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Politischer Stil -politische Kultur -politische Bildung Versuch einer theoretischen Zuordnung | APuZ 25/1970 | bpb.de

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APuZ 25/1970 Politischer Stil -politische Kultur -politische Bildung Versuch einer theoretischen Zuordnung Sittengesetz und Strafrechtsreform

Politischer Stil -politische Kultur -politische Bildung Versuch einer theoretischen Zuordnung

Heinrich Bußhoff

/ 21 Minuten zu lesen

I. Fragestellungen zum Begriff des politischen Stils

Ernst Martin: Sittengesetz und Strafrechtsreform ... S. 13

Der Begriff des politischen Stils gehört zu den beliebten Schlagwörtern der öffentlichen Diskussion, jedoch kennt sie nur die Alternative zwischen einem „guten" und einem „schlechten" politischen Stil. Aus diesem Grunde ist es erklärlich, daß immer dann die öffentliche Diskussion über den politischen Stil neu entfacht wird, wenn Personen und Gruppen des öffentlichen Lebens — insbesondere Politiker und politische Gruppierungen — sich in der Öffentlichkeit von den in ihr allgemein anerkannten expliziten Verhaltensregeln abweichend verhalten

Zwar wird auch zwischen einem „richtigen" und „falschen" und einem „alten" und „neuen" politischen Stil unterschieden, und mit diesen Unterscheidungen werden verschiedene Sachverhalte bezeichnet, aber prinzipiell können sie unter die bereits angeführte Unterscheidung subsumiert werden

Wenn diese Aussage richtig ist, dann stellen sich in Rücksicht auf die eingangs getroffene Feststellung, die öffentliche Diskussion unterscheide nur zwischen einem „guten" und einem „schlechten" politischen Stil, folgende Fragen: 1. Ist das von allgemein anerkannten Verhalttensregeln abweichende politische Verhalten immer eindeutig als entweder „gut" oder „schlecht" zu unterscheiden und zu bestimmen? 2. Bedeutet diese Unterteilung in „gut" und „schlecht" eine moralische Bewertung oder eine wertneutrale Unterscheidung?

Ist das den Verhaltensregeln entsprechende Verhalten nicht mehr unterscheidbar, so daß man nur von einem in der Regel anzutreffenden „stillosen" politischen Verhalten und einem davon abweichenden, jedoch entweder durch einen „guten" oder „schlechten" politischen Stil sich ausweisenden politischen Verhalten sprechen müßte?

4. Wie lauten die in der Öffentlichkeit allgemein anerkannten Verhaltensregeln, wie kommen sie zustande, wer formuliert sie?

5. Welche objektiven Kriterien gibt es, um eindeutig zwischen einem angeblich „stillosen" und einem sich durch „guten" oder „schlechten" politischen Stil ausweisenden politischen Verhalten unterscheiden zu könen? 6. Welches Maß an Verbindlichkeit kommt den Verhaltensregeln in der Öffentlichkeit zu?

Die gestellten Fragen können sicherlich noch um einige weitere ergänzt werden. Das soll hier unterbleiben. Sie sollen an dieser Stelle auch nicht beantwortet werden. Unsere Fragen sollen nur die Problematik und die Zielrichtung der weiteren Ausführungen aufzeigen.

Zunächst könnte die Vermutung auftauchen, die Fragen seien falsch gestellt. Ausgangspunkt unserer Überlegungen sei ein umgangssprachlicher Gebrauch des Begriffs politischer Stil, der von der Wissenschaft schon längst geklärt sei. Aut diese Annahme ist zu entgegnen, daß von bescheidenen Ansätzen zur Bestimmung des politischen Stils in der deutschen und auch amerikanischen Literatur 3) abgesehen, die Wissenschaft diesen Begriff zwar hin und wieder verwendet, aber ohne genügende theoretische Abklärung und im wesentlichen in der Bedeutung der Umgangssprache. Es besteht also — wie die gestellten Fragen haben erkennen lassen — die Notwendigkeit einer für den wissenschaftlichen Gebrauch geeigneten Bestimmung des Begriffs des politischen Stils. Die Bewältigung dieser Aufgabe kann an dieser Stelle nicht geleistet werden. Es soll lediglich der Versuch gmacht werden, die Richtung für die Lösung dieser Aufgabe anzugeben, und zwar im Zusammenhang mit den beiden Begriffen der politischen Kultur und der politischen Bildung.

II. Zur Bestimmung des Begriffs der politischen Kultur

Versuchen wir zunächst, den Begriff der politischen Kultur kurz zu beleuchten. Dieser Begriff ist — von gelegentlichen Aufsätzen abgesehen — in der wissenschaftlichen Literatur Deutschlands so gut wie unbekannt, hat jedoch in der amerikanischen Literatur bereits erkennbare Konturen erhalten. Eine exakte und allgemein anerkannte Bestimmung des Begriffs „political culture" fehlt auch dort. An dieser Stelle kann auch nicht der Versuch unternommen werden, diesen Mangel zu beheben. Jedoch ist beabsichtigt, in groben Zügen diesen Begriff — soweit er bestimmt ist -— kurz zu umreißen.

