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Zwischen Freiheitssuche und DDR-Nostalgie. Lebensentwürfe und Gesellschaftsbilder ostdeutscher Jugendlicher | APuZ 45/1999 | bpb.de

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APuZ 45/1999 Imressum Die Revolution in der DDR. Ambivalenzen einer Selbstbefreiung Die „Wende“ in der DDR als demokratische Revolution Deutsche -zehn Jahre nach der Wende. Ergebnisse einer vergleichenden Ost-West-Untersuchung Zwischen Freiheitssuche und DDR-Nostalgie. Lebensentwürfe und Gesellschaftsbilder ostdeutscher Jugendlicher

Zwischen Freiheitssuche und DDR-Nostalgie. Lebensentwürfe und Gesellschaftsbilder ostdeutscher Jugendlicher

Thomas Rausch

/ 19 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

In den Orientierungen ostdeutscher Jugendlicher zeichnet sich eine tiefgreifende Ambivalenz ab: Auf der einen Seite stehen Orientierungen, in denen sich -wie im Westen -ein grundlegender soziokultureller Wandel spiegelt und damit die Wirkungen des gesellschaftlichen Modernisierungsprozesses. Auf der anderen Seite ist eine nostalgische Rückschau auf Strukturen der untergegangenen DDR-Gesellschaft zu verzeichnen, was als Widerstand gegen die Folgen der Modernisierung verstanden werden kann: Die DDR wird als positive Gegenwelt zu den oft schwierigen Bedingungen der Gegenwart konstruiert. Eine solche vereinfachende Sicht reduziert gesellschaftliche Komplexität; das Umgehen mit einer modernen, unübersichtlichen Gesellschaft sowie mit deren sozialen Problemen wird auf diese Weise erleichtert. Der Beitrag beleuchtet diese Thematik anhand der Ergebnisse von Fallstudien, die auf soziobiographischen Interviews beruhen.

I. Zwischen Wertewandel und Distanz zur gesamtdeutschen Gesellschaft

Immer wieder ist in den nunmehr zehn Jahren nach dem Herbst 1989 gefragt worden, welches soziokulturelle „Gepäck“ junge Ostdeutsche in das vereinigte Deutschland mitgebracht haben -welche Lebensentwürfe, welche alltagspraktischen Orientierungen, welche Gesellschaftsbilder. Schon kurz nach der politischen Wende wurden Umfragen präsentiert, aus denen sich auf einen grundlegenden soziokulturellen Wandel schließen ließ der die jüngere Generation in Ostdeutschland schon zu DDR-Zeiten erfaßt hatte. Zur Beschreibung des Veränderungsprozesses wurde vielfach der Begriff des Wertewandels gebraucht -wesentliche Charakteristika, die in Analysen zum Wertewandel in Westdeutschland herausgearbeitet worden sind, lassen sich im ostdeutschen Kontext wiederfinden. Beispielsweise stellten Imbke Behnken u. a. aufgrund einer Befragung von Schülerinnen und Schülern in Ost und West im Jahr 1990 fest, die jungen Deutschen hätten bereits eine Vereinigung im „Wertehimmel“ vollzogen

Auch Umfrageergebnisse der DDR-Sozialforschung, die vor 1989 unter Verschluß gehalten wurden, weisen in diese Richtung, wie z. B. Thomas Gensicke in verschiedenen Veröffentlichungen konstatiert: Demnach wuchs seit den siebziger Jahren die Zustimmung zu Einstellungen, aus denen sich die Suche nach Lebensgenuß (z. B. „Liebe und Sexualität voll genießen“) und Ausbruch aus dem Alltäglichen (z. B. „etwas Verrücktes erleben, echte Abenteuer haben“) ableiten läßt; das weist durchaus auf ein Streben nach Selbstentfaltung hin, wie es in der westdeutschen Wertewandel-Diskussion festgestellt wurde

Parallel zu den Hinweisen auf soziokulturelle Übereinstimmungen von Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Ost und West wurden im Laufe der neunziger Jahre aber auch immer wieder Umfrageergebnisse publik, die eine bei vielen Ostdeutschen ausgeprägte Distanz zur gesamtdeutschen Gesellschaft belegen. So gaben im Sommer 1999 bei einer Forsa-Umfrage im Auftrag der Zeitung „Die Woche“ 42 Prozent der befragten Ostdeutschen an, sie hätten sich „im Gesellschaftssystem der DDR alles in allem wohler gefühlt als heute“; 31 Prozent verneinten dies, 18 Prozent sahen keinen Unterschied, neun Prozent entschieden sich für die Antwort „weiß nicht“

Das wirft Fragen auf: Ist die in dieser und ähnlichen Umfragen bekundete Distanz zur gesamtdeutschen Gesellschaft auch unter Jugendlichen verbreitet? Und wenn ja, gehören dieselben Jugendlichen, die nach Selbstentfaltung suchen, auch zu denjenigen, die sich in der DDR insgesamt wohler fühlten? Welche Orientierungen verbergen sich hinter Schlagworten wie etwa „Selbstverwirklichungsstreben“?

