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Militäropposition und Armee im Sommer 1939 | APuZ 29/1969 | bpb.de

Archiv Ausgaben ab 1953

APuZ 29/1969 Mandat zum Widerstand. Der Fall der deutschen Opposition gegen Hitler Militäropposition und Armee im Sommer 1939

Militäropposition und Armee im Sommer 1939

Klaus-Jürgen Müller

Mit freundlicher Genehmigung der Deutschen Verlagsanstalt in Stuttgart werden aus dem in Kürze erscheinenden Buch „Das Heer und Hitler. Armee und nationalsozialistisches Regime 1933— 1944“ Auszüge des Kapitels „Von München bis zum Kriegsausbruch" als Vorabdruck veröffentlicht.

Das Münchener Abkommen hatte dem Staatsstreichvorhaben die Grundlage entzogen, das oppositionelle Militärs um den Generalstabschef Halder für den Fall ins Auge gefaßt hatten, daß Hitler es über die tschechische Frage zum Krieg würde kommen lassen Die Preis-gabe der Tschechoslowakei durch die Westmächte hatte der deutschen Opposition einen schweren Schlag versetzt, Hitlers Prestige aber erheblich gesteigert. Seine Erfolge erschütterten nicht nur die Grundlage der Konspiration, sie beeinträchtigten auch ihr Selbstvertrauen und ihren inneren Zusammenhalt. Verbitterung, resignierende Skepsis und Ratlosigkeit machten sich breit. Die einst unter großen Schwierigkeiten geknüpften Kontakte zwischen Militärs und oppositionellen Zivilisten lockerten sich. Kritik und gegenseitiges Mißtrauen kamen auf Die oberste Führung des Heeres war irgendwelchen konkreten Staatsstreichüberlegungen nicht mehr zugänglich. Halder äußerte damals gegenüber einem Vertrauten, das Ziel bleibe wohl unverändert, aber Hitlers unwahrscheinliches Glück auf außenpolitischem Gebiet lasse vorerst jegliche Aktion als unmöglich erscheinen. Offiziere und Soldaten seien von Hitlers Erfolgen wie gebannt. Da das Ausland alles hinnehme und keine Konsequenzen gezogen habe, sei man in diesen Kreisen davon überzeugt, daß die Dinge weiterhin auch gut verlaufen würden Das war eine Lagebeurteilung, die, wie die Quellen zeigen, sogar noch bis unmittelbar vor Kriegsausbruch wohl im ganzen als zutreffend anzusehen ist. Halders Vorgesetzter, der ObdH General v. Brauchitsch, war nicht nur nicht ge-neigt, keinerlei oppositionelle Regungen bei sich aufkommen zu lassen — wie er sie, allerdings recht zaghaft, im September 1939 gezeigt hatte —, er pflegte sogar eine betonte Loyalität gegenüber Hitler und Regime an den Tag zu legen. Unter diesen Umständen — zumal dann auch Hitler im März 1939 mit dein Prager Coup ein erneuter Erfolg gelungen war — entzog sich Halder fortan jeglichen konspirativen Fühlungnahmen von Seiten ziviler Oppositioneller. Unklarheit und Resignation herrschten in deren Kreisen. Ihre Vorschläge gegenüber den Militärs — wie z. B. die, die Trott und Kessel dem Kommandierenden General des IV. Armeekorps in Dresden, Alexander v. Falkenhausen, machten, er solle Hitler zu einer Besichtigung tschechischer Bunker einladen, dort isolieren und zum Selbstmord zwingen oder erschießen — waren unangemessen und irreal. Die ablehnende Haltung der Militärs steigerte die Entfremdung. Die zivile Opposition erschöpfte sich in unrealistischem Pläneschmieden und unfruchtbarem Räsonnieren. Von den Männern der Armeeführung aber war keinerlei Initiative zu einem Staatsstreich zu erwarten. Dennoch kam es bis in den Sommer 1939 hinein zu einer von einigen höheren Offizieren getragenen Konspiration von der aus auch einige Fäden zu zivilen Oppositionellen liefen. Wenngleich diese Verschwörung, die der Forschung bisher entgangen ist, im Rahmen der Gesamtgeschichte des militärischen Widerstandes lediglich eine Episode ohne bedeutsame Auswirkungen geblieben ist, so ist sie doch in mehrfacher Hinsicht aufschlußreich.

Witzlebens konspirative Pläne

Während sich Halder in Berlin jedem Gedanken an einen Gewaltstreich gegen das'Regime verschloß, während die zivile Opposition ohne konkrete Ansatzmöglichkeit in erzwungener Passivität verharrte, saß der General, der im Herbst 1938 als Befehlshaber des Berliner Wehrkreises den geplanten Staatsstreich hatte Oberbefehlshaber des Gruppenkommandos 2 in Frankfurt a. M.

Von der Zentrale entfernt, ohne genaue politische Informationen, nahezu ohne Kontakte zu Berliner Oppositionskreisen, wollte diese ebenso aufrechte wie politisch problemlose Soldatennatur dennoch nicht resignieren. Jedoch, was konnte er, nun trotz äußeren Aufstiegs doch bloß ein Befehlshaber außerhalb Berlins, noch machen? Gisevius kennzeichnet Witzlebens Lage mit den Worten: „Nun saß er in Frankfurt a. M. und sehnte sich in die Zeit zurück, wo er nicht mehrere Armeekorps, dafür aber in Berlin jene eine oder zwei Divisionen befehligte, die den Weg zur Reichskanzlei bahnen konnten." In der Hierarchie des Heeres jetzt in eine der drei oder vier höchsten Stellen hinter den ObdH gerückt, empfand Witzleben es schmerzlich, wie mit jeder Rang-erhöhung auch die Distanz zur Truppe wuchs und damit auch die unmittelbare Wirkmöglichkeit des soldatischen Führers stärker mediatisiert wurde. Jetzt konnte er sich nicht mehr einfach zum Pronunziamiento an die Spitze einer Division setzen. In der Person des klugen und gebildeten Generalmajors v. Sodenstern besaß er indessen einen Chef des Generalstabes, der alles andere als nationalsozialistisch eingestellt war. Sodenstern hatte sogar im Frühjahr 1938 einen Aufsatz „über das Wesen des Soldatentums" verfaßt, den der Generalstab des Heeres erst nach langem, bedenkenvollen Zögern und auch dann nur mit zahlreichen abschwächenden Änderungen in der „Militärwissenschaftlichen Rundschau" dem offiziösen Fachblatt des Generalstabes, zur Veröffentlichung freigab. In der französischen Zeitschrift „Cyrano" wurde dieser Artikel als „offene Stellungnahme gegen die Nazifizierung der Armee" bezeichnet

Es erstaunt daher nicht, daß Witzleben bei seinem Chef des Stabes bald eine Übereinstimmung der beiderseitigen Auffassungen feststellte, zumal auch Sodenstern seit längerem die politische Entwicklung mit wachsender Besorgnis verfolgt hatte. Beide Männer erkannten rasch, daß sie Becks Auffassung teilten, führen müsse; dann würde sich schließlich die ganze Welt gegen Deutschland stellen; das wäre das Ende des Reiches. In zahlreichen ernsten Aussprachen, so berichtet Sodenstern, „wurden sich Oberbefehlshaber und Chef darüber klar, daß hier Grenzen der soldatischen Gehorsamspflicht sichtbar wurden und daß — wer solchen Ausgang befürchtete — auch an der Verantwortung für die weitere Entwicklung mit zu tragen hatte" Ein Rückzug ins Privatleben — darin stimmten beide Offiziere überein — käme einer Flucht vor der Verantwortung gleich. Der Gleichklang der Auffassungen veranlaßte Witzleben, seinem Chef anzuvertrauen, daß er sich schon seit langem Gedanken über die daraus resultierenden Konsequenzen gemacht habe und auch diesbezüglich bereits mit anderen Persönlichkeiten — er nannte dabei den Namen Goerdeler — in Kontakt stünde. Auf Grund der übereinstimmenden Lagebeurteilung fand er bald Sodensterns Zustimmung zu dem Entschluß, Widerstandskräfte ins Leben zu rufen, auf die gestützt man im gegebenen Moment Hitler zur Änderung seiner verhängnisvollen Politik zwingen könnte.

So verhältnismäßig schnell Witzleben auch mit seinem Chef des Stabes über die sich aus der gemeinsamen Lagebeurteilung ergebenden Konsequenzen einig wurde, so wenig sahen beide Offiziere jedoch zum damaligen Zeitpunkt konkrete und bald zu realisierende Möglichkeiten. Darin spiegelte sich die allgemeine Lage der gesamten Opposition wider. Aber während die Berliner Frondeure angesichts der Aussichtslosigkeit der Situation praktisch im unfruchtbaren Räsonnement stekken blieben, ließ sich Witzleben nicht davon abhalten, wenigstens auf lange Sicht hin Pläne zu schmieden. Dabei zerbrach er sich vorerst nicht den Kopf über die Frage, was mit Hitler bei einem Putsch zu geschehen habe; das zu entscheiden, wäre bei gegebener Gelegenheit noch Zeit genug. Für Witzleben ging es allein um die Frage, was man jetzt tun könne. Das war zwar wenig, aber dieses wenige wollte er jedenfalls tun. Dieser General hat nicht resigniert; er drängte zur Aktion, so eng die Grenzen für eine solche auch gezogen sein mochten. So konnte in wenig günstigen Zeitläufen Unkompliziertheit verbunden mit persönlicher Dynamik ein Rettungsmittel vor der lähmenden Resignation sein. Bei näherer Überlegung kamen die beiden Offiziere zu dem Schluß, man müsse für jede zukünftige Militär-aktion eine solide personelle Basis haben. Sie entschlossen sich daher, langfristig Grundlagenarbeit zu leisten und „eine Kerntruppe zu bilden, welche die zuverlässige bewaffnete Stoßkraft für eine Widerstandsbewegung abgeben konnte, die — wenn andere Mittel versagten — die gewaltsame Entmachtung des Direktors zum Ziel haben mußte".

Witzleben und sein Chef schreckten demnach nicht vor dem Gedanken zurück, notfalls zum Äußersten zu schreiten. Zunächst aber wollten sie insgeheim gleichgesinnte höhere Offiziere gewinnen, die dann zuverlässige Truppenkommandeure ausfindig machen sollten. Deren Aufgabe wäre es gewesen, jüngere Offiziere zu überzeugen. Dabei kämen vor allem solche Persönlichkeiten in Frage, die mitreißenden menschlichen Einfluß auf ihre Leute hätten. Dieser Plan lief in Konseguenz auf eine breite konspirative Zellenbildung hinaus. Ant 20. Juli 1944 versuchte dagegen eine kleine Aktionsgruppe, die an wichtigen Schaltstellen im Führungsorganismus des Heeres saß, den Automatismus des militärischen Apparates, der mit formal korrekten Befehlen nach ihrer Ansicht zu manipulieren war, für den Staatsstreich auszunützen. Witzleben dagegen faßte im Sommer 1939 die kadermäßige Revolutionierung eines kleinen, aber hinreichenden Teiles des Offizierkorps ins Auge Wie immer man die Realisierungsmöglichkeiten dieses Vorhabens auch beurteilen mag, fraglos war es ein im Rahmen des bisherigen Denkens der oppositionellen Militärs ganz neues, angesichts der deutschen militärischen Tradition sogar ungeheuer kühnes Unterfangen. Gewiß, von differenzierten politischen Überlegungen war in diesem auf lange Sicht hin angelegten Plan nichts zu finden. Die Frage, zu welchem Zeitpunkt und mit welchem Ziel man diesen antinationalsozialistischen Kader einsetzen sollte, wie man konkret einen Umsturz anzupacken hatte und wie man danach die Verhältnisse zu regeln gedachte, stellten sich — wie es scheint — die beiden Offiziere nicht. Insofern war ihre Planung bei aller Kühnheit der Methode doch recht vage. Das mag nicht nur an Witzlebens notorischem politischen Desinteresse gelegen haben; sein Chef Sodenstern war immerhin ein auch in politischen Dingen umsichtiger und verständiger Offizier. Ihnen ging es vorerst darum, überhaupt etwas zu tun. Im übrigen waren sich beide darüber im klären, daß ihr Projekt ein Vorhaben auf lange Sicht war Aber beiden glaubten, daß eben die dafür notwendige Zeit noch zur Verfügung stünde; denn, wie Sodenstern berichtet, hielten sie „einen etwa von deutscher Seite ausgehenden Angriff nicht vor den vierziger Jahren für möglich". In dieser Auffassung fühlten sie sich „noch bestärkt durch den Ausbauzustand des Westwalles’, der der militärischen Aufsicht des Gruppenkommandos unterstand und nicht vor 1942 verteidigungsfähig sein konnte"

