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Vertrauensfrage | bpb.de

Vertrauensfrage

Als Pendant zum Interner Link: Misstrauensvotum kennt das Interner Link: Grundgesetz (GG) die V., die vom Interner Link: Bundeskanzler gestellt wird. Meist verbindet der Kanzler die V. mit einem Gesetz: Vertrauen zum Kanzler bedeutet dann auch die Zustimmung zum Gesetz. Das geschieht bei Gesetzen, die im Regierungslager umstritten sind. Der Kanzler stellt »seine« Interner Link: Abgeordneten vor die Wahl, entweder dem Gesetz zuzustimmen oder ihm das Vertrauen zu entziehen. Erhält der Kanzler keine Mehrheit, wenn er die V. gestellt hat, muss der Interner Link: Bundestag einen neuen Kanzler wählen oder der Interner Link: Bundespräsident löst den Bundestag auf, d. h., es gibt Neuwahlen. In der Geschichte der Bundesrepublik erhielt der Kanzler in 2 Fällen keine Mehrheit, nachdem er die V. gestellt hatte. Das erste Mal stellte Helmut Kohl nach erfolgreichem Misstrauensvotum die V., weil er meinte, für seine Kanzlerschaft brauche es die Legitimation des Volkes. Er verlor absichtlich, damit der Bundestag aufgelöst und Neuwahlen durchgeführt werden konnten. Das zweite Mal verlor Gerhard Schröder 2005 ebenso absichtlich die V. – sein Kalkül war nicht ganz klar. Die SPD hatte vorher die Landtagswahl in NRW verloren, sodass im Interner Link: Bundesrat eine Zweidrittelmehrheit für die Interner Link: Opposition existierte. Das hatte zur Folge, dass auch Einspruchsgesetze im Bundesrat blockiert werden konnten. Daran hätte aber auch eine Neuwahl nichts geändert. Gleichzeitig gab es in der SPD großen Widerspruch zur Politik der Umverteilung durch Sozial- und Steuerkürzungen. Das Interner Link: Bundesverfassungsgericht (BVerfG) erklärte in beiden Fällen die Auflösung des Bundestages mit großen Bedenken für verfassungskonform. Sinn der V. sei es nicht, Neuwahlen herbeizuführen, solange es Mehrheiten für die Interner Link: Regierung im Bundestag gibt. Erst, wenn diese nicht mehr existieren, solle die Interner Link: Verfassung über Neuwahlen die Möglichkeit schaffen, stabile Mehrheiten zu schaffen. Im Falle der Vertrauensfrage von Helmut Kohl sei die FDP, die gerade die Regierungskoalition gewechselt hatte, ein unsicherer Kandidat gewesen, weshalb die Neuwahl verfassungskonform gewesen sei, so das BVerfG. Diese Begründung wurde als politische Entscheidung kritisiert, welche die realen Mehrheiten im Bundestag nicht korrekt beschrieben hat. Schließlich war Kohl gerade von den Abgeordneten der FDP zum Kanzler gewählt worden.

Quelle: Das Rechtslexikon. Begriffe, Grundlagen, Zusammenhänge. Lennart Alexy / Andreas Fisahn / Susanne Hähnchen / Tobias Mushoff / Uwe Trepte. Verlag J.H.W. Dietz Nachf. , Bonn, 2. Auflage, 2023. Lizenzausgabe: Bundeszentrale für politische Bildung.

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