Antworten auf diese und andere Fragestellungen suchte ich mit Hilfe von soziobiographischen Interviews, die ich mit Jugendlichen in Mecklenburg-Vorpommern führte. Im Zuge der hermeneutischen Interpretation dieses Interviewmaterials sollten soziale Deutungsmuster der Jugendlichen herausgearbeitet werden Eine eingehende Analyse von Einzelfällen, wie ich sie erarbeitete, erlaubt es, die Strukturen und Begründungszusammenhänge von Deutungsmustern ebenso zu erschließen wie die lebensweltlichen Hintergründe für die Entwicklung bestimmter Deutungen. Neben den Anzeichen soziokulturellen Wandels gehörte die Sicht der alten und neuen Gesellschaft ebenso zu den Schwerpunkten der Analyse wie fremdenfeindliche und rassistische Deutungen der sozialen Wirklichkeit. Der Komplex der rassistischen Orientierungen soll dabei an dieser Stelle nur am Rande thematisiert werden Statt dessen wird im folgenden die Ambivalenz von soziokultureller Modernisierung einerseits und der Orientierung an den Strukturen der untergegangenen DDR-Gesellschaft andererseits im Mittelpunkt stehen.

II. Voraussetzungen des soziokulturellen Wandels

Bevor erörtert werden soll, welche grundlegenden Orientierungen sich im Zuge des soziokulturellen Wandels herausgebildet haben, ist zu fragen, welche gesellschaftlichen Bedingungen in der DDR-Gesellschaft einen solchen Wandel befördert hatten. Die Faktoren, die für den soziokulturellen Wandel in Westdeutschland ursächlich waren, sind vielfach thematisiert worden; zu nennen sind: der Strukturwandel der gesellschaftlichen Arbeit (Tertiarisierung und Intellektualisierung; Flexibilisierung von Beschäftigungsverhältnissen); im Zusammenhang damit die massive Steigerung des Lebensstandards, der Ausbau des Sozialstaats, die Arbeitszeitverkürzung und die »Bildungsexpansion« seit den sechziger Jahren; die Enttraditionalisierung und Individualisierung von Lebensläufen und Lebensstilen, zugleich auch die Diskontinuität von Erwerbsbiographien; nicht zuletzt auch die kulturelle Öffnung in der Folge von „ 1968“.

Eine Reihe dieser sozialen Voraussetzungen des Wandels können auch für die DDR festgestellt werden -in spezifischem Kontext. Einen starken Schub in Richtung soziale Mobilität erlebte bereits die DDR-„Aufbaugeneration“, in der viele Arbeiterkinder höhere Bildungsabschlüsse erwerben und beruflich aufsteigen konnten. Dies begünstigte Selbstentfaltungsprozesse, gleichzeitig förderte der Staat die Berufstätigkeit von Frauen. In der Folge veränderten sich Familienmodelle -die Zahl der Scheidungen, der Alleinerziehenden, der nichtehelichen Lebensgemeinschaften usw. stieg an. Die Auswirkungen dieser Veränderungen waren auch noch für die junge Generation der siebziger und achtziger Jahre von Bedeutung: Die Jugendlichen dieser Zeit waren vielfach bereits in nichttraditionellen Familienformen aufgewachsen, konnten teilweise von den Eltern die Orientierung auf Bildungserwerb und berufliche Mobilität übernehmen. Allerdings gab es unter den ökonomischen Bedingungen der achtziger Jahre vergleichsweise wenig Raum für Selbstentfaltung im Beruf, vielmehr waren Tendenzen zu sozialer Schließung und Erstarrung wirksam Es fand auch kein so tiefgreifender Wandel der Arbeitsgesellschaft statt wie in der Bundesrepublik -nicht in der Form der Produktion und schon gar nicht in den Beschäftigungsverhältnissen.

Motor des soziokulturellen Wandels war also keineswegs ein Veränderungsprozeß in diesem Bereich, vielmehr ging von den eingeschränkten Chancen beruflicher Mobilität wie auch der Standardisierung der Arbeitsverhältnisse eine Gegenbewegung aus: Wolfgang Kühnel sieht eine „Aufwertung des Alltagskulturellen“ -demnach lebten viele den Anspruch auf Selbstentfaltung in den Lebensbereichen jenseits der immer unattraktiveren Erwerbsarbeit aus; es vollzog sich eine „nischenhafte Modernisierung in den Erfahrungsbezügen und Lernfeldern nichtinstitutioneller Lebensbereiche“ Wesentliche materielle Voraussetzungen für das Aufkommen eines Strebens nach Selbstentfaltung waren in der DDR gegeben: ein relativer Wohlstand für die Masse der Bevölkerung sowie umfassende soziale Sicherheit, auch eine Ausweitung der erwerbsarbeitsfreien Zeit. Zugleich kann angesichts des seit den sechziger Jahren insgesamt gestiegenen Niveaus der Bildungs-und Berufsabschlüsse auch für die DDR von einer »Bildungsexpansion« gesprochen werden -in den achtziger Jahren erhielten immerhin ca. 25 Prozent eines Altersjahrgangs Zugang zu einer weiterführenden Bildungslaufbahn, mit der ein Hoch-oder Fachschulabschluß erreicht werden konnte. Damit hatten Jugendliche insgesamt mehr Freiraum zur Entwicklung kultureller Kompetenz, aber auch zur Reflexion und Selbstfindung.

