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Die deutsch-sowjetischen Beziehungen im Jahre 1964/65 | APuZ 29/1965 | bpb.de

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APuZ 29/1965 Russen und Deutsche Die deutsch-sowjetischen Beziehungen im Jahre 1964/65

Die deutsch-sowjetischen Beziehungen im Jahre 1964/65

Hans-Heinrich Mahnke

Die deutsche Außenpolitik steht im Spannungsfeld zweier Hauptziele: der Erringung der Wiedervereinigung und der Erhaltung des Friedens. Die Wiedervereinigung bedingt eine Veränderung des Status quo in Zentralmitteleuropa, so wie er unter stillschweigender Billigung von Ost und West zur Grundlage der gegenwärtigen detente-Politik geworden ist; die Erhaltung des Friedens bedingt — zumindest nach der sowjetischen Auffassung — die Einzementierung des Status quo und damit zugleich die Verfestigung der deutschen Spaltung. Die Formel „Wiedervereinigung in Frieden und Freiheit" verdeckt lediglich diese Spannung zwischen den beiden großen Zielen der deutschen Außenpolitik, sie löst sie nicht. Die deutsch-sowjetischen Beziehungen unterliegen dieser außenpolitischen Situation. Für die deutsche Ostpolitik folgt, daß sie eine relativ geringe Bewegungsfreiheit hat.

I. Die Entwicklung in der ersten Jahreshälfte 1964

Das deutsch-sowjetische Verhältnis in der ersten Hälfte des Jahres 1964 entwickelte sich zunächst in den gewohnten Bahnen, das heißt, es entwickelte sich überhaupt nicht. Die allgemeine Atmosphäre war frostig. Hierzu zwei Beispiele: Am Februar überreichte der Geschäftsträger der sowjetischen Botschaft in Bonn, I. N. Lawrow, Staatssekretär Carstens ein aide-memoire, in dem gegen die angebliche Herstellung von Raketensprengköpfen in der Bundesrepublik protestiert wurde. Am 17. März wurde der Leiter der Wirtschaftsabteilung an der deutschen Botschaft in Moskau, Heinz Naupert, ohne Angabe von Gründen zur persona non grata erklärt.

Daneben ging der deutsch-sowjetische Dialog weiter. Am 31. Dezember 1963 hatte Chruschtschow ein betont gemäßigtes Schreiben an Bundeskanzler Erhard gerichtet 1), in dem er ein Abkommen zur friedlichen Regelung territorialer Streitigkeiten zwischen den Staaten anregte. Zur Frage der deutschen Wiedervereinigung bemerkte er, daß „die Frage der Vereinigung selbstverständlich von den Völkern der Staaten selbst und von ihren Regierungen* ohne Einmischung und ohne Druck von außen" gelöst werden müsse. Während die Befassung der „Regierungen" mit diesem Problem dem Ulbricht-Regime allerdings ein klares Mitspracherecht zuzuschanzen bemüht ist, fehlt in diesem Brief noch die später auftauchende Behauptung, daß die Verschiedenheit der sozialen Systeme in beiden Teilen Deutschlands die Anwendung des Selbstbestimmungsrechts auf die deutsche Frage unmöglich mache.

Bundeskanzler Erhard antwortete am 18. Februar in konziliantem Ton hob aber gleichzeitig hervor, daß der „brutale Akt" der Berliner Mauer und die Gewalttaten an den Flüchtlingen an der Mauer „den Glauben an eine echte Entspannungsbereitschaft der UdSSR erschweren". Die Hauptursache der Spannungen in Europa sei die deutsche Teilung, die nur durch die Gewährung des Selbstbestimmungsrechtes für das deutsche Volk beseitigt werden könne. Die Sowjetunion nehme gegenüber dem deutschen Volke das „Recht des Stärkeren" in Anspruch. Die Politik der Bundesregierung sei demgegenüber „Friede, Gerechtigkeit und Selbstbestimmungsrecht in aller Welt; Friede, Gerechtigkeit und Selbstbestimmung für das deutsche Volk".

Die Tass-Erklärung vom 7. März 1964

Auf diesen pathetischen Appell antwortet die Sowjetunion am 7. März mit einer „autorisierten TASS-Erklärung", die in äußerst rüdem Ton den bekannten Katalog sowjetischer Vorwürfe gegen die Bundesrepublik aufführt Die Erklärung fordert den „Abschluß des deutschen Friedensvertrages" und die „Normalisierung der Lage in Westberlin". Der „einzig reale Weg März mit einer „autorisierten TASS-Erklärung", die in äußerst rüdem Ton den bekannten Katalog sowjetischer Vorwürfe gegen die Bundesrepublik aufführt 3). Die Erklärung fordert den „Abschluß des deutschen Friedensvertrages" und die „Normalisierung der Lage in Westberlin". Der „einzig reale Weg zur Vereinigung" sei der „Weg von Verhandlungen und Abkommen mit der DDR". Absolut unbegründet sei die Spekulation der Bundekregierung auf das Selbstbestimmungsrecht der Nationen. „Die Spaltung Deutschlands erfolgte nicht nach nationalem, sondern nach sozialem Prinzip, und zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR bestehen Unterschiede nicht nationalen Charakters, sondern in der sozialen und wirtschaftlichen Ordnung dieser Staaten."

Auch der Westen sei mit dem Bestehen zweier deutscher Staaten einverstanden. Die Teilung Deutschlands widerspräche nicht den nationalen Interessen Englands, Frankreichs und der Vereinigten Staaten. Was West-Berlin anbetreffe, so habe es nie zum Bestand der Bundesrepublik gehört und „wird niemals zu ihm gehören". Die Note ergeht sich dann in erneuten Vorwürfen des Revanchismus. Die Bundesrepublik wird als „der aggressivste und abenteuerlichste Staat in Europa" bezeichnet, und es wird behauptet, daß die Bundesrepublik den Zugang zu Kernwaffen fordere.

Bundeskanzler Erhard nennt die TASS-Erklärung am 17. März einen „deutlichen Rückfall in die Vulgärpropaganda, die die stalinistische Epoche gekennzeichnet hat". Das „Bulletin" der Bundesregierung widerlegt in einer Stellungnahme vom 10. April 1964 die Behauptung von TASS 4), welche als „propagandistisches Instrument" apostrophiert wird. Die ungezügelte Polemik beweise nur, daß ihr Argumente fehlten. „Man kann eben Politik nicht durch Beschimpfungen ersetzen." Interessant ist an der Stellungnahme, daß sie eine Formulierung enthält, welche die Möglichkeit einer Entschädigung für die Freigabe der sowjetischen Besatzungszone andeutet. „... Vielleicht fürchtet sie (die Sowjetunion), die Freigabe eines Gebietes, in dem der Kommunismus herrscht, werde der Sowjetunion politische und wirtschaftliche Nachteile bringen. Indessen: Solche Befürchtungen sind unserer Ansicht nach grundlos. Das deutsche Volk und jede gesamtdeutsche Regierung wären bestimmt bereit, dafür zu sorgen, daß der Sowjetunion aus der Wiedervereinigung kein Schaden entsteht."

II. Der Beistandspakt zwischen der UdSSR und der SBZ vom 12. Juni 1964

Mit dem Abschluß des Beistandspaktes zwischen der UdSSR 5) und der SBZ vom 12. Juni 1964 treibt die Sowjetunion ihre Bemühungen um die Zementierung des Status quo in Zentralmitteleuropa ein beträchtliches Stück voran. Die Grundsätze der sowjetischen Deutschlandpolitik erfahren nunmehr ihre vertragliche Fixierung 5a). Der Vertrag erweist sich dabei als ein weiterer Versuch, die „DDR" völkerrechtlich aufzuwerten — ein Versuch allerdings, der den Westen in keiner Weise völkerrechtlich bindet 6), über den Vertrag vom 20. September 1955 über die Beziehungen zwischen der „DDR" und der UdSSR geht der Vertrag vom 12. Juni 1964 erheblich hinaus. Der neue Vertrag ist detaillierter. In seinem Mittelpunkt steht die Sicherung der territorialen Integrität der Zone. Das Abkommen von 1955 hatte diese ausgeprägte Tendenz noch nicht. Es enthielt noch einige allgemein gehaltene Bekenntnisse zur Wiedervereinigung Auch wurde Berlin damals nicht erwähnt.

