskandidaten grenzenden Bundesländern erste Kooperationsschritte mit Polen. Am 6. November 1991 schloß die Bundesregierung mit Polen ein Abkommen über die Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität ab, dem am 7. Mai 1993 das Abkommen zur Zusammenarbeit hinsichtlich der Auswirkungen von Wanderungsbewegungen folgte. Am 5. April 1995 wurde das deutsch-polnische Regierungsabkommen über die Zusammenarbeit der Polizei-und Grenzschutzbehörden in den Grenzgebieten unterzeichnet. Damit soll die unmittelbare grenzüberschreitende Kooperation bei der Verbrechensbekämpfung verbessert werden. Auf dieser Rechtsgrundlage finden auf polizeilicher Arbeitsebene von Sachsen aus regelmäßige Arbeitstreffen zum Informationsaustausch über die Sicherheitslage im Grenzbereich mit den benachbarten Wojewodschaftskommandanturen der polnischen Polizei statt. Durch das Regierungsabkommen wurde die bereits vor 1995 betriebene Kooperation der Polizeibeamten rechtlich abgesichert Das Abkommen regelt erstmals die polizeiliche Kooperation im Grenzgebiet über eine

EU-Außengrenze hinweg; es hat damit Pilotfunktion. Mit den Wojewodschaften Jelenia Gora und Zielona Gora ist von Seiten der sächsischen Polizei auf der Basis des Regierungsabkommens auch eine grenzüberschreitende Observation und Fahndung geplant, ohne daß jedes Mal eine Sondergenehmigung des Innenministeriums eingeholt werden muß

In den deutsch-tschechischen Beziehungen steht das Regierungsabkommen über die Zusammenarbeit der Polizei-und Grenzschutzbehörden in den Grenzgebieten noch aus, obwohl es bereits langwierige Verhandlungen gab. Für die bereits praktizierte deutsch-tschechische Polizeikooperation in der Grenzregion zwischen Sachsen, Nord-und Westböhmen existiert somit immer noch die unbefriedigende Rechtsunsicherheit, obgleich das bilaterale Abkommen über die Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität bereits seit 29. September 1992 in Kraft ist

Ein besonderer Schritt zur gemeinsamen Bekämpfung der Organisierten Kriminalität ist die direkte polizeiliche Zusammenarbeit bei der Aus-und Fortbildung von deutschen, polnischen und z. T. auch tschechischen Polizisten. Ein wichtiges Element ist die Sprachausbildung, bei der die Deutschen einen viel größeren Nachholbedarf haben als ihre Nachbarn. Durch die verbesserten Kommunikationsmöglichkeiten der grenznahen Polizeireviere soll die Effektivität der Verbrechensbekämpfung deutlich gesteigert werden. Ein Beispiel hierfür ist die Arbeit an der sächsischen Fachhochschule für Polizei in Rothenburg, wo Sprachkurse und multinationale Seminare -u. a. zur internationalen Kfz-Verschiebung oder zur Wirtschaftskriminalität -stattfinden 4. Bewertung der justitiellen und polizeilichen Kooperation Bei der Inneren Sicherheit zeigt sich deutlich die Unsicherheit der EU-Staaten im Umgang mit den neuen Herausforderungen und das Mißtrauen gegenüber der Verläßlichkeit und Kompetenz der östlichen Reformstaaten. Die positiven Erfahrun-gen bei der praktischen Kooperation im Grenzbereich, aber auch bei der Abstimmung innerhalb gemeinsamer Gremien zwischen West-und Osteuropäern tragen jedoch zu einer realistischen Sichtweise bei. Die im sächsisch-polnisch-tschechischen Grenzgebiet gefundenen praktischen Lösungen sind auch bei der EU-Kommission als Beitrag zur Inneren Sicherheit positiv aufgenommen worden

Auch von Seiten der Schengen-Mitgliedstaaten werden die Reformstaaten stärker in die Zusammenarbeit miteinbezogen. Bei der Konferenz der Schengen-Staaten im September 1998 auf dem Petersberg bei Bonn übergab der damalige Bundesinnenminister Kanther den EU-Beitritts-kandidaten das „Schengen Handbuch“ mit den wichtigsten Regelungen. Ein von den Schengen-Staaten eingesetzter Ausschuß soll in den Beitritts-ländern klären, wo die Defizite bei der Erlangung einheitlicher Sicherheitsstandards liegen

