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Arbeitsmigration aus Jordanien in die Golfstaaten | Jordanien | bpb.de

Arbeitsmigration aus Jordanien in die Golfstaaten

Nasim Barham

/ 4 Minuten zu lesen

Arbeitsmigration spielt in Jordanien eine große Rolle: Jordanische Arbeitskräfte wandern in die Golfstaaten ab, den dadurch entstandenen Mangel gleichen Zuwanderer aus dem Ausland aus. Welche Entwicklung die Arbeitsmigration von Jordanien in die Golfstaaten seit den 1970er Jahren durchlaufen hat, wird im Folgenden erläutert.

Visite in einem Krankenhaus in Oman. Im Jahr 2010 waren 760 Ärzte aus Jordanien in den Golfstaaten tätig, was 10 Prozent aller Ärzte Jordaniens ausmachte. (© picture-alliance)

Interner Link: Jordanien verfügt über geringe Naturressourcen und wenig entwickelte Institutionen, um das Natur- und Humankapital zu nutzen. Deshalb leidet Jordanien seit seiner Gründung im Jahr 1923 unter wirtschaftlichen Problemen, die sich in Arbeitslosigkeit und Armut ausdrücken. Emigration wird als Ausweg aus diesem Dilemma gesehen. Die ölfördernden Staaten am Persischen Golf bilden das Hauptziel der jordanischen Emigranten wegen des guten Verdienstes, der dort erzielt werden kann. Durch die Abwanderung entsteht in Jordanien selbst jedoch ein Mangel an Arbeitskräften. Dieser wird wiederum durch billige Arbeitskräfte aus dem Ausland, z.B. aus Ägypten oder südostasiatischen Staaten, ausgeglichen. Die Interner Link: Rücküberweisungen (Rimessen) der ausgewanderten Jordanier an Familienangehörige in Jordanien werden als wichtige Förderer der jordanischen Wirtschaft betrachtet. Im Vergleich der arabischen Länder empfängt Jordanien heute nach Ägypten und dem Interner Link: Libanon die meisten Rimessen. Rücküberweisungen der im Ausland tätigen Jordanier tragen mit ca. 20 Prozent zum Interner Link: Bruttosozialprodukt (BSP) bei, verringern die Arbeitslosigkeit im Land, weil neue Stellen geschaffen werden können und sorgen dadurch für relative politische Stabilität im Königreich. Der Umfang der Emigration und der Geldüberweisungen sind jedoch nicht stabil und hängen von den politischen Ereignissen im Nahen Osten ab. Daher bleibt die wirtschaftliche und politische Lage Jordaniens fragil.

Wandel der von Jordanien ausgehenden Arbeitsmigration

Da die Regierung glaubt, dass Jordanien mehr qualifizierte Arbeitskräfte ausbildet, als sein Arbeitsmarkt aufnehmen kann (brain overflow), wird die Abwanderung in den meisten Fällen vom Königreich nicht eingeschränkt, sondern gefördert. Lediglich für Beamte, meist Lehrer, wurden staatliche temporäre Verträge mit Partnerländern am Persischen Golf (in arabischen Ländern "Arabischer Golf" genannt), abgeschlossen.

Die Arbeitsmigration begann mit der Entdeckung und der Förderung des Erdöls in den Staaten am Persischen Golf. Laut der jordanischen Volkszählung von 1961 belief sich die Zahl der jordanischen "Gastarbeiter" im Ausland auf 35.000 Personen, wobei 72 Prozent von ihnen in Kuwait und in Interner Link: Saudi-Arabien tätig waren. Die meisten von ihnen waren gering qualifiziert. Der Ölboom in den 1970er Jahren führte dann aber dazu, dass sich die Nachfrage nach gut qualifizierten Jordaniern in den Interner Link: Golfstaaten erhöhte, was zu massiven Auswanderungen führte. Die abgewanderten Jordanier wurden durch Billiglohnbezieher aus Ägypten, Syrien und Südasien ersetzt. Die Arbeitsmigration dauerte in den 1970er und in den 1980er Jahren an und stieg von 81.000 im Jahr 1972 auf 350.000 im Jahr 1990 an. Zunächst wanderten die meisten Arbeitsmigranten nach Kuwait. Später konzentrierte sich die Arbeitsmigration hauptsächlich auf Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate (siehe Abbildung 1).

