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Innerparteiliche Demokratie und politische Willensbildung | APuZ 49/1969 | bpb.de

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APuZ 49/1969 Artikel 1 Strukturanalyse der modernen Demokratie Innerparteiliche Demokratie und politische Willensbildung Zur Analyse autoritärer Parlamentarismuskritik

Innerparteiliche Demokratie und politische Willensbildung

Manfred Hättich

Die politischen Parteien sind so sehr wesentlicher Bestandteil der modernen Demokratie geworden, daß sie gelegentlich geradezu zur Charakterisierung dieser modernen Demokratie benutzt werden, indem diese als Parteien-staat oder Parteiendemokratie bezeichnet wird. Tatsächlich scheint eine Demokratie unter den Bedingungen der heutigen Gesellschaft ohne politische Parteien nicht mehr vorstellbar. Trotz dieser allseits gesehenen Entwicklung bereitet die verfassungsrechtliche und institutioneile Einordnung der politischen Parteien in das politische System nach wie vor Schwierigkeiten. Werden in diesem System staatliche Organe im engeren Sinne wie etwa Parlament, Regierung, Verwaltung und Gerichte auf der einen Seite von nichtstaatlichen gesellschaftlichen Einrichtungen und Organisationen wie Verbänden und Massenmedien andererseits unterschieden, dann können die politischen Parteien nicht eindeutig einer dieser Kategorien zugeordnet werden. Einerseits sind sie unter dem Gesichtspunkt der Gründungsfreiheit, der Freiheit der Mitgliedschaft und der eigenen sachlichen Entscheidungsfreiheit gesellschaftliche freie Vereinigungen. Andererseits münden sie mit ihren Fraktionen in das Regierungssystem im engeren Sinne und werden dadurch zu wesentlichen Herrschaftszentren des heutigen politischen Systems. In dieser „Zwischenlage" dürfte aber gerade ihre eigentliche Funktion liegen. Sie erweisen sich als Vermittler zwischen dem Regierungssystem und der Gesellschaft. Und zwar spielen sie diese Mittlerrolle in beiden Richtungen: Von der Gesellschaft zur Regierung und von der Regierung zur Gesellschaft. Dies wird gerade im Zusammenhang der Diskussion über innerparteiliche Demokratie nicht selten übersehen. Eine Modellvorstellung von innerparteilicher Demokratie, welche die Parteien nur einseitig als Transformationsriemen von der Gesellschaft zur Regierung hin sieht, ist irreal Solche Vorstellungen ignorieren Tatsächlich! und Notwendigkeit von Regierung in allen politischen, auch noch so freiheitlichen Systemen.

Die Diskussion über die politischen Parteien leidet nach wie vor teilweise darunter, daß ihr Demokratievorstellungen zugrunde liegen, in denen Regierung im weitesten Sinne des Wortes ausschließlich mit der Assozation der Vollstreckung eines Volkswillens verbunden ist. Das führt dann entweder zur Ablehnung der politischen Parteien, weil sie das utopischplebiszitäre Modell stören, oder zu einer einseitigen Sicht ihrer Funktionen, indem sie als Transportmechanismen dieses, wie auch immer bestimmten, in der Regel aber eben sehr unbestimmt gefaßten Volkswillens betrachtet werden. Aber selbst da, wo solche Vorstellungen nicht den Bewußtseinshintergrund abgeben, fällt die Diskussion über die innerparteiliche Demokratie häufig doch auf sie zurück. Innerparteiliche Demokratie wird gerne mit Willensbildung von unten nach oben gleichgesetzt. Es gibt aber kein System der reinen Willensbildung von unten nach oben, ganz abgesehen davon, daß die Kategorien unten und oben eigentlich gar nicht in den demokratischen Sprachgebrauch passen.

Ein weiterer Gesichtspunkt ist für die Thematik von Bedeutung. Das Postulat nach innerparteilicher Demokratie wird meistens ohne ausreichende Reflexion seiner Argumentationsbasis formuliert. Eine Partei wird mehr oder weniger als geschlossenes System betrachtet, weiches in sich demokratisch strukturiert sein soll. Es wird von der Tatsache der Parteien in der modernen Demokratie ausgegangen und nun per Analogieschluß gefolgert, daß solche Institutionen in einer Demokratie auch in sich demokratisch organisiert sein müßten. Diese These ist auf solchem Abstraktionsgrad nicht falsch; aber sie beruht auf unzulänglicher Begründung und hat einen unzureichenden Informationsgehalt im Hinblick auf die realen Formen dieser innerparteilichen Demokratie. Neben der bereits angedeuteten Auffassung, daß politische Parteien innerhalb des politischen Systems funktional nicht nur in einer Richtung gesehen werden dürfen, versuchen die folgenden Ausführungen auch die Prämisse zu erhärten, daß innerparteiliche Demokratie kein Selbstzweck ist, weil die politischen Parteien selbst nur in ihrer Funktion innerhalb des Gesamtsystems gesehen werden können. Die Argumentation, hier handele es sich um Vereinigungen innerhalb einer Demokratie, deshalb müßten sie in sich dieselben Strukturen dieser Demokratie aufweisen, ist nicht nur verkürzt, sondern je nach Konkretisierung dieser Forderung sogar falsch. Innerparteiliche Demokratie muß auf den Zweck der Organisationen, auf die sie sich bezieht, ausgerichtet sein. Das aber heißt, daß die innerparteiliche Demokratie als Postulat aus den Funktionen der politischen Parteien im politischen System deduziert werden muß.

I. Kriterien der innerparteilichen Demokratie

INHALT I. Kriterien der innerparteilichen Demokratie II. Die Interessenlage III. Ein undemokratisches Modell innerparteilicher Demokratie IV. Innerparteiliche Diskussion als Funktion der politischen Willensbildung V. Die Funktionen der Parteien und die innerparteiliche Demokratie

Die in diesen Vorbemerkungen enthaltene Kritik an einer verbreiteten Diskussionsstruktur läßt sich auch folgendermaßen formulieren: Die Frage nach der innerparteilichen Demokratie wird gleichgesetzt mit der Frage nach der politischen Willensbildung in den Parteien. Würde das Thema so aufgefaßt, dann wäre der Titel dieser Abhandlung tautologisch. Unter politischer Willensbildung wird aber die Willensbildung im politischen Gesamtsystem verstanden. An ihr wirken die Parteien mit. Damit ist deutlich, daß die Kriterien für die innerparteiliche Demokratie nicht einfach aus einem, wie auch immer bestimmten Normenbestand zu gewinnen sind, sondern daß sie sich aus der Funktion der Parteien im Sinne ihrer Mitwirkung an der politischen Willensbildung im Gesamtsystem ergeben müssen. Daran wären die in der Literatur zu diesem Thema vorherrschenden Kriterien und Postulate zu messen.

