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Die Verteidigung des nahen Ostens | APuZ 40/1956 | bpb.de

Archiv Ausgaben ab 1953

APuZ 40/1956 Revision der amerikanischen Außenpolitik überfällig Ein neuer Führer für England Die Verteidigung des nahen Ostens

Die Verteidigung des nahen Ostens

Dankwart A. Rüstow

sieht sich einem politischen und philosophischen Bankrott gegenüber. Der Klassenkampf ist vorbei. Es ist nun an Gaitskell, eine angemessene, elastische und wirkungsvolle Formel für einen Neo-Klassenkampf zu finden, die ihn instandsetzt, die Ideologie seiner Partei zu er-neuern, in einer Solidaritätsaktion den linken mit dem rechten Flügel zu versöhnen und dann mit glücklichem Erfolg die Führung seines Landes zu fordern.

Die Engländer können einem Mann Vertrauen schenken, von dem der Amerikaner Eric Johnston, der in England über den Abbau der Einfuhrbeschränkungen für Filme verhandelt hat, vor einigen Jahren nach der Niederlage der Konservativen sagte: „Ich bin niemals in meinem Leben einem Mann begegnet, der mit so viel Charme „nein" zu sagen weiß."

Der folgende Artikel, den wir mit Genehmigung des Verlages der amerikanischen Zeitsdirift FOREIGN AFFAIRS entnehmen, erschien bereit, im Januar 1956. Im Hinblick auf die Vorgänge im Nahen Osten ist er von besonderem Interesse.

Durch den von Ägypten abgeschlossenen Vertrag, gegen Baumwolle Waffen aus dem Sowjet-block einzuführen, ist der Nahe Osten erneut zum vordersten Frontgebiet im Kalten Krieg geworden. Nadi diesem ersten Sieg im Nahen Osten seit etwa acht Jahren haben die Kommunisten den Ländern in diesem ganzen Raum weitere Angebote für Waffenlieferungen und andere Hilfeleistungen unterbreitet. Die regionalen Spannungen waren schon ernst genug, ohne daß sie jetzt noch von den Russen auf diese V‘ se ausgenutzt werden: Ende August vorigen Jahres begannen eine Reihe von bewaffneten Zusammenstößen zwischen Ägypten und Israel, die zu den schwersten Verlusten an Menschenleben seit 1949 geführt haben. Die Sackgasse, in der die britisch-griechisch-türkisdien Verhandlungen über Zypern gelandet sind, führte zu einer Welle von üblem Massenterror in Istanbul und Ismir, wie dies in der türkischen Republik seit 22 Jahren nicht mehr der Fall gewesen war. Dadurch wurde mindestens zeitweilig nicht nur die östliche Flanke der NATO, sondern auch der seit Jahren bestehende Balkan-Pakt paralysiert. Weiter westlich zwangen die immer wiederkehrenden Aufstände in Marokko und Algerien Frankreich dazu, ungefähr die Hälfte seiner NATO-Truppen nach Nordafrika zu verlegen. Die Aufstände gefährdeten ein Gebiet, in dem sich in einer großen Dichte wichtige Verteidigungs-Einrichtungen der westlichen Welt befinden.

In dem Jahr, das diesen Terror-Ausbrüchen vorausging, schienen die Diplomaten des Westens bedeutsame Erfolge errungen zu haben: so wurden Verträge abgeschlossen über den Suez-Stützpunkt und das persische Öl, die Selbstverwaltung in Tunesien und gegenseitige Verteidigungsabkommen zwischen den sogenannten „Nordgürtel-Ländern" (Türkei, Irak, Persien und Pakistan). Beinahe über Nacht wurden die Krisen in Ägypten, Palästina, Zypern und Nordafrika zu einer ernsten Bedrohung für die Stabilität und das Verteidigungs-Potential, die beide durch die oben erwähnten Abkommen in diesem ganzen Raum gewährleistet schienen.

Der Nahe Osten wird schon seit langem als ein entscheidender Mittelpunkt, nicht nur der gesamten Weltpolitik, sondern auch der militä-rischen Strategie angesehen. Welches sind die wichtigsten Faktoren, die diesem Raum seinen besonderen strategischen Wert verleihen? Wo liegen seine starken und seine schwachen Stellen im Rahmen der regionalen Verteidigung? Welcher Art sind die Bedrohungen, gegen die dieser Raum unter Umständen verteidigt werden muß?

Die geographische Lage

Der erste strategische Faktor ist durch die geographische Lage gegeben. Auf Grund dieser seiner Lage kann der Nahe Osten sowohl als Bindeglied wie auch als Schranke zwischen den Meeren und Kontinenten dienen. Ein starkes Verteidigungs-System im Nahen Osten würde eine lebenswichtige Verbindungslinie zwischen den westlichen Positionen in Europa und denen in Australien und Asien und somit auch zwischen der NATO und der SEATO darstellen. Wenn der Suez-Kanal für die alliierte Schiffahrt gesperrt wäre, würde sich die Entfernung zwischen dem Nordatlantik und dem Indischen Ozean um ungefähr 10 000 km vergrößern, während man die benötigte Schiffstonnage verdoppeln müßte. Im umgekehrten Verhältnis ist wahrscheinlich der russische Zugang zum Indischen Ozean eine Vorbedingung für sowjetische Marineoperationen in Weltmaßstab.

Die geographische Bedeutung des Nahen Ostens läßt sich am besten aufzeigen an Hand einer Analyse der strategischen Lage, die sich für den Westen ergeben würde, wenn dieser Raum jemals verloren ginge. Die Gebirgskette Taurus-Zagros (die, wie wir sehen werden, die wichtigste, natürliche Verteidigung des Raumes darstellt) hat vom Mittelmeer bis zum Persischen Golf eine Länge von nur ungefähr 1 600 km. Westlich des Suez stellen nur die Gebirge von Abessinien und Kenya, sowie die Atlas-Berge vergleichbare Hindernisse für einen sowjetischen Vormarsch dar. (Zwischen beiden Gebirgsketten liegen ungefähr 4 600 km Wüste und Steppe.)

Die Zagros-Linie ist daher nicht nur die natürliche Verteidigung für den Nahen Osten, sondern auch die erste Verteidigungslinie für das Mittelmeer und den gesamten afrikanischen Kontinent, der ja die Flanke und das Hinterland Europas deckt, ja für den Indischen Ozean und die Flanke des süd-ostasiatischen Gebietes. General Eisenhower formulierte es vor einigen Jahren so: „Was den reinen Wert an Gelände anbetrifft, so gibt es in der ganzen Welt vom strategischen Gesichtspunkt aus betrachtet keinen wichtigeren Raum als den Nahen Osten.“

Abgesehen von seiner immensen Bedeutung für die Verteidigung ist der Nahe Osten auch eine ideale Operationsbasis für jeden Gegenangriff des Westens mit Hilfe von Luft-und Land-streitkräften, wenn es jemals zu einer sowjetischen Aggression kommen sollte. Die nahöstliche Grenze von der Türkei bis nach Afganistan ist das einzige Gebiet, in dem eine Ausdehnung des sowjetischen Machtbereiches über die Grenzen von 1939 hinaus nicht gelungen ist. Der Nahe Osten stellt geradezu einen Keil dar zwischen den sowjetischen Machtbereichen in Osteuropa und Ostasien. In keinem anderen nichtkommunistischen Gebiet befinden sich Luftstützpunkte, die so nahe an den wichtigsten sowjetischen Industriezentren bei Baku, am Donez, im Ural und in Südsibirien liegen, wie das im Nahen Osten der Fall ist. Umgekehrt befinden sich alle lebenswichtigen Zentren des Nahen Osten: der „Nordgürtel“, die Länder im levantinischen Raum, die wichtigsten Ölfelder, der Suezkanal und die westlichen Luftstützpunkte bis hin nach Tripolis— innerhalb einer Sechzehnhundert-Kilometer-Reichweite der sowjetischen Flugplätze in Bulgarien, im Kaukasus und in Turkestan.