Als Anzeichen eines soziokulturellen Wandels konnten zu DDR-Zeiten insbesondere die Tendenzen der politischen Desintegration und der Hinwendung zu einer unpolitischen Freizeitkultur gewertet werden. Nach Ergebnissen der DDR-Soziologie verbrachten Jugendliche in den achtziger Jahren den größten Teil ihrer Freizeit mit dem Konsum von Medien (Musik hören, Fernsehen, Lesen); das Zusammensein in Gruppen von Gleichaltrigen war der zweite wesentliche Kristal-lisationspunkt des jugendlichen Freizeitverhaltens. Politische Aktivitäten, sogenannte gesellschaftliche Arbeit, spielten für die Durchschnittsjugendliehen eine untergeordnete Rolle. Der Trend zu einem regen Cliquenleben in staatsfreien Räumen setzte dem staatlichen Anspruch, das Alltagsleben der Bevölkerung institutionell zu durchdringen, Grenzen. Neben diesen Entwicklungen im Frei-zeitverhalten war Umfrageergebnissen zufolge bei Jugendlichen im Lauf der achtziger Jahre auch ein deutlicher Rückgang der Loyalität gegenüber dem DDR-System zu verzeichnen. Der politische Wissenskanon wurde von vielen als abfragbarer Lernstoff behandelt, die Identifikation mit den politischen Inhalten ging zurück. Mit der Rockmusikszene und Discokultur etablierten sich Orte für die Artikulation nichtkonformer Orientierungen. Als Gipfel dieser Entwicklung sind die Subkulturen zu betrachten, die sich in einigen wenigen Großstädten herausbildeten und zum Anziehungspunkt für eine Minderheit von jungen Leuten wurden

III. Umrisse eines neuen kulturellen Modells

Bei der Auswertung der Interviews mit ostdeutschen Jugendlichen, die ich in den neunziger Jahren führte, fielen sehr bald Parallelen zu den Orientierungen von westdeutschen Jugendlichen auf, die in der Forschung zum soziokulturellen Wandel in der „alten“ Bundesrepublik beschrieben worden sind. Das im westdeutschen Kontext entwickelte Konzept eines neuen kulturellen Modells erwies sich auch bei der Interpretation der Interviews ostdeutscher Jugendlicher als geeignetes Analyseraster Wesentliche Charakteristika des neuen kulturellen Modells finden sich unter ostdeutschen Jugendlichen wieder, wobei von Einzelfall zu Einzelfall große Unterschiede auftreten. Während sich innerhalb der von mir untersuchten repräsentativen Stichprobe (Sample) einzelne Jugendliche geradezu als Prototypen des neuen kulturellen Modells darstellen, ist bei anderen nur wenig oder kaum etwas vom soziokulturellen Wandel zu spüren. Belegt ist somit nur, daß in Ost-und Westdeutschland ein vergleichbarer Prozeß des Wandels stattgefunden hat und stattfindet. Über die gesellschaftliche Reichweite dieses Wandels und darüber, ob er in Zukunft immer größere Teile der Gesellschaft erfassen wird, können dagegen keine Aussagen getroffen werden.

Ein wesentlicher analytischer Bezugsrahmen, in dem sich das Konzept des neuen kulturellen Modells ansiedelt, sind die Strukturen der „Risikogesellschaft“ -insbesondere die fortschreitende Individualisierung. Die Freisetzung der Individuen aus traditionellen Bindungen, kulturellen Gewißheiten und vorgegebenen Biographiemustern bringt es mit sich, daß die einzelnen sich in verstärktem Maße ihrer Identität vergewissern müssen. Dies gilt in besonderer Weise für die ostdeutsche Gesellschaft nach der politischen Wende. An die Stelle der Standardisierung und Planung von Lebensläufen durch den paternalistischen Staat traten Individualisierung und Marktabhängigkeit. Wo obrigkeitsstaatliche Normen mit einem Mal obsolet waren, sahen sich die Individuen auf sich selbst zurückgeworfen. Unter diesen Bedingungen wurde „Identitätsarbeit“ zu einer dauernden Aufgabe; damit ergibt sich notwendig ein höheres Maß an Selbstbezüglichkeit.

Der veränderte Selbstbezug ist grundlegend für das neue kulturelle Modell: Im Zuge des soziokulturellen Wandels wird zunehmend . das bisher gesellschaftlich prägende, auf der säkülarisierten Form der protestantischen Ethik beruhende alte kulturelle Modell abgelöst, dessen Kern Selbstverleugnung ist. Demgegenüber basiert das neue kulturelle Modell auf einer anderen Grundlogik; in seinem Zentrum steht ein „neues Verhältnis der Individuen zu sich selbst. . . eine besonders intensive Art der Selbstbezüglichkeit -eine neue Form dessen, was Michel Foucault die Sorge um sich nennt“ Diese Haltung drückt sich im Streben nach Selbstverwirklichung aus. Wobei das Selbstverwirklichungsstreben kulturhistorisch durchaus nicht neu ist -neu ist vielmehr seine massenhafte Verbreitung. Ein zentraler Stellenwert der Suche nach Selbstverwirklichung zeichnete sich innerhalb meiner Interviews insbesondere bei zwei Fallbeispielen ab, bei der 18jährigen Kerstin und der 17 Jahre alten Line Kerstin beansprucht für sich „ein Stück Freiheit“'. Sie will -zumindest für die nächsten Jahre -Freiheit von den Erwartungen eines Partners, sie will die Welt entdecken (Auto fahren, reisen), sich persönlich weiterentwickeln und ihren individuellen Vorlieben folgen; den Ausdruck „austoben“ gebraucht sie in diesem Zusammenhang ebenfalls. Unübersehbar ist: Sie will ihre persönliche Zukunft offenhalten, will sich Entwicklungsmöglichkeiten nicht verbauen. Genauso ist auch in Kerstins beruflichen Orientierungen das Streben nach persönlicher Entfaltung unübersehbar. Ursprünglich wollte sie Ärztin werden, sie spricht in diesem Zusammenhang von ihrem „ Traumberuf“. Durch das Ergebnis eines Allergie-tests, dem sie sich im Hinblick auf ihren Berufs-wunsch unterzog, sah sie jedoch den Zugang zu dem angestrebten Beruf verbaut. Daraufhin zog sie sich auf eine instrumentelle Arbeitsorientierung zurück und wählte einen Beruf, der für sie im wesentlichen nicht mehr als ein Broterwerb ist: die Tätigkeit als Bürokauffrau. Allerdings hat sie die Suche nach einer Tätigkeit, mit der sie sich identifizieren könnte, noch nicht aufgegeben. So denkt sie daran, eine weitere Ausbildung im Hotelgewerbe zu absolvieren; eine Tätigkeit in diesem Sektor ist in ihren Augen offenbar mit Reisen, interessanten Kontakten u. ä. verbunden. Aus der Suche nach Identifikation mit ihrer Arbeit entspringt offenbar auch eine andere Überlegung von Kerstin -sie würde gerne ihr Hobby (Autofahren) mit einem Beruf verknüpfen, etwa durch die Tätigkeit als Sekretärin in einer Kfz-Werkstatt.

