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Haushaltsdefizite und Anspruchsgesellschaft | APuZ 27/1976 | bpb.de

Archiv Ausgaben ab 1953

APuZ 27/1976 Haushaltsdefizite und Anspruchsgesellschaft Kommunale Planung und Bürgermitwirkung Forschungspolitik und gesellschaftliche Entwicklung

Haushaltsdefizite und Anspruchsgesellschaft

Hans-Joachim Seeler

/ 29 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Die gegenwärtige Haushaltslage des Bundes, der Länder und Gemeinden ist gekennzeichnet durch eine Entwicklung, deren Hauptmerkmal eine ständig zunehmende Differenz zwischen den Einnahmen und den Ausgaben ist. Während die Ausgaben, hier sowohl die Personal-wie die Sachausgaben, ständig weiter steigen, stagnieren die Einnahmen vor allem aus Steuern und sind z. T. rückläufig. Die Differenz muß zunehmend durch Kredite überbrückt werden. Die Investitionen der öffentlichen Hände werden seit 1975 fast völlig aus Kreditmitteln finanziert. Überschüsse der Betriebshaushalte der öffentlichen Hände für die Investitionsfinanzierung stehen nicht mehr zur Verfügung. Diese Entwicklung hat vielfältige Gründe, u. a.: die weltweite Wirtschaftsrezession, die auch infolge der erheblichen Erhöhung der Energiepreise zu einem Rückgang der Binnennachfrage und gleichzeitig einem Rückgang des Welthandels geführt hat, und strukturelle Veränderungen, die sich insbesondere wegen der Gleichzeitigkeit mit der wirtschaftlichen Rezession besonders bemerkbar machen. Die Folge dieser wirtschaftlichen Entwicklung sind stark rückläufige Steuerzuwächse der öffentlichen Hände. Daneben aber sind die Ansprüche an die öffentlichen Hände weiter gestiegen, und zwar quantitativ wie qualitativ. Hinzu treten weitere Einnahmeausfälle der öffentlichen Hand als Folge der Steuerreform und der Neuregelung des Kindergeldes. \ Da die Einnahmen der Betriebshaushalte vielfach die laufenden Ausgaben nicht decken, müssen die Investitionen voll auf dem Kreditmarkt finanziert werden. Dazu müssen die Defizite der Betriebshaushalte vorübergehend durch Kredite überbrückt werden. Dies führt wegen der besonderen Bedingungen des Kreditmarktes zu einer steil ansteigenden Kurve der bevorstehenden Tilgungsverpflichtungen, wodurch die Betriebshaushalte der kommenden Jahre überproportional belastet werden. Diese Entwicklung ist nur durch erhebliche Einsparungen sowohl im personellen wie im Sachkostenbereich zu beeinflussen. Es gibt aber öffentliche Aufgaben, die nicht über ein Vertretbares Maß hinaus eingeschränkt oder gar eingestellt werden können. Durch Spatmaßnähmen allein wird daher die dargelegte Finanzlage der öffentlichen Hände nicht saniert werden können. Notwendig ist eine Erhöhung der Einnahmen aus Steuern und eine ständige Anpassung der Gebühren für öffentliche Leistungen an die Kosten. Eine derartige Sanierung der öffentlichen Haushalte ist die Voraussetzung nicht nur für eine solide Wirtschafts-und Finanzpolitik, sondern auch zur Bewältigung der bevorstehenden erheblichen Strukturveränderungen, die sich z. B. aus dem Rückgang der Bevölkerung bei gleichzeitiger relativer und absoluter Zunahme der im arbeitsfähigen Alter befindlichen Menschen ergibt.

Die Haushalte des Bundes, der Länder und der Gemeinden sind gegenwärtig gekennzeichnet durch eine Entwicklung, deren Hauptmerkmal eine ständig zunehmende Differenz zwischen den Einnahmen und Ausgaben ist. Die Kurve der Ausgabenentwicklung steigt laufend. Sie ist auch nur längerfristig — wie noch darzulegen sein wird — zu beeinflussen und damit abzuflachen, umzukehren ist sie nicht. Die Kurve der Einnahmen hingegen hat sich nach jahrelangem mehr oder weniger steilem Anstieg jetzt zu einer fast Waagerechten mit nur sehr geringem Anstiegswinkel entwickelt. Die rapide zunehmende Differenz zwischen den Einnahmen und den Ausgaben muß von allen öffentlichen Händen durch eine immer höhere Schulden-aufnahme ausgeglichen werden. Die Folge dieser Schuldenaufnahme zeigt sich in einer schnell ansteigenden Belastung der Betriebs-haushalte durch Schuldendienstleistungen, was wiederum die Schere zwischen Einnahmen und Ausgaben vergrößert. Außerdem belastet die öffentliche Kreditaufnahme den Kapitalmarkt trotz seiner gegenwärtig guten Liquidität dermaßen, daß die sicher nicht nur mögliche, sondern auch für die konjunkturelle Belebung notwendige Zinssenkung behindert, wenn nicht sogar verhindert wird.