Andererseits steht der Bündnisvertrag von 1964 erheblich hinter den früheren sowjeti-sehen Ankündigungen — im besonderen hinter der sowjetischen Drohung mit einem separaten Friedensvertrag — zurück. Der Vertrag enthält Elemente, die ein gewissermaßen heimliches juristisches Umgehen des angekündigten separaten Friedensvertrages darstellen. Die nunmehr auch urkundlich gewordene Revozierung des Berlin-Ultimatums von 1958 deutet ebenso wie die frühzeitige Unterrichtung der Westmächte auf die Intention der UdSSR, die Spannungen in der deutschen Frage nicht zu verschärfen.

Zur Frage der Zweistaatentheorie

Die in Artikel 7 aufs neue bekräftigte und durch den Vertrag insgesamt weiter realisierte Zweistaatentheorie ist völkerrechtswidrig Sie überschreitet nicht nur die völkerrechtlichen Grenzen einer humanitären Intervention und stellt damit eine „innere Aggression" dar sondern widerspricht auch eigenen Äußerungen der sowjetischen Völkerrechtspublizistik. Die Bildung eines Separatstaates in Mitteldeutschland entspringt nicht einer Politik, die die Wiederherstellung der durch den Nationalsozialismus in Europa zerstörten Friedensordnung zum Gegenstand hat. Sie widerspricht auch der in der Berliner Deklaration vom 5. Juni 1945 sowie zunächst von der sowjetischen Völkerrechtspublizistik selbst vertretenen Ansicht daß das Deutsche Reich völkerrechtlich fortbestehe.

Die Völkerrechtswidrigkeit der sowjetischen Zweistaatentheorie ist dadurch gekennzeichnet, daß sie gegen die Grundsätze der Satzung der Vereinten Nationen — im besonderen gegen das in Artikel 2 Ziffer 7 SVN niedergelegte Verbot der Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines Staates — verstößt und das Selbstbestimmungsrecht der Völker verletzt. Der SBZ fehlen die notwendigen staats-und völkerrechtlichen Voraussetzungen der Staatlichkeit nämlich die originäre Staatsgewalt und der tatsächliche Wille der Bevölkerung, eine völlig neue Staatsform zu errichten

Die Bildung eines mitteldeutschen Separatstaates stellt auch eine Verletzung der UNO-Resolution vom 14. Dezember 1960 dar, in der in Ziffer 6 jeder Versuch, „die nationale Einheit und territoriale Integrität eines Landes ganz oder teilweise zu zerbrechen“ (als) „mit den Zielen und Grundsätzen der Satzung der Vereinten Nationen unvereinbar" bezeichnet wird

Letztlich ist auch auf den Widerspruch zwischen der Verpflichtung zur „Beseitigung des Kolonialismus" in Artikel 3 des Vertrages und der Zweistaatenthese hinzuweisen. Die Generalversammlung der Vereinten Nationen hat in ihrer Resolution vom 14. Dezember 1960 als kolonialistische Bemühung jeden Versuch bezeichnet, die nationale Einheit und territoriale Integrität eines Landes ganz oder teilweise zu zerstören. In der Konstituierung des sowjetzonalen Separatstaates als einer quasi-sowjetischen Kolonie ist im Widerspruch zu Artikel 3 des Vertrages von 1964 ein Versuch zu sehen, von dem souveränen deutschen Nationalstaat, der ein allgemein anerkanntes Völkerrechtssubjekt ist, einen Teil abzutrennen.

Das Selbstbestimmungsrecht der Völker

Der Vertrag verstößt schließlich auch gegen das Selbstbestimmungsrecht der Völker, das von der sowjetischen Völkerrechtspublizistik als ein Völkerrechtsgrundsatz von normativem Charakter angesehen wird Daran kann auch die Behauptung Chruschtschows nichts ändern, der in seiner Rede auf der sowjetischsowjetzonalen Freundschaftskundgebung am 12. Juni 1964 im Kreml ausführte, das Selbstbestimmungsrecht sei auf die deutsche Frage nicht anwendbar und habe mit der Wiedervereinigung Deutschlands nichts zu tun, da es sich hier um ein sozialpolitisches Problem handele, nämlich um zwei Staaten mit ent-gegengesetzter Gesellschaftsordnung Die Verletzung des Selbstbestimmungsrechts kann desgleichen auch nicht durch die in der Erklärung der Sowjetregierung vom Juli 1964 18) aufgestellte Behauptung gerechtfertigt werden, „daß die Spaltung des Territoriums des ehemaligen Reiches in die zwei bestehenden deutschen Staaten nicht nach nationalen, sondern nach sozialen Merkmalen vor sich gegangen ist". Vollends absurd mutet schließlich die sowjetzonale Behauptung an, die strikte Achtung des Selbstbestimmungsrechts der deutschen Bevölkerung seitens der Sowjetunion werde dadurch erwiesen, daß gemäß Artikel 7 des Freundschaftsvertrages „der Weg zu einem einheitlichen, friedliebenden, demokratischen deutschen Staat nur über gleichberechtigte Verhandlungen und eine Verständigung zwischen beiden souveränen deutschen Staaten führt"

Verzicht auf einen separaten Friedensvertrag Das Abweichen von der sowjetischen Drohung, mit der SBZ einen separaten Friedensvertrag zu schließen, ist im Vertrag von 1964 evident. Dies kommt sowohl in Artikel 9 zum Ausdruck, der das sowjetische Interesse erkennen läßt, die Spannung in Mitteleuropa nicht zu verschärfen, als auch in Artikel 2 Absatz 1, der die SBZ und die Sowjetunion verpflichtet, „für den Abschluß eines deutschen Friedensvertrages und die Normalisierung der Lage in West-Berlin einzutreten" Hier ist zum einen der Verzicht der Sowjetunion auf den separaten Friedensvertrag formuliert, wie darüber hinaus auch der vorläufige Verzicht auf die sofortige Verwirklichung der beiden Haupt-forderungen der Sowjetunion, nämlich der Verzicht auf den Friedensvertrag mit „beiden deutschen Staaten" und der Verzicht auf die ausdrückliche Anerkennung Berlins als einer freien Stadt.

Begrenzte Fortgeltung des Potsdamer Abkommens?

Artikel 9 bringt zum Ausdruck, daß die Rechte und Pflichten aus dem Potsdamer Abkommen „nicht berührt werden". Diese Formulierung läßt nicht den Schluß zu, daß nach der Auffassung der UdSSR das Potsdamer Abkommen als Ganzes fortbestehe, und im besonderen nicht, daß die Viermächteverpflichtungen aus dem Potsdamer Abkommen hinsichtlich der Einheit Deutschlands weiterhin Gültigkeit haben.

In der sowjetischen Note vom 27. November 1958 hatte die Sowjetunion sehr energisch betont, daß die Westmächte das Potsdamer Abkommen in mehrfacher Hinsicht grob verletzt und dadurch die „Schaffung eines einheitlichen, friedliebenden, demokratischen deutschen Staates" unmöglich gemacht hätten; infolgedessen seien „in Deutschland zwei deutsche Staaten entstanden": „Somit hat die Politik der USA, Großbritanniens und Frankreichs, die auf die Militarisierung Westdeutschlands und seiner Einbeziehung in den Militär-block der Westmächte gerichtet war, auch die Erfüllung derjenigen Bestimmungen des Potsdamer Abkommens vereitelt, welche die Einheit Deutschlands betreffen" Angesichts dieser Äußerung ist eine Auffassung möglich, derzufolge nach sowjetischer Ansicht zwar die Grundprinzipien des Postdamer Abkommens fortgelten — wie etwa die Ziele der „Ausrottung des Militarismus und Nazismus", die „Verhinderung jeglicher faschistischen und militaristischen Propaganda" usw. —, nicht jedoch die ebenfalls im Potsdamer Abkommen niedergelegten Ordnungsprinzipien für Gesamtdeutschland — d. h. die Regelung der deutschen Grenzfrage erst durch den Friedensvertrag und die Verpflichtung zur Wahrung der deutschen Einheit —, welche nach sowjetischer Ansicht durch das vertragsungetreue Verhalten der Westmächte derogiert worden sind.