Diese völlige Unorientiertheit eines der höchsten Befehlshaber des Heeres und seines ersten Beraters erscheint dem heutigen Betrachter nahezu unglaublich; daß Sodensterns Bericht in diesem Punkt jedoch zutreffend ist, bezeugt auch Gisevius. Bei einem Besuch am 20. August 1939 in der Privatwohnung des Generals traf er Witzleben beim Abhören britischer Rundfunksendungen, „der einzigen zuverlässigen Nachrichtenquelle, über die zu jenem Zeitpunkt diejenigen verfügten, auf deren Befehl bald Hunderttausende in die Feld-schlacht zogen" Er fand den General auch von der Zuspitzung der politischen Lage kaum unterrichtet Das erklärt die angesichts der politischen Krisensituation gewiß in zeitlicher Hinsicht unangemessenen konspirativen Pläne der beiden Offiziere; außerdem waren sie nicht die einzigen, die die Lage falsch beurteilten, wie andere Beispiele zeigen. Der Unermüdlichkeit, der Tatbereitschaft und der Originalität der Planung Witzlebens und Sodensterns tut diese Feststellung jedenfalls keinen Abbruch. Allerdings war die zeitliche Fehlrechnung der beiden Generäle schließlich der entscheidende Faktor, welcher der Ergebnislosigkeit ihres Unterfangens zugrunde lag. Das wurde am 1. September dann deutlich. Vorerst jedoch begannen die beiden Offiziere, vorsichtig und behutsam zwar, aber nicht minder entschlossen, Mittel und Wege zu suchen, ihren Plan zu verwirklichen. Aus dem Stab des Gruppenkommandos wurde lediglich der I a, der damalige Oberst und spätere Generalleutnant Vincenz Müller, eingeweiht Ansonsten ging die Arbeit, erschwert durch die notwendigerweise zu beachtende Vorsicht und Geheimhaltung bei weiteren Kontaktaufnahmen, nur langsam voran. Zu den Berliner Oppositionskreisen scheinen keine Kontakte bestanden zu haben. Sodenstern gibt zwar an, daß Oberst Oster seine alten Beziehungen zu Witzleben weiter gepflegt habe, aber wahrscheinlich wird dieser, da die Frankfurter Gruppe auf lange Sicht plante und vorerst keine direkte Aktion ins Auge gefaßt hatte, in Berlin die Dinge nicht weiter verbreitet haben Auch sagt Sodensterns Bericht nicht, daß Oster in Witzlebens Pläne eingeweiht war, sondern nur, daß er weitere Kontakte zu vermitteln sich bemühte.

Kontakte zu zivilen Oppositionellen

Ein Ergebnis dieser Vermittlertätigkeit Osters könnte gewesen sein, daß Graf Fritz-Dietlof v. d. Schulenburg, der seit der Sudentenkrise enge Beziehungen zur Abwehr unterhielt im Frühjahr 1939 auf der Rückreise von einem Urlaub in Frankfurt Station machte und eine Unterredung mit Witzleben hatte

Das wichtigste Ergebnis dieser Vermittler-tätigkeit Osters, die man sich im überigen nicht als permanent, sondern mehr als von Fall zu Fall ausgeübt vorzustellen hat, war das Zustandekommen einer Aussprache zwischen Goerdeler und Witzleben in Frankfurt. Nach Sodensterns Angaben fand dieses Treffen „wenige Wochen — es mögen 5— 8 gewesen sein — vor dem 1. September 1939 in der Wohnung Witzlebens" also im Juli oder Anfang August, statt Das Ergebnis dieser Aussprache gibt Sodensterns Bericht folgendermaßen wieder: „ 1. Ein reiner Generalsputsch konnte keine Resonanz im Volk haben, war auch von Witzleben nicht beabsichtigt. 2. Der Aufstand war hoffnungslos, solange die sozialistischen Massen — und das war der Fall! — in geschlossener Front hinter den Hakenkreuzfahnen standen. Ein Generalstreik, der auch Post und Eisenbahn erfaßt hätte, wäre unvermeidlich gewesen. 3. Beim Start der Bewegung müßten sofort alle Gauleiter verhaftet, alle Rundfunk-sender besetzt und die gesamte Presse unter Kontrolle genommen werden. Also mußte in jeder Gauhauptstadt eine zuverlässige Verschwörergruppe vorhanden sein. 4. Witzleben hoffte, bis zum Frühjahr 1940 eine zuverlässige Aktionsgruppe organisiert und in allen Wehrkreisen die Vertrauensleute (gemäß Ziff. 3) gewonnen zu haben. 5. Dr. Goerdeler übernahm es, auf dem Wege über christliche und sozialistische Gewerkschaftsführer die Front der Arbeiterschaft aufzusprengen und die Gefahr eines Generalstreiks auszuschalten. Auch er hoffte, bis zum Frühjahr 1940 am Ziel zu sein. 6. Man kam überein, sich nach einigen Monaten zur Festlegung endgültiger Daten und Maßnahmen wieder zu treffen. In der Zwischenzeit sollte unauffällige Verbindung durch Oberst Oster gehalten werden."

Die Zeitplanung wurde also, wie Punkt 4 zeigt, nicht geändert, das heißt, sie entsprach weiterhin nicht der tatsächlichen Lage des August 1919. Da Goerdeler — wie es scheint — dem zustimmte, war auch er sich wohl infolge seiner längeren Auslandsreisen über die akute Zuspitzung der Lage nicht ganz im klaren Auffallend ist an der Planung die sehr pessimistische Beurteilung der Stimmung im Volk, die man einem Staatsstreich gegenüber nicht für günstig einschätzte. Die Tagebücher Hassels ergeben dagegen ein völlig anderes Bild Danach sei damals die Zukunftssorge im Volk groß, die Unzufriedenheit mit dem System spürbar gewesen. Man wird allerdings die unleugbare Abneigung gegen einen Krieg nicht unbedingt mit einer tiefgehenden Unzufriedenheit mit dem Regime gleichsetzen können. Für den rückblickenden Betrachter ist es aber schwierig, die Volksstimmung der damaligen Zeit im einzelnen zu rekonstruieren, zumal eine erkennbare öffentliche Meinung im „Dritten Reich" nicht bestand. Gewiß aber darf man wohl nicht derart undifferenziert — wie es Witzleben und Goerdeler damals taten — von einer „geschlossenen Front" der hinter dem Regime stehenden „sozialistischen Massen" der Arbeiterschaft sprechen Immerhin ist es bezeichnend für die Denkweise der beiden konservativen Verschwörer, daß sie annahmen, die deutsche Arbeiterschaft sei durch die Sozialpolitik der Hitler-Regierung derart regimetreu, daß sie einen Militärputsch mit einem Generalstreik beantwortet hätten. Sie schätzten Hitlers Prestige bei der Arbeiterschaft offensichtlich ebenso hoch ein wie die eigenen Resonanzmöglichkeiten in diesen Kreisen niedrig.

Witzlebens Plan einer konspirativen Kaderbildung wurde, wie Punkt 1 und 4 der Übereinkunft zeigen, von Goerdeler voll gebilligt.

Das wichtigste Ergebnis der Besprechung mit Goerdeler jedoch war die Konkretisierung der Pläne Witzlebens für den Zeitpunkt der Aktion; das kam in der Absprache über die Verhaftung der Gauleiter, die Besetzung der Rundfunksender und die in Aussicht genommene Kontrolle der Presse und die örtlichen Aktionsgruppen zum Ausdruck. Damit war zugleich — wenigstens der Intention nach — eine Ausweitung der vorbereitenden Aktivität über den Rahmen des Kommandobereiches Witzlebens hinaus auf das ganze Reichsgebiet ins Auge gefaßt. Sodann — und das war ebenso wichtig — wurde durch Goerdelers Bereitschaft, mit christlichen und sozialistischen Gewerkschaftsführern Kontakt aufzunehmen, eine wichtige Basisverbreiterung der Konspiration vorgesehen. Goerdelers Mitarbeit brachte in das ursprünglich auf den militärischen Bereich beschränkte Aktionsprogramm Witzlebens neben der notwendigen Konkretisierung einen großzügigeren und mehr politischen Zug hinein. Erst damit war die Möglichkeit gegeben, die Planung zur eigentlichen politischen Verschwörung auszuweiten. Dennoch bleibt es das Verdienst der Frankfurter Offiziersgruppe, daß sie zu einer Zeit, als die übrige Opposition untätig und gelähmt vorerst keine Aktionsmöglichkeiten mehr sah, wieder die Initiative ergriff und sich nicht in theoretischen Planungen erschöpfte; vor allem aber knüpfte sie das durch den Schock der Ereignisse von München und durch Halders Absage zerrissene Band zwischen militärischer und ziviler Opposition wieder an. Auch dies gehört nämlich in das Bild, das die Beziehungen zwischen Wehrmacht und nationalsozialistischem Regime damals boten: Trotz des bereits geschilderten weiteren Einflußverlustes der Armee, der betonten Zurückhaltung des Generalstabschefs und des Rückzuges des ObdH auf den militärischen Gehorsams-standpunkt verzichteten dennoch einige wenige Offiziere, abseits der Führungszentrale, nicht auf eine konkrete oppositionelle Aktivität — mehr noch, sie bemühten sich sogar, die Beziehungen zwischen den oppositionellen Kräften wieder zu beleben.In Verfolgung derartiger konspirativer Pläne bat Witzleben durch Osters Vermittlung Gisevius um einen Besuch, der am 20. August stattfand. Der General ließ sich zunächst über die jüngste politische Lageentwicklung und über die Verhältnisse in Berlin berichten. Darüber hatte ihm auch Goerdeler nichts sagen können; der ObdH aber habe sich — wie Witz-leben ergrimmt feststellte — bei einer kurz zuvor stattgefundenen Besichtigung kühl an rein dienstliche Fragen gehalten und jedes Wort über politische Dinge vermieden; ebenfalls sei der den ObdH begleitende Halder ihm ausgewichen Gisevius konnte dem General nicht viel Positives von den Berliner Oppositionskreisen berichten. Er erwähnte lediglich, daß Beck vergeblich versucht habe, auf Halder einzuwirken. Gisevius und Oster hatten im Gegenteil gehofft, daß der General bei dieser Gelegenheit seinerseits einen konstruktiven Aktionsplan zu diskutieren wünsche. Indessen zeigt Gisevius'Bericht über seinen Besuch bei Witzleben, daß der General ihn bei diesem Treffen nicht direkt in seine Pläne ein-geweiht hat. Vielmehr sandte er ihn mit dem Auftrag nach Berlin zurück, Beck, Canaris und Oster zu fragen, ob sie sich von einer Reise Witzlebens nach Berlin etwas versprechen würden. Witzleben dachte daran, in Berlin eventuell im Bunde mit Stülpnagel und Canaris persönlich auf den Generalstabschef und über diesen auf den ObdH einzuwirken. Gisevius sollte in vier Tagen wieder nach Frankfurt kommen und Witzleben das Ergebnis dieser Befragung mitteilen. Wenngleich Witzleben vorerst Gisevius nichts über seinen Plan anvertraute, so paßt sich doch der diesem erteilte Auftrag nahtlos in das Vorhaben der Frankfurter Gruppe ein. Man wird darin einen spontanen Versuch Witzlebens sehen dürfen, durch persönliche Einschaltung wieder unmittelbaren Kontakt mit den Berliner oppositionellen Kreisen zu bekommen, sowie die personelle Planung möglicherweise dadurch auf eine gewichtige Grundlage zu stellen, daß er mit dem Generalstabschef zu einer Absprache zu kommen sich bemühte.

