Meine Merkliste Geteilte Merkliste PDF oder EPUB erstellen

Der Stand der zivilen Verteidigung im Ausland | APuZ 16/1954 | bpb.de

Archiv Ausgaben ab 1953

APuZ 16/1954 Die Versuche im Pazifik Der Stand der zivilen Verteidigung im Ausland

Der Stand der zivilen Verteidigung im Ausland

Wolf von Dreising

Ereignisse von ganz unterschiedlichem Zeitwert haben die Probleme des Schutzes der Zivilverteidigung auch in der Bundesrepublik in den Vordergrund geschoben. Erstens ist durch das Gesetz zur Ergänzung des Grundgesetzes vom 26. 3. 1954 klargestellt, daß der Schutz der Zivilbevölkerung zur ausschließlichen Bundesgesetzgebung gehört. Zweitens ist in den Beratungen über den Bundeshaushalt 1954/55 die Frage des Luftschutzes stärker als bisher angesprochen worden. Drittens ist durch die Wasserstoffbombenexplosionen der USA im März ds. Js. auch einer breiteren Öffentlichkeit in Deutschland bewußt geworden — eindringlicher jedenfalls als durch die bisherigen Atombombenexplosionen — daß wir inzwischen tatsächlich jn einen neuen Abschnitt der Menschheitsgeschichte eingetreten sind. Die Frage von Massenschutzvorkehrungen gegen Massenvernichtungsmittel ist zu einem Anliegen der gesamten in ihrer Zivilisiertheit fragwürdig werdenden Menschheit geworden. Vor den Perspektiven, die sich eröffnen, drohen alle anderen menschlichen Probleme zu verblassen. Wenn aber auch zu hoffen steht, daß allgemeine Furcht, wenn schon nicht echte Friedensliebe, die Anwendung von A-und H-Waffen ebenso verhindern wird, wie es bei Gift-gasen im Zweiten Weltkrieg der Fall war, so kann doch auch der größte Optimist derzeit kaum ernsthaft damit rechnen, daß damit bereits die Möglichkeit von Kriegen überhaupt ausgeschlossen ist. Die Frage des Schutzes der Zivilbevölkerung vor Kriegsgefahren wird daher bis auf übersehbare Zeit hinaus ihre Bedeutung auf jeden Fall behalten.

Wer vor einem Jahr den Stand des Schutzes der Zivilbevölkerung im Ausland untersucht hat und damit die inzwischen gemachten Fortschritte vergleicht, muß erkennen, daß in einer Reihe von Ländern inzwischen wesentliche Planungen und Maßnahmen zur Durchführung gekommen sind, die ein erheblich stärkeres Ausmaß an Bereitschaft gewährleisten. Dabei sind es keineswegs nur große Staaten, sondern zum Teil besonders auch kleine, in denen der Ausbau der Schutzmaßnahmen zügig fortschreitet. LInter zivilem Bevölkerungsschutz werden im Ausland ebenso wie in Deutschland die nichtmilitärischen Maßnahmen verstanden, die bei großen, über den örtlichen Bereich hinausgreifenden Friedens-Katastrophen oder im Falle eines Krieges einen unmittelbaren Schutz von Leben und Gesundheit der Zivilbevölkerung gewährleisten, ihre Wohnungen und Betriebsstätten schützen, ihre lebensnotwendige Versorgung sichern und eingetretene Notstände beseitigen oder mildern sollen. Der zivile Bevölkerungsschutz hat somit keinen militärischen Charakter; er gehört nicht zur militärischen Landesverteidigung.

Der Kern aller Schutzmaßnahmen liegt beim Luftschutz

Da die Maßnahmen also in erster Linie den Gefahren Rechnung tragen sollen, die die Zivilbevölkerung im Falle eines Krieges bedrohen, fallen sie im Ausland regelmäßig unter den Begriff „zivile Verteidigung".

Wenn auch die Organisationen des zivilen Bevölkerungsschutzes überall in erster Linie aufgebaut worden sind, um der am Kampf unbeteiligten Bevölkerung in den Schrecken eines Krieges zu helfen, stehen sie doch auch für einen Einsatz bei schweren überörtlichen Katastrophen im Frieden zur Verfügung. So gab die große Überschwemmungskatastrophe in den Niederlanden und in England zu Beginn des Jahres 1953 neben den damals eingesetzten Truppen auch den Organen der zivilen Verteidigung Gelegenheit zur erfolgreichen Bewährung. In den Vereinigten Staaten werden die Freiwilligen der Zivilverteidigungsorganisation regelmäßig bei den dort häufigeren, große Gebiete in Mitleidenschaft ziehenden Naturkatastrophen zum Hilfsdienst herangezogen; der Einsatz hat sich so bewährt, daß er in 38 Staaten für solche Fälle bereits gesetzlich vorgeschrieben ist.

Diese Schutzmaßnahmen gehen von der durch zwei Weltkriege erhärteten Tatsache aus. daß infolge der Entwicklung der Kriegstechnik die Bevölkerung eines Landes nicht mehr von seinen kämpfenden Streitkräften allein geschützt werden kann, sondern eines weiteren Schutzes bedarf. Es sind z. B. auch nach jüngster US-amerikanischer Feststellung bisher keine Mittel gefunden worden, die die Vernichtung aller feindlichen Flugzeuge oder Raketenwaffen vor Erreichen ihrer meist tief im offenen Hinterland liegenden Ziele zuverlässig garantieren. Im Krieg des 20. Jakrkunderts gibt es keinen Unterschied zwischen Heimat und Front.

Die Notwendigkeit von Schutzmaßnahmen für die Zivilbevölkerung wird durch die Erfahrungen nur noch unterstrichen, die beispielsweise der Chefdelegierte zahlreicher Missionen des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz, Jacques de Reynier, während des Zweiten Weltkrieges und in den folgenden Jahren an den Fronten verschiedenster, vom Kriege heimgesuchter Länder machen konnte-„Welchen dieser Kriege wir auch betrachten, überall hat die Zivilbevölkerung viel mehr gelitten als die Armee". Die Leiden der Zivilbevölkerung werden nicht allein durch Luftangriffe verursacht; sie verschärfen sich im Hin und Her der Erdkämpfe und dauern fort nach einer Feindbesetzung, durch die der Krieg nicht beendet wird.

Neben die militärische Verteidigung ist die zivile Verteidigung getreten. Ihre Bedeutung wird durch die weit verbreitete Überzeugung gesteigert, daß für ein auf diesem Gebiet unvorbereitetes Land die Gefahr, angegriffen zu werden, größer ist. Es hat sich auch die Auffassung durchgesetzt, daß ohne eine zivile Verteidigung ein Krieg nicht mehr gewonnen, wohl aber verloren werden kann.

Während die Bundesrepublik Deutschland auch auf diesem Gebiet vor der Notwendigkeit eines völligen Neuaufbaues steht, haben alle anderen durch ihre gefährdete Lage in Frage kommenden Länder, und zwar die Mitgledstaaten des Atlantikpaktes nicht weniger als neutrale Staaten, wie zum Beispiel die Schweiz und Schweden, nicht nur meist ihre Einrichtungen aus dem Zweiten Weltkrieg beibehalten, sondern haben sie unter Berücksichtigung der Kriegserfahrungen und der inzwischen durch Atomwaffen gesteigerten Kriegstechnik wesentlich ausgebaut. Auf der östlichen Seite hat die Sowjetunion ebenfalls Luftschutzvorbereitungen organisiert. Sogar das feine Pakistan erklärt im Juni 1950 in einer Dienstanweisung über zivile Verteidigung: „Gleichgültig, ob Anzeichen einer unmittelbaren Gefahr aus irgendeiner Ursache bestehen oder nicht, ist es für jedes Land erforderlich geworden, sich auf alle Möglichkeiten vorzubereiten, wenn es in einem Konfliktfall überleben will". Über die vorsorglichen Maßnahmen hinter dem Eisernen Vorhang ist nicht viel bekannt; jedoch liegen genügend Unterlagen dafür vor, daß man auch dort nicht untätig geblieben ist. In der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands wird seit Ende 1952 am Aufbau einer Luftschutz-

Organisation gearbeitet. Die »Volksarmee“ soll den Luftwarndienst übernehmen. Im Truppendienst der kasernierten Volkspolizei werden Gasschutzlehrgänge abgehalten. FDJ-Mitglieder sollen als Luftschutzhelfer ausgebildet werden; für Ausbildung und Betreuung der betrieblichen Luftschutzgeimeinschaften wird der FDGB zuständig.

Abbildung 2

In allen Staaten liegt die Leitung des zivilen Bevölkerungsschutzes in der Hand eines zivilen Ressorts, und zwar zumeist in der des Innenministers. Für die Vorbereitung aller Aufgaben und Maßnahmen ist regelmäßig unter ihm entweder eine oberste Zentralbehörde oder eine Abteilung im Innenministerium eingerichtet, wie z. B. in Schweden das „Kgl. Zivilverteidigungsamt“, in Dänemark die „Zivilverteidigungsdirektion“, in Frankreich die „Generalinspektion für den Zivilschutz“, in Großbritannien die „Abteilung für zivile Verteidigung". In den Vereinigten Staaten untersteht die „Bundesbehörde für die zivile Verteidigung" keinem Ressort, sondern unmittelbar dem Präsidenten. Die Anweisungen dieser Zentralstellen gehen regelmäßig über die Behörden der zivilen (inneren) Verwaltung bis zu den Gemeinden, deren Leiter in den meisten Fällen für die Durchführung aller Maßnahmen verantwortlich und dafür mit besonderen Vollmachten ausgestattet sind.

Zur Durchführung aller Maßnahmen im Fall eines Angriffs oder einer Friedenskatastrophe steht der staatlichen Führung in einer Reihe von Ländern ein straff organisiertes, aber ziviles staatliches Hilfskorps zur Verfügung, dessen vorbereitete oder bestehende Kader durch ausgebildete Ergänzungskräfte schnell auf den erforderlichen Bedarf gebracht werden können. Die Angehörigen dieser Organisation sind regelmäßig registriert und vom Wehrdienst befreit. So hat z. B. Schweden eine „Hilfsdienst-Organisation", Dänemark ein „Zivilschutzkorps", Belgien ein „Nationalkorps der zivilen Sicherheit“, Großbritannien ein „Zivilverteidigungskorps“; in Italien ist Rückgrat der Hilfsorganisation die staatliche Feuerwehr, die auch in Frankreich im Katastrophenfall staatlicher Führung untersteht.

Mit einzelnen Unterschieden kommt in allen Staaten außerdem auch den nationalen Gesellschaften vom Roten Kreuz eine bedeutende Rolle bei der Hilfeleistung in Katastrophenfällen jeder Art und besonders bei den Aufgaben zu, die sich für Unterzeichnerstaaten aus dem 4. Genfer Abkommen über den Schutz der Zivilpersonen in Kriegszeiten vom 12. August 1949 ergeben.

Auf den zivilen Charakter der Organisationen zum Schutz der Zivilbevölkerung wird allgemein großer Wert gelegt, weil diese auch im Fall einer gänzlichen oder teilweisen Besetzung des Landes durch einen Feind einsatzfähig und einsatzberechtigt bleiben sollen. Denn der Krieg, vor allem der Luftkrieg, findet in solchem Fall regelmäßig noch kein Ende.

Die Zivilbevölkerung braucht alsdann unverändert, und oft vermehrt, Schutzorganisationen. Wären diese in irgendeiner Weise mit den kämpfenden Streitkräften verbunden, so teilten sie deren Schicksal: Vernichtung, Rückzug oder Gefangenschaft. Die eindeutig zivile Organisation von Hilfskräften wird deshalb notwendig; sie wird aber auch begünstigt durch das 4. Genfer Abkommen über den Schutz von Zivilpersonen in Kriegszeiten vom 12. August 1949. Im Abschnitt über die besetzten Gebiete sieht Art. 63 dort ausdrücklich den Schutz von „Organisationen nichtmilitärischen Charakters“ vor, deren Aufgabe es ist, „die Lebensbedingungen der Zivilbevölkerung durch Aufrechterhaltung der lebenswichtigen öffentlichen Dienste, durch Verteilung von Hilfsmitteln und durch Organisierung von Rettungsaktionen zu sichern“. Zwar ist die 4. Genfer Konvention von einer Reihe wesentlicher Mächte, wie den USA und der UdSSR bislang noch nicht ratifiziert worden; sie ist jedoch durch den Beitritt anderer Mächte schon in Kraft gesetzt. Die Erfahrung hat gezeigt, daß die Bestimmungen der Genfer Konventionen in der Vergangenheit oft ihre normative Kraft auch in Fällen erwiesen haben, wo sie de jure nicht anerkannt waren.