Gegenüber dieser Auffassung ist energisch zu betonen, daß einseitige sowjetische Erklärun-gen die Rechtslage hinsichtlich der aus dem Potsdamer Abkommen fließenden Verpflichtungen über die Einheit Deutschlands natürlich nicht verändern können Damit bleibt die Bedeutung des Potsdamer Abkommens als einer rechtlichen Grundlage erhalten, die dem deutschen Volk die Möglichkeit bietet, auch in Zukunft an die ehemaligen Siegermächte zu appellieren, die inter partes übernommenen Verpflichtungen hinsichtlich der Wiedervereinigung zu verwirklichen

Die Garantie der „Staatsgrenzen der DDR"

Artikel 4 des Vertrages bezeichnet „die Unantastbarkeit der Staatsgrenzen der Deutschen Demokratischen Republik" als einen der „Grundfaktoren der europäischen Sicherheit". Er bekräftigt die „feste Entschlossenheit" der Sowjetunion und der SBZ, in Übereinstimmung mit dem Warschauer Pakt die „Unantastbarkeit dieser Grenzen gemeinsam zu gewährleisten". Diese Beteuerungen stehen in Übereinstimmung mit der generellen politischen Tendenz des Vertrages, die darauf hinausläuft, den Status quo in der Deutschland-frage vertraglich zu fixieren, mit anderen Worten, die deutsche Situation im gegenwärtigen Zustand versteinern zu lassen. In diesem Sinne unterstreichen die offiziellen Stellungnahmen in der „DDR" und die sowjetzonale Völkerrechtspublizistik die Bedeutung des Artikel 4

Die Erklärung der Westmächte vom Juni 1964 betont demgegenüber zu Recht, daß „die Grenzen dieses sogenannten Staates" keine Staatsgrenzen sind. Es gebe nur eine „Demar-kationslinie" und die „Sektorengrenzen" 26). Die westliche Erklärung fährt fort, daß auf Grund der Viermächteabkommen, „auf welche in dem Abkommen vom 12. Juli Bezug genommen wird, die endgültige Festlegung der Staatsgrenzen Deutschlands einer Friedensregelung für Gesamtdeutschland vorbehalten bleibt". Diese Auffassung ist in der sowjetischen Gegenerklärung vom 18. Juli 1964 erwartungsgemäß zurückgewiesen worden

Der Status West-Berlins

Artikel 6 bringt die Absicht der beiden Parteien zum Ausdruck, „West-Berlin als selbständige politische Einheit (zu) betrachten". Diese Klausel ist in gewisser Hinsicht an die Adresse einiger Volksdemokratien gerichtet, nämlich Polens, Rumäniens, Ungarns und Bulgariens, die sich in letzter Zeit bereit gefunden hatten, in Handelsverträgen mit der Bundesrepublik der Einbeziehung West-Berlins in den Geltungsbereich dieser Verträge zuzustimmen.

Die Formulierung des Artikels 6 ist allerdings nicht so eindeutig, als daß sich aus ihr nicht die Möglichkeit ergebe, gegebenenfalls beim faktischen Status quo hinsichtlich Berlins stehenzubleiben. Artikel 6 ist sehr vorsichtig und weit gefaßt, wie sich zum Beispiel in der Wahl der Formulierung „West-Berlin als selbständige politische Einheit betrachten“ anstelle von „behandeln" zeigt. Artikel 6 läßt insofern alle Lösungsmöglichkeiten für West-Berlin offen, mit Ausnahme der Inkorporierung West-Berlins in die Bundesrepublik. Er ist ein Musterbeispiel für die sowjetische Kunst, politische Verträge vage zu formulieren — eine Übung, die auch hier der Sowjetunion wieder alle Möglichkeiten einer flexibleren Politik gegenüber West-Berlin offenhält. Im ganzen ist zu sagen, daß die vorsichtige Formulierung des Artikel 6 jedenfalls ein klares Abrücken vom Berlin-Ultimatum von 1958 ausdrückt. Dieser Schluß wird im besonderen auch durch Artikel 2 Absatz 1 unterstützt, der die Sowjetunion und die SBZ verpflichtet, für eine „Normalisierung der Lage in West-Berlin einzutreten".

Gegenüber der eher vagen Formulierung des Artikels 6 ist das Kommunique vom 12. Juni in der Berlin-Frage allerdings viel deutlicher. Hier heißt es: „West-Berlin gehörte niemals und kann niemals zur Bundesrepublik Deutsch-land gehören." Diese scharfe Ablehnung der Zugehörigkeit Berlins zum Bund ist des weiteren durch die sowjetische Weigerung bekräftigt worden, die deutsche Ratifikationsurkunde zum Moskauer Atomstopp-Vertrag entgegenzunehmen Da die Ratifikationsurkunde die Gültigkeit des Moskauer Vertrages auch auf West-Berlin bezieht, erklärte der sowjetische Außenminister Semjonow, die Sowjetunion könne eine solche Urkunde nicht annehmen, da die Bundesregierung darin versuche, ihre „ungesetzlichen Ansprüche auf West-Berlin" vorzubringen. West-Berlin sei eine eigene politische Einheit. Die Bundesregierung sei nicht berechtigt, für West-Berlin zu sprechen. Die Bundesregierung hat diese Abweisung als Verstoß gegen die der Sowjetunion als Depositarmacht obliegenden völkerrechtlichen Verpflichtungen bezeichnet da da die Bundesregierung das Land Berlin auf Grund von völkerrechtlichen Vereinbarungen mit den drei Westmächten und auf Grund einer von der alliierten Kommandantura für Berlin getroffenen Entscheidung sowie auf Grund der Anerkennung seitens der „überwältigenden Mehrheit aller Staaten der Welt" rechtmäßig nach außen vertrete.

Diese Auffassung, die auch die Auffassung unserer westlichen Verbündeten ist, ist allerdings bereits in der Diskussion um Artikel 6 des sowjetisch-sowjetzonalen Freundschaftsvertrages von der Sowjetunion zurückgewiesen worden. Die Westmächte hatten in ihrer Erklärung vom 26. Juni 1964 seinerzeit geltend gemacht, daß die am 23. Oktober 1954 erfolgte westalliierte Genehmigung der Herstellung enger Verbindungen zwischen Berlin und der Bundesrepublik — welche die Erlaubnis einschloß, die Vertretung Berlins nach außen wahrzunehmen — mit dem Viermächtestatus der Stadt vereinbar sei. Demgegenüber erklärte die Sowjetunion am 18. Juli 1964, die Westmächte untergrüben mit dieser Handlungsweise jene Grundlagen, „auf die sie sich zur Rechtfertigung des weiteren Aufenthaltes ihrer Besatzungstruppen in West-Berlin berufen" Ein gezielter Versuch, einen besonderen Status für West-Berlin gegenüber dem Westen durchzusetzen, muß schließlich in den sowjetischen Bemühungen vom Dezember 1964 gesehen werden, den Viermächte-Status von Berlin für West-Berlin Wiederaufleben zu lassen. Dieser Versuch ist allerdings von den Westmächten insofern vereitelt worden, als sie in ihrer Antwort an die sowjetische Seite klargestellt haben, daß die zu erörternden Fragen im Rahmen des Viermächtestatus das ganze Berlin und nicht nur die West-Sektoren betreffen müßten

Die alliierten Zugangsrechte nach West-Berlin Artikel 9 übernimmt als „zweiseitiges Abkommen" auch das Regierungsabkommen zwischen der Sowjetunion und der „DDR" vom 20. September 1955 in dem es unter Ziffer 2 heißt:

„Die Kontrolle des Verkehrs von Truppen-personal und Gütern der in West-Berlin stationierten Garnisionen Frankreichs, Englands und der USA zwischen der deutschen Bundesrepublik und West-Berlin wird gleichzeitig bis zur Vereinbarung eines entsprechenden Abkommens vom Kommando der Gruppe der sowjetischen Truppen in Deutschland ausgeübt". Die sowjetische Verantwortung für den alliierten Berlinverkehr wird also durch den Freundschaftsvertrag von 1964 nicht berührt. Der Erklärung der Westmächte vom 26. Juli 1964, die nochmals ausdrücklich feststellt, daß ein Abkommen, „das die Sowjetunion mit der sogenannten DDR abschließt, die sowjetischen Verpflichtungen oder Verantwortlichkeit aus Abkommen und Abmachungen mit den drei Mächten über Deutschland einschließlich Berlins und des Zugangs Deutscher nicht berühren kann", ist in der Erklärung der Sowjetregierung vom 18. Juli 1964 hinsichtlich der Zugangsrechte nicht widersprochen worden.