Das 01

Der zweite strategische Faktor — das Öl des Nahen Ostens — erlangte seine volle Bedeutung erst nach dem zweiten Weltkrieg, als dieses ganze Gebiet in die Reihe der weltgrößten Ölvorkommen aufstieg. Die Bedeutung dieses Ölgebietes wird in kommenden Jahren vielleicht sogar noch größer werden. Das läßt sich an einigen statistischen Daten aufzeigen. Während sich die Ölproduktion der gesamten Welt in der Zeit zwischen 1938 und 1955 mehr als verdoppelte, stieg sie im Nahen Osten um das Siebenfache an, das bedeutet einen Anteil von 20 Prozent an der Weltproduktion gegenüber sechs Prozent im Jahre 1 9 3 8. In den drei Jahren der Stillegung der Ölfelder in Abadan (1951 bis 1954) steigerten die arabischen Ölfelder ihre Produktion um die Hälfte; dabei wurden für jede gewonnene „barrel" Öl ungefähr 15 neue entdeckt. Man schätzt, daß die noch vorhandenen Reserven an Rohöl im Nahen Osten tatsächlich zehnmal so groß sind, wie man das vor dem Krieg angenommen hatte. Allein im Jahre 1953 betrugen die vorsichtigsten Schätzungen der festgestellten Ölvorkommen im Nahen Osten dreimal soviel wie die gesamte Produktion der letzten 42 Jahre in diesem Raum. Heute liegen nahezu zwei Drittel der bisher entdeckten Ölvorkommen der Welt im Nahen Osten. Selbst wenn man von den in letzter Zeit erzielten hohen Förderziffern ausgeht, würden die bis jetzt festgestellten Ölvorkommen des Nahen Osten genug an Vorrat für etwa hundert Jahre bieten gegenüber einem Vorrat für nur zwölf Jahre in den Vereinigten Staaten.

Bei militärischen Operationen in einem zukünftigen Krieg kann jedoch die Bedeutung des nahöstlichen Öles außer Betracht gelassen werden, da die Bohranlagen, Ölleitungen und Tankschiffe ein zu leichtes Ziel für Bombenflugzeuge und Saboteure darstellen, als daß sich eine der kriegführenden Parteien auf eine weitere, regelmäßige Belieferung mit Öl aus diesem Gebiet verlassen könnte. Ganz abgesehen davon würde eine erhöhte Produktion in der westlichen Hemisphäre wahrscheinlich die etwaigen Verluste der freien Welt im Nahen Osten wettmachen. In einer Zeit des bewaffneten Friedens oder aber der Kriegsvorbereitungen könnte es jedoch durchaus im russischen Interesse liegen, das Öl des Nahen Ostens einmal für den Westen zu sperren und zum andern für den eigenen Verbrauch zu erschließen. Die Produktion des Nahen Ostens deckt heute etwa vier Fünftel des westeuropäischen Bedarfs an Öl. Auf diese Weise wird der Abbau der Ölfelder in der westlichen Hemisphäre, die unsere sicherste Nachschubquelle darstellt, merklich aufgehalten. Sollten jedoch die Russen das Öl für sich selber sichern wollen, so würde das zweifellos voraussetzen, daß sie sich eine uneingeschränkte Kontrolle des östlichen Mittelmeeres verschaffen. Oder aber sie müßten den Bau größerer Ölleitungen durch die persischen Gebirge hindurch vornehmen. Dies wäre zweifellos eine wenig beneidenswerte Aufgabe, wenn man sie mit dem Bau von Ölleitungen durch die Ebene der arabischen Wüste in früheren Jahren vergleicht. Ein großer Teil von Sibirien weist aber auch potentielle Ölvorkommen auf, so daß die Sowjets einen zusätzlichen Bedarf viel leichter durch Bohrungen dort, als durch Eroberungen anderswo decken könnten. Das Öl des Nahen Ostens könnte jedoch die Luftwaffe und vielleicht auch die Kriegsmarine der Sowjetunion für Operationen im Indischen Ozean mit Treibstoff versorgen. Sollte Rußland daher vor einem Ausbruch weltweiter, kriegerischer Verwicklungen in den Besitz des Öls im Nahen Osten gelangen, so würde das höchstwahrscheinlich das Gleichgewicht zwischen beiden Seiten in bezug auf die Treibstoffversorgung ernstlich stören und damit auch den Ausgang eines Krieges selber beeinflussen.

Die psychologische Situation

Zu diesen beiden Faktoren — der geographischen Lage und des Öls — kommt notwendigerweise ein dritter dazu: und zwar die psychologische Auswirkung der Beziehungen des Nahen Ostens zum Westen wie zum Osten auf andere Gebiete der asiatischen und afrikanischen Kontinente. Dieser Faktor ist bei der Würdigung der strategischen Lage im Nahen Osten bisher nicht genügend berücksichtigt worden, obwohl er durchaus eines Tages der entscheidende werden könnte.

Der Nahe Osten nimmt nicht nur in geographischer Hinsicht, sondern auch in der Art seiner Beziehungen zum Westen eine Mittelstellung ein zwischen den Ländern Asiens auf der einen Seite — die unmittelbar nach dem zweiten Weltkrieg ihre volle Unabhängigkeit erlangten — und auf der anderen Seite den Ländern des afrikanischen Kontinentes, die sich noch zum größten Teil unter westlicher Herrschaft befinden. Obwohl die Vormachtstellung des Westens im Nahen Osten im allgemeinen in der Form von Mandaten, Protektoraten und Vorzugsverträgen, und nicht so sehr in der einer regelrechten Kolonialherrschaft zum Ausdruck kam, kann von Beziehungen der Westmächte zum Nahen Osten auf der Basis einer mehr oder weniger vollen Unabhängigkeit erst in den letzten Jahren, im besonderen Maße eigentlich erst seit dem Abkommen über Abadan und den Suezkanal die Rede sein. Was wird nun an die Stelle der politischen Ordnung treten, die bisher durch die westliche Vorherrschaft aufrechterhalten worden ist? Werden die Länder des Nahen Ostens in der Lage sein, friedlich, nebeneinander zu leben? Wird es Staaten wie z. B. Ägypten nach der Erlangung ihrer vollen Unabhängigkeit möglich sein, im „Mächtekonzert“ der freien Welt einen gebührenden Platz zu finden und diesen zu behaupten? Werden diese jungen Staaten mit Unterstützung des Westens sowohl den Fortschritt im eigenen Lande wie auch die Verteidigung des gesamten nahöstlichen Raumes gewährleisten können? Oder aber wird das durch die Preisgabe der westlichen Vorherrschaft entstandene Vakuum zu LImstürzen im Innern und zu Kämpfen dieser Staaten untereinander führen, und wird dann dieses Vakuum schließlich durch den Druck der sowjetischen Kräfte ausgefüllt werden? Die Lösung dieser Probleme wird sowohl die Position des Westens in Afrika auf lange Sicht hin, wie auch die augenblickliche Haltung unserer Freunde und Alliierten in Süd-und Ostasien ganz entscheidend beeinflussen.