Neben den neutralen und den nordischen Ländern haben die zum Atlantikpakt-Verteidigungssystem gehörenden westlichen Länder Belgien, Frankreich, Großbritannien, Italien und die Niederlande entsprechende Maßnahmen getroffen, die im einzelnen unterschiedliches Ausmaß zeigen. Diese Länder haben sich, ausschließlich Italiens aber einschließlich Luxemburgs, bereits durch den Vertrag von Brüssel vom 17. März 1948 nicht nur zu gegenseitiger militärischer Hilfeleistung im Falle eines Angriffs, sondern auch zu Schutzmaßnahmen auf dem Gebiet der zivilen Verteidigung, jedes Land für sich, verpflichtet. Inzwischen wurde bei der NATO ein Comite international pour la defense civile gebildet, das sich zu periodischen Arbeitstagungen zusammenfindet, um die auch auf diesem Gebiete erforderliche Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten, zu denen die Bundesrepublik bekanntlich noch nicht gehört, zu gewährleisten. Deutschland ist jedoch in die NATO-Planung auf dem Sektor der zivilen Verteidigung, vor allem auf dem Gebiet des Luftschutzes, mit einbezogen worden. Bei dem von der NATO für diesen Fragenkomplex gebildeten ad-hoc-Ausschuß handelt es sich um einen gemeinsamen Ausschuß der NATO und des Interimsausschusses zur Vorbereitung der EVG in Paris, in dem die Bundesrepublik durch ihre Delegation vertreten ist. Der internationale Stab des Generalsekretärs der NATO hat, um den einzelnen Mitgliedsregierungen behilflich zu sein, verschiedene Pläne ausgearbeitet, die im Fall eines Krieges sofort angewendet werden können, von denen sich z. B. einer mit dem besonders schwerwiegenden und schwierigen Flüchtlingsproblem befaßt.

Die Schutzmaßnahmen in den einzelnen Ländern

Schweiz

Die Schweiz, deren Politik seit jeher auf unbedingte Wahrung ihrer Neutralität gerichtet ist, hat allen Maßnahmen für den Schutz ihrer Zivilbevölkerung vor Kriegsgefahren immer größte Bedeutung beigemessen.

Obwohl die Erd-und Luftgefährdung der Schweiz im Vergleich zu der anderer Staaten, insbesondere aber zu der der Bundesrepublik, selbst unter der gegenwärtigen weltpolitischen Lage als durchaus geringer zu beurteilen sein dürfte, hat die Schweiz ihre schon im letzten Weltkrieg begonnenen bautechnischen Maßnahmen nach einer kurzen Unterbrechung nach Kriegsende inzwischen fortgesetzt. Sie verfügt heute über unterirdisch verlagerte lebenswichtige Zentralen und Anlagen. Dem unmittelbaren Schutz der Bevölkerung dient ein Gesetz vom 21. Dezember 1950, das für Ortschaften von 1000 und mehr Einwohnern in Neubauten und größeren Umbauten die Erstellung von einsturz-und splitter-sicheren Schutzräumen und Notausstiegen, in Reihenbauten auch von Mauerdurchbrüchen obligatorisch gemacht hat. Die Kosten wurden zu 70 v. H.der Bevölkerung direkt auferlegt, 10 v. H. werden vom Bund und 20 v. H. von den Kantonen und Gemeinden getragen. Außerdem wurden Mittel für Luftschutzräume in Schulgebäuden, Krankenhäusern und Industrieanlagen vorgesehen. Seit dem Inkrafttreten des Gesetzes vom 21. Dezember 1950 bis zum Herbst 1953 sind Luftschutzräume in 4 300 neuen Gebäuden für rund 83 000 Personen entstanden. Zusammen mit den noch aus der Kriegszeit stammenden Schutzräumen ist insgesamt Platz für etwa 500 000 Personen vorhanden.

Ein weitergehendes Luftschutzgesetz vom 28. März 1952 sah außerdem in allen Ortschaften mit über 20 000 Einwohnern für sämtliche bereits bestehenden Häuser einsturz-und splittersichere Schutzräume und Notausstiege, in Reihenbauten Mauerdurchbrüche vor. Die Bauarbeiten sollten auf einen Zeitraum von sechs Jahren verteilt werden, wofür ein Gesamtbetrag von 500 Millionen sfrs. vorgesehen war. Der Bund sollte einen Beitrag von 20 bis 25 v. H. leisten, Kantone und Gemeinden zusammen mindestens 20 v. H. Für die Finanzierung der restlichen 60 v. H. war an eine Heranziehung der Hauseigentümer mit dem Recht auf Abwälzung von 4, 5 v. H. für Zinsen und Amortisation auf die Mieter gedacht, wobei die laufende Unterhaltung zu Lasten der Hauseigentümer gehen sollte. Nur wegen der Einwände gegen die Beteiligung von Haus-eigentümern und Mietern an der Finanzierung ist in einer anschließenden Volksabstimmung am 5. Oktober 1952, einem sogenannten „Referendum“, dieses Gesetz vom 28. März 1952, dessen Notwendigkeit und Dringlichkeit im übrigen aber von keiner Seite in Zweifel gezogen war, vom Schweizervolk verworfen worden. Verhandlungen über die Neuregelung der Finanzierung sind immer noch im Gange; daß sie zum Abschluß gebracht werden, wird von der Schweizer Öffentlichkeit und Presse seit Monaten als dringlich bezeichnet. Auch die Subventionierung von zentralen Luftschutzräumen für größere Städte wurde in der öffentlichen Diskussion befürwortet.

Ein das ganze Land umfassender Warndienst für Fliegeralarm, Wasser-alarm und „ABC" -Alarm (Warnung vor radioaktiv, biologisch oder chemisch verseuchtem Gelände) ist vorbereitet. Dabei wurde den besonderen Gefahren Rechnung getragen, die der Schweiz durch Hochwasser-katastrophen aus Stauseen erwachsen können, von denen 45 über das Land verteilt sind.

Eine besondere Luftschutztruppe mit 28 Bataillonen und 13 selbständigen Kompanien bat in Ergänzung der Feuerwehr für besonders schwere Fälle u. a. Lösch-und Bergungsaufgaben. Diese Luftschutztruppe der Armee, deren Mannschaften zum großen Teil im Jahre 1951 aus der früheren zivilen örtlichen Luftschutzorganisation übernommen worden sind, stellt aber keinen Ersatz der zivilen Luftschutzorganisation dar; vielmehr liegt auch nach Schweizer Auffassung das Schwergewicht des Luftschutzes auf dem zivilen Sektor, also bei der Selbsthilfe und ihrer Organisation. Die als Teil der Armee für den lediglich passiven Luft-schutz mit der Hauptaufgabe „Rettung von Menschen" aufgestellte Luftschutztruppe ist nicht mit Ausgaben der aktiven Luftabwehr befaßt. Während aber in allen anderen Ländern der gesamte passive Luftschutz einer zivilen Instanz untersteht, ist diese Schweizer Luftschutztruppe der „Abteilung Luftschutz“ dem Eidgenössischen Militärdepartement unterstellt. Denn der Schutz der Zivilbevölkerung ist in der Schweiz bisher als Teil der militärischen Gesamtverteidigung betrachtet und die entsprechende Verantwortung dem Militärdepartement zugewiesen worden. Von dieser Abteilung ergingen bisher auch alle Anweisungen an die zivilen Verwaltungsstellen über die vorzubereitenden Luftschutzmaßnahmen, insbesondere für alle Aufgaben, die der militärischen Landesverteidigung und dem Schutz der Zivilbevölkerung zugleich dienen. Inzwischen hat jedoch in der Schweizer Öffentlichkeit die Über-zeugung an Boden gewonnen, daß durch ein neues Bundesgesetz über den Schutz der Bevölkerung im Kriegsfall eine zentrale zivile Stelle geschaffen werden müsse, die für alle entsprechenden Maßnahmen zuständig sein solle; der Schutz der Zivilbevölkerung sei durch die zivilen Behörden in Zusammenarbeit mit militärischen Instanzen, aber nicht unter deren Befehlsgebung vorzubereiten.

Da der Erlaß eines Bundesgesetzes auf einem Gebiet, das so mannigfache Kompetenzbereiche berührt, nach Schweizer Auffassung weit mehr Zeit in Anspruch nehmen würde, als es Forderungen der Landesverteidigung als zuträglich erscheinen ließen, hat der Schweizer Bundesrat auf Grund gesetzlicher Ermächtigung zum 1. Februar 1954 eine „Verordnung über die Aufstellung von Organisationen zum Schutz und zur Betreuung der Zivilbevölkerung im Kriege" in Kraft gesetzt. Ohne Zeitverlust soll nunmehr eine Schattenorganisation aufgestellt und ein Gerippe bereitgehalten werden, von dem aus im Notfall schnell ein Vollausbau vollzogen werden könnte, der etwa 25% der nicht wehrpflichtigen Bevölkerung in Anspruch nehmen wird. Die Verordnung zielt auf die personelle Besetzung der „Kommandoposten" auf den verschiedenen Stufen und die Einführung des Führungspcrsonals in seine Aufgaben sowie auf die Bereitstellung der Mindestausrüstung und des Materials. Inzwischen wird ein weiterreichendes Bundesgesetz vorbereitet.

Von besonderer Bedeutung ist die an die Spitze der bundesrätlichen Verordnung gestellte Bestimmung, daß „der Schutz und die Betreuung der Bevölkerung sowie die Aufrechterhaltung der öffentlichen und privaten Betriebe im Kriege" Sache der zivilen Behörden sind. Die Oberleitung liegt beim Eidgenössischen Departement des Innern; die Militär-stellen haben fachliche Mitwirkungsaufgaben. So erläßt z. B. das Militär-departement Vorschriften über Material und Mindestausrüstung für die Organisationen. Der Bund bildet Kantonsinstruktoren aus. Kantone, Gemeinden und Betriebe sind für die Ausbildung des erforderlichen Lehr-und Überwachungspersonals in allen Stufen nach Bundesvorschriften selbst verantwortlich. Übrigens waren schon bisher in der Schweiz für die Ausbildung der Bevölkerung im Selbstschutz staatliche Instruktoren eingesetzt, die auch das Personal der Hauswehren, Anstaltswehren und der Betriebswehren in industriellen Betrieben zu unterweisen hatten.

Durch die Verordnung vom 1. 2. 1954 ist nunmehr auch in der Schweiz dem einzigen Land, in dem die Verantwortung für den passiven Luft-schutz bisher der obersten militärischen Instanz oblag, die der zivilen inneren Verwaltung begründet worden.

Im übrigen sieht die Verordnung die Organisation von verschiedenen Hilfsdiensten vor, wie sie auch in anderen Ländern bereits aufgestellt worden sind. Sie unterscheidet zwischen „örtlichen Organisationen", die in allen Ortschaften von über 1 OOO Einwohnern (insgesamt über 900 Gemeinden mit 62% der Bevölkerung) aufzustellen sind, und „Betriebsorganisationen", zu deren Aufstellung alle Betriebe mit mehr als 50 Angestellten und Arbeitern verpflichtet sind, und zwar nicht nur alle wirtschaftlichen Betriebe, sondern auch alle Anstalten, Verwaltungen und öffentlichen Betriebe. Die einzelnen Dienste, die zum Teil dem gleichen Chef unterstellt werden, haben vor allem folgende Aufgaben: Warnung und Alarmierung der Bevölkerung; den sogenannten Hauswehren obliegt der Brandschutz und die Erste Hilfe; der Kriegsfeuerwehr, die schon seit einiger Zeit in Aufstellung begriffen ist, um die Einziehung von Angehörigen der Friedensfeuerwehren im Mobilmachungsfall auszugleichen, fällt die Bekämpfung von Großbränden und die Unterstützung der Haus-wehren und Betriebsorganisationen zu; Aufgaben des technischen Dienstes sind Instandsetzungen, Räumungen, Transporte; Hilfeleistung und Transport für Verletzte und Kranke ist Sache der Kriegssanität; Unterbringung, Verpflegung und Betreuung der Obdachlosen ist Aufgabe der Obdachlosenhilfe. Analog zu dieser Gliederung fallen den Betriebsorganisationen zu: Alarm, Beobachtung, Verbindung, Feuerwehr, technischer Dienst und Sanität. Der Chef der örtlichen Organisation wird von der Gemeinde als ihr Beauftragter ernannt; er soll möglichst der Gemeinde-behörde angehören. Der „Ortschef" bereitet die örtliche Organisation vor; er „koordiniert und leitet den Einsatz aller zum Schutze und zur Betreuung der Bevölkerung ihm zur Verfügung stehenden zivilen und militärischen (!) Mittel“. Der Chef der betrieblichen Organisation muß zugleich als Beauftragter des Betriebes im Betriebe an leitender Stelle tätig sein. Die Dienstpflicht für alle Organisationen reicht „ohne Unterschied des Geschlechtes und der Staatsangehörigkeit und unbeachtet des Wohnsitzes" vom 15. bis 65. Lebensjahr mit den üblichen Ausnahmen, wie z. B. für Militärangehörige und Inhaber wichtiger öffentlicher Ämter.

Als einmalige Gesamtausgabe für den Aufbau der Schutzorganisationen sind 120 Millionen sfrs. errechnet; die jährlich wiederkehrenden Ausgaben werden auf 12 Millionen sfrs. veranschlagt. Soweit der Bund auf Grund der Verordnung Maßnahmenm mit finanziellen Folgen für Kantone und Gemeinden vorschreibt, vergütet er die Hälfte der Kosten. Die Betiebe haben keinen Erstattungsanspruch. Die Ausbildungskosten haben Kantone, Gemeinden und Betriebe voll zu tragen.