Die Diskussion um die innerparteiliche Demokratie ist naturgemäß eine dominant kritische. Damit ist sie auch weitgehend normativ, weil sie mit Postulaten an die politische Wirklichkeit herangeht. Das ist allerdings nur eine der möglichen Betrachtungsweisen. Eine andere wäre die empirisch-historische, die einfach danach fragt, wie die Innenstruktur der Parteien heute aussieht und wie sie sich entwikkelt hat. Und nur für die systematisch-normative Betrachtung gilt, daß die Kriterien für die Innenstruktur der Parteien aus ihrer Umwelt, das heißt aus der Struktur des politischen Systems zu gewinnen sind. Bei der empirisch-historischen Untersuchung sind beide Bewegungsrichtungen möglich und sinnvoll. Es ist zu fragen, wie die Innenstruktur der politischen Parteien sich entwickelt hat und welche Wirkungen dies für die Funktionen und Rollen der Parteien im konkreten System hat. Es kann und muß aber auch die umgekehrte Frage gestellt werden, inwieweit ein etwa zu konstatierender Funktions-und Rollenwandel der Parteien im Rahmen des politischen Systems deren Innenstruktur beeinflußt. Tatsächlich bestehen Wechselbeziehungen zwischen der Innenstruktur und der Umwelt der Parteien. Für eine umfassende Theorie der politischen Parteien, von der übrigens gesagt werden muß, daß sie nach wie vor in den Anfängen steckt, sind beide Betrachtungsebenen konstituierend. Aus dem empirischen Befund lassen sich keine Kriterien für die ordnungspolitische Praxis gewinnen, es sei denn, die reine Faktizität wird zur Norm gemacht. Auf der anderen Seite aber bedürfen die aus Modellvorstellungen des politischen Systems für die innerparteiliche Demokratie deduzierten Kriterien des empirischen Korrektivs, wenn sie ordnungspolitisch praktikabel sein sollen.

Ich beschränke mich in diesen Ausführungen auf die systematisch-normative Perspektive. Das bedeutet allerdings nicht, daß ich lediglich einen Normenkatalog, der etwa verfassungsrechtlich formuliert werden könnte, aufstelle, um mit seiner Hilfe die Wirklichkeit des heutigen Parteilebens zu überprüfen. Der Akzent soll vielmehr darauf liegen, daß nach sinnvollen Möglichkeiten innerparteilicher Demokratie mit Blick auf die Funktionen der Parteien im politischen System gefragt wird.

Zunächst aber muß eine knappe Bestandsaufnahme der wichtigsten Gesichtspunkte, die in der Diskussion um die innerparteiliche Demokratie eine Rolle spielen, erfolgen. Dabei lassen sich vor allen Dingen zwei größere Bereiche mit ihren entsprechenden Fragengruppen unterscheiden. Einmal wird die Innen-struktur der Parteien mehr unter dem Aspekt der materialen politischen Willensbildung, also auf Sachentscheidungen bezogen, gese29 hen. Der andere Aspekt ist der mehr personelle: die Entscheidungen über Führungspositionen in der Partei. Aber unter beiden Gesichtspunkten läßt sich die verbreitete Kritik an ungenügend verwirklichter innerparteilicher Demokratie auf die einfache Formel bringen, die Mitgliedschaft der Parteien sei unzureichend an der Willensbildung in der Partei beteiligt. So gesehen stellt sich innerparteiliche Demokratie als ein Partizipationsproblem dar. Es geht also vor allem um die Rolle, die das einzelne Parteimitglied in der Partei spielt.

Die Mitgliedschaft in einer politischen Partei wird in der politischen Verhaltenslehre als eine Möglichkeit der aktiven Mitwirkung des einzelnen am politischen Leben gesehen. Die Mitwirkungsmöglichkeiten im politischen Gesamtsystem sind unter den Bedingungen der modernen Massendemokratie für den einzelnen beschränkt. Institutionell hat er als Wahlbürger nur die Möglichkeit, in regelmäßigen Abständen seine Wählerstimme einer politischen Partei oder bestimmten Führungsgruppen zu geben. Fragt der Bürger nach weiteren Möglichkeiten der politischen Mitwirkung, wird er vor allem auf die politischen Parteien verwiesen. In ihnen soll er auch während der Legislaturperioden die Chance der aktiven Beteiligung am politischen Prozeß haben. Dieser optimistischen Sicht steht nun jene Kritik an den Parteien gegenüber, die darauf hinausläuft, die Parteimitglieder ohne Führungspositionen hätten in den politischen Parteien nichts zu sagen, ihr Einfluß sei minimal. Es ist nun aber zu fragen, wie denn der Einfluß des einzelnen Parteimitgliedes konkret aussehen könnte. Zunächst ist hier jene allgemeine Möglichkeit der Teilnahme an Entscheidungsprozessen zu nennen, die darin besteht, daß es über den Mehrheitsentscheid einem Vorschlag, sei er sachlicher oder personeller Natur, seine Zustimmung geben oder versagen kann. Dieser Einfluß ist normalerweise als Einfluß des einzelnen nicht wirksam, sondern nur zusammen mit anderen. Immerhin ist der Erfolgswert einer einzelnen Stimme größer, je kleiner der Kreis der Abstimmenden ist. Insofern ist für ein Parteimitglied die Chance, in der Ortsgruppe der Partei eine Entscheidung zu beeinflussen, größer als etwa bei einer Volksabstimmung.

Eine weitere Art von Einflußnahme besteht in der Gewinnung von Anhängerschaft durch die Vertretung der eigenen Meinung in formellen Diskussionen. Auch hier kann von wirklichen Chancen für den Durchschnitt der einzelnen Bürger nur im kleineren Kreis, also etwa wieder in der Ortsgruppe einer Partei, die Rede sein. Dabei ist die Möglichkeit einzubeziehen, daß jemand ohne Funktion in der Partei dennoch in der Parteiorganisation zu einem Meinungsführer wird, weil er außerhalb der Partei entsprechende Positionen in der Gesellschaft einnimmt.

Schließlich kann aktive Teilnahme am politischen Prozeß mit wirklichem Einfluß darin bestehen, daß jemand als einzelner die Initiative für bestimmte Diskussionen und Entscheidungen ergreift. Auch solche Initiative wird in der Regel auf untere Einheiten der Parteiorganisation zu beziehen sein. Aber die Politik der Partei wird nicht in den Ortsgruppen gemacht.

Und normalerweise endet der unmittelbare Einfluß des einzelnen Parteimitgliedes auf jener Ebene, auf der die Delegation und die Repräsentation beginnt. Im repräsentativen System erhält so die Frage nach der innerparteilichen Demokratie die Wendung, daß nach dem Einfluß nicht nur des einzelnen Parteimitgliedes, sondern vor allen Dingen auch der einzelnen Parteieinheiten gefragt werden muß. Wenn es sich bei der innerparteilichen Demokratie nicht um eine plebiszitäre, sondern um eine repräsentative Demokratie handelt, dann stellt sich doch die Frage, ob das Problem der innerparteilichen Demokratie sich nicht reduziert auf das Problem der Bestellung der Repräsentanten auf den verschiedenen Ebenen des Parteilebens. Wenn es sich nicht um gebundene Mandate handelt, dann bedeutet Einfluß unterer Parteigliederungen zunächst einmal Einfluß der Führungsgruppen in diesen Gliederungen, über die erhöhte Partizipation der Mitglieder ist zunächst noch nichts ausgesagt. Diese Feststellung wird hier ohne jegliche abwertende Absicht getroffen. Man kann es für sehr gut und für sehr demokratisch halten, daß diese Positionen auf Orts-gruppen-oder Kreisebene aufgewertet werden. Es ist wahrscheinlich auch zuzugeben, daß damit die prinzipiellen Chancen der Einflußnahme einzelner Mitglieder erhöht sind, obwohl dies im einzelnen dann doch sehr von den jeweiligen Machtstrukturen in diesen Partei-einheiten abhängig sein dürfte. Worauf es hier ankommt, ist die Feststellung, daß ein verstärkter Einfluß dieser unteren Einheiten im Sinne der innerparteilichen Demokratie noch nicht gleichzusetzen ist mit der Partizipationsmöglichkeit der einzelnen Mitglieder, über die Bedeutung solcher Machtstreuung wird weiter unten noch zu sprechen sein. Zu zeigen war hier, daß diese Frage nicht schlechthin identisch ist mit dem Partizipationsproblem der einzelnen Mitglieder. Die Unterscheidung ist notwendig, weil im Zusammenhang mit der innerparteilichen Demokratie gelegentlich der Ein-B druck entsteht, jede Dezentralisierung der Parteistruktur bedeute auch schon automatisch eine erhöhte Partizipation der Mitglieder. In Wahrheit sind im Bereich kleinerer Partei-einheiten zumindest ebensosehr „Oligarchisierungstendenzen" möglich, wie an der Par-teispitze. Jedenfalls ist es trotz der engen Verflechtung beider Probleme nützlich, die Partizipation der Parteimitglieder und die dezentralisierte Struktur der Parteiorganisation als getrennte Kriterien innerparteilicher Demokratie zu behandeln.