Obwohl die EU-Beitrittskandidaten bemüht sind, möglichst rasch Anschluß an den Schengen-Verbund zu bekommen, wird den verantwortlichen Regierungen deutlich, daß die Erfüllung bestimmter Bedingungen -wie z. B. die Einführung der Visumpflicht für Bürger aus Drittstaaten -die Gefahr der Abschottung gegenüber den Nachbarn im Osten mit sich bringen wird. Damit einher ginge die Beschneidung des regionalen Wirtschafts-und Kulturaustausches

IV. Schlußfolgerungen

Auf der formellen, also vertraglichen Ebene sind die Nachbarschaftsbeziehungen zwischen Deutschland, Polen und Tschechien in den Bereichen Umweltschutz und Innere Sicherheit neun Jahre nach dem Umbruch in Europa bereits weit fortgeschritten. Die regionale Kooperation an der Grenze zwischen Ost und West hat zu wichtigen Teilerfolgen geführt und vor allem psychologisch das Klima der Zusammenarbeit verbessert. Die Fortschritte in diesen problembeladenen Politikbereichen sind von enormer Bedeutung. Würde die Kooperation nur im kulturellen Bereich Früchte tragen -die bekannten Beispiele der Europa-universität Viadrina in Frankfurt/Oder, des Sächsisch-Böhmischen Musikfestivals oder des deutsch-tschechischen Gymnasiums in Pirna stehen stellvertretend für unzählige Projekte -, wäre sie nur bedingt zukunftsträchtig.

Beim Umweltschutz gab es sowohl aufgrund umfangreicher Investitionen in moderne Umweltschutztechnik wie auch durch die vielen erfolgreichen regionalen Initiativen enorme Fortschritte. Die Ausgangsbasis für eine kooperative Lösung der verbliebenen Probleme und der neuen Aufgaben ist deshalb gut. Hierfür sollte -unter Einbeziehung der EU -das Potential des Umweltschutzes als „Motor und Innovator bilateraler Beziehungen“ gezielt eingesetzt werden Die neuen umweltpolitischen Herausforderungen durch das starke Anwachsen der transeuropäischen Verkehrsströme erfordern gesamteuropäische unter Führung der EU.

Die zunehmend intensivere Kooperation bei innenpolitischen Fragen zwischen Ost und West und insbesondere zwischen den deutschen Bundesländern und den benachbarten Reformstaaten zeigt, daß die praktische Zusammenarbeit bei der verstärkten Wahrnehmung des grenzüberschreitenden Charakters der Probleme durchaus rasch erfolgen kann. Die daraus resultierenden regionalen Kooperationserfahrungen können die Basis für eine umfassendere Zusammenarbeit auf nationaler und gesamteuropäischer Ebene bilden. Die Intensivierung persönlicher Kontakte auf der unte- ren Arbeitsebene ist außerordentlich wertvoll, weil nur so das notwendige Vertrauensverhältnis im sensiblen Bereich der Inneren Sicherheit geschaffen werden kann.

Bei der Inneren Sicherheit muß es die Strategie der Westeuropäer sein, alle östlichen Nachbarstaaten möglichst frühzeitig in die polizeiliche Arbeit des Schengen-Verbundes und von EUROPOL einzubeziehen, da der Schutz vor international agierenden kriminellen Organisationen nicht erst innerhalb der EU beginnen kann. Die Aktivitäten sollten bereits in den Nachbarstaaten und dort verstärkt in den Grenzregionen ansetzen, die der Organisierten Kriminalität als Transferbereiche und Aktionsbasen dienen. Für ein erfolgreiches Vorgehen müssen sicherheitsrelevante Mängel in den Bewerberstaaten rasch beseitigt werden.

