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Neofaschismus in Italien | APuZ 49/1974 | bpb.de

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APuZ 49/1974 Alle Macht den Soldaten. Neue Ordnung in Chile Neofaschismus in Italien

Neofaschismus in Italien

Petra Rosenbaum

/ 85 Minuten zu lesen

Der italienische Faschismus war 1919 als eine extrem nationalistische politische Bewegung von dem ehemaligen Sozialisten Benito Mussolini gegründet worden und hatte nach dem verlorenen Krieg eine Massenbasis unter seiner Führung gewonnen. Erfolgreich im Kampf gegen die organisierte Linke wie in der Usurpierung der Macht baute der Duce mit der Hilfe seiner faschistischen Squadren und mit der Unterstützung des liberalen Systems einen faschistischen Staat auf, der nach außen hin eine Monarchie war, im Innern jedoch durch die Herrschaft einer faschistischen Partei regiert wurde. Das Regime Mussolinis, mehr autoritärer überbau zu den herrschenden Verhältnissen der Vorkriegszeit denn Terror Hitlerscher Prägung, dauerte von der erzwungenen, doch legalen Machtübernahme nach dem Marsch der faschistischen Schwarzhemden auf Rom im Oktober 1922 bis 1943, als nach zahlreichen militärischen Niederlagen Italiens der faschistische Diktator von seinem eigenen Großrat gestürzt wurde

Eine Aussage über Physiognomie und Charakter neofaschistischer Umtriebe in Italien hätte vor dem Jahr 1969 mit Sicherheit so gelautet: In Italien existiert der Neofaschismus seit der Gründung der neuen Republik in unterschiedlichen organisatorischen Formen. Bis heute bestehen Gruppen von ehemaligen Frontkämpfern fort wie die UNCRSI (Unione Nazionale di Combattenti della RSI) und einige Konkurrenzgründungen dazu. Eine ebenso alte Gruppe mit ausgesprochen squadristischen Zielen und Aktionen waren die „Squadre d‘Azione Mussolini" (SAM), zahlreiche nationalistische „Revolutionsrigen" (Lega di Rivoluzionari) oder Nachbildungen der spanischen Falange („Falange Tricolore") neben Irredentistenvereinigungen („Italia Irredenta"), über deren Zahl und Mitgliederschaft wenig bekannt ist

Untereinander waren sie oft zerstritten, doch herrschte Einigkeit über die Zielrichtung des politischen Kampfes und über den Einsatz gewaltsamer Mittel wie Attentate, Bomben und Überfälle, die oft in betonter Anlehnung an die Muster des historischen faschistischen Squadrismus der frühen zwanziger Jahre durchgeführt wurden. Die Kampfansage galt dem demokratischen Staat und den politischen Parteien, die Programme der Gruppen oder die programmatischen Schlagwortkataloge der Squadren beriefen sich auf faschistische Staats-und Herrschaftsmodelle der Vergangenheit, waren radikal antikommunistisch und antiparlamentarisch, bisweilen sogar antisemitisch )Im Gegensatz zu solchen radikalen Verbindungen, nicht jedoch ohne Kontakt oder personelle Verflechtungen zu ihnen, etablierte sich bereits 1946 eine ebenso extrem nationalistische wie antikommunistische und antidemokratische politische Partei, das „Movimento Sociale Italiano" (MSI). Ihre Führung besteht noch heute aus Restfaschisten der Vergangenheit, sie vertritt die Interessen der Klein-und Mittelindustrie und der faschistischen „Ex-Combattenti“ aus der Kollaborationszeit mit den Nazis 1943— 1945, die in Italien nicht pensionsberechtigt sind. Nach außen hin spielte sie die Rolle einer zahlenmäßig kleinen konservativen Oppositionspartei, stellte sich bei Wahlen als solche mit einem kleinen Bestand von Monarchisten rechts von der katholischen Massenpartei Democrazia Cristiana auf und errang in diesen schmalen Arealen von 1948 bis 1968 ziemlich konstant vier bis fünf Prozent der italienischen Wählerstimmen

Die Sozialbewegung MSI bot programmatisch ein national-faschistisches Sammelsurium aus Revisionismus und Korporativismus, sprach vom Mittelmeer als Italiens Lebensraum, von der Rückkehr an die „Arbeit in den afrikanisehen Kolonien“, vom Korporationsstaat als gültigem Organisationsmodell, von Partizipationsgedanken syndikalistischer Provenienz und längst dahingegangenen moralischen Wertvorstellungen des faschistischen Ehrenkodex Aber nicht wegen dieses unrealistischen Programms blieb die Wählerschaft konstant, sondern weil der latente faschistische Bodensatz in der neuen Republik im MSI die geeignete Vertretung für Exfaschisten und antidemokratische Reaktion sah.

Zwischen der erstgenannten Gruppe faschistischer Aktionisten, deren Nomenklatur schwer zu fassen ist, weil sie sich in ständiger Neu-und Umformung befinden, und dem MSI bestehen Gemeinsamkeiten und Unterschiede. Gemeinsam ist beiden die Vorstellungswelt faschistischer Herkunft, die apologetische Sprache historischer Perspektiven, die Exkulpierung faschistischer Verbrechen, ein rigoroses Feindbild, welches Liberalismus, Kommunismus, Sozialismus und Parlamentarismus als Ausdrucksformen politischer Dekadenz bekämpft und Minderheiten gleich welcher Art aus dem Humanen hinausdefiniert Die politischen und sozialen Wertskalen der neofastilistischen Radikalengruppen und in der MSI. Propaganda sind bei aller Heterogenität identisch: Paretos Elitetheorien, Sorelscher Syndikalismus, Corradinis Nationalismus und Spenglerscher Kulturpessimismus amalgamieren zu einem Ideologienkonglomerat von großer Breite

Die Unterschiede beider Erscheinungen des Neofaschismus zeigen sich äußerlich in der Organisationsform, die bei den Gruppen unter dem Schutz rasch wechselnder Namen die Verherrlichung faschistisch-aktionistischer Gewaltanwendung zuläßt. Die öffentliche Artikulierung eines solchen Selbstverständnisses ist dem MSI als Partei durch Gesetz untersagt, obwohl ein Teil der politischen Führung sich dazu bekennt. Sind sich Gruppen und Partei über die Notwendigkeit des politischen Umsturzes einig, so schien sich doch bis 1969 Strategie und Planung des MSI mehr im Fahrwasser rechtskonservativer Prägung zu bewegen, weil die Entwicklung Italiens die Hoffnung erweckte, durch eine Konzentration in einer breiten Rechtsfront das Land autoritär umzugestalten

Allerdings bestand das MSI nicht einheitlich aus Altfaschisten, die sich in den fünfziger Jahren um Beteiligung an Rechtskoalitionen bemühten. Während sich die Parteioberen mehr und mehr im System etablierten, blieben die Jugendorganisationen des MSI dem revolutionären Faschismus treu und lehnten alle Anpassungserscheinungen in der Spitze ab. Das MSI hat als einzige der italienischen Parteien in den Statuten das Eintrittsalter auf 14 Jahre gesenkt, daher umfassen die nach strengem undemokratischen Führerprinzip geordneten Parteisektionen „Giovane Italia“ (1970 aufgelöst), „Fronte della Gioventu“ und zahlreiche Verbindungen von „Freiwilligen“, von waffentragenden Pfadfindern oder „Nationalen Avantgarden" eine recht heterogene Masse von unzufriedenen Schülern und Studenten. Insgesamt mögen die Jugendgruppen um die hunderttausend Mitglieder haben. Da sie meist an Schulen und Universitäten als rechte Gegengründungen zu linksorientierten Studentenorganisationen ihre Brachialgewalt ausüben, sind sie oft weniger mit dem MSI verbunden als mit den außerparteilichen Rechtsradikalen Strategisch ist für das MSI diese relative Selbständigkeit ihrer Jugend von großem Nutzen. Lediglich die aus den Studentengruppen hervorgetretenen Führer halten Kontakt und koordinieren die Aktionen im Sinne der MSI-Gesamtstrategie; heute sind solche radikalen Kontaktleute in der Führungsspitze etwa Männer wie der Generalsekretär Giorgio Almirante, der berüchtigte römische Squadrist Giulio Caradonna, dessen prahlerisches Summarium seiner Schlägereien als Buch vorliegt und ein ehemaliger Dissident und heutiger MSI-Parlamentarier, Pietro Cerullo

Die Jugendgruppen sind gewissermaßen das Bindeglied zwischen außerparlamentarischem Extremismus und neofaschistischer Parlamentsvertretung; bei Systemkrisen, die auf der Straße und auf der Piazza zwischen links und rechts ausgetragen werden, stehen beide in einer Phalanx, so daß sich die Untersuchung der organisatorischen Verflechtungen an dieser Stelle erübrigt

Trotz der seit 1946 offen zutage getretenen Krisen des Systems ist der Neofaschismus entgegen seiner Intention nicht zum bestimmenden Faktor für die Nadikriegsgeschichte Italiens geworden, obwohl in den fünfziger wie in den sechziger Jahren die politische Instabilität dem Rechtsradikalismus große Freiräume bot. Parteien, Presse und Öffentlichkeit des aus einer antifaschistischen Vergangenheit erwachsenen Staates straften die extreme Rechte mit Nichtachtung; im Parlament befand sich die kleine MSI-Fraktion im politischen Abseits einer konsequenten Opposition der Linksparteien gegenüber.

Die Literatur über MSI und Rechtsextremismus ist dementsprechend gering gewesen und befaßte sich nur im institutioneilen Rahmen mit Herkunft, Programm und Statuten des MSI oder versuchte, die Verfilzungen der Partei mit der radikalen Basis zu untersuchen, mit deren Exzessen die Justiz noch heute beschäftigt ist. über die Spaltungen und Neugründungen der Gruppen, über Flügelkämpfe und Sezessionen im MSI ist zwar in der Parteipresse und in den Publikationen der Extremisten einiges nachzulesen, der Forschung schien dies aber bis 1969 weniger der Untersuchung bedürftig als etwa die Entwicklungen auf der italienischen Linken

Die Stärke des italienischen Systems schien darin zu bestehen, den nostalgischen Neofaschismus als Teil der italienischen Folklore zu tolerieren; die Aufzüge fackeltragender Frontkämpfer bei nationalen Feiertagen trafen auf Ironie. Wenn das MSI-Parteiorgan „II Secolo d'Italia“ — der Name analog zu Mussolinis Zeitung „II Popolo d'Italia“ — mit dem charakteristischen Pathos nationale Kampagnen eröffnete, so beschränkte die geringe Verbreitung des Blattes und die fehlende Mssenbasis die Wirkung. 1957 erreichten die Missini (das Kürzel für MSI-Mitglieder akustisch bewußt an den Namen des Diktators angelehnt) die Rückführung des Sarges von Mussolini in das Mausoleum seiner Heimatstadt Predappio. Die Feier vereinte unter dem großen Namen die im politischen Alltag Zerstrittenen bei einem Umzug. Das Defilee in Fez und Schwarzhemd mutete wie ein Requiem von nach der faschistischen Epoche Heimwehkranken an. Die italienische Demokratie räumte ihnen die Freiheit ein, den faschistischen Fetischismus mit Fahnen, Totenköpfen und Mussolini-Kitsch, ihren absurden Assoziationszwang und die alte Liturgie der Kampflieder und Heldengesänge zu zelebrieren.

Heute sind Öffentlichkeit und Parteien gezwungen, die Frage nach der Persistenz des italienischen Neofaschismus neu und qualitativ anders zu stellen. Bei den nationalen Wahlen zum italienischen Parlament am 7. Mai 1972 wuchs das MSI zur viertstärksten Partei im italienischen Parlament an. 2 894 789 Italiener hatten die aus Monarchisten und Missini gemeinsam gebildete Liste „MSI-Destra Nazionale" gewählt; das bedeutete, daß in der Deputiertenkammer des Parlaments von 630 Abgeordneten 56 Missini waren und entsprechend dem 9-Prozent-Gewinn im Senat von 315 Senatoren 26 der MSI-DN angehörten

An der Spitze der Partei stand der Altfaschist Giorgio Almirante, und es hatte den Anschein, als gäbe es zwischen dem MSI-Wahlerfolg und der neuen Führung einen ursächlichen Zusammenhang. Seit 1969 explodierten im Lande Bomben, die von Faschisten gelegt worden waren. An Schulen und Universitäten schossen MSI-Gründungen aus dem Boden, eine Welle von Rassismus und Antisemitismus in Aktion und Literatur nahm ihren Anfang. Auf Parteitagen des MSI lag unter dem Signum „Edizione Europa“ ein parteioffiziel-ler Bücherkatalog aus mit Werken des Nationalsozialismus, der faschistischen Klassiker und den althergebrachten antisemitischen Schriften, versehen mit Einleitungen von namhaften MSI-Parlamentariern Was die Öffentlichkeit bei der Wahl noch nicht wußte, etwa die Mittäterschaft von MSI-Führern aus dem zweiten Glied an Bombenanschlägen oder bei aufgedeckten Umsturzversuchen paramilitärischer Gruppen, trat zunehmend in den beiden folgenden Jahren bis in die Gegenwart offen zutage. Solange jedoch die auf die Existenz eines internationalen Verbindungsnetztes von MSI und Extremismus hinweisenden Indizien auf Vermutungen gestützt sind, sollte die Frage nach Ursache und Folge mit einer Untersuchung der Vorgeschichte der plötzlichen neofaschistischen Konjunktur begonnen werden. Dabei wäre die Frage nach den Bedingungen für die historische Kontinuität des MSI nach dem Zweiten Weltkrieg zu stellen, die zugleich die Herkunft und Zielsetzung der neofaschistischen Programmatik einbezieht. Sodann ist die Beschaffenheit des politischen Systems zu untersuchen, sowie die ihm innewohnenden Möglichkeiten für den Neofaschismus. Ist die Textur der italienischen Gesellschaft mitverantwortlich für antidemokratische Bewegungen? Welche Freiräume bietet sie ihnen? Wie innovationsfähig ist das Regierungssystem? Inwieweit sind die Strukturprobleme Ursachen für Krisen und neofaschistische Reaktion? Liegt es an dem nicht gelösten ökonomischen Dualismus zwischen dem industrialisierten Norden und dem unterentwickelten Süden, daß Ende der sechziger Jahre die allgemeine Strukturkrise zum Brutofen neofasehistisehen Terrors wird? Aus welchen Schichten rekrutieren sich MSI und Extremisten, welche Adressaten sind für die neofa. schistische Demagogie besonders gefährdet?

I. Die politische Herkunft des Neofaschismus

Abbildung 1

Da sich alle neofaschistischen Bewegungen der Nachkriegszeit dem historischen Faschismus verbunden und als Vollender seiner nicht verwirklichten Zielvorstellung fühlen, dient eine Retrospektive der Klärung des geschichtlichen Bezugspunktes, der MSI und Rechtsradikale verbindet. In Übereinstimmung darin, daß die sogenannte „periodo fascista" (d. h. die Zeit des faschistischen Staates von 1922 bis 1943) nur ein mißglückter Versuch war, den vorhandenen Strukturen des liberalen Staates einen faschistischen überbau zu geben, beriefen sich die Neofaschisten auf den letzten Versuch des Diktators Mussolini, 1943 einen faschistischen Staat reinster Form aufzubauen

Nach seiner Absetzung im faschistischen Großrat und, im Juli 1943, der Inhaftierung auf der Felsenfestung des Berges Gran Sasso wurde Mussolini im Handstreich aus der Luft von den Deutschen unter Otto Skorzeny befreit und nach Deutschland gebracht. Von dort au» verkündete er die Gründung eines neuen faschistischen Staates, der den Krieg an der Seite der verbündeten Achsenmächte Japan und Deutschland wiederaufnehmen und sich an seinen Feinden im eigenen Lande rächen wollte

Zu diesen Feinden zählte der Marschall Badoglio, als Mitglied des Großrates Initiator des Umsturzes und seitdem Regierungsoberhaupt. Am 8. September 1943 schloß er mit den alliierten Truppen den Waffenstillstand. Als Mussolini nach seiner Befreiung über Radio München die Errichtung einer „Italienischen Sozialrepublik" (Repubblica Sociale Italiana, RSI) verkündete, standen ihm zur Wiedereroberung des verlorenen Terrains nur einige Getreue und die Nationalsozialisten zur Verfügung Als er zurückkehrte, etablierte er das Gebilde der RSI in dem von deutschen Truppen besetzten Gebiet Oberitaliens mit Sitz in Salo am Gardasee (wonach die RSI auch Salö-Republik genannt wird). Entgegen den Intentionen Mussolinis wurde der neue faschistische Staat eine Einrichtung von Hitlers Gnaden, in dem SS und Deutsche Wehrmacht bestimmten. Eine republikanische faschistische Partei (Partito Fascista Repubblicano PFR) konnte zwar errichtet und Teile gesammelt der Miliz wieder werden, aber die Prioritäten im militärischen Aufmarschglacis der Achsenmächte waren nicht politischer Art. Freiheit für Mussolini bestand allenfalls in der Organisation der Rest-Faschisten und in den Maßnahmen zur Unterdrückung des aufkommenden bewaffneten Widerstandes in der Bevölkerung gegen die deutschen Invasoren und deren neofaschistische Statthalter

Das Land war politisch und militärisch dreigeteilt. Im Südreich versuchte Badoglio mit dem König Victor Emanuel III. die Belange der soeben von der faschistischen Fessel erlösten Monarchie durch die Sammlung konservativ-monarchistischer Kreise durchzusetzen. Den alliierten Besatzern präsentierten sich jedoch Bürger-und Befreiungskomitees (Comitati Nazionali di Liberazione), die die Monarchie als kompromittiert ansahen und politische Forderungen nach Ablösung der Herrschaftsschicht durch eine Volksregierung stellten. So bekämpften die Widerstandsbewegungen ziemlich selbständig und die königlichen Truppen an der Seite der Alliierten die in Mittelitalien operierenden Deutschen. Dabei hatte die Volksbewegung den Vorteil, ihre Tätigkeit organisatorisch auf den Norden auszubreiten und in der Bevölkerung Schutz und Beistand zu finden

Die ständige Verschlechterung der militärischen Lage auf dem internationalen KriegsSchauplatz Ende des Jahres 1943 ermutigte die Partisanen der Resistenza und bot der RSI-Gründung kaum Zukunftschancen. Dennoch versuchte der Salö-Faschismus in dieser wenig rühmlichen Situation, programmatisch eine gewisse Originalität zurückzugewinnen, um wenigstens in den Fabriken des Nordens die sich zunehmend unter kommunistisch-sozialistischer Führung am Widerstand orientierenden Arbeiter noch einmal für einen neuen Faschismus zu gewinnen

Das Programm der RSI sollte daher die Rückkehr an die Anfänge des sozialrevolutionären Faschismus von 1919 vollziehen. Damals hatten die Fasci sogenannten im Programm von San Sepolcro einen gegen die marxistische Linke wie das liberale System Giovanni Giolittis gleichermaßen gerichteten Forderungskatalog aufgestellt, der die Beseitigung von „parasitären Plutokratien" und die Errichtung des Staates auf der „Basis der Arbeit'beinhaltete; Postulate aus dem Syndikalismus und verbale Entlehnungen aus dem frühen anarchistischen italienischen Sozialismus sollten das Programm einer Massenbewegung aus „Combattenti" (Kriegsteilnehmer), radikalem Mittelstand und Arbeitern in einem Produzenten-staat bilden

Diese frühe Bewegung der „Fasci di Combattimento“ begriff sich mit diesem Ansatz nach Kriegsende 1919 und unter dem Eindruck der Russischen Revolution als „dritte Kraft zwischen Kapitalismus und Bolschewismus“, als die sie für die entwurzelten Schichten der Nachkriegszeit nach dem für Italien ungünstigen Friedensvertrag von beträchtlicher Anziehungskraft war. Ihre derart geschaffene radikalisierte Massenbasis wurde jedoch bereits 1920 zum verlängerten Arm der großagrarischen und kapitalistischen Interessen instrumentalisiert. Bis 1922 besorgten die faschistischen Squadren nicht die programmierte faschistische Revolution, sondern die Abrechnung des liberalen Systems mit der organisierten Arbeiterbewegung, die die schwächliche Exekutive Giolittis in der Emilia-Romagna nicht erbringen konnte Mussolini als Führer fungierte dabei als ideologisch-programmatischer Transmissionsfaktor für seine radikalen Squadren, aber es ist mittlerweile nachgewiesen, daß der ehemalige Sozialist bereits 1919 fast unbemerkt die Wende von der sozialrevolutionären Akzentuierung zur Machtergreifung im Staat ohne die . faschistische Revolution" einleitete, von der Männer wie Roberto Farinacci eine sehr konkrete Vorstellung hatten

Mussolini kehrte 1943 im RSI-Programm zu diesem „fascismo delle origini" zurück, um die propagandistische Abrechnung mit dem „Verräter“ Badoglio für die Konstruktion einer nachfaschistischen Dolchstoßlegende zu benutzen, der zufolge die Monarchie und eine korrupte faschistische Führerschicht der Bewegung durch Treuebruch in den Rücken gefallen war — ein nach der Faschismus-Doktrin nur mit dem Tod zu sühnendes Verbrechen. Der Salö-Faschismus exekutierte noch im Jahre 1943 die Beteiligten an dieser Verschwörung nach einem Prozeß in Verona. Unter den Hingerichteten befand sich Mussolinis Schwiegersohn und ehemaliger Außenminister Graf Galeazzo Ciano

Truppen wurden in der RSI ausgehoben, die Miliz meist mit der Anwerbung von Knaben reorganisiert, um an der Seite der deutschen Verbündeten — so Mussolini — die Schande der am 8. September erklärten „Kapitulation vor dem Feind“ zu tilgen. RSI-Minister arbeiteten in einem eigens errichteten Rasseamt den deutschen Judenverfolgern in die Hände; die Lebensbedingungen der an Deutschland gelieferten italienischen Zwangsarbeiter waren in den Lagern so schlecht wie die der Kriegsgefangenen

II. Das politische Programm des Spätfaschismus 1943

Noch im November des Jahres 1943, keine zwei Monate nach der Gründung der RSI, fand ein Parteikongreß in Verona statt, auf dem nach heftigen Debatten das Programm der Sozialrepublik in 18 Punkten fixiert wurde

Die so entstandene „Carta di Verona“ enthielt syndikalistische Forderungen, antikapitalistische Bekenntnisse aus dem San-Sepolcro-Programm von 1919 und korporativistisehe Mitbestimmungsmodelle der faschistischen „Carta del Lavoro" von 1927. Dieser merkwürdige Verschnitt wird am deutlichsten im Sozialprogramm, das Zwangskorporation von Arbeitgeber und Arbeitnehmer, Einheitsgewerkschaft mit Beitrittszwang, juristisch fixierte Tarifverträge und Förderung der Privatinitiative bei gleichzeitigen staatlichen Interventionsrecht in allen Produktionsfragen vorsah

Mitbestimmung („cogestione“) und Sozialisierung („socializzazione") solcher neu-faschistischer Diktion definierte demnach innerbetriebliche Zusammenarbeit durch Vertretungen von Arbeitern und Technikern als „Mitbestimmung in Lohn-und Verteilungsfragen', wobei die Belange der Produktion Vorrang hatten; etwaige Streitigkeiten regelte ein staatlicher „Zentralausschuß für Sozialisierungsfragen“ gerichtlich

Mit diesem Modell eines Staates von Produzenten, den schon 1916 Enrico Corradini vor-formuliert hatte, besaß die RSI ein Programm, dessen Beteiligungsmodell die autonome Betriebsorganisation der Arbeiter ausschloß und damit die Klassenauseinandersetzungen aufheben bzw.dem Primat der Aufrechterhaltung der Produktion unterordnen sollte

Die Programmgebung des MSI beruft sich auf dieses Sozialprogramm der RSI. 1952 legte die Parlamentsfraktion eine Gesetzesvorlage der Kammer vor, die genau diese Vorstellungen von „socializzazione" in den italienischen Staatsindustrien verwirklicht sehen wollte, eine Initiative, die allerdings nicht einmal die Ausschüsse passierte.