Witzlebens konspirative Pläne

Aus dem Vorhaben wurde jedoch nichts. Bereits am nächsten Tage bestellte Witzleben telefonisch den in Aussicht genommenen Besuch seines Freundes Gisevius ab, da alle höheren militärischen Führer für den 22. August zu Hitler nach Berchtesgaden beordert worden waren. Die Rede, die Hitler dort vor der Generalität hielt, machte auf Witzleben und seinen Chef „den bestimmten Eindruck, daß der Krieg mit Polen unmittelbar bevorstehe" Damit war praktisch der auf längere Sicht angelegte Plan hinfällig geworden. Der General und sein Chef wurden infolge der nun in Kraft tretenden Mobilmachungsstellenbesetzung getrennt. Witzleben erhielt das Oberkommando der 1. Armee im Westen, Sodenstern wurde Chef des Stabes der Heeresgruppe Leeb. Vor allem aber waren mit der durch Mobilmachung und Kriegsausbruch gegebenen veränderten Gesamtlage keinerlei Aussichten mehr vorhanden, ihr Vorhaben zu verwirklichen.

Infolge der strikten Geheimhaltung und der schlagartigen Änderung der Lage mit Kriegsbeginn blieb die Initiative des Witzlebenkrei-ses den anderen einzelnen zivilen Oppositionskräften verborgen. Das trug zu gewichtigen psychologischen Auswirkungen bei. Bei der zivilen Fronde in Berlin, zu der in diesem Fall auch der im Ruhestand befindliche Generaloberst Beck zu rechnen ist, verbreitete sich eine stark negative Beurteilung der gesamten Generalität. Hassels Tagebuchaufzeichnungen geben eindrucksvoll die pessimistische, abwertende Einschätzung dieser Kreise hinsichtlich einer Initiative zum Widerstand von Seiten hoher Militärs wieder. Erst jetzt wurde ihnen der seit dem 4. Februar 1938, vollends dann seit München eingetretene fortlaufende Macht-verlust der Armee voll bewußt. So kam auch Beck, obwohl mehr denn je von der Verwerflichkeit der Politik des Hitler-Regimes fest überzeugt, zu dem entmutigenden Schluß, daß vorerst kein Punkt zu sehen sei, „an dem man ansetzen könnte" Es zeigte die ganze Zersplitterung und den Mangel an Koordinierung der noch vor einem Dreivierteljahr einigermaßen entschlossenen Oppositionskräfte, daß diese Bemerkung Becks an dem Tag fiel, an dem Goerdeler nach seiner Fühlung mit Witz-leben zu Hassel von jenen „Faktoren des Widerstandes" sprach, die es bereits wieder im Lande gebe. Offensichtlich funktionierte nicht einmal mehr der Informationsaustausch unter den in Berlin befindlichen Oppositionellen. Das ist nicht nur auf die jeder oppositionellen Artikulierung höchst ungünstigen Verhältnisse in einem totalitären Polizeistaat zurückzuführen, es ist fraglos auch ein weiteres Zeichen für den Zerfall und die Lähmung innerhalb der Fronde. Gewiß wird man Witzlebens Aktivität nicht überbewerten dürfen; aber wenn die anderen Oppositionellen, die zu jener Zeit immer wieder vergeblich nach der geringsten Ansatzmöglichkeit Ausschau hielten, von seinen Plänen erfahren hätten, dann wäre ihr Urteil über die Generalität wohl differenzierter ausgefallen, zumindest hätten sie wenigstens ihre bescheiden gewordene Hoffnung auf einen General und einige hohe Offiziere gerichtet. So aber mußten sie weiter die Bitternis der Ohnmacht auskosten.

Auslandskontakte der Opposition

Dennoch kam es im Laufe des Sommers 1939 zu mancherlei. Kontakten zwischen oppositionellen Emissären und britischen Regierungsstellen. Die Gebrüder Kordt konnten Gespräche mit Vansittard bis in den August hinein führen; Schlabrendorff wurde von Lord Lloyd, Lord Halifax und Churchill empfangen; auch Adam v. Trott zu Solz und Graf Moltke führten ähnliche Gespräche; aber welch ein Unterschied zu jenen Fühlungnahmen im Jahre 1938! Damals konnten die Beauftragten der Opposition mit gutem Gewissen für den Eventualfall und unter gewissen Bedingungen einen Generalsputsch in Aussicht stellen, ja ihre Missionen waren geradezu integrierender Teil eines militärischen Staatsstreichplanes. Jetzt dagegen vermochten sie auf keine derartigen Aktionen hinzuweisen. Nach Hitlers Rede vom 23. Mai wußten sie auch, daß der Diktator sich kaum noch durch eine feste Haltung der Westmächte von seinen Plänen würde abbringen lassen.

Die Opposition im Auswärtigen Amt und die anderen Abgesandten aus Deutschland mußten daher auf einer anderen Ebene agieren. Sie bemühten sich mit ihren Demarchen, Hitler die Möglichkeit weiterer diplomatischer Trümpfe zu verbauen, die es ihm eventuell gestatteten, seinen Krieg als Kampf um legitime und populäre Interessen der Nation zu deklarieren So ließen sie bereits frühzeitig Warnungen vor einer deutsch-sowjetischen Annäherung nach London gelangen was dort im übrigen aufgrund anderweitig-r Informationen nicht als Überraschung wirkte; es rief vielmehr Verwirrung und Mißverständnisse hervor, jedenfalls verschaffte es der Opposition in den Augen der Briten keinen besonderen Kredit

Auch eine Initiative des damaligen Oberstleutnants i. G. Graf v. Schwerin, der am 6. Juli 1939 anläßlich eines Besuches in London mit dem Chef des britischen Marine-Nachrichtendienstes, einem Parlamentarier und dem General Marshall-Cornwall dinierte, hatte kein Ergebnis Schwerin bemühte sich, seinen Gesprächspartnern klar zu machen, daß Hitler, der von seinem eigenen Generalstab gar nichts halte, nur mit Taten, nicht mit Worten zu beeindrucken sei. Es werde in nächster Zukunft Krieg geben, falls Hitler nicht davon überzeugt werde, daß die Westmächte es ernst meinten. Zu diesem Zwecke machte Schwerin den Briten sogar konkrete Vorschläge, was zu tun sei: eine britische Flottendemonstration, falls Deutschland einen Kreuzerbesuch in Danzig ankündige; Churchill ins Kabinett aufzunehmen, da dieser der einzige von Hitler respektierte britische Politiker sei; und schließlich die operative Luftwaffe Englands bereits jetzt in Frankreich zu stationieren Auf die Einwände der Briten, daß es schwierig sei, bei derartigen Unternehmen die Grenze zwischen einer festen und einer provokatorischen Haltung einzuhalten, erwiderte Schwerin nochmals sehr betont, England müsse seine Stärke zeigen, wenn es Hitler im Zaume halten wolle; denn dieser sei überzeugt, daß die britische Außenpolitik schlapp sei. Das deutsche Volk — so fügte er abschließend hinzu — überließe Hitler das politische Denken, es habe Vertrauen zu ihm und sei einigermaßen glücklich im „Dritten Reich". Schwerin mußte jedoch trotz aller seiner Argumente aus den Worten seiner britischen Gesprächspartner entnehmen, daß London seinem Rat nicht zu folgen gedachte.

Initiativen gegen den Krieg innerhalb des OKW

Alles in allem also waren dies sehr vage Bemühungen, fast schon Verzweiflungsschritte, aber keinerlei planvolle Initiativen. Es fehlte ihnen die solide Basis und ein sinnvolles Ziel Das hatte seinen Grund nicht zuletzt darin, daß keine Aussicht auf irgendwelche Aktionen von militärischer Seite bestand.

Indessen war es nicht so, daß es innerhalb der Wehrmacht-und Heeresführung keinerlei Besorgnis über den Gang der Entwicklung gab. Im Gegenteil, sogar im OKW entstanden bei maßgeblichen Offizieren sorgenvolle Bedenken. Keitel selbst will Hitler im Laufe des Sommers gewarnt und dargelegt haben, die führende Generalität sei wegen der mangelnden Kriegsbereitschaft der Wehrmacht, insbesondere aber wegen der gefährlichen Möglichkeit eines Zweifrontenkrieges von größter Sorge erfüllt Das mag ein Ergebnis der Interventionen von Canaris und Thomas gewesen sein. Der Abwehrchef, der seit der „Reichskristallnacht" dem Chef des Oberkommandos der Wehrmacht laufend Material über die Verbrechen der Gestapo vorlegte, hatte schon am 17. April versucht, Keitel von der an Sicherheit Wahrscheinlichkeit Eingreifens eines der Briten zu überzeugen, wobei er gleichzeitig darauf hinwies, daß man auf Italien als Bundesgenossen nicht werde rechnen können

Ebenfalls um diese Zeit hatte der Chef des Wehrwirtschafts-und Rüstungsstabes im OKW, General Thomas dem Chef des Ober-kommandos der Wehrmacht eine in Zusammenarbeit mit zivilen Oppositionellen wie Popitz, Beck, Goerdeler, Hassel, Planck und Schacht entworfene Denkschrift über das Risiko eines Krieges vorgelegt Die Warnungen Keitels stießen bei Hitler auf taube Ohren. Sie verstärkten nur noch sein Mißtrauen gegen die Generalität Der Chef des Oberkommandos der Wehrmacht schien jedenfalls daraufhin nicht weiter geneigt zu sein, sich bei Hitler zu exponieren. Den Vorschlag von Thomas, er möge Goerdeler oder Popitz zu einem Gespräch über Stimmung und Haltung des Auslandes empfangen, lehnte er ab, weil er sich nicht durch einen Kontakt mit diesen in Ungnade gefallenen Persönlichkeiten kompromittieren wollte

Innerhalb des Oberkommandos der Wehrmacht bemühten sich damals führende Offiziere mit den Mitteln des Ressorts, der Kriegspolitik Hitlers entgegenzuarbeiten. Einige faßten den Plan, Hitler durch Vorlage von Statistiken „ohne irgendeinen direkten Hinweis auf seine Kriegspläne" klar zu machen, daß Deutschland sich gegenüber dem Potential der Westmächte in einer hoffnungslosen Unterlegenheit befinden würde. Keitel lehnte jedoch diesen Vorschlag ab. Daraufhin schlug das Wehrmachtführungsamt vor, man solle ein großangelegtes Wehrmachtkriegspiel durchführen, dessen Leitung Hitler selbst anzutragen sei. Dem Kriegspiel solle die damalige Weltlage, insbesondere die Möglichkeit eines Eingreifens der Westmächte zugrunde gelegt werden; dadurch könne Hitler im Verlauf des Spieles das „ganze Verhängnis seines Unterfangens vor Augen" geführt werden Wiederum scheint der Plan an Keitel gescheitert zu sein

Kein Zusammenspiel von OKW und OKH gegen den Krieg

Unter diesen Umständen mußten die betreffenden Offiziere im Oberkommando der Wehrmacht rasch einsehen, daß, zumal Keitel nicht mitzumachen gewillt war im Rahmen der vom Ressort her zur Verfügung stehenden Mittel ihre Einflußmöglichkeiten nur zu bald erschöpft waren — eine Erfahrung, die Beck schon ein Jahr zuvor hatte machen müssen. Jene radikale Konsequenz, die daraufhin damals von Halder und einigen anderen Offizieren des Generalstabes Heeres gezogen wurde, nun auch ihrerseits zu ziehen, war indessen diesen in mittleren Positionen im Oberkommando der Wehrmacht befindlichen Offizieren offensichtlich nicht möglich. Dabei ist aber noch ein anderer Aspekt zu berücksichtigen. Die Einwirkungsversuche dieser Offiziere scheiterten bereits an der ersten Hürde, am Chef des Oberkommandos der Wehrmacht. Hätten sich aber vielleicht der eine oder der andere oder gar beide Pläne realisieren lassen, wenn es dabei zu Fühlungnahmen, eventuell sogar zu einem Zusammenspiel zwischen Oberkommando der Wehrmacht, Heer und Marine gekommen wäre?