Militärische Gesichtspunkte

Bevor wir die politische Problematik untersuchen, die eine Schaffung krisenfester Bündnisse im Nahen Osten mit sich bringt, sei hier auf die starken und schwachen Stellen hingewiesen, die sich im nahöstlichen Raum unter rein militärischen Gesichtspunkten ergeben. Glücklicherweise sichern die wirkungsvollsten geographischen Hindernisse, d. h. die Gebirge und Meere, diesen nahöstlichen Raum gegen einen möglichen Angriff vom Nordosten her ab. So stellen das Schwarze und das Kaspische Meer zusammen mit der hohen, von Anatolien bis zu den Pamirbergen ununterbrochen verlaufenden Gebirgskette eine ausgezeichnete Verteidigungslinie unmittelbar entlang der sowjetischen Grenze dar. Das. unzulänglichste Gebiet überhaupt — die osttürkischen Gebirge oder der so-genannte armenische Knoten — sperrt unmittelbar den kürzesten Weg von Rußland zum Suezkanal. Im Südosten und Südwesten bilden die Taurus-und Zagrosgebirge einen zweiten Verteidigungsbogen und verbinden dieses Zentral-massiv mit dem Mittelmeer und dem Persischen Golf. Diese zweite Verteidigungslinie bietet den zusätzlichen Vorteil, daß sich der Nachschub der Verteidiger über verhältnismäßig ebenes Gelände bewegen würde, während der Angreifer Menschen und Material zunächst über die erste Gebirgskette heranschaffen müßte. Selbst ein oberflächlicher Blick auf die Landkarte macht daher deutlich, daß der Nahe Osten im Falle eines Angriffs von Rußland über einen natürlichen Verteidigungsgürtel verfügt, der seinesgleichen vielleicht nur in den Alpen und in den Hymalajagebirgen des europäischen Kontinentes hat. Selbst im Zeitalter der Luftkriegsführung kann eine solche Verteidigungslinie einen großen Vorteil darstellen.

Diese Massierung natürlicher Hindernisse im Nordosten birgt jedoch noch mindestens zwei andere Möglichkeiten in sich. Einmal würden Fallschirmoperationen von Irans Kaukasien her weniger als 450 km Gebirgsterrain zu bewältigen haben, um die nordirakische Tiefebene zu erreichen. Wenn sich der sowjetische Machtbereich in Krieg oder Frieden erst einmal auf den Raum südlich der Taurus-Zagros-Linie ausbreiSeite liehe Raum den Angriffen völlig preisgegeben. Der Libanon und Antilibanons Gebirgsketten liegen zu nahe am Meer, als daß eine breit angelegte Entwicklung von Streitkräften für militärische Operationen möglich wäre. Eine Verteidigungslinie, die sich über die Sinaihalbinsel erstreckt, würde bestenfalls Afrika schützen. Zum zweiten sind das Mittelmeer und der Indische Ozean an beiden Flanken nahe genug, um den gesamten Raum leicht in den Operationsradius westlicher Flugzeugträger einbeziehen zu können. In ähnlicher Weise bieten sich am östlichen Mittelmeer und am Persischen Golf eine Reihe von Häfen und Küstenstreifen an, die für kombinierte Landungsunternehmen geeignet sind, so daß ein sowjetisch besetzter Naher Osten für westliche Streitkräfte ein leichtes Angriffsziel darstellen würde, wenn diese Streitkräfte zu einer „Rückeroberung" ansetzen.

Die türkische Armee stellt mit ihren zweiundzwanzig Infanterie-Divisionen und sechs Panzer-Brigaden mit insgesamt etwa 500 000 Mann die größte Landmacht, nicht nur im Nahen Osten, sondern in der NATO überhaupt dar. Die zweitgrößte Armee an der Peripherie dieses Raumes ist die pakistanische mit annähernd 200 000 Mann. Die arabischen Staaten und Persien haben zusammen ungefähr 300 000 Mann unter Waffen. Militärsachverständige sind jedoch der Ansicht, daß nur die von britischen Offizieren ausgebildeten zwei Divisionen der jordanischen Arabischen Legion, und vielleicht noch die ägyptische Armee mit ungefähr 80 000 Mann, einigermaßen den für eine moderne Kriegführung erforderlichen Maßstäben der Ausbildung, Organisation und Ausrüstung genügen. Alle, die die türkische Brigade im koreanischen Kampfeinsatz beobachtet haben, zollen dem Kampfgeist der türkischen Soldaten großes Lob. Die Türkei hat in den letzten sieben Jahren westliche Militär-hilfe für schwere Ausrüstung und für den Bau von Häfen, Flugplätzen, Nachschubstraßen u. a. im Werte von über einer Milliarde Dollar erhaltep. Da die Türkei als eines der wenigen Länder im nahöstlichen Raum eine gut funktionierende allgemeine Wehrpflicht eingeführt hat, gibt es dort über eine Million Reservisten, die ganz oder teilweise ausgebildet sind. Auf der anderen Seite jedoch ist jeder zweite türkische Rekrut Analphabet, und seine einzigen technischen Fähigkeiten hat er höchstwahrscheinlich während des Militärdienstes erworben. Das Industriepotential der Türkei wurde zwar durch die kürzlich getroffenen Maßnahmen der Regierung und durch die amerikanische Hilfe ungeheuer gesteigert, reicht aber immer noch nicht aus, um die mechanisierten Truppenteile der türkischen Armee zu versorgen, geschweige denn neu auszurüsten.

Die amerikanische Militärhilfe für Pakistan und den Irak hat eben erst eingesetzt. In den arabischen Ländern und in Persien gibt es kaum eine Schwerindustrie. Nur Israel verfügt neben einer gut ausgebildeten Armee, die sofort mobilisiert und auf ungefähr 200 000 Mann gebracht werden kann, über annähernd ausreichende technische Voraussetzungen für einen Reparatur-und Versorgungsdienst der Truppe im Falle von großangelegten militärischen Operationen. Angesichts der in letzter Zeit noch erhöhten Spannungen und heftigen Zwischenfälle an Israels Grenzen sind die Aussichten auf eine Integrierung dieses Staates in ein nahöstliches Verteidigungssystem noch mehr geschwunden. Kurzum: ein Großteil der ausgebildeten Truppen und nahezu die gesamte militärische Ausbildung — die beide für eine wirksame Verteidigung erforderlich sind — werden den Ländern des Nahen Ostens von außen her gestellt werden müssen.

Die Türkei hat nicht nur die größte Armee und ein Terrain, das sich ganz ausgezeichnet für die Verteidigung eignet, sondern auch das am besten ausgebaute Straßen-und Eisenbahnnetz des Nahen Ostens. Zwei Fernstraßen verbinden die Türkei mit dem Irak und dem Persischen Golf, sowie mit Syrien und Jordanien; eine dritte, die Transiranische Straße, verbindet den Persischen Golf und das Kaspische Meer. Alle größeren Eisenbahnlinien sind aber eingleisig, und die Straßen in der Türkei und Persien führen über viele Brücken und durch zahlreiche Tunnel. Izmir, Beirut, Haifa, Alexandrien und Basra — um nur einige Beispiele zu nennen — verfügen über sehr gute Häfen; andere sind im Bau begriffen, z. B. Iskenderum, Ladikyde und auf Cypern. Die Militärflugplätze in diesem Raum sind weit genug verstreut, um eine gewisse

Sicherheit gegen feindliche Angriffe zu bieten. Flugplätze sind in Dharahn (im Staate Saudi Arabien) und in Habanjyah (in Irak) angelegt, sowie zahlreiche größere und kleinere Flughäfen in der Türkei, auf Cypern, in der Suezkanalzone, in Lybien, in Französisch-Nordafrika und in Spanien.