Während eine vorsorgliche Evakuierung der Bevölkerung nach bisheriger amtlicher Schweizer Auffassung nicht in Frage kommt, so sind doch für mögliche vorübergehende Verschiebungen in einzelnen Landesteilen vom Betreuungsdienst der Armee in der gesamten Schweiz 268 Lager geplant, die, als einfache Kantonnemente aufgemacht, ungefähr 100 000 Personen aufnehmen könnten, — Gefangene, Internierte, aber auch Flüchtlinge. Seit Sommer 1953 ist jedoch eine öffentliche Diskussion über die Notwendigkeit einer, auch vorsorglichen Evakuierung der besonders gefährdeten Zivilbevölkerung in weniger gefährdete Gebiete in Gang gekommen.

Wegen der Abhängigkeit der Schweiz von fremden Zufahrtslinien ist der wirtschaftlichen Vorsorge in organisatorischer und materieller Hinsicht in den letzten Jahren ebenfalls stärkste Aufmerksamkeit gewidmet worden. Der Schweizer Bundesrat ist unter anderem gesetzlich ermächtigt, von Fall zu Fall die Genehmigung der Einfuhr bestimmter lebenswichtiger Waren von dem Abschluß eines „Pflichtvertrages“ zwischen Importeur und Staat abhängig zu machen. In diesen Verträgen verpflichtet sich der Importeur, ein über seinen Normalbedarf hinausgehendes Lager zu unterhalten. Von dieser Ermächtigung ist besonders für Waren des Massen-verbrauchs, wie z. B. Nahrungsmittel und gewissen Pharmazeutika, Gebrauch gemacht worden. Die Vorräte an Nahrungsmitteln, die z. B. im Herbst 1953 beim Handel gelagert haben, decken einschließlich der Bundesvorräte einen Normalbedarf von elf Monaten. Außerdem wird allen Betrieben und Haushaltungen von Zeit zu Zeit. empfohlen, freiwillig angemessene Lebensmittelvorräte anzulegen und zu erhalten, weil in Notzeiten der Verkauf aller wesentlichen Grund-nahrungsmittel zur Vorbereitung einer Rationierung voraussichtlich für zwei Monate gesperrt werden müßte. Der Lebensmittelhandel bringt ein „Notvorratspaket" als eiserne Ration für eine Person auf zwei Monate mit 2 kg Zucker, 2kg Reis und Liter Speiseöl oder 1 kg Speisefett für 8— 9 sfrs. (7, 65 bis 8, 65 DM) zum Verkauf, dessen weitere Ergänzung empfohlen wurde.

Der Schweizer Bundesrat — d. h. die Regierung — hat im Voranschlag 1953 für den Luftschutz 4 875 050, — sfrs. angefordert; daneben fallen für diese Zwecke aber noch Mittel aus dem außerordentlichen Rüstungsprogramm an.

Irland

Aus einer Erklärung des Verteidigungsministers von Irland vom 10. Juni 1952 geht hervor, daß dort das Personal der Zivilverteidigung für umfassende Aufgaben ausgebildet wird. Das Programm enthält neben den verschiedensten Sparten des Luftschutzes alle in Frage kommenden Aufgaben, wie z. B. Evakuierung bzw. LImquartierung der bedrohten bzw. obdachlosen Bevölkerung und Einrichtung von Notdiensten für lebenswichtige Betriebe. Mit der Beschaffung der notwendigen Ausrüstung ist 1952 angefangen worden.

Schweden

Unter allen europäischen Ländern hat ein Land die größten Anstrengungen zur systematischen, folgerichtigen Vorbereitung und Durchführung eines zivilen Bevölkerungsschutzes bereits auf sich genommen, das den Krieg seit 140 Jahren nicht mehr kennt und eine nur auf Frieden gerichtete Neutralitätspolitik verfolgt: Schweden.

Über die erheblichen finanziellen Aufwendungen, die Schweden für seine zivile Verteidigung gemacht hat, unterrichtet nachfolgende Zusammenstellung: 1)

Damit standen in diesem Lande von nur 7 Millionen Einwohnern bereits in den vier Haushaltsjahren von 1949 bis 195 3 Mittel von insgesamt 131 Millionen skr. = rd. 106 Millionen DM für die zivile Verteidigung zur Verfügung. Für das Haushaltsjahr 1953/54 waren insgesamt 42 Millionen skr. veranschlagt; zu diesen traten noch rd. 24 Millionen skr. Überhang aus Vorjahrsmitteln. Für das Finanzjahr 1954/55 sind 41 Millionen skr. bewilligt worden.

Die staatlichen Anstrengungen konzentrieren sich vornehmlich auf den Schutz der Bevölkerung gegen die Auswirkungen eines Luftkrieges; sie sind um so bemerkenswerter, als ein erheblicher Teil der Lasten der Zivilverteidigung außerdem im Selbstschutz von den Hauseigentümern und im Werkluftschutz von den Betriebsinhabern getragen wird. So haben z. B. die Betriebe für die Kosten der Ausbildung des Werkluftschutzpersonals und für das erforderliche Material selbst aufzukommen. Die hierfür benötigten Mittel können lediglich als kurzfristige Darlehen zinsfrei zur Verfügung gestellt werden. Auch die Gemeinden erhalten für den Bau öffentlicher Schutzräume, zu dem sie gesetzlich verpflichtet sind, nur staatliche Beihilfen.

Ein dem schwedischen Innenminister unmittelbar unterstelltes „Kgl. Zivilverteidigungsamt“ unter einem Generaldirektor richtet seine Wei-eingerichtet sind, mit einem Zivilverteidigungsdirektor an der Spitze, der in der Regel zugleich Polizeichef der entsprechenden Provinz ist. Jede Provinz ist in eine Anzahl Zivilverteidigungs-Bezirke aufgeteilt, an deren Spitze ein Zivilverteidigungs-Kommandeur steht, — grundsätzlich wieder der Polizeichef. Eine Anzahl Zivilverteidigungs-Bezirke ist im allgemeinen in Gruppen unter einem Gruppen-Kommandeur zusammengefaßt. Zivilverteidigungs-Bezirke sind in Kreise unterteilt; auch bei den Kreisbehörden sind Einsatzleiter mit Hilfskräften bestellt, denen die örtlich zuständige Zivilverteidigung untersteht. In einzelnen Gemeinden bestehen staatliche Ämter für die Zivilverteidigung; dem Stockholmer Amt — 800 000 Einwohner — gehörten Mitte 1953 60 Kräfte an. Die Aufgaben gliedern sich in die allgemeine und die besondere Zivilverteidigung. Erstere umfaßt die 8 Dienstzweige der Hilfsdienste, letztere den Selbstschutz und den Werkluftschutz.

Die staatlichen Hilfsdienste der allgemeinen Zivilverteidigung setzen sich aus dem Personal der staatlichen und kommunalen Sicherheitseinrichtungen, aus Ergänzungskräften und aus besonders verpflichteten Selbstschutzkräften zusammen. Sie sind gegliedert in den Ordnungs-und Bewachungsdienst, Beobachtungs-und Nachrichtendienst, Feuerschutzdienst, Technischen-, Gasschutz-und Sanitätsdienst, den Evakuierungsund sozialen Betreuungsdienst und den Verlagerungs-und Zerstörungsdienst in Stärke von zusammen über 350 000 Personen. Die Einheiten werden örtlich aufgestellt.

Für den auf gesetzlicher Verpflichtung beruhenden Dienst in der Organisation des Werkluftschutzes und des Selbstschutzes waren schon 7952 die vorgesehenen 900 000 Personen im Alter von 16— 65 Jahren registriert, die für den Wehrdienst nicht in Frage kommen oder, wie das Personal des Bewachungs-und des Feuerschutzdienstes, von ihm befreit sind. 40% des leitenden und 30% des übrigen Personals waren bis 1953 ausgebildet. Bis Mitte 195 3 waren etwa 205 000 Block-und Luftschutzwarte und 550 000 Selbstschutzkräfte in Erster Hilfe und im Brandschutz ausgebildet. Um diese Zeit gehörten dem Werkluftschutz 300 000 Personen an, von denen 60 000 bereits von 200 Instrukteuren geschult waren. Für die gesamte sonstige Zivilverteidigung standen Mitte 1953 weitere 4 400 ausgebildete Instrukteure zur Verfügung, während 7 000 als erforderlich gelten. Zu Instrukteurkursen werden nur Freiwillige einberufen; die Tätigkeit ist nebenberuflich (Erwägungen über die Anstellung hauptamtlicher Lehrkräfte schweben). Auch ihrer Ausbildung dient die im April 1952 eingerichtete Zivilverteidigungshochschule, die sich u. a. auch mit grundlegenden Fragen des Transportwesens, der Gesundheitsund Krankenpflege, der Sozialarbeit und der Volksversorgung befaßt.

In sämtlichen Schulen des Landes wird laut Anordnung der Regierung Unterricht in Brandschutz und Erster Hilfe erteilt. Vorgesehen sind zunächst 10 Stunden pro Klassenjahr. Schülern und Schülerinnen sollen die Grundbegriffe in Feuerlöschen, in den vorbeugenden Maßnahmen zur Verhütung von Bränden und in der Behandlung von Verwundeten vermittelt werden.

Der Vorbereitung des Selbstschutzes widmet sich in Schweden ein „Reichsluftschutzverband“ mit den Aufgaben:

1. Aufklärung der Bevölkerung durch Presse, Zeitschriften und Film (so wurde an alle Haushaltungen kostenlos eine Broschüre „Wenn der Krieg kommt“ verteilt, die die Bevölkerung offen darüber aufklärt, wie einer feindlichen Invasion begegnet werden soll);

2. Ausbildung der nicht registrierten Bevölkerung auf freiwilliger Grundlage, während die registrierte zwangsweise ausgebildet wird; 3. Hilfe bei Planung und Ausbildung des Industrieluftschutzes.

Für 50 v. H.der Bevölkerung wurden bisher 3, 5 Millionen modernisierte Gasmasken zu je 10 skr. = 8, — DM und für die Hilfsdienste leistungsfähigere Masken mit AusatemVentilen zu je 60 skr. = 48, — DM unentgeltlich abgegeben.

Für die gesamte Bevölkerung ist die Einrichtung eines Erkennungsdienstes in Vorbereitung; geplant sind Erkennungsmarken mit einer Bevölkerungsnummer und Fingerabdrücken.

Ein Evakuierungsplan für 3 Millionen Menschen wurde Anfang 1953 fertiggestellt. Aus 100 Städten sollen in erster Linie Kinder bis zu 14 Jahren mit ihren Müttern, alte Personen, Invaliden und Pflegepersonal in einem Kriegsfälle evakuiert werden. Es ist beabsichtigt, in einem solchen Falle grundsätzlich 30 v. H.der Bevölkerung zu evakuieren; für eine Reihe von Orten in Grenznahe oder mit kriegswichtiger Industrie ist jedoch Totalevakuierung vorbereitet.

Nach amtlicher schwedischer Veröffentlichung sind im letzten Kriege private Schutzräume für rd. 1, 8 Millionen Personen errichtet worden, die aber jetzt zum größten Teil als veraltet anzusehen sind. Außerdem sind — der gleichen Quelle zufolge — im Weltkrieg II für rd. 200 000 Personen öffentliche Luftschutzräume gebaut worden; auch Befehlsstellen-Schutzräume wurden damals bereits in den größeren Städten errichtet. Von der Absicht ausgehend, der verbleibenden Zivilbevölkerung den denkbar besten Schutz zu bieten, sind in Schweden seit 1945 inzwischen für eine Million Personen sogenannte Standardschutzräume in Neubauten und ferner öffentliche Schutzräume für 200 000 Personen erstellt worden. Es ist vorgesehen, weitere Schutzräume (Bunker) für eine Million Menschen zu bauen. Für bauliche Maßnahmen sind die geographischen und geologischen Verhältnisse in Schweden besonders günstig; sie erlauben den Bau volltreffersicherer Stollen in Felsen und Berge hinein. Altstadtkerne, in denen die Gefahr von Feuerstürmen besteht, sollen aber geräumt, Schutzräume dort nicht errichtet werden. Im übrigen müsse laut gesetzlicher Verpflichtung bei Neubauten oder Umbauten in Häusern, Schulen, Krankenhäusern und Industriebetrieben nahtreffersichere Luftschutzräume gebaut werden. Hauseigentümer können die Kosten auf die Mieter abwälzen. Der Umfang des privaten Schutzraumbaues dürfte seit 1945 bis Mitte 1953 nach amtlicher schwedischer Schätzung durchschnittlich jährlichen Kosten von etwa 14 Millionen skr. entsprochen haben.