Indessen: Die Verhältnisse waren eben nicht normal. Hier erweist sich an einem entscheidenden Punkt der Entwicklung zum Kriege, wie folgenreich die interne Spaltung unter den obersten militärischen Führungsgremien war. Das heillos gestörte Verhältnis zwischen der Heeresführung und den Repräsentanten des Oberkommandos der Wehrmacht ließ es zu keiner Fühlungnahme, geschweige denn zu einem Zusammenspiel kommen. Dadurch entfiel beispielsweise die Möglichkeit, daß die Heeresführung im Einvernehmen mit den bei ihrem Chef nicht durchgedrungenen Offizieren des Oberkommandos der Wehrmacht den Kriegspiel-Plan aufgriff. Sollte die Erinnerung an den massiven Widerstand, der einst von seifen der Wehrmachtteile, insbesondere des Generalstabes, gegen den Gedanken der Wehrmachtkriegspiele geleitet wurde, die Offiziere des Oberkommandos der Wehrmacht abgehalten haben, in dieser Frage mit dem Heer Fühlung aufzunehmen? Hier zeigte sich jedenfalls aufs neue die folgenschwere Spaltung innerhalb der obersten militärischen Führung und damit auch, wieweit die Ohnmacht und Schwäche der bewaffneten Macht bereits gediehen war.

Hitlers Rede vom 22. August

Besonders augenfällig wurde dies, als Hitler am 22. August 1939 die höheren Befehlshaber der Wehrmacht, ihre Stabschefs und die leitenden Offiziere des Oberkommandos der Wehrmacht auf dem Berghof bei Berchtesgaden versammelte Unmißverständlich und mit scharfen Worten führte er im Rahmen einer Übersicht über die politische Lage aus, es sei sein fester Entschluß zu handeln, denn das Verhältnis zu Polen sei untragbar geworden und die politische Lage für Deutschland sei jetzt günstiger als vielleicht in einigen Jahren. Entschlüsse zu fassen, bei denen Blut fließen muß, „sei gewiß schwer, aber für uns verhältnismäßig leicht, indem es . . . nur die Wahl gibt: Hindurch oder verlieren" Man müsse „mit rücksichtsloser Entschlossenheit das Wagnis" auf sich nehmen. „Wir haben nichts zu verlieren, nur zu gewinnen." Die wirtschaftliche Lage sei zudem so, „daß wir nur noch wenige Jahre durchhalten können" Daher müsse jetzt die Aufgabe, dem deutschen Volk den nötigen Lebensraum zu geben, mit „größter Härte" angepackt werden. Der Sinn der Weltordnung liege eben „im kämpferischen Durchsetzen der Besten" Kam in diesen Ausführungen Hitlers politischer Darwinismus zum Ausdruck, so sprach seine tiefe Verachtung politisch-moralischer Grundsätze aus den Worten: „Die Auslösung des Konfliktes wird durch eine geeignete Propaganda erfolgen ... Glaubwürdigkeit ist dabei gleichgültig, im Sieg liegt das Recht."

Unmißverständlicher konnte er den militärischen Führern seinen Entschluß zum Eroberungskrieg nicht darlegen. Das Ziel sei „die Beseitigung und Zerschlagung der militärischen Kraft Polens, auch wenn Kämpfe im Westen entstehen" Aber nach seiner Ansicht sei eines Wahrscheinlichkeit Eingreifens „die der Westmächte in einen Konflikt . .. nicht groß". Gerade die Gründe für seinen Entschluß legte er besonders breit dar, da ihm daran lag, 'die Militärs insbesondere in dieser Hinsicht zu beruhigen. So verwandte er einen guten Teil der Rede darauf, die Grundlagen seiner Annahme, die Westmächte würden stillhalten, ausführlich aufzuzeigen. Es erscheine ihm — so faßte er seine diesbezüglichen Überlegungen zusammen — „ausgeschlossen, daß ein verantwortlicher englischer Staatsmann in dieser Lage das Risiko eines Krieges .. . übernimmt" Im übrigen biete „größte Schnelligkeit im Erfolg im Osten ... am besten die Aussicht auf eine Beschränkung des Konfliktes" Vor allem aber warf er als eindrucksvollstes Argument für eine Isolierung des Konfliktes die Tatsache des unmittelbar vor dem Abschluß stehenden Paktes mit der Sowjetunion in die Waagschale. Damit war Polen militärisch isoliert: „Nun ist Polen in der Lage, in der ich es haben wollte." Dieser sensationelle diplomatische Erfolg hat stark dazu beigetragen, Hitlers ständig betonte Behauptung, der Westen würde nicht eingreifen, bei manchen seiner Zuhörer größere Beweiskraft zu verleihen.

Die Reaktion der Generalität

Indessen vermochten Hitlers Ausführungen doch die tiefe Besorgnis mancher seiner Zuhörer nicht zu zerstreuen Sodenstern berichtet er und Witzleben seien trotz Hitlers Bemühungen, seine Zuhörer davon zu überzeugen, daß die Westmächte nicht marschieren würden, der Meinung gewesen, „daß Hitler sich irre". Auch Rundstedt sah keine großen Chancen mehr, den Frieden zu erhalten. Er sagte zu seinem Generalstabschef; „Dieser Narr will Krieg!" Selbst Reichenau meinte gegenüber einem Offizier des Oberkommandos der Wehrmacht: „Der Mann irrt sich gewaltig, wenn er glaubt, daß dieser Krieg in wenigen Wochen beendet sein wird. Das wird kein Krieg von sechs Wochen, das wird ein Krieg von sechs Jahren."

Die von nicht wenigen Teilnehmern dieser Veranstaltung geteilten Bedenken blieben indessen ohne Auswirkung. Weder zwischen Hitler und seinen Zuhörern noch unter den Militärs selbst wurde die Rede diskutiert. Einmal fehlte an diesem Tage die Zeit für eine Aussprache, zum anderen aber herrschte — wie General v. Sodenstern berichtete — eine „Atmosphäre des Argwohns", nach Gene-raloberst Halder eine „eisige Atmosphäre", die keine auf Vertrauen gegründete Aussprache aufkommen ließ. Das mag an der Ausweglosigkeit der Lage, die man angesichts der Entschlossenheit Hitlers und der zugespitzten Situation stärkstens empfand, gelegen haben. Es war aber wohl auch eine Folge der abschrekkenden Erfahrungen, die Männer wie Beck und Adam mit ihrem Widerspruch gemacht hatten. Daß Brauchitsch eine betonte Zuversicht zur Schau trug, die manch einem in ihrer demon-strativen Art als unecht erschien hat ebenfalls nicht dazu beigetragen, eine freimütige Aussprache anzuregen, geschweige denn zu erzwingen. Es gab — so hat es den Anschein — keine ausreichende Vertrauensbasis mehr unter den höchsten Führern der Armee. Unter derartigen Umständen hatte Hitler unbestritten die Initiative. Die Tagung war damit für ihn trotz der nicht ausgeräumten Bedenken seiner Zuhörer ein voller Erfolg. Drei Tage später gab er den Angriffsbefehl.

Bei der Opposition aber schlug die Nachricht vom deutsch-sowjetischen Pakt wie eine Bombe ein; sie trug zweifellos tiefgehende Verwirrung in die Reihen der Opposition. Für etliche, insbesondere für die Opposition im Auswärtigen Amt, kam dieses Ereignis nicht ganz überraschend Aber die Aussichten auf eine Initiative von Seiten der Generalität waren damit nahezu ganz geschwunden. Ihre Warnung vor einem Zweifrontenkrieg hatte als Argument fast kein Gewicht mehr.

Verzweiflungsschritte und irreale Pläne

Dennoch scheint eine kleine Gruppe konspirierender Militärs noch einen Verzweiflungsschritt gewagt zu haben. Der bekannte amerikanische Journalist Louis P. Lochner übergab am 25. August dem britischen Botschaftsrat in Berlin, Ogilvie-Forbes, einen angeblichen Bericht über Hitlers Berchtesgadener Rede Lochner erhielt ihn nach seinen Angaben von dem später im Zusammenhang mit dem 20. Juli 1944 hingerichteten ehemaligen Jugendführer Hermann Maas auf Veranlassung von Generaloberst Beck. Er stamme von einem ungenannten hohen Offizier, der heimlich Hitlers Rede, in ihrem letzten Teil sogar wörtlich, mit-geschrieben habe Dieser Bericht gibt außer anderen, höchst unwahrscheinlichen Auslassungen in mindestens zwei Punkten Äußerungen Hitlers wieder, die dieser nach den drei anderen überlieferten Redeversionen und nach mündlicher Aussage von Anwesenden am 22. August nicht getan hat: einmal die Erklärung, er werde einfach „ein paar Kompanien in polnischen Uniformen in Oberschlesien oder im Protektorat angreifen" lassen sodann eine Bemerkung über die beabsichtigte Ausrottung des ganzen polnischen Volkes durch die Totenkopfeinheiten Dennoch muß der Verfasser dieses Berichtes ausgezeichnet informiert gewesen sein; das beweisen eine ganze Reihe von anderen zutreffenden Angaben. Dieser Tatbestand hat in der Literatur verschiedene voneinander abweichende Erklärungsversuche gefunden

Die einleuchtendste Erklärung ist die, daß in jenem Bericht tatsächlich am 22. August gefallene Äußerungen mit anderweitigen, dem Verfasser bekannten Absichten Hitlers sowie auch mit unzutreffenden, aber auf Grund jahrelanger, aus der Beobachtung des Gestapotreibens resultierender Erfahrungen dem Regime zuzutrauenden Plänen kombiniert worden sind. Der Zweck solcher sensationeller und übertreibender Darlegung wäre es dann gewesen, den Empfänger — also die britische Regierung — zu Schritten zu veranlassen, die geeignet waren, Hitler von unwiderruflichen und folgenschweren Entschlüssen abzuschrecken und zugleich der Generalität Englands die Notwendigkeit zum Eingreifen handgreiflich vor Augen zu führen. Das hätte dann vielleicht eine Aktion gegen Hitler in Gang setzen können Für diese Theorie spricht im übrigen die Tatsache, daß damals auch andere ähnlich gezielte Bemühungen erfolgt sind Den oder die Verfasser des Dokumentes wird man mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in den Kreisen der Abwehr suchen dürfen. Darauf deutet einmal hin, daß die Konkretisierung der in der Rede vom 22. August erwähnten Absicht, den Krieg durch einen propagandistischen Coup rung von polnischen Uniformen bekannt war; das könnte der Anstoß zu jener Hitler unterstellten Äußerung gewesen sein, er beabsichtigte, einen polnischen Angriff zu inszenieren.

Zum anderen ist überliefert, daß Canaris Hitlers Rede mitstenographiert, seinem Tagebuch einverleibt und eine Abschrift dieser Aufzeichnungen Oster für dessen Dokumentation nationalsozialistischer Taten und Absichten überreicht habe Daß ein so aktivistischer und entschlossener . Gegner des Regimes wie Oster von Canaris dessen Redestenogramm erhalten hatte, könnte die Vermutung nahelegen, daß dieser Offizier, der kaum Bedenken hatte, wenn es gegen das verhaßte System ging, den Lochner übergebenen Bericht mit einer Mischung von zutreffenden, halbwahren und vermuteten Angaben redigiert hat. Zudem sind Osters gute Beziehungen zu Beck häufig bezeugt, so daß nicht nur der von Lochner erwähnte Vermittlungsweg als glaubwürdig erscheint, sondern von da aus auch Osters Urheberschaft an Wahrscheinlichkeit gewinnt.