Dem Mangel an militärischer Ausbildung und Ausrüstung, an Nachschubstraßen und sogar an Industrieanlagen im Nahen Osten könnte abgeholfen werden, wenn Geldmittel, kompetente Ratgeber und Zeit in genügendem Maße zur Verfügung ständen. Die entscheidenden Hindernisse auf dem Wege zu einer wirksamen und integrierten Verteidigung des nahöstlichen Raumes liegen jedoch weder auf der militärischen, noch auf der wirtschaftlichen, sondern vielmehr auf der politischen Ebene. Alle diplomatischen Versuche, ein umfassendes Sicherheitssystem im Nahen Osten zu schaffen, sind bisher zunichte gemacht worden durch die tiefwurzelnde Uneinigkeit der Völker dieses Raumes untereinander und durch ihr Mißtrauen dem Westen gegenüber. Auf diese Weise sind auch die Bemühungen um eine wirtschaftliche Entwicklung dieser Länder aufgehalten und der sowjetischen Propaganda und Diplomatie Tor und Tür geöffnet worden.

Internationale Spannungsmomente

Der Nahe Osten ist sozusagen „gespickt" mit Grenzstreitigkeiten und anderen internationalen Spannungsmomenten. Griechenland, Großbritannien und die Türkei haben sich über Cypern entzweit; Syrien hat selbst nach 16 Jahren immer noch nicht den Verlust von Iskenderun an die Türkei verwunden; die Beziehungen der arabischen Staaten untereinander sind durch Rivalitäten zwischen den Haschniten, sowie zwischen Ägypten und dem Irak kompliziert worden; Ägypten hat seinen Traum eines einheitlichen Nilstaates nicht vergessen; Afghanistan fordert von Pakistan die Unabhängigkeit des Grenzstreifens von Pushtu; Pakistan und Indien sind wegen Kaschmir verfeindet. Ägypten hat seine Revolution, Syrien eine Serie von Militär-Putschen, Persien verschiedene autoritäre Regime und schließlich auch der Irak chronische Regierungskrisen durchgemacht. In letzter Zeit ist die Türkei von einer ernsten Wirtschaftskrise befallen worden. Der Palästinakonflikt, der schlimmste von allen, wurde durch den Waffenstillstand von 1949 nur vorübergehend vertagt und droht seitdem in regelmäßigen Zeitabständen den Nahen Osten erneut in einen Krieg zu stürzen. Die ganze Zeit über ist der Konflikt auf beiden Seiten verschärft worden durch die Misere von nahezu einer Million verarmter arabischer Flüchtlinge, durch den arabischen Wirtschaftsboykott und die Teilblockade Israels, durch die rivalisierenden Ansprüche auf Wasserquellen und durch fortgesetzte Grenzzwischenfälle.

Schon seit langem werden die Beziehungen zwischen den Arabern und dem Westen am meisten durch die Palästinafrage belastet. In der Zeit nach dem ersten Weltkrieg, — ja beinahe während der ganzen hundert Jahre vor 1914 — lagen die Interessen der Westmächte im Nahen Osten in erster Linie auf dem wirtschaftlichen und strategischen Sektor. Nur in Palästina bedeutete das Kolonialsystem tatsächlich Kolonisation. Die Zionisten, durch die britische Mandatsmacht ins Land gerufen und von amerikanischen Geldern unterstützt, waren nach Israel gekommen, um dort zu bleiben. Sie proklamierten dort den Nationalstaat Israel genau zu einer Zeit, als sich anderorts im Nahen Osten der Kolonialismus bereits in vollem Rückzug befand. Die gemeinsame Opposition gegenüber Israel und seinen westlichen Helfern ist somit zu einem der wenigen, wirksamen politischen Bande unter den arabischen Staaten geworden.

Im allgemeinen hat die Einstellung der nahöstlichen Völker dem Westen gegenüber immer zur Ambivalenz tendiert. Seit dem Ende des achtzehnten Jahrhunderts ist die technische und militärische Überlegenheit des Westens sowohl der wichtigste Anreiz, wie auch das wichtigste psychologische Hindernis für eine „Verwestlichung“ gewesen. In ihrer Diplomatie gingen die Regierungen des Nahen Osten bald dazu über, die geographisch entfernter gelegenen europäischen Staaten gegen die näher gelegenen auszuspielen und die großen europäischen Kriege zur Erlangung einer größeren Unabhängigkeit auszunutzen. Unter dem gegensätzlichen Druck von Großbritannien und Rußland hielt Persien lange eine labile Souveränität aufrecht. Im ersten Weltkrieg riefen die Araber Großbritannien zu Hilfe, um die ottomanische Herrschaft abzuschütteln. Im zweiten Weltkrieg jedoch konnten Männer wie der Mufti von Jerusalem, der ägyptische Ministerpräsident Ali Mahir und Mshid Ali, der Führer des irakischen Putsches von 1941, der Versuchung nicht widerstehen, sich mit den Achsenmächten zu verbünden, um auf diese Weise die Engländer los zu werden. Viele nahöstliche Staaten — und besonders die Araber, die bisher mit Rußland keinen direkten Kontakt gehabt haben — neigen von ihrem begrenzten Blickwinkel aus dazu, in dem augenblicklichen Weltkon-flikt lediglich einen weiteren Disput zwischen zwei europäischen Mächtegruppen zu sehen. Wiederum ist die Versuchung groß, aus der Spannung unter den Mächten für die eigenen politischen Aspirationen Profit zu schlagen.

Regionale Uneinigkeit und Animosität gegenüber dem Westen

Regionale Uneinigkeit und Animosität gegenüber dem Westen sind seit langem in vielen Teilen der Welt an der Tagesordnung. Es gibt jedoch mehrere, in dem oben Gesagten eigentlich schon angedeutete Gründe dafür, daß sich diese Phänomene in der heutigen Zeit besonders ernst auf den Nahen Osten auswirken. Zum ersten ist der Nahe Osten im Gegensatz zu Süd-und Ost-asien mit den dortigen Halbinseln und Archipelen ein zusammenhängender Raum, der höchstwahrscheinlich als ganzes „stehen oder fallen wird", ob es sich nun um einen heißen oder kalten Krieg handelt. Zum zweiten erfordert die Eindämmung einer weltweiten Aggression die Ausschaltung von Störungsfaktoren in einen breiten Gürtel. Die Wirksamkeit aller Verteidigungspläne der nördlichen Flanke — um nur ein Beispiel zu nennen — wird aber ernsthaft in Frage gestellt, wenn dadurch Länder wie Afghanistan, Syrien oder Ägypten veranlaßt werden, zur anderen Seite umzuschwenken. Zum dritten wird der Kampf um die volle Souveränität und Industrialisierung in den früher „abhängigen“