Mit der Errichtung von Atombombenschutzräumen ist begonnen worden. Die 1953 eröffnete Stockholmer Untergrundbahn bietet eine ganze Reihe atombombensicherer Bunker. In Stockholm sind außerdem Bauarbeiten für einen atombombensicheren Großbunker für über 20 000 Personen im Gange, der dreistöckig unter einer 50 Meter dicken Grant-Schicht liegt. Neun Eingänge in den verschiedenen Stadtteilen führen in das Innere des Bunkers. Die Kosten sind auf 13 Millionen skr., d. h. rund 10 Millionen DM veranschlagt, die durch Vermietung als Großgarage und Parkplatz in 10 Friedensjahren amortisiert sein werden. Drei weitere atombombensichere Schutzräume für 40 000 Personen sind in Stockholm in Aussicht genommen; insgesamt sind in den großen Städten des Landes 150 Felsenschutzräume für 800 000 Menschen geplant, wobei mit einer Bodenfläche von 0, 4 m 2 pro Person gerechnet wird. In Stockholm ist u. a. ein Hospital unter der Erde mit 200 Betten im Bau. Schutzräume für die Zentrale der Zivilverteidigung und für die Provinzregierungen sind teils bereits fertig, teils noch im Bau. Sogar mehrere Privatunternehmer bauen — völlig auf eigene Kosten — Atomschutzräume oder Atombunker für ihr Personal. Die Schutzräume für das Personal und die Einheiten der allgemeinen Zivilverteidigung werden von den Gemeinden erstellt. Sie haben dabei Anspruch auf staatliche Unterstützung, die in der Regel zwei Drittel der Kosten beträgt. Die Befehlsstellen werden im Stadtgebiet volltreffersicher oder am Stadtrand nahtreffersicher ausgebaut. Die Luftschutzanlagen werden in Friedenszeiten, soweit sie nicht industriell ausgenutzt sind, als Garagen, Hotels, Kinos, Sporthallen usw. benutzt.

Dank der Entwicklung einer vorbildlichen Sprengtechnik konnten im Stollenbau die Baukosten bedeutend gesenkt werden, so daß nicht nur Luftschutzbunker, sondern ganze Fabriken unter Felsen angelegt wurden und laufend weitergelegt werden, wobei zugleich zwei Ziele erreicht werden: Schutz der Industrie und Sicherung der Belegschaft, und zwar nach Sachverständigen-Ansicht auch gegen A-und H-Bombenangriffe.

Der gesamte öffentliche Schutzraumausbau wird nach einem festen Plan nach jährlichen Programmzahlen durchgeführt. Die in dem Luftschutzsystem des Landes bestehenden Lücken sollten nach einer Erklärung der schwedischen Regierung vom Mai 1952 in den folgenden zwei Jahren geschlossen werden. Der Leiter der USA-Zivilverteidigungsbehörde gab nach einem Besuch von Schweden im Sommer 1953 das Urteil ab, dieses Land nähere sich rasch dem Punkt, „wo es das gegen einen Atomangriff bestgerüstete Land sein wird".

Die schwedische Zivilverteidigung geht in ihrer Aufgabenstellung und in ihrem Aufbau davon aus, daß ein künftiger Krieg mehr noch als der letzte als „totaler Krieg" die Zivilbevölkerung, ihre Wohn-und Produktionsstätten genau so wie die kämpfende Truppe bedrohen würde. Aufgabe der Zivilverteidigung ist danach, „die Bevölkerung und ihr Eigentum gegen feindliche Luftangriffe, Spionage und Sabotage zu schützen". Der Ordnungs-und Bewachungsdienst hat deshalb auch die Aufgabe der Abwehr von Spionage und Sabotage; eine besondere Bewachungs-Polizei für bestimmte wichtige Objekte ist militärisch bewaffnet. Ein besonderer Zerstörungsdienst soll einem etwa in das Land eingedrungenen Feind die Nutzung kriegswichtiger Hilfsquellen unmöglich machen. Eine „wirksame totale Verteidigung" macht nach schwedischer Auffassung enge Zusammenarbeit zwischen Ziviler Verteidigung und Wehrmacht erforderlich. Gegenseitige Unterstützung ist möglich. Mit Ausruf der Zivilverteidigungsorganisation im Kriegsfall hat die Wehrmacht Weisungsmöglichkeiten an sie: Offiziere vom Bataillons-Kommandeur aufwärts können — ohne direkte Befehlsgewalt — Weisungen an eine Zivilverteidigungsbehörde hinsichtlich des Ablaufs von Zivilverteidigungsmaßnahmen geben. Als typische Bespiele von Zivilverteidigungsaufgaben, deren Ausführung von militärischen Operationen abhängt, und die deshalb mit den militärischen Absichten abzustimmen sind, werden die Evakuierung von Zivilbevölkerung, Aufräumungs- und Zerstörungsaufträge bezeichnet.

Die Anteilnahme des schwedischen Volkes an Aufgaben der zivilen Verteidigung beweist ihr Andrang zur Ausbildung. Schon im September 1951 konnte ein „Tag der Zivilverteidigung Schwedens“ abgehalten werden; auch auf dem „Tag der freiwilligen Verteidigung" in Stockholm im Mai 1952 wurden zum Teil Aufgaben des echten zivilen Bevölkerungsschutzes vorgeführt. Übungen der Zivilverteidigung sind ebenso selbstverständlich wie Manöver der Wehrmacht; sie sind aber auf insgesamt 60 Stunden jährlich beschränkt.

Dänemark

Unter Berücksichtigung der Erfahrungen aus dem Zweiten Weltkrieg hat Dänemark — 4, 1 Millionen Einwohner — 1949/50 ein Gesetz über die Errichtung und Organisation der zivilen Verteidigung sowie ein Gesetz über bauliche Zivilverteidigungsmaßnahmen einschließlich Schutzraumbau erlassen. Alle Personen vom 16. bis zum 65. Lebensjahr können, soweit sie nicht der Wehrpflicht unterliegen, zum Dienst in der zivilen Verteidigung aufgerufen werden. Aufgabe einer dem Innenministerium unterstehenden, Ende 1949 reorganisierten „Zivilverteidigungsdirektion“ ist es, die Bevölkerung gegen Katastrophen jeder Art und nicht nur gegen Kriegseinwirkungen, wie z. B. durch Luftangriffe, zu schützen. Der Sanitätsdienst und die Angelegenheiten des biologischen Schutzes unterstehen jedoch dem Landesgesundheitsamt. Alle staatlichen Schutzmaßnahmen sind humanitärer und nicht militärischer Natur. Das Land ist in 7 Zivilverteidigungsregionen eingeteilt, für die jeweils ein unterirdischer, mit allen Erfordernissen eingerichteter Befehlsstand fertigsteht.

Die Hauptkraft des Zivilschutzes in Dänemark ist ein staatliches, permanentes, unbewaffnetes, uniformiertes Zivilschutzkorps. Es werden zur Zeit jährlich rund 1 200 junge Männer von 20— 30 Jahren, die für den Wehrdienst ungeeignet erscheinen, laufend für ein Jahr zu dieser weitgehend mobilen Zivilschutztruppe einberufen und in 12 eigenen über das ganze Land verteilten Kasernen nach einer allgemeinen Grundausbildung im Feuerlösch-, Rettungs-und Aufräumungs-, Sanitäts-und Nachrichtendienst ausgebildet. Die Truppe hatte um die Jahreswende 1953/54 eine Aktivstärke von rund 2000 Mann; die Mobilisierungsstärke betrug rund 8 000 Mann. Aber schon Anfang 1953 verfügte man über Material für rund 9 000 Mann. Das Zivilschutzkorps bestand Ende 195 3 aus 3 Brigaden zu 3 Kolonnen zu 3 Sektionen. Jede der 27 Sektionen ist eine taktische Einheit, die sich aus einer Erkundungs-, Absperrungs-, Feuerlösch-, Räumungs-und Sanitäts-Abteilung zusammensetzt. Jede Sektion verfügt über modernste Ausrüstung, wie Feuerlöschfahrzeuge, Kräne, Schlepper, Brückenbaufahrzeuge, Funkwagen, Sankas, Kraftstromerzeugung u. a. mehr. Im Lauf der Zeit soll das Zivilschutzkorps auf 8 Brigaden mit 17— 18 000 Mann gebracht werden. Sinn dieser in ihren Anfängen bereits auf das Jahr 1941 zurückgehenden Truppe ist es, als starke Reserve zur Entlastung örtlicher Kräfte für die Bekämpfung ausgedehnter Schäden eingesetzt zu werden, und zwar auch im Frieden bei Großbränden und anderen Katastrophen. Für die Ausbildung höherer Führer ist eine Zivilverteidigungs-Akademie eingerichtet.

Unabhängig von dieser stehenden Truppe arbeitet der örtliche Zivilschutz. In Kopenhagen und in 96 anderen Zivilverteidigungskreisen sind örtliche Hilfsdienste organisiert, die sich auf gemeindliche bestehende Einrichtungen stützen. Ein Teil dieser Einrichtungen wird erheblich ausgebaut. So ist man dabei, die Leistungsfähigkeit der Gemeindefeuerwehren zu verdoppeln. Für die Anlegung von Löschwasserreserven wurden Maßnahmen vorbereitet. Auf Staatskosten wurden 150 zusätzliche Löschzüge angekauft und auf die größeren Städte des Landes verteilt. Das Personal der örtlichen Hilfsdienste bestand 1953 aus 23 000 Freiwilligen, zu denen 12 000 Gemeindebedienstete (Feuerwehr, Technische Dienste, Rettungsdienste, Krankenhausdienste, Wohlfahrtsdienste usw.) traten. Die Freiwilligen im örtlichen Hilfsdienst werden auf Staatskosten ausgerüstet. Anfang 1953 stand Ausrüstungsmaterial für 30 000 Personen zur Verfügung. Das gesamte Personal wird in seiner Freizeit auf den verschiedensten Gebieten des Zivilschutzes, meist von Angehörigen des Zivilschutzkorps, ausgebildet.

Neben diese beiden Organisationen tritt als dritte der Selbstschutz, d. h.der eigene Einsatz der Bevölkerung. Verschiedene Häuser, ein oder mehrere Wohnblöcke werden zu einer Luftschutzgemeinschaft unter der Leitung eines Blockluftschutzleiters zusammengefaßt, dem je nach Größe des Blockes 10— 20 Blockwachen unterstehen. Seit Mitte 1953 werden die Blockleiter ausgebildet; anschließend sollen die Blockwachen hauptsächlich im Brandschutz geschult werden. Der Staat stellt den einzelnen Betrieben, Villen, Häuserblöcken und abgelegenen kleinen Dörfern Ausrüstungsgegenstände, Sanitäts-und Löschmaterial zu einem Teil zur Verfügung. Der größte Teil muß jedoch von den Hauseigentümern und Mietern selbst angeschafft werden.

Während das staatliche Zivilschutzkorps bereits eine festgefügte Organisation ist, befinden sich der Selbstschutz und zu einem Teil auch der örtliche Zivilschutz noch im Ausbau.

Da auch Dänemark einen gut ausgebauten Nachrichtendienst als unabdingbare Voraussetzung für schnelle Warnung der Bevölkerung und sofortigen Einsatz der Zivilschutzkräfte betrachtet, hat es drei unterirdische Meldezentralen eingerichtet, die im Herbst 1953 kurz vor der Fertigstellung standen. Außerdem wird im Lauf des Jahres 1954 ein das ganze Land verbindendes Radio-Warnnetz in Betrieb genommen werden. In allen Städten und Dörfern sind bereits — insgesamt 700 — elektrische Warnsirenen aufgestellt; bei Stromausfall stehen 170 Hand-und 275 Motor-Sirenen zur Verfügung. Das Radarnetz ist vollautomatisch derart ausgebaut worden, daß eine Warnung nur 30 Sekunden benötigt. Das Warnsystem ist zentralisiert; ein ergänzendes dezentralisiertes System ist im Aufbau.

Die Pläne zur Evakuierung der Zivilbevölkerung aus bedrohten oder verwüsteten Bezirken sind bereits aufgestellt oder sind in weit fortgeschrittener Bearbeitung.

Seit dem 1. 7. 1950 müssen alle Neubauten in Städten (mit Ausnahme von Ein-und Zweifamilienhäusern und gewerblichen Bauten für weniger als 10 Beschäftigte) nahtreffersichere Schutzräume vorsehen. Die Kosten sind vom Eigentümer zu tragen. Infolge der starken Bautätigkeit in den letzten drei Jahren sind vor allem in den Randzonen der Städte zahlreiche derartige Schutzräume entstanden. Der Innenminister hat außerdem aber auch die gesetzliche Vollmacht, bei Neubauten die Errichtung von öffentlichen Schutzräumen, Befehlsstellen usw. anzuordnen sowie besondere bauliche und technische Maßnahmen vorzuschreiben. Außerdem müssen nach einem Grundplan vom Staat öffentliche Schutzräume füi 25% der Stadtbevölkerung errichtet werden, die größeren Schutz bieten. Solche Schutzräume werden für 500 000 Personen benötigt. Der größte Teil wird als Schutzraum für 50 Personen mit 25 bis 40 cm Wand-stärke errichtet; doch bestehen auch andere Typen. Größere Anlagen in Städten wurden so eingerichtet, daß sie im Frieden als Lagerräume oder unterirdische Parkplätze verwendet werden können. 1953 gab es bereits öffentliche Schutzräume für 250 000 Personen, von denen der größte Teil nach 1945 gebaut worden ist. Seit 1951 sind rund 12 Millionen dkr. für die Herstellung und Einrichtung von öffentlichen Luftschutzräumen vom Staat ausgegeben worden (rund 7, 4 Millionen DM). 1952 ist auch ein Bunker mit 2 000 m 3 Rauminhalt für die Unterbringung von besonders wertvollen Kunstschätzen und Archivgut errichtet worden.