Alles in allem zeigt gerade diese Episode mit eindringlicher Deutlichkeit, in welch ausweg-loser Lage sich die militärischen Oppositionskräfte sahen. Ihre aktivsten Mitglieder griffen in Ermangelung sinnvoller Ansatzmöglichkeiten zu derart problematischen Aktionen. an, der teilweise von ziviler Seite konzipiert wurde. Schacht und Gisevius verabredeten mit Oster und Thomas, sie wollten im akuten Fall während jener kurzen Zeitspanne, die zwischen der Erteilung des Marschbefehls und dem konkreten Kriegsbeginn lag, ins Oberkommando des Heeres fahren, „auf die verfassungsmäßige Unrechtmäßigkeit einer Kriegserklärung ohne vorherige Anhörung des Reichskabinetts hinweisen" und den ObdH sowie den Generalstabschef auffordern, dem Reichsminister Schacht „zur Wahrung der Rechte der Reichsregierung" Truppen zur Verfügung zu stellen. Mit dem Hinweis, daß sie — falls der ObdH sie wegen dieser Forderung verhaften sollte — dann über alle konspirativen Gespräche und Kontakte, die sie früher mit ihm gehabt hatten, nicht mehr schweigen würden, wollten sie Brauchitsch unter Druck setzen und zum Handeln zwingen. Eine derart formaljuristisch konstruierte Argumentation war gewiß im Hinblick auf die damit beabsichtigte „geschichtlich beispiellose Meuterei" mehr als unangemessen. Diese Unangemessenheit, vor allem aber die einem einstigen Mit-verschworenen gegenüber beabsichtigte Erpressung wird man als Symptom für die Ohnmacht und Aussichtslosigkeit nehmen dürfen, in der sich die Opposition in jenen Tagen befand.

Die Stimmungslage im OKH kurz vor Kriegsausbruch

Welche Stimmungen und Lagebeurteilungen herrschten nun in jenen Tagen innerhalb des Oberkommandos des Heeres, jener Behörde, in deren Reihen nächst der Abwehr seit längerem Elemente der militärischen Opposition zu finden waren? Zunächst machte der Abschluß des deutsch-sowjetischen Paktes verständlicherweise großen Eindruck. Der Chef der 6. Abteilung des Generalstabes des Heeres, Oberst Wagner, sah diesen diplomatischen Coup Hitlers als „ganz große Sache" an, wie er seinem Tagebuch anvertraute Ein höherer Truppengeneralstabsoffizier, der am 22. August zur Einweisung ins Oberkommando des Heeres kam, fand sich in seiner Annahme, ein Krieg werde nicht stattfinden, durch die Nachricht vom Paktabschluß bestärkt und glaubte, der ganze Mobilmachungs-und Aufmarschplan sei „. . . wieder nur ein groß angelegter Bluff, um den Druck auf Polen bei den Verhandlungen der Politiker zu verstärken". Er hatte das sichere „Gefühl: das Stichwort wird nicht gegeben werden" Sehr rasch wurde er jedoch eines besseren belehrt. Nach seiner Meldung bei Brauchitsch, Halder und Stülpnagel begriff er voller Bestürzung, „daß der Krieg unmittelbar bevorstand" Mit Befremden bemerkte dieser Neuankömmling im Oberkommando des Heeres „die völlig ungebräuchlichen kritischen Bemerkungen der Generale über Maßnahmen der höchsten Führung". Verblüfft konstatierte er: „Zustimmung fand ich bei keinem, bestenfalls Zweifel, meist schärfste Ablehnung dieses Abenteuers." Den Eindruck dieses Offiziers, daß im Oberkommando des Heeres „nirgends Begeisterung, . .. überall nur drückende Sorge und Zweifel" vorherrschten, bestätigten Wagners Aufzeichnungen Er stellte fest, die „Luft im Hause" sei „niederdrückend'', es gebe überall viele Zaghafte und Zweifler. Die Erleichterung, daß Deutschland durch das Übereinkommen mit Sowjetrußland den Rücken freibekäme, wurde — nachdem am 23. August der 26. August als erster Angriffstag festgelegt worden war — mehr als ausgewogen durch die bedrückende Ungewißheit über die Haltung der Westmächte in diesem Konflikt.

Keitel meinte zwar zum Oberstleutnant i. G. v. Vormann, der als vorgesehener Verbindungsoffizier des Oberkommandos des Heeres bei Hitler sich beim Chef des Oberkommandos der Wehrmacht meldete, daß man schlimmstenfalls „Polen allein vor die Klinge bekomme", aber selbst daran glaube er nicht. Polen werde klein beigeben, „wenn es sieht, daß wir Ernst machen"; Polens Verbündete seien nicht bereit, die letzten Konsequenzen zu ziehen. Vielleicht käme es zum Abbruch der diplomatischen Beziehungen und zu einer Art Wirtschaftskrieg ähnlich wie im Abessinien-Konflikt. „Niemals glaube ich", so sagte der Chef des Oberkommandos der Wehrmacht, „an einen Waffen-krieg der beiden gegen uns. Sie werden drohen und sich dann doch wieder mit den vollendeten Tatsachen abfinden."

Im Oberkommando des Heeres jedoch festigte sich im Laufe des 24. August die Ansicht, daß die Westmächte einzugreifen willens waren. General Halder wies in einer Ansprache an die Generalstabsoffiziere des Oberkommandos des Heeres auf die drohende Möglichkeit eines Zweifrontenkrieges -hin, betonte zwar, daß „der Führer" daran nicht glaube, ließ aber auch durchblicken, daß er anderer Meinung sei Seine Einschätzung der Lage wurde im Oberkommando des Heeres allgemein geteilt

Wohl gab es durchaus Offiziere, die zwar auch meinten, alles stehe „auf des Messers Schneide". Sie warteten aber doch noch auf einen „Saltomortale", auf „den Deus ex machina", der wie einst in der Sudentenkrise schließlich eine Lösung der Krise bringen könne aber sie scheinen in der Minderheit gewesen zu sein Als vorherrschenden Eindruck konstatierte Nikolaus v. Vormann, daß Hitler das Oberkommando des Heeres von einem Stillhalten der Westmächte in diesem Konflikt nicht überzeugt zu haben schien

Diese skeptisch-pessimistische Grundstimmung im Oberkommando des Heeres war jedoch keineswegs ein geeigneter Boden für oppositionelle Initiativen. Vielmehr war die zweiflerisch-kritische Gemütsverfassung im Führungsgremium des Heeres bei intensiver äußerer Aktivität entscheidend überlagert von einem alles bestimmenden Fatalismus. Das Bewußtsein, daß der Kriegsausbruch unmittelbar und unausweichlich bevorstehe, blockierte die Bereitschaft zu spontanen Entschlüssen. Das Gefühl der Ohnmacht und der Ausweglosigkeit jeglicher Bemühungen, gleichzeitig aber auch der Zwang der alle Kräfte beanspruchenden gewaltigen militärtechnischen Aufgaben ließ die Männer im Oberkommando des Heeres trotz aller besseren Einsicht, trotz Skepsis und Kritik zum Objekt der Entwicklung werden, zumal aus denselben Gründen von Seiten der führenden Persönlichkeiten jene Impulse fehlten, ohne die der militärische Apparat nicht zu einer selbständigen Größe im Spiel der Kräfte werden konnte.

So hatte der am frühen Nachmittag des 25. August eintreffende Befehl, der den Angriffsbeginn für den 26. August, 4. 30 Uhr, festsetzte, auch keine andere Wirkung als die sofortige reibungslose Umgliederung des Führungsorganismus und die notwendige technische Umsetzung der gegebenen Weisung. Das Oberkommando des Heeres verlegte in das vorbereitete Kriegshauptquartier nach Zossen; die Befehle gingen an die untergeordneten Kommandobehörden hinaus. Alle Energien wurden von den naheliegenden Aufgaben vollständig absorbiert. Da geschah das kaum Glaubliche. Hitler widerrief im Laufe des Nachmittags seinen Angriffs-befehl Es waren Ereignisse eingetreten, die ihn noch einmal zögern ließen. Kurz nach Herausgabe des Angriffsbefehls wurde die unmittelbar bevorstehende Ratifizierung des britisch-polnischen Beistandspaktes bekannt; bald darauf überbrachte der italienische Botschafter Attolico die Mitteilung des Duce, Italien sei zu seinem größten Bedauern nicht kriegsbereit und könne daher nicht zu seinen Bündnisverpflichtungen stehen. Brauchitsch wurde eilends in die Reichskanzlei gerufen. Es gelang trotz aller technischer Schwierigkeiten tatsächlich, die in vollem Gang befindlichen Aufmarschbewegungen noch anzuhalten. Die unerwartete Wendung der Dinge rief naturgemäß vielfältige und recht unterschiedliche Reaktionen hervor Unter den Offizieren des Oberkommandos der Wehrmacht breitete sich Optimismus aus, da jetzt kaum noch jemand an einen erneuten Befehl zum „Fall Weiß" glaubte

Das Oberkommando des Heeres war völlig konsterniert Je nach persönlichem Temperament und Einstellung gegenüber dem „Führer" herrschten fassungsloses Kopfschütteln oder empörte Kritik. Wagner spricht von „einem Entschluß-und Befehlschaos" und notierte am nächsten Tag in seinem Tagebuch „Die gestern zu spät einsetzende Überprüfung der Westlage hat ergeben, daß die Vorausset-zungen für den Entschluß X (= Mobilmachung gegen Polen und bloße Grenzsicherung im Westen in Erwartung eines Stillhaltens der Westmächte) und Y (= Angriffstermin gegen Polen) falsch ... waren. Um so unerklärlicher ist es, daß man gestern Nachmittag ... die ganzen Maßnahmen hat anlaufen lassen, ohne sich anscheinend über die Auswirkungen klar geworden zu sein."

Nach dieser kaum verhüllten Kritik an den staatsmännischen Fähigkeiten des Obersten Kriegsherrn machte er seinem Unwillen mit den Worten Luft: „Man kann mit dem Instrument Heer nicht exerzieren wie mit einer Gruppe Soldaten ... kann mir sehr wohl die Stimmung der Truppe vorstellen ... Psychologisch ein schwerer Fehler! Vertrauen in die Führung!" Daß dieser Unwillen zu einem Gut-teil der mißachteten Sachgerechtigkeit des militärischen Fachmannes entsprang und weniger der Erschütterung des politisch denkenden Offiziers über den Leichtsinn der Staatsführung, geht aus Wagners Tagebucheintragung vom 27. August 1939 hervor: „Niemand weiß . . ., wie es geht. Vor allem Sorge, daß doch irgendein Unglück passieren kann, falls bei den starken Entschlußschwankungen der obersten Führung Befehle nicht mehr durchzubringen sind.