Abschließend ist festzuhalten, daß die regionale Kooperation der unmittelbar von der EU-Osterweiterung Betroffenen als Gradmesser der Integrationsbereitschaft auf beiden Seiten besonders wichtig ist. Würde diese Zusammenarbeit nicht funktionieren, könnte die nationale und gemeinschaftliche Politik nicht mit Leben erfüllt werden. Für Deutschland ist das Funktionieren dieser regionalen Kooperation von doppelter Bedeutung: zum einen, weil sich die Probleme -sei es die Umweltverschmutzung oder die Organisierte Kriminalität -an den Grenzen zu den östlichen Nachbarn regional und national bemerkbar machen; zum anderen, weil es seit 1990 offizielle deutsche Politik ist, die mittel-und osteuropäischen Staaten an die EU heranzuführen. Wenn schon in Deutschland die Kooperation mit den östlichen Nachbarn nicht klappen würde, wäre eine Osterweiterung den skeptischen EU-Mitgliedern kaum zu vermitteln. Je früher und intensiver die Zusammenarbeit zwischen den Beitrittskandidaten und allen EU-Mitgliedern gelingt, desto besser ist es für alle Europäer. Denn erfolgreiche Verbrechensbekämpfung in Polen oder niedrige Emissionswerte in Tschechien sind nicht nur für Brandenburger und Sachsen oder die Deutschen insgesamt wichtig, sondern genauso für alle anderen EU-Bürger.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Hierfür sind u. a. die ungeklärten Finanzierungsfragen verantwortlich. Vgl. Stephan Barisitz, Mittel-und Osteuropa und die gesamteuropäische Integration. Wirtschaftliche Fragen, Probleme und Chancen, in: Osteuropa, 48 (1998) 8-9, S. 961 f.; Christian Weise, Der EU-Beitritt ostmitteleuropäischer Staaten: Ökonomische Chancen und Reform-bedarf für die EU, in: Integration, 20 (1997) 3, S. 175 ff.

  2. Bericht der Kommission an den Rat über die regionale Zusammenarbeit in Europa, KOM (97) 659, in: Bulletin EU, 12/1997.

  3. Vgl. Die Welt vom 7. Oktober 1997.

  4. Als problematisch für die Erfüllung des dritten dieser bereits 1993 aufgestellten Kopenhagener Beitrittskriterien schätzte die Kommission die Bereiche Umweltschutz, Ener-gie, Landwirtschaft, Industrie, Telekommunikation, Verkehr, Soziales, Zollverwaltung, Justiz und Inneres ein. Vgl. Europäische Kommission. AGENDA 2000. Eine stärkere und erweiterte Union (Beilage 5/97 zum Bulletin der Europäischen Union), Luxemburg 1997, S. 43 u. S. 50.

  5. Europäische Kommission, ebd., S. 54. Nach Schätzungen des Münchener ifo-Instituts ist allein in Polen, Tschechien, Ungarn und der Slowakei ein Investitionsvolumen von 120 Mrd. DM notwendig, um die EU-Umweltschutzstandards zu erreichen. Vgl. Michael Dauderstädt, EU-Osterweiterung: Wirkungen, Erwartungen und Interessen in den Beitritts-ländern, in: Integration, 21 (1998) 3, S. 154.

  6. Vgl. Michael Kraack/Heinrich Pehle/Petra Zimmermann-Steinhart, Europa auf dem Weg zur integrierten Umweltpolitik?, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 25-26/98, S. 26-33.

  7. Die von der EU zur Unterstützung der mittel-und osteuropäischen Staaten bereitgestellten PHARE-Mittel von 6, 7 Mrd. ECU sollen nach Auskunft der Vertretung der EU-Kommission in Deutschland bis 1999 zu 70 Prozent für Investitionen in Infrastrukturprojekte, Umweltschutzmaßnahmen, Industriemodernisierung und regionale Kooperationsprojekte verwendet werden. Zu 30 Prozent sollen die Mittel dem Aufbau nationaler und regionaler Verwaltungsstrukturen zugute kommen, damit die Gemeinschaftsregelungen in den Beitrittsländern umgesetzt werden können. Allein für die Anpassung der Umweltgesetzgebung an das EU-Niveau rechnet die EU-Kommission jedoch mit Kosten von 100 bis 180 Mrd. ECU für alle zehn Beitritts-kandidaten. Vgl. „Umwelt beim Erweiterungsprozeß nicht vernachlässigen“, in: EU-Nachrichten. Virtuelle Pressestelle der EU-Kommission vom 27. Mai 1998.

  8. Vgl. Leah D. Wedmore, Czech Nuclear Power Plant Controversy, in: Radio Free Europe/Radio Liberty (RFE/RL), Research Report, 3 (1994) 15, S. 28.

  9. Deutschland lag mit 24, 4 Prozent geschädigter Waldfläche in Westeuropa auch über dem Durchschnitt. Vgl. Globus-Kartendienst. August 1995 (Quelle: UN/ECE); Markus Lesch, Über dem Erzgebirge ist Regen sauer wie Essig, in: Die Welt vom 3. Dezember 1996.