Ein Zivilverteidigungsverband hat bald nach 1945 die Aufgabe übernommen, als Freiwilligen-Organisation mit staatlicher Unterstützung die Bevölkerung aufzuklären, freiwillige Helfer für die örtliche Zivilverteidigung anzuwerben und auszubilden und außerdem auch Leiter für den Selbstschutz auszubilden. Bis Anfang 1953 sind von ihm bereits 800 Lehrkräfte ausgebildet worden.

Der Staat trägt sämtliche Kosten für das Zivilverteidigungskorps, für öffentliche Schutzräume, Sanitätsdienste, Warn-und Nachrichtendienste sowie einen Teil'der Ausgaben für die örtlichen Hilfsdienste. Die Kosten für den zivilen Bevölkerungsschutz im Haushaltsjahr 1952 waren auf rund 122 Millionen dkr. (rund 74 Millionen DM) veranschlagt. Davon entfielen 50, 6 Millionen dkr. auf Schutzräume, 21, 6 Millionen dkr. auf Krankenhausbevorratung und Material für Sanitätskolonnen, der Rest von rund 10 Millionen dkr. auf Betriebskosten für die Zentralleitung der Organisation in Groß-Kopenhagen, Zivilverteidigungskolonnen usw. Die dänische Zivilverteidigungsdirektion hat im Sommer 1953 Entwürfe für den Bau von Schutzräumen mit einem Kostenaufwand von 100 Millioner dkr. eingereicht, die auf fünf Jahre zu verteilen sind; der dänische Reichstag hat darauf einer Vorauszahlung von 20 Millionen dkr. zugestimmt. Nach amtlichen dänischen Angaben betrugen die Regierungsausgaben für die zivile Verteidigung von 1950— 1953 11% der gesamten militärischen Verteidigungsausgaben für diese Zeit. Weitere erhebliche Ausgaben wurden von den Gemeinden und den einzelnen Bürgern getragen.

Norwegen

Auf Grund der Erfahrungen des Zweiten Weltkrieges hat Norwegen im Herbst 1945 einen Sachverständigenausschuß gebildet, der bereits im Jahre 1946 folgende Vorschläge über die Organisation eines zivilen Bevölkerungsschutzes und der anzuwendenden Methoden unterbreitet hat, die inzwischen in voller Durchführung begriffen sind: Vorbereitung zur Evakuierung von rund 40 v. H.der Bevölkerung der großen Städte, d. h. von insgesamt 420 000 Personen bei einer Gesamteinwohnerzahl von 3, 1 Millionen, Bau von Zufluchtsräumen für die in den Städten verbleibende Bevölkerung, Schaffung eines Warndienstes, Vorbereitung eines Hilfsdienstes im Falle von Angriffen auf Nachbarstädte, Schaffung von zivilen Luftschutzeinheiten für Katastrophenfälle, Gasschutzdienst, Abwehr biologischer Waffen, Überwachung des Trinkwassersystems und Warndienst gegen radioaktiven Staub.

Der mit dem Budgetvorschlag für 1947/48 vorgelegte Plan über den Aufbau des Zivilschutzes, der sich auf obige Vorschläge stützte, wurde vom Storting bereits im Juli 1947 gebilligt. Der Chef des norwegischen Zivilverteidigungskorps untersteht danach dem Innenministerium und damit der höchsten Polizeigewalt. Auf diese Verbindung wurde wegen der damit eröffneten Möglichkeit, die gesamte Polizei zu Zivilverteidigungszwecken heranzuziehen, Wert gelegt. Das, von wenigen größeren Städten abgesehen, nur dünn besiedelte Land ist in vier Zivilverteidigungsbereiche eingeteilt, jeder unter der Leitung eines Distriktchefs, dem wieder die einzelnen Polizeikreise unterstellt sind, in denen die Polizeimeister mit der Führung der Zivilverteidigung beauftragt sind. Ihnen unterstehen die den eigentlichen Kern bildenden, in Kursen ausgebildeten örtlichen Zivilverteidigungskommandos, die in allen Orten mit über 1 000 Einwohnern eingerichtet sind. 60 000 Mann waren im Frühjahr 1953 bereits jederzeit einsatzbereit.

Unabhängig von dieser Organisation arbeiten die Bereitschaftskommandos, von denen es 14 in Norwegen gibt. Jedes dieser aus 600 Mann bestehenden Kommandos hat oder wird eine eigene Kaserne erhalten, in der der Wagenpark, Löschgeräte, Sanitätsmaterial und Lebensmittelvorräte untergebracht sind. Allerdings setzt sich das Kommando nur aus Personal zusammen, das das wehrdienstpflichtige Alter überschritten hat und deshalb nur noch zu Zivilverteidigungszwecken einberufen werden kann. Nach einer 6 — 8wöchigen Ausbildung wird es jeden Sommer zu einem 10-tägigen Ergänzungslehrgang eingezogen. Die Kommandos werden erst im Kriegsfall zu voller Einsatzbereitschaft einberufen. Außer den genannten Organisationen wurde eine besondere Industrie-wehr ins Leben gerufen.

Nach einem Gesetz vom 17. Juli 1953 alle die können Zivilpersonen, nicht wehrpflichtig sind, im Kriegsfall und im Frieden zur Dienstpflicht im Zivilschutz herangezogen werden. Die Zivildienstpflicht gilt im übrigen für Männer und Frauen zwischen 18 — 65 Jahren. Dem gesamten Zivilverteidigungspersonal werden bereits nach der ersten Grundausbildung Uniformen mit sämtlichem Zubehör (Gasmaske, Gummistiefel usw.) ausgehändigt.

Den kommunalen Organisationen der Feuerwehr, des Straßenbau-, Wasser-und Kanalisationswesens und den Hafenbehörden wurde durch eine Anordnung des Polizeiministers vom 26. September 1953 die Verpflichtung auferlegt, Material für die Zivilverteidigung zur Verfügung zu stellen.

Der Bau von Luftschutzräumen konnte in vielen Fällen dank der auch hier besonders günstigen geologischen Verhältnisse in idealer Weise gelöst werden, da nur Tunnels in die massiven Gebirgsmassen gesprengt werden brauchten. Während es in anderen größeren Städten des Landes allerdings noch an geeigneten öffentlichen Luftschutzräumen fehlt, ist in Oslo ein umfassendes Bauprogramm in Gang gekommen, seit der Chef der zivilen Verteidigung der norwegischen Hauptstadt dieser Gemeinde die Pflicht auferlegt hat, Schutzräume für 20 v. H. der Bevölkerung des Stadtkerns zu bauen, in dem rund 300 000 Menschen wohnen. Die Pläne und begonnenen Bauten nach dem Stand vom Sommer 1953 umfassen bereits drei Viertel dieses Volumens, können also 45 000 Menschen aufnehmen. In dem felsigen Untergrund Oslos sollen 8 Luftschutzräume für 22 000 Menschen gebaut werden; für den Rest sind große Beton-bauten mit Wandstärken von 40 cm vorgesehen. Für eine Person wird eine — nach deutscher Praxis im Weltkrieg II sehr reichliche — Bodenfläche von 1 qm gerechnet, was im Notfall eine mehrfache Belegung ermöglicht. Vier der genannten 8 Großanlagen im Urgestein näherten sich im Herbst 1953 dem Abschluß; sie fassen je 1 000. 4 000, 4 500 und 2 700 Personen. Diese Großanlagen werden nach ihrer Fertigstellung zum Teil als Garagen verwandt. Auch sind einige Verbindungen zur Untergrundbahn der norwegischen Hauptstadt vorgesehen, die im Kriegsfall ebenso als Luftschutzraum dienen. Die Gemeinde Oslo erhält zur Errichtung dieser Luftschutzbauten einen Staatsbeitrag, der für Anlagen im Urgestein 200 nkr. pro Person beträgt.

Norwegen ist nach einem maßgeblichen ausländischen Urteil aus dem Spätsommer 1953 auf dem besten Wege, es den Schweden in Bezug auf die Bereitschaft einer zivilen Verteidigung gleichzutun.

Niederlande

In den Niederlanden sind im Sommer 1952 die notwendigen gesetzlichen Grundlagen für den Aufbau eines zivilen Bevölkerungsschutzes geschaffen worden.

Ein „Gesetz zum Schütz der Bevölkerung" legt alle nicht-militärischen Maßnahmen zum Schutz der 9, 7 Millionen Einwohner und ihres Besitzes sowie des Besitzes öffentlicher Körperschaften vor den unmittelbaren Folgen von Kriegseinwirkungen fest. Alle Gemeinden sind je nach ihrer Gefährdung in zwei Gruppen aufgeteilt. A-Gebiete umfassen anfällige Objekte und große Bevölkerungszentren; zu den flächenmäßig weit überwiegenden B-Gebieten gehören die übrigen Städte und ländlichen Gemeinden. In jeder Gemeinde ist der Bürgermeister für den Schutz der Bevölkerung verantwortlich. Er ist von den Anweisungen des Innenministers und seiner Organe abhängig. Der Schutz soll derartig organisiert werden, daß die gemeinsame Hilfeleistung einer Panik in solchen Fällen vorbeugen kann, in denen sich lokale Organisationen als unzulänglich erweisen.

Ein „Gesetz zur Bevölkerungsverlegung" enthält eingehende Bestimmungen über die gänzliche oder teilweise Räumung eines Gebietes und die sich daraus ergebenden Maßnahmen, wie Abtransport, Unterbringung und Versorgung der Bevölkerung sowie über die entstandenen Kasten.

Ein „Gesetz über Notdienste soll eine Wahrnehmung der Interessen der Bevölkerung im Sinne des Gesetzes im Bevölkerungsschutz ermgliehen. Die zur Zeit im Aufbau befindliche Bevölkerungsschutz-Organisation („B. B." — Beschirming Bevolking) hat zum Ziel, im Kriegsfall soviel wie möglich nichtmilitärische Mittel zur Verfügung zu haben, um den Folgen feindlicher Angriffe soviel wie möglich Grenzen zu setzen. Sie soll dafür sorgen, daß das Wirtschaftsleben in Takt bleibt, die Produktion ihren Fortgang nimmt und die Bevölkerung ihre Abwehr-kraft behält. Sie ist zum Teil eine Obrigkeitsorganisation, in die bereits bestehende in Friedenszeiten Dienste, wie Polizei, Feuerwehr und Sanitätsdienst, eingeschaltet sind. Die Ausbildung dieser Dienste ist auf den Kriegsfall ausgerichtet. Außerdem wurden unter Ausnützung bereits bestehender friedensmäßiger Ansätze andere Notdienste, wie der Aufräum-und Rettungsdienst, der Instandsetzungsdienst und der Soziale Betreuungsdienst, aufgestellt. Die Hilfsdienste werden örtlich unter der Verantwortung und dem „Oberbefehl" des Bürgermeisters aufgestellt, der einen B. B. -Leiter beruft; dieser hat namens des Bürgermeisters Befehlsgewalt. Im Ernstfall regelt der B. B. -Leiter den Einsatz der Bevölkerungsschutz-Organisation im Zusammenwirken mit den Leitern der verschiedenen Dienste in Gemeinde und Kreis. Irr den Provinzen leiten Königliche Kommissare den Einsatz. Auf Landesebene wird eine Einsatz-reserve von 12 mobilen Brandabwehr-Kolonnen, 5 mobilen Sanitätsdienst-Kolonnen (zu je 10 Sanitätsgruppen) und 6 mobilen Aufräum-und Rettungsdienst-Kolonnen gebildet.

Da auch nach holländischer Auffassung eine staatliche Hilfsorganisation,'so gut und umfangreich sie sein mag, nicht ausreicht, wird der Selbstschutz der Zivilbevölkerung durch eine Einteilung der Wohngebiete in Blocks und Abschnitte organisiert. Der „Blockschutz“ wird für ca. 200 — 300 Wohnungen mit ca. 200 — 300 Familien oder eintausend Einwohnern durch „Block-Rotten" aus jeweils 20 „Block-Notwächtern“ gebildet, die aus deren Bewohnern zusammengestellt werden. Je ca. 15 Blocks werden in größeren Orten für den „Abschnittsschutz" unter einem Abschnittsleiter mit 19 Hilfskräften zusammengefaßt, dem die Block-Rotten seines Abschnitts im Einsatz unterstehen.