Man hätte besser die Aktion am 26.früh gestartet.“

Die Reaktion der Heeresführung

Brauchitsch und Halder betrachteten natürlich die Dinge von einem etwas übergeordneten Standpunkt. Der ObdH erkannte wohl, daß die Verschiebung des Angriffstermins führungsmäßig eine Ungeheuerlichkeit war und gegen die militärischen Erfordernisse verstieß. Er stimmte ihr jedoch nicht zuletzt in der Hoffnung zu, daß sich damit eine, wenn auch geringe Chance zu entspannenden Verhandlungen und zum Einlenken böte. Er hat nach dem Zeugnis Vormanns Hitler an jenem Abend in der Reichskanzlei erklärt: „Ich verpflichte mich, das bereits befohlene Antreten für den Angriff ... noch vor der Grenze aufzuhalten. Sie gewinnenso Zeit für Ihr politisches Spiel.“ Später soll er dann geäußert haben: „. . . Ich habe gegen meine militärische Überzeugung einer Verschiebung zugestimmt. Hauptsache ist, daß wir in den Verhandlungen weiter kommen und er (Hitler) beigezäumt wird." Halder, der den Gegenbefehl anfangs so erstaunlich fand, daß er sich erst vergewisserte, ob er „auch richtig gehört" habe versuchte, nachdem sich sein Zorn über dieses kläglichleichtfertigte Spiel mit dem Feuer etwas gelegt hatte ebenfalls von seinem Ressort her zur Entspannung beizutragen. Er wollte Hitler darauf hinweisen, daß man derartig große Truppenkonzentrationen an der Grenze unmöglich längere Zeit aufrechterhalten könne Andererseits konnten sich die beiden führenden Männer nicht darüber im unklaren sein, daß Hitler mit dem Gegenbefehl nur einen Aufschub des Angriffs beabsichtigte, nicht aber sein Vorhaben endgültig aufgeben wollte. Schließlich hatte Hitler doch zu Brauchitsch in der Reichskanzlei geäußert, er werde, wenn er die Lage besser übersehe, weitere Entscheidungen über den X-Tag, den Zeitpunkt des Angriffs, treffen Die Gefahr konnte also in den Augen der Heeresführung mit dem Widerruf des Angriffsbefehls noch nicht als gebannt gelten. Indessen lassen sich keinerlei — wie auch immer geartete — Versuche der Spitzen des Oberkommandos des Heeres erkennen, die mit Hitlers momentanem Zurückzucken gegebene neue Situation gleichsam nachstoßend auszunützen. Obwohl Brauchitsch äußerte Göring, der seinen schwedischen Bekannten Birger Dahlerus in geheimer Mission zur Erhaltung des Friedens nach London entsandt hatte, sei „in diesem Fall ...

ausnahmsweise mein Bundesgenosse", ist von etwaigen Versuchen des ObdH, mit Göring und anderen friedenswilligen Kräften Kontakt aufzunehmen, nichts weiter bekannt. Mög-licherweise mag die geradezu verwirrende diplomatische Aktivität und die unklaren Nachrichten, die darüber nach Zossen drangen, die Spitzen des Oberkommandos des Heeres davon abgehalten haben. Halders Tagebucheintragungen vermitteln ein eindrucksvolles Bild von dem Hin und Her zwischen dem 26. und 31. August. Einerseits ging aus den Informationen, die den Generalstabschef erreichten, hervor, daß Hitler das Ziel, Polen mit Gewalt seinen Willen aufzuzwingen, nicht fallengelassen hatte andererseits teilte ihm Weizsäcker mit, daß er versuche, Rußland ins Spiel zu bringen Jodl berichtete als Gesamteindruck von den diplomatischen Verhandlungen, daß England „in bezug auf großen Krieg" weich sei Gleichzeitig jedoch trägt der Generalstabschef Hitlers taktischen „Terminplan" mit den Stichworten in sein Tagebuch ein: „ 30. 8.: Polen in Berlin. 31. 8.: Zerplatzen (der Verhandlungen) 1. 9.: Gewaltanwendung." Die optimistische Ansicht des Auswärtigen Amtes, daß man daraus noch keine militärischen Schlußfolgerungen ziehen dürfe, versah Halder allerdings mit doppelten, seine Skepsis ausdrückenden Fragezeichen Am Abend des 30. August wird ihm über den Adjutanten des ObdH mitgeteilt, das Heer möge seine Vorbereitungen treffen, daß am 1. September um 4 Uhr 30 angegriffen werden könne. Diese Nachricht war jedoch mit dem Hinweis verbunden, daß, falls die Entwicklung der diplomatischen Verhandlungen eine Verschiebung über den 2. September hinaus notwendig machten, dann nicht mehr angegriffen werden sollte

Passivität und Unklarheit im OKH

Wagners Aufzeichungen vermitteln ein noch plastischeres Bild von der im Oberkommando des Heeres herrschenden Unklarheit über die Lageentwicklung, die notwendigerweise die verantwortlichen Führer des Heeres von irgendwelchen übereilten Schritten zurückhalten mußte — falls sie überhaupt derartiges erwogen haben. Der Chef der 6. Abteilung des Generalstabes notierte nach einer Lageerörterung mit Jodl: „Zwecklos eigentlich sich dauernd darüber Gedanken zu machen, wo der Führer doch alle in Unklarheit hält. Auch der Oberbefehlshaber weiß nicht viel, den letzten Entschluß faßt , Er'doch allein." Angesichts dieser Sachlage ist es nicht erstaunlich, daß bei der Heeresleitung das bisher nie ernstlich in Frage gestellte Dogma Becks von einem gleichsam automatischen Eingreifen der Westmächte bei einem deutsch-polnischen Waffenkonflikt nun doch wenigstens zeitweilig ins Wanken geriet. Wagner überliefert uns, daß nach Brau-chitschs Ansicht am 27. August „alles noch offen" gewesen sei, da Verhandlungen mit England laufen und etwas Aussicht bestehe, daß Polen doch noch unter Isolierung des Konfliktes angegriffen werden könne Nach einem Lagegespräch mit Halder resümiert er: „England hat nicht abweisend geantwortet ... Morgen treffen polnische Unterhändler ein, die 24 Stunden Zeit haben sollen. Falls Polen ablehnt, hofft Führer, England auf eine Klausel des englisch-polnischen Vertrags zu manövrieren, wonach Englands Bündnis-pflicht nur gegeben ist, wenn die Souveränität des (polnischen) Staates verletzt ist. Führer hofft, Polen doch noch hauen zu können. Daß er aber den Verhandlungsweg beschreitet, zeigt, daß er England nunmehr als ernsten Partner anerkennt. Wir glauben, daß Friedens-tauben rauschen ..." Diese Zeugnisse zeigen, in welchem Maße die Führung des Heeres informationsmäßig im unklaren gehalten wurde, was offensichtlich von der politischen Führung auch beabsichtigt war. Sie offenbaren weiterhin, wie sehr dieses Hin und Her bei den führenden Männern des Heeres, trotz grundsätzlicher Einsicht in die Gefährlichkeit der Situation, die Illusion aufkeimen ließ, die Krise werde sich infolge der Zurückhaltung oder der Ausgleichsbemühungen Englands friedlich lösen lassen, schlimmstenfalls aber nur in einem isolierten deutsch-polnischen Konflikt von kurzer Dauer enden. Wohl sahen sie die Gefährlichkeit der Lage nicht weniger deutlich, aber sie glaubten, gleichzeitig auch schwache Lösungsmöglichkeiten erblicken zu können. Damit schienen sich im subjektiven Empfinden Alternativen abzuzeichnen, die dem extremen Zwangscharakter der Situation etwas an Schärfe nehmen mochte.

Unter diesen Umständen erscheint es dem rückschauenden Betrachter nicht so erstaunlich, wenngleich doch nicht weniger folgenreich, daß sich die Heeresleitung nicht mehr aus dem Griff des Sachzwanges und dem Sog der Entwicklung zu lösen vermochte. Sie war zum Objekt geworden und geriet in einen Krieg, den sie im letzten nicht gewollt hatte, dessen Konsequenzen „sie dunkel ahnte ..., den sie daher im Grunde fürchtete" und bei dessen Herannahen sie ohnmächtige Lähmung ergriff.

Die Militäropposition bei Kriegsausbruch

Ganz anders, aber mit ähnlichen Konsequenzen, reagierte der kleine, sich um die Abwehr-zentrale gruppierende Kreis der radikalen Oppositionellen auf die dramatische Entwicklung Als Gisevius am 25. August gegen 16 Uhr über seine Freunde in der Abwehr von der Herausgabe des Angriffsbefehls erfuhr, begab er sich sogleich zu Schacht. Beide fuhren zu Thomas, der ihnen die Neuigkeit bestätigte. Die drei Männer hielten jetzt den Zeitpunkt für gekommen, zur Durchführung des von Schacht konzipierten Interventionsplanes an Halder heranzutreten. Sie begaben sich zur Abwehr, da Admiral Canaris die Unterredung mit Halder arrangieren sollte. Dort erfuhren sie durch Oster von dem inzwischen erfolgten Widerruf des Angriffsbefehls. Uber die mutmaßlichen Konsequenzen dieses Ereignisses waren sie geteilter Ansicht. Während Gisevius jetzt den geeigneten Zeitpunkt gekommen glaubte, an dem Halder und Brauchitsch gegen diesen leichtfertig mit Krieg und Frieden spielenden „Führer" vorgehen müßten, waren Oster und Canaris voller Optimismus der Ansicht, dessen bedürfe es nun gar nicht mehr. „Ein oberster Kriegsherr, der einen so einschneidenden Befehl wie den über Krieg und Frieden binnen weniger Stunden widerruft, war ein erledigter Mann." Hitler habe damit doch völlig ausgespielt. Ein Putsch sei deshalb gar nicht mehr nötig. Auch Canaris meinte: „Von diesem Schlag erholt er sich nie wieder. Der Friede ist für zwanzig Jahre gerettet." Einer der engsten Mitarbeiter des Admirals, der spätere General Lahousen, bestätigt, daß selbst nicht zur Opposition gehörige Generalstabsoffiziere ähnlich dachten Die Logik der Argumentation von Gisevius ist jedoch schwer bestreitbar; jetzt hatte der Diktator jenen schweren Rückschlag erlitten, auf den man immer gewartet hatte, jetzt war doch die so oft herbeigesehnte günstige Situation da. Jetzt brauchte man nur noch von militärischer Seite unter gleichzeitiger Aufklärung der Öffentlichkeit nachzustoßen, um dem Regime den Garaus zu machen. Das war vom Standpunkt des zivilen „Putschisten" aus, der die Ereignisse allein unter dem Aspekt ihrer politischen Bedeutung betrachtete, bestimmt die einzig realistische Reaktion. Für ihn war die militärtechnische Ungeheuerlichkeit des Widerrufs und der darin zum Ausdruck kommende verbrecherische Leichtsinn des Spiels mit dem Feuer lediglich der geeignete psychologische Ansatzpunkt für einen Umsturz. Die oppositionellen Militärs dagegen dachten hier primär in militärisch-fachlichen Kategorien: so wie ein militärischer Führer, der sich derartiges leistete, völlig unmöglich wäre und sich keine Minute mehr länger würde halten können, so sei es nach ihrer Meinung auch mit einem politischen Führer. Für sie hatte sich damit das Problem Hitler gleichsam von selbst gelöst. Sie glaubten bereits einen Schritt über diese Frage hinaus zu sein.

Hier zeigte sich einmal mehr, wie stark das naiv-unpolitische Denken selbst dieser Offiziere war, die, verglichen mit der Mehrzahl ihrer Kameraden, doch bisher eine ungewöhnliche politisch-moralische Sensibilität gezeigt hatten und die als Abwehrangehörige keineswegs Debütanten auf dem politischen Parkett waren. Es wird insbesondere an dieser Episode deutlich — was auch in späteren Phasen oft erkennbar ist —, daß nämlich eine hohe politische Moral ganz und gar nicht identisch ist mit realistischer Einsicht in machtpolitische Gegebenheiten. Gewiß mag auch der überschäumende Optimismus, der sie angesichts der vermeintlichen Sicherung des Friedens für die nächsten zwanzig Jahre ergriffen hatte, bei ihnen die Einsicht in die Notwendigkeit verdunkelt habe, jetzt sofort zu handeln, um das sich selbst ad absurdum geführte Regime möglichst reibungslos zu liquidieren. Der machtpolitisch denkende Aktivist Gisevius drängte zur Tat; seine militärischen Gesinnungsfreunde jedoch überließen sich ihrer Euphorie. Es kam daher zu keiner nennenswerten Einwirkung von ihrer Seite mehr auf die Heeresleitung. Zwar ließ Canaris dem Generalstabschef die Information zukommen, daß — offenbar von Parteistellen — die Lesart verbreitet würde, die Armee sei schuld an der Verschiebung des Angriffstermins, und daß Himmler im Gespräch sei als. Kandidat für den Posten des Reichsinnenministers. Oster teilte Halder den von Popitz zugetragenen Ausspruch Hitlers mit: „Diejenigen, die mir wieder in den Rücken fallen wollen, sollen sich hüten.“ Aber diese Episoden kann man höchstens als den Versuch einer Stimmungsbeeinflussung, nicht aber als sinnvoll zielgerichtete Interventionen auffassen. Gisevius stellt daher mit Recht selbstkritisch fest: „An der Haltung der deutschen Opposition gibt es für diese dramatischen Tage vor Kriegsausbruch nichts zu heroisieren . . . Wir müssen uns mit der schlichten Tatsache begnügen, irgend etwas Entscheidendes, irgend etwas Mitreißendes wurde nicht getan.“ Niemand von ihnen dachte mehr an Krieg; sie erwarteten einen wochenlangen diplomatischen Kuhhandel mindestens aber einen ganz neuen machtpolitischen Ansatz Hitlers, der auch ihnen eventuell taktisch günstige Aktionsmöglichkeiten bieten würde. Diese falsche Lagebeurteilung verhinderte jegliche Aktivität. Darüber hinaus aber war letztlich entscheidend, daß von der Führung des Heeres aus bereits dargelegten Gründen keine weitergehenden oppositionellen Impulse ausgingen. Das war der Kernpunkt der Sache; denn ohne die Spitzen der bewaffneten Macht war die Opposition insgesamt zur Ohnmacht verurteilt. Bei dieser Sachlage traf sie ein um so heftigerer Schock, als dann am 31. August endgültig der Angriffsbefehl erteilt wurde. Gisevius fand seinen Freund Canaris völlig zusammengebrochen vor. Der Chef der Abwehr stieß zutiefst erschüttert nur noch die Worte hervor: „Das ist das Ende Deutschlands!"