  10. Allein die Schwefeldioxidemissionen aus Sachsen betrugen 1989 zwei Megatonnen und waren damit doppelt so hoch wie in allen alten Bundesländern zusammen (bis Ende 1994 wurden diese um 51 Prozent reduziert, die Staubemissionen sogar um 93 Prozent). Im Riesengebirge stammen 52 Prozent der Emissionen aus Polen und Deutschland. Vgl. „Umwelt und Landesentwicklung in Sachsen“, Regierungserklärung der sächsischen Staatsregierung vor dem Sächsischen Landtag am 16. November 1995 von Staatsminister Arnold Vaatz.

  11. Anders als Tschechien verzichtete Polen nach 1990 auf den geplanten Bau von Atomkraftwerken.

  12. Die Kosten für die Fertigstellung von Temelin werden trotz der Redimensionierung Anfang der neunziger Jahre von den veranschlagten 40 Mrd. auf ca. 100 Mrd. Kronen (rund 6 Mrd. DM) steigen. Vgl. Neue Zürcher Zeitung vom 17. August 1998.

  13. Die mit westlicher Technik ausgestatteten tschechischen Atomkraftwerke werden in Studien von US-Behörden, der Internationalen Atomenergieagentur (IAEA) oder von PHARE je nach Interessenlage als nach westlichen Standards sicher oder lediglich als sicherer als die alten sowjetischen eingestuft. Vgl. L. D. Wedmore (Anm. 8), S. 29 f.

  14. Die Grenzübertritte zwischen Polen und Deutschland umfaßten 1996 1, 75 Mio. Lkw. 45 Mio. Pkw, 122 Mio. Personen. Vgl. Süddeutsche Zeitung vom 11. November 1997.

  15. Die Pkw-Dichte wird in Osteuropa voraussichtlich von 200 auf 303 je 1 000 Einwohner, in der EU von 407 auf 470 ansteigen. Vgl. Die Welt vom 18. November 1996; „Immissionsschutz und CO 2-Minderung“, Pressemitteilung des Brandenburgischen Umweltministeriums vom 14. August 1997.

  16. Auf deutscher Seite nehmen jeweils Vertreter des Bundes und der betroffenen Länder teil, auf polnischer Seite Repräsentanten des Umweltministeriums und der betroffenen Wojewodschaften. Tschechien entsendet nur nationale und keine regionalen Vertreter in die Gremien.

  17. Die Euroregionen sind privatrechtliche Vereine, die i. d. R. von den Gebietskörperschaften, regionalen Einrichtungen und der Wirtschaft getragen werden und das Ziel haben, die Entwicklung über die nationalen Grenzen hinweg zu fördern. Die östliche Grenze Deutschlands zu Polen und Tschechien wird von acht Euroregionen abgedeckt. Von Norden nach Süden sind dies die Regionen Pomerania. Viadrina, Spree-Neiße/Nysa-Bobr, Neiße/Nisa/Nysa, Elbe/Labe, Erzgebirge/Krusne hory, Euregio Egrensis, Bayerischer Wald-Böhmerwald/Sumava-Mühlviertel. Siehe hierzu auch Peter Jurczek, Chancen und Probleme der grenzübergreifenden Zusammenarbeit an der deutschen Ostgrenze, in: Beate Neuss/Peter Jurczek/Wolfram Hilz (Hrsg.), Grenzübergreifende Kooperation im östlichen Mitteleuropa, Tübingen 1998 (EZFF Occasional Papers, 19), S. 114 ff.

  18. Neben den bereits angesprochenen PHARE-Mitteln hat die EU allein in Sachsen seit 1995 zusammen mit dem Freistaat 274 Mio. DM an INTERREG-II-Fördermitteln für über 300 grenzüberschreitende Projekte mit Polen und Tschechien zur Verfügung gestellt. Vgl. „Weitere Interreg-II-Projekte bestätigt“, Pressemitteilung des Sächsischen Wirtschaftsministeriums vom 6. Juli 1998.

  19. Vgl. „Umweltgespräche Sachsen/Polen", Pressemitteilung des Sächsischen Umweltministeriums vom 6. Dezember 1997.

  20. Der deutsche Investitionsbeitrag für beide Projekte belief sich auf rund 27 Mio. DM. Vgl. „ 7. Sitzung des Deutsch-Polnischen Umweltrats“, Pressemitteilung des Bundesumweltministeriums (44/98) vom 30. Juni 1998; „DeutschPolnische Kläranlage: Modell für grenzüberschreitenden Umweltschutz“. Pressemitteilung des Brandenburgischen Umweltministeriums vom 5. Mai 1998.