II. Die Interessenlage

Wenn einmal ohne weitere Prüfung unterstellt wird, die Partizipation der Mitglieder am politischen Prozeß und die dezentralisierte Organisationsstruktur der Parteien seien normative Kriterien, die zur Überprüfung der innerparteilichen Demokratie an die Wirklichkeit der Parteien anzulegen seien, dann müssen diese Forderungen mit den wahrscheinlichen tatsächlichen Interessen der Beteiligten konfrontiert werden. Das soll gleichzeitig die vorläufigen Ausführungen über die Kriterien präzisieren und deren Formulierung konkretisieren.

Wie läßt sich die Interessenlage der Parteimitglieder umschreiben? Zur Beantwortung dieser Frage fehlt es an ausreichendem empirischen Material. Aber es kann jedenfalls so viel gesagt werden, daß das Verlangen nach Mitbestimmung im politischen Entscheidungsprozeß keineswegs das einzige Motiv der Zugehörigkeit zu einer politischen Partei darstellt. Ein weiteres Motiv ist sicherlich häufig der Wunsch, in der Partei oder durch die Partei Vorteile zu erlangen oder in bestimmte Positionen zu gelangen. Ein weiteres, nicht zu unterschätzendes Motiv dürfte das Bedürfnis sein, sich einem Kreis von Gleichgesinnten anzuschließen und Kontakte zum Zwecke der Umweltbestätigung der eigenen politischen Meinung zu pflegen. Im Zusammenhang damit, oder auch gesondert, muß das Bedürfnis nach Führung als mögliches Motiv genannt werden. Und schließlich kann der Beitritt zu einer politischen Partei Bekenntnis-oder Unterstützungscharakter haben, ohne daß damit die Intention einer spezifischen politischen Aktivität verbunden ist. Man will eine bestimmte Richtung unterstützen oder man will sich durch den Beitritt offen zu einer solchen bekennen. Es ist nun hier nicht zu untersuchen, wie solche Motive zu beurteilen sind. Besondere Probleme ergeben sich in diesem Zusammenhang nicht, weil die Forderung nach der Möglichkeit der aktiven Mitwirkung von der Tatsache, daß vielleicht gar nicht alle Parteimitglieder nach solcher Mitwirkung streben, prinzipiell unberührt bleibt.

Demgegenüber stellt sich die Interessenlage der Führungsgruppen der Partei und der Par-teifunktionäre im Zusammenhang mit dem Postulat nach innerparteilicher Demokratie anders dar. Deren Ziel ist es, auf Herrschaftspositionen im politischen System zu gelangen oder bereits besetzte Positionen zu behalten. Dies ist aber auch gleichzeitig das Interesse der Partei; seine Wahrnehmung wird normalerweise von den Mitgliedern auch erwartet.

Fundamentales Prinzip der Demokratie ist es nun, daß in diesem System die faktische Macht-basis mit der Legitimitätsbasis identisch sein soll. Dieses Prinzip verlangt eine Organisation des Systems, in der sich die faktisch jederzeit mögliche Auseinanderentwicklung von Macht-basis und Legitimitätsbasis immer wieder in Richtung auf die Identität einpendelt. Welche persönlichen und sozialen Umstände auch immer der Erreichung einer Machtposition dienlich gewesen sein mögen, sie können auf die Dauer in einem funktionierenden demokratischen System dem Amtsinhaber nicht nützen, wenn seine Position nicht seitens der Regierten durch ihre Zustimmung legitimiert wird. Die Machtbasis des politischen Amtes in der Demokratie ist die Zustimmung durch die Wählerschaft. Jemand, der nach einer Machtposition strebt, orientiert sein Verhalten am Verhalten jener, die ihm diese Machtposition verschaffen können. Machtpositionen im demokratischen System beruhen auf der Zahl der Wählerschaft, nicht auf der Zahl der Partei-mitgliedschaften. Führungsgruppen politischer Parteien orientieren sich naturgemäß in erster Linie am Wählerverhalten, erst in zweiter Linie am Mitgliederverhalten. Für die Legitimation von Herrschaftspositionen sind Wählerstimmen ausschlaggebend, die Mitglieder-zahlen der Parteien dagegen praktisch bedeutungslos.

Aus diesem Sachverhalt darf nun nicht auf einen unbedingten Gegensatz der Interessenlagen zwischen den Parteiführungen und den Parteimitgliedern geschlossen werden. Auch die Mitglieder erwarten von der Parteiführung, daß sie der Partei zum Siege verhelfe. Das heißt aber nichts anderes, als daß sie von der Führung erwarten, sie möge möglichst viele Wählerstimmen gewinnen. Insofern besteht ein gemeinsames Interesse. Außerdem benötigt die Führungsgruppe im Normalfalle zunächst eine Machtposition innerhalb der Partei, um von dort aus in Herrschaftspositionen des Staates zu gelangen. Das wiederum bedeutet, daß sie zunächst der Legitimation innerhalb der Partei durch die Parteimitglieder bedarf. Trotzdem können Spannungen entstehen, die auf faktische Grenzen innerparteilicher Demokratie hinweisen. Bei der Beurteilung des Zustandes des Gesamtsystems ist der Horizont der Parteiführung ein anderer als der einzelner Mitglieder. Die Einschätzung der Chancen, neue Wählerstimmen zu gewinnen, kann von diesen beiden Beobachtungspositionen aus unterschiedlich sein. Zumindest was Strategie und Taktik der Partei angeht, wird die Parteiführung nach eigenem Ermessen handeln und sich bestenfalls nachträglich das Plazet der Parteimitglieder einholen. Wollte sie die Zustimmung vorher einholen, würde sie sich dem Risiko aussetzen, daß es nicht zu einem effektiven, einigermaßen geschlossenen Handeln der Partei kommt. Die nachträgliche Zustimmung ist risikoloser, da sie diese in der Regel in dem Maße erhalten wird, in dem ihre Politik der Partei tatsächlich zum Erfolg verhülfen hat.