Dennoch kennzeichnet dieses Programm am deutlichsten faschistische Ordnungsprinzipien. Es ist heute zweifelhaft, ob die alten Formen des faschistischen Staates vom Neofaschismus noch für durchsetzbar gehalten werden: Eine faschistische Partei als Elitekader, qualitativ ausgewählt und hierarchisch geordnet, und eine Miliz aus faschistischen Squadren. Doch auf eine kurze Formel gebracht ist für den als sozialrevolutionär apostrophierten Salö-Faschismus wie für den Neofaschismus des MSI und der radikalen Gruppen nur e i n Staatsmodell anzustreben und also im Sinne des „originalen Faschismus" faschistisch, in dem a) der Klassenkampf zwar als Realität erkannt, aber durch wirksame Methoden diszipliniert und kontrolliert werden soll, b) weder verstaatlicht noch die unternehmerische Privatinitiative abgeschafft wird, sondern kapitalistische Konzentration praktisch in Staatsregie stattfindet, c) dessen „organischer" (i. e. hierarchischer) Aufbau strukturell einem Industrie-Imperium ähnlich den Produktionsprinzipien unterworfen wird und somit Klassenkämpfe unterbindet. Dieses Subordinationsprinzip erklärt das MSI heute noch als modern, obwohl es seiner Natur nach nicht die Voraussetzung für die Schaffung einer neuen Massenbasis ist, sondern Unternehmerinteressen dient und allenfalls für Schichten attraktiv ist, die gewerkschaftliche Organisation im freiheitlichen Rahmen ablehnen.

Das Verona-Programm blieb auf dem Papier, da es weder die deutschen Besatzer billigten noch die militärische Situation die Voraussetzungen für die Reorganisation eines faschistischen Staates bot.

Noch bevor der kommunistische Parteichef Palmiro Togliatti und andere Antifaschisten aus dem Exil 1944 zurückkehrten, hatten die Brigaden der Resistenza die politische Wende herbeigeführt. Nachdem die Vertreter der Befreiungskomitees di'e Regierung Badoglio abgelöst hatten, entwickelte sich aus dem gemeinsamen Widerstand aller Parteien gegen den Faschismus eine neue politische Führungsschicht zu Trägern der Reform von Staat und Gesellschaft für ein neues Italien.

Nach Beendigung des Krieges verlor die Monarchie knapp den Volksentscheid über die Staatsform, obwohl der König vor dem Referendum abgedankt und seinen politisch nicht belasteten Sohn Umberto als Statthalter eingesetzt hatte. Nach der Entscheidung für die Republik traten in 'der Verfassunggebenden Versammlung die Resistenza-Parteien bis 1947 zusammen. Aus dieser mehrjährigen Arbeit erwuchs eine Verfassung im Geiste des Antifaschismus, die zugleich Ausdruck eines praktischen Kompromisses zwischen bürgerlich-katholischem und marxistischem Lager war, hauptsächlich repräsentiert von den neu-gegründeten Christdemokraten und der vereinten Volksfront aus Sozialisten und Kommunisten

Während dieser Zeit regierten Resistenza-Regierungen das Land, deren Mitglieder untereinander nicht entfernt so harmonierten wie die Vertreter der Konstituante. Die letzte der Partisanenregierungen, denen übrigens auch die Besatzer aus ideologischem Dissens mit Mißtrauen gegenüberstanden, war das Kabinett Ferruccio Parri, das nach einem Intrigen-spiel Ende 1946 von Alcide de Gasperi abgelöst wurde. Die folgende Zeit der Formierungen unter seinem Vorsitz zeigte bereits einen beginnenden außenpolitischen Polarisierungsprozeß zwischen den sich herausbildenden ideologischen Blöcken. Als schließlich die Alternative zwischen Ost und West für Italien anstand, war diese Entscheidung in Wirklichkeit längst von de Gasperi gegen die Minister der Volksfront für die Gelder des Marshallplanes und für das atlantische Bündnis gefallen. Der gemeinsam mit den Liberalen gefällte Entschluß bedingte 1947 die Ausmanövrierung der Volksfrontvertreter, darunter Togliatti, aus der Regierungsverantwortung. Beim ersten Wahlkampf zeigte sich die Polarisierung 1948 schon deutlich auch innenpolitisch. Unter der Parole der „Rückkehr zur Normalität" führten die bürgerlichen Parteien bereits eine scharfe antikommunistische Kampagne, mitgetragen von einer profaschistischen Qualunquistenbewegung, die das verarmte und durch Mitläuferprozesse verunsicherte Kleinbürgertum vertrat; die Volksfront hingegen, die nach den erfolgreichen Wahlen für die Konstituante die absolute Mehrheit erhoffte, propagierte voller Zuversicht den Klassenkampf. So spiegelte die innenpolitische Situation vor 1948 schon vor Ausbruch des Kalten Krieges dessen kommende internationale Atmosphäre

III. Die Entstehung des MSI als Sammelbecken der Restfaschisten 1946

Mussolini und viele seiner RSI-Gefolgsleute waren von den Partisanen 1945 gerichtet worden oder von den Befreiungskomitees bis zur Schaffung eines Sondergesetzes zu ihrer Aburteilung festgesetzt. Togliatti selbst ordnete später eine Amnestie an, da er als Justizminister im Resistenza-Kabinett vorerst die nationale Befriedung für notwendig erachtete. Es befanden sich daher viele Faschisten auf freiem Fuß, als mit großer Verspätung, manchmal erst Mitte der fünfziger Jahre, Prozesse wegen faschistischer Verbrechen wie Partisanenmord, Geiselnahme und -erschießungen stattfanden. Das gespannte Klima dieser Zeit trug dazu bei, daß viele der RSI-Angehörigen trotz erwiesener Schuld als aufrechte Antikommunisten freigesprochen oder sofort amnestiert wurden, wie z. B. Prinz Junio Valerio Borghese, in der Salö-Republik Kommandant der italienischen U-Boot-Flotte „Decima-Mas", und RSI-Verteidigungsminister Marschall Rodolfo Graziani. Beide waren zu dieser Zeit MSI-Ehrenpräsidenten und Vorsitzende der Frontkämpferbünde; die Presseberichte der Zeit bemerkten, sie hätten den Gerichtssaal triumphierend mit römischem Gruß verlassen

Und bereits im April 1946 war eine Wochen-zeitung erschienen, die offen faschistische Inhalte verkündete und gegen die Resistenza agitierte. Das in Rom erscheinende Blatt mit recht hoher Auflage nannte sich „La Rivolta Ideale" und vertrat das RSI-Programm. Im Dezember des gleichen Jahres entpuppte sich die Direktion und deren politische Gruppe eines „Fronte Italiano“ als Vorbereitungsorganisation zur Neukonstituierung einer rechten Sammelpartei, die sich als „Movimento Socia-le Italiano" MSI den Lesern vorstellte. Ihr erster programmatischer Aufruf, in dem das Wort Faschismus nicht vorkam, vertrat die 18 Punkte der Salö-Republik, abgewandelt mit Forderungen nach Revisionen der Friedensverhandlungen und Abschaffung des „herrschenden Parteienterrors“. In diese RSI-Nachfolge-Organisation strömten die aus den Lagern entlassenen und aus den ehemaligen Kolonien heimkehrenden Faschisten

Die personelle Zusammensetzung der MSI-Führung dieser ersten Stunde war bunt gemischt aus Altfaschisten und Salö-Vertretern: Arturo Michelini, später Parteiführer von 1956 bis zu seinem Tod 1969, war ein ehemaliger Vizeparteisekretär des „Partito Nazionale Fascista" in Rom; Giorgio Pini hatte in der RSI ein Parteiblatt der „Partito Fascista Repubblicano" geleitet; Pino Romualdi war nach eigenem Dafürhalten ein natürlicher Sohn Mussolinis und ehemaliger faschistischer Parteiführer; Giorgio Almirante, ein Journalist, der im faschistischen Imperium die rassistische Publikation „Difesa della razza“ (Rassenverteidigung) und den gleichfalls hetzerischen „Tevere" herausgegeben hatte, übernahm die Parteiführung bis 1949; in der RSI hatte er als Unterstaatssekretär im Ministerium für Volkskultur fungiert

Unter dieser Spitze entwickelte sich das MSI zuerst zum Organisationszentrum für Treibgut der Nachkriegszeit, für Mitläufer, Ex-Combattenti und die in der letzten Stunde mobilisierten Angehörigen der RSI-Nationalgarde, der Brigaden und der Miliz. Außer Prinz Borghese und Graziani schlossen sich der spätere Parteiführer (1952— 1954) und faschistische Unter-staatssekretär Augusto de Marsanich, Graf Cianos ehemaliger Kabinettchef und späterer Berlin-Botschafter Filippo Anfuso und ein faschistischer Triumvir aus der Zeit des Marsches auf Rom, Cesare Maria de Vecchi di Val Cismon, an. Wie die neofaschistische Presse der Zeit und die ersten Wahllistenverzeichnisse zeigen, erhofften si'cti auch renommierte Wissenschaftler, Philosophen und Journalisten eine neue politische Zukunft im MSI

Diese lag zunächst, analog zum Abstimmungsergebnis über die Monarchie oder die Republik, im Süden. Dort hatte man überwältigend promonarchistisch abgestimmt, dort hatte es keine Partisanenbewegung gegeben, dort befand sich das reaktionäre Wählerreservoir der Qualunquistenbewegung «Fronte dell’Uomo Qualunque", die für die Abschaffung aller Parteien plädierte und statt ihrer einen jährlich wechselnden „raggioniere“ (etwa Buchhalter) an der Staatsspitze sehen wollte Mit Hetzkampagnen ganz ähnlicher Art gegen die neue Demokratie und ihre komplizierten Formeln trat das MSI die Erbschaft der Qualunquisten nach ihrem allmählichen Zerfall an.

Schon 1947 gelang es im angespannten politischen und sozialen Klima mit Hilfe einer auflagestarken flankierenden Presse, bei den ersten römischen Kommunalwahlen nach zahlreichen tumultuarischen Wahlversammlungen drei Ratssitze für das MSI zu gewinnen und mit ihren Stimmen die Wahl eines kommunistischen Bürgermeisters zu verhindern.

IV. Die Entwicklung des Neofaschismus als Wahlpartei von 1948 bis 1968

Die ersten nationalen Wahlen 1948 durch-stand das MSI mit Hilfe der inzwischen netz-artig ausgebauten Sektionen trotz eines fehlenden Programms mit einem Anteil von immerhin 2 Prozent der Wählerstimmen, 6 Deputierten und einem Senator. Kandidaten des vertraten Wahlkreise Südens, so daß also im italienischen eine Vertretung des Salö-Faschismus das Programm der RSI repräsentierte, dessen sozialrevolutionäre Makulatur für die sozialen Schichten des unterentwickelten völlig uninteressant sein mußte.

Dieser Südtrend der Partei, der sich bei nachfolgenden lokalen Wahlen bestätigte, kostete dem überzeugten Salö-Anhänger Almirante 1949 den Parteivorsitz. Bis zu den Parlamentswahlen 1953 entwickelte sich das MSI zuerst in Konkurrenz, dann in Allianz mit den ebenfalls im Süden beheimateten Monarchisten zur klassischen Notabeln-Partei süditalienischer Prägung. Damit geriet die Sozialbewegung unter Führung von de Marsanich jedoch ins Konkurrenzfeld der Christdemokraten, die sich mit ihrer konstanten 49-Prozent-Mehrheit auf einen festen Wählerstamm an Frauenstimmen stützte und aufgrund der straff organisierten katholischen Substruktur (die Comi-tati Civici und die Azione Cattolica beispielsweise) als riesiger Malstrom für kleine Parteien erwies — eine Tendenz, die das italienische Wahlsystem begünstigte

Democrazia hatte Die Cristiana (DC) 1948 überwältigend gesiegt. Bald danach zerbrach die Volksfront der Kommunisten und Sozialisten, so daß ohne eine effiziente Opposition unter de Gasperi bis 1953 eine Zeit stabiler zentristischer Mehrheitsregierungen folgte. Gleichzeitig setzten die an der Regierung beteiligten Liberalen ihr wirtschaftliches Wiederaufbaukonzept durch, das einer Restauration alter Strukturen gleichkam. Während innenpolitisch die schwersten Frontalzusammenstöße der Systemkritiker mit den Ordnungsmächten das Klima anheizten, wurden soziale Konflikte 1950/51 mit einer hastigen und halbherzigen Bodenreform zugeschüttet Politische Polarisierung zersplitterte auch die Einheitsgewerkschaft in drei Flügel, in welchen die Auseinandersetzungen der Parteien auf Kosten der Interessen der Arbeiterschaft weitergeführt wurden. Daneben bildete sich die Besonderheit des italienischen Staatskapitalis-mus heraus, für den die Politik der Energieholding ENI (Ente Nazionale Idrocarburi) typisch war. Unter der verselbständigten Führung der Christdemokraten entwickelte sich der Konzern zügig zum Machtfaktor, der das MSI mitfinanzierte

Während sich die Wirtschaft erholte und in einem raschen Industrialisierungsprozeß auf das sogenannte „italienische Wunder" zusteuerte, verharrte die gesellschaftliche Entwicklung im sterilen Zentrismus; in der Verfassung vorgesehene Kontrollorgane wie der Verfassungsgerichtshof wurden verspätet eingerichtet, der zur Dezentralisierung vorgesehene Ausbau der Regionen als Selbstverwaltungseinheiten bis zum Ende der sechziger Jahre verschoben, die Mittel des Machtapparates, das Staatsfernsehen und die Verwaltungsbürokratie waren fest in der Hand der Regierungspartei

Bei der allgemeinen demokratischen Unter-entwicklung, zu der auch noch die versäumte Entfaschisierung des bürokratischen Apparates beitrug, gedieh das MSI vor allem in den unterentwickelten Arealen des von der breiten Aufwärtsentwicklung nicht erfaßten Südens. In Sizilien führten die Neofaschisten regionale Wahlkämpfe erfolgreich mit kolonialen Retrospektiven und Parolen vom „Lebensraum in Afrika". Teilen der katholischen Organisation schien das MSI als nationale Rechte das kleinere Übel gegenüber den Linksparteien. Der ehemalige Führer der Popolari — die Vorgängerin der DC in den zwanziger Jahren und etwa mit der Zentrumspartei in der Weimarer Republik vergleichbar —, Don Luigi Sturzo, sah sogar 1953 im MSI den Bündnis-partner für eine nationale Front

So gewann der Parlamentsfaschismus temporär die Aufwertung als antikommunistisches Bollwerk; das ungelöste Triest-Problem gab Gelegenheit, dies in nationalen Märschen zu beweisen. 1952 war es jedenfalls schon zu spät, als der christdemokratische Innenminister Scelba eine nach ihm benannte Lex gegen das MSI zwar im Parlament durchbrachte, aber damit vor den Wahlen 1953 der Partei Gelegenheit gab, mit einer großen Märtyrer-kampagne 5, 9 Prozent der Stimmen, 24 Deputierte und 9 Senatoren zu gewinen

Nach diesem Erfolg wurde es schwierig, dem Neofaschismus mit juristischen Mitteln zu begegnen, da er sich als Honoratiorenpartei in den südlichen Regionalparlamenten etabliert hatte und in den Lokalverwaltungen meist bestens mit der Mentalität der örtlichen DC oder der Liberalen übereinstimmte und mit ihnen die Pfründe teilte

Als nach dem Tod der Integrationsfigur de Gasperi die Mehrheitsfindungen immer schwieriger wurden und die DC in innerparteiliche Interessengruppen zerfiel, erhoffte sich die MSI-Führung, nunmehr unter Arturo Michelini, daß sich bei einer Rechtsverlagerung eine Regierungsbeteiligung in einer großen Rechtsformation etwa aus DC, Liberalen, Monarchisten und MSI ergeben könnte. Dieser Kurs, der nicht zum erwünschten Ziel führte, da sich die DC nach einer fast neunjährigen instabilen Phase für die „Öffnung nach links" entschied, spaltete das MSI. Immer noch waren die unterschiedlichsten Gruppierungen in der Partei vertreten; entsprechend heterogen waren die politischen Vorstellungen. Jugend-und Frontkämpferbünde mißbilligten den weichen Angleichungskurs der Führung und befürchteten, durch, die taktische Umarmung in einer Koalitition den letzten Rest des faschistischen Selbstverständnisses zu verlieren. Gleichzeitig konnte das MSI schlecht auf die radikalen Gruppen verzichten, weil diese mit ihrem Terrorismus erst die Thesenbildung der Parteispitze ermöglichte, daß Italien im Chaos versinke und der nationalen Rettung bedürfe

Je mehr Gönner und Sympathisanten der Kurs Michelinis in Kreisen des Adels, der Wirtschafts-und Finanzwelt erhielt, die Geldmittel bereitstellten, wie z. B.der staatliche Montedison-Konzern, desto häufiger verließen Radikale die Partei, so 1956 die ideologisch am Nationalsozialismus orientierte „Ordine Nuovo". Die Parteitage arteten in Schlägereien aus, so daß die Sozialbewegung bei den Wahlen 1958 als eine in drei erkennbare Flügel zerfallene Formation antrat Bei den Wahlen 1958 erhielt das MSI nur noch 4, 8 Prozent der Stimmen. 1963 stiegen die Stimmen wieder leicht auf 5, 3 Prozent an, da inzwischen die Christdemokraten die „apertura a sinistra" vollzogen hatten und gewisse Kreise in der Einbeziehung der kommunisten-freundlichen Sozialisten Pietro Nennis (PSI) die Gefahr sahen, Italien könne bei einer weiteren Linksverlagerung gar zu „repubblica conciliare“ aus einer großen Koalition der DC mit der KPI werden

Aber nichts dergleichen geschah, vielmehr machte sich eine relative Ruhe im sozialen Bereich bemerkbar, begründet durch die Hoffnungen, die der umfangreiche Reformkatalog der neuen Mitte-Links-Regierung erweckte. Für das MSI war diese Zeit kein guter Nährboden; alle Bereiche vermerkten Mitglieder-rückgang und die Führung erging sich in ohnmächtigen Angriffen auf die Regierungspolitik, deren versuchte Strukturverbesserungen als „sozialkommunistische Verschwörung“ denunziert wurden. 1968 sanken die Wählerstimmen auf den Tiefpunkt von 4, 5 Prozent. Ehemalige MSI-Gruppen wie Ordine Nuovo riefen auf den Straßen zum Boykott der Wahl auf, gemeinsam mit einer von dem Prinzen Borghese ins Leben gerufenen Formation „Fronte nazionale". Der parlamentarische Neofaschismus schien abgewählt zu sein

V. Die Krisenentwicklung Italiens bis 1969

Von 1963 auf 1964 hatte sich bereits eine wirtschaftliche Rezession abgezeichnet. Krisenursache war hauptsächlich die nachlassende Nachfrage nach Investitionsgütern. Jahrelang waren im Rahmen des Wiederaufbaus Konsumgüter überproduziert, der Export forciert und die Industrie vor allem im Chemie-und Metallbereich konzentriert worden; die Wachstumsraten der Industrie und die Kosten der internationalen Konkurrenzfähigkeit gingen zu Lasten der weit unter EWG-Norm liegenden Löhne

Massive Kapitalflucht und Fehlinvestitionen im Süden begleiteten das industrielle Wachstum, bei dem Produktionssteigerungen und Zuwachsraten unter anderem dadurch erzielt wurden, daß das unerschöpfliche Arbeitskräftepotential der ungelernten Zuwanderer aus dem Mezzogiorno als Lohndruckmittel eingesetzt wurde. Der ab 1964 einsetzende wirtschaftliche Rückgang führte, begleitet von starker Inflation, im Süden zu Investitionsrückgang, in den Fabriken des Nordens zu Massenentlassungen und drastischer Erhöhung der Arbeitsintensität. Ein Wirtschafts-plan zur Gegensteuerung gegen die Rezession enthielt erstmalig auch von der kommunistischen Opposition geforderte Inhalte. Lange zurückgestellte Verfassungspostulate wie die Durchführung der regionalen Autonomie, eine Bildungs-und Verwaltungsreform, die Liquidation fortbestehender faschistischer Gesetze aus den zwanziger Jahren sowie Steuerreform und Maßnahmen gegen die Bauspekulation sollten nun verwirklicht werden.