III. Der Streit um die MLF

Bei den Moskauer Bedenken gegen die MLF spielte die Beteiligung der Bundesrepublik an dieser interalliierten Streitmacht auch im Jahre 1964 eine besondere Rolle. Die sowjetische Polemik gegen die deutsche Beteiligung erreichte einen Höhepunkt in den sowjetischen Noten an die beteiligten NATO-Mächte vom 11. Juli und in einer ähnlichen Note an die Bundesrepublik vom gleichen Tage in denen der Bundesrepublik u. a. vorgeworfen wurde, ihre militaristischen Kreise strebten nach einer dominierenden Stellung in der MLF und nach dem entscheidenden Stimmrecht beim Einsatz der Kernwaffen. Dies sei „die gröbste Verletzung der internationalen Verpflichtungen der Bundesrepublik . .., die sich für sie aus der bedingungslosen Kapitulation Hitler-Deutschlands, aus der Deklaration über die Niederlage Deutschlands und aus anderen gültigen internationalen Abkommen ergeben". Auch nach dem Sturz Chruschtschows verstummte diese Polemik nicht. Nachdem schon Breschnew in seiner Rede vom 6. November sich gegen die MLF gewandt hatte, die den Zugang der Bundeswehr zu Atom-waffen bedeute, wiederholte eine TASS-Erklärung vom 13. November noch einmal die alten Vorwürfe Am 3. Dezember griff Breschnew die Bundesrepublik in dieser Angelegenheit erneut sehr scharf an.

Die sowjetischen Vorwürfe sind in einer Note der Bundesregierung vom 2. September beantwortet worden Nach einem Hinweis auf die starke Atombewaffnung der Sowjetunion und auf den multilateralen Charakter der MLF beruft sich die Bundesregierung auf das souveräne Recht „zur kollektiven und individuellen Selbstverteidigung gegen einen bewaffneten Angriff", welches auch die Vorbereitung dieser Verteidigung einschließe. Mit der Kapitulation der Wehrmacht im Jahre 1945 habe das deutsche Volk keineswegs für alle Zeiten auf das Recht der Selbstverteidigung verzichtet. Auch die Demilitarisierungsbestimmungen der vier Siegermächte seien bereits vor mehreren Jahren außer Wirksamkeit gesetzt worden, „nachdem die UdSSR schon lange vorher in dem von ihr besetzten Teil Deutschlands deutsche bewaffnete Verbände aufgestellt hat".

IV. Das Passierscheinabkommen vom 24. September 1964

Gegenüber der MLF fand das neue Passierscheinabkommen den Beifall der Sowjetunion, die hierin einen „Beitrag zur Normalisierung der Lage in Deutschland" sehen will. Nach siebenmonatigen zähen Verhandlungen wurde am 24. September mit Zustimmung der Bundesrepublik die neue Passierschein-Vereinbarung zwischen dem West-Berliner Senatsrat Korber und dem Zonenstaatssekretär Wendt unterzeichnet. Senatsrat Korber unterzeichnete wie bereits in der Vereinbarung vom 17. Dezember 1963 mit der Formel „auf Weisung des Chefs der Senatskanzlei, die im Auftrag des regierenden Bürgermeisters von Berlin gegeben wurde", Zonenstaatssekretär Wendt unterschrieb „auf Weisung des Stellvertreters des Vorsitzenden des Ministerrates der , DDR"'. Das neue Abkommen enthält gegenüber der Vereinbarung vom 17. Dezember 1963 eine Reihe von Verbesserungen, die eine Anerkennung des Zonenregimes ausschließen sollen. Die Beanstandungen gegen die Dezember-Vereinbarungenwaren dreifacher Natur gewesen: 1. Das Protokoll war von Korber als dem Vertreter West-Berlins unterzeichnet und erst später von der Bundesregierung genehmigt worden. An den Verhandlungen hatte der Bund keinen Anteil. Es war deshalb geltend gemacht worden, daß der West-Berliner Senat den Grundsatz der Vertretung Beilins durch die Bundesregierung aufgegeben habe. Damit war zugleich die westdeutsche Auffassung gefährdet, daß West-Berlin ein Teil der Bundesrepublik sei.

2. Es war befürchtet worden, daß die Präsenz sowjetzonaler Postbeamter auf West-Berliner Boden als Agenten der „DDR" die Anerkennung der SBZ durch die West-Berliner Regierung impliziere. 3. Es war beanstandet worden, daß die Antragsformulare die Bezeichnung „Hauptstadt der DDR" enthielten, was als eine Art Anerkennung des Zonenregimes gelten könne.

Das neue Abkommen räumte diese Bedenken größtenteils aus. Im besonderen wurde es im Einvernehmen und in ständiger Unterrichtung des Bundes verhandelt. Das Bundeskabinett billigte den Abschluß vorher, und das Einverständnis wurde vom regierenden Bürgermeister zuvor durch einen Brief Erhards am 23. September 1964 mitgeteilt Neben den Postangestellten aus Ost-Berlin wurden jetzt auch West-Berliner Postbeamte im Verhältnis 50 zu 50 tätig. Die Antragsformulare enthielten nunmehr außer der Bezeichnung „Hauptstadt der DDR" auch einen Hinweis darauf, daß eine Einigung über die Orts-, Behörden-und Amtsbezeichnungen nicht erzielt werden konnte

Schließlich hat die Bundesregierung noch in einer besonderen Erklärung zum Ausdruck gebracht daß „das nicht demokratisch legitimierte Regime der sowjetischen Besatzungszone kein Subjekt des Völkerrechtes" ist und daß „der Status der deutschen Hauptstadt Berlin durch die Übereinkunft weder berührt noch verändert" wird. Das gleiche gelte „auch für die engen Bindungen des Landes Berlin an den Bund". Schließlich haben die drei alliierten Stadtkommandanten in einer Erklärung darauf hingewiesen, daß das neue Passierscheinabkommen in keiner Weise den Status von Berlin berühre.

Damit scheint der kommunistischen Dreistaatenthese wirksam entgegengetreten worden zu sein.

V. Chruschtschows Fall

Die Hoffnungen auf eine Verbesserung der deutsch-sowjetischen Beziehungen hatten sich in der zweiten Jahreshälfte mit der Erwartung des Besuches Chruschtschows in der Bundesrepublik verbunden. Chruschtschows Sturz dämpfte diese Hoffnungen zunächst. Chruschtschows Auffassung zum Deutschlandproblem scheinen bei seinem Sturz keine besondere Rolle gespielt zu haben, wenn auch der Besuch Adschubejs in der Bundesrepublik unter den Anklagepunkten gegen Chruschtschow auftaucht.

Hierbei handelt es sich aber mehr um den Ablauf dieses Besuches, der Kritik hervorgerufen hat, als um die Generallinie der sowjetischen Deutschlandpolitik. Erinnern wir uns an die Begleitumstände: Chruschtschow zeigte seit längerer Zeit ein deutliches Interesse an einem Besuch in Westdeutschland. Unmittelbar nach der Verabschiedung der Ulbricht-Delegation am Moskauer Flugplatz nach dem Abschluß des sowjetzonalen-sowjetischen Freundschaftsvertrages empfing er den Botschafter der Bundesrepublik, gleichsam als wollte er damit zum Ausdruck bringen, daß nunmehr auch mit der westdeutschen Seite ein intensiveres Gespräch möglich sei. Diese Tendenz wurde unterstrichen, als Chruschtschow, der anschließend seine Skandinavienreise antrat, beim Passieren der Ostsee ein betont freundliches Telegramm an den Bundeskanzler und an die Bevölkerung Westdeutschlands richtete. Zugleich nahm man sowjetischerseits in Moskau Kontaktfäden auf, um den vorbereitenden Besuch Adschubejs in die Wege zu leiten, wobei man sich einer früheren Einladung Adschubejs durch einige westdeutsche Zeitungen bediente. Von den Sowjets wurde diese Angelegenheit mit allen Anzeichen höchster Eile und besonderer Dringlichkeit betrieben.

Sie führte am 19. Juni zur Übergabe der Einladung in dem Gebäude der „Iswestija". Zuvor schon hatte ein starker Protest gegen eine Verunglimpfung des Bundespräsidenten in der „Iswestija" zu einer mündlichen Entschuldigung sowjetischerseits geführt.