Man darf sagen, daß der Begriff political culture zum ersten Male im Jahre 1956 durch einen Aufsatz unter dem Titel „Comparative Political Systems" von Almond im „Journal of Politics" in die wissenschaftliche Diskussion eingeführt wurde Almonds Absicht war, einen Vorschlag zu machen, wie die Anwendbarkeit bestimmter soziologischer und anthropologischer Konzepte einen systematischen Vergleich der Haupttypen der gegenwärtig in der Welt operierenden politischen Systeme erleichtern könnte.

Wichtig für unsere späteren Überlegungen ist, daß das politische System als vergleichbare und zu vergleichende politische Einheit angesehen wird und der Vergleich nicht anders als wertneutral zu erfolgen hat. Um überhaupt eine vergleichende Betrachtungsweise zu ermöglichen, muß erst näher bestimmt werden, was vergleichbar ist bzw. was verglichen werden soll, das heißt, zunächst muß der Begriff des politischen Systems bestimmt werden.

Ein politisches System ist nach Almond ein „system of action". Das bedeutet: Das politische System muß als ein empirisch beobachtbares Verhalten betrachtet werden. Politische Institutionen und Personen sind als Rolleninhaber danach änzüsehen, was sie tun, warum sie es tun, und wie das, was sie tun, in Beziehung steht und bestimmt, was andere tun.

Das „concept of system" impliziert eine Totalität von relevanten Einheiten. Die Einheit im politischen System ist die Rolle. So kann nach Almond ein politisches System definiert werden als eine Folge von Interaktions-Rollen oder als eine Struktur von Rollen, wenn man unter Struktur ein Muster von Interaktionen versteht. Die Rollen sind voneinander abhängig in der Weise, daß eine signifikante Änderung irgendeiner Rolle Änderungen der anderen Rollen bewirkt und dadurch das System als Ganzes sich ändert.

Zu der bisherigen Bestimmung des politischen Systems kommt als entscheidender Faktor der Zwang, so daß das politische System abschließend definiert werden kann als „the patterned interaction of roles affecting decisions backed up by the threat of physical compulsion"

In welchem Zusammenhang sind nun political System und political culture zu sehen? Nach Almond ist jedes politische System eingelagert „in a particular pattem of Orientations to political action" Und diese Orientierungen gegenüber der Politik, die zu Recht als Verhaltensweisen angesehen werden können, werden als „political culture" bezeichnet. In Kurzform könnte man daher political culture als „the patterns of Orientation to politics" bestimmen

Als Ergebnis unserer kurzen Erläuterungen zum Begriff political culture bleibt festzuhalten: 1. Political culture fällt nicht mit einem gegebenen politischen System zusammen, obgleich sie nicht davon unabhängig betrachtet und bestimmt werden kann.

2. Political culture ist nicht dasselbe wie „general culture", obwohl sie damit in Beziehung steht. Wenngleich das Verhalten gegenüber der Politik Erkenntnis, Vernunft und Einsicht als auch Anpassung gegenüber „internal situations" ebenso gut wie die Regeln und Werte der allgemeinen Kultur einschließt, ist sie dennoch ein von der allgemeinen Kultur unterscheidbarer Teil und hat eine bestimmte, jedoch keineswegs unabhängige Autonomie Es ist an dieser Stelle nicht beabsichtigt, die Frage zu diskutieren, in welche Kategorien politische Orientierung und politische Kultur klassifiziert werden können bzw. sollen Viel mehr soll nun der dritte Begriff, nämlich der der politischen Bildung kurz erläutert werden.

III. Überlegungen zum Begriff der politischen Bildung

Man kann sagen, daß der Begriff der politischen Bildung ein spezifisch deutscher Begriff ist und zum Thema politische Bildung eine Unzahl von Veröffentlichungen vorliegt. Man kann weiterhin sagen, daß der Begriff der politischen Bildung durchweg als ein ideologischer oder . vielfach unkritisch als ein mit Werten befrachteter Begriff bestimmt wurde. — Giesecke hat einen verdienstvollen Versuch unternommen, dieser Betrachtungsweise zu entgehen.

Die ideologische Bestimmung des Begriffs politische Bildung zeigt sich z. B. darin, daß man die Person als politisch gebildet betrachtet, die sich entsprechend den für einen Bürger — im Unterschied zum Politiker — allgemein anerkannten Regeln des Verhaltens gegenüber der Politik zu verhalten weiß. Derjenige aber, der sich nicht so verhält, gilt als politisch ungebildet bzw. politisch unreif. Jedoch ist es noch keineswegs ausgemacht, daß diese allgemein anerkannten Verhaltensregeln jeweils von politischer Einsicht und Vernunft getragen sind. Sie können beispielsweise zu leeren Formen erstarrt oder duch die soziale und politische Entwicklung schon lange überholt seien, aber dennoch gedankenlos oder mit Absicht weiter durchexerziert und so für eine sich der sozialen und politischen Situation bewußt gewordenen Minderheit zum bedrückenden Zwang und für den Bestand eines politischen Systems insgesamt auf längere Sicht gerade in der sich heute rasch wandelnden Welt zu einer ernsten Gefahr werden. Daher kann ein nicht den allgemein anerkannten Verhaltensregeln entsprechendes Verhalten durchaus von politischer Einsicht und Vernunft zeugen und im Extremfall den Wertkodex für politisches Verhalten umkehren, selbst wenn die Mehrheit diese Umkehrung nicht akzeptiert.