Abbildung 1: Verteilung der jordanischen Arbeitskräfte in den Golfstaaten 2012. (Interner Link: Grafik zum Download) (bpb) Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/

Im Zuge des Interner Link: Ersten Golfkriegs im Jahr 1990 wurden wegen der politischen Haltung Jordaniens ca. 300.000 Arbeitskräfte aus den Golfstaaten entlassen. Jordanien sprach sich dafür aus, die Beendigung der Besetzung Kuwaits durch die irakische Armee mittels diplomatischer Verhandlungen zu erwirken. Demgegenüber wollten die Golfstaaten die Befreiung Kuwaits durch Gewalt erzwingen. Nach Kriegsende stieg die Zahl jordanischer Arbeitskräfte in den Golfstaaten jedoch wieder an und erreichte etwa 143.670 im Jahr 2012 (mit Angehörigen ca. 398.461). In den 1960er Jahren überstiegen die Geldüberweisungen der jordanischen Emigranten den Wert sämtlicher Exporte des Königreichs. Sie betrugen 7,4 Millionen JOD im Jahr 1972, stiegen auf 330 Millionen JOD im Jahr 1983 und erreichten Ende der 1990er Jahre jährlich eine Milliarde (siehe Abbildung 2). Der jordanische Arbeitsminister, Ali Ghezawi erklärte Mitte November 2016, dass die Überweisungen sich auf drei Milliarden US-Dollar (454 US-Dollar pro Kopf) beliefen.

Die Auswanderung von Fachkräften wie Ärzten und Ingenieuren sowie IT Experten stellt eine Art "Brain Drain" dar. Im Jahr 2010 waren 760 Ärzte in den Golfstaaten tätig, was 10 Prozent aller Ärzte Jordaniens ausmachte. Allerdings verringern Auswanderungen die Arbeitslosigkeit und schaffen Arbeitsplätze, besonders im Bausektor, da die Abgewanderten und ihre Familienangehörigen sich leisten können, Häuser zu bauen bzw. Wohnungen anzuschaffen. Für die Arbeitsvermittlung von Jordaniern ins Ausland sind 600 private Büros tätig.

Abbildung 2: Rücküberweisungen nach Jordanien 1972-2015. (Interner Link: Grafik zum Download) (bpb) Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/

Die Überweisungen werden zu 74 Prozent für das tägliche Leben, 16 Prozent für Bildung, 4 Prozent für Hausbau und nur 6 Prozent für Investitionen im Land ausgegeben. Die hohen Löhne am Golf und die Überweisungen der Jordanier bewirken eine allmähliche Steigerung des Lebensstandards in Jordanien und tragen zur Urbanisierung, dem Wachstum des Dienstleistungssektors aber auch zu hoher Inflation und Fachkräftemangel bei. Auch der Sog des Konsumverhaltens der "Golfis" ist enorm, viele ahmen ihn nach, weshalb von einer "Dubaisierung" Jordaniens gesprochen wird. Tausende von Hausmädchen kamen aus den Interner Link: Philippinen, Sri Lanka und Interner Link: Bangladesch, um in den jordanischen Haushalten zu arbeiten. Die Rücküberweisungen der in Jordanien angestellten zugewanderten Arbeitskräfte werden auf 1,2 Milliarden US-Dollar jährlich geschätzt. Daher wird Jordanien auch als Ölland ohne Öl bezeichnet.

Zum Thema

Dieser Text ist Teil des Interner Link: Länderprofils Jordanien.

Quellen / Literatur

Abugattas-Majluf, L. (2012): Jordan: Model Reformer Without Upgrading?. St Comp Int Dev (2012) 47:231–253.

Al-Assaf, G. (2016): Do International Remittances Affect the Performance the Labor Market in Jordan? Working Paper 1014, Economic Reasearch Forum.

Arab League (2014): Regional Report on Arab International Migration – International Migration und Development. Kairo.

Chatelard, G. (2002): Jordan as a transit country: semi-protectionist immigration policies and their effects on Iraqi forced migrants. Working Paper No. 61, Robert Schuman Centre for Advanced Studies, European University Institute Florence, Italy.

El-sakka, M. I. T. (2003): Migrant Workers Remittances and Macroeconomic Policy on Jordan. Department of Economics, Kuwait University. Kuwait.

Kirwan, F. X. (1981): The Impact of Labor Migration on the Jordanian Economy. International Migration Review 15(4): 671-695.

Richards, A./Waterbury, J. (2008): A Political Economy of the Middle East. 3. Auflage, Westview Press USA.

Seccombe, I.J. (1987): Labor Emigration Policies and Economic Developmen in Jordan: From Unemployment to Labor Shortage. In: Khader, B./Badran, A.(Hg.): The Economic Development of Jordan. Croom Helm. London.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Secombe (1987), S. 119.

  2. JOD: Währung Jordaniens (Dinar) entsprecht 1.42 US$.

Lizenz

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Nasim Barham ist Professor für Wirtschaftsgeographie an der Universität von Jordanien in Amman, Jordanien.