Wie sich das Parteipräsidium in diesem Stadium zum Besuch Adschubejs gestellt hat, ist nicht genau bekannt. Behauptet worden ist, daß die Mehrheit des Präsidiums dem Besuche Adschubejs zugestimmt habe, wenn auch nicht ohne Bedenken gegen die Person des Entsandten Wahrscheinlicher aber ist die Ver-sion, daß der Besuch Adschubejs ohne Übereinstimmung mit dem Parteipräsidium erfolgte Die Anklagerede Suslows — so wie sie uns aus einer Veröffentlichung der italienischen Wochenzeitschrift „Espresso" bekannt ist — bestätigt diese Vermutung. Sicher ist, daß besonderer Anstoß an der unmittelbaren Unterrichtung Chruschtschows durch Adschubej nach seiner Rückkehr genommen wurde, die unter völliger Übergehung des Partei-präsidiums stattfand. Darüber hinaus wurden auch gewisse Äußerungen beanstandet, die Adschubej in der Bundesrepublik tat. Nach einem Bericht des „Economist" soll Ad schubej in der Bundesrepublik angedeutet haben, daß Chruschtschow in bezug auf den künftigen Status von Berlin nunmehr konzessionsbereiter sei und daß er möglicherweise den Gebrauch einer Formel akzeptieren würde, die West-Berlin mit dem „Währungsgebiet DM-West" assoziierte mit anderen Worten, daß er Berlins vitale Verbindung mit der Bundesrepublik vielleicht anerkennen könne. Zu den beanstandeten Äußerungen gehörte vermutlich auch die vom „Spiegel" verbreiteten Äußerungen Adschubejs über den schlechten Gesundheitszustand Walter Ulbrichts.

VI. Die sowjetische Deutschlandpolitik nach dem Sturz Chruschtschows

Ein radikaler Kurswechsel in der Deutschland-politik der Sowjetunion fand nach dem Sturz Chruschtschows nicht statt. Kennzeichnend war vielmehr eine weitere allmähliche Abkühlung der gegenseitigen Beziehungen und eine in gewissem Maße bedeutsame Verschärfung der antideutschen Polemik seitens der Sowjetunion. Die sich versteifende Haltung der Sowjetunion in der Deutschlandfrage wurde ergänzt durch die gleichzeitige Verschärfung der Berlin-Situation und durch die weitere Festigung des Status quo in Ostmitteleuropa mittels des neuen polnisch-sowjetischen Freundschafts-und Beistandsvertrages vom 8. April 1965.

Nach dem Sturz Chruschtschows hatte der sowjetische Botschafter in der Bundesrepublik dem Bundeskanzler zwar zunächst noch erklärt, daß sich an der Generallinie der sowje-tischen Politik nichts ändern werde Auf der gleichen Linie lagen die Leitartikel der „Prawda" vom 17. Oktober 1964 die 102 Losungen des Zentralkomitees zum sowjetischen Staatsfeiertag am 7. November 1964 und die Rede Breschnews beim Empfang der Kosmonauten

Verhärtung der sowjetischen Deutschland-politik in der ersten Jahreshälfte 1965 Der Umschwung begann sich indessen schon bald abzuzeichnen. Im November begannen die sowjetischen Gazetten. die Bundesrepublik aufs neue recht frostig zu behandeln, nachdem sie im Anschluß an den Adschubej-Besuch die Polemik deutlich gestoppt und sogar den „Geist von Rapallo" bemüht hatten Nunmehr tauchten in den Artikeln über Deutschland wiederum der Vorwurf des Revanchismus und Militarismus und ähnlich liebgewordene Klischees auf. Auch die offizielle Haltung der schnews Festrede am 6. November 1964 zum 47. Jahrestag der bolschewistischen Revolution war in der Deutschlandfrage zwar noch verhältnismäßig konziliant gewesen aber schon Kossygin beurteilte in seiner Rede vom 9. Dezember vor dem Obersten Sowjet der UdSSR die Bundesrepublik wesentlich härter Er griff die alten Vorwürfe gegen Westdeutschland wieder auf und bezeichnete die Bundesrepublik als ein Land, „wo Revanchisten und Militaristen den außenpolitischen Kurs sehr beeinflussen, sich für eine Revision der Ergebnisse des Zweiten Weltkrieges, für eine Revision der in Europa bestehenden Grenzen einzusetzen". Eine weitere Verschärfung erreichte die anti-deutsche Kampagne mit der Überreichung einer sowjetischen Note am 16. Januar 1965, in der die Sowjetregierung die Bundesregierung des Versuches beschuldigte, „die vollständige Amnestie für NaziVerbrecher zu vertuschen" Der deutsche Botschafter in Moskau gab diese Note am 17. Januar 1965 „wegen der in ihr enthaltenen schweren Beschuldigungen" zurück.

Am 19. und 20. Januar 1965 tagte in Warschau der Politische Beratende Ausschuß des War-schauer Paktes. Eines der zentralen Themen der Beratungen war die „Bedrohung durch den westdeutschen Militarismus". Einen Tag vor Beginn der Konferenz, am 18. Januar 1965, hatte die sowjetische Regierung in einer Note an die Bundesregierung gegen angebliche Pläne zur Verlegung von Atomminen an der Zonengrenze und an der Grenze der Bundesrepublik zur Tschechoslowakei protestiert In einer ähnlichen Note vom gleichen Tage, die an die amerikanische Regierung gerichtet und abschriftlich auch den Regierungen Frankreichs und Großbritanniens zugeleitet worden war, wies die Sowjetregierung auf das Potsdamer Abkommen hin und erklärte, daß die „Handlungen der Militärkreise der Bundesrepublik und der ihnen von den Militärbehörden der Vereinigten Staaten dabei erwiesene Beistand" diesem Abkommen zuwiderlaufe und mit den Verpflichtungen nicht vereinbar sei, „die der Bundesrepublik als Rechtsnachfolgerin des ehemaligen Deutschen Reiches obliegen".

Mit diesen Noten, die von der Bundesregierung und der amerikanischen Regierung zurückgewiesen wurden waren zugleich die anti-deutschen Töne angeschlagen, die die Warschauer Konferenz bestimmen sollten.

In dem am 27. Januar veröffentlichten Kommunique nehmen dementsprechend die gegen die Bundesrepublik gerichteten Anklagen einen breiten Raum ein. Die Teilnahme der Bundesrepublik an einer multilateralen Atomstreitmacht, so wurde erklärt, bedeute, daß die Bundesregierung die Wiedervereinigung abschreibe. Vorgeschlagen wurde die Schaffung einer atomwaffenfreien Zone in Mitteleuropa, der Abschluß eines Nichtangriffpaktes zwischen dem Warschauer Vertrag und der NATO und der Verzicht „beider deutscher Staaten" auf Kernwaffen. Uber die internen Beschlüsse der Warschauer Konferenz ist nichts bekannt, doch stimmen westliche Beobachter in der Vermutung überein, daß wahrscheinlich ein in Zukunft verschärfter Kurs in der Deutschlandfrage abgesprochen worden sei.

Trotz dieser entmutigenden Zeichen ließ es die Bundesrepublik nicht an Versuchen fehlen, das allgemeine politische Klima zu verbessern. So erneuerte der deutsche Botschafter in Moskau am 23. Februar gegenüber Ministerpräsident Kossygin die seinerzeit von Bundeskanzler Erhard an Chruschtschow ergangene Einladung zum Besuch der Bundesrepublik. Nur eine Woche später, am 1. März, griff Kossygin die Bundesrepublik in einer Rede in Leipzig jedoch erneut scharf an. Westdeutschland weiche den Abkommen aus, die zur internationalen Entspannung führten. Die Bundes-regierung wolle mit Kernwaffen einen Druck auf die sozialistischen Länder ausüben, um eine Revision der Ergebnisse des Zweiten Weltkrieges zu erreichen.