Insgesamt scheiterten jedoch alle diese späten Bemühungen, den geplanten Wohlfahrtsstaat zu errichten; die Lockerung des starren Zentralismus durch rasche Verabschiedung von Regionalstatuten verzögerte sich auch 1968 wegen schwer zu überwindender Partikularinteressen. Die Verwaltungsform der schwerfälligen Staatsmaschinerie stieß auf den Widerstand zahlreicher Inhaber von Sinekuren, die mit den Reformen hinfällig geworden wären; aufgeschoben wurden die Reform des Gesundheitswesens, der Sozialversicherung und die Modernisierung des antiquierten Bildungssystems. Bereits 1967 revoltierten als Ausdruck der aufziehenden sozialen Spannungen die Studenten der Universität Trient, bald darauf im piemontesischen Ivrea die Olivetti-Arbeiter

Dabei waren die vier Parteien des Centrosinistra inzwischen nicht nur über die zukünftige Zweckmäßigkeit der Mitte-Links-Formel zerstritten, auch innerhalb der Parteien wurden Verlagerungen und zentrifugale Kräfte sichtbar. In der DC gewannen die der Linksöffnung abgeneigten industriefreundlichen Zentristen an Boden, bei den Sozialisten teilten sich die Meinungen über das Verhältnis zu den Kommunisten. Die 1969 amtierende Regierung Mariano Rumor befiel daher eine parteipolitische Lähmung gerade zu einem Zeitpunkt, als der Produktionssektor auf die ökonomischen Widersprüche reagierte. Land-und Hausbesetzungen gingen wilden Streiks voraus, im Süden erhoben sich Forderungen nach Getreidepreisangleichung an die EWG-Norm, im Norden nach Investitionen zur Schaffung neuer Arbeitsplätze. Streikserien zur Durchsetzung verbesserter Arbeitsbedingungen erfolgten teilweise außerhalb gewerkschaftlicher Kontrolle. In diesen Arbeitskampf neuer Dimension bekundeten die politisierten Studenten auf der Straße praktizierte Solidarität Für die Kommunistische Partei waren die neuen Kampfmittel und Organisationsformen, die die herkömmliche Tarifpolitik aus dem Lot brachten, eine Belastungsprobe. Gruppen wie der „Manifesto" weiteten mit den Sympathiebeweisen für spontane Streiks und adhoc-Entscheidungen entgegen KPI-Richtlinien einen innerparteilichen Dissens zum Konflikt aus, der schon in der Diskussion um den Prager Einmarsch 1968 begonnen hatte und nun in der Spaltung endete. Weitere außerparlamentarische Linksgruppen, meist studentische Formationen, reihten sich in die Straßenkämpfe ein. Das Jahr 1969 brachte eine Fülle von Ausschreitungen und Gewalttaten vor dem Hintergrund ständiger Regierungskrisen.

VI. Neuer Lebensraum für das MSI

Auf dem Tiefpunkt 1968 hatte sich das MSI auf die verwaschene Formel von der „einzigen globalen antikommunistischen Opposition" geeinigt, für die niemand so recht eine Zukunft sah. Rechts vom MSI begannen sich infolgedessen Gruppen zu bilden, deren Agitation bei sozialen Randgruppen, aber auch in Schulen und Universitäten auf wachsende Zustimmung stieß. Ihre Zielsetzungen waren MSI-feindlich, an Hitler, Mussolini und dem faschistischen Ideologen Julius Evola orientiert, aus deren Werken sie sich einen neuen Faschismus-Begriff erarbeiteten. Die extremistische Welle ergriff auch die parteieigenen Untergruppierungen des MSI „Giovane Italia die Studentenfront FUAN und den „Fronte della Gioventü“, die sich der Kritik am „nostalgischen Traditionalismus“ des MSI anschlossen, den sie als inaktiv und unfaschistisch empfanden Die eskalierenden Arbeitskämpfe auf der „Piazza" stimulierten die Aktivitäten. Die historische Rechtfertigung für einen Frontalangriff gegen die Demonstranten sahen ihre Unterführer in der faschistischen Vergangenheit, Squadristen die als die gegen Linke angetreten waren, daher der extrem postulierte Radikalismus und die antikommunistischen Komponenten der Flugblätter 1969-, ein überhöhtes und glorifiziertes Kämpfertum* zog sich mit diesen Motivationen als roter Faden durch die Publikationen, obwohl ansonsten eine ideologische Konzeption wie eine strategisch-taktische Koordination fehlte

In dieser für die auch von der Parteijugend geforderten „physischen Konfrontation“ fanden sich am besten die parteieigenen Publikationszentren und Verlage zurecht, die sofort die Themenvielfalt erweiterten. Rassistischer Nazismus kam wieder zu Ehren, nationalistisch-militaristische Positionen aus dem Lager der Frontkämpfer wurden hektographiert verteilt, weiterhin reichte die Skala vom konfusen Populismus bis zu den elitären Europa-konzeptionen der alten Faschistischen Internationale von Malmö So herrschte allgemein auf der außerparlamentarischen Rechten keine Verwirrung mehr, die Gruppen trafen sich in gemeinsamer Programmatik der Gewaltverherrlichung, des faschistischen Legionärsgeistes und einer vergangenheitsorientierten Verbalmythologie; die Praxis zum squadrisch-revolutionären Selbstverständnis wurde unter großem persönlichen Einsatz in 56paramilitärischen Lagern mit Waffen geübt Der Zusammenstoß zwischen den reaktivierten Neofaschisten und der Arbeiter-und Studentenbewegung war im sogeannten „heißen Herbst" 1969 schon eskaliert, als Michelini starb und im MSI die Führung wechselte. Angesichts der blutigen Auseinandersetzungen auf den Straßen konnte die Übernahme des Generalsekretariats durch Giorgio Almirante nur bedeuten, daß die systemfreundliche Politik der Parteispitze ein Ende hatte und das fortschreitende Auseinanderfallen der Bewegung aufgehalten werden sollte, Almirante war, anders als Michelini und de Marsanich, immer radikaler Salö-Faschist gewesen, hatte im MSI Opposition gegen die MSI-Notabeln aus dem Süden getrieben und mit radikalen Positionen stets einen auch aktiv wahrgenommenen Bezugspunkt für alle aus der Partei ausgescherten unzufriedenen Gruppen gebildet. Das Prestige aus seiner faschistischen Vergangenheit bot 1969 die Garantie für einen organischen Zusammenhalt zwischen dem extremistisch-revolutionären Parteiflügel und dem der promonarchistischen Traditionalisten, denn Almirante war sowohl ein vielgelesener Theoretiker der RSI-Positionen und Faschismus-Interpret als auch seit 1948 ein in allen Geschäftsordnungs-und Obstruktionsverfahren versierter Parlamentarier Tatsächlich wies ihn sein Antrittsprogramm als geschickten Taktiker aus. In seinen Reden münzte er den jugendlichen Squadrismus auf den Straßen für die verschreckten konservativen Schichten in eine Demonstration von Dynamik einer „jungen nationalen Rechten" um, welche kämpfe, um das Vaterland zu retten, obwohl der faschistische Terror nirgends defensiven Charakter hatte. So brachte er die in der Öffentlichkeit operierenden Gruppen der „Squadre d’Azione Mussolini", der „Avanguardia Nazionale", des „Ordine Nuovo" und viele andere zwar nicht unter Kommandogewalt, nutzte aber das allgemeine Chaos zu einer Strategie der Spannung nach dem Vorbild der zwanziger Jahre vor dem Marsch auf Rom Die Entwicklung des Sozialkonfliktes, die Labilität der Regierung und deren allgemeine Unterschätzung der Lage begünstigte diesen Prozeß der allmählichen Konzertierung von Gewalt und MSI-Politik, die sich auf nationale Notrufe beschränkte. In ganz Italien ereigneten sich schwere Attentate und Bombenanschläge, begleitet von Appellen für Ruhe und Ordnung in dem MSI-Organ „II Secolo" und der Wochenzeitung „II Borghese" (Der Bürger), denen sich zusehends eine schwelgende Bürgermehrheit anschloß. Als am 12. Dezember 1969 an der Mailänder Landwirtschaftsbank an der Piazza Fontana eine Bombe 16 Menschen tötete und 88 schwer verletzte, verfolgte die Polizei merkwürdigerweise nicht die Spur neofaschistischer Bombenleger, sondern suchte in Kreisen der außerparlamentarischen Linken und der Anarchisten — ein Fehler, der erst 1973 korrigiert wurde, als ein Internationales Netz neofaschistischer Organisationen sichtbar zutage trat

Almirante straffte unterdessen die Organisation des Parteiapparates und entrümpelte den verstaubten Sprachschatz durch Entlehnungen aus dem Agitationsvokabular der außerparlamentarischen Linken. Am 7. Juni 1970 fanden Regionalwahlen statt — in einem Klima von Gewalttätigkeiten, Schlägereien auf Wahlveranstaltungen und faschistischen Provokationen. Programmatisch hatte Almirante jedoch keine der „Alternativen zum System" anzubieten, die er so lautstark als Innovationen verkündete. Da gab es für die wachsende Menge in MSl-Manifestationen Formeln vom Kampf gegen den „Imperialismus der negatorischen Imperialismen", vom „kreativen Nationalismus“ und von der „Wiederherstellung europäischer Zivilisation", unter denen sich viele verschiedenes vorstellen konnten. „Heimweh nach der Zukunft“ war ein anderes Schlagwort, „Gewalt gegen Gewalt" und die althergebrachte RSl-Tradition der Syndikate, die den „Gewerkschaftsterror" durch Korporativismus und Betriebssozialisierung nach Sal-Modell ablösen sollten“ 8

Aufrufe an die »italienische Nation* zur Selbstverteidigung „gegen die kommunistische Gefahr*, da die Demokratie dazu unfähig sei, wurden geradezu hilfreich unterstrichen neuerliche schwere durch eine Krise der Mitte-Links-Koalition, die diesmal 47 Tage dauerte und vielen Italienern Agonie und Ohnmacht demokratischer Regierungsformen zu demonstrieren schien. Vor diesem Hintergrund brachte die Wahl mit 5, 2 °/o einen an den Parlamentswahlen von 1968 gemessenen bescheidenen Zuwachs für das MSI. Besorgniserregender als dieser kleine Erfolg war jedoch die gewisser auf die Kreise Krise; deutlich angelehnt an die Vorbilder des Militärputsches in Griechenland 1967 versuchten Gruppierungen wie „Freunde der Streitkräfte* (Amici delle forze armate AFA) für das MSI und die militärische Lösung durch die Armee Stimmung zu machen; bei den nationalen Aufmärschen der AFA — etwa in Rom — waren MSI-Mitglieder in Reih und Glied. Pino Rauti und die „Ordine Nuovo* zurückge waren in die Partei -kehrt, ein deutliches Zeichen für die Integrationskraft Almirantes.

Die nächsten Regionalwahlen am 13. Juli 1971 fanden in Süditalien statt. Inzwischen war die Anzahl paramilitärischer Übungslager sprunghaft gewachsen. Neben Bombenanschlägen auf Züge, öffentliche Einrichtungen und Parteibüros, für die offen faschistische Gruppen die Verantwortung übernahmen, schwelten seit dem Sommer 1970 in Süditalien Revolten, die das MSI für sich instrumentalisieren konnte. Im Dezember 1970 entdeckte die Polizei einen etwas dilettantisch inszenierten Putschplan des ehemaligen MSI-Ehrenpräsidenten Prinz Borghese, dessen Fronte Nazionale aus ehemaligen RSI-Mitgliedern Proskriptionslisten für den Tag „X“ zusammengestellt hatten, im Handstreich strategisch wichtige Punkte wie Massenkommunikationsmittel, Post und Elektrowerke besetzen wollten, um einen faschistischen Präfektenstaat zu errichten Der abenteuerliche Plan mißlang und Borghese flüchtete nach Spanien. Von dort aus dirigierte er die Aktivitäten eines im Februar entdeckten Geheimbundes „Rosa dei venti* (Windrose). Dieser hatte die Ermordung von über 1 600 Personen geplant, um danach militärisch das Land zu besetzen und unter dem Staatsoberhaupt Borghese einen auf die Armee gestützten faschistischen Staat zu errichten. In den Fertigungsstätten der Klein-und Mittelindustrie machte sich die verstärkte Aktivität des MSI-eigenen Syndikats CISNaL (Confederazione Italiana Nazionale di Lavoratori) bemerkbar, das bei Streiks und Arbeitskämpfen als Denunziant und Streikbrecher fungierte. 1971 war auch abermals eine weitere Regierung unter Rumor zerbrochen; sein Nachfolger Emilio Colombo versuchte, die Mitte-Links-Formel noch einmal unter seinem Vorsitz zu halten, während im ganzen Land die Aufmerksamkeit sich auf diese Regionalwahlen richtete, für die Almirante und die wachsende MSI-Mitgliederschaft verkündeten, sie würden Italien nach rechts bewegen. Das MSI verstand sich im Wahlkampf als „Sammelbecken für die öffentliche Meinung“ und bot nach eigenen Worten „Gärstoff für die Jugend". Zunehmend fanden auch hohe Militärs wie der ehemalige Kommandeur der NATO-Streitkräfte-Süd, Admiral Gino Birindelli, ihre politische Heimat im MSI.

Mit 13, 9 Prozent war der Wahlerfolg auch außerordentlich, vor allem im Krisenherd Reggio Calabria und in Sizilien wurden hohe Quoten erreicht Im sizilianischen Regionalparlament zogen außer den von 36 auf 29 Sitze zusammengeschrumpften Christdemokraten nach den Kommunisten die Missini (Sprachgebrauch für MSI-Vertreter) als dritt-stärkste Partei mit 15 Mandaten ein. In Rom hatte es offenkundig eine Protestwahl gegeben. In der Hauptstadt, in der sich die folkloristisch-kostümierte Variante des Faschismus in der ganzen Nachkriegszeit gehalten hatte, war ein Rechtsruck allgemein erwartet worden: Streiks in den Hotels, der Alitalia, der Straßenfeger, der Post, der Krankenanstalten und sogar des Leichenschauhauses, in dem die Leichen unbestattet geblieben waren, waren die Artikulation der Stimmung gegen die lokale Mißwirtschaft gewesen. Im Stadthaushalt klaffte ein 1, 3 Milliarden-Lire-Defizit, das keine Hoffnung auf Besserung der Verhältnisse in Aussicht stellte. Das MSI hatte mit der Anti-System-Kampagne leichtes Spiel und gewann 24 von 80 Ratssitzen

VII. Der Konzentrationsprozeß des. MSI 1972

Darauf setzte eine Entwicklung ein, die von der MSI-Führung unter Almirante bewußt als Konzentration aller „nationalen Kräfte" propagiert wurde. Nachdem die äußeren Bedingungen der steigenden Wählergunst die Weidien gestellt hatten, sollte die alte Idee einer . großen Rechten" verwirklicht werden, die sowohl die radikale Jugend als auch die rechtskonservativen Kräfte einschließen sollte. Wieder war die allgemeine politische Konstellation sehr günstig, da nach neuerlichem Koalitionszerfall die amtierende Minderheitsregierung Giulio Andreottis vorgezogene Neuwahlen hatte ausschreiben müssen und daher wiederum Wahlkampfklima herrschte. Dabei fusionierten die Monarchisten mit dem MSI gerade zu diesem Zeitpunkt eigentlich nur, um zu überleben. Unter ihnen waren der in den fünfziger Jahren mächtige ehemalige Bürgermeister von Neapel, Achille Lauro und der einstige Chef des militärischen Geheimdienstes SIFAR, General Giovanni de Lorenzo, in dieser Funktion 1964 Zentralfigur in einem der größten innenpolitischen Skandale

Aus dem nichtmonarchistischen Lager stießen die Sympathisanten zum unterschiedlichsten MSI. Um eine Senatskandidatur bewarb sich der Herausgeber und Besitzer einer politisch-pornographischen Zeitschrift. mit Namen „Candido", Giorgio Pisanö; ebenfalls für den Senat ließen sich der Direktor des „II Borghese", Mario Tedeschi, und der -Philosophiepro fessor aus Palermo, Armando Plebe, aufstellen Unter den Kandidaten für die Kammer waren wieder Giulio Caradonna, der berüchtigte Schläger von Rom, der in den Schoß der Partei zurückgekehrte Führer des „Giovane Italia“, Pietro Cerullo, der Mailänder Extremist Franco Maria Servello und Pino Rauti, inzwischen Direktoriumsmitglied und bis kurz vor seiner Wahl ins italienische Parlament wegen Mittäterschaft am blutigen Bankattentat von Mailand 1969 in Haft

Somit spannte sich der Bogen der nationalen Rechten bei den Wahlen 1972 recht weit von Vertretern des gröbsten Skandaljournalismus zu veritablen Generälen und Admirälen, Universitätsprofessoren, sympathisierenden Priestern und Carabinieri-Offizieren. Dabei fiel zunehmend die personelle Verfilzung einzelner Organisationen und Institutionen mit MSI-Exponenten auf. Die Person Rautis ist eng mit einem Mann namens Gino Ragno verknüpft: Beide sind Journalisten bei der profaschistischen römischen Tageszeitung „Tempo", für die sie lange Reisen nach Griechenland, Spanien und Portugal unternahmen. Gemeinsam waren sie Ordine-Nuovo-Mitglieder; Ragnos Name tauchte in den Reihen des „Giovane Italia“ wieder auf und nach deren Auflösung wurde er Geschäftsführer der „Armeefreunde“; gleichzeitig fungierte er als Vorsitzender der neofaschistischen Tarnorganisation „Gesellschaft für deutsch-italienische Freundschaft" in Rom, durch die er die internationalen Kontakte vor allem zu entsprechenden Kreisen in der Bundesrepublik pflegt. Daneben wurde die MSI-Mitgliedschaft für den Adel immer attraktiver. Rechtskatholische Organisationen im Widerstand gegen die im Parlament anliegende Reform der Scheidungsgesetzgebung, gegen die das MSI verhement Einspruch erhob, fanden ihre Positionen im MSI ebenso vertreten wie zahlreiche Lehrstuhlinhaber und Rektoren an den Universitäten, und zunehmend analysierten Wahluntersuchungen auch den Erfolg neofaschistischen Propaganda in Armee und Polizei in den unteren bis mittleren Rängen

Der allgemeine Konzentrationsprozeß erweiterte sich auf den Sektor der politisch-literarischen Veröffentlichungen. Die neugewonnenen Intellektuellen, darunter der Religionswissenschaftler Augusto del Noce und Plebe, glaubten der vorwiegend linksinspirierten und linksorientierten Literatur und Dichtung Italiens ein Gegengewicht in Form einer „großen Rechtskultur“ geben zu können. Literarische Plattformen für alle Rechtspositionen schuf etwa das MSI-sympathisierende Verlagshaus Rusconi, das Neuauflagen von Klassikern des gesamten konservativen, katholi-sehen und faschistischen Spektrums besorgt® oder Beiträge zu Taschenbüchern kompilierte, deren Rechtsspektrum von Thomas Molnar, Maurice Bardche, Barry Goldwater, Julius Evola, Kardinal Höffner, Ernst Jünger und MSI-Führern bis Oswald Mosley reichte

Daneben schossen kurzlebige, aber auflagenstarke Neugründungen neofaschistischer Blätter aus dem Boden und flankierten die wichtigsten MSI-Organe im Wahlkampf, so daß 1972 ein Mutiplikationsapparat von beträchtlicher Größe das MSI mit seinen 4335 Sektionen, 102 Provinzföderationen, 53 Regionaldepuderten, 146 Provinz-und 2479 Stadträten sowie 32 Bürgermeistern unterstützte Der Wahlerfolg des MSI war erwartungsgemäß groß mit 8, 7 Prozent und 56 Sitzen für die Deputiertenkammer; das entsprach 2 894 789 abgegebenen Stimmen für die Liste MSI-Destra Nazionale, Für den Senat mit aktivem Wahlalter von 25 Jahren lag das Ergebnis bei 9, 2 Prozent mit 2 763 719 Stimmen und 26 Sitzen Es hatte also als konsequente Folge der Rechtskonzentration gegen Demokratie und Parteienstaat ein deutliches Votum für die nationale Rechte gegeben. Bei näherem Hinsehen zeigte sich insgesamt Jedoch ein viel weniger düsteres Bild, als es dieser formale Zuwachs des Neofaschismus im Land und im Parlament zunächst suggerierte,

Denn verglichen mit der für das MSI erfolgreichsten Wahl der Vergangenheit von 1953 relativiert sich der Wahlerfolg beträchtlich. Damals hatte die monarchistische und neoiaschistische Rechte zusammengerechnet 12, 7 Prozent gewonnen. Da sie aber in getrennten Listen, also als MSI und „Partito democratico italiano di unitä monarchica" (PDIUM) auftraten, benachteiligte sie der Malus des Wahlsystems, so daß sie 1959 in der Stimmenzahl gemeinsam mit 3 436 135 weit über dem erreichten Sitzanteil gelegen hatten: 40 Mandate für die Monarchisten, 29 für das MSI (Zahlen für die Deputiertenkammer