Auch Line sucht Selbstverwirklichung im Beruf -deutlich erkennbar ist bei ihr das Streben nach einer kreativen oder sozial nützlichen Tätigkeit. Nach dem Abitur will sie sich beruflich noch nicht festlegen, sondern erst einmal interessante Erfahrungen machen: „ . . . wenn ich mein Abi hab’, dann also, hab’ ich mir überlegt, entweder geh’ ich ein Jahr ins Ausland, entweder mach’ ich ein Jahr Sozialarbeit, also soziales Jahr, oder na, ich fang’ erst mal ’ne Lehre an -also jetz ’ praktisch, so zum Beispiel Töpfer oder so was. Daß ich irgendwas Praktisches -also irgendwie 'n Handwerk wollte ich . . . eventuell auch machen. Daß ich das erst mal in der Tasche hab’ und dann eventuell noch . . . studier’. Aber das steht alles noch nich’ fest. “

Von den drei Alternativen, die Line für die Zeit nach ihrem Abitur in Erwägung zieht, verspricht ein Auslandsjahr sicherlich am meisten neue Erlebnisse und Eindrücke. Aber auch bei einem „Freiwilligen sozialen Jahr“ spielt Selbsterfahrung neben dem Einsatz für humanistische Ziele wohl eine Rolle; eine Töpferlehre schließlich erlaubt es, Kreativität auszuleben. Damit eröffnet jedes der drei genannten Projekte zumindest teilweise die Chance zur Selbstverwirklichung: Es ist offensichtlich, daß Line hiernach sucht. Neben dem Beruf stellen sich für Line auch kreative Freizeitbeschäftigungen oder eigene Kinder als Möglichkeiten dar, sich auszuleben. Eine besondere Selbstbezüglichkeit und Verantwortung für sich selbst wird auch in ihrem Anspruch, ausreichend Zeit für sich allein zu haben, augenfällig. Ebenso ist ihre Suche nach persönlicher Autonomie einzuordnen, die sich u. a. in dem starken Wunsch ausdrückt, grundlegende Entscheidungen in ihrem Leben selbst zu treffen -ohne den Einfluß der Eltern.

Auch der 19jährige Sven zeigt einen deutlich expressiven Bezug zu seiner Arbeit -obwohl die Ausbildung zum Industrieelektroniker, die er gerade durchläuft, nicht unbedingt dem Ideal einer kreativen Tätigkeit entspricht. Doch kann er in seiner Arbeit „Abwechslung“ finden: Er und seine Kollegen müssen bei Einzelanfertigungen immer neue technische Problemlösungen entwickeln, damit hat ihr Job durchaus eine kreative Seite. An dieser ist Sven sehr gelegen. Auch den Zivildienst begrüßt er als „Abwechslung“; er hat Interesse für eine Tätigkeit im sozialen Bereich. Weiter geht seine Experimentierfreude allerdings nicht, dafür hat Arbeitsplatzsicherheit bei ihm einen hohen Stellenwert. Insgesamt ist das Bestreben, sich über die Arbeit zu entfalten, bei Sven jedoch ein keineswegs untergeordnetes Motiv.

Neben der Suche nach einen „Traumberuf“ und dem besonders bei Line erkennbaren Leitbild einer kreativen oder sozial nützlichen Arbeit tauchen in meinen Interviews weitere wesentliche Topoi der für das neue kulturelle Modell typischen Arbeitsorientierung auf, vor allem das Motiv, Spaß bei der Arbeit zu suchen (sofern inhaltliche Identifikation nicht möglich ist), und der Traum von der Selbständigkeit. Angesichts des Befunds, daß Orientierungen aus dem Kontext des neuen kulturellen Modells bei manchen der befragten Jugendlichen wenig oder so gut wie gar nicht anzutreffen sind, verbietet sich der Schluß, daß diese Orientierungen bei jungen Ostdeutschen quasi bereits Allgemeingut sind. Aus verschiedenen gesamtdeutschen Jugendumfragen ergibt sich gleichwohl ein etwas anderes Bild: Danach ist zumindest das Selbstverwirklichungsstreben in Ost und West gleichermaßen sehr weit verbreitet. Beispielsweise nannten bei einer Fragebogenerhebung des Deutschen Jugendinstituts (DJI) von 1990 rund 80 Prozent der befragten Schülerinnen und Schü-ler die „Entfaltung persönlicher Fähigkeiten“ als ein Lebensziel, das sie „stark“ oder „sehr stark“ anstrebten. Etwa 95 Prozent kreuzten das Lebensziel „interessante Arbeit“ an („stark“ oder „sehr stark“ angestrebt). Diese Werte waren in Ost-und Westdeutschland in etwa gleich hoch Daraus könnte nun geschlossen werden, daß Selbstverwirklichung für etwa 80 Prozent der jungen Ostdeutschen ein wesentliches Ziel ist. Vor dein Hintergrund meiner Fallstudien erscheint eine solche Bilanz jedoch vorschnell. So war in der DJI-Befragung keine Prioritätensetzung unter den verschiedenen Aussagen vorgesehen, möglicherweise wirkten die Antwortvorgaben auch zum Teil suggestiv.