Damit sind wir aber anhand eines einzelnen Gesichtspunktes nur auf die allgemeine Struktur repräsentativer Willensbildung gestoßen. Diese beruht darauf, daß gewählte Repräsentanten auf Grund einer wie auch immer zustande gekommenen Erwartungs-und Vertrauensbasis gewisse Vollmachten erhalten, für die Gruppe zu handeln und zu sprechen. In bestimmten Abständen können die Repräsentierten erneut darüber entscheiden, wer sie repräsentieren soll. Dabei wird die Politik der Repräsentanten seitens der Repräsentierten sanktioniert, positiv durch Wiederwahl oder negativ durch Austausch. In Art und Weise und Effektivität dieser Kontrolle kann ein Kriterium innerparteilicher Demokratie gesehen werden. Inwieweit ist die Parteiführung tatsächlich gezwungen, ihre Politik vor der Parteimitgliedschaft zu erklären und zu rechtfertigen? Mit dieser Kontrolle würden die Parteimitglieder eine bedeutsame Funktion auch für das politische Gesamtsystem wahrnehmen. Wie die Entwicklung in allen modernen Massendemokratien zeigt, ist es schwierig, die allgemeine Rechtfertigung des Handelns der Regierung gegenüber dem Volk in der Form möglichst rationaler Erklärung und Information zu halten. Die Strukturen der Werbung und der Propaganda, der Schlagworte und Kurz-formeln überwiegen. Hier kann innerparteiliche Kontrolle ein wirksames Korrektiv im Dienste am Gesamtsystem darstellen. Sie wird in dem Maße nicht wirksam, indem das innerparteiliche Verhältnis zwischen Parteiführung und Mitgliedschaft sich dem allgemeinen Verhältnis zwischen Regierung und Volk anpaßt. Das provoziert allerdings die Frage, inwieweit die Kategorie des Erfolgs als Bestimmungsfaktor der Legitimierung ausreicht. Als alleiniger Faktor löst sie eine Tendenz zur Macht-kumulation aus. Solche Machtkumulation entsteht, wenn Amtsinhaber auf Grund des allgemeinen Erfolges, in diesem Falle also auf Grund des Erfolges der Partei, immer wieder neu mehr oder weniger akklamatorisch in ihren Ämtern bestätigt werden, ohne daß der Inhalt ihrer Politik einer rationalen Kritik unterzogen wird.

Zweifellos können institutionelle Strukturen der Partei solche Kontrolle fördern oder hemmen. Man muß sich aber darüber im klaren sein, daß Funktionen nicht allein durch Organisationsformen gewährleistet werden. Der funktionale Sinn von Organisationsformen kann prinzipiell immer wieder durch das Verhalten der Agierenden überspielt werden. Das Verhalten kann langfristig durch pädagogische Aktionen beeinflußt werden. Trotzdem wird man sich von dem Appell an die Parteimitglieder, ihre Kontrollfunktionen möglichst intensiv wahrzunehmen, nicht allzuviel versprechen können. Wirksame Kontrollimpulse gehen von konkurrierenden Interessenlagen aus. Deshalb können parteiinterne Kontrollen durch die Dominanz der gemeinsamen Interessenlage erstickt werden. Auch hierin ist eine Grenze innerparteilicher Demokratie zu sehen. Die Frage ist also, wie unterhalb der Gemeinsamkeit partielle Interessenkonkurrenz entstehen kann, so daß einerseits Kontrollimpulse ausgelöst werden, andererseits die Gemeinsamkeit der Partei nicht gesprengt wird.

Im Normalfall kommen die Mitglieder, die keine Parteifunktionen innehaben, nicht spontan in ihrer Gesamtheit zum Handeln. Es bedarf auch hier der Meinungsführer und der Initiatoren. Initiativen ergreifen vor allem die Leute, die nach irgendeiner herausgehobenen Position streben. Zwar ist diese generalisierende Behauptung nur bedingt richtig. Es darf daraus nicht geschlossen werden, daß das Motiv jeglicher Initiative in solchem Streben zu suchen ist. Der Satz könnte auch so formuliert werden, daß Initiativen derjenige ergreift, der bereit ist, das Risiko einer Machtposition einzugehen. Der hier konstatierte Zusammenhang zwischen Initiativen und Machtpositionen wird ja auch durch eine nicht selten zu ma-chende gewissermaßen umgekehrte Erfahrung bestätigt: Manche Initiative unterbleibt, weil der einzelne weiß, wenn ich jetzt in dieser Sache aktiv werde, laufe ich Gefahr, zur Übernahme eines Amtes gedrängt zu werden. Trotzdem kann gesagt werden, daß partielle entgegengesetzte Interessenlagen dadurch entstehen können, daß Parteimitglieder nach Führungspositionen auf den verschiedenen Ebenen der Parteiorganisation streben und damit in eine gewisse Konkurrenz zu den derzeitigen Inhabern und zu anderen Bewerbern treten.

Allerdings trifft dies auch nur in dem Maße zu, in dem die Mitgliedschaft tatsächlich an der Besetzung von Positionen beteiligt ist. Je hierarchischer und je bürokratischer nämlich die Struktur der Partei aufgebaut ist, um so mehr vollzieht sich die Bewerbung auf Positionen in der Form der Anpassung an die Führungskräfte, die bereits Positionen innehaben. Jedenfalls erweist sich das Rekrutierungsproblem für Führungspositionen als ein entscheidendes Kriterium für innerparteiliche Demokratie.

III. Ein undemokratisches Modell innerparteilicher Demokratie

Ein theoretisches Verfahren, um mögliche und sinnvolle Organisationsformen herauszuarbeiten, besteht darin, daß reine und gegebenenfalls extreme Modelle gebildet und diese auf ihre Konsequenzen und auf ihre Durchführbarkeit getestet werden, um so den Bereich der Möglichkeiten einzuengen. Zu diesem Zweck wollen wir uns kurz eine extreme Form innerparteilicher Demokratie vorstellen, die — bezogen natürlich auf „das Parteivolk" — plebiszitäre innerparteiliche Demokratie genannt werden kann. Sie würde darin bestehen, daß alle politischen Entscheidungen der Partei der Mitgliedschaft zur Urabstimmung vorgelegt würden. Bei Fragen der Praktikabilität dieses Verfahrens brauchen wir uns jetzt nicht aufhalten. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang vielmehr die Tatsache, daß eine solche Bindung der Politik der Partei an den jeweiligen Mehrheitswillen der Parteimitglieder nicht der Funktion der Partei im politischen System entsprechen würde.

