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Staatsbürgerschaftsrecht und Staatsbürgerschaftserwerb in Österreich | Österreich (2015) | bpb.de

Staatsbürgerschaftsrecht und Staatsbürgerschaftserwerb in Österreich

Heinz Fassmann

/ 2 Minuten zu lesen

Die Praxis und die juristischen Grundlagen der österreichischen Staatsbürgerschaft beruhen im Wesentlichen auf dem Abstammungsprinzip (ius sanguinis). Die österreichische Staatsbürgerschaft kann durch Abstammung von österreichischen Eltern, die Ehe mit einem österreichischen Partner und auf Antrag erworben werden, wobei die Einbürgerung mit hohen Anforderungen verbunden ist und als ein vorläufiges Ende eines erfolgreichen Integrationsprozesses verstanden wird. Doppelstaatsbürgerschaften sollen dabei vermieden werden; der Antragsteller wird also aufgefordert, seine ursprüngliche Staatsangehörigkeit aufzugeben.

In Österreich gibt es immer wieder Diskussionen über die Bedingungen des Staatsbürgerschaftserwerbs, denn die zunehmende Diskrepanz zwischen Wohnbevölkerung und am demokratischen Prozess teilnehmender Staatsbürgerbevölkerung wird als demokratiepolitisches Problem angesehen. (© picture-alliance/dpa)

Fast alle Novellierungen des Staatsbürgerschaftsrechts, die sich mit der Staatsbürgerschaft auf Antrag auseinandergesetzt haben, brachten eine inhaltliche Verschärfung – auch, um damit indirekt den Familiennachzug zu drosseln. Wer heute eine österreichische Staatsbürgerschaft anstrebt, muss eine Integrationsvereinbarung abschließen, Sprachkenntnisse nachweisen (auf dem Niveau B2 des Externer Link: Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens) und einen Staatsbürgerschaftstest absolvieren. Des Weiteren muss man im Regelfall auf einen mindestens zehnjährigen ununterbrochenen Aufenthalt in Österreich zurückblicken (davon mindestens fünf Jahre im Rahmen einer legalen, auf einen Daueraufenthalt abzielenden Niederlassung), einen hinreichend gesicherten Lebensunterhalt unabhängig von Sozialtransfers nachweisen und nicht straffällig geworden sein. Besonders gut integrierte Personen können nach einer Aufenthaltsdauer von sechs Jahren eingebürgert werden, wenn sie den Nachweis über eine nachhaltig gute persönliche Integration erbringen können (Einkommen, Deutschkenntnisse, ehrenamtliches Engagement).

Aufgrund dieser restriktiven Bedingungen überrascht es nicht, dass die Zahl der Einbürgerungen pro Jahr nur bei rund 8.000 Personen liegt. Gemessen am Umfang der ausländischen Wohnbevölkerung mit mindestens zehnjährigem Aufenthalt in Österreich entspricht dies einer Einbürgerungsquote von genau 1,0 Prozent. Bürger aus der Türkei weisen eine Einbürgerungsquote von 0,9 Prozent auf, Bürger aus anderen außereuropäischen Staaten eine Quote von 3,3 Prozent, aber Bürger aus EU-Staaten eine Quote von lediglich 0,3 Prozent. Letzteres hängt nicht nur mit den gesetzlichen Bedingungen zusammen, sondern auch mit dem Nutzen, den die Staatsbürgerschaft mit sich bringt. Dieser ist für EU-Bürger am geringsten, denn bis auf die Möglichkeit, an überregionalen Wahlen teilzunehmen, ergeben sich durch eine Einbürgerung keine Änderungen am Verhältnis des Bürgers zum Staat. Das Gleiche gilt für langanwesende Drittstaatsangehörige, die der inländischen Wohnbevölkerung sozialrechtlich bis auf das aktive und passive Wahlrecht gleichgestellt sind. Während jedoch EU-Bürger in den Kommunen wählen dürfen, ist das den langanwesenden Drittstaatsangehörigen untersagt. In Österreich gibt es daher immer wieder Diskussionen über die Bedingungen des Staatsbürgerschaftserwerbs, denn die zunehmende Diskrepanz zwischen Wohnbevölkerung und am demokratischen Prozess teilnehmender Staatsbürgerbevölkerung wird als demokratiepolitisches Problem angesehen.

Dieser Text ist Teil des Interner Link: Länderprofils Österreich.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Eingebürgerte Österreicher haben die Möglichkeit, ihre Familienangehörigen aus Drittstaaten außerhalb einer jährlichen Obergrenze zuwandern zu lassen, der Familiennachzug zu in Österreich lebenden Drittstaatsangehörigen ist dagegen quantitativ limitiert.

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Heinz Fassmann ist Professor für Angewandte Geographie an der Universität Wien, Obmann der Kommission für Migrations- und Integrationsforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Vorsitzender des Expertenrates für Integration beim österreichischen Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres sowie Mitglied des Migrationsrates beim Bundesministerium für Inneres.