Es ist also erforderlich, den Begriff der politischen Bildung von seiner ideologischen Fracht zu befreien. Es ist z. B. — so befremdlich das für manche auch klingen mag — heute bereits als eine ideologische Verzerrung zu bezeichnen, wenn als Ziel der politischen Bildung der Bürger in Demokratien der oberste Grundsatz aufgestellt wird: Die politische Bildung muß eine demokratische Bildung auf der Basis unveränderbarer Grundsätze zum Ziel haben. — Diejenigen, die diese Forderung in der Annahme stellen, besonders fortschrittlich zu sein, laufen bereits hinter den Erfordernissen der politischen Wirklichkeit her.

Diese Aussage will besagen, daß Demokratie und weitergehende Demokratisierung inzwischen zum unentrinnbaren Schicksal geworden sind, wenn eine freiheitliche und des Fortschritts fähige menschenwürdige politische Grundordnung auf die Dauer Bestand haben soll, und daß daher die demokratische Bildung aller Bürger eine notwendige und unverzichtbare Vorbedingung dafür ist. Diese demokratische Bildung muß jeder sozusagen von zu Hause aus mitbringen bzw. sie sollte Bestandteil der allgemeinen Bildung sein. Das heißt jedoch nicht, demokratische Bildung bzw. allgemeine Bildung sei somit auf jeden Fall als ein unpolitischer Faktor anzusehen.

Politische Bildung kann gerade in demokratischen Systemen heute nur bedeuten: das richtige Agieren und Reagieren in Rücksicht auf die jeweils gegebene soziale und politische Wirklichkeit. Dieses Agieren und Reagieren muß auch bestimmt sein von der historischen Entwicklung, der gesellschaftlichen Struktur, der ökonomischen Verfassung, dem Parteiensystem (ob ein Zwei-Parteien-, Mehr-Parteien-oder Viel-Parteien-System existiert, ob diese Parteien in der Tat politische Alternativen darstellen, ob sogenannte Flügelparteien auftreten, welche Färbung und welchen Einfluß sie haben usw.). Des weiteren ist politisches Handeln abhängig vom Wahlsystem (ob relatives oder absolutes Mehrheitswahlrecht, ob Verhältniswahlrecht oder Mischformen gültig sind, ob in bestimmten Fällen Plebiszite vorgesehen sind oder nicht, vom Wahl-verhalten der Bürger usw.), von der Struktur und der Funktion von Interessenverbänden, von der verfassungsrechtlichen Stellung des Staatsoberhauptes, des Regierungschefs und des Parlamentes, von der Struktur des Staates (ob der Staat ein Zentral-oder Bundesstaat ist), von der Bürokratie und Rechtsprechung, von der Art, in der die politisch verantwortlichen Personen ihre Aufgabe erfüllen, und anderen Faktoren mehr.

Man braucht nur die wichtigsten westlichen Demokratien zu betrachten, um zu erkennen, daß in keinem der aufgezählten Faktoren völlige Übereinstimmung — nicht einmal in zwei demokratischen Systemen —, was historische Entwicklung, Struktur, Funktion und Effektivität anlangt, besteht. Ebenso ist feststellbar, daß der in den verschiedenen demokratischen Systemen anzutreffende Stand und die Wirksamkeit der politischen Bildung sich erheblich unterscheiden. Dieser Unterschied ist in entsprechender Weise auch für die Formulierung der Zielvorstellungen von politischer Bildung zu erkennen.

Wenn nun trotz dieser Unterschiede von Gemeinsamkeiten gesprochen werden kann und muß, dann läßt sich sagen, daß diese Gemeinsamkeiten den einzelnen demokratischen Systemen vorangehen. In Rücksicht auf das Verhalten der Bürger kann dann von demokratischer Bildung — was die gemeinsamen Voraussetzungen anlangt — gesprochen werden, die eben nicht — wie bereits erwähnt — dem engeren Bereich des politischen Systems zuzurechnen ist und auch nicht schon als politische Bildung zu betrachten ist, sondern dem Bereich der allgemeinen Bildung angehört. Das bedeutet: Politische Bildung ist — und das gilt als eine Zentralaussage — an das jeweils existierende politische System gebunden. Wie das politische System sich in einem ständigen Prozeß befindet und sich ändert bzw. weiterentwickelt, so ist auch das, was man politische Bildung nennt, dem Inhalt nach diesem Prozeß unterworfen. Daher müssen die Grundsätze politischer Bildung immer wieder in Frage gestellt und im Hinblick auf die jeweils gegebene politische Wirklichkeit auf ihre Gültigkeit überprüft werden. Sie sind daher immer nur von geringer zeitlicher Reichweite. Um nur zwei Beispiele zu nennen: Es ist dringend erforderlich, die weit verbreitete Auffassung zu korrigieren, daß der einmalige oder wiederholte Parteiwechsel eines Politikers auf jeden Fall ein politisches oder gar moralisches Vergehen sei, oder daß man als Angehöriger einer bestimmten sozialen Schicht nur eine bestimmte Partei wählen könne oder dürfe. Politische Vernunft kann den Parteiwechsel und die Stimmabgabe für eine andere Partei erfordern. Die Gründe hierfür ergeben sich jeweils aus der gegebenen Gesamtsituation der politischen Wirklichkeit.