Diese Entwicklung der öffentlichen Haushalte hat dazu geführt, daß die Fehlbeträge in den Jahren 1974 und 1975 zusammen größer sind als in allen Jahren vorher seit 1948 Sie ist seit längerem aus den jährlich den Parlamenten zusammen mit den Haushaltsplänen vorzulegenden Mittelfristigen Finanzplanungen, jedenfalls in ihrer wesentlichen Tendenz, erkennbar gewesen. Verstärkt wurde sie durch die Weltwirtschaftsrezession und die Energiepreiskrise seit Ende 1973.

Es gibt für diese Entwicklung vielfältige und, was den Einfluß auf die öffentlichen Einnahmen und A usgaben angeht, sehr differenziert zu wertende Ursachen: Die derzeitige konjunkturelle Lage der Bundesrepublik ist sowohl von binnen-wie von außenwirtschaftlichen Faktoren geprägt. Die wirtschaftliche Entwicklung hatte sich 1974 gegenüber dem Jahr zuvor deutlich abgeschwächt. Zunächst war dies auch das Ziel der damaligen Wirtschaftspolitik und der sie begleitenden, die hohe Konjunktur des Jahres 1973 dämpfenden Maßnahmen, wie etwa die Geldverknappung und Zinserhöhung durch die Bundesbank oder die verschiedenen Sondersteuern zur Abschöpfung von Kaufkraft. Nur kompensierte der ernorme und bis 1974 noch steigende Exportüberschuß zunächst den Rückgang der Binnennachfrage. Das Exportvolumen stieg 1974 auf 230 Mrd. DM und lag damit um 29 0/0 über dem des Vorjahres. Bei Berücksichtigung des Anstiegs der Exportpreise um etwa 15% blieb ein Wachstum der exportierten Güter von etwa 12 1/2 % gegenüber 1973 3).

Der entscheidende Wendepunkt in dieser Entwicklung war allerdings schon durch die Ölkrise Ende 1973 eingeleitet. Sie belastete die Wirtschaft der Haupthandelspartner der Bundesrepublik bis an die Grenze der Wirtschaftskatastrophe. Wenn bis dahin im Handel mit der Bundesrepublik Deutschland mehr oder weniger hohe Defizite in Kauf genommen wurden in der Erwartung, diese früher oder später wieder ausgleichen zu können, so führte die enorme Ölpreiserhöhung zu einem Rückgang der Nachfrage in diesen Ländern nach importierten Waren aus der Bundesrepublik. Die ohnehin knappen Devisenreserven wurden nun weitgehend aufgezehrt durch die gestiegenen Zahlungsverpflichtungen an die Ollieferländer. Die Folge hiervon war ein Rückgang unserer Warenexporte in diese Wirtschaftsräume. Zudem hatte das Floaten der Währungen die jahrelange Unterbewertung der Deutschen Mark, insbesondere auch gegenüber dem Dollar, abgebaut, so daß eine weitere Ursache des jahrelangen hohen Exportüberschusses, nämlich die künstliche Verbilligung der deutschen Waren durch die Unterbewertung der DM, ebenfalls wegfiel. Dies hatte zur Folge, daß das Lohnkostenniveau wichtiger Exportbereiche, wie etwa der Automobilindustrie oder der Feinmechanik, praktisch jetzt dem der US-Wirtschaft entsprach und zum Teil sogar darüber lag. Damit verloren diese Waren für den Export ihre Konkurrenzfähigkeit. Da 1974 etwa 25 0/0 des Sozialproduktes der Bundesrepublik exportiert wurden 4) und jeder sechste Arbeitsplatz vom Export getragen wird, hat der Ende 1974 einsetzende Rückgang des Warenexports zu einer Abnahme des Zuwachses des Bruttosozialprodukts und einer schneller ansteigenden Arbeitslosigkeit beigetragen, insbesondere auch, weil ihm kein Ausgleich in einer erhöhten Binnennachfrage gegenüberstand. Hier sind die Geldverknappungspolitik der Bundesbank und die Stabilisierungsmaßnahmen der Bundesregierung voll durchgeschlagen.