Mittlerweile hatte nun die Fusion beider Parteien nach starkem Rückgang der Wählerschaft stattgefunden, Schon vor dem Zusammenschluß 1971 hatte das MSI von monarchistischen Stimmen gelebt und nicht mehr, wie bei den Wahlen 1953, den Liberalen oder der Democrazia Cristiana Wähler abgewonnen. Daher profitierte die gesammelte Rechte 1972 unter dem MSI-Destra-Nazionale-Signum von der Begünstigung für eine Gemeinschaftsliste, bei der die „Kosten" an Stimmen des einzelnen Parlamentssitzes gesenkt werden In der regionalen Verteilung der Stimmen zeigte sich erneut der konstante meridionale Charakter der Partei. Ehemalige monarchistische Hochburgen wie Kampanien wurden vereinnahmt und die traditionellen Bastionen des MSI im Latium erfolgreich verteidigt, während der geringfügige Zuwachs in der Lombardei die Unruheherde von 1969/70 wi.derspiegelte (von 4, 1 0/o 1968 auf 5, 9 % 1972). Aber die in den Wahlkundgebungen vielbeschworene Jugend hatte sich nicht für das MSI entschieden, wie die hohe Quote für den Senat bewies. Die weiterhin auch zum Vergleich mit 1953 hohen Ergebnisse in den Regionen des Mezzogiorno wurden hauptsächlich in den großen Städten erreicht und charakterisierten so das MSI als Partei der urbanen Krisenherde, des städtischen Subproletariats und der verunsicherten Mittelschichten, während es auf dem Land den Anhang der Latifundien-besitzer hielt, die feudalistischen Strukturen nachhingen, den Antiregionalismus der MSI-Programmatik begrüßten und von altersher reformfeindlich gesinnt waren Trotz aller Relativität des MSI-Erfolges bedarf das Phänomen eines fast drei Millionen Stimmen betragenden Anteils an Wählerstimmen für eine Partei ohne Jedes seriöse Programm einer Klärung. Denn weder die wirren außenpolitischen Vorstellungen noch das aus der faschistischen Vergangenheit herrührende Sozialprogramm waren für die Wählermotivation von Bedeutung. Die Korporativismusideen und die alternativen faschistischen Staatsmodelle sind zwar Diskussions-und Studiengegenstand in zahlreichen Kulturzentren der Partei, deren Zahl beträchtlich ist, gegen die aber auch der Verdacht besteht, daß es sich hauptsächlich um Tarnorganisationen der weiterhin existierenden internationalen neofaschistischen Verbindungszentrale handelt Die dort edierten Kompilate zur Pflege und Kontinuität faschistischer Tradition sind vergangenheitsorientiert und weisen keinerlei Beschäftigung mit gegenwärtigen Problemen in Wirtschaft und Politik auf; ihre Texte geben jedoch das Gedankengut der vielen Grüppchen wieder oder sind Schulungsbasis für die „Nationalen Freiwilligen" der ASAN und andere Jugendgruppen

Irrational und unlogisch sind weiterhin die als Diskussionen ausgegebenen Parteitage, auf denen das heterogene Ideologienkonglomerat deutlich sichtbar wurde. Bis 1974 hat es neun solcher „nationalen Kongresse" des MSI gegeben, weitere zwei wurden 1950 und 1960 verboten. Unter der Ägide de Marsanich und Michelini fanden Flügelkämpfe statt zwischen »faschistischen Revolutionären" mit Almirante an der Spitze und der Führung, die legal die Regierungsbeteiligung erstrebte Die tumultuarischen Aufführungen endeten oft in Schlägereien zwischen Schwarz-und Grün-hemden im Saal, wenn die Führerakklamation nicht den personellen Wünschen der jeweiligen Flügel entsprach. Uber Inhaltliches wurde nie diskutiert, vielmehr offenbarte sich die undemokratische innerparteiliche Selektionspraxis, nicht aber ein Programm.

In den schriftlichen Äußerungen der Führung über die stets projektierte Alternative sind bei Almirante, Michelini und de Marsanich nur vage Formulierungen zu finden über eine „organisierte, zentralisierte und autoritäre Demokratie", in der Variation von 1972 als Korporationsstaat mit „Freiheit und Gerechtigkeit von der Basis bis zur Spitze, notwendiger Autorität von der Spitze bis zur Basis". Dies ist die Formulierung der RSI, geäußert schon 1943 auf der ersten Versammlung der republikanisch-faschistischen Partei

Da das MSI den Bezug zum Frühfaschismus von 1919 und zur RSI bewußt tradiert, übernimmt es auch die programmatische Eliminierung des Klassenkampfes. Alle MSI-Wahlprogramme enthalten außer nationalistischen Grenzrevisionsforderungen, Unduldsamkeit gegen Minderheiten und Forderung nach Rückgabe der Kolonien faschistisch-selektive Prinzipien einer „qualitativen Demokratie": Für die Erziehung statt der Schul-und Bildungsreform der Regierung Eliteschulen, statt Senat als zweite Kammer eine berufständische Vertretung, statt Dezentralisierung durch regionalen Ausbau und Selbstverwaltung ein straffes zentrales Präfektensystem auf der Basis der alten Provinzen, statt Gewerkschaften reglementierte Syndikate mit Streikverbot. Die Essenz aller Faschismen erscheint daher, um ein weniges variiert, immer wieder bis in die siebziger Jahre

Aber damit lassen sich nicht in diesem erreichten Umfang Wähler gewinnen. Es war vielmehr die taktische Doppelgleisigkeit zwischen Gewaltanwendung und Verhalten im Parlament, die schon den frühen Faschismus Mussolinis kennzeichnete, bevor er seine Massenbewegung durch abgestufte Säuberungen disziplinierte, und auch in der Strategie der Spannung Almirantes merklich verfolgt wurde. Mit dem Unterschied allerdings, daß auch 1969 die Krise des demokratischen Systems faschistische Aktionen erleichterte, aber starken Gewerkschaften und einem wachen Antifaschismus Grenzen setzten.

Es ist daher nicht verwunderlich, daß gerade im historisch erfahrenen und organisierten Norden der neofaschistische Spuk des heißen Herbstes rasch erstarb und sich nur noch im Untergrund bewegen konnte. Aber im Süden konnte die MSI-Gemeinschaftsideologie, die nicht schichtenspezifisch ausgerichtet und einheitlich ist wie das Instrumentarium marxistischer Argumentation, die reaktionär-konservativen Areale mobilisieren, wo Vorurteile, Halbbildung und Kulturpessimismus Tradition haben und die Konstruktion des Feindbildes leicht ist, das vom MSI und der gesamten Skala des antikommunistischen Radikalismus als Demokratie, Parteienstaat und Mißwirtschaft konkretisiert wird; in dieser pessimistischen Weltschau des Feindbildes sind die demokratischen Kräfte und die moderne Zivilisation die Zerstörer von Moral, Sitte und göttlicher Ordnung

Gerade die Ungereimtheiten in der MSI-Argumentation und das unzeitgemäße Pathos der Sprache ziehen Jugendliche an; ihr Waffenfetischismus, das irrationale Vokabular, der Mussolini-Mythos und die Geschichtsklitterung finden in deY MSI-Rechtfertigungsideologie ebenso Platz wie die Artikulierung der in Süditalien jahrundertealten Staatsverdrossenheit, erwachsen aus Feudal-und Fremdherrschaft und gleichermaßen gegen die komplizierten Formen der Konsensussuche nach demokratischen Regeln gerichtet. Almirante hatte bei seinem Amtsantritt richtig erkannt, wieviel Freiraum für Irrationalität in Italien für das MSI dieser demokratische Staat in seinem augenblicklichen Zustand bot

Doch obwohl es von 1969 bis 1972 den Anschein hatte, als sei mit Almirante für die Sozialbewegung und deren Flügeln aus Extremisten, Konservativen und Nostalgikern ein neuer charismatischer Führer erwachsen, zeichnete sich bereits ein Jahr nach dem großen Wahlsieg bei lokalen und regionalen Wahlen wieder ein Rückschritt ab. Trotz aller rhetorischen Eleganz und Taktik des Schauspielersohnes Almirante wird es nicht von seiner integrativen Kraft abhängen, die auf den Kongressen unter seiner Leitung erfolgreich ist, ob das MSI weiter wächst, sondern vom Verlauf der politischen Krise.

Schon in der Vergangenheit hatte die Partei versucht, Krisensituationen zu ihrem besten zu wenden. Als 1953 nach dem Ende der Ara de Gasperi eine schwache DC-Minderheitsregierung unter dem Christdemokraten Pella amtierte, versuchten die MSI-Parlamentarier mit der Stimmabgabe für die Regierung in der Triest-Frage Drude auszuüben und schickten in der geteilten Stadt die Parteijugend zum Straßenkampf. Pella stürzte zwar über das Sympathievotum, aber letztlich bewirkte die Erpressung nur, daß sich die Christdemokraten auf einer breiteren Koalitionsbasis mit den anderen Parteien einigten 1957 wiederholte sich der Kompromittierungsversuch, als die Regierung Adone Zoli, ebenfalls eine geschäftsführende Ubergangsregelung nach einem Koalitionszerfall, an den MSI-Stimmen im Vertrauensvotum scheiterte. Nach dieser Affäre mehrten sich die Anzeichen, daß innerhalb der DC sich Kräfte bewegten, die mit der ausgeleierten Mitte-Rechts-Formel Schluß machen und die politischen Linksparteien in die Verantwortung nehmen wollten — ein Prozeß, der sich allerdings noch bis 1962 hinzog 1960 wäre es dem MSI fast gelungen, eine schwache DC-Regierung auf die Seite der Rechten zu ziehen. Ministerpräsident Fernando Tambroni war mit einer faschistischen Vergangenheit belastet. Die Neofaschisten planten im Juli 1960 als Kräfteprobe einen Parteikongreß in Genua, einer Stadt, die während des Faschismus und in der Resistenza Entsetzliches erlitt. Die eigentliche Provokation bestand in der Wahl des Mannes, der diesem MSI-Kongreß präsidieren sollte. Es war der ehemalige faschistische Präfekt der Stadt, Carlo Emilio Basile, der viele Genueser Widerständler in der Salö-Republik an die Deutschen ausgeliefert hatte. Wegen des Sieges mit Hilfe des Partisanenheers über die Deutschen war der Stadt die hohe Auszeichnung der „Goldmedaille der Resistenza“ verliehen worden, und auch 1960 ertrug die Bevölkerung den Anblick der Missini nicht. Straßenschlachten fanden statt, Solidaritätskundgebungen weiteten sich im ganzen Land aus und nach einer Woche befand sich Italien in bürgerkriegsähnlichem Zustand. Die Exekutive wies die Polizei an, Demonstrationen blutig niederzuknüppeln, Abgeordnete wurden schwer verletzt und der Generalstreik ausgerufen. Tambroni stürzte und der MSI-Kongreß wurde verboten. Diese Ereignisse trugen entscheidend mit dazu bei, daß sich die permanente Staatspartei DC dazu durchrang, gegen den Widerstand der Kirche und der organisierten Industrie die politische Linksöffnung als Regierungsformel zu wagen

Die italienischen System-und Regierungskrisen, oft nur ein unwürdiges Gerangel um Macht und Pfründe der zahlreichen DC-Flügel untereinander, waren so wenig erfolgreich für das MSI. Die starke antifaschistische Front, verkörpert durch die politische Elite in allen demokratischen Parteien und in den Gewerkschaften, in Literatur und Wissenschaft, obsiegte noch immer gegen die MSI-Versuche, den Staat herauszufordern oder ihn zu usurpieren

VIII. Sozioökonomische Analyse der Ursachen für Neofaschismus

Es stellt sich die Frage nach den Gründen für die Fortdauer des Neofaschismus in einem Land, daß doch länger als andere Territorien den Faschismus erlebt und ihn konsequent mit einer Volksbewegung beseitigt hatte. Der Süden spielt als hauptsächliches Wählerreservoir des MSI eine große Rolle, wenn nach den entwurzelten Schichten gefragt wird; aber radikaler Extremismus kann nicht notwendig durch die Korrelation mit dem Pro-Kopf-Einkommen erklärt werden. Dennoch muß die Frage auch nach den ökonomischen Bedingungen und den Herrschaftsverhältnissen im Mezzogiorno gestellt werden, wenn dort die irrationalen Ideologien und neofaschistischen Reizwörter einer Partei Erfolg haben, die nach den Maßstäben westlicher Demokratien wunderlich anmutet. Inwiefern kann also der ökonomische Dualismus in Italien mit dem Nord-Südgefälle das politische Verhalten prägen und welche geographischen, historischen und soziologischen Implikationen sind dafür mitverantwortlich? In der Untersuchung wird auch zu berücksichtigen sein, warum es dem MSI in Süditalien gelungen ist, sowohl die ländlichen Schichten traditionaler Prägung und die monarchistischen Residuen zu halten als auch städtisches Wählerreservoir zu mobilisieren

Die Aufschlüsselung des Mezzogiorno-Problems mit allen seinen politischen Folgen bringt zutage, daß Italien zwar erfolgreich der Umbruch Vom Agrarstaat zur Industrienation zumindest im Norden gelang, daß aber seine inneren Strukturschwächen durch eine inflationäre Finanzpolitik nur noch vergrößert wurden. Mehr noch: Die Herabwürdigung des Mezzogiorno zu einer inländischen Kolonie machte sich gegen Ende der sechziger Jahre insofern bemerkbar, als auf diesen ökonomischen Dualismus langfristiger und dafür um so heftiger reagiert wurde wie etwa in der Revolte von Reggio Calabria, im Aufstand von Capo Rizzuto, inBattipaglia und in L'Apuila. Die zahlreichen Revolten waren nicht länger, wie die in der mehr ländlichen Phase der fünfziger Jahre, Ausdrude latenter Staatsverdrossenheit, sondern erhielten ihre zusätzliche Dynamik durch ein zahlenmäßig immens angewachsenes Subproletariat in den Ballungszentren des Mezzogiorno

Hinzu kommt, daß die ökonomischen Bedingungen des EG-Staates Italien in dessen Süd-regionen sich nicht nur für das neofaschistische Wählerreservoir der städtischen Agglomerationsgebiete von Reggio, Catania, Catanzaro, Messina, Palermo und Neapel verschlechtert haben. Die sogenannte „piccola borghesia", ein Heer von kleinen Angestellten, Lehrern, Provinzadvokaten, Händlern und Staatsbediensteten, ist in raschem Anwachsen begriffen bei ständig sich verringerndem Salär. In die Verwaltung drängt der untere Mittelstand zur wirtschaftlichen Absicherung durch eine wenn auch geringe Staatspension, während die Intelligenz sich zu einem jährlich wachsenden arbeitslosen akademischen Proletariat formiert.

In den fünfziger Jahren war es vornehmlich die DC mit ihrem Einfluß der „Parocchi“ (Dorfpfarrer), die im Süden die Früchte der Armut, der Organisationslosigkeit und des Analphabetentums erntete. Die Kommunikati-onsschwierigkeit der in strengen Abhängigkeitsverhältnissen gehaltenen Bauern und Kleinpächter kanalisierte die Regierungspartei durch ortsansässige priviligierte Schichten. Der Lokalnotabel verkörperte die politische Aktivität durch seine Person und repräsentierte die Interessen; politische Appelle wandten sich an die verwurzelten Werte. Die frühkapitalistischen Strukturen und die Resignation der Bevölkerung kam dieser Politik entgegen, die mit den konstanten familiären Bindungen rechnete, auf denen sie die partei-eigene Wertordnung von der . natürlichen Ordnung der Dinge“ aufbaute

Mit der neuen republikanisdi-demokratisdren Staatsform und der in der Verfassung projektierten Demokratisierung wurde aber die Rückständigkeit des Mezzogiorno zum Problem, denn die Vorstellung von der regionalen Selbstverwaltung beruhte ja auf gleichen Start-chancen. Wie konnte aber ein demokratischer Staat rechtfertigen, daß bei dem raschen Industrialisierungsprozeß die Südregionen Gefahr liefen, im Wettbewerb mit Norden zu dem Verwaltungseinheiten zweiter Klasse abzusinken, da sie wirtschaftlich und finanziell unzureichend ausgerüstet waren? Dies war einer der Gründe für die ständige zeitliche Aufschiebung regionalen Ausbaus, zu dem später

das Argument politischer Art trat, die Regionalregierungen würden sich zunehmend aus linken Koalitionen zusammensetzen

Sicher übernahmen die Demokraten nach dem Kriege das Südproblem als Resultat einer langen historischen Entwicklung, denn die Rückständigkeit des Mezzogiorno basiert auf einer unglücklichen Synthese von geographisch-historischen Zusammenhängen, deren Interdependenzen die Besonderheit des negativen Faktenkataloges bestimmen:

Der Norden Italiens umfaßt die Industriestädte und die ertragreichen Agrargebiete der Po-Ebene. Die Bodenschätze rechtfertigen durch Ertrag und Gewinn intensive Investitionen und die Entwicklung technischer Instrumentarien. Der Mezzogiorno macht zwei Fünftel des gesamten Staatsgebietes aus mit etwa 40 Prozent der Bevölkerung; seine Region Sizilien, die seit Beginn der Republik umfangreiche Autonomie besitzt, sowie die mit Molise zu einer Einheit zusammengeschlossenen Abbruzzen, Kampanien mit Neapel und einer fruchtbaren Landwirtschaft, die karge und fast ganz vom Meer abgeschlossene Basilicata, das dem Balkan zugewandte Apulien am Stiefelabsatz und Kalabrien am anderen Ende der Halbinsel entsprechen dem Gebiet des ehemaligen Königreiches von Neapel

Die unterschiedlichen Stufen der ökonomischen Entwicklung und diese Strukturverschiedenheit bedingten die Spaltung des Landes in einen nördlichen Industriestaat und ein südliches Agrarland, das 1870 unter nationalstaatlich-monarchistischen Gesichtspunkten Einheit äußerliche im Königreich Italien fand. In der solcherart zusammengefaßten dualistischen Volkswirtschaft steht bis heute das Moderne neben dem Traditionellen; eine Trennungslinie zwischen Norden und Süden teilt die Wirtschaft und die politische Kultur praktisch in zwei Länder: nördlich von Rom ist Italien eine der zehn wichtigsten Industrienationen und unterhalb davon besteht den Strukturmerkmalen nach ein Entwicklungsland mit einem Einkommensniveau weit unter dem allgemeinen Status, mit Bevölkerungsdruck, infrastruktureller Isolation und Auswanderungsbewegung. Hunger, Arbeitslosigkeit, Kapitalmangel und niedriger Ausbildungsstand waren bis nach dem Krieg die symptomatischen sozioökonomischen Charakteristika, die in der Bevölkerung bei den quasi-feudalen und paternalistischen Bindungen an den Großgrundbesitz eine undynamisch-präindUstrielle Einstellung zur Arbeit bewirkten ’

IX. Geschichte und Entwicklung der italienischen Südfrage

In historischer Retrospektive gesehen begann die Problematik des Nord-Süd-Gefälles bereits nach der Entdeckung Amerikas, als es dem Norden Italiens gelang, mit seiner relativ zentraleuropäischen Lage den nach diesem Ereignis erfolgenden Umbruch der Standortbedingungen mitzuvollziehen; die Handelsinteressen verlagerten sich vom mediterranen Raum zu den Weltmeeren, eine Entwicklung der Degradierung des Mittelmeers vom vitalen Handels-und Zivilisationszentrum zum Inlandssee setzte ein, wobei die räumliche Aufsplitterung des Mezzogiorno, seine unzugänglichen Gebirge mit der kargen Bodenbeschaffenheit und den schlechten Wasserverhältnissen ihn aus der Handelskonkurrenz warfen-, das unausgeglichene Klima bedingte Krankheiten und engen Nahrungsmittelspielraum, so daß sich die Isolation rasch vollendete’ Wirtschaftsverfassung und Sozialstruktur in ihrer Nord-Süd-Differenz wurden durch die Herrschaftsverhältnisse weiter verfestigt. Städte, Handel und Bürgertum florierten jahrhundertelang im Norden, feudale Fremdherrschaft und Großgrundbesitz ließen seit dem normannischen Lehnstaat weder städtische Selbständigkeit noch Mittelschichten als Träger für außenwirtschaftlichen Reichtum aufkommen. Später war der Kolonialimperialismus der Anjou in Neapel vom Geld und Handel Norditaliens abhängig, während Käuferschichten im südlichen Mittelmeerraum von den konkurrierenden Arabern, Franzosen und Engländern okkupiert wurden

Mit der italienischen Einigung wurde das physiokratische Staatsmodell und der Groß-grundbesitz feudalistischer Provenienz in den Zentralstaat des Königsreichs vereinnahmt. Die meridionale Herrschaftsschicht stieg zur Exekutive der verwaltungsrechtlichen Eingliederung des Südens auf. In dieser Funktion sorgte sie dafür, daß staatliche Subventionen und Schutzzölle die überkommenen An-bauweisen der extensiven Getreidekultur und der traditionellen Weidewirtschaft stützten. Landarbeiter und Kleinbauernschicht prägte eine introvertierte soziale Werthierarchie, in der einzig der Familienverband Schutz gegen die nun in der römischen Zentraladministration und im Parlament des liberalen Systems befindliche priviligierte Oberklasse bot. Diese beschloß Personalsteuern, die vielköpfige Bauernfamilien unproportional belasteten und die Leistungsmotivation des Landvolkes verringerten, so daß das Mißtrauen gegen die in der fernen Hauptstadt residierende „classe dirigente“ und deren geringe Investitionsfreude im Süden wuchs

Hatte vor 1870 im Mezzogiorno etwa in Neapel und in Kalabrien noch Metall-und Maschinenindustrie bestehen und sogar mit dem freihändlerischen Norden konkurrieren können, so hob die Einigung mit dem Wegfall binnenländischer Zollschranken auch mit dem Erlöschen dieser Industrien die Konkurrenzfähigkeit der Seide-und Stoffabrikation und der Papiermühlen im Liri-Tal auf. Zum wachsenden Kapitalgefälle im Königreich kam ein Rückgang der gewerblichen Industrie hinzu, die einsetzende Binnen-und Auswanderung entvölkerte ganze Landstriche

Nach dem Ersten Weltkrieg und der Krise des liberalen Systems brachte auch das Autarkie-programm des Faschismus trotz punktueller Urbarmachung von Sümpfen und Bauernansiedlung nur weiteren Strukturverlust. Im Rahmen der imperialistischen Expansionspolitik unternahm der Faschismus 1936 vor dem Hintergrund des Abessinienkrieges die „bonifica integrale“, eine Produktionsankurbelung zur Selbstversorgung, die die vorhandenen Strukturen der raubbauähnlichen Latifundien-praxis noch intensivierte, während kleinere Kapitalhilfen in Form von Agrarkrediten im Analphabetismus der Kleinbauern versandeten

Die Auswirkungen des Zweiten Weltkrieges trafen den Süden als Invasionsgebiet mit der Zerstörung durch Faschisten, Deutsche und einmarschierende Alliierte daher doppelt und brachten der in der Kriegszeit angewachsenen Bevölkerung Hunger und Elend

Die trostlose Situation, die ihren Niederschlag in den Romanen des ehemaligen Faschisten Malaparte fand brachte zunächst politisch in Neapel die Qualunquistenbewegung hervor, die die uralte Protesthaltung gegen jede Form von Staatlichkeit artikulierte und „Jedermann" (für Uomo qualunque) in eine antidemokratische Front binden wollte. Den das „Uomo qualunque" löste das MSI ab, das Erbe der historischen Erfahrungen mit den Herrschenden bei den Mittel-und Unter-schichten des Mezzogiorno antrat und ein neues Schreckgespenst der kommunistischen Terrorherrschaft heraufbeschwor.