Die beiden angeführten Beispiele dürften andeutungsweise gezeigt haben, daß ein nach demokratischen Grundsätzen zu akzeptierendes politisches Verhalten keineswegs notwendig auch ein politisch kluges und einsichtiges Verhalten sein muß. Das gilt sowohl im Hinblick auf das Verhalten des Politikers als auch das des Bürgers.

Die Folgerung aus der angeführten Überlegung ist die: Politische Bildung ist nur dann gültig zu bestimmen und einzuordnen, wenn sie auf die jeweils anzutreffende politische Wirklichkeit bezogen wird. Das bedeutet jedoch noch keineswegs, diese politische Wirklichkeit sei Maßstab für die Formulierung der Grundsätze der politischen Bildung, sondern nur, daß die Wirklichkeit als entscheidender Faktor berücksichtigt werden muß.

Entsprechend den Ausführungen zur politischen Kultur bleibt als Ergebnis unserer Überlegungen zur politischen Bildung festzuhalten: 1. Die Grundsätze zur politischen Bildung sind nur im Zusammenhang mit der jeweils anzutreffenden politischen Wirklichkeit zu bestimmen, jedoch nicht ausschließlich.

2. Politische Bildung ist nicht dasselbe wie demokratische Bildung, die ein Teil der allgemeinen Bildung ist, obwohl sie mit ihr in Beziehung steht. Wenngleich die politische Bildung Einsicht, Klugheit und Vernunft voraussetzt und die Werte der allgemeinen Bildung, also auch die der demokratischen Bildung, einschließt, ist sie dennoch ein von der allgemeinen Bildung zu unterscheidender Bereich mit einer relativen Autonomie.

IV. Weitere Ausführungen zum Begriff des politischen Stils

Nach der kurzen Erläuterung der beiden Begriffe der politischen Kultur und der politischen Bildung, deren jeweils abschließende Zusammenfassung anzeigt, daß zwischen diesen beiden Begriffen ein enger Zusammenhang besteht, soll nun die eingangs gestellte Frage nach dem Begriff des politischen Stils wieder ausgenommen werden, um ebenfalls zu einer ersten und nur vorläufigen Bestimmung zu gelangen, die allerdings Ausgangspunkt einer weiteren Diskussion zu einer exakten Definition des Begriffs des politischen Stils sein kann.

Es wurde bereits festgestellt, daß durchweg nur die Klassifikation eines „guten" und „schlechten" politischen Stils bekannt ist und diese als eine wertende Unterscheidung angesehen wird. Diese Auffassung vom politischen Stil wurde als für den wissenschaftlichen Gebrauch völlig unzureichend abgelehnt. Die auf S. 3 gestellten Fragen sollten dies deutlich werden lassen und die Richtung, in der die Antwort gesucht werden muß, anzeigen.

Die beiden Grundbedingungen, die für die Definition des politischen Stils gestellt werden müssen, sind daher erstens Wertneutralität und zweitens eine differenziertere Klassifikation als die zwischen „gut" und „schlecht" zu ermöglichen — vorausgesetzt, „gut" und „schlecht" würden wertneutral verstanden.

In der Umgangssprache ist durchaus eine weitgehend differenzierte Klassifikation und zum Teil auch wertneutrale Bestimmung des — bezeichnen wir ihn einmal so — bürgerlich-privaten Lebensstils anzutreffen Die Bestimmung des bürgerlich-privaten Lebensstils und seine Klassifikation in der Umgangssprache soll hier nicht weiter diskutiert werden und sie wird auch nicht als besonders geeignet angesehen, zur Begriffsbestimmung des politischen Stils beizutragen. Jedoch soll bereits festgestellt werden, daß zwischen dem bürgerlich-privaten Lebensstil und dem politischen Stil ein Zusammenhang besteht; allein schon deswegen, weil jeder Politiker einem bürgerlich-privaten Bereich verhaftet ist und in diesem Bereich einen besonderen Lebensstil entwickelt, der auch seinen politischen Stil mitbestimmt. Das Verhalten des Politikers in der Öffentlichkeit unterliegt andererseits bestimmten Regeln. Die Regeln des öffentlichen Verhaltens sind durch die verschiedenen Faktoren des politischen Systems bestimmt. Sie im einzelnen aufzuzählen, muß hier unterbleiben. Diese Regeln geben jedoch jedem Politiker die Möglichkeit — in dem einen System mehr, in dem anderen weniger —, sie im Rahmen eines bestimmten Variationsbereiches nach eigenen Vorstellungen und Einstellungen, den im bürgerlich-privaten Bereich entsprechend, zu modifizieren. Diese Modifikation der Regeln des öffentlichen Verhaltens im Rahmen eines bestimmten Variationsbereiches könnte man als politischen Stil bezeichnen. Mit anderen Worten könnte man den politischen Stil auch als die spezifische Orientierung des Politikers gegenüber der Politik auffassen.