Kolonial-und Agrargebieten unvermeidlicherweise auf das gefährlichste mit dem gegenwärtigen Ost-West-Konflikt verquickt. Das Punkt-Vier-Programm von Präsident Truman trug diesem Zusammenhang Rechnung. Die Kommunisten sind sich dieses Zusammenhanges seit Lenins Schriften über den Kolonialismus bewußt. Ihr kühnes, neues Programm der Unterstützung für die nationalistischen und antiwestlichen Aspirationen der Länder, die sie — reich an Einfällen — „Kolonien und Halbkolonien der imperialistischen Mächte" nennen, geht schon auf das Jahr 1917 zurück. Obwohl heute beinahe der ganze Nahe Osten völlig souverän ist, stellt sich das Problem der „Entkolonialisierung“ immer noch in seiner klassischen Form in solchen Gebieten wie Zypern und Nordafrika dar; wie nämlich eine verantwortliche Selbstverwaltung, ein lebensfähiges Wirtschaftssystem und äußere Sicherheit gefördert werden können, bevor die Forderungen nach Unabhängigkeit alles andere hinwegspülen. Jedes Zögern und jede Fehlspekulation auf diesem Gebiet der Politik bringt es leicht mit sich, daß die Sache des Westens Einbußen erleidet. Nicht nur werden unsere Beziehungen zum Nahen Osten dadurch vergiftet; auch die Kreml-Propaganda erhält Wasser auf ihre Mühlen.

Obwohl die hier angedeuteten militärischen und politischen Schwierigkeiten nicht zu verkennen sind, muß doch festgestellt werden, daß sich der Nahe Osten bisher gegenüber einer sowjetischen Bedrohung als relativ gesichert erwiesen hat. Die türkische Armee, die bis in die Mitte der vierziger Jahre durch die Engländer, und in letzter Zeit durch die Vereinigten Staaten unterstützt wurde, bewacht die ohnehin schon unzugänglichen östlichen Gebirge Anatoliens und stellt für unvorsichtige, militärische Abenteuer einen ausgesprochenen Abschreckungsfaktor dar. Die Südflanke des Nahen Ostens wurde durch die britischen Verträge mit dem Irak und Jordanien, vor allem aber durch die britische Kontrolle des Suezkanals gestützt. (Im zweiten Weltkrieg diente die Suezkanalzone als Operationsbasis für bis zu'41 Divisionen. Diese Zahl entspricht der Stärke aller Streitkräfte, die heute im Gebiet des „Nordgürtels“ unter Waffen stehen. In diesem Gebiet gab es noch im Jahre 1954 mehr britische Nachschubverbände als die ganze ägyptische Armee zusammengenommen.) In den Jahren 1945 bis 1947 wurde der letzte große Versuch der Sowjetunion, ihren Machtbereich auch nach dem Nahen Osten hin auszudehnen, durch den Widerstand der beteiligten Völker selber zunichte gemacht, denen die Militärhilfe und die Diplomatie der Westmächte zur Seite stand: die kommunistischen Truppen wurden in Griechenland und Persien entweder besiegt oder zurückgezogen, und die Annäherungsversuche der sowjetischen Diplomatie, die mit dem Ziel eines Fußfassens am Bosporus und in Lybien unternommen wurden, stießen auf keinerlei Gegenliebe.

In den Jahren nach 1947 wird vielleicht die Tatsache, daß sich die Sowjetunion in erster Linie auf China und den Fernen Osten konzentrierte, zu einem Nachlassen des Druckes auf den Nahen Osten beigetragen haben. In dieser Zeit wurde die westliche Position durch die Zulassung Grie-chenlands und der Türkei zur NATO im Jahre 1952, wie auch durch die Abkommen über die britischen Stützpunkte in Jordanien und Lybien und über amerikanische Flugplätze in Lybien und Saudi Arabien konsolidiert. Westliche Diplomaten waren jedoch viele Jahre lang in erster Linie durch ihre Versuche äußerst stark in Anspruch genommen, den britisch-ägyptischen, den britisch-persischen und den Palästina-Konflikt zu lösen. Ihre Bemühungen um die Organisation eines allumfassenden, mittel-östlichen Verteidigungssystems scheiterten, als man auf die Feindschaft der Araber stieß. Diese Feindschaft ergab sich aus der Palästinafrage sowie aus der ägyptischen Forderung nach der Evakuierung der Suezkanalzone und des Sudans. Nach seiner Reise durch den Nahen Osten im Frühjahr 1953 schlug Mr. Dulles eine neue Lösung des ganzen Problems vor. Er wies warnend darauf hin, daß eine mittel-östliche Verteidigungsorganisation „weniger im Augenblick, als für die Zukunft eine Möglichkeit“ darstelle, und „ein solches System nicht unter einem Druck von außen zustande kommen könne“. Er glaubte daher, daß die Vereinigten Staaten darauf hinarbeiten sollten, „die koordinierte Verteidigung der Länder auszubauen, die einen solchen Ausbau wünschen, und zwar nicht, weil sie gegeneinander oder gegen den Westen Krieg führen, sondern weil sie der gemeinsamen Bedrohung aller freien Völker Widerstand entgegensetzen wollen". Damals lag eine solche Bereitschaft in erster Linie bei den Staaten des „Nordgürtels“ vor. Der Nordgürtel-Verteidigungsplan wurde verwirklicht durch den Türkisch-Pakistanischen Freundschaftspakt vom Frühjahr 1954, durch die Abkommen über amerikanische Militärhilfe für Persien und Pakistan und durch den Bagdad-Pakt (vom Februar 1955). Großbritannien, Pakistan und Persien traten bald dem Bagdad-Pakt bei, und im Spätherbst des Jahres 1955 schien die Möglichkeit zu bestehen, daß sich auch Jordanien anschließen würde.

Der Bagdad-Pakt

Der einleuchtendste Vorteil der Politik einer Nordgürtel-Verteidigung bestand darin, daß diese Politik endlich aus der diplomatischen Sackgasse herausführte, in die schon seit Jahren alle Versuche einer integrierten Verteidigung im Nahen Osten geraten waren. Die westlichen Streitkräfte werden jetzt im Falle einer militärischen Aggression von Rußland her in die Lage versetzt, an der entscheidenden Zagros-Verteidigungslinie Widerstand zu leisten. Vom psychologischen Standpunkt aus betrachtet, trugen sowohl der Beitritt Persiens zum Bagdad-Pakt im Oktober wie die Sitzung des Bagdadrates im November dazu bei, den Propagandaerfolg des ägyptisch-tschechoslowakischen Waffenabkommens ein wenig wettzumachen.