Die Nachkriegsregierungen versuchten zunächst, durch Gesetze zur Verteilung von Latifundienbesitz und zu einer vernünftigen Bodenreform zu kommen. Die Nord-Süd-Disparität sollte langsam durch Organisation von Kapital und Geldhilfen aus dem Marshallplan gemildert werden, später übernahm eine Investitionskasse für den Süden (Cassa per il Mezzogiorno) mit großen Geldfonds die Projektfinanzierung zur Industrialisierung. Reformgesellschaften und ein eigens bestelltes Ministerium verwalteten die Mittel und vergaben die Aufträge

Mit Hilfe dieser bis heute existierenden und vielfach aufgestockten Kasse führten Staat und Privatinitiative die Errichtung von Grundstoffindustrien im Süden durch. Dabei unterliefen sowohl in einer ersten präindustriellen Phase bis 1960 als auch in der folgenden und noch nicht abgeschlossenen Stufe der Entwicklung von Schwerindustriezonen im Rahmen der EWG-Integration schwere Fehler: Bei dem angewandten Prinzip der Geldverteilung versandete ein großer Anteil oder fiel der Korruption anheim; sodann erwies sich die Vorstellung als irrig, daß man quasi durch Verwaltungsbeschluß und ohne eine exakte Analyse der Gegebenheiten den Süden in die gesamte Mechanik der hohen wirtschaftlichen Wachstumsraten am Ende der fünfziger Jahre einfach einbeziehen könne. Ferner wurde die industrielle Entwicklung allein in Zonen mit gewissen infrastrukturellen Voraussetzungen konzentriert mit der Folge, daß in den besagten Gebieten zwar Schwerindustriezentren wie Italsider bei Tarent entstanden, aber ohne das für die Infrastruktur lebenswichtige Agglomerationsgebiet mit zusätzlichen Arbeitsplätzeangebot von Zulieferer-und Weiterverarbeitungsindustrien. Die Errichtung dieser oft kritisierten „Kathedralen in der Wüste" hatte die negative Nebenwirkung, die Bevölkerung der Gebirgszonen des sogenannten „Mezzogiorno interno" zum Zuzug in das Industriegebiet anzureizen, wo jedoch die hochtechnisierte Fertigungsweise das Arbeitsangebot kontingentierte und die Zuwanderer unter unwürdigen Lebensbedingungen in der städtischen Peripherie verelendeten

Nicht zuletzt hat die gesamte Reformpolitik für den Süden trotz aller optimistischen Ansätze den Wettlauf mit dem zentralstaatlichen Bürokratisierungsprozeß nicht gewinnen können, der auch die Verwaltung der Südkasse und ihre Substruktur erfaßte. Kontrollinstanzen für Programm, Vergabe und Budget wie zur Eindämmung von Mafia und Verteilungsspekulation hätten allenfalls die noch nicht überall autonomen Regionalregierungen darstellen können

Bevölkerung und Abwanderung wuchsen weiter an und wenig änderte sich an der Abhängigkeit der Klein-und Halbpächter; der Groß-grundbesitz bestand weiter wie das ihm zu Diensten stehende Heer von Tagelöhnern (braccianti) und die zahlreichen unrentablen Kleinparzellen. Die fatalistische Mentalität der Meridionalen sah sich in der Animosität gegen die Zentralregierung bestätigt, wenn eklatante Investitionsfehler sichtbar wurden, wenn etwa Schulen in Geisterdörfern gebaut wurden, deren Bewohner die Mafia vertrieben hatte, wenn in unwegsamen Gebieten Straßen entstanden, deren Bestimmung allein der Vergabebehörde bekannt schien oder wenn plötzlich aufwendige Anlagen hoffnungslos verkarstete Schafweiden bewässerten Heute ist zweifelhaft, ob sich das Gefälle des Pro-Kopf-Einkommens zwischen Norden und Süden jemals angleicht, ob und wann eine genügende Menge von Arbeitsplätzen die Landflucht jemals aufhalten kann Die Auswanderungsdaten zeigen noch immer hohe Quoten im Süden, an der Spitze die inneren Gebiete und Bergregionen

Unvermindert stark mit steigender Tendenz ist die Binnenwanderung nach dem Norden, in der Auswirkung für die Migranten wegen der Mentalitätsunterschiede fast so schwer erträglich wie die weiterhin bestehende Emigration nach USA, Kanada und Südamerika. Die verstärkte Nordwanderung macht sich bereits in den Peripherien des wenig industrialisierten Rom bemerkbar. Dort wie in anderen Metropolen bilden sich Wohnballungsgebiete, deren suburbane Struktur von Zuwanderern aus dem Süden geprägt wird. Die schlechten Verhältnisse dort sind nur die äußeren Anzeichen für die soziale Degradierung mit Frustration und Isolation in solchen Mietskasernen, die vom Norditaliener als .coree“ bezeichnet werden (Plural von Korea)

So erreichen im modernen Italien die sozialen Kontraste eine seltene Intensität: Neben den ultramodernen Großbetrieben existieren eine Vielzahl von archaischen und ineffizienten Kleinfertigungsstätten, deren Produktion sich oft auf Heimarbeit und Erledigung von Sekundäraufträgen mit Minimallöhnen beschränkt. Die Landflucht wird durch die Bildung von modernen Produktionszonen für die Industrie wie für die Landwirtschaft nicht aufgefangen-, die Arbeitslosigkeit (Stand im Sommer 1974 etwa 700 000) und der Prozentsatz an Teilzeitarbeitern übertreffen viele Industrienationen. Gegen den hohen Entwicklungsgrad der modernen großen Privatwirtschaft sticht der rückständige Sektor der öffentlichen Dienstleistungen kraß ab, der sich überall als übergroß aufgeblähte Klientelbürokratie zeigt und Justiz, Armee, Polizei und den gesamten öffentlichen Dienst kennzeichnet

X. Politische Kultur und Partizipation

Die MSI-Wählerschichten im Mezzogiorno waren traditionell das Kleinbürgertum, welches nach neuesten Berechnungen stark im Anwachsen und nach ökonomischen und sozialen Kategorien stark differenziert ist, da im Süden die Grenzen zu Lohnempfängern und Bauern fließend sind Das niedrige Bildungsniveau dieser Schichten erklärt zum Teil die leichte Rezeption der plumpen Klischees neofaschistischer Propaganda. Experten zählen etwa 70 Prozent der Italiener dem Halbanalphabetismus zu, den auch die Reformpolitik für den Süden nicht beseitigen konnte. Man hatte zwei Jahrzehnte lang versucht, den krassen Analphabetismus der Unterschichten abzubauen und zugleich der Vorliebe der Eliten für die humanistische Bildung gegenzusteuern. Die Grundschulreform wurde im Süden jedoch vielfach boykottiert, weil die Arbeitskraft der Kinder zur Aufbesserung des schmalen Familieneinkommens gebraucht wurde. Staatlicher Druck und Kontrolle des Schulbesuchs fehlten meist, denn auch ein Carabinieri nimmt an Kinderarbeit zur Schulzeit im Süden keinen Anstoß. Zudem waren oft die Schulwege weit, Lehrer und Gebäude modernen Maßstäben nicht entsprechend und die Aussicht gering, später das Gelernte beruflich umsetzen zu können

Die Oberschicht jedoch drängte auch unter harten persönlichen Opfern in Gymnasien und Universitäten, wo vorzugsweise Jura und Literatur studiert wurde. Der herrschenden Auffassung der Süditaliener zufolge boten nur diese Studien die Grundlagen für kulturelles Niveau und entsprechende Aussicht auf Sozialprestige einer politischen Elite. Aber der allgemein nivellierte Universitätsabschluß mit der Dissertation entspricht in der Qualität etwa nur dem deutschen Magister und ist als Berufsqualifikation wenig brauchbar, bei dem niedrigen Arbeitsangebot und gleichzeitigen enormen Zulauf zu den entsprechenden Fakultäten bietet der Doktortitel keine Berufs-garantie. Im Gegenteil: Der schwindende Wert des Diploms und der schöngeistigen Dissertationen verursacht steigende Arbeitslosigkeit der Intellektuellen, die aber dennoch im Studium weiterhin die Chance für eine Karriere sehen Viele Studierende sind vollberuflich tätig und als Externe an den überfüllten Universitäten eingeschrieben (Durchschnittskapazität der großen Universitäten 50 000 Immatrikulierte). Speziell die Überzahl der Literatur-und Geisteswissenschaftler hat nur im Lehrerberuf Anstellungschancen, die sich aber nur etwa für jeden zweiten realisieren. Die zahlreichen Juristen haben zwar die Möglichkeit, in der Staatsverwaltung unterzukommen, das allerdings setzt gute Klientelbeziehungen zu den Parteien voraus, oder sie reihen sich im Mezzogiorno in das Heer von Notaren und „avocati" ein und interpretieren für die Bevölkerung die juristische Fachsprache gegen bescheidenes Honorar.

Da die Lage für die Studierten schon schlecht ist, erweisen sich die beruflichen Aussichten der rund 70 Prozent „Semi-analfabeti" als bedrückend. Mit einer „licenza elementare“, dem Volksschulabschluß nach fünf Jahren Schulbesuch, kann man mit den Worten eines italienischen Sozialwissenschaftlers höchstens Briefe schreiben oder lesen und den Sportteil der Tageszeitung verstehen, nicht aber aktiv am öffentlichen Leben teilnehmen, in dem die byzantinistische Amtssprache vorherrscht überhaupt ist Italien mit nur 10 Prozent Zeitungslesern die Provinz im europäischen Pressewesen. Eine üppige Menge von Strips, Foto-romanen und Skandalblättern stößt in diese Lücken: das beste Beispiel für die Primitivität solcher Hefte ist die wöchentliche Ausgabe des neofaschistischen Blattes „II Borghese", das einen im Mittelteil befindlichen Anhang von Fotos und Fotomontagen aus Politik und Kultur bietet, in dem mit pornographischen Bildern und eindeutig voyeuristisch eine scheinheilige Moralkritik am Zustand der Gesellschaft geübt wird

Die seriöse bürgerliche Tagespresse vermag mit den langen Parlamentsberichten und den ausgedehnten Reportagen nur wenige der Mittel-und Unterschicht zu fesseln. Die undurchsichtigen Äußerungen der Regierung, die kein einheitliches Presseamt besitzt, und die wirtschaftliche Verflechtung der Zeitungen mit der privaten wie der Staatsindustrie (ENI und Montedison) tragen zur unklaren Berichterstattung bei; daher ist die Sprache im politischen Teil oft verschleiernd und ohne konkrete Information. Die geistreichen Feuilletons hingegen, wie sie von der Turiner Zeitung „La Stampa" und dem Mailänder „Corriere della sera" gepflegt werden, sind zwar stets Plattformen der zur Disputation eingeladenen intellektuellen Elite aus Politik und Wissenschaft — und bei vielen verbinden sich die Funktionen des Professors, Parlamentariers und Wirtschaftlers in einer Person —; aber in diese Welt der Sprache und des Ausdrucks einzudringen bleibt der Legion von Halbanalphabeten mit der Licenza elementare verwehrt. Das Gefälle von intellektueller Elite und Halbgebildeten ist eine entscheidendes Problem der italienischen Gesellschaft, die sich die neofaschistische Propaganda zunutze macht

Die Wählerschaft des MSI bei den Wahlen zwischen 1970 und 1972 war hauptsächlich in den großen Mezzogiorno-Städten beheimatet und wird allgemein als das gegen die wirtschaftliche Aussichtslosigkeit revoltierende städtische Subproletariat angesehen. Es setzt sich aus den ländlichen „piccola borghesia" (Kleinbürger) zusammen und verrichtet keine oder unterbezahlte Arbeiten. Diese Massen zogen in die Gebiete an den Stadträndern, in denen die Bau-Mafia zwar wie in Palermo Wohnsilos hochgezogen hatte, wo die öffentlichen Dienstleistungen aber mitunter gänzlich ausblieben n

Ein weiterer Wählerstamm rekrutiert sich aus sozial absteigenden kleinen Advokaten, mittleren Justizbeamten, Polizeimeistern, Lehrern und aus meist in der CISNaL organisierten Angestellten. Sie sehen im MSI das Bollwerk einer organischen, sauberen und autoritären Gesellschaft programmiert, die ihren Ord-nungsvorstellungen vom starken Staat ohne Drogen, Gewerkschaften, Kommunismus und Parteienstreit entspricht. In den vergangenen Jahrzehnten hatte diese schlechtbezahlte Mittelschicht im Süden, in der hierarchischen sozialen Rangordnung der Mezzogiorno-Parzelle in Dorf und Kleinstadt, noch Prestige besessen und die Staatspartei gewählt. Als traditionelle Wachter der familienbezogenen Binnenmoral war sie Teil einer staatlichen Ordnungskategone, mit der sie sich identifizierte und als die sie sich gemeinsam mit den Landbesitzern auf irgendeine Weise vom gemeinen Volk abhab. Die konservative Haltung solcher Lokaleliten schlug in reaktionäre Affekte um, wenn bei zunehmender Migration und sozialem Wandel der Umsturz der sozialen Wertskala erfolgte, wenn etwa ein Heimkehrer mit den in der Fremde erworbenen Ersparnissen und neuem Bewußtsein die festgefügte Rangordnung durchbrach Wenn dies geschieht, wird MSI als Anti-System-Op-Position gegen das Parteiensystem gewählt, das solche Umkehrung der Werte zuläßt, Da die Parteien das Land nach aufgeteilten Revieren kontrollieren — die KPI bildet hierbei keine Ausnahme — und das MSI daran keinen Anteil hat, stößt das MSI-Schlagwort von der »verfluchten Parteienherrschaft" (partitocrazia) in das Zentrum der Volkswut über die Praxis der Bürokratie mit ihrer Klientel-und Vetternwirtschaft, die den latenten Glauben an die Korruptheit aller Regierungen untermauert. Ohne die Pressionskanäle der „Clientela" kann sich der einzelne nicht durchsetzen, so daß er gezwungen ist, seine Interessen gegenüber Regierung und Verwaltung mit einem Netz von Beziehungen ? u wahren und vertreten zu lassen. Hierzu dienen die ausgedehnten politischen Subsysteme des sogenannten „sottogoverno", das wiederum dreigeteilt ist nach Einflußnahme der Parteien des laizistisch-bürgerlichen, des katholischen oder des sozialistisch-kommunistischen Lagers. Mit dem „sottogoverno" und seinen Kanälen sind Bürokratie, Wirtschaft und Interessengruppen eng verflochten; für den Bürger haben allein solcherart über das „sottogoverno" eingeleitete Einzel-initiativen Erfolgsaussichten, auch wenn es sich etwa nur um den Zuschlag bei einer beruflichen Bewerbung für eine Stelle im niederen Dienst handelt. Alle diese Stellen, ob bei

Straßenbahn oder Museen, werden im Wettbewerb eines „Concorso" -Systems ausgeschrieben, wobei der Bewerber mit der besten Klientelbeziehung die Liste stets anführt

In diesem System ist für politisch mündige Partizipation wenig Platz. Von dieser Block-verteilung der Interessenvertretung und der Einflußname ist das MSI als Kleinpartei weitgehend ausgeschlossen, Die MSI-Polemik gegen die Klientelpraxis entspringt daher nicht altruistischen Gründen, sondern wendet sich gegen den Ausschluß aus dem Verteilungsverfahren, Im Mezzogiorno aber, wo die Klientelpraxis noch ausgeprägter bemerkbar ist, macht sich mit anwachsender Zahl der MSI-Repräsentanten und -Bürgermeister auch eine neofaschistische Clientela bemerkbar Viele Wähler der Sozialbewegung identifizieren sich mit der neofaschistischen Kritik am System, weil die Diktion ihrer Propaganda bei den Wahlveranstaltungen zwar primitiv ist, aber doch im Gegensatz zu vielen Rednern aus den überalterten Eliten anderer Parteien die Neofaschisten und ihre Appelle im Mezzogiorno verstanden werden. Das MSI konzentriert sich je nach Region besonders auf den ausgeprägten munizipalistischen Lokalpatriotismus, der ein besonderes Kennzeichen in der Spaltung der politischen Kultur Italiens ist. Im Bewußsein der Sizilier, Kalabresen und Apulier, vor allem wohl der Neapolitaner, besteht ein solcher regionalistischer Ethnozentrismus, daß die politischen Lokalmatadoren im Wettkampf um die Wählerstimmen scharf mit ihm rechnen müssen Bis 1958 hatte Achille Lauro, Neapels Monarchistenführer, allein mit der Mobilisierung des „Campanilismo“ unbeschränkt regieren können, indem er die Bevölkerung mit Canzone-Festen für sich gewann und wie ein letzter Bourbone herrschte, während unter seiner Bürgermeisterschaft die Bau-Mafia die einst so schöne Stadt mit der heutigen Skyline verunzierte Die MSI-Programmpunkte von der „mediterranen EWG" als „Kristallisationspunkt für den Mezzogiorno" werden im Süden bejubelt, obwohl sie jeder Realität entbehren, und Almirante kann stets glaubthaft gegen die Regionalisierung geltend machen, vor allen europäischen Konzentrationen müsse zuerst die fehlende politische Einigung der zerrissenen italienischen Nation vollzogen werden.

Dem ökonomischen und kulturellen Gefälle zwischen Norden und Süden entspricht eine tiefe Aversion zwischen den Bewohnern des „Italia settentrionale" und dem Mezzogiorno, die besonders in den Ballungsgebieten bis zur Feindschaft gegen die zugewanderten „terroni“ geht. Wenig oder überhaupt nicht sind diese Vorurteile unter der Industriearbeiterschaft auszumachen, da die gemeinsame Arbeitskampfsituation und identische Forderungen mit dem Meridionalen am Fließband zum solidarischen Klassenbewußtsein beiträgt, das im Norden die Arbeiterschaft zur relativ honogenen „classe operaia“ macht Die Gründe für die Animositäten der Mittel-und Oberschicht liegen mit in der Tatsache, daß vorwiegend Süditaliener die Schlüsselpositionen der Ministerialbürokratie und der Verwaltung besetzen, weil sie aus Statusgründen und in der Klientelpraxis für den Weg nach oben geübt den öffentlichen Dienst einer privaten Beschäftigung vorziehen. Die antiquierte Struktur der Verwaltung wiederum bietet für die umfangreiche Spezi-Politik der Clientela weiten Raum, so daß sich der Teufelskreis hier schließt. Untersuchungsergebnisse haben gezeigt, das Meridionale fast alle zentralen Ressorts in den Ministerien stellen, womit sich für viele Norditaliener das Vorurteil bestätigt, Klientel-und Mißwirtschaft seien eine Seuche südlicher Herkunft

Die gesamte ungelöste Problematik mit allen ihren Aspekten wird durch den institutioneilen überbau noch wesentlich kompliziert. So hat Italien ein diffiziles politisches System mit gegenwärtig neun Parteien, qua Wahlsystem durch keine Marge nach unten wie etwa die Fünf-Prozent-Klausel der Bundesrepublik limitiert. Das Blockmuster von rechts-links-mitte, dem sich die einzelnen Parteien zuordnen lassen, wird zusätzlich durch die Antipoden wie laizistisch-konfessionell oder system-konform aufgeteilt; eine Fülle von Kombinationsmöglichkeiten für Koalitionen ergab sich aufgrund dieser Korrelationen, von italienischen Wissenschaftlern entweder „popularisierter Pluralismus“ (pluralismo polarizzato) genannt oder aufgrund der Stellung der beiden größten Parteien DC und KPI im System als ein „bipartitismo imperfetto" bezeichnet über die Koalitionsfähigkeit der kleineren Parteien entschied allein die konfessionelle, aber heterogene Massenpartei DC, so daß eine der Auffassung westlicher Demokratien vom „alternative government" entsprechende Opposition dadurch nicht an die Regierungsverantwortung kam, daß die DC rechts oder links mit Kleinparteien koalierte. Die kommunistische Partei und ihr alter Partner aus der Volksfront, die Nenni-Sozialisten, wären eine Alternative gewesen, die aber weder die zahlenmäßig kleinen Sozialdemokraten, die Liberalen oder die Republikaner verwirklicht sehen wollten; von ihrem Konsensus hing aber die Mehrheit einer solchen Regierung ab Nach der Apertura a sinistra 1962 waren auch die Sozialisten, obwohl nur bedingt system-konform, für die DC koalitionsfähig, nicht aber die KPI oder das MSI. Die Neofaschisten polarisierten daher aus diesem ständigen Abseits einer Anti-System-Opposition heraus den politischen Kampf gegen DC und KPI. Letzteres entsprach dem immanenten faschistischen Feindbild und erfuhr keine Änderungen. Die Opposition gegen die DC hingegen wurde recht differenziert durchgeführt, da mit dem allmählichen Verschleiß der Staatspartei innere Risse sichtbar wurden, die das MSI zu nutzen versuchte, und es gab sogar verschiedentlich Vorstellungen in der rechten Führungsmannschaft der DC, die dem MSI in seiner Konzeption vom autoritären Staat für Italien entgegenkamen. Es hatte in den Jahren der Krise um 1960 in Kreisen um den Florentiner Professor Maranini und den damaligen Staatspräsidenten Giovanni Leone Forderungen nach Abschaffung der „partitocrazia" und Neuordnung nach gaullistischem Modell gegeben, die der Programmatik der MSI-Führung unter Michelini sehr glichen

XL Justiz, Armee und Polizei: Faktoren der „repressivenGewalt"?