Es wäre nun falsch, davon zu sprechen, daß es theoretisch so viele politische Stile geben müßte wie Politiker bzw. Personen des öffentlichen Lebens anzutreffen wären. In letzter Konsequenz müßte es dann theoretisch unendlich viele Modifikationsmöglichkeiten geben. Das kann schon deswegen nicht zutreffen, weil — wie bereits festgestellt wurde — der Politiker dem Zwang der Regeln des öffentlichen Verhaltens unterliegt und daher ihm nur ein relativ enger Variationsbereich zur Verfügung steht. Nur wenn er sich in seinem öffentlichen Verhalten innerhalb dieser Grenzen bewegt, kann er im politischen Leben eine Rolle spielen. Im bürgerlich-privaten Bereich sind ihm ganz andere Grenzen gesetzt.

Abschließend kann — entsprechend wie bei den Ausführungen zur politischen Kultur und politischen Bildung — festgehalten werden:

1. Politischer Stil meint nicht eine moralische Bewertung; er ist nur im Rahmen einer Betrachtung des jeweils bestehenden politischen Systems gültig zu bestimmen, wenngleich der politische Stil durchaus den Rahmen des politischen Systems übersteigt. 2. Das sich durch einen politischen Stil auszeichnende öffentliche Verhalten ist keineswegs identisch mit dem sich durch einen bestimmten bürgerlich-privaten Lebensstil auszeichnenden bürgerlich-privaten Verhalten, obgleich ein Zusammenhang besteht. Wenngleich dieser Zusammenhang zwischen dem politischen Stil und dem bürgerlich-privaten Lebensstil besteht, so stellt der politische Stil dennoch eine eigene Größe mit eigener Bedeutung, Struktur und relativer Autonomie dar.

V. Versuch einer zusammenfassenden Zuordnung

Wenn wir nun die Erläuterungen zum politischen Stil, zur politischen Kultur und zur politischen Bildung im Überblick betrachten, so läßt sich zunächst folgendes zusammentassen: 1. Politischer Stil, politische Kultur und politische Bildung sind durch das jeweils existierende politische System bestimmt, und sie prägen umgekehrt das politische System.

2. Politischer Stil, politische Kultur und politische Bildung übersteigen dennoch die Grenzen des jeweils existieienden politischen Systems, und zwar politischer Stil in Richtung des bürgerlich-privaten Lebensstils, politische Kultur in Richtung der allgemeinen Kultur und politische Bildung in Richtung der allgemeinen Bildung bzw. auch umgekehrt.

3. Daher kann gesagt werden, daß politischer Stil, politische Kultur und politische Bildung einen Bereich darstellen, in dem sich die Bedingungen und Veränderungen des jeweils anzutreffenden politischen Systems auswirken. Das trifft jedoch auch auf außerpolitische, das heißt nicht unbedingt vom bestehenden politischen System abgeleitete bzw. zu ihm gehörende Faktoren zu, so daß dieser Bereich in Rücksicht auf die auf ihn einwirkenden und auswirkenden Faktoren einen eigenartigen Zwischenbereich menschlichen Verhaltens darstellt mit eigenem Schwergewicht, eigener Struktur und „Gesetzmäßigkeit". Es wäre nun falsch, diesen Bereich menschlichen Verhaltens als einen unpolitischen oder nichtpolitischen Bereich anzusehen. Er ist politischer Natur, schon deswegen, weil es sich um öffentliches Verhalten handelt.

Mit der Feststellung, daß politischer Stil, politischer Kultur und politische Bildung einen bestimmten Bereich menschlichen Verhaltens bezeichnen, ist eine weitere Gemeinsamkeit angesprochen. Diese Gemeinsamkeit schlüsselt sich auf in: 1. das öffentliche Verhalten von Politikern oder Personen des öffentlichen Lebens im Rahmen eines gegebenen politischen Systems (politischer Stil); 2. das öffentliche Verhalten der „politischen Gesellschaft" eines politischen Systems gegenüber der Politik (politische Kultur);

3. das öffentlich bedeutsame Verhalten des einzelnen Bürgers gegenüber der jeweils antreffbaren politischen Wirklichkeit (politische Bildung).

Man könnte nun geneigt sein, den Begriff der politischen Kultur als den Zentral-oder umfassendsten Begriff und damit politischer Stil und politische Bildung als Komponenten oder Teilbereiche der politischen Kultur aufzufassen; nämlich einmal den Teilbereich des öffentlichen Verhaltens des Politikers, zum anderen als den Teilbereich des öffentlichen Verhaltens des Bürgers gegenüber der politischen Wirklichkeit. Diese Aussage bedeutet erstens, daß der Begriff der politischen Kultur als ein Oberbegriff zum politischen Stil und zur politischen Bildung anzusehen ist und zweitens, daß die „politische Gesellschaft" als Träger der politischen Kultur einerseits aus den Politikern und andererseits aus den politisch gebildeten Bürgern besteht.

Wenn wir nun entsprechend der Bestimmung des politischen Systems als eines „Systems of actions" politische Institutionen und Personen als politische Rolleninhaber danach betrachten, was sie tun, warum sie es tun und wie das, was sie tun, in Beziehung zueinander steht, dann ergeben sich aus dieser Bestimmung bedeutsame Konsequenzen. Eine dieser Konsequenzen ist zum Beispiel die, daß für den Erfolg bzw. das Versagen der politischen Bildungsarbeit zum geringsten Teil die Lehrkräfte in den Schulen verantwortlich zu machen sind — sie können nur vorbereitend bzw. unterstützend wirken —, sondern in erster Linie die verantwortlichen Politiker auf Grund ihres politischen Verhaltens.