Politische Entscheidungen politischer Parteien führen über die Parteien hinaus. Ihr Zweck ist es, die Regierungspolitik des Gesamtsystems zu bestimmen oder wenigstens zu beeinflussen. Institutionell zielt die Parteientscheidung entweder auf die Regierung (im engeren Sinne) oder auf die Parlamentsfraktion der Regierungsmehrheit oder der Opposition. Nun sind die Parlamentsfraktionen in der Regel de jure keine Gliedeinheiten der Parteiorganisationen. Dasselbe gilt für das Kabinett. Dessenungeachtet aber kann im modernen Parteienstaat von der engen Verflechtung dieser Gremien mit der Partei nicht abgesehen werden. Eine plebiszitäre innerparteiliche Demokratie hätte nur einen Sinn, wenn die Parlamentsfraktion der Partei und die Regierungsmitglieder an die Parteibeschlüsse gebunden wären. Damit erhielten die Mitglieder von Parteien eine Entscheidungskompetenz, die durch kein Mandat legitimiert wäre. Die Voraussetzung für diese direkte Mitbestimmung wäre einzig und allein die Parteizugehörigkeit, die im eigenen individuellen Ermessen liegt. Es wäre, bezogen auf das Gesamtsystem, eine pseudoplebiszitäre Demokratie, weil nur eine kleine Minderheit der Bevölkerung kraft Entscheidungskompetenz herrschen würde. Es wäre dann zu fragen, ob die Wahl der Parlamentarier durch die gesamte Wahlbürgerschaft überhaupt noch sinnvoll wäre. Die Parlamentarier würden nicht mehr Entscheidungen fällen in eigener Verantwortung, die sie gegenüber den Wählern zu rechtfertigen hätten; sie würden lediglich als Ausführungsorgane des Parteiwillens fungieren. Unter Beibehaltung der allgemeinen Wahlen stellte dieses Modell ein Extrem des Parteienstaates insofern dar, als die Wähler dann ausschließlich Parteien in ihrer Gesamtheit wählen würden. Die Wähler würden damit die Entscheidungskompetenz einem kleinen Teil ihrer Mitbürger überlassen, wobei sie aber auf Umfang und personelle Zusammensetzung dieses Teils keinerlei Einfluß hätten.

Diese Modellkonstruktion zeigt somit, daß konsequente innerparteiliche Demokratie in Spannung geraten kann zu der Rolle des Wählers im repräsentativen System. Innerparteiliche Demokratie kann somit nicht gleichbedeutend sein mit der absoluten Bindung der in den Entscheidungsgremien des politischen Systems agierenden Parteivertreter an Vorentscheidungen innerhalb der Partei. Das bleibt auch bestehen, wenn das extreme Modell der plebiszitären innerparteilichen Demokratie abgewandelt wird in ein abgestuftes System der Entscheidungskompetenzen. Innerparteiliche Demokratie kann nicht in einem von unten nach oben abgestuften imperativen Mandat bestehen. Eine solche Konstruktion würde grob skizziert etwa folgendermaßen aussehen: Die untersten Parteieinheiten würden die ersten Beschlüsse fassen. An ihnen wären alle Mitglieder unmittelbar beteiligt. Diese Einheiten, also die Ortsgruppen, würden ihre Delegationen mit gebundenem Mandat auf die nächst höhere Ebene, also etwa in den Kreisverband entsenden. Diese würden wiederum über die Angelegenheit entscheiden und entsprechend Delegierte mit gebundenem Mandat in den Landesverband usf. entsenden. Regierungsmitglieder und Parlamentarier der Partei wären dann schließlich an diese Beschlüsse der Parteigremien gebunden. Diese Bindung der in den Entscheidungsgremien des Systems agierenden Parteivertreter an die Beschlüsse der Parteiorganisationen könnte auch auf jede Ebene bezogen werden. Die Fraktion im Gemeinderat wäre an die Beschlüsse der Ortsgruppe, die im Kreistag an den Kreis-verband, die Landtagsfraktion an den Landes-verband und die Bundestagsfraktion an den Parteikongreß gebunden. Diesem Modell gegenüber würde das gleiche Argument gelten wie bei der unmittelbaren Mitbestimmung der Parteimitglieder im vorigen Beispiel. In der repräsentativen Demokratie kann innerparteiliche Demokratie nicht bedeuten, daß alle politischen Entscheidungen des politischen Systems auf verbindliche Weise zuerst innerhalb der Parteiorganisation vorentschieden werden müssen.

Solche Modelle stehen normalerweise bei der Forderung nach mehr innerparteilicher Demokratie nicht zur Diskussion. Sie sollten hier nur dazu dienen, eine äußere Grenze innerparteilicher Demokratie zu markieren. Und sie sollten weiterhin die Ausgangsthese bekräftigen, daß auch die Innenstruktur der Parteien im Zusammenhang mit deren Funktionen im politischen Gesamtsystem zu sehen ist. Es wurde allerdings zunächst nur von Entscheidungen der Partei gesprochen, die unmittelbar in den politischen Entscheidungsprozeß des Gesamtsystems eingehen sollen. Soweit es sich um Parteientscheidungen handelt, die programmatischer und richtungweisender Art sind, trifft die vorige Argumentation nicht zu.

Hier ist eine stärkere Beteiligung der Mitgliedschaft auch im Sinne der Beschlußfassung jederzeit ohne Funktionsstörungen im Gesamtsystem möglich. Darüber hinaus ist auch jener Fall nicht auszuschließen, daß etwa ein Parteikongreß eine bestimmte wichtige Entscheidung, die im Gesamtsystem ansteht, an sich zieht und durch Beschlußfassung seine Vertreter in Regierung und Parlament festlegt. Solche Vorgänge können sich in beiden Richtungen abspielen. Die Initiative kann aus der Parteiorganisation kommen und den Zweck haben, die Führungsgremien eben in dieser Weise zu binden. Ebenso kann aber die Parteiführung dem Kongreß selbst eine solche Entscheidungsfrage vorlegen, um von der Partei damit eine ausgesprochene Unterstützung in dieser Frage zu erlangen. Wiederum sagen aber solche Vorgänge nur partiell etwas über innerparteiliche Demokratie aus, da auch beim Parteikongreß in der Regel eben Delegierte und nicht schlechthin alle Parteimitglieder sitzen. Ein Beschluß eines Parteikongresses gibt zunächst nicht zu erkennen, inwieweit diese Frage tatsächlich innerhalb der Partei bis in ihre kleinsten Einheiten hinein ausführlich diskutiert wurde.

IV. Innerparteiliche Diskussion als Funktion der politischen Willensbildung

Der Begriff der politischen Willensbildung wird oft sehr unpräzise gebraucht. Für die Analyse ist es wichtig, daß er vom Begriff der Entscheidung abgesetzt wird. Die eigentliche verbindliche politische Entscheidung in einer Sache ist ein Herrschaftsakt. Der Begriff der Willensbildung bezieht sich auf die der eigentlichen Entscheidung vorangehende Phase. Der Verlauf der Willensbildung gibt Antwort auf die Frage, wie es zu einer Entscheidung gekommen ist. Es gibt auch Entscheidungen ohne Willensbildungsvorgänge. Wenn ein Alleinherrscher ohne jegliche Mitwirkung anderer eine Entscheidung trifft, dann fehlt der Prozeß der Willensbildung in dem hier gemeinten Sinne. Eine bestimmte Form solcher Willens-bildung ist aber bereits vorhanden, wenn dieser Alleinherrscher sich vorher mit anderen berät. Willensbildungsprozesse finden auch dort statt, wo keine unmittelbare Entscheidung fällt. So können Willensbildungsprozesse auch in Institutionen stattfinden, die keine verbindliche Entscheidungskompetenz für das Gesamtsystem haben. Natürlich können Willensbildungsvorgang und Entscheidungsakt sehr nahe beieinander liegen. Das trifft etwa zu für das Parlament, das ein Problem zunächst diskutiert und dann über seine Lösung entscheidet.