Man sollte jedoch die augenblicklichen, vielleicht sogar auch die potentiellen Vorteile des Bagdad-Paktes durchaus zurückhaltend beurteilen. Die Wirksamkeit des Paktes wird nämlich weitgehend von der inneren Stabilität jedes einzelnen Signatarstaates abhängen. In mindestens zwei dieser Staaten — nämlich in Persien und im Irak — haben sich aber die Regierungen nur dadurch an der Macht halten können, daß sie jede potentielle Opposition bereits im Keime vollständig zum Schweigen brachten. Persien, der Irak, ja sogar Pakistan weisen in ihrer militärischen Ausrüstung und Ausbildung immer noch schwerwiegende Mängel auf. Strategisch gesehen behält die Konzeption des Nordgürtels nur ihre Gültigkeit, solange Jie Nachschublinien durch die anderen arabischen Staaten für den Westen zugänglich bleiben, mindestens aber nur so lange, wie man sich bei einem Kriegsausbruch auf eine wohlwollende Neutralität der „Südgürtel-Länder“ verlassen kann. Die einzige Bahnverbindung zwischen der Türkei und dem Irak folgt der syrischen Grenze etwa 500 km und überquert dann rund 70 km syrischen Gebietes. Es gibt gegenwärtig keinerlei Bahnlinien oder erstklassige Straßen von der Türkei und dem Irak nach Persien, oder von Persien nach Pakistan. Die „na-türlichen" Nachschublinien des Westens zu allen Nordgürtel-Staaten (mit Ausnahme der Türkei) laufen daher durch Syrien nach dem Irak, oder durch die Suezkanalzone nach dem Persischen Golf. Man darf davon ausgehen, daß der Westen diese Verbindungslinien im Falle eines bewaffneten Angriffes auf den Nahen Osten abschirmen kann. Sollte es sich jedoch zeigen, daß der tschechische Waffenhandel nur der Anfang eines kommunistischen Eindringens in den „Südgürtel“ darstellt, so würde der militärische Wert des Bagdad-Paktes ernstlich in Frage gestellt.

Die Suezkanalzone bleibt nach wie vor der strategische Mittelpunkt des gesamten nahöstlichen Raumes. Durch das britische Abkommen vom Oktober 1954 über die Evakuierung der Suezkanalzone entfällt im Rücken der Nordgürtelstaaten ein ganz entscheidender Schutz. Ägypten hat zwar versprochen, eine britische Wiederbesetzung der Kanalzone im Falle eines bewaffneten Angriffs auf irgendeinen arabischen Staat oder auf die Türkei zuzulassen. Es könnte jedoch sein, daß dafür im Ernstfälle nicht mehr genügend Zeit bliebe. Zypern kann wegen seiner geographischen Lage und der Beschaffenheit seines Terrains nicht als ein vollwertiger Ersatz für die Suezkanalzone dienen. Das war auch niemals beabsichtigt.

Eine Zeitlang schienen die Hoffnungen berechtigt, daß sich Ägypten, nachdem es seine Ansprüche auf die Suezkanalzone durchgesetzt hatte, dem westlichen Verteidigungssystem aus freien Stücken anschließen würde. Die Vertragsverhandlungen über das „NordgürteT'-System mögen teilweise den Zweck verfolgt haben, Ägyptens Entscheidung schneller herbeizuführen. Falls die westliche Diplomatie solche Absichten hatte, so muß man heute konstatieren, daß sie einen Fehlschlag erlitten hat. Ägypten reagierte sofort damit, daß es den Abschluß einer militärischen Allianz mit Syrien und Saudi-Arabien ohne außer-regionale Bindungen ankündigte. Man wird rückschauend auch feststellen müssen, daß der Beitritt des Irak zum Bagdad-Pakt dem kürzlich erfolgten sowjetisch-ägyptischen Schachzug der Waffenlieferungen zweifellos Vorschub leistete. Denn dieser Beitritt des Irak vereitelte schließlich den alten Ehrgeiz Ägyptens, Sprecher der arabischen Staaten in allen außenpolitischen Fragen zu sein. Hinzu kam natürlich der Fehlschlag der ägyptischen Politik eines „Vereinigten Niltales“ — der angesichts des englischen und später sudanischen Widerstandes unvermeidlich war —; ferner die zunehmende Verschärfung der ägyptisch-israelischen Beziehungen und schließlich die Tatsache, daß eine militärische Junta in Ägypten die Armee zufriedenstellen und ihre allgemeine Popularität durch irgendwelche dramatischen Beweise der Unabhängigkeit erhöhen mußte.

Wir fassen zusammen: die westliche Politik hat den Erfolg eines Bündnis-Systemes in einem Teil des Nahen Ostens damit bezahlen müssen, daß die Kluft zwischen dem Westen und anderen Ländern des nahöstlichen Raumes vergrößert wurde. In ihrem Streben nach dem Aufbau von Positionen der militärischen Stärke hat sie das Risiko auf sich genommen, damit der sowjetischen Propaganda und den sowjetischen diplomatischen Manövern einen noch größeren Spielraum zu gewähren. Der ganze Nordgürtelplan läßt somit die Frage unbeantwortet, inwieweit ein halbes regionales Verteidigungs-System besser ist als gar keines.

Die sowjetischen Ziele und Möglichkeiten

Eine wertende Beurteilung der westlichen Verteidigungspositionen im Nahen Osten wäre unvollständig, wenn man nicht ebenfalls die sowjetischen Ziele und Möglichkeiten in diesem Raume einer Analyse unterzieht, sei diese auch noch so hypothetisch. Dabei sollten im wesentlichen drei Alternativen in Betracht gezogen werden: 1. Zunächst besteht die Möglichkeit eines Großangriffes auf den Westen mit Hilfe von Atom-und Wasserstoffbomben sowie mit interkontinentalen Geschossen. Man kann mit einiger Sicherheit voraussagen, daß der Nahe Osten im Falle eines solchen Krieges nicht zu den wichtigsten sowjetischen Angriffszielen gehören würde. Wenn man von der Annahme ausgeht, daß die Russen mit einem solchen Groß-angriff einen „Überraschungs-K. O. -Schlag“ gegen den Westen zu führen beabsichtigten, so würde Rußlands einziges und unmittelbares Interesse am Nahen Osten darin bestehen, die alliierten Luftstützpunkte zu zerstören, um dadurch den Umfang massierter Vergeltungsmaßnahmen einzuschränken.

Vom Standpunkt des Westens aus betrachtet stellt die Verteidigung des Nahen Ostens in erster Linie ein Mittel, und nicht so sehr einen Selbstzweck dar. Im Nahen Osten sind weder die Errungenschaften der von uns verteidigten Freiheit beheimatet, noch die Industrieanlagen, mit denen wir diese Verteidigung durchführen müssen. In einem aufs ganze gehenden Weltkrieg würde die Hauptbedeutung des Nahen Ostens darin bestehen, daß er eines — wenn auch das zielempfindlichste — von mehreren Gebieten darstellt, von denen aus ein westlicher Gegenangriff gegen die Zentren der sowjetischen Industrie und Luftmacht vorgetragen werden könnte. Der Umfang des bei einem Großangriff auf den Nahen Osten einzusetzenden militärischen Potentials würde davon abhängen, wie viele Luftstreitkräfte Rußland von seinem Hauptangriffsziel abzuzweigen bereit und in der Lage wäre. Die Verteidigung gegen einen solchen Großangriff würde ihrerseits beinahe ausschließlich von der Stärke der westlichen Luftstreitkräfte in diesem Raum abhängen. 2. Eine mit Land-und Luftstreitkräften vorgetragene russische Invasion des Nahen Ostens würde zwar zunächst vielleicht auf geringeren Widerstand stoßen als in Europa, dafür aber im Anfangsstadium in sehr viel schwierigerem Gelände operieren müssen. Die Militärexperten sind der Ansicht, daß die Streitkräfte des Westens, die sich augenblicklich im Nahen Osten befinden, einer massierten russischen Großoffensive nicht sehr lange standhalten könnten. Die Taurus-Zagros Verteidigungslinie würde jedoch einen Angreifer unter Umständen für einige Wochen, vielleicht sogar für einige Monate aufhalten, wenn man diese Verteidigungslinie im Rahmen des Bagdad-Paktes richtig ausbaut. Dem Westen könnte es dadurch ermöglicht werden, die nötigen Verstärkungen herbeizuführen — immer vorausgesetzt, daß die südlichen Nachschublinien erhalten blieben.