VI. Einige praktische Schlußfolgerungen

Es wird also ein direkter Zusammenhang zwischen dem öffentlichen Verhalten der verantwortlichen Politiker und der politischen Bildung angenommen. Dieser Zusammenhang besagt entsprechend der Bestimmung des politischen Systems, daß eine signifikante Änderung einer politischen Rolle eine Änderung der anderen Rollien und damit eine Änderung des Systems als Ganzes bewirkt. Des weiteren, daß eine Änderung des öffentlichen Verhaltens der verantwortlichen Politiker eine Änderung der politischen Bildung bewirkt und umgekehrt und damit eine Änderung der politischen Kultur. Welche Abhängigkeiten im einzelnen bestehen und welche Veränderungen im einzelnen stattfinden, muß untersucht werden. Bezeichnenderweise gibt es darüber so gut wie keine wissenschaftlichen Arbeiten.

Wer also den gegebenen politischen Stil in einem gegebenen politischen System analysieren will, muß gleichzeitig die dort anzutreffende politische Bildung berücksichtigen und umgekehrt, das heißt, er muß die gegebene politische Kultur untersuchen. Und wer Regeln des öffentlichen Verhaltens für die verantwortlichen Politiker aufstellen will, muß diesen Regeln entsprechende für die politische Bildung fordern. Dieser Satz gilt ebenfalls umgekehrt. Wie diese Regeln dann im einzelnen bestimmt sein müssen, ist eine Frage, auf die hier nicht näher eingegangen werden kann.

Wenn man bedenkt, daß die politische Kultur einerseits einen Bereich mit eigener Struktur und eigenen „Gesetzmäßigkeiten" darstellt, der in sich selbst nur eine latente Stabilität entwickeln kann, aber andererseits sowohl durch das gegebene politische System und seinen Veränderungen als auch durch die allgemeine Kultur und ihren Veränderungen bestimmt ist, dann kann man zumindest umrißhaft erkennen, wie rasch und wie oft der Bereich der politischen Kultur Veränderungen unterworfen ist und wie bedeutsam diese Veränderungen sind. Das gilt sowohl für das politische System als auch für die allgemeine Kultur. Jedoch werden diese Veränderungen im allgemeinen viel zu spät erkannt oder aus ideologischen Gründen bewußt verschleiert.

Aus diesem Grunde ist eine immer wieder neu ansetzende Analyse und Kritik der politischen Kultur kein überflüssiges oder gar — wie viele vorgeben — schädliches und zersetzendes Bemühen, sondern eine ständige Notwendigkeit. Nur dadurch werden die Vorbedingungen geschaffen für eine den jeweiligen kulturellen und politischen Gegebenheiten angemessene Zuordnung zwischen politischer Wirklichkeit und allgemeiner Kultur, und zwar zu beider-seitigem Vorteil, zur Sicherung des kulturellen und politischen Fortschritts. Ist diese Zuordnung auf längere Sicht nicht gegeben — wie für die Vergangenheit so oft feststellbar —, dann kann man heute mit Sicherheit sagen, daß sich Konflikte entwickeln werden, die nicht mehr auf dem Wege der Übereinkunft und des Einverständnisses zumindest des größten Teils der Bevölkerung und erst recht nicht unter Mitwirkung der sich der kulturellen und politischen Situation bewußt gewordenen Minderheit rational zu lösen sein werden.

Die Analyse dessen, was als der Bereich der politischen Kultur bezeichnet wurde, hat — entsprechend den bisherigen Ausführungen — in doppelter Weise zu erfolgen. Einmal in der Untersuchung des Binnenverhältnisses (politischer Stil — politische Bildung), zum andern in der Untersuchung des Außenverhältnisses, und zwar in Rücksicht auf das politische System auf der einen und die allgemeine Kultur auf der anderen Seite. Wenn z. B.der Teilbereich der politischen Kultur, die politische Bildung, untersucht werden soll, dann gilt ebenfalls die Forderung nach Analyse des Binnen-und Außenverhältnisses der politischen Kultur. Diese Forderung gilt auch dann, wenn man Grundsätze für die politische Bildungsarbeit als Zielvorstellungen formulieren will.

Man kann also durchaus die bisherigen Ausführungen als einen Versuch werten, einen Beitrag zur Theorie der politischen Bildung zu leisten, als einen Versuch, der zumindest den Ausgangspunkt für den Entwurf einer solchen Theorie aufzeigen möchte. Sie sind ein Versuch, dem Begriff der politischen Bildung seine unklare theoretische Ortsbestimmung zu nehmen und ihm im Rahmen einer Begriffsgruppe einen klar bezeichneten Platz zu geben. Gleiches gilt für die Begriffe des politischen Stils und der politischen Kultur.