Illusionäre Lagebeurteilung, irreale Hoffnungen und eine den machtpolitischen Erfordernissen unangemessene Geisteshaltung hatten in den entscheidenden Fragen die führenden Kräfte im Oberkommando des Heeres, aber auch die radikalsten Elemente der Opposition gelähmt.

Fussnoten

Fußnoten

  1. über die Lage der Opposition nach München vgl. Müller, Das Heer und Hitler, S. 378 ff. sowie Peter Hoffmann, Widerstand—Staatsstreich—Attentat. Der Kampf der Opposition gegen Hitler, München 1969, S. 130 ff.

  2. Vgl. dazu Müller, Das Heer und Hitler, S. 378 ff. und 393 ff.

  3. Zit. nach Helmut Krausnick, Vorgeschichte und Beginn des militärischen Widerstandes gegen Hitler, in: Die Vollmacht des Gewissens, Bd. I, hrsg. von der Europäischen Publikation e. V., Frankfurt/M. —Berlin 19602, S. 370.

  4. Zu dieser Episode vgl. Hoffmann, S. 135 f. und Harold C. Deutsch, Verschwörung gegen den Krieg. Der Widerstand in den Jahren 1939— 1940, München 1969, S. 338.

  5. Vgl. hierzu und zum folgenden Georg v. Sodenstern, Zur Vorgeschichte des 20. Juli 1944 (Militär-geschichtliches Forschungsamt/Dokumentenzentrale [MGFA/DZ] B-499, unveröffentlichte Studie aus dem Jahr 1947).

  6. Hans Bernd Gisevius, Bis zum bitteren Ende, vom Verfasser auf den neuesten Stand gebrachte Sonderausgabe, Hamburg o. J., S. 395.

  7. Georg v. Sodenstern, Vom Wesen des Soldatentums, in: Militärwissenschaftliche Rundschau 4 (1939), S. 42— 60.

  8. „Cyrano" vom 26. 5. 39. Diseer Aufsatz brachte Sodenstern eine Fülle vor Zuschriften ein, darunter einen zustimmenden Brief des damaligen Hauptmanns, Graf von Stauffenberg. Er erweckte auch die Aufmerksamkeit von Canaris, mit dem es dann fortan zu mehrfachen, von ernster Sorge um die Zukunft getragenen Aussprachen kam.

  9. MGFA/DZ B-499, S. 34.

  10. Es ist allerdings auch zu fragen, ob der Wettlauf mit der fortschreitenden Nazifizierung gerade des jüngeren Offizierkorps auf diese Weise hätte erfolgreich durchgestanden werden können.

  11. In MGFA/DZ B-499, S. 37, berichtet Sodenstern, Witzleben hätte weder sich noch irgendeinen anderen Soldaten für eine Einflußnahme auf die innen-und außenpolitische Gestaltung der Zukunft für zuständig gehalten. Diese von Sodenstern überlieferte Auffassung Witzlebens klingt auch bei Gisevius, S. 360, an.

  12. Ebd. S. 35.

  13. Gisevius, S. 395— 396.

  14. Wobei allerdings Witzlebens Unverständnis bezüglich politischer Dinge wohl als zusätzliches Moment mangelnder Orientierung zu veranschlagen ist, Im übrigen wurde er als Befehlshaber eines nach Westen angesetzten Gruppenkommandos über die für den „Ost-Fall" vorgesehenen Maßnahmen nicht orientiert.

  15. Dieser (gebürtiger Bayer, einstiger württembergischer Pionieroffizier) war ein sehr qualifizierter Generalstäbler, der im Kriege Chef einer Armee, Div. -Kommandeur und Kommandierender General wurde. Später schloß er sich in sowjetischer Kriegsgefangenschaft dem „Nationalkomitee Freies Deutschland" an und wurde in der DDR Generalinspekteur der Volkspolizei, Generalstabschef der NVA und Vizepräsident der Volkskammer. Als einstiger Mitarbeiter Schleichers schien er Witzleben vielleicht für seine Pläne geeignet. Seine Aufzeichnungen (Vincenz Müller, Ich fand das wahre Vaterland. Nachgelassene Memoiren, hrsg. von Klaus Mammach, Berlin-Ost 1963, S. 369) bestätigen, daß Witzleben ihn in die Konspiration eingeweiht hatte und daß er später im November 1939, als Witzleben das AOK 1 in Bad Kreuznach hatte, bei der Heeresgruppe C in Frankfurt geblieben war und den Mittelsmann zwischen Witzleben, Leeb und Oster spielte. Als Oster ihn im November 1939 aufsuchte, war diesem jedenfalls bekannt, daß Witzleben Müller bereits vor Kriegsausbruch eingeweiht hatte, also noch zu Witzlebens Frankfurter Zeit; damit wird die oben erwähnte, nach dem Kriege verfaßte Aufzeichnung Sodensterns bestätigt, die Müller nicht kannte.

  16. Daß die Gruppe um Beck von Witzlebens Plänen nichts wußte, zeigt der uns in Hassels Tagebuch-aufzeichnungen (Ulrich von Hassel, Vom anderen Deutschland: Tagebücher 1938— 1944, Zürich 1946), S. 73, unter dem 14. 8. 39 zu findende und auf Beck bezogene Eintrag: „Leider hat er — d. h. Beck — eine sehr geringe Meinung von den führenden Leuten der Wehrmacht. Er sieht daher keinen Punkt, an dem man ansetzen könnte."

  17. Vgl. Albert Krebs, Fritz-Dietlof Graf von der Schulenburg. Zwischen Staatsraison und Hochverrat, Hamburg 1964 (= Hamburger Beiträge zur Zeitgeschichte Bd 2) S. 172.

  18. Krebs, S. 175. Schulenburg sagte kurz darauf zu seiner Schwester: „Wir werden ihn umbringen, wenn er das deutsche Volk in einen schlechten Krieg zwingt", ebd. S. 176. Man kann, so allgemein diese Aussage auch war, sie vielleicht als Indiz für ein Wissen Schulenburgs um die Pläne Witzlebens ansehen; denn worauf anders sollte Schulenburg damals angespielt haben, wo doch die Opposition in Berlin völlig untätig war?

  19. MGFA/DZ B-499, S. 36.

  20. Diese allerdings etwas unklare Terminangabe Sodensterns scheint ungefähr zutreffend zu sein; denn nach Gerhard Ritter, Carl Goerdeler und die deutsche Widerstandsbewegung, Stuttgart 1954, S. 201, war Goerdeler vo'März bis August auf Auslandsreisen. Zudem machte Goerdeler am 14. 8. 39 bereits bei seinem ersten Zusammentreffen mit Hassel die Bemerkung, „daß es im Lande ... schon wieder Faktoren des Widerstandes gebe* (Hassel, S. 72). Nimmt man diese Bemerkung als Ausfluß seiner Unterredung mit Witzleben — was sollte den soeben erst aus dem Ausland zurückgekehrten Goerdeler denn sonst zu ihr veranlaßt haben? —, so hätte man für das Frankfurter Treffen einen terminus ante quem.

  21. Sodenstern, S. 36— 37: „... in den wesentlichen Punkten — in diesen aber zuverlässig —“

  22. Vgl. dazu Ritter, Goerdeler, S. 219, der in bezug auf Goerdelers damalige Denkschriften schreibt: „Man gewinnt fast den Eindruck, als hätte ihr Autor die nächsten konkreten Eroberungsziele des Diktators noch gar nicht gekannt."

  23. Vgl. Hassel,'S. 51 f„ 57, 63, 68 f. und Eduard Wagner, Der Generalguartiermeister. Briefe und Tagebuchaufzeichnungen des Generalguartiermeisters des Heeres, General der Artillerie Eduard Wagner, hrsg. von Elisabeth Wagner, München— Wien 1963, S. 92 f. und S. 104.

  24. Vgl. Punkt 2 der Zusammenfassung Sodensterns.

  25. Hierzu und zum folgenden Gisevius, S. 395 ff.

  26. Der Versuch könnte vielleicht durch Gisevius’ Bericht über Becks Bemühungen um Halder angeregt worden sein.

  27. Zs. Nr. 149 (Sodenstern), zit. nach Krausnick, Vollmacht, S. 380, Anm. 552.

  28. Vgl. Hassel, S. 54, Eintrag vom 13. 7. 39, und S. 67, Eintrag vom 7. 8. 39, sowie S. 80, Eintrag vom 29. 8. 39.

  29. Hassel, S. 73.

  30. Hierzu und zum folgenden Ritter, Goerdeler, S 226 f.

  31. Ebd.

  32. Vgl. Ritter, Goerdeler, S. 226.

  33. Vgl. Documents on British Foreign Policy (DBFP), 1919— 1939, 3rd series, London 1950 ff., Bd. VI, Nr. 269: „Report on conversation with an officer of German General Staff" (S. 295— 298). Es ist nicht zu ersehen, ob Schwerin auf eigene Faust gehandelt hat. Offensichtlich aber war seine Aktion nicht mit denen der zivilen Emissäre abgestimmt.

  34. Also auch Schwerin konnte keine Aktion in Aussicht stellen, sondern mußte gleichsam in der Rolle eines Bittstellers in London vorstellig werden, um eine Initiative der Westmächte zur Rettung des Friedens hervorzurufen.

  35. Dazu Helmut Krausnick und Hermann Graml, Die Alliierten und der deutsche Widerstand, in: Vollmacht des Gewissens, Bd. II, Frankfurt/M. — Berlin 1965, S. 490 ff.

  36. Walter Görlitz (Hrsgb.), Generalfeldmarschall Keitel, Verbrecher oder Offizier? Erinnerungen, Briefe, Dokumente des Chefs OKW, Göttingen— Berlin—Frankfurt 1961 (fortan abgek. Keitel ...), S. 208.

  37. Krausnick, Vorgeschichte, S. 381 ff.; IMT XXI, S. 337, und IMT X, S. 579.

  38. über ihn, insbesondere über seinen Kampf gegen den Krieg von der Ebene des Ressorts her sowie seine seit Sommer 1939 in Kontakt mit Oster, Canaris, Beck und Schacht stattfindenden Demarchen vgl. Wolfgang Birkenfeld (Hrsgb.), Geschichte der deutschen Wehr-und Rüstungswirtschaft (1918— 1943/45) von Georg Thomas, Boppard 1966 (= Schriften des Bundesarchivs Bd. 14) S. 9 ff.

  39. Vgl. Thomas, Gedanken und Ereignisse; Birken-feld, S. 10 f.; Gisevius, S. 391, und Krausnick, Vorgeschichte, S. 382; Bernhard von Loßberg, Im Wehrmachtsführungsstab. Bericht eines Generalstabs-offiziers, Hamburg 1949, S. 27, berichtet von einer aus den Reihen des OKW kommenden Anregung gegenüber Keitel, der daraufhin Hitler seine Befürchtungen wegen eines Eingreifens der Westmächte dargelegt hat.

  40. So Keitel, S. 208.

  41. Vgl. Gisevius, S. 393; vgl. auch Birkenfeld, S. 11.

  42. Walter Warlimont. Im Hauptquartier der deutschen Wehrmacht 1939— 1945. Grundlagen — Formen — Gestalten, Frankfurt a. M. /Bonn 1964, S. 39.