Die Differenzen zwischen Ost und West in der Deutschlandfrage traten im Mai 1965 erneut scharf ins Blickfeld, als sich die Welt anschickte, den 20. Jahrestag des Kriegsendes zu feiern. Während der amerikanische Präsident in seiner Fernsehansprache vom 7. Mai 1965 auch bei dieser Gelegenheit für die Wiedervereinigung Deutschlands eintrat, das freie Entscheidungsrecht des deutschen Volkes in Ost und West über seine eigene Zukunft forderte, und betonte, die Schande der Ost-zone diene den realen Interessen von niemandem, erwiderte TASS am 20. Mai, der amerikanische Präsident habe die Wiederbelebung des Militarismus und Revanchismus in Westdeutschland zu rechtfertigen versucht. Die Deutschlanderklärung der drei Westmächte vom 12. Mai 1965 in der erneut das Selbstbestimmungsrecht in den beiden Teilen Deutsch-Ians gefordert wird, bezeichnete die „Prawda" als „Wahlkampfmystifikation" Eine derartige Initiative sei völlig zwecklos und könne an der realen Lage nichts ändern. Der Kurs der UdSSR gehe unverändert von der realen Tatsache des „Bestehens zweier deutscher Staaten" und von den „Interessen der europäischen Sicherheit" aus.

Die Berlin-Situation in der ersten Jahreshälfte 1965

Gleichzeitig mit dieser sowjetischen Versteifung in der Deutschlandfrage verschärfte sich die Situation in Berlin. Bereits am 25. November 1964 war eine sowjetzonale Anordnung ergangen, derzufolge westliche Besucher der „DDR" und Ost-Berlins pro Tag ihres Aufenthaltes 5 DM-West zum offiziellen Kurs in DM-Ost umtauschen mußten. Die Botschafter der drei Westmächte in der Bundesrepublik protestierten dagegen vergeblich am 7. Dezember 1964 beim sowjetischen Botschafter in Ost-Berlin.

Ende März/Anfang April kam es dann zu erheblichen Spannungen wegen der Sitzung des Deutschen Bundestages in West-Berlin. Am 23. März protestierte die UdSSR in Noten an die drei Westmächte gegen die beabsichtigte Sitzung Berlin gehöre nicht zur Bundesrepublik Deutschland, und die Verantwortung für die Folgen der „provokatorischen und widerrechtlichen Aktionen der Bonner Behörden"

werde den drei Westmächten zufallen. Die Sowjetregierung behalte sich Maßnahmen zur Gewährleistung der Unantastbarkeit der Grenzen der „DDR" vor. Diese Drohung setzte die Sowjetunion alsbald in die Tat um. Am 1. April 1965 begannen auf der Autobahn Berlin-Helmstedt starke Verzögerungen in der Abfertigung des Verkehrs durch die „Grenzorgane der DDR". Vom 5. bis zum 11. April fanden Manöver in der Nähe der Zonengrenze statt, an denen Truppen der UdSSR und der „DDR" teilnahmen. In dieser Zeit wurde die Autobahn täglich für mehrere Stunden gesperrt. Am 5. April verhängte die „DDR" ein Durchreiseverbot durch die Zone für Mitglieder des Bundestages. Die Sitzung des Bundestages selbst wurde durch Tiefflüge sowjetischer Düsenjäger über West-Berlin gestört. Demgegenüber unterstrich Bundestagspräsident Eugen Gerstenmaier bei der Eröffnung der Sitzung am 7. April den Rechtsanspruch des Deutschen Bundestages, jederzeit in Berlin zusammenzutreten. Am gleichen Tage protestierten die drei Westmächte in Noten an die Sowjetregierung gegen die Behinderung des Berlin-Verkehrs und wiesen die in der sowjetischen Note vom 23. März wegen der Bundestagssitzung in Berlin erhobenen Beschuldigungen als unberechtigt zurück Diese Noten wurden am 14. Mai 1965 von der Sowjetregierung beantwortet In dieser Antwort bezeichnet die UdSSR die Bundestagssitzung in Berlin als revanchistisch und provokatorisch. Die Luftlinien über dem Territorium der DDR seien widerrechtlich benutzt worden. Die Souveränität der DDR müsse von allen geachtet werden, die sich der Verkehrswege der DDR bedienten. Die Sowjetregierung erkläre erneut, wenn derartige Provokationen revanchistischer und militaristischer Kräfte weiterhin zugelassen würden, so könne sie sich genötigt sehen, wirksame Maßnahmen zu ergeifen, die sie für notwendig erachte, um die Grenzen der DDR zu sichern und die widerrechtlichen Handlungen der revanchistischen und militaristischen Kräfte gegenüber West-Berlin zu unterbinden.

Neue Störaktionen gegen West-Berlin zeichnen sich auch seit Mitte Juni 1965 ab. Zu nennen sind hier Truppenmärsche sowjetischer und sowjetzonaler Verbände auf den Zonen-straßen, Lärmszenen sowjetischer Düsenjäger über Berlin, die Verzögerung neuer Passierscheinverhandlungen, Patrouillenflüge sowjetzonaler Hubschrauber im Berliner Luftraum und über der Sektorengrenze, die einseitige Kündigung der Interzonengütertarife seitens der Zonen-Reichsbahn und die Einführung gebührenpflichtiger Schiffspapiere für den Binnenschiffahrtsverkehr nach Berlin. Gegen die Einführung neuer Schiffspapiere durch die Zonenregierung haben die Botschafter der drei Westmächte in der Bundesrepublik am 1. Juli in einer gemeinsamen Erklärung protestiert Sie wiesen darauf hin, daß der Zugang auf dem Wasserwege nach Berlin zu den Rechten der Alliierten gehöre, die sich aus der gemeinsamen Besetzung Deutschlands ergeben. Deutschlandfrage und neuer polnisch-sowjetischer Freundschafts-und Beistandspakt vom 8. April 1965 Das sowjetische Bemühen, den faktischen Status quo in Zentralmitteleuropa zu versteinern, spiegelt sich auch in dem neuen polnisch-sowjetischen Freundschafts-und Beistandsvertrag vom 8. April 1965 wider In der Deutschlandfrage verpflichtet er die Sowjetunion und die Volksrepublik Polen zu einer gemeinsamen Politik. Art. 6 begründet in diesem Sinne die Verpflichtung der Parteien, gemeinsam alle Mittel einzusetzen, „um die Gefahr einer Aggression seitens westdeutscher Kräfte des Militarismus und Revanchismus ...

zu beseitigen." Art. 7 begrenzt den Verteidigungsfall auf diesen angeblich westdeutschen Gegner und seine Verbündeten. In den Reden Gomulkas und Breschnews anläßlich der Unterzeichnung des Vertrages in Warschau nahm diese angebliche Bedrohung seitens des „westdeutschen Militarismus und Revanchismus" einen breiten Raum ein

Von besonderer Bedeutung ist Art. 5 des Vertrages, der die sowjetische Sicherheitsgarantie für die Oder-Neiße-Linie enthält, wobei präzisiert ist, daß es sich um die Lausitzer Neiße handelt. Diese Grenze ist von Breschnew in seiner Rede vom 8. April als „endgültig und unwiderruflich" bezeichnet worden.

Die Bundesregierung hat demgegenüber in ihrer Erklärung vom 14. April 1965 die Festlegung der „Staatsgrenze" Polens an der Oder-Neiße-Linie zurückgewiesen Sie hat u. a.

darauf aufmerksam gemacht, daß die endgültige Festlegung der deutsch-polnischen Grenze nach dem Potsdamer Abkommen einer friedensvertraglichen Regelung vorbehalten ist und daß nur eine freigewählte, gesamtdeutsche Regierung berufen ist, eine derartige friedensvertragliche Regelung zu treffen. Auch das U. S. State Department hat in einer Erklärung vom 27. April aufs neue den offiziellen Standpunkt der amerikanischen Regierung bekräftigt, demzufolge die Grenzziehung im Westen Polens einer endgültigen Friedensregelung vorbehalten ist Dieser Auffassung hat sich Großbritannien in einer Erklärung vom 6. Mai 1965 angeschlossen

Es braucht nicht besonders hervorgehoben zu werden, daß auch der polnisch-sowjetische Vertrag nichts an der völkerrechtlichen Situation der deutschen Ostgebiete jenseits von Oder und Neiße zu ändern vermag. Die polnische Auffassung, derzufolge die deutschen Gebiete jenseits der Oder-Neiße-Linie integraler und endgültiger Bestandteil des gegenwärtigen polnischen Staatsgebietes sind widerspricht dem allgemeinen Völkerrecht.