Die bisherigen Erläuterungen zum politischen Stil besagen, daß mit diesem Begriff ein Bereich gemeint ist, der im Grunde sich aufteilt in eine bestimmte Anzahl von politischen Stilen. Untersuchungen zum politischen Stil müssen daher nach der Bestimmung des Bereichs des politischen Stils zunächst Kriterien entwickeln, um die einzelnen politischen Stile unterscheiden und Kategorien, um diese politischen Stile bezeichnen zu können. Auf Grund des aufgezeigten Zusammenhanges zwischen politischem Stil und politischer Bildung gilt entsprechend für den Bereich der politischen Bildung, daß ebenfalls eine bestimmte Anzahl von Verhaltensweisen der Bürger gegenüber der jeweils antreffbaren politischen Wirklichkeit zu unterscheiden sind und daß für diese Unterscheidung Kriterien und für ihre Bezeichnung Kategorien zu entwickeln sind.

Diese Untersuchung ist die Vorbedingung für die Formulierung von Richtlinien als Zielvorstellungen der politischen Bildung, das heißt, nur wenn diese Untersuchung geleistet worden ist, ist ein der jeweils gegebenen politischen Wirklichkeit gegenüber einigermaßen angemessenes Agieren und Reagieren möglich.

Da nun die Bürger bzw. die heranwachsenden Bürger auf Grund ihrer sozialen Herkunft, ihrer Anlagen und ihres Bildungsstandes unterschiedliche Wertungen und Verhaltensweisen mitbringen, verhalten sie sich auch der politischen Wirklichkeit gegenüber unterschiedlich. Es ist also nicht möglich, für alle verbindliche und angemessene Grundsätze des Verhaltens gegenüber der politischen Wirklichkeit festzulegen. Neben der Analyse der anzutreffenden politischen Wirklichkeit ist daher eine Untersuchung der sozialen Herkunft, der Anlagen und des Bildungsstandes in Rücksicht auf die bereits vorhandenen Verhaltensweisen des politisch zu Bildenden erforderlich, um für jeweils eine bestimmte Gruppe mit annähernd gleichen Verhaltensweisen die angemessenen Richtlinien bestimmen zu können, deren Beachtung durch diese Gruppe ein gegenüber der politischen Wirklichkeit angemessenes Agieren und Reagieren zumindest erwarten lassen. Es ist z. B. durchweg anzunehmen, daß das Mitglied einer Arbeiterfamilie andere Verhaltensweisen besitzt als ein Mitglied einer Unternehmerfamilie und sich diese Personen daher auch zunächst unterschiedlich gegenüber der politischen Wirklichkeit verhalten. Um aber von möglichst vielen Personen ein gegenüber der politischen Wirklichkeit angemessenes Verhalten zu erreichen, ist es erforderlich — so befremdlich das für manche auch klingen mag — unter Berücksichtigung der gegebenen Unterschiede auch entsprechend unterschiedliche Richtlinien der politischen Bildungsarbeit zu entwickeln. Politische Bildung kann auf Grund der Gegebenheiten keineswegs ein uniformes Verhalten anstreben, sondern nur eine Korrektur bereits vorhandener Verhaltensweisen. Diese Bemühungen zur Korrektur dürfen wiederum in Rücksicht auf die Gruppen mit annähernd gleichen Verhaltensweisen nicht in der Absicht erfolgen, ein konformes Verhalten zu erreichen, sondern sie sollen jedem Bürger bzw. heranwachsenden Bürger die Möglichkeit geB ben, sozusagen einen eigenen Stil eines gegenüber der politischen Wirklichkeit angemessenen Verhaltens zu entwickeln.

Für den schulischen Bereich bedeutet das nicht, für jede Gruppe mit annähernd gleichen Verhaltensweisen jeweils einen eigenen Schultyp einzurichten, sondern das Gegenteil: Das Ziel, für möglichst alle ein jeweils der Wirklichkeit angemessenes Agieren und Reagieren zu erreichen, kann am sichersten über einen Lernprozeß im Rahmen einer differenzierten Gesamtschule angesteuert werden. Aus dieser Sicht ist die Errichtung von Gesamtschulen primär kein pädagogisches, sondern ein politisches, ein gesellschaftspolitisches Problem.

Die Beachtung der hier vorgetragenen Grundsätze zur politischen Bildung stellt an den politischen Bildner hohe Anforderungen, sowohl was die wissenschaftliche Qualifikation als auch das pädagogische Geschick anlangt. Jedoch sind die Bemühungen der politischen Bildung in letzter Konsequenz zur Wirkungslosigkeit verurteilt, wenn die verantwortlichen Politiker in ihrem öffentlichen Wirken nicht ein entsprechendes politisches Verhalten an den Tag legen.

Auf den Einwand, die bisherigen Ausführungen zum politischen Stil und zur politischen Bildung hätten die Annahme zur Voraussetzung, daß das bestehende politische System seiner Grundstruktur und seinen Grundwerten nach akzeptiert würde, ist zu entgegnen, daß diese Ausführungen auch dann gelten, wenn das bestehende politische System abgelehnt wird, da ein aus dieser Ablehnung resultierendes Verhalten immer auch die Analyse des bestehenden politischen Systems, der politischen und allgemeinen Kultur zur Voraussetzung hat, will dieses Verhalten überhaupt politischen Erfolg in Richtung auf Aufhebung des bestehenden politischen Systems erreichen. Das gilt sowohl für das Verhalten des Politikers als auch das des Bürgers.