Die politische Willensbildung kann nun prinzipiell entweder monopolisiert sein oder sie kann konkurrierend vor sich gehen. Im ersten Falle hat eine Gruppe oder eine Institution das alleinige Monopol der Willensbildung. In der Regel fällt solches Monopol der Willensbildung zusammen mit einem Entscheidungsmonopol. Das muß aber nicht unbedingt so sein. Denn wenn, um ein Beispiel zu konstruieren, eine einzige Gruppe in der Gesellschaft das Recht und die Möglichkeit hätte, an die Regierung mit Wünschen heranzutreten, dann hätte sie ein solches Monopol der Willensbildung, ohne Entscheidungskompetenz zu haben. Bei der konkurrierenden Willensbildung können mehrere Gruppen miteinander um die Durchsetzung ihrer Vorstellungen konkurrieren. Die konkurrierende Willensbildung entspricht der Demokratie. Diese Bestimmung muß aber noch ergänzt werden um die Offenheit der konkurrierenden Willensbildung. Offenheit bedeutet, daß der Kreis derjenigen, die an der Willensbildung teilnehmen können, prinzipiell nicht beschränkt ist. Es dürfen keine Privilegierungen hinsichtlich der Teilnahme am Willensbildungsprozeß institutionalisiert sein. Offene konkurrierende Willensbildung bedeutet also vor allen Dingen Möglichkeit der Diskussion der anstehenden Entscheidungsprobleme. Als weiteres wichtiges Kriterium innerparteilicher Demokratie ist die Möglichkeit und Tatsächlichkeit solcher Diskussionen herauszustellen.

Zu solcher Diskussion gehört nicht nur die Möglichkeit des Meinungsaustausches, es ist vor allen Dingen auch die Information hinzuzurechnen. Die politischen Parteien stellen die geeigneten Institutionen dar, um die Kommunikation zwischen politischer Führung und politisch interessierten Bürgern ständig aufrechtzuerhalten. Unter den Bedingungen der modernen Massenkommunikationssysteme spielt sich in der Gesamtgesellschaft diese Kommunikation meistens in einseitiger Richtung ab. Den Politikern stehen Möglichkeiten zu Verfügung, die Bevölkerung öffentlich und in großen Massen anzusprechen, ihre Politik zu erklären und um Wählerstimmen zu werben. Die Rolle des Bürgers ist dabei aber mehr oder weniger die des Konsumenten. Hier haben die Parteien eine wichtige Kompensationsfunktion. Wenn innerhalb der politischen Parteien wirklich offene Diskussionen geführt werden, kann der Bürger als Parteimitglied aus seiner passiven Rolle heraustreten und zum aktiven Diskussionspartner werden. Für die Aktivierung der Bürgerschaft ist nicht so sehr entscheidend, daß sich in den Parteien formale Entscheidungsvorgänge häufen, sondern vielmehr die Gelegenheit zum Kontakt und Austausch mit den Führungsgruppen. Wenn wirkliche Diskussion in allen Parteigremien stattfindet, dann dient die Parteiorganisation nicht mehr einseitig der Führungsgruppe als Instrumentarium zum nachträglichen Einholen der akklamatorischen Zustimmung.

Während also eine verbindliche Entscheidungskompetenz der Parteimitglieder gegenüber Parlament und Regierung in Konflikt geraten würde mit dem repräsentativ-demokratischen Gesamtsystem, stellt sich die innerparteiliche Diskussion als eine wichtige Ergänzung der minimalisierten Möglichkeiten der offenen konkurrierenden Willensbildung des Gesamtsystems dar. Das gilt auch für die Kandidatenauslese bei Parlamentswahlen. In der Parteidemokratie werden die Parlamentarier zwar von der Wahlbürgerschaft gewählt, über die Kandidatur zur Wahl aber entscheiden die Parteien. Auch ohne die Parteien in der heutigen Form benötigten Kandidaten für die Parlamente Gruppen aus der Wählerschaft, die ihre Kandidatur unterstützen und die für sie werben würden. Es kann nur als eine Verstärkung der demokratischen Strukturen betrachtet werden, wenn nun jene Wähler, die auch Parteimitglieder sind, bei der Kandidaten-auslese effektiv mitbestimmen können.

V. Die Funktionen der Parteien und die innerparteiliche Demokratie

Die Aufgabe der politischen Parteien wird sehr allgemein umschrieben, wenn mit Artikel 21 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland gesagt wird, daß sie bei der politischen Willensbildung des Volkes mitwirken. Es wurde im vorigen Abschnitt auf Zusammenhänge zwischen dieser Willensbildung und der innerparteilichen Demokratie hingewiesen. Diese Beziehungen sollen nun noch etwas systematischer erörtert werden, indem die allgemeine Aufgabenstellung der Parteien als Mitwirkung bei der politischen Willensbildung des Volkes in einzelnen Funktionen konkretisiert wird. 1. Die Parteien präsentieren der Bevölkerung die politischen Führer Diese Funktion wird in der modernen Demokratie von den Parteien allgemein wahrgenommen. Im Prinzip ist eine Anwartschaft auf politische Führungspositionen heute nur noch möglich mit Hilfe der Unterstützung einer politischen Partei. Dies gilt auch für die soge-nannten Außenseiter, die nicht unmittelbar aus einer Parteiorganisation kommen. Um Führungspositionen in den politischen Organen zu erlangen, bedürfen sie der Unterstützung einer politischen Partei. Es kann gesagt werden, daß das politische Parteiensystem hierin ein Monopol hat. Das gilt aber nur für das Parteiensystem. Zwischen den einzelnen Parteien besteht auch hierin Konkurrenz, weshalb besser von einem Oligopol gesprochen wird. Nur in besonderen Ausnahmesituationen mag es noch möglich sein, daß jemand gewissermaßen „auf eigene Faust" sich um ein politisches Amt bewirbt und als Individuum Anhänger sucht. In dem Maße, in dem ihm dies gelingt, wird zumindest im Hinblick auf diese Kandidatur seine Anhängerschaft der Natur nach so etwas wie eine Partei. In der modernen Massendemokratie gibt es wahrscheinlich außer der oligopolistischen Struktur der Führungspräsentation keine andere Möglichkeit. Es ist wenig sinnvoll, zu beklagen, daß die Bevölkerung in der Führungsauswahl nur die Möglichkeit habe, zwischen Alternativen, die von politischen Parteien festgelegt sind, zu entscheiden. Es ist im allgemeinen gar nicht anders vorstellbar, als daß die Präsentation von Führungskräften durch Gruppen geschieht. Eine andere Frage ist nun, wie die Willensbildung hinsichtlich solcher Präsentation innerhalb der präsentierenden Gruppen vor sich geht. Hier kommt das Postulat nach innerparlicher Demokratie ins Spiel.