IV. Ostdeutsche Spezifika im soziokulturellen Wandel

Auffällig sind bei den befragten Jugendlichen verschiedene ostdeutsche Spezifika, die sich von den in Westdeutschland gewonnenen Ergebnissen zum neuen kulturellen Modell abheben. So ist unübersehbar, daß die Jugendlichen materiellen Aspekten oder der Sicherheit des Arbeitsplatzes insgesamt eine größere Bedeutung beimessen, als dies im westdeutschen Untersuchungszusammenhang von Zoll u. a. beobachtet worden ist. Selbst Line, in deren Arbeitsorientierungen das neue kulturelle Modell besonders ausgeprägt in Erscheinung tritt, macht sich Gedanken über ihre materielle Absicherung und zieht auch aus diesem Grund eine Lehre vor dem Studium in Betracht -wenngleich diese Frage in ihren Überlegungen eher untergeordnete Bedeutung hat. Kerstin hingegen legt -trotz Selbstverwirklichungsstrebens -auf materielle Dinge großen Wert, sie will „jetzt endlich mal anfangen, Geld zu verdienen“; zu ihren Erwartungen gehören „Geld verdienen, Wohnung, Auto“. Das anscheinend größere Gewicht von Gelderwerb und beruflicher Sicherheit kann mit dem ostdeutschen Nachholbedarf beim Konsumieren erklärt werden, ebenso mit der besonders desolaten Situation auf dem ostdeutschen Arbeitsmarkt.

Ist die Aussage, daß Arbeitslohn und Arbeitsplatz-sicherheit bei ostdeutschen Jugendlichen eine größere Rolle spielen als bei westdeutschen, anhand weniger Fallstudien eher nur als Hypothese zu formulieren, so wird sie durch Ergebnisse der quantitativen Forschung bestätigt. Anhand einer Umfrage von Mitte 1991 konstatierte Thomas Gensicke unter ost-und westdeutschen Jugend-liehen(18-bis 24jährige) bei Berufsmotiven, die auf Selbstentfaltung zielen, im Durchschnitt ähnlich hohe Werte. Gleichzeitig wird die Sicherheit des Arbeitsplatzes in Ostdeutschland als noch wichtiger eingestuft (Mittelwert 6, 5 auf einer 7erSkala) -anders als im Westen (Mittelwert 6, 0). Auch auf das Einkommen legen Ostdeutsche durchschnittlich stärkeres Gewicht (Mittelwert Ost: 6, 0; West: 5, 3)

Der interessanteste Unterschied beim Ost-West-Vergleich hinsichtlich des Selbstverwirklichungsstrebens scheint mir allerdings, daß junge Frauen in Ostdeutschland offenbar ähnlich stark wie junge Männer nach Selbstverwirklichung im Beruf suchen -innerhalb der zufälligen Auswahl der von mir befragten Jugendlichen sind Frauen sogar diejenigen mit den ausgeprägtesten dahingehenden Orientierungen. Dabei wurden Themen wie das Leitbild einer kreativen oder sozial nützlichen Arbeit im westdeutschen Untersuchungszusammenhang von Zoll u. a. ausdrücklich als Arbeitsorientierungen bezeichnet, die sich vorwiegend bei jungen Männern finden. Bei den meisten jungen Frauen in der Studie von Zoll u. a. steht im Vordergrund, daß sie über die Berufstätigkeit persönliche Autonomie gewinnen wollen Hierbei wirkt sich wahrscheinlich aus, daß die Erwerbstätigkeit von Frauen in der DDR deutlich stärker verbreitet und damit selbstverständlicher war als in der Bundesrepublik. Die eigene Lohnarbeit ist bei einem Gros ostdeutscher Frauen, vor allem bei den jüngeren, unhinterfragter Bestandteil ihres Lebens -nicht anders als bei Männern Damit hat wohl auch eine Angleichung der Ansprüche an die Arbeit stattgefunden.