Immer wieder ist zu bedenken gegeben worden, daß die RSI-Nachfolgeorganisation aus Kreisen der Wirtschaft große Mittel erhielte, bei Demonstrationen von den Ordnungskräften geschont und die anhängigen Prozesse gegen neofaschistische Protagonisten wissentlich von der italienischen Justiz verschleppt worden seien.

Nach der italienischen Verfassung wie auch nach dem 1953 verabschiedeten Scelba-Gesetz faschistischen ist die »Wiedererrichtung einer Partei'sowie und Verbreitung Verherrlichung faschistischer Inhalte, Ideologien und Programme untersagt. Diesen Tatbestand erfüllte jedoch MSI wie die zahlreichen das Gruppen mehrfach, militante besonders die Parteijugend. Die Ineffizienz der italienischen Justiz war teilweise durch die prozedurale Kompliziertheit bedingt; festgefügte richterliche Hierarchien, die in der Instanzenpyramide miteinander konkurrierten, erlaubten bis 1973 die Verzögerung von Prozessen gegen Neofaschisten, die von Region zu Region geschoben wurden oder ganz versandeten. Die Bedenken italienischer gegen mit Demokraten dem Faschismus sympathisierende Richter waren zum Teil berechtigt, da diese alte Garde nie ausgewechselt wurde Der 1956 seit existierende Verfassungsgerichtshof (Corte constizuzionale) kann — anders als das deutsche Bundesverfassungsgericht — keine Parteien auflösen.

Die Kompetenz für die Initiative gegen den Faschismus lag nach Verabschiedung der Lex Scelba bei der Exekutive. Seit den Ereignissen von 1969 scheint eine junge Generation von Richtern (Pretori e questori der unteren Ränge) mit geschärftem Bewußtsein gegen die neofaschistische Gefahr anzugehen. Erstmalig seit dem Inkrafttreten des Scelba-Gesetzes, mehr als zwanzig Jahre danach, erging ein rechtskräftiges Urteil, das für künftige und vergangene Fälle Präzedenzkraft haben kann. Im November 1973 fällte der römische Gerichtshof nach den obengenannten Kriterien des Gesetzes ein Urteil gegen die Restgruppe der „Ordine Nuovo“, die sich nach dem Wiedereintritt Rautis gespalten hatte. Somit war das Verbot ausgesprochen, traf aber nicht den eigentlichen harten Kern, der sich wieder in das MSI integriert hatte. Die Schwierigkeiten, gegen den Führer Rauti vorzugehen, waren mittlerweile trotz dessen anliegenden 42 Strafverfahren gewachsen, da er als Parlamentsmitglied Immunität genießt, die nur nach sehr langwierigem parlamentarischem Procedere aufgehoben werden kann

Trotz der zahlreichen Vertuschungsversuche bei einschlägigen neofaschistischen Delikten, der die bei vergleichbaren Vertretern radikalen Linken nicht zu bemerken sind, hat der Schock des heißen Herbstes die antifaschistische Front auch in den Staatsanwaltschaften zu verstärkter Wachsamkeit geführt. In Mailand, Padua und Rom fanden sich mutige Männer, fälligen die die längst Dossiers gegen das MSI und das radikale Untergestrüpp anlegten, und seit 1971 läuft die Anklage des mittlerweile verstorbenen Generalstaatsanwaltes Espinoza gegen das MSI aufgrund folgender Ermittlungen: Ausübung von Gewalt mit Waffen und Drohungen als Mittel der politischen Auseinandersetzung; Kampf gegen die durch die Verfassung garantierten Freiheiten, Verleumdung der der demokratischen Institutionen und gegen die Werte der Resistenza; Bejahung rassistischer Prinzipien und Manifestationen kriegerischer und paramilitärischer Natur.

Die voluminöse Materialsammlung erreichte, daß 1974 durch das Parlament die Aufhebung der Immunität von Almirante und Cerullo durchgesetzt wurde und damit der Weg zur gerichtlichen Untersuchung frei ist, die durchaus zum Verbot des MSI führen kann.

Besonders in Kreisen der linken Intellektuellen war unter dem Eindruck der Verhältnisse in Griechenland, Portugal und Spanien die Möglichkeit eines Militärputsches stets besorgt diskutiert worden Die Reisen der Neofaschisten in diese Länder zur Kontakt-pflege, die Tätigkeit des griechischen und amerikanischen Geheimdienstes in Italien und besonders an den Universitäten sind ebenso erwiesen wie die Vorliebe des MSI für diese Modelle von Rechtsdiktaturen als Heilmittel für die italienische Misere Almirante deutete die Rolle der italienischen Streitkräfte für eine „nationale Rettungsaktion" vor der Mißwirtschaft der Parteiendemokratie offen in Pressekonferenzen an, die Programmatik der Partei und die Bildung der „Armeefreunde“ -Gruppen zielten auf die Armee In der Hoffnung, die Denk-Und Ordnungskategorien des militärischen Reglements erfolgreich als identisch mit den nationalen Hierarchievorstellungen des MSI darzustellen” Nach der Fusion mit den moribunden Monarchisten versuchten die Generäle und Admirale in der MSI-Spitze die Militärs in den Streitkräften verstärkt auf ihre depressive psychologische Situation anzusprächen — depressiv deshalb, weil viele ihr Sozialprestige eng mit dem Ansehen der Staats-autorität verknüpften, das ständig sank.

Die Armee war im Faschismus im Vergleich zu dessen politischen Organisationen auch eher zweitrangig, doch eine zuverlässige Karriere-und Prestigeleiter gewesen. Nach dem Krieg wurde sie im Rahmen der nordatlantischen Verteidigungsgemeinschaft reorganisiert und vergrößert, aber auch den Klagen aus Armeekreisen zufolge mit weitgehend unmodernem Material ausgerüstet Zunehmend wurden ihre Einsatzaufgaben die internen Konflikte, bei denen sie als Hilfstruppen der Polizei fungierte. Dem angespannten Klima der fünfziger Jahre entsprach der ideologische Druck in den Kasernen. Bei den oberen Rängen trat das Gefühl von zunehmendem Disengagement der USA für die Belange Italiens ein, Unzufriedenheit über Prestigeschwund und schlechte Bezahlung beherrschte alle Ränge. Andererseits war die Armee durchaus ein politischer Machtfaktor. Der Verteidigungshaushalt ist der undurchsichtigste Teil im Staatsbudget, so daß nicht nur die oppositionelle Linke die mangelhafte Kontrolle des militärischen Apparates und der Ausgaben-und Personalpolitik tadelte. Unzureichende Übersicht mit parlamentarischen Mitteln und das schwache öffentliche Interesse an diesen Fragen trugen zur Verselbständigung der militärischen Führung bei, während die Forze Armate mit den Jahren zu einer riesigen Bürokratie mit großem Personalaufwand heranwuchs, die wie andere staatliche oder halbstaatliche Verwaltungsmonstren in keinem Vergleich zur Effizienz steht: Ausgabenuntersuchungen zeigten, daß Verteidigungsbereitschaft und Etat immer weiter divergieren. Neben rund einer Viertelmilion Dienstpflichtigen hat die Armee 200 000 Arbeitsplätze, deren Verteilung im Klientel-verfahren von Interessengruppen und Parteien gehandhabt wird.

Die Disproportionalität in den Größenordnungen erreichte bereits 1967 ein groteskes Ausmaß, als rund 552 Milliarden Lire an das Personal und allein 234 Milliarden an Pensionen gezahlt wurden. Die Praxis der scheinbar durch obskure Pressionskanäle arrangierten Beförderungen schuf mit einem Heer von Admirälen und Generälen eine hochdotierte und unnütz breite Führungsspitze. In Zahlen ausgedrückt waren 1967 statt der vorgesehenen 192 Generäle 474 vorhanden, statt 70 Admiräle 202, in der Luftwaffe statt 65 Generäle 228, so daß Italien im Mai 1969 insgesamt 1033 Generäle und Admiräle besaß — bis zum heutigen Zeitpunkt mit Sicherheit noch mehr. In der Praxis bedeutet eine entsprechende Umrechnung auf die Kapazitäten, daß etwa 15 Admiräle auf jedes größere Kriegsschiff entfallen, während in der restlichen Welt ein Admiral im allgemeinen eine Flotte kommandiert

Für die mittleren Und unteren Ränge gilt das gleiche Phänomen wie für die Staatsverwaltung, daß nämlich die Menschenmassen aus dem Süden in die Streitkräfte drangen: attraktiv des sicheren Arbeitsplatzes wegen für jene, die sich sozialen Aufstieg erhoffen und im modernen Produktionsprozeß nicht Fuß fassen. Der Einbruch von neofaschistischer Propaganda ist hier deutlich festzustellen und im Wählerverhalten meßbar. Die Kasernen der Fallschirmspringer (paracadutisti) wählten bis zu 90 Prozent MSI; zahlreiche Kandidaturen für MSI-Listen bei nationalen Wahlen wiesen besonders auf die Vorliebe der Marine für die Destra Nazionale hin

In den gleichen Kontext einer Darstellung von Affinitäten gewisser Institutionen und Schichten zum Neofaschismus gehört die italienische Polizei. Ihre beiden Formationen, der ,Corpo delle Guardie di Pubblica Sicurezza'(PS) und die „Arma dei Carabinieri“ traf in der Vergangenheit mehr als die Streitkräfte der Vorwurf vom „potere repressivo", begründet durch ihre Härte gegen demonstrierende Antifaschisten, bei Bauernaufständen und bei Arbeitskämpfen der Gewerkschaften sowie durch zahlreiche Skandale. Die Ordnungsmacht schien mit ihrer relativen Duldsamkeit gegen faschistische Aufmärsche und Gewaltakte zweierlei Maß für links und rechts zu üben

Beide Polizeieinheiten sind straff gegliederte und autoritätsorientierte Organisationen und nur die Elite der sich aus zahlreichen Spezial-truppen zusammensetzenden Hierarchie. Die meist motorisierte Pubblica Sicurezza untersteht der Exekutivgewalt des Innenministeriums, während die Carabinieri ein Teil der Armee sind. Aus dieser Strukturverschiedenheit ergaben sich leicht Streitigkeiten um Zuordnungsfragen und Kompetenzkonflikte, so daß sich ein ständiger Dualismus zwischen den Corps entwickelte

Die Carabinieri als Armee-Einheit verfügen über einen militärischen Geheimdienst, den früheren SIFAR und heutigen SID (Servizio Informazione della Difesa), dem die anderen Polizeikategorien, Ministerien und Präfekturen zuarbeiten müssen. Bis heute ist trotz einer umfangreichen parlamentarischen Untersuchung die Affäre um den militärischen Geheimdienst SIFAR von 1964 nicht restlos geklärt. Damals hatte dessen Chef, General de Lorenzo, Monarchist und 1972 MSI-Parlamentarier, Dossiers über prominente Persönlichkeiten aus Politik und Öffentlichkeit angelegt. Der Versuch des Übergriffs auf die Regierungs-und Staatsgewalt konnte nicht schlüssig bewiesen werden, doch wurde der SIFAR aufgelöst, de Lorenzo getadelt und später aus dem Dienst entfernt. Zehn Jahre später ist die Nachfolgeorganisation SID aufs Neue im Zusammenhang mit dem neofaschistisehen Verbindungsnetz der subversiven Tätigkeit oder zumindest der Hilfestellung verdächtig, bei der immer neue MSI-Hintermän-ner im Geheimdienst zutage treten Im Oktober 1974 wurde der SID-Chef General Vito Miceli unter dem Verdacht verhaftet, sowohl an den Putschplänen des Prinzen Borghese 1970 als auch der . Windrose“ beteiligt gewesen zu sein. Mit ihm wurden eine Reihe hoher und höchster Offiziere der Polizei und der Armee festgenommen. Zeugenvernehmungen ergaben, daß der Geheimdienst SID seit dem Attentat auf die Mailänder Landwirtschaftsbank 1969 Kenntnis über ein neofaschistisches Verbindungsnetz aus MSI, Armee, Polizei und dem kriminellen Untergrund hatte, ohne die politische Exekutive davon zu informieren.

Die Pubblica Sicurezza ist der ehemaligen königlichen Elitegarde der Carabinieri im Ansehen unterlegen. Diese eher politische Polizei und ihre mobilen Einheiten der „Celere“ sind gefürchtete Einsatzinstrumentarien des Innen-ressorts. Von den Carabinieri unterscheiden sie sich auch im ideologischen Bereich. Das Schrifttum der Carabinieri („II Carabiniere") huldigt einem vergangenheitsorientierten Heros in geschichtlichen Darstellungen, ein Ton, dem der auf dem konservativen Flügel der MSI-Rechtskultur gepflegten Ethos sehr nahe kommt. Das Wort von „potere repressivo" für beide Polizeieinheiten gründet sich auf die noch immer nicht ausgeräumten Kontradiktionen zwischen Strafgesetzbuch, Polizeigesetzen und Verfassung. Viele faschistische Verordnungen in bezug auf den mancher willkürlichen Interpretation offenen Begriff der „öffentlichen Ordnung“ sind weiter in Kraft. Die Inhalte der Verfassung sind nicht Gegenstand der Polizeiausbildung, den Carabinieri ist die gewerkschaftliche Organisation versagt. Geltende Bestimmungen können von der Exekutive durch abweichende Kompetenzen in der politischen Praxis entwertet werden; auf den langjährigen und gefürchteten Innenminister Scelba geht die Äußerung zurück, für die Errichtung der Diktatur in Italien seien keine Spezialgesetze nötig, es reiche, die vorhandenen in einer bestimmten Weise zu interpretieren

Aus diesem Zynismus erklärt sich die unglaubliche Brutalität der Pubblica Sicurrezza bei Einsätzen gegen Aufstände unbewaffneter Tagelöhner und Landbesetzungen, die beispielsweise im süditalienischen Melissa 1949 drei Tote und im Juli 1960 unter Tambroni bei den antifaschistischen Demonstrationen 11 Todesopfer und zahlreiche Verletzte forderten

In die Polizeiformationen strömen ebenfalls die Meridionalen. Ihre militärischen Organisationsformen, der hierarchische Aufbau und die praktizierte Ordnungsphilosophie ziehen das verarmte Kleinbürgertum an, das auf den Werbeplakaten auf den Glanz der Uniform aufmerksam gemacht wird. Von 100 Bewerbern für den Polizeidienst entfallen 20 auf den Norden und 80 auf Mittel-und Süditalien, an der Spitze Kampanien, Apulien und Sizilien. Die Anschläge verheißen eine „begeisternde Karriere im Dienst am Bürger", „Zukunft für die Jugend“, berufliche Spezialisierung, „Abenteuer, Sport und Faszination“. Bei der Aufnahme werden Kommunisten und linksverdächtige Kandidaten ausgesondert und die Ausbildung erfolgt im „Geist der Opferbereitschaft, des Ehrgefühls, der Vaterlandsliebe und der Treue gegen die Institutionen"

Wer also die Selektion, die der Informationsdienst der Polizei nach Prüfung des Bekanntenkreises und der Reputation durchführt, passiert, entgeht mit einer Anstellung bei der Polizei dem tristen Migrationsschicksal; ein geflügeltes Wort im Mezzogiorno charakterisiert die Alternative, vor der zahlreiche Süditaliener stehen: „Germania o polizia" (Nach Deutschland oder in die Polizei). Auch wenn mit dem Polizeidienst strenge Kasernierung und karge Bezahlung eingetauscht werden, so verlocken doch das Gehalt mit Pensionsberechtigung und die staatliche Karriere, die sonst für einen Inhaber der Licenza elementare schwer erreichbar sind. Als Uniformträger ist der Süditaliener einer respektierten Stellung in der Rangordnung einer Dorfeinheit oder Kleinstadt sicher, wo er als Carabiniere neben Notar, Arzt und Priester steht. Eine Reihe von kleinen Privilegien erhebt ihn in die Reihe der Bevorzugten und nährt die Illusion von Teilhabe an der Macht .

XII. Der Aufstand von Reggio Calabria — Fallstudie zum Thema

Die Problematik des Nord-Süd-Gefälles und seine Bedeutung für die Betrachtung der Ursachen des italienischen Neofaschismus wird durch ein Ereignis der jüngsten Vergangenheit exemplifiziert. Im Sommer 1970 brach in Stadt der süditalienischen Reggio Calabria ein Aufstand aus, der in mehrfacher Sicht zum signifikanten für aufgezeigten die Entwicklungstendenzen innerhalb der ökonomischen Bedingungen Italiens wurde und den die Neofaschisten erfolgreich übernahmen

Die Revolte der kalabresischen Stadt bietet genug Anschauungsmaterial für die Interdependenzen von Armut, klientelistischer Interessenpolitik regionaler Parteienvertretungen und nationaler Nicht-Identifikation einer süd-italienischen Stadt, die eine neue Regional-ordnung als Angriff auf ihren Munizipalismus verstand und mit blutiger Konsequenz konterkarierte

Reggio Calabria hält von drei großen den Städten Kalabriens nach Catanzaro und Cosenza geographisch und infrastrukturell die ungünstigste Position. Reggios 170 000 Einwohner weisen 31 Prozent Analphabeten auf; Cosenza mit 93 000 und Catanzaro mit 80 000 Einwohnern verfügen über ein besser verteiltes Hinterland. Allein 12 000 Reggini wohnten 1970 noch als „barracati“ in Baracken, die nach dem Erdbeben von 1908 errichtet worden waren. Uber 40 Prozent der Bevölkerung arbeiteten in der Landwirtschaft und weitere 40 Prozent als Gelegenheitsarbeiter, Pflücker von Zitrusfrüchten oder beim temporären Einsatz in der Jasmin-und Olivenernte

In der Landwirtschaft herrschen Zwergbetriebe von weniger als 12 Hektar vor, die aber im Vergleich zum Großgrundbesitz nur ein Viertel der gesamten Anbaufläche ausma-chen. Auf den Gütern dominieren die Halbpachtformen („mezzadria"), mit der Auflage für den Pächter, kostenintensiv zu investieren und bis zur Hälfte des Ernteertrages abzuliefern. Auf die Intensivwirtschaft der Latifundien ist bereits eingegangen worden; die Inhaber waren meist abwesend und die Wahrnehmung der Interessen wurde durch die bedenklichen Praktiken der Agrarmafia abgewickelt

Dagegen fehlte in Reggio nennenswerte Industrie. Das OMECA-Werk war im Zuge der Mezzogiorno-Politik für die Fertigung schwer-industrieller Teile vorgesehen worden, konnte aber dann als Zulieferbetrieb nur 300 Arbeitsplätze bieten. Die Verwaltung der Stadt hingegen wies den typischen Wasserkopf von 2 000 Beschäftigten auf und alle Symptome klientelistischer Amterpatronage, während Gesundheits-und Schulwesen wie in anderen Städten an den Krankheiten des Dienstleistungssektors litten, die aus chronischem Kapitalmangel herrühren. Als nichtindustrielles Ballungsgebiet umfaßt Reggio noch an die 250 000 Einwohner von Nachbargemeinden, die infrastrukturell auf der Provinzhauptstadt lasteten. Dabei ist die geographische Lage von besonderer Art. In den sogenannten Rioni zieht sich Reggio wie ein Schlauch zwischen dem Meer und dem Berg Aspromonte entlang, Sizilien genau gegenüberliegend. Mit der Stadt Messina auf der anderen Seite der Meerenge besteht eine Fährverbindung und gemeinsam mit dieser Stadt teilt Reggio die Hoffnung auf den Bau einer Brücke über den „stretto". Alle Regierungen hatten sich in Wahlkämpfen stets beeilt, diese Erwartungen zu schüren und den kalabresischen Traum von einer europäischen Autobahnachse zu bestätigen, die von Hamburg bis Palermo reichte, doch war im Sommer 1970 noch nicht einmal die Autostrada bis Reggio fertiggestellt, und die technischen Schwierigkeiten des projektierten Brückenbaus waren immer deutlicher zutage getreten Wie Messina und Palermo liegt Reggio im Erdbebengürtel. Die Nähe Siziliens hatte das übergreifen der Mafia bewirkt, die als Zwischenverbindung zu den lokalen Vertretern der politischen Parteien auftrat. Umgekehrt müssen die Studenten nach Sizilien zur Universität gehen. Von den 40 000 Studenten der Universität Messina waren 1970 ca. 70 0/0 Kalabresen.

Die existenten Studentenorganisationen wie der „Fronte Goliardico" und die MSI-Sektion FUAN waren rechts, an der Universität herrschte der einflußreiche Institutsleiter und Medizinprofessor Saverio d'Aquino, ohne dessen Plazet keine noch so subalterne Stelle zu bekommen war (d’Aquino war seit 1968 MSI-Deputierter für die Kammer und für die Partei der starke Brückenkopf der römischen Zentrale in Sizilien

Im regionalen Wahlkampf 1970 hatten sich alle Parteien aus unterschiedlichen Motiven für die Befreiung Reggios aus der Position einer politischen und sozialen Abhängigkeit eingesetzt Die Regierungsparteien der linken Mitte ließen ihre lokalen Exponenten die Aussichten auf eine Universität für Reggio darstellen. Außerdem befand sich das Projekt eines Schwerindustriezentrums ähnlich dem von Tarent im planerischen Stadium, und Reggio hatte der Wahlpropaganda zufolge gute Aussichten, in die Vorzüge des Standortes für das fünfte Schwerpunktprogramm der staatlichen Holding IRI (Istituto per la Ricostruzione Industriale) zu kommen. Zum dritten schien endlich sicher, daß Reggio die Hauptstadt der Region Kalabrien würde, deren Statut zur Verabschiedung im Parlament anstand. Eine solche Position der Regionalhauptstadt hätte mit den Arbeitsplätzen der Selbstverwaltung viele Personalprobleme lösen können.