Wenn die politischen Parteien Gruppen auf der Basis freier Mitgliedschaft sind, dann bieten sie jenem Teil der Bevölkerung, der bereit ist, in solchen Gruppen mitzuarbeiten, die Möglichkeit, bereits vor der offiziellen Präsentation von politischen Führern an der Rekrutierung derselben aktiv mitzuwirken. Ob dies tatsächlich der Fall ist, hängt davon ab, ob der Mitgliedschaft ein effektives Mitspracherecht in dieser Sache zugestanden ist oder ob die Rekrutierung von Führungspersonal durch die bereits etablierten Führungsgruppen oder durch die Parteibürokratie monopolisiert ist. Die Mitwirkung der Parteien an der Willensbildung des Volkes hinsichtlich der Rekrutierung des Führungspersonals besteht nicht nur darin, daß die Parteien die Führungspersönlichkeiten der Öffentlichkeit präsentieren, sondern auch darin, daß sie den Bürgern, die gleichzeitig Parteimitglieder sind, die Möglichkeit der unmittelbaren Mitwirkung bei der Rekrutierung einräumen. Das Postulat nach Mitwirkung bei der Führungsauslese durch die Mitglieder bezieht sich also nicht nur auf die parteiinternen Führungspositionen, sondern im Zusammenhang mit der politischen Willensbildung des Gesamtsystems gerade auch auf die Auslese des Führungspersonals, das dann letztlich von der Wählerschaft legitimiert wird.

Die Sicherstellung der effektiven Mitwirkung der Mitglieder geschieht einmal durch die satzungsgemäßen Kompetenzverteilungen. Zum andern aber ist hier für die innerparteiliche Demokratie das Phänomen der Ämterkumulation entscheidend. Die Chance der effektiven Mitwirkung der Mitgliederschaft ist dann am größten, wenn die politischen Ämter innerhalb der Partei personell möglichst gestreut sind. Die Amterhäufung ist eines der Mittel, um innerhalb einer Organisation möglichst viel Macht zu gewinnen. Deshalb wird tendenziell immer mit ihr gerechnet. Die innere Ordnung einer Partei ist also vor allem auch daraufhin zu überprüfen, inwieweit sie Ämterhäufung zuläßt oder gar begünstigt. Im Sinne der innerparteilichen Demokratie wäre es, wenn die Parteisatzungen in dieser Hinsicht Monopolisierung möglichst verhindern würden. Das gilt sowohl in horizontaler Hinsicht (Amterhäufung auf derselben Ebene) wie in vertikaler (Ämterhäufung auf verschiedenen Ebenen). Vor allem beim Aufrücken in eine Führungsposition der nächsthöheren Ebene besteht die Neigung, die bisher auf der unteren Ebene innegehabte Position beizubehalten und mit ihr gewissermaßen eine „Hausmacht" in die Position einzubringen. Damit fallen nicht nur Kontrollen weg, sondern es wird auch die Rekrutierungsbasis für Führungspersonal in den Parteien geschmälert. Eben die Rekrutierung von Führungspersonal ist aber eine der wichtigsten Funktionen der politischen Parteien im Hinblick auf das Gesamtsystem.

2. Die Parteien werben für die von ihnen präsentierten politischen Führer

Die Parteien haben eine Propagandafunktion; sei es, daß sie für die bisherigen Führer und deren Politik oder für neu präsentierte Führer und deren voraussichtliche Politik werben. Das Ziel dieser Werbung ist die Legitimierung des präsentierten Führungspersonals durch die Wählerschaft. Im Regelfall treten die Parteien in der Werbungsphase geschlossen auf, das heißt, daß die Konkurrenz der innerparteilichen Faktoren bei der Bestellung dieses Führungspersonals im Stadium der Präsentation im Prinzip beendet ist. Da der Legitimierungsvorgang in den allgemeinen Wahlen geschieht und damit die Legitimation durch die Wählerschaft vollzogen wird, kann nicht gesagt werden, daß eine breite Mitwirkung der Parteimitglieder bei der Rekrutierung und Präsentation des Führungsper-B sonals dessen Legitimation noch etwas hinzufügt. Der von der Wählerschaft ins Parlament Berufene besitzt dieselbe Legitimation, ob er nun durch einen breiten Willensbildungsvorgang in der Partei oder durch einen Machtspruch einer Parteiinstanz zur Kandidatur gekommen ist. Eine andere Frage wäre, ob durch möglichst demokratische innerparteiliche Verfahren bei der Kandidatenrekrutierung die Werbung der Partei nicht dadurch verstärkt und überzeugender wird, daß die Parteimitglieder diese Kandidaten wirklich als die ihrigen nach außen vertreten. Da sich auch die politische Propaganda immer mehr der industriellen Werbemethoden bedient, kann die persönliche informelle Werbung durch die Parteimitglieder als eine gewisse Kompensation angesehen werden. Jedenfalls dürfte es das Ansehen der politischen Parteien in der Gesellschaft verstärken, wenn die Wähler das Bewußtsein haben, daß diese Kandidaten nicht nur von Leuten, die bereits Machtpositionen besetzt haben, sondern von einem größeren Kreis von Mitbürgern präsentiert werden. 3. Die Parteien haben eine Vermittlungsfunktion Es wird immer wieder mit negativem Wert-akzent von der Mediatisierung des Volkswillens durch die politischen Parteien gesprochen. Das ist eine sehr ungenaue Ausdrucksweise. Zunächst einmal gibt es diesen Volkswillen als vorgegebenen einheitlichen Willen gar nicht. Es gibt in der Bevölkerung eine Vielzahl von Meinungen, Wünschen und Interessenrichtungen. Wenn diese in einen Entscheidungsprozeß eingehen sollen, dann geht dies gar nicht ohne Mediatisierung. Aus der Vielzahl von miteinander konkurrierender Willensrichtungen und deren Gegenüberstellung ergibt sich noch keine Entscheidung. Wo es zu einer Entscheidung kommt und wo solche Willens-richtungen in die Entscheidungen eingehen, erfahren sie immer eine Umformung. Das werden die nachfolgenden Thesen noch genauer zeigen. Hier soll ein anderer Gesichtspunkt im Vordergrund stehen. Solche Umformung vollzieht sich auf mehreren Stufen. Ein Kriterium für die Partizipation der Bürger am politischen Prozeß ist nun auch die Häufigkeit der mediatisierenden Institutionen oder der Mediatisierungsmechanismen. Um die politischen Willensrichtungen aus der Bevölkerung in den politischen Prozeß zu vermitteln, müssen die Parteien diese zunächst sammeln. Solche Sammlung geschieht aber gleichzeitig außerhalb der Parteien auch durch die Verbände und Organisationen der verschiedensten Art. Auch diese haben Mediatisierungsfunktionen, was gelegentlich übersehen wird, weil eine gewisse Neigung besteht, die homogenisierte Interessenformulierung der Verbandsspitze eher unmittelbar den Verbands-mitgliedern zuzurechnen, als dies bei den Parteien geschieht. Rationaler dürfte es aber sein, auch bei den Interessenverbänden anzunehmen, daß es sich um einen Prozeß der Sammlung und Umformung verschiedener Interessenakzentuierung bis zur einheitlichen Willensabgabe des Verbandes handelt.

Die Verbände wirken nun ihrerseits unter anderem auch auf die Parteien in verschiedenster Weise ein. Sie tun dies naturgemäß auf der für sie effektivsten Ebene der Parteiorganisation. In dem Maß, in dem die Sammlung von Interessen durch die Partei auf diesem Wege vor sich geht, werden die Interessen in bereits mediatisierter Form gesammelt. Die Mediatisierung wird gewissermaßen multipliziert.