Außerdem scheinen Probleme der Vereinbarkeit von Berufs-und Familienrolle für ostdeutsche junge Frauen weniger ein Thema zu sein als für westdeutsche. Bei meinen drei Fallstudien zu weiblichen Jugendlichen springt ins Auge, daß zwei dieser jungen Frauen (Line und Silke) sich im Interview über diese Frage keine Gedanken machen. Im Gegenteil, Line und Silke betrachten ihre Berufstätigkeit als Voraussetzung, sich und ihre (künftigen) Kinder ernähren zu können. Sie streben nach ökonomischer Eigenständigkeit, um -mit oder ohne einen Partner -den eigenen Lebensunterhalt und den ihrer Kinder sicherstellen zu können. Das Spezifische dieser Berufs-und Familienorientierung ist gerade auch im Kontrast zu anderen Formen des Umgehens mit dieser The-matik zu erkennen: So finden sich bei Kerstin mit dem Drei-Phasen-Modell (Beruf -Unterbrechung der Berufstätigkeit in der Kleinkindphase -Beruf) und dem Hinausschieben der schwierigen Familienplanung eben jene Muster, die von Zoll u. a. bei westdeutschen jungen Frauen analysiert worden sind; bei Line und Silke jedoch ist Vergleichbares nicht anzutreffen.

Sind beim Selbstverwirklichungsstreben und bei der Arbeitsorientierung die genannten ostdeutschen Spezifika, insbesondere bei jungen Frauen, festzustellen, so zeichnen sich bei der neuen kommunikativen Kultur, einem weiteren Charakteristikum des neuen kulturellen Modells, keine signifikanten Ost-West-Unterschiede ab. In Ost wie in West spielt Kommunikation für die alltägliche Lebensbewältigung vieler Jugendlicher heute eine wesentliche Rolle. Das Jonglieren mit unterschiedlichen Erwartungen ans Leben, mit Beziehungsmodellen, verschiedenen Optionen beruflicher Sinnsuche, mit Geschlechtsrollenentwürfen usw. verlangt den jungen Individuen erhöhten Aufwand ab, um Orientierung zu gewinnen. Das Stichwort „Identitätsarbeit“ ist in diesem Zusammenhang schon gefallen. Damit steigt der Bedarf an kommunikativer Selbstvergewisserung. Da Handlungssicherheit praktisch in allen Lebensbereichen dahinschwindet, ist Kommunikation als Handlungsmuster quasi allgegenwärtig. Wenn alle Entscheidungen kommunikativ legitimiert sein müssen, dann brauchen die Individuen auch Zeit und den geeigneter Rahmen für Kommunikation -ob dies der Brunch im Freundeskreis oder die Tee-stube in kirchlichen Räumen ist; anziehend wirken die tendenziell fehlende Zeitbegrenzung ebenso wie das Zusammensein. In einer solchen Atmosphäre können menschliche Nähe und Vertrauen hergestellt werden, die nicht von vornherein aufgrund gleicher Lebenslagen gegeben sind.

V. Soziokulturelle Modernisierung und Widerstand gegen die Moderne

Zugleich mit den deutlichen Anzeichen der soziokulturellen Modernisierung finden sich in meinen Interviews starke Tendenzen einer Verklärung von autoritären gesellschaftlichen Strukturen, die zu DDR-Zeiten bestanden haben. Da wollen Jugendliche einerseits die Vorzüge der gesellschaftlichen Modernisierung nutzen und begeben sich auf die Suche nach Selbstverwirklichung -andererseits aber wenden sich teilweise dieselben Jugendlichen gegen die Moderne und ihre Folgen: gegen Individualisierung (die an die Stelle von DDR-spezifischen kollektiven Strukturen getreten ist), gegen individuell zu tragende Risiken (die mit der Beseitigung des staatlichen Paternalismus auftreten). Die Übersichtlichkeit einer autoritär überformten DDR wird der gesellschaftlichen Komplexität der Gegenwart positiv entgegengesetzt. Teilweise verbindet sich die nachträgliche Idealisierung von autoritären gesellschaftlichen Bedingungen mit fremdenfeindlichen und rassistischen Orientierungen -mit der Ablehnung von Pluralisierung und Internationalisierung der Gesellschaft (worauf im Rahmen dieses Aufsatzes jedoch nur kurz verwiesen werden kann). In der Gleichzeitigkeit von soziokultureller Modernisierung und Widerstand gegen die gesellschaftliche Moderne liegt eine tief-greifende Paradoxie der Entwicklung in Ostdeutschland nach 1989.

Ursachen der Welle der DDR-Nostalgie, die ostdeutsche Jugendliche (wie auch andere Altersgruppen) erfaßt hat, sind sicherlich zum einen in der Asymmetrie im Vereinigungsprozeß wie auch in den heutigen Lebensbedingungen in Ost-und Westdeutschland zu suchen; auf die rigorose Abwertung der DDR-Kultur reagieren junge Ostdeutsche mit der Suche nach Selbstbehauptung -durch Aufwertung von Spezifika der DDR Ferner ist aber auch davon auszugehen, daß diejenigen, die sich auf eine spezifische ostdeutsche Identität zurückzubeziehen versuchen, diese Identität bejahen. Die Sozialisation im paternalistischen Fürsorgestaat DDR ist sicherlich mit eine Voraussetzung für die Identifikation mit Werten aus dem kulturellen Kontext der DDR, die in bestimmten Tendenzen der DDR-Nostalgie zutage tritt.