  21. Laut Informationen des Sächsischen Staatsministeriums für Umwelt und Landesentwicklung.

  22. Die aufgrund ihres Kohlereichtums als „Schwarzes Dreieck“ bezeichnete Grenzregion zwischen Deutschland, Polen und Tschechien umfaßt 32 000 km 2. Dies entsprach nach Informationen des Sächsischen Staatsministeriums für Umwelt und Landesentwicklung 1989 1, 5 Prozent der EG-Fläche, auf die 32 Prozent der Staubemissionen (610 000 t) und 13 Prozent der SO 2-Emissionen (2, 06 Mio. t) -verglichen mit den jeweiligen Gesamtwerten in der EG -entfielen. Siehe hierzu auch Sybille Tempel, Deutsch-polnische Umwelt-probleme -Ansätze gemeinsamer Umweltpolitik?, in: Osteuropa, 45 (1995) 8, S. 762.

  23. Die jährlichen NO, -Emissionen wurden gleichzeitig um 6 300 t und die Staubemissionen um 2 200 t verringert. Vgl. „Erster gemeinsamer deutsch-tschechischer Luftreinhaltebericht für das Erzgebirge vorgestellt“, Pressemitteilung des Bundesumweltministeriums (65/97) vom 1. Dezember 1997; „Expertentreffen zum deutsch-tschechischen Pilotprojekt Kraftwerk T 700 Chemopetrol Litvinov’ “, Pressemitteilung des Bundesumweltministeriums (46/98) vom 9. Juli 1998.

  24. Vgl. „Sanierung und Stillegung tschechischer Kraftwerke programmgemäß“, Pressemitteilung des Sächsischen Umweltministeriums vom 24. November 1997.

  25. Die Schaffung transeuropäischer Netze (TEN) ist ein zentrales Anliegen der EU-Verkehrspolitik. Hierunter fallen Infrastrukturprojekte von gesamteuropäischer Bedeutung. Neben der Schaffung von Verkehrsinfrastruktur umfaßt der TEN-Rahmen noch Infrastrukturprojekte der Telekommunikation und der Energieversorgung. Der Europäische Rat verabschiedete im Dezember 1994 in Essen eine Liste mit 14 vorrangigen Verkehrsprojekten, die bei der EU-Förderung Priorität haben. Die EU hat zwischen 1993 und 1998 rund 3 Mrd. ECU an Haushaltsmitteln dafür bereitgestellt; die Mitgliedstaaten selbst trugen rund 10 Mrd. ECU der Kosten. Angesichts des 1994 veranschlagten Kostenrahmens von rund 110 Mrd. ECU für alle 14 Projekte fällt die bisherige Zwischenbilanz jedoch eher bescheiden aus. Vgl. „Fortschritte bei Transeuropäischen Verkehrsnetzen“, in: EU-Nachrichten, Virtuelle Pressestelle der EU-Kommission vom 10. Juni 1998; Andreas Oldag, Verkehrspolitiker sind vom Weg abgekommen, in: Süddeutsche Zeitung vom 7. August 1998; Wulfdiether Zippel (Hrsg.), Transeuropäische Netze, Baden-Baden 1996.

  26. Vgl. „Verkehrskorridor in Polen eröffnet“, in: EU-Nachrichten, Virtuelle Pressestelle der EU-Kommission vom 9. Mai 1998; Neue Zürcher Zeitung vom 18. August 1998.

  27. Während für Eisenbahnprojekte 1998 nach Kommissionsangaben rund 292 Mio. ECU zur Verfügung stehen, sind dies für Straßenbauvorhaben nur 59 Mio. ECU bzw. 12, 5 Prozent der Gesamtmittel. Vgl. „Eisenbahn Schwerpunkt der TEN-Verkehrsprojekte“, in: EU-Nachrichten, Virtuelle Pressestelle der EU-Kommission vom 6. August 1998.