Schließlich wird auch in den Niederlanden ein Betriebs-Selbstschutz aufgebaut. Jedoch ist hierfür keine besondere Organisation gebildet worden; vielmehr sind auf gesetzlicher Ermächtigung vom niederländischen Innenminister Mindestforderungen aufgestellt worden, die bereits in Friedenszeiten zum Schutz von Personen und zur Gefahrenabwehr von allen ihnen unterworfenen Betrieben erfüllt werden müssen. Es handelt sich dabei vergleichsweise etwa um alle jene Betriebe, die bei uns im Erweiterten Selbstschutz zu erfassen sind. Maßnahmen für einen weitergehenden Schutz von Eigentum bzw. Produktionsmitteln sind in Friedenszeiten nicht vorgesehen. Die geforderten, in Einzelheiten genau vorgeschriebenen Maßnahmen umfassen u. a. Aufstellung eines Schutzplanes (in den die Behörden bereits seit 1. 9. 1953 Einsicht verlangen können!), Aufstellung und Ausbildung von Hilfsrotten, Vorbereitung von Schutz-räumen, Aufstellung einer Betriebsbrandwehr und Brandvorbeugungsmaßnahmen, Ausrüstung von Sanitäts-und Rettungstrupps usw. . . Die den Betrieben durch staatliche Anordnungen entstehenden Kosten gehen zu ihren Lasten; Beitragsleistung des Staates bei Unzumutbarkeit ist vorgesehen.

An gewisse Schlüsselbetriebe können unter dem Begriff „Betriebsschutz" von der Regierung besondere Anforderungen im Interesse ihrer Belegschaft, ihrer Einrichtungen und ihrer Vorräte gestellt werden, um die Kriegsproduktion oder das Wirtschaftsleben aufrechtzuerhalten.

Die gesamte staatliche Bevölkerungsschutz-Organisation soll 200 000 Männer und Frauen („Notwächter") umfassen, von denen sich rund 3 8 000 als „Ständige Notwächter" mit Beginn der „Bereitschaft“ des „B. B." im festen kasernierten Verband zum Dienst in den beweglichen Gruppen des staatlichen Hilfsdienstes befinden sollen. Im übrigen handelt es sich um rund 87 000 Blocknotwächter oder Blocknotwächter, die bei einem Abschnitt oder bei der örtlichen Brandwehr eingesetzt sind. Wenn eine Katastrophe es notwendig machen sollte, können außerdem rund 67 000 „Aufruf-Notwächter" zum Dienst bei den örtlichen Behörden aufgerufen werden.

Bis zum 1. Juni 1953 wurden bereits 125 000 Freiwillige eingeschrieben und in Ausbildung genommen; bis Ende 1953 waren es schon 132 000. Es besteht für alle niederländischen Staatsangehörigen vom 16. bis zum 65. Lebensjahr Notdienstpflicht, soweit sie nicht für die Wehrmacht erfaßt oder aus besonderen Gründen freigestellt sind. Falls sich nicht genügend Kräfte hierfür freiwillig melden, ist deshalb Einberufung möglich. Die ersteren größeren Übungen sollen 1954 stattfinden.

Für die Ausrüstung der Bevölkerungsschutz-Organisation wurde nach amtlicher holländischer Angabe bis Mitte 1953 ein Betrag von 61 Millionen Gulden (rund 67, 1 Millionen DM) ausgeworfen. Der größte Teil der Ausrüstung ist bis zu diesem Zeitpunkt bereits geliefert worden. Im Laufe des Jahres 1954 sollen alle Einheiten vollständig ausgerüstet sein. Für den Luftschutzdienst wird auch ein besonderes Telefon-und Radio-netz eingerichtet, das mit 11, 2 Millionen Gulden veranschlagt war. Für die Alarmierung sind 1 OOO Sirenen vorgesehen, deren Kosten einschließlich der sonstigen Einrichtungen 2 Millionen Gulden betragen. Die Feuerwehr wird durch Autospritzen, Motorspritzen, Zugmaschinen, Gerätewagen, Pumpaggregate und Feuerwehrschläuche für fahrbare Kolonnen im Wert von 25, 5 Millionen Gulden verstärkt. Für den Ausbau des Sanitätsdienstes werden 3, 6 Millionen Gulden verausgabt. Hierfür werden Erste-Hilfe-Taschen, Verband-und Heilmittel, Tragbahren und Hospitalbetten angeschafft. Insgesamt sind also bisher rund 100 Millionen Gulden für Zwecke der zivilen Verteidigung ausgegeben worden. Für Aufbau und Ausrüstung des zivilen Luftschutzes hat die niederländische Regierung nach dpa-Meldung von Ende Februar 1954 für das laufende Haushaltsjahr wieder 90 Millionen Gulden (rund 100 Millionen DM) zur Verfügung gestellt.

Unter den von den Niederlanden vorbereiteten praktischen Maßnahmen ist noch erwähnenswert, daß ein zukünftiger Angreifer keine Gemeinde-Einwohnerregister mehr vorfinden wird, da diese unmittelbar nach Ausbruch eines Krieges vernichtet werden. Auf Mikrofilmen werden sogenannte Schattenregister, die ohne Schwierigkeiten außer Landes gebracht werden können, als Unterlage für spätere neue Bevölkerungsregister angelegt.

Im Schutzraumbau bevorzugen die Niederlande wegen der auch für sie geltenden kurzen Warnfristen Schutzräume in den Häusern und Arbeitsstätten gegenüber größeren Luftschutzbunkern. Nur für besonders verkehrsreiche Gegenden sind Sammelschutzräume vorgesehen; über 500 wurden bereits geschaffen. Bei Neubauten von Häusern mit mehr als 2 Stockwerken ist die Einrichtung von Luftschutzräumen vorgeschrieben. Der hohe Grundwasserstand erschwert jedoch allgemein Luftschutzbauten. Erwähnung verdient die Tatsache, daß sich bei der großen Überschwemmungskatastrophe in Holland Anfang 1953 Hubschrauber als das wichtigste Einsatzmittel bewährt haben. Es stand dort allerdings bei Einbruch der Flut nur ein Hubschrauber zur Verfügung; im Verlauf der Rettungsarbeiten wurden jedoch mehr als 30 Hubschrauber eingesetzt, denen Hunderte von Menschen ihr Leben verdanken. Da Flutkatastrophen Holland nicht nur im Frieden, sondern auch in einem Kriegsfall bedrohen, wurde nach den seinerzeit gemachten Erfahrungen die Bereitstellung von Hubschraubern des Roten Kreuzes in Erwägung gezogen.

Belgien

Auch Belgien hat die ersten praktischen Maßnahmen auf dem Gebiet des zivilen Bevölkerungsschutzes eingeleitet und beabsichtigt, diese beschleunigt fortzusetzen. Dem Innenminister ist als beratendes Organ ein Oberster Rat mit sieben Unterkommissionen unterstellt (Feuerschutz, passiver Luftschutz, Hospitalisierung, Schutz von Kunstwerken, Bekämpfung von Brandverletzungen, wissenschaftliche Forschungsarbeiten, Evakuierung und Errichtung von Luftschutzbunkern). Jede der belgischen Universitäten hat den Auftrag eines außergewöhnlichen Studiums von Fragen des zivilen Luftschutzes übernommen. Auf Grund eines Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung in Kriegsfällen von 1937 ist am 18. Juni 1951 ein ziviles, dem Innenminister unterstehendes „Nationalkorps der zivilen Sicherheit“ gebildet worden, das sich vorläufig aus Freiwilligen rekrutiert. Es hat die Aufgabe, die Bevölkerung — insgesamt 8, 5 Millionen Einwohner — und das Volksgut gegen Luftangriffe und Kriegsschäden zu schützen. 14 bewegliche Kolonnen dieses Hilfs-und Rettungskorps lehnen sich an die sonstigen staatlichen und städtischen Organisationen des Landes an. Die Kolonnen setzen sich zusammen aus je einer Rettungsabteilung, Aufräumungsabteilung, Feuerlöschabteilung und einer Abteilung Hilfspolizei. Die Gesamtzahl der örtlich benötigten Kräfte wird im Falle eines Krieges rund 80 000 Mann, die der fliegenden Kolonnen rund 20 000 Mann umfassen.

Das ganze Land ist in 12 Sicherheitszonen eingeteilt, in denen die staatlichen Behörden auf Weisung der Regierung die Instandsetzung des Alarm-und Warndienstes in die Hand genommen haben; sie haben ferner Luftschutzbunker neu gebaut oder wiederhergestellt, die luftgefährdeten Objekte festgestellt und Löschwasservorräte angelegt. In den großen Städten sind Unterkünfte für die Bevölkerung zum Gebrauch bei Luft-angriffen bereitgestellt. Auch ein Bunker für Kunstgegenstände ist gebaut worden. Die Kosten für die Ausrüstung der 14 beweglichen Kolonnen des Zivilschutzkorps, für die Großaufträge in Feuerlöschgeräten abgeschlossen wurden, die Kosten für die Erweiterung des Alarmsirenennetzes und den Ausbau der Alarmzentren sowie die hierfür erforderlichen Personalkosten waren im Budget des Rechnungsjahres 1952 veranschlagt. Der Gesamtluftschutzetat des Innenministeriums belief sich für 1951 auf 324 Millionen bfrs. (27, 2 Millionen DM) und für 1952 auf 500 Millionen bfrs. (42 Millionen DM). 135 Millionen bfrs. wurden davon für den Bau von Luftschutzbunkern verwendet, 32 Millionen bfrs. für die Wiederherstellung bzw. Neueinrichtung des Alarmsystems und rd. 260 Millionen bfrs. für die Neuanschaffung von Material.

Besondere Beachtung unter den Vorbereitungsmaßnahmen verdient such die geplante Ausgabe von Erkennungsmarken an Kinder unter zehn bis zwölf Jahren.

Italien

Die italienische Kammer der Abgeordneten hat am 11. Juli 1951 ein „Gesetz über die Zivilverteidigung (Bestimmungen über den Schutz der Zivilbevölkerung bei Krieg und Katastrophen)“ angenommen, das aber im italienischen Senat der letzten Wahlperiode wegen der Obstruktion der Kommunisten und Linkssozialisten nicht verabschiedet werden konnte; die Neuwahlen im vergangenen Jahr haben die Verabschiedung bisher auch nicht ermöglicht. Das Gesetz sah die Errichtung einer dem Innenminister unterstellten Generaldirektion für die Hilfsdienste der zivilen Verteidigung vor, mit der Aufgabe, „durch Organisierung und Einsatz der erforderlichen Hilfsdienste für den Schutz der Bevölkerung in Fällen Sorge zu tragen, die eine Gefahr für das Wohl der Menschen und die Unversehrtheit der Sachwerte mit sich bringen oder das Funktionieren der lebenswichtigen Betriebe und Dienste beeinträchtigen können“. Dabei ist im Hinblick auf die besonderen Verhältnisse Italiens jedoch nicht allein an Kriegseinwirkungen, sondern auch an Erdbeben, Überschwemmungen, Vulkanausbrüche usw. gedacht. Vorbereitungen für die Evakuierung und Ernährung von Bevölkerungsmassen sind vorgesehen. In dringenden Fällen soll Beschlagnahme von Eigentum und Heranziehung zu Dienstleistung möglich sein. Die Aufgaben für Organisation und Tätigkeit der Dienste für die Zivilverteidigung wurden mit jährlich 2, 5 Milliarden Lire (rd. 16, 8 Millionen DM) veranschlagt. Eine Erhöhung beim außergewöhnlichen Einsatz in Katastrophenfällen um 500 Millionen Lire (rund 3, 4 Millionen DM) ist vorgesehen. Dazu sollen für die nächsten drei Haushaltsjahre nach Verabschiedung des Gesetzes weitere 1, 5 Milliarden Lire (rund 10 Millionen DM) an die Kasse für Brandschadenunterstützung zur Erneuerung von Material und sonstiger Ausrüstung der Feuerwehr und eine weitere Milliarde Lire (6, 72 Millionen DM) für die Bereitstellung von Luftschutzmaterial kommen. Dies soll die Bereitstellung des erforderlichen Materials für die Hilfeleistung von 30 000 Einheiten sichern.

Die innerpolitischen Verhältnisse in Italien mit ihrer starken Durchsetzung der Selbstverwaltung durch kommunistische Elemente haben dort einen stärkeren Einfluß des Staates auf Organisation und Durchführung der gesamten Zivilverteidigung geboten erscheinen lassen. Für Luftschutzvorbereitungen steht in einer staatlich organisierten, vorzüglich ausgebildeten und einheitlich geleiteten, motorisierten Feuerwehr schon jetzt ein schlagkräftiges Organ zur Verfügung, das auch bei Katastrophen im Frieden, wie z. B. bei Vulkanausbrüchen und Überschwemmungen, in größeren geschlossenen Verbänden eingesetzt wird. Sie umfaßt 6 500 Mann ständiges Personal und 18 500 freiwillig Dienende. Reservemannschaften werden in Feuerwehrschulen laufend ausgebildet; dadurch wird im Gefahrenfalle die sofortige Verstärkung des Feuerwehr-korps ermöglicht, das dann einen wesentlichen Teil der in anderen Staaten für Zivilschutzkorps vorgesehenen Aufgaben übernimmt.