VI. Topoi der DDR-Nostalgie

Ganz frei von DDR-Nostalgie sind die Jugendlichen, deren Orientierungen ich in Einzelfallstudien untersucht habe, allesamt nicht -auch wenn solche Sichtweisen sehr unterschiedlich stark ausgeprägt sind. Ob ausgeprägt oder nicht, so finden sich in den einzelnen Fällen doch immer wieder dieselben Topoi des verklärenden Rückblicks auf die DDR Ein erster Punkt ist „das Soziale“ (ein Begriff, den der 20jährige Matze gebraucht): Die Jugendlichen bedauern den Verlust der sozialen Sicherheit, wie sie zu DDR-Zeiten bestand, verlieren allerdings kein Wort über die Unzulänglichkeiten der sozialen Versorgung in der DDR. Sie äußern auch nicht den Vorbehalt, daß die fürsorgestaatlichen Strukturen mit Bevormundung verbunden waren. Kai preist dies sogar als Vorzug an: „Zu DDR-Zeiten mußte man arbeiten, man hat Arbeit gekricht, man hat ’ne Lehre gekricht, man mußte ’ne Lehre haben.“ Kerstin möchte die Freiheiten, die sie nach der politischen Wende neu gewonnen hat (Reisefreiheit, Autofahren u. a.), nicht missen -doch würde sie diese gern mit den sozialen Sicherheiten der DDR verbinden: „Die Sicherheiten hätten wir gerne übernommen. Also, ich hätte gerne meinen Arbeitsplatz sicher gehabt.“ Sven sieht in ähnlicher Weise einen Tausch von Sicherheit gegen Freiheit, der sich in seinen Augen letztlich nicht gelohnt hat; angesichts des heute bestehenden Rechts auf Kriegsdienstverweigerung meint er etwa: „ . . . aber des, des is’ nich'so die große Freiheit, na gut, die ham wir vielleicht gekriegt, aber die große Sicherheit, die wir damals hatten, die is’ uns verlor’ngegangen ..."

Ein zweiter Punkt der DDR-Nostalgie ist das Stereotyp der besonderen Gemeinschaftlichkeit und Solidarität zu DDR-Zeiten. Es findet sich insbesondere bei Line und Sven. Wie schon im Zusammenhang mit der sozialen Sicherheit in der DDR werden die Schattenseiten des DDR-Gemeinschaftslebens nicht wahrgenommen, beispielsweise der subtile Druck, Solidarität zu üben: Line blendet ihn vollkommen aus und bezeichnet die gegenseitige Lernhilfe unter Schülerinnen und Schülern, die von den Lehrkräften initiiert wurde, als „freiwillig“. Auch den durch die Mangelwirtschaft bedingten Zwang, in Bekanntenkreis oder Nachbarschaft Dienstleistungen auszutauschen, ignoriert sie; statt Zwang der Verhältnisse diagnostiziert sie alltägliche Solidarität. Und auch was den zu DDR-Zeiten engeren Zusammenhalt in ihrem Segelverein angeht, bedauert sie das verlorengegangene „Freundschaftsgefühl“ -ohne zu erwähnen, daß sie nach dem gesellschaftlichen Umbruch neue, recht starke Gemeinschaft gefunden hat (in der Kirche, in ihrer antifaschistischen Gruppe); auch daß intensivere Kontakte zu DDR-Zeiten oft auf das wenig differenzierte Freizeitangebot zurückzuführen waren, thematisiert Line nicht.

Ebenso beklagt sich Sven über die verlorene Verbindlichkeit der Gemeinschaft in Klassenverband, FDJ-Gruppe und Jugendclub -obwohl auch er heute in eine Clique von Jugendlichen sehr stark integriert ist und eine ganze Reihe von weiteren (unverbindlicheren) Kontakten unterhält. Die institutionalisierten Formen der Gemeinschaft sind dadurch seiner Ansicht nach nicht zu ersetzen. Hervorzuheben ist, daß mit Sven ein Jugendlicher, der sich an der Bürgerbewegung im Herbst 1989 aktiv beteiligte, eine solche Sicht entwickelt.

Ein dritter Punkt der DDR-Nostalgie schließlich taucht vor allem bei Kai auf: das Lob von „Sicherheit und Ordnung“ in der DDR, der Beifall für das autoritäre Management von Fragen der „inneren Sicherheit“; dazu zählen das Niedrighalten von Kriminalität und die weitgehende Abwehr von Drogeneinfuhr. Auch die massive Beschränkung von Einwanderung begreift er als ein zentrales Moment von Ordnung. Gerade hier liegen auch Anknüpfungspunkte für rassistische und rechtsextreme Deutungen der gesellschaftlichen Wirklichkeit.

Den verschiedenen Aspekten der DDR-Nostalgie gemeinsam ist die durchgängige gegensätzliche Wahrnehmung der Lebensverhältnisse in der DDR einerseits und im vereinigten Deutschland andererseits. Die DDR dient stets als Gegenwelt zu den Lebensverhältnissen in der Bundesrepublik. Das konkrete Gegenbild erleichtert die Kritik an schwierigen Bedingungen in der Gegenwart, mit denen die Jugendlichen unzufrieden sind. Im Gefolge der DDR-Nostalgie haben die Interviewten stets eine Art Schuldigen zur Verfügung: Schuld an der Beseitigung der DDR-Kultur ist aus dieser Sicht die Vereinigung von BRD und DDR; und die Konditionen, nach denen diese Vereinigung vollzogen worden ist, hat im Prinzip „der Westen“ bestimmt -sein Gesellschaftsmodell wurde in Ostdeutschland eingeführt. Und so ist der Schuldige an allerlei Mißhelligkeiten der Gegenwart am Ende „der Westen“. Durch solche einfachen Schuldzuweisungen wird die Auseinandersetzung mit komplexen Zusammenhängen und Ursachen, die hinter aktuellen sozialen Problemen stehen, verzichtbar. Eine solche gedankliche Reduzierung sozialer Komplexität ist offenbar auch für solche Jugendliche attraktiv, die mit vielen ihrer Orientierungen Trägerinnen und Träger der gesellschaftlichen Moderne sind.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Vgl. Imbke Behnken u. a., Schülerstudie ’ 90. Jugendliche im Prozeß der Vereinigung, Weinheim -München 1991.