Die Analyse der jeweils anzutreffenden politischen Kultur ist also in jedem Falle sowohl Voraussetzung für die Bestimmung des jeweils anzutreffenden Bereichs des politischen Stils und der politischen Bildung als auch die Voraussetzung der Aufstellung von Richtlinien als Zielvorstellungen für jeweils angemessenes Verhalten der Politiker und Bürger. Die geforderte Analyse des Bereichs der politischen Kultur ist nicht nur eine Forderung an die Politikwissenschaft, will sie ein gegebenes politisches System analysieren und gültig einordnen, sondern auch eine Forderung an das wissenschaftliche Bemühen zur Grundlegung einer Theorie der politischen Bildung, ebenso an das praktische Bemühen der politischen Bildungsarbeit. Die Verwirklichung dieser Forderung setzt noch eine umfangreiche theoretische Arbeit voraus.

Die bisherigen Ausführungen verstehen sich — wie im Untertitel angedeutet — nur als einen Versuch, hinsichtlich der grundsätzlichen Fragestellung zum Bereich der politischen Kultur einen bescheidenen Beitrag zu leisten. Es müßte z. B. überprüft werden, ob die dargelegten Ausführungen klare und eindeutige Definitionen erlauben; ob diese Definitionen Klassifikationen ermöglichen, die die der Wirklichkeit entsprechenden Differenzierungen auch begrifflich erfassen. Damit zusammenhängend müßte nicht nur die Frage nach dem Entwurf einer Theorie der politischen Kultur erfolgen, sondern auch deren empirische Anwendbarkeit und Überprüfbarkeit. Aber das sind alles Fragen, die hier im einzelnen nicht mehr gestellt und erst recht nicht beantwortet werden können.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Zu untersuchen wäre die Frage, ob abweichendes Verhalten sich dysfunktional auswirkt oder ob es — wie wiederholt behauptet wird — als pathologisches Verhalten zu bezeichnen wäre, also ein durch einen politischen Stil sich ausweisendes politisches Verhalten notwendig systemwidrig sei. Man könnte weiter fragen, ob politischer Stil ein institutionelles oder subinstitutionelles Verhalten bezeichnet. Auf diese Fragen kann hier nicht näher eingegangen werden. Ich darf auf eine von mir im Stadium der Vorbereitung befindliche Arbeit zum politischen Stil hinweisen. In ihr werden diese Fragen ausführlich diskutiert.

  2. Für eine nähere Orientierung kann ich wiederum an dieser Stelle nur auf meine in Vorbereitung befindliche Arbeit hinweisen.

  3. Arnold Bergstraesser, Zum Begriff des politischen Stils, in: Faktoren der politischen Entscheidung. Festgabe für Ernst Fraenkel zum 65. Geburts-

  4. Inzwischen liegen eine Reihe von Untersuchungen vor, die den comparative studies zuzurechnen sind und die das „concept of political culture" als eine wichtige Variable übernommen haben. Ein erster zusammenfassender Überblick wird von mir vorbereitet.

  5. Almond, a. a. O., S. 395. Als erste Einführung zur Systemtheorie vgl. Wolf-Dieter Narr und Frieder Naschold, Einführung in die moderne politische Theorie, 2 Bde., Stuttgart 1969.

  6. Almond, a. a. O., S. 396.

  7. Diese Definition ist zwar in den nachfolgenden Arbeiten modifiziert worden, an Klarheit wurde dadurch aber wenig gewonnen.

  8. Zur Vermeidung möglicher Mißverständnisse sei darauf hingewiesen, daß der in diesem Beitrag gebrauchte Begriff der Autonomie als ein analytischer Begriff zu verstehen ist.

  9. Sie wird in meinem angekündigten Beitrag zum Concept of political culture behandelt.

  10. Diese Unterscheidung dient ebenfalls nur analytischen Zwecken.

  11. Darauf hat bereits Hennis hingewiesen. Eine Klassifikation des politischen Stils entsprechend der des bürgerlich-privaten Lebensstils lehnt Hennis ebenfalls ab. Wenn Hennis für die Stilanalyse im Bereich der Politik einerseits fordert, sie müsse bewertend und normativ vorgehen, was allerdings eine charakterisierende Stilanalyse zur Voraussetzung habe, aber andererseits eingesteht, daß diese Forderung bis heute noch nicht erfüllt wurde, dann muß festgestellt werden, daß bis heute eine politische Stilanalyse — obwohl viel darüber geredet wird — noch gar nicht möglich ist.

Weitere Inhalte

Heinrich Bußhoff, Dr. phil., Priv. -Doz. für Politikwissenschaft an der Pädagogischen Hochschule Westfalen-Lippe, Abteilung Münster. Veröffentlichungen: Neben einer Reihe von Aufsatzbeiträgen in den einschlägigen Fachzeitschriften liegen vor: Politikwissenschaft und Pädagogik. Studien über den Zusammenhang von Politik und Pädagogik (Beiträge zur Politischen Wissenschaft, Bd 4). Berlin 1968; Das Dollfuß-Regime in Österreich in geistes-geschichtlicher Perspektive unter besonderer Berücksichtigung der Reichspost’ und schöneren Zukunft'(Beiträge zur Politischen Wissenschaft Bd 6). Berlin 1968; Zu einer Theorie der politischen Identität (Drucklegung wird vorbereitet).