Frankreich

Auch in Frankreich war in den ersten Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg die Überzeugung allgemein, daß Kriegsgefahren für alle Zeiten vorüber seien, und niemand dachte mehr an die Notwendigkeit eines zivilen Bevölkerungsschutzes. Aber auch dort begann man sich seit etwa 1949 wegen der inzwischen eingetretenen Entwicklung der weltpolitischen Lage wieder mit den dadurch gestellten Problemen zu beschäftigen. Bei der Erörterung der „Defense en surface“ im Jahre 1949 wurde die Wichtigkeit der Frage erkannt; für das Jahr 1950/51 wurden 5 Milliarden frs. (60 Millionen DM) für Zwecke des zivilen Bevölkerungsschutzes im Haushalt ausgewiesen, von denen aber nur 3 Milliarden frs. ausgegegeben und 2 Milliarden frs. auf das Haushaltsjahr 1951/52 übertragen wurden. Die Durchführung eines 1952 für die zivile Landesverteidigung ausgearbeiteten Planes scheiterte an den auf 700 Milliarden frs. (8, 4 Milliarden DM) geschätzten Kosten. Die vorgesehenen Schutzmaßnahmen befinden sich zum großen Teil im Planungsstadium. Aus einer Rede des Staatssekretärs im Innenministerium, M. Thibault, vom 22. 11.

1953 geht u. a. hervor, daß der Aufbau eines Warnnetzes, die methodische Evakuierung der Bevölkerung aus Gefahrenzonen und die Verteilung der kriegswirtschaftlich nicht wichtigen Bevölkerung auf das weniger gefährdete Staatsgebiet in Zusammenarbeit mit den wirtschaftlichen Ressorts geprüft wird. Zur Durchführung der geplanten Maßnahmen sei der Wiederaufbau einer auf dem Prinzip der Freiwilligkeit beruhenden Organisation erforderlich. Die Frage der Wiedererrichtung einer zivilen Luftschutzorganisation ist bereits zwischen Präfekturen und Vertretern der Bürgerschaft besprochen worden.

Ein nur für den Kriegsfall vorgesehener „Service national de la Protektion Civile“, der vorläufig im Innenministerium nur als Stab ohne Unterbau besteht, setzt sich aus Vertretern der beteiligten Ministerien und je einem Verteter der Departements zusammen. Er steht unter der Leitung eines Generaldirektors, der Mitglied des Kabinetts ist; in jedem Departement steht ein Direktor an der Spitze.

Zur administrativen Vorbereitung des Schutzes der zivilen Bevölkerung im Bereich des Departements Seine, zu welchem als Hauptkern Paris gehört, ist im Oktober 1953 eine Dienststelle bei diesem Departement errichtet worden, die sich mit allgemeinen Studien, mit der Organisation der Feuerwehr und mit Ausrüstungsfragen (Material, Schutz-räume, technische Verbindungen usw.) befaßt.

Der französischen Nationalversammlung liegt seit längerem ein Gesetzentwurf zur Bildung eines „Generalkommissariats für den Schutz der zivilen Bevölkerung“ vor, zu dem die Ratifizierung der Genfer Konvention vom August 1949 durch Frankreich am 12. März 1951 Anlaß gab. Als Aufgaben sind vorgesehen: 1) Nothilfe bei schweren Unglücksfällen und Naturkatastrophen, 2) Verwaltung eines Solidaritätsfonds, der Mittel für außergewöhnliche Unglücksfälle an soziale Körperschaften und Wohlfahrtsbehörden verteilen soll, 3) Evakuierungsvorbereitung, 4) Kontrolle der Einreise, Ausreise und Niederlassung von Flüchtlingen sowie Fürsorge für diese.

Diese Aufgaben würden den „Orsec-Plan" wesentlich ergänzen, nach dem bereits bisher in Frankreich die Hilfskräfte für die Bekämpfung von Notständen großen Ausmaßes, wie Großbrände, Überschwemmungen, Eisenbahnunglücke oder andere Katastrophen organisiert sind. Kern dieser Organisation sind seit dem Jahre 193 8 die Kreisfeuerwehren, die unter straffer staatlicher Führung zu überörtlichem Einsatz zusammengefaßt werden können; jede Gemeinde behält in diesem Rahmen ihre Selbständigkeit. Nach den Richtlinien, die eine „Generalinspektion des Zivilschutzes“ im Innenministerium aufstellt, haben die staatlichen Präfekten das erforderliche Personal und Löschgerät bereitzustellen, die Abschnittskommandanten zu ernennen und für ihr Departement einen allgemeinen Einsatzplan aufzustellen. Der vom Präfekten eingesetzte „Directeur des secours" übt in seinem Namen Befehlsgewalt über die Feuerwehreinheiten des Kreises, über die Polizei-und Nachrichteneinheiten, die Hilfs-und Rettungseinheiten, die Sanitätsabteilungen und die Transport-und Evakuierungseinheiten aus. Wesentlich ist die Mög-, lichkeit, Material requirieren und Hilfskräfte dienstverpflichten zu können. Die Maßnahmen des Orsec-Planes haben sich nach französischer Auffassung sowohl bei Großeinsatzübungen wie auch bei Naturkatastrophen gut bewährt.

Bemerkenswert ist, daß die Feuerwehren in Paris und Marseille mili-tärische Einheiten mit 3jähriger Dienstzeit und anschließender Reserve-Stellung sind („Sapeurs-Pompiers“). Ihre Aufgaben wie überhaupt die der Feuerwehren in Frankreich beschränken sich nicht auf die Brand-bekämpfung; sie sind zuständig bei allen Naturgefahren, die die öffentliche Sicherheit bedrohen. Sie beziehen damit weitgehend jede Art von Katastrophenschutz ein und sind deshalb auch umfangreicher ausgerüstet als z. B. in Deutschland.

Die schwierigen innerpolitischen und finanziellen Verhältnisse in Frankreich sind Ursache dafür, daß die weiterreichenden planenden Vorarbeiten auf dem Gebiet des zivilen Bevölkerungsschutzes bisher noch keine befriedigende abschließende gesetzliche Regelung gefunden haben. Immerhin waren nach französischer Pressemitteilung im Staatshaushalt 1952 für Luftschutzzwecke 5 Milliarden frs. (60 Millionen DM) bewilligt worden; im Budget für 1953 sind für den Schutz der Zivilbevölkerung insgesamt 3 Milliarden frs. eingesetzt. Eine Wendung der Entwicklung mag sich dadurch ankündigen, daß die französischen Sozialisten u. a. wegen des Mißverhältnisses zwischen rein militärischen Ausgaben und den geringfügigen Beträgen, die für die Zivilverteidigung einschließlich Luftschutz ausgeworfen werden, zum erstenmal seit Kriegsende den diesjährigen Wehretat ablehnten.

Großbritannien

In Großbritannien ist auf der Grundlage eines Zivilverteidigungsgesetzes vom 23. November 1948 im Laufe der letzten fünf Jahre eine nichtmilitärische Organisation mit allen für einen wirksamen Schutz der Zivilbevölkerung erforderlichen Zweigen aufgebaut worden, die im Fall der Not schnell auf das dann vorgesehene Ausmaß verstärkt werden kann. Das Zivilverteidigungsgesetz gibt der Regierung große Vollmachten zum Erlaß ergänzender Verordnungen. Während zunächst alle Minister die Verantwortung für die Gebiete, die sie schon im Frieden betreuen, auch im Kriegsfall behalten, fällt dem Innenminister neben der Verantwortung für seine eigentlichen Zivilverteidigungsaufgaben auch die der Gleichschaltung aller entsprechenden Aufgaben anderer Ressorts zu. Bei ihm ist deshalb ein Zivilverteidigungsstab aus Vertretern aller Ministerien errichtet. Eine „Abteilung für zivile Verteidigung“ im Home Office stützt sich in ihren Plänen und Maßnahmen auf die im Zweiten Weltkrieg gemachten Erfahrungen. Die örtliche Durchführung aller Luft-schutzmaßnahmen ist in die Hand der Gemeindeleiter gelegt worden. Die Aufgaben umfassen den Luftschutz einschließlich Schutzraumbau, Ansammlung von Vorräten, Evakuierung, Unterbringung Ausgebombter, Bergung, Hilfeleistung, Wohlfahrtseinrichtungen und Ausbildung aller Hilfsdienste hierfür. Eine zentrale „Zivilverteidigungsakademie“, eine Taktikschule der Zivilverteidigung und drei technische Schulen dienen der Ausbildung aller leitenden Personen. Die Durchführung aller Aufgaben ist einem 1949 auf der Grundlage der Freiwilligkeit errichteten Zivilverteidigungskorps übertragen, für das von jeder örtlichen Behörde eine Abteilung aufgestellt werden muß; dazu kommen bewegliche Reserven in der Hand der Regierung. Mit der Aufstellung einer nationalen Krankenhausdienst-Reserve, eines Feuerwehr-Hilfsdienstes und einer Hilfspolizei ist begonnen worden. Wie der Generaldirektor der Civil Defence, Sir Hodsoll, im Sommer 1953 mitgeteilt hat, versucht die britische Regierung einen Friedensstand von 600 000 Mann für die zivile Verteidigung aufzustellen, was etwa ein Drittel der für einen Kriegsfall erforderlichen Kopfzahl wäre. Seit Beginn der Werbung am 15. 11. 1949 bis Mitte 1953 haben sich rund 280 000 Männer und Frauen zum Civil Defense Corps gemeldet, von denen nur rund 25 v. H. noch unausgebildet Defence-Trupp ausgestellt, der aus National-Service Leuten des Heeres und der Luftwaffe besteht. Diese mobile Formation hat die Aufgabe, die örtlichen Civil-Defence-Einheiten zu unterstützen, wenn diese den Anforderungen nicht mehr gewachsen sind. Man plant den Aufbau von etwa 200 beweglichen Trupps, die dauernd an Schlüsselpunkten stationiert sein sollen, um wichtige Gebiete der Industrie, der Schiffahrt und der Kriegsproduktion zu schützen. Die Abgrenzung der Verpflichtungen für diese Trupps und den Heeresdienst war jedoch seinerzeit noch problematisch. Die größeren Industrie-und Handelsuntemehmungen Englands haben 1953 ein eigenes „Industrial Civil Defence Corps“ gebildet, das unabhängig vom Civil Defence Corps, mit diesem jedoch in enger Gemeinschaft arbeiten wird. Gleichzeitig bildete sich eine „Society of Industrial Civil Defence-Officers“, die bereits 65 000 eingetragene Civil-Defence-Arbeiter vertritt.

Die Gesamtkosten für Großbauten, große Einrichtungen und Ausrüstungsgegenstände gehen zu Lasten des Staates, der im übrigen 75 v. H.der Kosten für andere Arbeiten und Dienstleistungen übernimmt; die restlichen 25 v. H. hierfür sind von den Gemeinden zu tragen. Für Zwecke der Zivilverteidigung standen im Haushaltsjahr 1952/53 insgesamt 190 Millionen DM zur Verfügung.

Der bautechnische Schutz ist hinter der organisatorischen Vorbereitung bisher zurückgeblieben, weil Geld und Stahl hierfür nicht im erforderlichen Ausmaß zur Verfügung standen. Vorbereitungen zur Planrng von Luftschutzräumen sind im Gange; kleine Luftschutzräume werden bevorzugt. Zur wirksamen Bekämpfung etwaiger Großbrände ist im Ernstfall eine staatliche Lenkung der Feuerwehren vorgesehen. Zur Abschwächung der Folgen von etwaigen Großangriffen ist eine Evakuierung von ca. 30 v. H.der Bevölkerung (werdende Mütter, Kleinkinder, Schulkinder usw.) aus besonders luftgefährdeten Orten geplant.

Die Ausbildung in allen Organisationen ist inzwischen so vorangetrieben worden, daß Großbritannien auf dem Gebiet des zivilen Bevölkerungsschutzes bereits einen beachtlichen Vorbereitungsstand erreicht hat. Nach einer Mitteilung des Staatssekretärs im „Home Office“, Sir David Maxwell Fyfe, von Mitte 1953 haben die Atombombenversuche auf Montebello/Australien gelehrt, daß keinerlei Notwendigkeit für eine drastische Änderung der bereits getätigten Luftschutzmaßnahm? n bzw. Aufgaben vorliegt.