  28. In der Bundesrepublik gelang aufgrund der Umsetzung der strengen EU-Regelungen die drastische Reduktion der Schadstoffemissionen durch heimische Kfz trotz starker Zunahme der Fahrleistungen. Zwischen 1990 und 1996 sanken die Kfz-Emissionen von Stickoxiden um 30 Prozent und von Kohlenwasserstoffen um 60 Prozent. Vgl. „Symposium zur Verkehrsvermeidung im Gütererkehr", Pressemitteilung des Bundesumweltministeriums (3/98) vom 29. Januar 1998; „Europäische Umweltministerkonferenz in Äarhus“, Pressemitteilung des Bundesumweltministeriums (86/98) vom 23. Juni 1998.

  29. Vgl. „Europäische Staaten wollen Verkehr umweltverträglich gestalten“, Pressemitteilung des Bundesumweltministeriums (109/97) vom 12. November 1997.

  30. Trotz der positiven Entwicklung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit kritisieren die direkt Betroffenen in den Grenzregionen die angesichts der Problemlage insgesamt völlig ungenügende materielle Unterstützung durch die Regierungen und die EU-Programme INTERREG und PHARE. Vgl. Jerzy Normalisierung der neuen Makw, Die alten Nachbarschaft. Zum aktuellen Stand der deutsch-polnischen Beziehungen, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 39/95, S. 35; Dieter Bingen, Die Republik Polen: eine kleine politische Landeskunde, Landsberg am Lech 1998, S. 210 f.

  31. Die Verkehrspolitik stellt seit den fünfziger Jahren ein Betätigungsfeld der Gemeinschaft dar, das die nationalen Bemühungen flankiert. Vgl. Werner Reh, Die Verkehrspolitik der Europäischen Gemeinschaft. Chance oder Risiko für eine umweltgerechte Mobilität, in: Aus Politik und Zeit-geschichte, B 5/93, S. 34 ff.

  32. Da der Strombedarf in Tschechien geringer ist als die produzierte Menge, und er auch in absehbarer Zeit nicht wesentlich zunehmen wird, müßte der Hauptteil der gewonnenen Energieleistung des AKW exportiert werden, um überhaupt genutzt zu werden. Bereits 1993/94 wurden ca. 30 Prozent des produzierten Stroms exportiert. Vgl. L. D. Wedmofe (Anm. 8), S. 31; Neue Zürcher Zeitung vom 17. August

  33. Die EU-Kommission verwies in der AGENDA 2000 darauf, daß es zu den Aufgaben der EU gehöre, Leben und Gesundheit ihrer (jetzigen und künftigen) Bürger zu schützen. Deshalb müßten „die Bewerberländer uneingeschränkt an den Bemühungen mitwirken ..., die Nuklearsicherheit in ihrem Land auf internationales Niveau zu bringen“. Europäische Kommission (Anm. 4), S. 55.

  34. Zu den Regelungen des Amsterdamer Vertrages in diesem Bereich und einer ersten Bewertung siehe Reinhard Rupprecht, Justiz und Inneres nach dem Amsterdamer Vertrag, in: Integration, 20 (1997) 4, S. 264ff., sowie Peter-Christian Müller-Graff, Justiz und Inneres nach Amsterdam. Die Neuerungen in erster und dritter Säule, in: ebd., S. 271 ff.

  35. Dem Schengener Abkommen von 1985, dessen materieller Kern das am 26. März 1995 in Kraft getretene Schengener Durchführungsübereinkommen (SDÜ) ist, sind alle EU-Staaten mit Ausnahme von Großbritannien und Irland beigetreten. Mit dem Wegfall der Grenzkontrollen zu Österreich und Italien am 1. April 1998 existieren diese innerhalb des Schengen-Raumes nur noch zu den nordischen Staaten Dänemark, Schweden und Finnland sowie zu Griechenland, in denen das SDÜ bisher nicht in Kraft gesetzt wurde. Vgl. Klaus-Peter Nanz, Das Schengener Übereinkommen: Personenfreizügigkeit in integrationspolitischer Perspektive, in: Integration. 17 (1994) 4, S. 92 ff.; Thomas Gehring, Die Politik des koordinierten Alleingangs. Schengen und die Abschaffung der Personenkontrollen an den Binnengrenzen der Europäischen Union, in: Zeitschrift für Internationale Beziehungen, 5 (1998) 1, S. 54ff; Eva Maria Durstewitz, Probleme ohne Grenzen, in: Die politische Meinung, 43 (1998) 343, S. 69 ff.