Mit dieser zweiten Form eines bewaffneten Angriffes ist kaum zu rechnen, solange die Russen wissen, daß dann die gesamte Verteidigungs-und Vergeltungsmacht des Westens sofort zum Einsatz gebracht werden würde. Man kann gegen diese Feststellung vielleicht einwenden, daß das Gerede von massierten Vergeltungsmaßnahmen seit den Tagen von Dienbienphu so gut wie verstummt ist, und daß die Russen im Vertrauen auf die für beide Teile gleichermaßen abschreckende Wirkung der atomaren Waffen vielleicht versucht sein könnten, sich ohne Furcht vor allumfassenden Vergeltungsmaßnahmen auf begrenzte militärische Abenteuer einzulassen. Man könnte auch einwenden — und dies vielleicht sogar mit noch mehr Berechtigung — daß der ganze Kampf gerade im Nahen Osten, in Süd-und Ostasien und in Afrika ausgetragen werden würde, solange Europa weiterhin fest in der Hand des Westens ist. Dem kann man wiederum entgegenhalten, daß der Nahe Osten schon jetzt in Friedenszeiten einen „Pluspunkt“ aufweist, den es bis zu den Entscheidungskämpfen in Indochina im südostasiatischen Raum überhaupt nicht gab: nämlich den Kern eines zusammenhängenden, regionalen Verteidigungs-Systems. Die Westmächte sind durch die NATO vertraglich zur Verteidigung Griechenlands und der Türkei verpflichtet und mit Pakistan durch die SEATO verbunden; Großbritannien, die Türkei und Pakistan ihrerseits sind auf Grund des Bagdad-Paktes zur gemeinsamen Verteidigung Persiens und des Irak verpflichtet. Eine Erklärung, daß die Westmächte jeden bewaffneten Angriff Rußlands auf seine nahöstlichen Nachbarn als einen Angriff auf sich selbst betrachten würden, wäre daher nicht das Ergebnis einer im letzten Augenblick vorgenommenen Improvisation, sondern entspräche vielmehr dem Kern einer seit langem feststehenden und sorgsam geplanten Politik. Jede Fehlspekulation in bezug auf die Absichten des Westens in diesem Raum würde also für den Kreml äußerst gefährliche Folgen haben. Denn Rußland hat an seinen nahöstlichen Grenzen keine Satelliten und — mit Ausnahme von Afghanistan auch keine neutralen Puffer-staaten. Dort gibt es weder ein Nordkorea, noch eine chinesische Volksrepublik, die die Haupt-last einer alliierten Gegenoffensive tragen könnten. Die Schaffung des nördlichen Verteidigungsgürtels scheint daher die Wahrscheinlichkeit eines offenen Angriffes zu Lande und in der Luft sehr verringert zu haben. Und es kommt schließlich noch ein anderer, leider weniger beruhigender Grund hinzu, warum mit einem bewaffneten Angriff von Seiten Rußlands im Nahen Osten in naher Zukunft kaum zu rechnen ist: Die Sowjets haben nämlich viel zu große Erfolge bei der drittenVariante eines „Angriffes“ aufzuweisen. 3. Diese besteht in der Tatsache, daß die unmittelbarste Gefahr zur Zeit die einer „friedlichen „Unterwanderung" ist, einmal durch Propaganda und diplomatische Manöver, zum zweiten durch Militär-und Wirtschaftshilfe. Von Fall zu Fall würden solchen Maßnahmen vielleicht auch Umstürze und notdürftig verschleierte militärische Aktionen folgen, wie das zum Beispiel vor zehn Jahren in Griechenland ur. d Adscherbajan der Fall gewesen ist. Man braucht über die Wahrscheinlichkeit dieser Art von Offensiven gar keine Spekulationen anstellen. Der Propagandafeldzug ist bereits seit Jahren in vollem Gange, und zwar wurde er durchgeführt von den örtlichen kommunistischen Bewegungen, von den sowjetischen Informationsbüros, bei den Industriemessen, bei Besuchen führender Persönlichkeiten wie Abdel Nasser und Nehru in Moskau und schließlich im Rahmen der UN und auf der Konferenz von Bandung. Die Nachrichten der letzten vier Monate ‘ haben klar erkennen lassen, daß die zweite Propaganda-Phase, nämlich die einer intensiven diplomatischen Tätigkeit und einer militärischen und wirtschaftlichen Hilfe jetzt auf Hochtouren läuft. Nach vorliegenden Informationen sollen sowjetische Waffenlieferungen an Ägypten MIG Flugzeuge, Unterseeboote und andere schwere Waffen enthalten, — kurz gesagt Waffen, die bisher noch niemals irgendeinem der nahöstlichen Länder, oder besser gesagt, irgendeinem kleineren Staat einzeln zur Verfügung gestellt wurden. (Eine Ausnahme stellt z. B. die NATO dar. Hier handelt es sich aber um ein regionales Sicherheits-System.) Kürzlich erklärte der sowjetische Botschafter in Kairo Journalisten gegenüber, er erwarte die Ankunft „sowjetischer Wirtschaftsdelegationen, wissenschaftlicher Missionen, Landwirtschaftsmissionen, meteorologischer Missionen — kurz aller Art von Missionen, die man sich überhaupt vorstellen kann." Der Abschluß eines Militär-Paktes zwischen Ägypten, Syrien und Saudi-Arabien, der kürzlich abgeschlossene Freundschaftspakt zwischen der Sowjetunion und dem Yemen, Ägyptens offene Unterstützung der Nationalisten in Nordafrika, die sich immer enger gestaltenden Wirtschaftsbeziehungen zwischen der Sowjetunion und Afghanistan und schließlich das Gerücht, daß Rußland Hilfeleistungen für die arabischen Palästina-Flüchtlinge anbieten könne — alle diese Tatsachen eröffnen Perspektiven, die für die Männer des Kreml äußerst verführerisch sein müssen.

Gegenvorschläge

Es wäre anmaßend, wollte man in einer sich ständig so rasch wandelnden diplomatischen Gesamtlage irgendwelche bestimmten taktischen Züge empfehlen, von denen notwendigerweise ohnehin nur ein Teil für die Öffentlichkeit sichtbar wird. Tatsächlich ist es leichter, die Gefahren aufzuzeigen, die sich in Verfolg eines bestimmten politischen Kurses ergeben könnten, als positive Gegenvorschläge zu machen. Einige abschließende Feststellungen mögen hier jedoch noch angebracht erscheinen.