Vereinigte Staaten von Nordamerika

Nachdem sich schon bald nach Ende des Zweiten Weltkrieges in den Vereinigten Staaten die Erkenntnis durchgesetzt hatte, daß infolge der technischen Entwicklung in einem etwaigen künftigen Kriegsfälle auch der nordamerikanische Kontinent unmittelbar luftgefährdet sei, ist 1950 durch Bundesgesetz eine dem Präsidenten der USA unmittelbar unterstellte „Bundesbehörde für zivile Verteidigung" (Federal Civil Defence Administration) errichtet worden, bei der im Oktober 1952 insgesamt 836 Personen tätig waren. Präsident Eisenhower erklärte in einer Rede Mitte Dezember 1953, welche die inzwischen die USA beherrschende Serge vor Atomwaffenangriffen wiedergibt: „Die jüngste Entwicklung auf dem Gebiet der atomaren Strategie hat die amerikanischen Städte über Nacht in die Frontlinie gebracht“. Die USA-Zivilverteidigungsplanung beruht deshalb jetzt auf der Annahme, daß Sowjetrußland im Laufe der Zeit die gleichen Explosivtypen wie die USA besitzt. In seiner Botschaft über die Lage der Nation an den amerikanischen Kongreß vom 7. Januar 1954 hat Präsident Eisenhower weiter dargelegt: „Unsere Verteidigungsanstrengungen auf dem zivilen Sektor sind ein nicht wegzudenkender Bestandteil unserer Sicherheitsvorkehrungen auf dem amerikanischen Kontinent. Hierin werden wir nur dann erfolgreich sein, wenn uns die uneingeschränkte Mithilfe der Gouverneure der Bundesstaaten, der Bürgermeister in den Städten und der freiwilligen Bürgervereinigungen zuteil wird. Unter ihrer Mitwirkung können wir ein auf Zusammenarbeit abgestelltes Programm in Angriff nehmen, durch das im Falle eines Angriffs zahllose Menschenleben gerettet und die Zerstörungen verringert werden können“. Damit sind auch die Aufgaben der Bundesbehörde für die zivile Verteidigung mit ihren 9 regionalen Zivilverteidigungsämtern gekennzeichnet: Maßnahmen für den zivilen Luftschutz durch Richtlinien an die einzelnen Staaten einheitlich zu regeln. Die Staaten erlassen daher die zur Durchführung notwendigen Vorschriften. Die Finanzierung bleibt den Staaten, in erster Linie aber den Gemeinden selbst, überlassen. Da es außerdem Aufgabe der Bundesbehörde ist, „nationale Pläne und Programme“ für die zivile Verteidigung zu entwickeln, für die „nötige Koordination und Führung“ zu sorgen und den Staaten die „nötige Unterstützung“ zu geben, gibt die Bundesbehörde zusätzlich vom Kongreß bewilligte Zuschüsse an Staaten und Gemeinden. Die Regierung der USA übernimmt die Hälfte der Kosten für bestimmte Bevorratungen und Ausrüstungen. Für das Haushaltsjahr 1. Juli 1951 bis 30. Juni 1952 hat der Bund Zuschüsse in Höhe von 22, 3 Millionen $gegeben, was einer Gesamtausgabe der Staaten und Gemeinden von 44, 6 Millionen $entspricht. Fü: das Haushaltsjahr 1. Juli 1952 bis 30. Juni 1953 sind Zuschüsse von 15 Millionen $gegeben worden, was einer Gesamtausgabe von 30 Millionen $entspricht. Alle diese Beträge wurden verwendet für Luftwarnungs-, Nachrichten-, Feuerlösch-und Rettungseinrichtungen sowie für Ausbildungs-und Unterrichtsmaterial, ferner für Sanitätseinrichtungen und -Vorräte. Letztere reichten, soweit sie seinerzeit schon vorhanden oder bestellt waren, zur notwendigen Versorgung von rund zwei Millionen Unglücksfällen für die erste Woche. Auf Grund des Bundesvorratsprogramms waren Anfang 1953 für rund 67 Millionen $Zivilverteidigungsvorräte, in erster Linie Sanitätsmaterial, in der Herstellung oder in Lagerhäusern des Bundes. Nach einer Mitteilung aus den USA vom November 1953 sollen diese Vorräte auf einen Wert von insgesamt 650 Milionen $erhöht werden. Alle Vorräte werden weit außerhalb der gefährdeten Städte gelagert. Notkrankenhäuser und Notunterkünfte sollen in 80— 120 km Entfernung von den Großstädten angelegt werden.

Wie aus dieser Übersicht bereits hervorgeht, liegt das Schwergewicht der Arbeit der Bundesbehörde für zivile Verteidigung bei der Organisation umfassender und beweglicher Hilfsdienste für den zivilen Bevölkerungsschutz und bei der Ausbildung von freiwilligen Helfern im „Civil Defence Corps“. Beides ist in allen Teilen weit vorgeschritten; 1953 waren bereits etwa 4 Millionen Freiwillige vorhanden, jedoch werden weitere 2 Millionen jetzt und im Ernstfall 20 Millionen Helfer als erforderlich erachtet. Bis 1953 sind auch schon 200 000 Spezialisten und Lehrer aus 650 lokalen Schulen der Staaten und Städte herangebildet worden.

Der allgemeine Ausbau von Schutzräumen hat mit dieser Entwicklung jedoch keineswegs Schritt gehalten. Ein großes Schutzraum-Bauprogramm, das der bereits bisher durchgeführten Organisation von Hilfsdiensten und Bevorratungen mit Sanitätsmaterial sowie Geräten etwa entspräche, ist noch nicht aufgestellt worden. Senat und Repräsentantenhaus haben aber 1950 Mittel zum Ausbau von Untergrundbahnen und unterirdischen Großgaragen als Massenschutzräume bereitgestellt. Bau-und Unterhaltungskosten sollen durch Verwertung für andere Zwecke in normalen Zeiten amortisiert werden. Auch stand schon Ende 1953 der Ausbau eines A-und H-bombensicheren Ausweich-Regierungssitzes in den Blue Ridge Mountains außerhalb von Washington mit einem Kostenaufwand von 35 Millionen $(137 Millionen DM) vor dem Abschluß.

Besondere Anstrengungen richten sich neuerdings auf eine Verbesserung des vorhandenen Flugmeldedienstes, um Einflüge mit Hilfe eines ausgedehnten, von Alaska nach Grönland sich erstreckenden Radar-Warnnetzes möglichst frühzeitig und lückenlos zu erfassen mit dem Ziel, die Warnfristen für die Bevölkerung der großen Städte erheblich zu verlängern. Die ersten fertigen Stationen sollten nach Mitteilungen von Ende 1953 bereits in Kürze in Betrieb genommen werden. Die Organisation der Bodenbeobachtung umfaßt 145 000 Mitglieder; es wurden 176 Warnzentralen eingerichtet. Die angestrebte Vorwarnung von 2 Stunden soll die rechtzeitige Evakuierung wesentlicher Teile der bedrohten Bevölkerung in einem 13— 15 km vom Zielobjekt entfernten Raum ermöglichen; in den zu erwartenden Verkehrsstockungen sieht man allerdings ein noch ungelöstes Problem. Auch das im Januar 1954 von Präsident Eisenhower dem Kongreß vorgelegte Budget 1954/55 legt das Schwergewicht nicht auf den Bau von Luftschutzkellern, sondern auf die Vorbereitung eines guten Warnsystems und der Möglichkeiten für eine rasche weiträumige Verteilung der Bevölkerung der Städte bei Angriffsgefahr. Für den zivilen Bevölkerungsschutz stand im Haushaltsjahr 1951 allein aus Bundesmitteln ein Betrag von rund 109 Millionen $(rund 457 Millionen DM) und 1952 rund 100 Millionen $(rund 420 Millionen DM) zur Verfügung. Der durch Präsident Eisenhower Mitte 1953 ernannte neue Leiter der Civil Defence Administration, Mr. Peterson, beantragte zwar für das am 1. Juli beginnende Haushaltsjahr 1953/54 die Summe von 125 Millionen $; das noch von Präsident Truman dem Kongreß vorgelegte Budget sah aber nur 74 Millionen $vor. Der Kongreß hat im letzten Jahr schließlich lediglich 46, 5 Millionen $(rund 195 Millionen DM) bewilligt. Für das Haushaltsjahr 1954/55 wollte Mr. Peterson nach seiner Ankündigung vom 25. Oktober 1953 den Kongreß um die Bewilligung von 650 Millionen $ersuchen, d. h. um einen vierzehnmal höheren Betrag als für das am 1. Juli 1954 ablaufende Haushaltsjahr bewilligt worden war. „Das amerikanische Volk und der Kongreß sind sich der Gefahr, die uns bedroht, bewußt“. Die Mittel sollen der Verbesserung des Warnsystems dienen, ferner sollen Medikamente und Geräte bevorratet werden.

Hinsichtlich aller bisher vom Kongreß bewilligten Mittel ist jedoch zu berücksichtigen, daß außerdem von den Staaten und Städten erhebliche zusätzliche Beträge aufgebracht worden sind, die sich allein im Fiskaljahr 1952 auf über 22 Millionen $beliefen. Insgesamt haben nach Angaben des Leiters der Civil Defence Administration die Staaten und Städte der USA bisher weit mehr Geld für diese Zwecke ausgegeben als der Bund.

Das Interesse der Öffentlichkeit wird durch laufende eingehende Presse-und Rundfunkberichte sowie durch große Luftschutzübungen, die z. B. auch von der Annahme eines Atombombenabwurfs ausgehen, planmäßig geweckt. Die Aufklärung der Bevölkerung wird mit allen modernen Mitteln betrieben. Im Jahre 1952 wurden beispielsweise 2 000 Übungen von Städten und ganzen Staaten durchgeführt.

Die Zivilverteidigungsorganisation in den USA hat ihren Wert schon mehrfach erfolgreich im Einsatz bei großen Naturkatastrophen, wie Überschwemmungen, Tornados, Schneestürmen usw. bewiesen. In 38 Staaten ist ihre Verwendung in solchen friedensmäßigen Katastrophenfällen bereits gesetzlich vorgesehen.

Tschechoslowakei

Nach einer im März 1953 bekanntgewordenen Meldung vollzieht sich die Ausbildung der tschechischen Bevölkerung im Luftschutz teilweise innerhalb der Feuerwehren, die in einem besonderen Verband zusammengeschlossen sind. Ende 1952 umfaßte dieser 35 000 örtliche Einheiten mit ca. 130 000 Mitgliedern, von denen rund 25 000 bereits eine abgeschlossene Ausbildung besitzen.

Pressemeldungen zufolge wurde seit Anfang Januar 1953 der Luftschutz in der Tschechoslowakei verstärkt. Danach werden die Hausvertrauensmänner in Sonderkursen mit neuen Methoden und Erfahrungen im Luftschutz, in der Lokalisierung von Bränden, Unschädlichmachung von Blindgängern usw. vertraut gemacht. Sie haben ihrerseits das Gelernte an die Hausbewohner weiterzugeben. Für jedes Haus werden besondere Brandwachen aufgestellt, die im Verhalten bei Fliegerangriffen und in der Handhabung von Löschgeräten unterrichtet sind. Alle Vorbereitungen werden von besonderen fliegenden Kommissionen kontrolliert.

Sowjetunion

Aus einer 1952 in Moskau erschienenen Broschüre, welche für die Mitglieder russischer Luftschutzverbände zwecks Aneignung von Kenntnissen und Erfahrungen bestimmt ist, geht hervor, daß auf die Organisation des lokalen Luftschutzes größter Wert gelegt wird. Der Direktor einer Fabrik, der Vorsteher einer Werkstatt oder Lehranstalt ist zugleich auch Luftschutzleiter seines Betriebes. Der Gebäudewart ist Luftschutzleiter des Hauses. Sie sind im Frieden für die Bereitschaft verantwortlich und leiten im Ernstfall den Einsatz des Selbstschutzes. Unter den Hausbewohnern wird eine Selbstschutzorganisation geschaffen. Die Gebäudewarte und andere Beauftragte, die an Luftschutzschulen ausgebildet werden, erteilen den Angehörigen der Selbstschutzorganisation in den Wohnhäusern Unterricht. Die Vorbereitung der Bevölkerung wird durch die Organisation der „Freiwilligen Gesellschaft für den Hilfsdienst in Armee, Luftwaffe und Flotte“ unterstützt. Selbstschutzgemeinschaften, die von den staatlichen und städtischen Behörden das nötige Luftschutzmaterial erhalten, werden in jedem größeren Wohnhaus geschaffen. Sie bestehen aus jeweils 51 Mann, die in sechs Gruppen unter je einem Gruppenleiter für Ordnung und Beobachtung, Brandschutz, Gasschutz, Instandsetzung, Sanitätshilfe, Schutzräume eingeteilt sind. Die Aufgaben jeder Gruppe sind im einzelnen festgelegt. Sie unterstehen dem Gebäudewart, der von seinem Gehilfen für politische Arbeit und dem Materialverwalter unterstützt wird.

Die genannte Broschüre bringt weiter Einzelheiten über besondere Verhaltensvorschriften nach Erklärung des Gefahrenzustandes, die den Dienst zur Verhinderung von Sabotage und Spionage einschließen sowie über die Verdunkelungspflichten, über den Luftalarm, Chemischen Alarm und Enalarm. Auch wird angeordnet, daß Gräben und Erdlöcher auszuheben sind, wo keine anderen Schutzmöglichkeiten bestehen.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Davon entfallen auf den Bau von Schutzräumen, die gegen Volltreffer sichern, 21 Millionen skr. und auf den Bau von normalen Schutzräumen 0, 3 Millionen skr.

Weitere Inhalte

von Dreising, Woll, Ministerialrat im Bundesministerium des Innern, geb. 13. 11. 1909, Referatsleiterinder Unterabt. „Ziviler Bevölkerungsschutz".