Diese Rechtslage wird von der „sozialistischen" Völkerrechtspublizistik allerdings bestritten Die deutsche Völkerrechtswissenschaft hat demgegenüber wiederholt und — wie es uns scheint — überzeugend den entgegengesetzten Standpunkt vertreten

Die Bundesrepublik wird durch die Garantie-erklärung im polnisch-sowjetischen Vertrag nicht verpflichtet. Im Völkerrecht gilt der Satz „pacta tertiis nec prosunt nec nocent" Im völkerrechtlichen Bereich kann kein Staat rechtsgültig über das Gebiet eines anderen Staates zu dessen Lasten mit einem dritten Staat einen Zessionsvertrag abschließen.

Polnischen Forderungen an die Adresse der Bundesrepublik, die Oder-Neiße-Linie nunmehr rechtsverbindlich anzuerkennen, ist im übrigen entgegenzuhalten, daß ein solches Ansinnen der von Polen vertretenen und auch im polnisch-sowjetischen Freundschaftsvertrag wieder zum Ausdruck gekommenen Zweistaaten-These widerspricht. Die Zwei-Staaten-These, die den Alleinvertretungsanspruch der Bundesregierung verneint, und die Aufforderung, eine Grenze anzuerkennen, zu der die Bundesrepublik keine unmittelbare territoriale Beziehung hat, schließen einander aus. Die Anerkennung der Oder-Neiße-Linie seitens der Bundesregierung setzt voraus, daß die Vertretungsmacht der Bundesregierung, eine derartige Verzichterklärung für den fortbestehenden gesamtdeutschen Staat gegenüber Polen abzugeben, auch seitens Polens anerkannt wird. Das ist aber nicht der Fall.

Schlußbemerkung Versucht man ein Resümee der deutsch-sowjetischen Beziehungen in den letzten anderthalb Jahren zu ziehen, so ist von der Feststellung auszugehen, daß es der UdSSR weiter gelun-gen ist, den Status quo in Zentralmitteleuropa zu festigen. Im besonderen die allgemeine Aufwertung der „DDR“, die sowjetischen Garantien für die Zonengrenze und die polnische Westgrenze an Oder und Neiße sowie schließlich die erneute Verknüpfung des Ostblocks unter antideutschem Vorzeichen haben herbe Enttäuschungen für die Hoffnung auf eine baldige und gerechte Lösung der deutschen Frage bewirkt. Die westlichen Gegenzüge, die sich in der Regel auf formelle Proteste beschränkten und des Charakters echter Retorsionen ermangelten, vermochten an dieser Entwicklung kaum etwas zu ändern.

Soweit die UdSSR ihre Deutschlandpolitik zu rechtfertigen sucht, operiert sie vorzugsweise mit Argumenten wie : „die Ergebnisse des Zweiten Weltkrieges" und die „Interessen der europäischen Sicherheit". Es sind dies Argumente, die dem Arsenal des klassischen Völkerrechts entstammen und den Ordnungsvorstellungen unseres Zeitalters diametral widersprechen. Aus den traditionellen Konzeptionen der Machtpolitik gewonnen, widersprechen sie allgemeinen Ordnungsgrundsätzen unserer Zeit, wie etwa dem Selbstbestimmungsrecht der Nationen und dem Annexions-verbot des modernen Völkerrechts sowie auch der Grundkonzeption einer „just legal order tor Europe".

Nun gelten Völkerrecht und internationale Moral sicher nicht sehr viel unter den gegenwärtigen Bedingungen der internationalen Politik. Möglich aber erscheint es, daß sich in der UdSSR vielleicht doch die Vorstellung durchsetzen könnte, den „Interessen der europäischen Sicherheit" sei besser mit einem geeinten Deutschland als mit einem in sich zerrissenen, gefährlichen Unruheherd im Herzen Europas gedient. Die Förderung dieser Einsicht obliegt der deutschen Politik. Daß sie sich bald durchsetzen möge, bleibt unsererseits zu hoffen.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Abgedr. in der „Prawda" vom 4. Januar 1964; deutsch in Europa-Archiv (künftig EA) 19 (1964), S. 23 ff.

  2. Abgedr. in EA 19 (1964), S. D 186 f.

  3. Abgedr. in EA 19 (1964), S. D 204 ff.

  4. Text in: Dokumente zur Außenpolitik der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik III, Berlin-Ost 1956, S. 280 ff.

  5. Präambel, Art. 5 und Art. 6.

  6. Im einzelnen vgl. B. Meissner, Sowjetunion und Selbstbestimmungsrecht, Köln 1962, S. 118 ff.

  7. Ebenda S. 119 f., mit weiteren Nachweisen in Anm. 5.

  8. Text in: Cornides/Volle, Um den Frieden mit Deutschland, Oberursel 1948, S. 74 ff.

  9. Anissimow, in: Sovetskoe gosudarstvo i pravo (1949), Heft 5, S. 15 f.

  10. Hier etwa Schenk, in: Archiv des öffentlichen Rechts 85 (1961), S. 101 ff.; Scheuer, Die Rechtslage des geteilten Deutschlands, Frankfurt a. M. /Berlin 1960, S. 39 ff.; Stein, in: Archiv des öffentlichen Rechts (1961), S. 363 ff.

  11. Meissner, Sowjetunion und Selbstbestimmunqsrecht, a. a. O., S. 123.

  12. Resolution 1514 (XV) der Generalversammlung vom 14. Dezember 1960, abgedr. in: Yearbook of the United Nations (1960), S. 49 f.

  13. Barsegov, Territorija v mezdunarodnom prave, Moskau 1958, S. 74 f. und S. 84 f.

  14. Die sowjetzonale Völkerrechtspublizistik ist in diesem Sinne um den Nachweis bemüht, daß in Deutschland mit der Bildung von zwei Staaten mit unterschiedlicher Gesellschaftsordnung sich auch zwei Subjekte des Selbstbestimmungsrechtes herausgebildet haben, nämlich die Bevölkerung der „DDR" und die Bevölkerung Westdeutschlands. Arzinger begründet dies mit der Behauptung, daß die Subjekte des Selbstbestimmungsrechtes nicht nur nach nationalen, sondern auch nach sozialen Gesichtspunkten abgegrenzt werden könnten. Vgl. zur sowjetzonalen Diskussion über die Thesen Arzingers B. Meissner, in: Deutsche Außenpolitik Nr. 8, S. 786 ff.

  15. Abgedr. in der „Prawda" vom 19. Juli 1964; deutsch in „Neues Deutschland" vom selben Tage.

  16. Herder/Kohl, in: Neue Justiz 18 (1964), S. 387.

  17. Vgl. auch die Präambel des Vertrages sowie Abschnitt 2 des Kommuniques vom 12. Juni 1964 (deutsch in: „Neues Deutschland" vom 14. Juli 1964, russisch in der „Prawda" vom selben Tage), die beide gleichfalls nur vom „Abschluß eines deutschen Friedensvertrages" sprechen (Hervorhebung vom Vers.).

  18. Note der Regierung der Sowjetunion an die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika vom 27. November 1958 zur Lage Berlins. Text in; Dokumente zur Berlin-Frage, München 1962, S. 376 f.

  19. In ihrer Antwortnote auf das russische Berlin-Ultimatum vom 27. November 1958 hat die amerikanische Regierung am 31. Dezember 1958 ausdrücklich die „einseitige Aufkündigung" des Potsdamer Abkommens durch die Sowjetunion zurückgewiesen (Text der Note in: Dokumente zur Berlin-Frage, a. a. O., S. 339 ff.). In ähnlichen Noten vom gleichen Tage haben die französische Regierung und die englische Regierung den gleichen Standpunkt vertreten.

  20. Faust, in. Außenpolitik 15 (1964), S. 541.

  21. Vgl. das Memorandum der Regierung der „DDR" vom 13. Juli 1964 (Fundstelle: Außenpolitische Korrespondenz 8 [1964] Nr. 30, S. 233 f.), die Rede Ulbrichts vor dem Staatsrat der „DDR" vom 24. Juni 1964 (Fundstelle: Außenpolitische Korrespondenz 8 [1964] Nr. 27, S. 210 ff.) und den Beschluß des Staatsrates vom gleichen Tage (Fundstelle: GBl.der DDR, I, Nr. 8, vom 9. Juli 1964, S. 113 f.).