In Wirklichkeit aber bestand für die Regionalhauptstadt die Auflage, diese müsse gleichzeitig Sitz des Appellationsgerichtshofes der Region sein, und dieser befand sich in Catanzaro. Außer mit Catanzaro mußte Reggio für den Zuschlag der Hauptstadt noch mit Cosenza konkurrieren. Beide Städte hegten dieselben Zukunftspläne wie Reggio, mit dem Unterschied, das diese beiden kalabresischen Städte die ausschlaggebende Klientelbeziehung zur römischen Exekutive besaßen: Cosenza in Gestalt des Ministers für öffentliche Arbeiten, Manicini (PSI), und Catanzaro mit dem ehemaligen Unterrichtsminister Misasi (DC), die beide als treue Söhne ihrer Heimatorte durchsetzten, daß nach den Regionalwahlen statt Reggio Catanzaro zur Regional-hauptstadt und Consenza für den Bau einer calabresischen Universität bestimmt wurde 6. Derart einflußreiche Exponenten in Rom standen Reggio nicht zur Verfügung. Vielmehr hielt sich im Rathaus mit viel Mühe gegen die Vertretungen des Großgrundbesitzes eine Centro-Sinistra-Koalition an der Verwaltungsspitze. Des Bürgermeisters politischer Standort war innerhalb der DC auf dem linken Gwerkschaftsflügel angesiedelt und stützte sich auf die örtlichen ACLI (Associazione Cattolica di Lavoratori Italiani), was seine Stellung gegenüber dem Agrarierblock erschwerte. Durch die Bekanntgabe der Entscheidung Roms gegen Reggio fühlten sich alle politischen Gruppen verprellt, und die lokalpolitische Empörung gegen die Zentralregierung schlug nach allen gegebenen Versprechungen hoch. Wegen der abermals verbauten Zukunft versammelten sich zunächst alle Schichten zu gemeinsamen Protesten, und der Aufstand von Reggio begann als interklassistische Revolte der Agrarier, Tagelöhner, Angestellten und Kleinbauern, die einträchtig die Verkehrsmittel in der Stadt blockierten, ohne daß die lokalen MSI-Mitglieder sich bemerkenswert exponierten

Der DC-Bürgermeister sah sich doppelt kompromittiert: als Lokalpolitiker, der in seiner eigenen Partei in Rom auf seine Vorhaltungen kein Gehör fand, und als Hintergangener im Rat, wobei er unterstellte, daß die sozialistischen Koalitionspartner in Rom durch Korridorabsprachen zwischen dem Cosentiner PSI-Minister und dem Christdemokraten aus Catanzaro für die Verschwörung gegen Reggio mitverantwortlich waren. Die Sozialisten in Reggio befanden sich im Dilemma der Solidarität zu Mancini und des Lokalinteresses tür Reggio, der Bürgermeister war ohne Basis in der DC, an die er vergebens alarmierende Nachrichten über das „Pulverfaß Reggio“ telegraphierte. In Protestversammlungen der Bürger gab er selbst das Signal zur direkten Aktion, und die Gewerkschaften riefen den Generalstreik aus, dem alle Folge leisteten

Dies war am 5. Juli 1970. Sieben Tage später beschloß eine Versammlung, die in Reggio gewählten Regionalräte nicht zur ersten Regionalversammlung nach Catanzaro zu entsenden. Gleichzeitig wurde bei einem Besuch des christdemokratischen Parteiführers Amintore Fanfani in Kalabrien bedeutet, daß die DC für die Maßnahmen in Reggio keine Unterstützung gewährte. Das entzog dem Bürgermeister die Rückendeckung endgültig, und die gemeinsam begonnene Boykottoperation, der sich einzig die Kommunisten verschlossen, gewann an Eigendynamik. DC und Sozialisten Reggios fanden sich vor den Massen auf der Piazza an der Seite des MSI-Provinzrates Aloi, der schon den Ausschluß der PSI-Mitglieder aus den kalabresischen Kommunalregierungen als Hauptschuldige forderte. Streiks und Massendemonstrationen verliefen zunächst friedlich, bis Armee-und PolizeiEinheiten aus den verhaßten Konkurrenzstädten in Reggio zusammengezogen wurden — ein Ergebnis von des Bürgermeisters übertriebenen Berichten, die auf Rom hatten Druck ausüben sollen. Bestätigt durch die politische Rechte sah die Menge darin eine Repression der Sozialisten und begann mit dem Barrikadenbau. Indessen heizte Aloi die Stimmung durch öffentliche Ansprachen über eine Konspiration der „sozialkommunistisch infizierten Parteienherrschaft“ an, deren einziges Ziel es sei, mit den Regionalregierungen die Macht an sich zu reißen

Spontane Aktionen forderten die ersten Toten und Verletzten. Während die Parlamentarier zusehends in den Hintergrund des Geschehens geschoben wurden, änderte sich die Thematik der Schlagworte in qualunquistisehe Antistaatsparolen, auf den Flugblättern wurden soziale Forderungen gestellt und die örtlichen Gewerkschaftsvertretungen sprachen von einem „grandiosen Akt direkter Demokratie". Was anfangs wirklich wie verzweifelte Partizipationsversuche in einem erstarrten System anmutete, geriet nun mehr und mehr in die Hände neofaschistischer Aktionsgruppen. Ein inzwischen gebildetes Aktionskomitee, das sich als revolutionär etikettierte, umfaßte erst Aloi, die Agrarier, einen Großreeder namens Matacena und die innerparteilichen Feinde des Bürgermeisters, der so von rechts isoliert wurde. Am 22. Juli erfuhren die Unruhen einen neuen Höhepunkt durch eine Verlautbarung des IRI-Präsidenten Petrilli, aus der hervorging, daß Reggio auch nicht für die Errichtung des Schwerindustrie-zentrums in Frage kam, da es dafür nicht die natürlichen Standortvoraussetzungen biete Daraufhin wurden Brände gelegt, und ein Bombenanschlag auf den Schnellzug Rom-Messina brachte weitere Opfer. Zum Aktionskomitee mit seinen Straßenhorden stießen die Schüler-und Studentengruppen außerparlamentarischer Neofaschisten aus Messina und Catania. Von einem benachbarten paramilitärischen Trainingslager bei Tropea kamen als Verstärkung die Schwarzhemden im . Fronte Nazionale" des Prinzen Borghese. Unter Führung des MSI-CISNaL-Funktionärs Francesco Franco radikalisierte und spaltete sich das Komitee, ultimative Forderungen und faschistische Zeichen schmückten Mauern und Flugblätter, und die Polizei konnte die Brandstiftung in christdemokratischen, sozialistischen und kommunistischen Parteibüros nicht verhindern. Längst hatten sich die Gewerkschaften von dem Treiben distanziert, bei dem Franco nach einem illegalen Streikaufruf mit etwa zehntausend Menschen die Arbeitsniederlegungen gewaltsam durchsetzte

Reggio glich einem Hexenkessel, unter dessen Druck die Mitte-Links-Regierung im Rathaus endgültig zerbrach. Alle Versuche zur Beilegung der blutigen Straßenkämpfe scheiterten, denn zunehmend formierte sich auch ein spontaner Widerstand von antifaschistischen Gruppen, gegen die die Polizei gleichermaßen ankämpfte. Ende Juli schwenkte auch die gesamte neofaschistische Presse des MSI auf die Revolte und auf die aktivistische Linie Francos ein, nachdem sie sich anfangs in Unkenntnis der Vorgänge zunächst distanziert hatte. Im „Borghese" war sogar zu lesen gewesen, es handele sich um einen Aufstand des „Pöbels und der Schlampen gegen die Staatsgewalt“

Von da an nutzte die MSI-Führung unter Almirante, der ja sein revolutionäres Image zu verlieren hatte, die Brände und Attentate sowie die Versammlungsverbote gegen die Neofaschisten für die eigene Agitation. Die Faschisten in Reggio versuchten, die Revolte nach Sizilien und in andere Städte zu exportieren, wobei sie gemeinsam mit den MSI-Jugendlichen die Fahne eines „freien nd unabhängigen Reggio und seiner spontanen Jugend" entrollten. Gleichzeitig brachte das MSI im Parlament einen Gesetzesvorschlag ein, in dem für Reggio als kalabresische Hauptstadt plädiert wurde und stellte sich damit schützend vor die Forderungen der Aktivisten, obwohl in Catanzaro die Regionalversammlung bei Abwesenheit der DC-und PSI Vertreter aus Reggio längst ihren Präsidenten, einen Sozialisten, gewählt hatte

Die Kämpfe in Reggio dauerten auch im September an, aber jetzt ging es gar nicht mehr um den Hauptstadtstreit. Bahnstationen und Postämter wurden zerstört, die Unabhängigkeit Reggios ausgerufen und eine neue Region Südkalabrien proklamiert. Am 17. September wurde Francesco Franco wegen Aufforderung zum Waffengebrauch verhaftet und die Kämpfe entbrannten noch einmal in den äußeren Rioni Sbarre und Santa Caterina, wo die Gruppen des Ordine Nuovo, der FUAN und des Fronte Nazionale aufgrund der lang-gestreckten Lage Straßen und Züge nach Reggio völlig. blockieren konnten. Strafexpeditionen der Faschisten stießen bis nach Cosenza und Catanzaro vor.

Obwohl die Revolte vom MSI nicht zentral geplant worden war, stellte sich ihr Verlauf und die Folgen als großer politischer Effekt für die Partei dar. Sie hatte nur ein halbes Jahr nach den Ereignissen des heißen Herbstes stattgefunden: Genau zu der Zeit, als Almirante den Parteiapparat gestrafft hatte, um seine Strategie der . Spannung zwischen Straße und Parlament'mit ihrem abgestimmten Wechselspiel aus physischer Provokation und Rufen nach Ruhe und Ordnung im Parlament durchzusetzen. Der kalabresische Aufstand bot zusätzlich die Gelegenheit, die Regionalisierungspolitik der Regierung mit Erfolg zu desavouieren. Die Propaganda des MSI stellte die faschistische Gewalt auf den Straßen als „gerechte Volkswut“ dar, die mit dem MSI gegen die Parteienherrschaft aufgestanden war

Vor dem Hintergrund der weiterschwelenden Revolte wurde im Oktober 1970 in der Deputiertenkammer in Rom das Regionalstatut für Kalabrien diskutiert. In der Debatte übernahm Nino Tripodi, gleichzeitig Chef des MSI-Parteiorgans „II Secolo“, die Aufgabe, anhand des versprochenen und nicht eingehaltenen Faktenkatalogs die Mißwirtschaft für den Mezzogiorno zu kritisieren. Die wahren Schuldigen, so die MSI-Argumentation für Reggio, seien die Parteien, die die schwerwiegende Südfrage nicht lösen wollten, sondern mit der regiona-len Eigenständigkeit nur weitere hörige Sottogoverno-Systeme institutionalisierten

Damit verfügten die Neofaschisten zu den sozialen Spannungen im Norden über ein viel aussichtsreicheres Operationsgebiet, und sie gingen von der Annahme aus, daß sich solche Krisenherde im Süden wie ein Steppenbrand ausdehnen würden, um dann vom MSI instrumentalisiert zu werden. Bis heute ist noch nicht abzusehen, in welcher Gegend des Südens das nächste Mal alle ökonomischen, strukturellen und institutionellen Schwächen in dieser Schärfe und mit der gleichen Auswirkung Zusammentreffen.

Zwischen den Krisensituationen im Norden und im Süden besteht im Hinblick auf die politischen Möglichkeiten für die Neofaschisten ein entscheidender Unterschied: Die Arbeitskämpfe in Mailand und Turin haben den Charakter von Klassenauseinandersetzungen, an denen Süd-und Norditaliener gleichermaßen in Demonstrationen und gewerkschaftlichen Streiks teilnehmen. Das MSI und seine Organisationen können hingegen oft nur mit der Demonstration bloßer Gewalt auftreten. Zugewanderte Arbeiter aus dem Süden geraten beispielsweise vorübergehend in ein MSI-Syndikat des CISNaL, wenn sie bei der Vermittlung etwa durch Empfehlungsschreiben lokaler Protektoren zuerst die klassischen Kanäle der Clienta benutzen. Dann aber tauschen sie soziale Bindungen gegen relativen Wohlstand ein und stellen bald fest, daß immense Mieten die Löhne kürzen, daß sie keine ihrem Aus-bildungsgrad angemessene Position besitzen und daß gegen die Feindseligkeit nur die gewerkschaftliche Organisation Schutz bietet, nicht jedoch die CISNaL, die allen Mitbestimmungsansprüchen und Forderungen nach besseren Arbeitsbedingungen feindlich gegenübersteht

Für die populistischen Revolten im Mezzogiorno gilt solches Bewußtsein nicht. Dort handelt es sich um den „Hungertod des meridionalen Kleinbürgertums" und die betrogenen Hoffnungen einer „hungrigen Aspiranten-schicht'', die in entscheidenden Augenblikken wie in Reggio zur Subversivität nach rechts zunichtegewordene und gegen die Posten Aussicht auf zahlreiche in der Regionalverwaltung protestierte Solche Aufstände gegen Regierung und System entspringen lokalen Bedingungen, nicht zentraler faschistischer Planung. Je weiter sich die Krise des Süden verschlechtert, desto größer sind die Chancen des MSI, sich dort die Legitimität einer breiten Wählerschaft zu sichern. Der radikale Unterbau fungiert als Exekutive, die politische Sprache des Faschismus als Agitationsinstrument. In Reggio war der örtliche CISNaL-Führer Franco am ehesten in der Lage gewesen, mit dem faschistischen Agitationsschema die Richtung der Revolte vorzuformulieren und damit zur zentralen Figur des Aufstandes zu werden

Ein Jahr nach den Ereignissen von Reggio hatte Almirante im Sommer 1971 bei den Regionalwahlen in seinen Auftritten in Reggio leichtes Spiel. Vor der versammelten Öffentlichkeit verglich er die „tapfere Stadt" mit der Lage von Triest zu Anfang der fünfziger Jahre, wo sich ebenfalls ein „malträtiertes Volk", von seiner Führung verlassen gegen die „slawische Bestie“ (Jugoslawien, d. V.) erhoben habe; eine Reminiszenz an die von den MSI-Squadristen gelieferten Straßenkämpfe in der geteilten Stadt, bei denen sich Almirantes Pressechef heute noch sichtbare Blessuren zugezogen hatte 8.

Almirante und auch Borghese wurden zu Integrationsfiguren vieler Reggini, auch wenn die Wahlreden nur Allgemeinplätze boten wie „Mit der Nation für den Mezzogiorno" und Attacken gegen die „classe dirigente". Keiner der MSI-Führer konnte präzisieren, was die Worte von der „Reaktivierung der entscheidenden Funktion des Mezzogiorno im Mittelmeer" inhaltlich vorstellen sollten. Aber in dieser Situation entsprach auch in Sizilien das hohl dröhnende Pathos der allgemeinen Stimmung und stieß zur richtigen Zeit in das Vakuum des Selbstbewußtseins im Süden. Der Wahlkampf wurde durch das weitere Ausbleiben von endgültigen Lösungen der kalabrisehen Frage erleichtert. Als Verlegenheitsmodus tagte der Regionalrat ein Jahr nach dem Aufstand abwechselnd in Reggio und in Catanzaro; über die endgültige Errichtung des Stahlzentrums gehen die Flügelkämpfe zwischen Regierung, Wirtschaft und Parteien noch immer hin und her. Jedoch hatte das MSI mit seiner Haltung den selbsterrichteten Mythos von der Partei des Gesetzes und der Ordnung endgültig zerstört. In Presse und Öffentlichkeit hatte Almirante daher deutlich seine Bereitschaft gezeigt, das von der faschistischen Vorhut erzeugte Chaos als Ausnahme und politischen Irrtum erscheinen zu lassen. So wurde die alte Dychotomie aller faschistischen Bewegungen auch hier wieder deutlich sichtbar: Auf der einen Seite die unter dem Banner der reaktionären „Destra Nazionale" versammelten Militärs, die Adeligen, Industriellen, Richter und Professoren in einem konservativen MSI-Flügel konzentriert; auf der anderen Seite die „revolutionäre Bewegung" der Radikalen als eigentliche faschistische Essenz und Exekutivarm der Führung, ohne die auch das MSI nur eine kleine Rechtspartei wäre. Seit Reggio und seit 1969 zeigte sich für das MSI die Unverzichtbarkeit auf den radikalen und aktivistischen Extremismus. An Francesco Franco fiel bei der Parlamentswahl 1972 eine MSI-Kandidatur für den Senat, in den er mit 40 000 Präferenzstimmen gewählt wurde, nachdem er im Wahlkampf nur die von seinem weiterbestehenden Aktionskomitee verbreitete Parole ausgegeben hatte: „Für das MSI — Leute von Reggio, denkt daran, nicht zu vergessen".

Fussnoten

Fußnoten

  1. Luigi Salvatorelll und Giovanni Mira, Storia del fascismo. L'Italia dal 1919 al 1945, Roma 1952.

  2. Zusammenfassend Angelo del Boca und Mario Giovana, Fascism today: A World Survey, New York 1969.

  3. Vgl. Schilderungen bei Dennis Eisenberg, Facistes e nazis d’aujourd'hui, Paris 1963; präziser Mario Giovana, Le nuove camicie nere, Torino 1966.

  4. Bei Parlamentswahlen von 1948 2°/o, 1953 5, 8%, 1958 4, 8 %, 1968 4, 5 %.

  5. Selbstdarstellung der MSI-Programmatik in: Giorgio Almirante und Francesco Palamenghi-Crispi, II Movimento Sociale Italiano, Milano 1958.

  6. Hierzu Reinhard Kühnl, Faschismus — Versuch einer Begriffsbestimmung, in: Blätter für deutsche und internationale Politik 12, 1968, S. 1259— 1267.

  7. Gian Luigi Gatti, Appunti per il propagandista del MSI, Roma 1951.

  8. Giorgio Galli, II bipartitismo imperfetto, Bologna 1969; ders., II difficile governo, Bologna 1972.

  9. Materialsammlungen zur Klärung der Zusammenhänge wurden von politischen Parteien zusammengestellt, so von der KPI: Dossier sul neofascismo. La documentazione raccolta a Bologna sulle attivitä segrete o palesi delle nuove brigate nere, Roma 1972, und: Rapporto sulla violenza fascista, Roma 1972. Eine sozialistische Sammlung: II neofascismo e le sue organizzazioni paramilitari, Roma

  10. Giulio Caradonna, Diario di battaglia, Roma o. J. (um 1968).

  11. Cerullos Verbindungen sind Gegenstand einer parlamentarischen Untersuchung: dazu Dossier sul neofascismo, a. a. O.

  12. Dazu Lily E. Marx, Der Neofaschismus in Italien, in: Frankfurter Hefte 26, 1971, S. 665— 669.

  13. Außer den Publikationen der Parteien a. a. O. über MSI als Darstellung nur Domenico Sassoli, La destra in Italia, Roma 1959.

  14. Analysen der Wahlergebnisse von 1946 bis 1972 ausführlich bei Gianemilio Ipsevich und Enrico Zampetti, Elezioni 1972. Risultati e confronti, Milano 1972.

  15. Alfonso di Nola, Antisemitismo in Italia 1962/1972, Firenze 1973, mit Zusammenstellung von Publikationen und Zitaten der neofaschistischen Presse.

  16. Salvatorelli-Mira, a. a. O., S. 964 ff.; die MSI-Interpretation von Edmondo Cione, Storia della RSI, Roma 1951.

  17. Appello di Mussolini agli Italiani da Monaco di Baviera, 17. September 1943, abgedruckt in Gabriele de Rosa, I partiti politici in Italia, Bergamo-Milano 1972, S. 311— 312.

  18. Sir Ivone Kirkpatrick, Mussolini. Study of a Demagogue, London 1964, S. 588 f.

  19. Vgl. Giampaolo Pansa, L’esercito di Sal nei rapporti riservati della Guardia nazionale repubblicana 1943— 44. Quaderni di »II Movimento di Liberazione in Italia“ 3., Milano 1969.

  20. Federico Chabod, Die Entstehung des neuen Italien, Reinbek/Hbg. 1965, und Franco Catalano, Storia d'Italia. Dalia crisi del primo dopoguerra alle fondazione della Republica (1919— 1946), 2. ed. Torino 1965.

  21. Vgl. Marcella e Maurizio Ferrara, Cronache di vita italiana (1944— 1958), Roma 1960.

  22. Vgl. Karin Priester, Der italienische Faschismus. Ökonomische und ideologische Grundlagen, Köln 1972. über das Programm von San Sepolcro: Renzo de Felice, Mussolini il rivoluzionario. 1883— 1920, Torino 1965, S. 506 ff., und Dokument 20b ebd. S. 744.

  23. Paolo Alatri, Le origini del fascismo, 3. ed., Roma 1962.

  24. Roberto Farinacci, Die faschistische Revolution, Vol. I—III. 1939— 1941; über Mussolinis Wende zum Konservatismus 1919: Giorgio Rumi, Mussolini e il „programma“ di San Sepolcro, in: II Movimento per la Liberazione in Italia, 1963, H. 71, S. 3— 26.

  25. Vgl. Gian Franco Vene, II processo di Verona. La storia, le cronache, i documenti, le testemonianze, Milano 1963.

  26. Salvatorelli-Mira, a. a. O., und Vittorio E. Giuntella, Gli Italiani nei Lager nazisti, in: Movimento di Liberazione in Italia (1964),'H. 74., S. 3— 19.