  36. Heribert Prantl, Die Wächter der polizeilichen Schatz-kisten, in: Süddeutsche Zeitung vom 18. Dezember 1997. Das SIS enthält rund 4, 5 Mio. Datensätze über gesuchte oder aktenkundige Personen und Sachen. 1996 gab es rund 10 000 Treffer aufgrund von SIS-Daten. Allein deutsche Polizisten stellen ca. 4 Mio. Anfragen pro Monat. Vgl. Andreas Fink, Wunderwaffe Europol, in: Die Zeit vom 9. Mai 1997.

  37. Die EUROPOL-Konvention ist nach langwierigen Diskussionen über die Gewährung umfassender Immunität für die Beamten am 1. Oktober 1998 in Kraft getreten. Hauptaufgabe der bisher 160 EUROPOL-Angestellten ist es, Daten zu sammeln und Kontakte zwischen den nationalen Dienststellen zu vermitteln. Fünf Jahre nach Inkrafttreten des Amsterdamer Vertrages soll EUROPOL auch operativ tätig werden und eigenständig ermitteln dürfen. Vgl. A. Fink (Anm. 36); Süddeutsche Zeitung vom 14. /15. Juni 1997; Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 1. Oktober 1998.

  38. Europäische Kommission (Anm. 4), S. 56.

  39. Zur Größenordnung und möglichen Entwicklung der legalen (Arbeitskräfte-) Migration aus Osteuropa in die EU siehe Fritz Franzmeyer/Herbert Bruecker, Europäische Union: Osterweiterung und Arbeitskräftemigration, in: DIW-Wochenbericht 5/97. Zur Migrationsproblematik allgemein Steffen Angenendt (Hrsg.), Migration und Flucht. Aufgaben und Strategien für Deutschland, Europa und die internationale Gemeinschaft, Bonn 1997.

  40. Nach Deutschland nehmen Großbritannien mit 14 Prozent, die Niederlande mit 9 Prozent, Frankreich mit 7 Prozent und Belgien mit 5 Prozent weit geringere Anteile an Asylbewerbern auf. Vgl. Europäische Zeitung, 4/97.

  41. Die Gesamtzahl der 1997 in Deutschland registrierten illegal eingereisten Ausländer betrug rund 35 000; davon wurden 8 300 der Schleuserkriminalität zugeordnet. Das Bundesinnenministerium rechnet für 1998 mit einer nochmaligen Steigerung um 40 Prozent. Allein an der sächsischen Grenze zu Polen und Tschechien wurden im 1. Halbjahr 1998 über 500 Schleuser gefaßt. Die Schleuserbanden sind jedoch meist in ihrer technischen Ausstattung (z. B. abhörsichere Handys statt abhörbarer Funkgeräte des BGS) den Grenzschutzbehörden einen Schritt voraus. Vgl. Süddeutsche Zei-tung vom 23. Oktober 1998; Jens Schneider, Spezialisten für Grenzfälle, in: Süddeutsche Zeitung vom 3. September 1998; Markus Wehner, Das Geschäft der Schleuser geht gut, in: Frankfurter Zeitung Allgemeine vom 31. Dezember 1997; Klaus Severin, Illegale Einreise und internationale Schleuserkriminalität. Hintergründe, Beispiele und Maßnahmen, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 46/97, S. 16.

  42. Vgl. Dietrich Schröder, Ungleiche Nachbarn an der Oder: Perspektiven der deutsch-polnischen Grenzregionen, in: Blätter für deutsche und internationale Politik, 41 (1996) 1, S. 109. Polen hat u. a. aufgrund dieser Kritik seit dem 1. Januar 1998 die Einreisemodalitäten an seiner Ostgrenze vor allem für Weißrussen und Ukrainer verschärft.

  43. Allein in Deutschland wiesen 88 Prozent der analysierten 575 Verfahren zur OK Tatbezüge zu anderen EU-Ländern auf -die Verknüpfungen über die EU hinaus sind damit noch gar nicht angesprochen. Vgl. Philip Grassmann, Organisierte Kriminalität hat Europa im Würgegriff, in: Die Welt vom 12. Juli 1996.

  44. 1994 wurden vom Zoll 758 Kriegswaffen, 3 027 Gewehre, 1 379 Pistolen, fast 1 Mio. Schuß Munition und 38 kg Sprengstoff sichergestellt. Vgl. Hans-W. Loose, Damit der Staat bekommt. was ihm gebührt, in: Die Welt vom 9. August 1996.