  22. Herder/Kohl, in: Neue Justiz 13 (1964), S. 386 f.; Hänisch/Krüger, in: Staat und Recht 13 (1964), S. 1757 ff.

  23. Ziff. 3 der Erklärung (Fundstelle in Anm. 6).

  24. Ziff. 6 der Erklärung (Fundstelle in Anm. 18).

  25. Desgl. die an die USA, Großbritannien und Frankreich gerichteten sowjetischen Protestnoten vom 25. Juni 1964, die die Wahl des deutschen Bundespräsidenten in Berlin verurteilten (russisch in der „Prawda" vom 27. Juni 1964, deutsch in der „Außenpolitischen Korrespondenz" 8 [1964] Nr. 26, S. 203 f.). Vgl. hier auch das sowjetzonale Memorandum vom 13. Juli 1964 (Fundstelle in Anm. 24), in dem es u. a. heißt: „West-Berlin, das rechtens zum Gebiet der DDR gehört..

  26. FAZ vom 30. November 1964.

  27. Erklärung vom 30. November 1964, abgedr. im Bulletin des Presse-und Informationsamtes der Bundesregierung Nr. 176, vom 2. Dezember 1964, S. 1625.

  28. Fundstelle in Anm. 6.

  29. Ziff. 7 (Fundstelle in Anm. 18).

  30. Vgl. die Süddeutsche Zeitung vom 21. Dezember 1964 und die New York Times vom gleichen Tage.

  31. Briefwechsel zwischen dem sowjetischen stellvertretenden Außenminister W. A. Sorin und dem Minister für Auswärtige Angelegenheiten der DDR, Lothar Bolz. Text in: Dokumente zur Außenpolitik der Deutschen Demokratischen Republik III, Berlin-Ost 1956, S. 283 f.

  32. Abgedr. in EA 19 (1964), S. D 449 ff.

  33. FAZ vom 16. November 1964.

  34. Abgedr. im Bulletin des Presse-und Informationsamtes der Bundesregierung Nr. 137, vom 8. September 1964, S. 1279, sowie in EA 19 (1964), S. D 451 f.

  35. Abgedr. im Bulletin des Presse-und Informationsamtes der Bundesregierung, Nr. 145, vom 25. September 1964, S. 1341.

  36. Der Hinweis besteht in dem Zusatz: „gemäß Protokoll vom..der auf dem neuen Antragsformular hinter der Überschrift angebracht ist.

  37. Abgedr. im Bulletin des Presse-und Informationsamtes der Bundesregierung Nr. 145, vom 25. September 1964, S. 1341.

  38. Radio Free Europe Research — Communist Area, 21. Oktober 1964, S. 3.

  39. So W. Leonhard in der Zeit vom 6. November 1964; desgl. die FAZ vom 30. und 31. Oktober 1964.

  40. Vgl. die auszugsweise Wiedergabe in der FAZ vom 30. Oktober 1964. Es heißt dort: „Viele Reisen sind von dem Genossen Chruschtschow seit dem Jahre 1962 ohne die vorherige Beratung mit den anderen Mitgliedern des Präsidiums des Zentralkomitees oder des Präsidiums des Obersten Sowjet unternommen worden. Dasselbe geschah mit vielen Missionen im Ausland, die Freunden und Verwandten Chruschtschows persönlich anvertraut wurden, die keinen Titel noch Vorbereitung besaßen, die ihnen übertragenen heiklen Aufgaben zu Ende zu führen. Es wurde festgestellt, daß oft die Substanz der Gespräche und Vereinbarungen, die im Laufe dieser Reisen erreicht wurden, weder den Interessen des Sowjetvolkes noch der Politik der Partei entsprachen."

  41. 24. Oktober 1964, S. 334.

  42. In diesem Sinne auch Radio Free Europe Research — Communist Area, 20. Sept. 1964. Vgl.

  43. Bulletin des Presse-und Informationsamtes der Bundesregierung vom 20. Oktober 1964, Nr. 155, S. 1434.

  44. Deutsch in: Die Presse in der Sowjetunion — Ausgabe B, vom 21. Oktober 1964, Nr. 121, S. 2662.

  45. Prawda vom 30. Oktober 1964.

  46. Vgl. die Übersicht in: Radio Free Europe Research — Communist Area, 27. August 1964.

  47. Auszugsweise abgedr. in: EA 19 (1964), S. D 638 ff.

  48. Auszugsweise abgedr. in: EA 20 (1965, S. D 36 ff.

  49. Es handelte sich um den Aufruf der Bundesregierung vom 20. November 1964. In diesem Aufruf hatte die Bundesregierung — angesichts der am 8. Mai 1965 ablaufenden Verjährungsfrist für alle vor dem 9. Mai 1945 begangenen nationalsozialistischen Verbrechen — alle Regierungen, Organisationen und Einzelpersonen aufgefordert, „in ihrer Hand befindliches Material über Taten und Täter, die bisher in der Bundesrepublik noch nicht bekannt sind", der Zentralstelle zur Verfolgung nationalsozialistischer Gewalttaten zur Verfügung zu stellen.

  50. Abgedr. in: EA 20 (1965), S. D 121 f.

  51. Noten vom 23. April 1965, abgedr. in: EA 20 (1965), S. D 265 f.

  52. Abgedr. in: EA 20 (1965), S. D 108 ff.

  53. Abgedr. in: EA 20 (1965), S. D 276 ff.

  54. Abgedr. in: Bulletin des Presse-und Informationsamtes der Bundesregierung, Nr. 83, vom 13. Mai 1965.

  55. Prawda vom 20. Mai 1965.

  56. Abgedr. in: EA 20 (1965), S. D 263 f. — Die SBZ schloß sich diesem Vorgehen an. Ihr Ministerpräsident Stoph protestierte in einem an W. Brandt gerichteten Schreiben vom 29. März scharf gegen die beabsichtigte Bundestagssitzung. Ein Protest-telegramm ähnlichen Inhalts richtete der Außenminister der „DDR" Bolz an den Bundesaußenminister Schröder.

  57. Die amerikanische Note ist abgedr. in: EA 20 (1965), S. D 264.

  58. Abgedr. in: EA 20 (1965), S. D 285 f.

  59. FAZ vom 2. Juli 1965.

  60. Deutscher Text in: EA 20 (1965), S. D 231 ff. Russischer Text in der Prawda vom 10. April 1965.

  61. Abgedr. in der Prawda vom 9. April 1965.

  62. Text in: Bulletin des Presse-und Informationsamtes der Bundesregierung, Nr. 68, vom 15. April 1965.

  63. Wireless Bulletin, U S I S, Embassy of the USA, Bad Godesberg (117), 28. April 1965, S. 18.

  64. Informationsfunk der Bundesregierung vom 12. Mai 1965, Meldung Nr. 1205 — 108.

  65. Repräsentativ für die polnische Auffassung etwa Lachs, The Polish German Frontier, Warschau 1964;

  66. Von sowjetischer Seite etwa Zukov, in: Sovetskij ezegodnik mezdunarodnogo prava (1958) S. 348 ff. Von sowjetzonaler Seite z. B. Meister, Das Völkerrecht garantiert die Friedensgrenze an Oder und Neiße, Leipzig/Jena 1955.

  67. Vgl. etwa Meyer-Lindenberg, Deutschlands Grenzen — die Aussage des Völkerrechts, Sonderdruck aus: Die politische Meinung, Dezember 1962, Heft 79; Kraus, Der völkerrechtliche Status der deutschen Ostgebiete, Göttingen 1964; Menzel, Das Annexionsverbot des modernen Völkerrechts und das Schicksal der deutschen Ostgebiete, in: Das östliche Deutschland, Würzburg 1959, S 3 ff.

  68. Oppenheim/Lauterpacht, International Law I, 8. Ausl., London/New York/Toronto 1955, S. 325 f.; Berber, Lehrbuch des Völkerrechts I, München/Berlin 1960, S. 432 und S. 62 — Für den sozialistischen Völkerrechtskreis vgl. Mezdunarodnoe pravo (Red. F. I. Kozevnikov), Moskau 1964, S. 340 f. und Petererskij, in: Sovetskoe gosudarstvo i pravo (1957), Nr. 4.

Weitere Inhalte

Hans H. Mahnke, Dr. jur., Referent für Völkerrecht im Bundesinstitut zur Erforschung des Marxismus-Leninismus in Köln, geb. 28. April 1929 in Otterndorf b. Cuxhafen. Veröffentlichung: Die Frage der Einheit der Völkerrechtsgemeinschaft und die Organisation der internationalen Sicherheit, Berlin 1965.