Demgegenüber stellt die innerparteiliche Demokratie als permanente ausführliche und offene Diskussion mit den Mitgliedern ein Moment der Unmittelbarkeit bei der Sammlung dar. Gleichzeitig hat sie eine Kontrollfunktion auch gegenüber der Willensbildung in den Verbänden. Es ist nicht gleichgültig, ob eine Parteispitze ihre Information über die Interessenlage einer bestimmten Bevölkerungsgruppe ausschließlich über deren Interessenverband oder auch gleichzeitig aus der Diskussion der dieser Gruppe zugehörenden Parteimitglieder erhält. Mediatisierung hat nämlich auch immer diesen Aspekt, daß auf dem Wege der Sammlung und Formulierung gemeinsamer Interessen der Gruppenmitglieder eine Verbindung hergestellt wird mit den speziellen Interessen des Führungspersonals; das gilt natürlich sowohl für die Verbände wie für die Parteien. Innerparteiliche Demokratie bedeutet somit auch Informationssammlung an der Basis gegenüber einer Informationssammlung, die sich nur auf Stufen vollzieht, in denen bereits mediatisierte Informationen in das System eingehen.

4. Die Parteien haben eine Integrationsfunktion Oben wurde gesagt, daß sich aus der bloßen Gegenüberstellung von vielen Meinungen und Interessen noch keine Entscheidung ergebe. Die Verfahrensweise, um zu Entscheidungen zu kommen, ist in der Demokratie die Mehrheitsentscheidung. Bei ihr gibt es immer zwei Möglichkeiten: Entweder besteht im Hinblick auf eine Problemlösung bereits eine so große Übereinstimmung, daß diese übereinstimmende Gruppe durch ihre Mehrheit die Entscheidung durchsetzen kann, oder aber die Differenzierung ist zunächst so groß, daß keine der konkurrierenden Willensrichtungen

eine entsprechende Mehrheit hat. Im letzteren Falle kommt entweder keine Entscheidung zustande oder aber diejenigen Gruppen, die sich mit ihren Vorstellungen noch am nächsten stehen, schließen sich zusammen. Das geht in der Regel nur, indem jede Gruppe an ihren Vorstellungen gewisse Abstriche vornimmt, indem der gemeinsame Kern der an der Peripherie divergierenden Vorstellungen zum gemeinsamen Programm erhoben wird. Dieser Integrationsvorgang ist ein wesentliches Merkmal demokratischer Entscheidungsverfahren. Mit Recht wird den politischen Parteien solche Integrationsfunktion zugeschrieben. Integration möglicher Entscheidungsinhalte bedeutet aber immer auch Selektion. In den seltensten Fällen kann Integration so verlaufen, daß am Ende des Prozesses alle Informationen, die in ihn eingegangen sind, auch in der homogenisierten Formulierung enthalten sind. In der Regel sind immer Wünsche, Meinungen, Interessen und Willensbestandteile im Verlauf des Prozesses ausgeschieden worden. -Personell bedeutet dies, daß im Verlaufe des Integrationsprozesses nicht oder nur teilweise berücksichtigte Minderheiten entstehen. Für den Status solcher Minderheiten und damit für das Selbstbewußtsein der Mitglieder ist es nicht gleichgültig, ob ihre Minderheitenrolle gewissermaßen durch den Machtspruch einer Partei-instanz vorweg entschieden wurde oder ob sie ausreichend Gelegenheit gehabt haben, ihre Vorstellungen in die parteiinterne Diskussion einzubringen. Parteiinterne Diskussion unter größtmöglicher Beteiligung der Mitgliedschaft bedeutet, daß man sich nicht nur mit den Parteiinstanzen auf den verschiedenen Ebenen auseinandersetzt, sondern auch horizontal mit den anderen Mitgliedern der Partei. Letzteres ist für eine demokratische Atmosphäre in einer Partei von größter Wichtigkeit. So notwendig und nützlich die Diskussion mit den Inhabern von Führungspositionen ist, so wenig darf die Diskussion zwischen den Parteimitgliedern und ihren verschiedenen Gruppierungen unterschätzt werden. Nur dort wird die für die Akzeptierung demokratischer Einrichtungen so wichtige Erfahrung gemacht, daß es auch andere Auffassungen und Interessenlagen gibt, die nicht schon mit Machtpositionen kombiniert sind. Und deshalb ist solche innerparteiliche, offene und nicht von vornherein beschnittene Diskussion auch für die Integration der Partei selbst ein wesentlicher Faktor. 5. Die Parteien haben eine Offentlichkeitsfunktion Die Funktionen der politischen Parteien können in verschiedener Weise formuliert we

den. Auch wird hier nicht Wert darauf gelegt, einen vollständigen Katalog dieser Funktion zu erstellen. Es wird nur nach wichtigen Funktionen gefragt, die für diese Erörterungen über die innerparteiliche Demokratie von besonderer Bedeutung sind. Und da diese innerparteiliche Demokratie vornehmlich in ihrer Beziehung zum Willensbildungsprozeß im Gesamtsystem betrachtet wird, soll das Problem der Öffentlichkeit am Schluß noch angesprochen werden. Die vielbeklagte Abneigung gegen die politischen Parteien hat verschiedene allgemeine und auf die deutsche Situation spezifisch bezogene Gründe. Eine Ursache dafür, daß über die politischen Parteien und auch über die Vorgänge in ihnen sehr falsche und verzerrte Vorstellungen verbreitet sind, liegt sicherlich auch in ihrem geringen Öffentlichkeitscharakter. Sie treten in der Regel als Partei durch die Sprecher der Parteiorganisation in die Öffentlichkeit. Eine effektive Mitwirkung am Willensbildungsprozeß des Volkes könnte auch darin bestehen, daß die Öffentlichkeit, das heißt, daß auch Nicht-Parteimitglieder stärker in die oben angesprochene innerparteiliche Diskussion der politischen Probleme des Gesamtsystems an der Basis einbezogen werden. Was über die Vorteile dieser Diskussion mit Blick auf die Parteimitglieder gesagt wurde, gilt auch für die Wählerschaft. Es geht jetzt nicht um die Öffentlichkeit von Parteikongressen und ähnlichen Veranstaltungen. Es geht vielmehr um die Kommunikation de politischen Parteien mit der übrigen Gesellschaft an der Basis. Natürlich muß es parteiinterne Entscheidungsprozesse geben, an denen die freie Entscheidung gerade auch der Parteimitglieder gesichert ist, und solche Sicherung bedarf immer wieder auch eines gewissen Ausschlusses der Öffentlichkeit. Aber die innerparteiliche Diskussion über die im politischen Gesamtsystem anstehenden Probleme würde die Rolle der politischen Parteien im Prozeß der Willensbildung für die Umwelt deutlicher machen. Am Anfang wurde gesagt, daß die politischen Parteien eine Zwischenstellung einnehmen zwischen den eigentlichen staatlichen Institutionen und der Gesellschaft. Das führt am Ende dieser Betrachtung zu der These, daß innerparteiliche Demokratie nicht nur eine Öffnung der Parteiorgane zu ihren Mitgliedern hin, sondern auch eine Öffnung der Parteien zur Gesellschaft hin bedeuten sollte. Die Durchlässigkeit der politischen Parteien im gesamtgesellschaftlichen Kommunikationssystem erscheint so als eine Konseguenz auch der innerparteilichen Demokratie.

Fussnoten

Weitere Inhalte

Manfred Hättich, Dr. rer. pol., o. Professor für Politikwissenschaft und Direktor des Instituts für Politikwissenschaft an der Universität Mainz, geb. am 12. Oktober 1925.