  2. Vgl. Thomas Gensicke, Unzufrieden, aber aktiv und optimistisch. Zur Mentalität der jungen Generation in den neuen deutschen Bundesländern, in: Journal für Sozialforschung, (1993) 2, S. 175 ff.

  3. Vgl. „Der Osten im Zwiespalt“, Woche-Umfrage unter Ostdeutschen, in: Die Woche vom 27. August 1999, S. 6.

  4. Die Interviews entstanden im Zeitraum zwischen 1992 und 1996. Die Anzeichen soziokulturellen Wandeis blieben in dieser Zeit stabil; Tendenzen der DDR-Nostalgie haben hingegen möglicherweise zugenommen. Die Interviewinterpretation erfolgte in einem Gruppenprozeß, in dem eine gemeinsame Sicht des jeweiligen Einzelfalls erarbeitet wurde. Bei der Zusammensetzung der Gruppen achtete ich darauf, daß Personen mit unterschiedlichen biographischen Erfahrungen vertreten waren: Ostdeutsche und Westdeutsche, Frauen und Männer.

  5. Vgl. dazu ausführlicher Thomas Rausch, Zwischen Selbstverwirklichungsstreben und Rassismus. Soziale Deutungsmuster ostdeutscher Jugendlicher, Opladen 1999.

  6. Vgl. Thomas Gensicke, Werte und Wertwandel im Osten Deutschlands, in: Helmut Klages/Hans-Jürgen Hippler/Willi Herbert (Hrsg.), Werte und Wandel. Ergebnisse und Methoden einer Forschungstradition, Frankfurt a. M. -New York 1992, S. 677 ff.

  7. Wolfgang Kühnel, Doppelte Identität. Jugendliche im Vereinigungsprozeß, in: Blätter für deutsche und internationale Politik, (1991) 11, S. 1335 f.

  8. Vgl. Antonia Grunenberg, Aufbruch der inneren Mauer. Politik und Kultur in der DDR 1971-1990, Bremen 1990, S. 102 ff.

  9. Vgl. Rainer Zoll u. a., „Nicht so wie unsere Eltern!“ Ein neues kulturelles Modell?, Opladen 1989.

  10. An die Adresse methodisch interessierter Leserinnen und Leser ist an dieser Stelle der Hinweis zu richten, daß das Konzept des neuen kulturellen Modells selbstverständlich nicht von vornherein an das ostdeutsche Interviewmaterial herangetragen wurde. Zunächst sollten ausschließlich aus den vorliegenden Interviews Kategorien gewonnen werden. Erst nachdem die dabei festgestellten Strukturen -durchaus unerwarteterweise -in vielerlei Hinsicht mit den Spezifika des neuen kulturellen Modells übereinstimmten, wurde dieses Konzept systematisch zur Analyse des Materials herangezogen.

  11. Vgl. Ulrich Beck, Risikogesellschaft. Auf dem Weg in eine andere Moderne, Frankfurt a. M. 1986.

  12. Vgl. Heiner Keupp, Identitätsverlust oder neue Identitätsentwürfe?, in: Rainer Zoll (Hrsg.), Ein neues kulturelles Modell. Zum soziokulturellen Wandel in Gesellschaften Westeuropas und Nordamerikas, Opladen 1992, S. 106.

  13. Rainer Zoll. Der soziokulturelle Wandel in der Bundesrepublik, in: ebd., S. 14.

  14. Die Namen der Jugendlichen sind fiktiv.

  15. Vgl. Deutsches Jugendinstitut, Schüler an der Schwelle zur deutschen Einheit. Politische und persönliche Orientierungen in Ost und West, Opladen 1992, S. 20.

  16. Vgl. Th. Gensicke (Anm. 2), S. 183 ff.

  17. Vgl. R. Zollu. a. (Anm. 9), S. 126 ff.

  18. Vgl. Regina Kröplin, Das Selbstbild ostdeutscher Frauen, in: Rainer Zoll (Hrsg.) Ostdeutsche Biographien. Lebenswelt im Umbruch, Frankfurt a. M. 1999.

  19. Womit ich an die Interpretation von Detlef Pollack anschließe: Vgl.ders., Sozialstruktureller Wandel, Institutionentransfer und die Langsamkeit der Individuen. Untersuchungen zu den ostdeutschen Transformationsprozessen in der Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, der Zeitschrift für Soziologie und der Sozialen Welt, in: Soziologische Revue, (1996) 4, S. 420 ff.

  20. Wobei nicht jeder der im folgenden zu nennenden Topoi in jeder Fallstudie auftaucht.

Weitere Inhalte

Thomas Rausch, Dr. rer. pol., geb. 1964; Politikwissenschaftler in Köln und Bremen. Veröffentlichungen u. a.: Zwischen Selbstverwirkiichungsstreben und Rassismus. Soziale Deutungsmuster ostdeutscher Jugendlicher, Opladen 1999; Von der DDR-Sozialisation zum neuen kulturellen Modell, in: Rainer Zoll (Hrsg.), Ostdeutsche Biographien. Lebenswelt im Umbruch, Frankfurt a. M. 1999.