  27. Frederick W. Deakin, Le congres de Vrone (14. Novembre 1943) e le Programme de la rpublique de Salo, in: Revue d’Histoire de la Deuxieme Guerre Mondiale 7, 1957, H. 26, S. 59— 66.

  28. Text des Manifestes in James A. Gregor, The Ideology of Fascism, London 1969, Appendix B. S. 387 ff.

  29. Zur Kritik des gesamten Komplexes Karin Priester, Anmerkungen zum Thema Faschismus, in: Blätter für dt. u. intern. Politik, 8/1974, S. 797— 819.

  30. Enrico Corradini, La marcia dei produttori, Roma 1916.

  31. 12. 718. 641 für die Republik, 10. 718. 502 für die Monarchie.

  32. Abgedruckt in: Verfassungen Europas, Stuttgart 1966; zur Problematik zusammenfassend mit Literatur: Klaus von Beyme, Das politische System Italiens, Stuttgart, 1970.

  33. Norman Kogan, A Political History of Postwar Italy, London 1966, und Giuseppe Mammarella, Italy after Fascism. A political History 1943— 1965, Notre Dame 1966.

  34. Vgl. MSI-Presse dieser Zeit: „Asso di Bastoni" und „La Rivolta Ideale" und Grazianis SelbstdarStellung: II processo Graziani. Bd. L: L'autodifesa dell'Ex-Maresciallo nel resocohto stenografico, 2. ed. Roma 1949, Bd. II.: II testimoniale degli incidenti procedurali, Roma 1950.

  35. MSI-Selbstdarstellung: MSI dalla fondazione al II.congresso nazionale, Roma 1951; vgl. Giovanadel Boca, Fascism today, a. a. Q.

  36. Almirante-Palamenghi, II Movimento Sociale Italiano, a. a. O.

  37. Vgl. Filippo Anfuso, Du Palais de Venise au La du Garde, Paris 1949.

  38. Etwa der ehemals liberale Philosoph Edmondo Cione, der Korporationsrechtler Carlo Costamagna, der frühere Chef der Zeitung „La Stampa“, Concetto Pettinato. Vgl.: Elenco dei Candidati. Camera dei Deputati, Roma 1948.

  39. über den Führer und das Programm der Qualunquisten: Gino Pallotta, 11 qualunquismo . e 1 awentura di Guglielmo Giannini, Milano 1972.

  40. Alberto Spreafico und Joseph LaPalombara, Elezioni e comportamento politico in Italia, Milano 1963; für das Wahlsystem s. Dolf Sternberger, Bernhard Vogel (Hrsg.), Die Wahl des Parlaments, Berlin 1969, Beitrag Nohlen S. 726 ff.; für die Bedeutung der Frauenstimmen Mattei Dogan, II voto delle donne in Italia ed in altre democrazie, Firenze 1959.

  41. Maurice E. Neufeld, Italy. School for Awakening Countries. The Italian Labour Movement on it's Political, Sozial, and Economic Setting trom 1800 to 1960, Ithaca 1961.

  42. Paul H. Frankel Mattei, Oil and Power Politics, London 1966.

  43. Giuseppe Maranini. Storia del potere in Italia 1848— 1967, Firenze 1967.

  44. Carlo Falconi, Gedda e lazione Cattolica, Firence 1958.

  45. Spreafico-LaPalombara, a. a. O.

  46. Giorgio Galli, II difficile governo, Bologna 1972.

  47. Mario Giovana, New Fascists in Italy, Dismitted MSI loosing Strength; in: The Wiener Library Bulletin 9 (1955), S. 10.

  48. Als Führer der „Ordine Nuovo“ knüpfte Pino Rauti die Verbindungen zum internationalen Neofaschismus, teilweise in gut getarnten Studienzentren; vgl.den Aufsatz Rautis, Italienische Jugend für neue Ordnung, in: Nation Europa 3 (1953), H. 2 S. 17— 20.

  49. La political ridefinita: il movimento degli studenti, in: II sistema politico, a. a. O., S. 395 ff.

  50. II sistema politico italiano. A cura di Paolo Farneti, Bologna 1973 (verschiedene Beiträge); vgl. auch: Giorgio Galli, Die Rolle der Sozialisten in Italien, in: Frankfurter Hefte 19/1964, S. 221— 226.

  51. Gustav Rene Hocke, Italiens futuristisches Halbdunkel, in: Außenpolitik 19 (1968), S. 271— 279; für den Fronte Nazionale: Giampaolo Pansa, Borghese mi ha detto, Milano 1971.

  52. Zahlen in: Klassenkämpfe in Westeuropa, ro-ro-ro-aktuell, 1971 s. 110 ff.; L'economia italiana: 1945— 1970. A cura di Augusto Graziani, Bologna 1972.

  53. Vgl. Galli, Difficile governo, a. a. O., S. 185 ff.

  54. Uber die Manifesto-Position: Kursbuch 26, Berlin 1971.

  55. Vgl. Dossier sul neofascismo, a. a. O.

  56. Rapporto sulla violenza fascista, a. a. O.

  57. über die Internationalisierungsversuche 1951 bis 1960 und die MSI-Beteiligung: Hans A. Jaeger, Die Faschistische Internationale, in: Deutsche Rundschau, 78. Jg., H. 10/1952, S. 993— 1003, sowie: Das Netzwerk antidemokratischer Organisationen, Kopenhagen 1958 (hektogr. Man. beim Institut f Zeitg. München).

  58. Cesare de Simone, La pista nera, Roma 1972.

  59. Vgl. Almirante-Palamenghi, a. a. O. Almirante, La destra avanza, Roma 1972; sein Rederekord in der Kammer war 1952 bei der Diskussion des Scelba-Gesetzes 9 Stunden.

  60. Vgl. Interview Almirante, in: Der Spiegel, 8. Dezember 1969.

  61. Dazu die umstrittene Zusammenstellung eine» Autorenkollektivs der außerparlamentarischen Linken: La «trage de stato, Roma 1971, mit der These vom Handlangertum des Neofaschismus für Staats-interessen und immerhin bemerkenswertem Material. Die im Zusammenhang mit dem Fall verhafteten Neofaschisten Franca Freda, Giovanni Ventura und der inzwischen freigelassene Anarchist Pietro Valpreda warten noch auf den immer wieder verschobenen Prozeß.

  62. MSI. Un anno di lavoro. Manifestazioni organizzative e propagandistische (Rechenschaftsbericht der Parteizentrale 1969— 70), Roma 1970.

  63. Pansa, Borghese mi ha detto, a. a. O.

  64. Ipsevich-Zampetti, a. a. O., S. 186 ff.

  65. Corriere della sera und La Stampa, 16/17/18. Juni 1971.

  66. über die bourbonische Herrschaft Lauros die umfangreiche Studie von P. A. Allum, Politics and Society in Postwar Naples, Cambridge University Press 1973.

  67. Vgl. L'affare SIFAR davanti al Senato, Roma 1964 (Protokolle des Untersuchungsausschusses).

  68. Rechtfertigungsschriften: Tedeschi, La destra nazionale, Roma 1972; Plebe, La filosofia della reazione, Milano 1971.

  69. Erfolgreiche Kandidaten in: La destra avanza, a. a. O., Anhang.

  70. Bericht über die MSI-Professoren, unter ihnen der Historiker Gioacchino Volpe und der Faschismus-Okonom Ugo Spirito, in: Panorama (italienische Wochenzeitung) vom 19. 7. 1973, „La destra in cattedra".

  71. Als intellektuelles Theorienorgan verstand sich die neuerscheinende Zeitschrift „La destra", Nr, 1, Dezember 1971 ff. Sie versuchte, gemeinsame Standpunkte schlüssig zu definieren (Nr. 1, Marcel del Corte: „Una definizione di destra", Vicente Marrera: Ordnung oder Anarchie, Mario Tedeschi: Rechte Politik für Italien etc.)

  72. Zusammenstellung der neofaschistischen Presse in: Panorama, 26. 4. 1973, . 11 veleno fascista", Zahlen für MSI aus eigenen Angaben; Un anno di lavoro per il MSI., a. a. Q., Anhang.

  73. Analysen und Statistiken aus Ipsevich-Zampetti, a. a. O.

  74. Einzelanalysen für die Wahlen bis 1963: Spreafico-LaPalombara, a. a. O.; Geschichte der Monarchisten: Sassoli, La destra, a. a. O.; Wahlsoziologie Italiens: Dogan, Mattei und O. M. Petracca, Partiti politici e strutfure sociali in Italia, Milano 1968,

  75. Vgl. Ferdinand A. Hermens, Die Entwicklung des Wahlrechts der Nachkriegszeit in Frankreich, Italien und Griechenland, in: Jahrbuch des öffentlichen Rechts, N, F. Bd. 5/1966, S, 255 ff.

  76. Vgl. Giorgio Galli, Le tendenze de fondo dell elettorato italiano, in: II sistema politico, a. a. O., S. 367 ff.; Manlio Rossi-Doria, II mezzogiorno agricolo negli anni sessanta, in: Nord e Sud, Nr. 30, 1962.

  77. Das internationale Verbindungsnetz der Feinde der Demokratie. Informationssammlung beim Institut f. Zeitgeschichte München. Der Verbindungsmann des kulturell-korporativen Sektors ist seit 1950 Ernesto Massi. Vgl. Werner Smoydzin, Hitler lebt. Vom internationalen Faschismus zur Internationalen des Hakenkreuzes, Pfaffenhofen 1966.

  78. Dossier sul neofascismo, a. a. O., Flugblattsammlung, Anhang.

  79. Mario Giovana, Italy's New Fascists — The MSI Gains, in: The Wiener Library Bulletin 25/1972, No. 3/4, S. 29— 32; Fausto Brunelli, La crisi del MSI e delle altre destre, Roma 1956.

  80. The MSI. What it is, MSI-Publikation, Roma 1951, und Lineamenti des programma elettorale del MSI, Roma 1972.

  81. MSI. IX. Congresso Nazionale, Roma 1970, Reden des Parteisekretärs Almirante; Staatsmodeli in: Alfredo La Grua, Lo Stato Nazionale nella vocazione del MSI, Castelbuono 1961.

  82. Am deutlichsten in den Werken des einflußreichsten faschistischen Ideologen Julius Evola, Cavalcare la tigre, Roma, 2. ed., 1972; Rivolta contro il mondo moderno, Roma 1969.

  83. Instruktionen für den Jugendsektor: Un anno di lavoro, a. a. O., Bilddokumentation in: Rapporto sulla violenza fascista, a. a. O.

  84. John Clark Adams und Paola Barile, The Government ot Republican Italy, Boston 1961.

  85. Vgl. Dante Germino und Stefano Passilgli, The Government and Politics of Contemporary Italy. Boston 1968.

  86. Vgl. Vera Lutz, Italy, A Study in Economic Development, Toronto-London-New York 1962.

  87. Uber Hintergründe und Ablauf der Tambroni-Krise detailliert: Karl Robert Nilsson, Italy's Opening to the Right: The Tambroni Experiment of 1960, Columbia University, Diss. 1964.

  88. Aus der aktiven Zeit der Resistenza stehen noch heute im öffentlichen Leben: Der Parteiführer der Republikaner Ugo La Malfa, der Sozialisten-chef Pietro Nenni, der Historiker Leo Valiani, Parri, Ignazio Silone, Luigi Salvatorelli Ferrucio u. a. m.

  89. Vgl. Seymor Martin Lipset, Der „Faschismus“: Die Linke, die Rechte und die Mitte, in: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 11/1959, S. 401— 444.

  90. Immer noch interessant und gültig die empirische Studie von Edward C. Banfield, The Moral Basis of a Backward Society. A Socio-cultural Study of a Village in Sothern Italy, Glencoe 1960; auch Margaret Carlyle, The Awakening of Southern Italy, London 1962, sehr unkritisch allerdings.

  91. Vgl. Shepard B. Clough, The Economic History of Modern Italy, New York-London 1964, und Jean Cuisinier (Hrsg.), Problemes du dveloppmem dans les pays mediterraneens, Paris 1963, Beitrag Compagna S. 165— 193.

  92. Zum Gesamtkomplex Friedrich Vöchting, Die italienische Südtrage. Entstehung und Problematik eines wirtschaftlichen Notstandsgebietes, Berlin 1951.

  93. Vgl. Gottfried Eisermann, Soziologie der Entwicklungsländer, Stuttgart 1968, und Lutz, Italy, a. a. O., S. 90 ff.

  94. Vgl. Dennis Mack Smith, Italy. A Modern History, Ann Arbor 1959.

  95. Vgl. Ulla Otto. Die italienische Südfrage. Entstehung, Problematik und derzeitiger Stand, in: Schmöllers Jahrbuch für Wirtschafts-und Sozial-wissenschaften, 89. Jg„ H. 6/1969, S. 693— 715.

  96. Vgl. Maranini, Storia del potere, a. a. O.; Gunnar Myrdal. Ökonomische Theorie und unterentwickelte Regionen, Stuttgart 1959.

  97. Zahlen über den Umfang der Südindustrie vor 1870 bei Friedrich Vöchting, Die Industrialisierung Süditaliens, in: Zeitschrift f. d. gesamte Staats-wissenschaft 107/1951, S. 120— 150.

  98. Franco Catalano, Les ambitions mussoliniennes et la ralit äconomique de l’Italie (1939— 45), in: Revue d'Hist.de la 2. eme Guerre Mondiale, a. 19, n. 76. 1969, S. 15— 38.

  99. Zahlen bei Hans Joachim Otto, Strukturwandlungen und Nachkriegsprobleme der Wirtschaft Italiens, Diss. Kiel 1951.

  100. Vgl. Curzio Malaparte, Die Haut, Karlsruhe 1950; Kaputt, Karlsruhe 1949.

  101. Die genaue Entwicklung der Nachkriegsunternehmungen für den Süden in der Habilitationsschrift von Francesca Schinzinger, Die Mezzogiornopolitik. Möglichkeiten und Grenzen der Agrarund Infrastrukturpolitik, Berlin 1970.

  102. Vgl. Vöchting, Die Frage einer Weiterführung der Südpolitik, in: Jahrbücher f. Nationalökonomie und Statistik, Bd. 177/1965; Corrado Barberis, Teoria e storia della riforma agraria, Firenze 1957.

  103. Vgl. Salvator Romano, Storia della mafia, Milano. 2. ed. 1966.

  104. Schinzinger, a. a. O., S. 118 ff.

  105. OECD, Economic Surveys, Italy, Paris 1970.

  106. Corrado Barberis, Migrazioni rurali in Italia, Milano 1960. Paola Cinanni, Emigration und Imperialismus — Zur Problematik der Arbeitsemigration, München 1970 (statistisches Material).

  107. Sviluppo economico e strutture sociali, in: II sstema politico, a. a. O., Beitrag Paolo Sylos-Labini,

  108. Luigi Bruni, Aspetti strutturali delle Industrie italiane, Roma 1961; Joseph La Palombara, La clientela come canale di pressione, in: 11 sistema politico, a. a. O., S. 147 ff.

  109. Gaetano Salvemini, La piccola borghesia intelnel Mezzogiorno d'Italia, in: Movimento lettuale socialista e questione meridionale, Milano 1963, S. 487— 493.

  110. Schinzinger, a. a. O., S. 200 ff.

  111. „Corriere della sera'vom 11. 10. 1973 mit dem Material einer UNESCO-Studie über die Bildungsund Ausbildungssituation.

  112. Sylos-Labini, a. a. O., S. 95.

  113. Natürlich herrscht auch in der Lesergeographie das Nord-Süd-Gefälle. Zahlen und empirische Daten: Hugo fütler, Italien: eine Provinz im europäischen Pressewesen, in: Schweizer Monatshefte 50 (1970/71) S. 320— 328.

  114. Vgl. dazu ausführlich die komparatistische Political-Culture-Debatte in L. W. Pye und S. Verba, Political Culture and Political Development, Princeton 1969 — Beitrag La Palombara sowie Gabriel A. Almond und S. Verba, The Civic Culture, Boston-Toronto 1965.

  115. Vgl. Danilo Dolci, Umfrage in Palermo, Olten 1959; zur Mafia Michele Pantaleone, La mafia ieri e oggi, in: Sicilia al lavoro. Nr. 3/4, 1967.

  116. Vgl. Banfield, a. a. O., und Gottfried Eisermann, S Acquaviva, Massenmedien und sozialer Wandel. Am Beispiel einer unterentwickelten Region, Kölner Zschr. f, Soz. u. Sozialpsych. 1968.

  117. Zum Komplex am ausführlichsten Joseph La Palombara, Clientela e parentela. Studi sui gruppi d'interesse in Italia, Milano 1967 — Auszug in.: Politische Vierteljahresschrift, Jg. 4, 1963, H. 4, S. 386— 426.

  118. Vgl. Luigi Graziano, Clientela e potitica nel Mezzogiorno, in: II sistema politico, a a. O., S. 211 ff.

  119. Milton Rokeach, The Open and Closed Mind, New York 1960.

  120. P. A. Allum, Politics and Society, a. a. O.'

  121. Sylos-Labini, a. a. O.

  122. La Palombara in Pye, a. a. O., S. 307 (mit Zahlen).

  123. Giovanni Sartori, Parties and Party Systems, New York 1967, Giorgio Galli, II bipartitismo imperfetto, Bologna 1969.

  124. Beyme, Politisches System, a. a. O.; Robert Dahl (Hrsg.), Political Oppositions in Western Democracies, New Haven-London 1966; Silvano Tosi, Italy, anti-system Opposition within the System, in: Government and Opposition, 2. Jg., (1960 bis 1967), S. 49— 61.

  125. Vgl. Almirante, Palamenghi, a. a. O.

  126. Vgl. 11 processo giurizionale, La magistratura, in: II sistema politico, a. a. O., Beitrag Gian Paolo Meucci, S. 419 ff.

  127. Kogan, Political History, a. a. O. S. 114 ff.; für Ordine-Nuovo-Prozeß „Corriere delle sera'und „La Stampa“ vom 22 11. bis 6. 12. 1973.

  128. Giorgio Galli, II governo invisibile, in: Tempi moderni, a. 19. Nuova sehe, n. 11. 1972, S. 5— 10.

  129. Panorama vom 26. 4. 1973, »II veleno fascista", Rapporto, a. a. O.

  130. Rede des Admirals Birindelli über die „Funktion der Armee als Ausdruck der Mehrheit der Nation", „Corriere della sera" vom 9. 11. 1973.

  131. Vgl. Sergio Bova und Giorgio Rochat, Le forze armate in Italia, in: II sistema politico, a. a. O., S. 463 ff.

  132. Zahlenmaterial aus: II sistema politico, a. a. 0., S. 468— 472.

  133. Bericht in der Wochenzeitung „Tempo" v. 13. 4 1972: „La marina e i fascisti", in dem die MSI-Kandidaten der Marine ihre Motivationen darlegen.

  134. Angelo d’Orsi, II potere repressivo. La polizia. Le forze dell'ordine italiano, Milano 1972, Marxistische Kritik von Cesare de Simone, Strutture, investigative et scandali nella politiza italiana, in: Critjca marxista, a. 7. n. 3. 1969.

  135. über die Hierarchien und Unterschiede der Finanz-, Wald-, Wach-, und Werkspolizei vgl. Gino Bellavita, II paese delle cinque polizie, Milano 1962.

  136. L'affare SIFAR davanti al Renato, Roma 1964.

  137. Interview Mario Scelba, „Corriere della sera“, 1. 9. 1949.

  138. Vollständige Aufzählung von 1949 bis 1972 bei d'Orsi, a. a. O., Anhang.

  139. Ministero dell’Interno. Programmi relativl ai corsi d’istruzione e di perfezionamento per gli allievi guardie PS, Roma 1961.

  140. La Palombara, In Pye, a. a. O., S. 312 ff.

  141. Fabrizio d’Agostini, Reggio Calabria. I moti del luglio 1970 — Febbraio 1971, Milano 1972.

  142. Chronik In: Pino Ferraris, Die 100 Tage von Reggio. Bericht über einen Aufstand in Süditalien, Berlin 1972.

  143. Die wirtschaftliche Vorgeschichte bei Jean Meyriat (Hrsg.), La Calabre. Une region sous-developpee de l'Europe mediterraneenne, Paris 1960.

  144. Salvatore Romano, Storia della mafia, Milano 1956.

  145. OECD Economic Surveys. Italy, Paris 1970, in: FAZ vom 8. 6. 1971.

  146. „Corriere della sera" vom 10. 1. 1973 über die Geheimdiensttätigkeit des griechischen „KYP“ und Verbindung von MSI und griechischer Studentenvertretung; d'Aquino und neofaschistische Professoren: Panorama vom 19. 7. 1973.

  147. Ferraris, a. a. O.

  148. d'Agostini, a. a. O.

  149. „Corriere della sera“ vom 12. — 16. Juli 1970.

  150. II Secolo d'Italia, 13. 7. 1970.

  151. Vgl. „Corriere della sera“ vom 23. 7. 1970.

  152. Uber die Role Borgheses vgl. Pansa, Borghese mi ha detto, a. a. O., S. 81 ff.

  153. II Borghese, 2. 8. 1970.

  154. Rapporto sulla violenza fascista, a. a. O., Kapitel Kalabrien.

  155. Giorgio Almirante, La destra avanza, Roma 1972 (Gesammelte Leitartikel).

  156. Discorso pronunciato alla Camera dei Deputat!, 1. ottobre, 16. ottobre 1970 e il 22. luglio 1971 — MSI-Sonderdruck unter dem Titel „La rivolta di Reggio“, Milano 1972.

  157. Sylos-Labini, a. a. O., Galli, Difficile governo, a. a. O.

  158. Antonio Gramsci, Passato e presente, Torino 1953.

  159. „II Secolo" vom 18. 10. 1971; Giampaolo Pansa, „Le barricate come test", in: La -Stampa vom 6. 5. 1972.

  160. Almirante-Palamenghi, a. a. O.

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