  45. Trotz 725 Mio. sichergestellter unversteuerter Zigaretten 1995; vgl. ebd.

  46. Vgl. Stephanie Dressler, Wenn in Dresden ein Auto geknackt wird, in: Die Zeit vom 11. November 1997.

  47. Teilnehmer dieses Ost-West Sicherheitsrates sind Sicherheitsexperten aus Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Berlin, Sachsen, des BGS, des Bundesinnenministeriums sowie Vertreter aus Polen, Tschechien, der Slowakei, dem Baltikum und Bulgarien. Vgl. Diethart Goos, Wer stoppt die Mafiabanden aus Osteuropa?, in: Die Welt vom 30. Dezember 1996; „Polizeiliche Kriminalstatistik 1996“, Pressemitteilung des Brandenburgischen Ministeriums des Innern (14/97) vom 3. März 1997.

  48. Vgl. Neue Zürcher Zeitung vom 17. Oktober 1997.

  49. Vgl. D. Schröder (Anm. 42), S. 109; Dieter Bingen, Deutschland, Polen und die europäische Integration, in: Claus Montag/Andrzej Sakson (Hrsg.), Die deutsch-polnischen Beziehungen. Bilanz nach fünf Jahren Nachbarschaftsvertrag. Potsdam 1996, S. 12.

  50. Vgl. S. Dressler (Anm. 46).

  51. Nach Auskunft des sächsischen Landespolizeipräsidiums sind ungelöste Datenschutzfragen auf deutscher Seite der Grund für die Verzögerung.

  52. Vgl. „Gemeinsame Aus-und Fortbildung mit polnischer Polizei weitergeführt“, Pressemitteilung des Brandenburgischen Ministeriums des Innern (91/96) vom 20. November 1997.

  53. Vgl. „Forderung nach Stärkung der Justiz in Europa “, Pressemitteilung des sächsischen Justizministeriums vom 6. Februar 1998.

  54. Bei den Mängeln handelt es sich im wesentlichen um Defizite bei technischen Standards, der Ausrüstung, Schulung und der Sicherheit von Datennetzen. Gleichzeitig sind die Reformstaaten aufgefordert, ihre Straf-und Verfahrensvorschriften anzupassen, daß es keine eklatanten Unterschiede hinsichtlich der Rechtsstandards bei der Behandlung krimineller Aktivitäten gibt. Vgl. Süddeutsche Zeitung vom 17. September 1998; H. Prantl (Anm. 36).

  55. Polen, das auf Druck der EU zum 1. Januar 1998 seine Einreisebestimmungen für Russen, Weißrussen und Ukrainer bereits verschärft hat, wehrt sich gegen die Einführung der Visumpflicht für Angehörige von Nicht-EU-Staaten wegen der noch stärkeren Einbußen beim grenzüberschreitenden Handel und der gleichzeitigen Abschottung gegenüber den Nachbarn im Osten. Vgl. Neue Zürcher Zeitung vom 3. September 1998; Neue Zürcher Zeitung vom 18. März 1998. Für Ungarn und wohl auch Tschechien wäre die im Zusammenhang mit dem Schengener Abkommen notwendige Einführung der Visumpflicht für Drittstaaten kaum denkbar, da sie hierdurch die engen Beziehungen der Menschen in den östlichen Grenzregionen -zur ungarischen Minderheit in Rumänien bzw. zu den slowakischen Brüdern -behindern würden.

  56. Man spricht dabei vom „Motor, weil die objektive Problemlage eine enge Zusammenarbeit erfordert und die Erfolge beiden Seiten zugute kommen“, vom „Innovator, weil vom Umweltschutz als Querschnittsaufgabe ein Modernisierungseffekt auf Wirtschaft und Gesellschaft insgesamt ausgeht“; S. Tempel (Anm. 22), S. 768.

Weitere Inhalte

Wolfram Hilz, Dr. phil., geb. 1966; Studium der Politischen Wissenschaft, der Geschichte und des Öffentlichen Rechts in München; wissenschaftlicher Assistent an der TU Chemnitz, Fachbereich Politikwissenschaft. Veröffentlichungen u. a.: Subsidiaritätsprinzip und EU-Gemeinschaftsordnung. Anspruch und Wirklichkeit am Beispiel des Maastricht-Prozesses, Opladen 1998; Sicherheitspolitische Kooperation zwischen Deutschland, Polen und der Tschechischen Republik, in: Beate Neuss/Peter Jurczek/Wolfram Hilz (Hrsg.), Grenzübergreifende Kooperation im östlichen Mitteleuropa, Tübingen 1998.