  43. Warlimont, S. 39.

  44. So Warlimont, S. 39; Loßberg, S. 27, dagegen gibt an, Keitel sei nicht abgeneigt gewesen, hätte Hitler um Zustimmung gebeten, die dieser einerseits unter Hinweis auf Geheimhaltungsschwierigkeiten, andererseits mit der apodiktischen Behauptung, wegen Polen werde es zu keinem Krieg mit den Westmächten kommen, verweigerte.

  45. Obwohl, wie Loßberg, S. 32, berichtete, mindestens seit Anfang August auch Zweifel an einem Stillhalten der Westmächte aufkamen.

  46. Vgl. Warlimont, S. 39.

  47. Vgl. dazu Krausnick, Vollmacht, S. 379— 381.

  48. Quellen zu dieser Rede aufgeführt bei Winfried Baumgart, Zur Ansprache Hitlers vor den Führern der Wehrmacht am 22. August 1939, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 16 (1968), S. 120 ff. Vgl. auch Generaloberst Halder, Kriegstagebuch, Bd I, Vom Polenfeldzug bis zum Ende der West-

  49. IMT XLI, S. 18.'

  50. IMT XXVI, S. 340 f., Dok. PS-798.

  51. IMT XLI, S. 25.

  52. Ebd.

  53. Ebd. Uber weitergehende Interpretationen aufgrund einer anderen Version („Beseitigung der lebendigen Kräfte Polens") vgl. Baumgart, S. 133 ff.

  54. IMT XLI, S. 21.

  55. IMT XLI, S. 25.

  56. IMT XXVI, S. 343. Dok. PS-789.

  57. Liebmann-Aufzeichnungen, zit. bei Baumgart, S. 146: „... ich hatte das Gefühl, daß zum mindesten ein großer Teil der Generale des Heeres meine Bedenken teilte."

  58. Zs. Nr. 149, zit. nach Krausnick, Vorgeschichte, S. 380.

  59. Ebd.

  60. Reichenau verstand demnach durchaus, die politische Weltkonstellation und das Kräfteverhältnis abzuschätzen. Er hatte ja auch im Juli 1938 nicht Becks Lagebeurteilung widersprochen, sondern nur die Methode der von diesem in Konsequenz daraus zu beginnenden Opposition. Darin lag der große Unterschied zwischen ihm und Beck. Geyr v. Schweppenburg berichtet in einer unveröffentlichten Aufzeichnung über Reichenau (MGFA/DZ III HS-E-7, fol. 3-4), dieser habe ihn 1939 beschuldigt, er, Geyr, sei der Mann, der Fritsch und Beck mit seinen Berichten die Auffassung, England werde sich schlagen, aufoktroyiert habe und daher die Schuld dafür trage, daß die „Armee sich heute gegenüber der Staatsführung in dieser Lage befinde*. Das aber zeigt u. E. mehr das innerpolitisch-macht-taktische Denken Reichenaus und sagt noch nichts über seine außenpolitischen Überlegungen aus.

  61. So Sodenstern (MGFA/DZ Study B-499).

  62. Ebd.

  63. Vgl. Gisevius, S. 399 f.; Ritter, Goerdeler, S. 228, und Hassel, S. 74 f., mit unklarer wohl irrtümlicher Datierung.

  64. DBFP, Bd VII, Nr. 314, S. 257— 260. Vgl. dazu auch Strauch, S. 277 f.

  65. DBFP, Bd VII, Nr. 314, S. 257 ff., und Louis P. Lochner, What about Germany? New York 1942.

  66. Ungedrucktes Nürnberger Dokument L 003, nicht als Dokument vom Gerichtshof zugelassen.

  67. Diese Absicht wurde von Hitler am 22. 8. 39 auch nicht geäußert, wohl aber ist Canaris damals aufgefordert worden, dem Reichssicherungshauptamt Heydrichs polnische Uniformen zur Verfügung zu stellen. Vgl. Karl Heinz Abshagen, Canaris, Patriot und Weltbürger, Stuttgart 1949, S. 195 ff. Keitels Haltung dazu: Keitel, S. 209, Anm. 22. Vgl. auch Baumgart, S. 137 f.

  68. Der Gedanke einer Ausrottungspolitik gegenüber Polen ist führenden Militärs gemäß BA/MA H 08-104/3 (Aufzeichnung vom 14. 9. 39 und Gros

  69. Vgl. Ritter, Goerdeler, S. 487 f., Anm. 55, und Krausnick, Vorgeschichte, S. 383, Anm. 557, dem hier im allgemeinen gefolgt wird. Neuerdings hat Baumgart, S. 136 ff., Krausnicks These weiter untermauert und neue Gesichtspunkte dafür angeführt.

  70. So Krausnick, Vorgeschichte, S. 382, Anm. 557.

  71. DBFP, Bd IV, Nr. 277, und Bd VII, Nr. 546 und 551.

  72. Vgl. Gisevius, S. 397; dazu Baumgart, S. 136 ff., der nachweist, daß das Dok. L 003 auf der Aufzeichnung beruht, die Canaris sich von der Rede Hitlers gemacht hatte.

  73. Ebd. S. 404.

  74. Ebd.

  75. So Ritter, Goerdeler, S. 487, Anm. 55.

  76. Vgl. Wagner, S. 91, Eintragung vom 22. und vom 24. 8. 39 und Brief vom 23. 8. 39. Vgi. auch Nikolaus v. Vormann, Erinnerungen (unveröffentlicht MGFA/DZ III H(A) 110), S. 4.

  77. Vormann, S. 5.

  78. Ebd. S. 6.

  79. Ebd. S. 6: „Immer haben wir Unrecht behalten mit unseren Bedenken gegen all die Hasardspiele der letzten Jahre, gebe Gott, daß es auch diesmal der Fall ist.'So sagten ihm die Offiziere in der Zentrale des Generalstabes.

  80. Ebd.

  81. Wagner, S. 91, Eintrag vom 21. und 22. 8. 39.

  82. Vormann, S. 7h— 7i.

  83. Wagner, S. 93, Eintrag vom 24. 8. 39, und S. 94, Eintrag vom 25. 8. 39.

  84. Ebd.

  85. Wagner, S. 93 ff.

  86. Nach Aussagen von General a. D. Heusinger (Mitteilung an das MGFA vom 17. 1. 1966) habe es damals im OKH eine Reihe politisch interessierter Offiziere gegeben, die bis zuletzt gehofft hatten, Hitler bluffe nur; sie waren dann, als die Westmächte doch den Krieg erklärten, zutiefst erschüttert und pessimistisch, da sie sich bewußt waren, daß ein Krieg gegen England voraussichtlich mit einer Katastrophe enden würde. Diese Gruppe wurde dann scherzhaft auch der „Defaitistenclub" genannt. Interessanterweise schreibt der langjährige Warner vor einem britischen Kriegseintritt, Geyr v. Schweppenburg, in seinen unveröffentlichten Memoiren, S. 3: „Innerlich war ich nicht ganz sicher, daß es zum Kriege kommen würde, rechnete aber mit Wahrscheinlichkeit darauf."

  87. Vormann, S. 6.

  88. Vgl. Keitel, S. 211; Warlimont, S. 42; Vormann, S. 12 ff., und Halder-Tagebuch, Bd I, S. 30 f.

  89. Als Reaktion eines höheren Truppenkommandeurs ist eine Aufzeichnung des späteren General-feldmarschalls von Weichs, der damals ein Armee-korps befehligte, interessant. Er schreibt in seinen unveröffentlichten Erinnerungen (BA/MA H 0819/7), S. 20— 21, er sei froh über den Widerruf des Angriffsbefehls gewesen, denn sein Korps sei erst zu 50 % einsatzbereit gewesen. Als der Gegenbefehl eintraf, habe er die Gefahr gebannt geglaubt und eine Parallele zur Episode von 1938 angenommen. Geyr v. Schweppenburg, Lebenserinnerungen (unveröffentlicht), S. 5, berichtet, die Truppe (3. PzDiv.) sei von dem Anhaltebefehl enttäuscht gewesen.

  90. Loßberg, S. 35.

  91. Wagner, S. 95, Eintrag vom 25. 8. 39.

  92. Ebd. S. 96, Eintrag vom 25. 8. 39.

  93. Ebd. S. 97.

  94. Ebd. S. 98 (Hervorhebung vom Vers.).

  95. Vormann, S. 12 (Hervorhebung vom Vers.).

  96. Zit. bei Krausnick, Vorgeschichte, S. 383, Anm. 561, vgl. auch Halder-Tagebuch, Bd I, S 35. Dagegen vgl. Wagner, S. 98, Eintrag vom 27. 8. 39 über Brauchitschs Ausführungen: „Es ist alles noch offen. Die Verhandlungen mit England laufen, es besteht etwas Aussicht, daß doch noch angegriffen werden kann."

  97. Vormann, S. 13.

  98. Vgl. Wagner, S. 95, Eintrag vom 25. 8. 39: „Halder tobt!"

  99. Vgl. auch Halder-Tagebuch, Bd I, S. 32: „Folgen. Keine Verheimlichung unserer Frontstärken."

  100. Keitel, S. 212, vgl. auch Halder-Tagebuch, Bd I, S. 33, „Entscheidung der Grundfrage ...frühestens heute spät am Abend", und S. 34: „Besprechung mit ObdH: Ziel der Gewalt weiter .. . * Vor allem aber S. 42.

  101. Krausnick, Vorgeschichte, S. 383, Anm. 56.

  102. S. 34 — 26. 8.

  103. S. 41 — 28. 8.

  104. S. 43 — 29. 8.

  105. Zusatz vom Verfasser.

  106. S. 42 — 29. 8.

  107. Halder-Tagebuch, Bd I, S. 46, Eintrag vom 30. 8. 39.

  108. Wagner, S. 104, Eintrag vom 29. 8. 39.

  109. Wagner, S. 98, vgl. auch S. 102: „Generaloberst v. Brauchitsch war heute (28. 8.) beim Vortrag bester Stimmung."

  110. Wagner, S. 104— 105; Eintrag vom 29. 8. 39. Vgl. auf S. 103 den entsprechenden Passus im Brief vom 29. 8. 39.

  111. Krausnick, Vorgeschichte, S. 383.

  112. Vgl. dazu und zum folgenden IMT XII, S. 247 und Gisevius, S. 404 ff.

  113. Gisevius, S. 406. Vormann, der Verbindungsoffizier des OKH bei Hitler, schrieb in seinen Aufzeichnungen, S. 14, über die Reaktion unter den in der Reichskanzlei am 25. 8. Anwesenden: „Es war allen klar, daß Hitler eine schwere politische Niederlage erlitten hatte." Und S. 17: „Hitler litt schwer unter der politischen Niederlage des Vortages und war nicht gewillt, sie als endgültig hinzunehmen. Er fühlte sein Prestige bedroht."

  114. Gisevius, S. 407.

  115. Zitiert bei Gisevius, S. 408.

  116. Vgl. Halder-Tagebuch, Bd I, S. 33 — 28. 8. 39; und S. 37 — 28. 8. 39.

  117. Gisevius, S. 403— 404.

  118. Gisevius, 409.

  119. Gisevius, S. 409— 410, und IMT XX, S. 491 (Aussage Lahousen).

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Klaus-Jürgen Müller, Dr. phil., geb. 27. 2. 1930 in Hamburg, von 1959— 1967 im Militärgeschichtlichen Forschungsamt, seit 1967 Wissenschaftlicher Direktor und Dozent für Geschichte in Hamburg. Veröffentlichungen u. a.: Das Ende der Entente Cordiale: das britisch-französische Verhältnis 1940, Frankfurt a. M. 1956; Das Heer und Hitler. Armee und nationalsozialistisches Regime 1933— 1940, Stuttgart 1969; Dünkirchen 1940 (zus. mit H. -A. Jacobsen), Neckargemünd 1958; Schicksalsjahre deutscher Geschichte 1914— 1939— 1944, Boppard 1964 (Hrsg.); Napoleon und das Kriegswesen seiner Zeit, Freiburg 1968 (hrsg. zus. m. W. von Groote).