Man muß den westlichen Staatsmännern dafür ein Lob spenden, daß sie jeden Gedanken daran abgelehnt haben, Ägypten nunmehr westliche Waffenlieferungen anstelle der aus den Ländern hinter dem Eisernen Vorhang bezogenen anzubieten. Dies hieße einer Erpressung nachgeben. Man muß hoffen, daß der Westen ebenso den Gedanken ablehnen wird, die sowjetischen Waffenlieferungen an Ägypten durch Lieferungen gleicher Mengen von Waffen an Israel wettzumachen, oder aber Israel einen einseitigen Garantievertrag anzubieten (im Gegensatz zu einem zweiseitigen Garantievertrag der Grenzen sowohl Israels wie seines Nachbarn). Beide Maßnahmen würden die bis aufs äußerste gespannte Lage nur verschlimmern und könnten dazu beitragen, daß die bisher neutralen arabischen Länder in die Arme Rußlands getrieben werden. Es kann kein Zweifel darüber bestehen, daß der Westen mit allen Mitteln das Wiederaufleben eines Heißen Krieges in Palästina verhindern muß, und sei es nur darum, weil sich ein solcher Krieg beinahe mit Sicherheit ausdehnen und unter Umständen unaufhaltsam um sich greifen würde. Aus diesem Grunde könnte eines Tages die Entsendung von Truppen notwendig werden, um die Kämpfenden sozusagen physisch zu trennen, — so unangenehm eine solche Maßnahme auch erscheinen mag. Im Rahmen der Vereinten Nationen wären derartige Aktionen wahrscheinlich durch sowjetische Vetos zum Scheitern verurteilt, oder aber sie würden eine direkte Beteiligung der UdSSR selber beinhalten. Aus diesen Gründen wäre eine Initiative vonseiten der bereits bestehenden Waffenstillstandskommission vielleicht vorzuziehen. Oder aber die Vereinigten Staaten, Großbritannien und Frankreich müßten als Signatarstaaten der Erklärung über den Status Quo in Palästina vom Jahre 1950 diese Initiative ergreifen. Mit den Russen direkt über eine „Lösung" der Krise im Nahen Osten zu verhandeln, würde sowohl ab-surd wie auch demütigend sein; denn man kann von den Russen kaum erwarten, daß sie aufrichtig an der „Lösung" einer Situation interessiert sind, die zu verwirren sie sich offensichtlich die größte Mühe gegeben haben. Etwas anderes wäre es natürlich, wenn diese Lösung zu ihren Gunsten ausginge.

Die größte Gefahr besteht vielleicht darin, daß wir aus unserer berechtigten und dringenden Sorge über die gespannte Lage in Palästina die tiefere Bedeutung der kürzlichen sowjetischen Schachzüge übersehen. Diese Schachzüge stellen nicht in erster Linie eine militärische Bedrohung dar. Sie sind auch nicht nur eine Bedrohung für Israel oder sogar nur für den Nahen Osten. Letztlich steht die ganze Stellung der freien Welt im Mittelmeer und am Indischen Ozean, in Südasien und in Nordafrika auf dem Spiel. Der Westen sollte daher immer mehr eine Konsolidierung seiner Position in den von der augenblicklichen Krise nicht unmittelbar betroffenen Gebieten und politischen Einflußsphären anstreben, gleichzeitig jedoch jeden Augenblick dazu bereit sein, Gegenmaßnahmen zu ergreifen oder Dämme aufzurichten, wenn immer die Lage im Nahen Osten dies erforderlich macht. Wir müssen die Verteidigungs-und Verbindungslinien des „Nordgürtels“ stärken und gleichzeitig alles tun, um einer weiteren Infiltration im Rücken dieser Zone vorzubeugen. Da der Westen auf dem Gebiet der wirtschaftlichen und technischen Hilfe in zunehmendem Maße mit dem Sowjetblock in einen Wettbewerb eintreten muß, wird schon viel gewonnen sein, wenn solche Projekte wie der Assuan-Staudamm mit Hilfe westlicher Gelder und westlicher Experten fertig-gestellt wird. Auch die Verteidigung solcher Gebiete wie Lybien, Französisch Nordafrika, Abessinien und Kenya wird weiter ausgebaut werden müssen. Darüber hinaus wird man hoffen können, daß nach der Rückkehr des Sultans Ben Yussef auch die Marokko-Frage nach dem Muster des französisch-tunesischen Abkommens und auf der Basis eines stets größeren Spielraumes für die Selbstverwaltung geregelt werden wird, und daß schließlich auch die Zypernfrage einer Lösung nähergebracht werden kann, bevor es zu einer neuen Serie von größeren Krisen kommt.

Die Schlüsselstellung Ägyptens

Ägypten wird wahrscheinlich noch auf einige Jahre hinaus eine Schlüsselstellung in der gesamten nahöstlichen Lage einnehmen. Es wäre tragisch, wenn sich dieses Land waghalsig in die Arme eines viel eigennützigeren und rücksichtsloseren Kolonialsystems werfen würde, nachdem es gerade endgültig das abgeschüttelt hat, was es als Überreste des britischen Kolonial-systems ansah. Wir sollten aber nicht davon ausgehen, daß Ägypten dies tatsächlich bereits, getan hat, oder daß es durch das Waffenabkommen mit der Tschechoslowakei ein für alle Mal in das andere Lage hinübergezogen worden ist. Der Westen muß sich von einer alten Gewohnheit freimachen, die immer noch in einigen unserer offiziellen Verlautbarungen zutage tritt: nämlich von der Annahme, daß er es bei den Ländern des Nahen Ostens mit rückständigen oder ungezogenen Kindern zu tun hat, und nicht so sehr mit Staaten, die über ihre Geschicke in der internationalen Politik selber frei entscheiden können. Der Westen wäre auch gut beraten, wenn er die Bildung von lebensfähigen Staaten-gruppen fördern würde, so wie das die Engländer in ihren mittel-und westafrikanischen Gebieten getan haben. Auf lange Sicht hin würde ein starker nordost-afrikanischer Block etwa der Länder Ägypten, Sudan und Abessinien von immensem Wert nicht nun für den Nahen Osten selber, sondern auch für die Sache der ganzen freien Welt sein. Dabei wäre es garnicht einmal wichtig, ob feste Bindungen zum Westen bestehen würden oder nicht. Diese Staaten müßten vor allen Dingen entschlossen und in der Lage sein, jedem Angriff von außen Widerstand entgegenzusetzen. Eine Politik der Verteidigung muß bei jeder neu eintretenden Krise notwendigerweise auf einem gewissen Maß an Improvisation beruhen. Die Westmächte sollten jedoch in ihrer Politik neben dem bereits in Angriff genommenen „Löschen von Feuern“ viel stärker darauf abzielen, auch die potentiellen Brandherde im nahöstlichen Raum zu beseitigen. zum Anlaß genommen, ihn zur persona non grata zu erklären. Seitdem hat sich George F. Kennan als Mitglied des Institute of Advanced Study an der Universität Princeton theoretisch mit Fragen der amerikanischen Außenpolitik beschäftigt. Das Buch „Realites of American Foreign Policy (Princeton University Press, 1954) ist eines der Ergebnisse dieser Periode akademischer Zurückgezogenheit des Staatsmannes.

Dankwart A. Rüstow, Dozent für politische Wissenschaften an der amerikanischen Universität von Princeton.

Politik und Zeitgeschichte

AUS DEM INHALT UNSERER NÄCHSTEN BEILAGEN:

Ossip K. Flechtheim: „Großrussischer Imperialismus und weltrevolutionärer Bolschewismus"

Roland Klaus: „Nicht gestern, Freund, morgen!“

Wolfgang Leonhard: „Die Parteischulung der SED (1945— 1956)"

Hans Rothfels: „Das Baltikum als Problem der internationalen Politik"

Otto Schiller: „Das Agrarproblem Asiens und der Kommunismus"

Franz Schnabel: „Das humanistische Bildungsgut im Wandel von Staat und Gesellschaft" • • • „Urkunden zur Judenpolitik des Dritten Reiches" • • • „Kommunistische Untergrundarbeit in Deutschland"

Fussnoten

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