Hinzu kamen auch in der Bundesrepublik die nicht vorhersehbaren Auswirkungen der Energie-und Rohstoffpreiserhöhung. Für eine Olmenge, die sogar unter der im Jahre 1973 importierten lag, mußte die Bundesrepublik im Jahre 1974 rd. 16 Mrd. DM mehr bezahlen 5). Das entspricht fast 2 0/o des Bruttosozialprodukts 6). Dieser Betrag stand für den inländischen Konsum nicht mehr zur Verfügung. Anders ausgedrückt: Für einen gleich-bleibenden Lebensstandard, und hierzu gehört der Energieverbrauch, mußten jetzt 2 0/0 des Sozialprodukts zusätzlich erarbeitet werden, ohne daß dies in Kaufkraft = in Lohnerhöhung seinen Niederschlag finden konnte. Diese zusätzlichen Kosten und die weiter gestiegenen Löhne und Gehälter 7) belasteten die Erträge der Wirtschaft dermaßen, daß füi Investitionen kaum noch Raum blieb. Die Auswirkungen zeigten sich bald im Zuwachs des Bruttosozialprodukts. Während 1973 in der Bundesrepublik noch ein realer Zuwachs gegenüber 1972 von 5, 1 °/o zu verzeichnen war, sank dieser reale Zuwachs im Jahre 1974 gegenüber 1973 auf 0, °/o. Die Teuerungsrate des Sozialprodukts stieg hingegen 1974 mit -6, 8 °/o stärker an als 1973, wo sie 7 0/o betrug 8). Für die Wirtschafts-und Finanzpolitik der Bundesregierung machte diese Entwicklung im Laufe des Jahres 1 0/o betrug Für die Wirtschafts-und Finanzpolitik der Bundesregierung machte diese Entwicklung im Laufe des Jahres 1974 einen schnellen Wechsel von einer bis dahin die Konjunktur dämpfenden zu einer die Konjunktur fördernden und stabilisierenden Politik notwendig. Die in der zweiten Hälfte des vorletzten Jahres eingeleiteten Konjunkturförderungsmaßnahmen hatten 1975 jedoch nicht das erwartete Ergebnis, da der Rückgang der Auslandsnachfrage wesentlich stärker ausfiel als zunächst erwartet. Die nur mäßig steigende private Verbrauchsnachfrage wurde begleitet von einer außerordentlich hohen Sparquote aus dem realen Kaufkraftzuwachs, den die Bevölkerung im Jahr 1975 sowohl aus Lohnerhöhungen als auch aus der Steuer-und der Kindergeldreform hatte. Die Folge der rückläufigen Gesamtnachfrage war eine zunehmende Arbeitslosigkeit, die selbst in den Sommermonaten nicht unter die Millionengrenze sinken wollte. Hierdurch wurde eine weitere dämpfende Wirkung auf die Nachfrage ausgelöst

Nach ersten vorläufigen Berechnungen des Statistischen Bundesamts ist das Sozialprodukt 1975 gegenüber 1974 real um 3, 6% zurückgegangen bei einer gleichzeitigen Verteuerung des privaten Verbrauchs um 6, 1 %

Außerordentlich schwierig ist es gegenwärtig, eine Prognose für 1976 zu stellen. Der Finanzplanungsrat dessen Aufgabe es ist, für Bund, Länder und Gemeinden Eckwerte zur Vorbereitung der Haushalte und der Mittelliristigen Finanzplanungen festzulegen, hat sich 1975 hierzu nicht in der Lage gesehen. Er hat für die Haushalte der Gebietskörperschaften llediglich eine Projektion von Zieldaten vorgeliegt. Diese Zielprojektion sieht für 1976 ein reales wirtschaftliches Wachstum von 5 0/0 vor.

Verbunden hiermit ist eine Projektion der Einnahmen der öffentlichen Hände von -71/2°/0 j gegenüber 1975 und der Ausgaben von + 41/2°/0 gegenüber 1975. 1 Die hier skizzierte konjunkturelle Entwick-I lung wird begleitet von zum Teil einschneii denden strukturellen Veränderungen. So sind ii die letzten zwei Jahrzehnte gekennzeichnet durch ständig steigende Zunahmen Produktionsziffern. Der Wiederaufbau der I zerstörten Städte und der Neubaubedarf, der I sich in jahrzehntelanger Pause in vielen Bej reichen praktisch seit Beginn des Ersten Welt-I krieges angestaut hatte, führte zu einem bis j dahin unbekannten Boom in der Bauwirt-I schäft. Dazu kam ein Nachholbedarf der BeI völkerung in fast allen Bereichen des tägli! chen Lebens. Man muß sich vergegenwärti. gen, daß in der Bundesrepublik 10 Millionen I Vertriebene und Flüchtlinge oft mit praktisch 1 keiner persönlichen Habe Aufnahme gefunden hatten. Diese Menschen brauchten bucht stäblich alles, was zum täglichen Leben gei hört, neu. Auch die große Zahl derer, die in der Bundesrepublik durch Kriegseinwirkun. gen ihre Wohnungen und ihre persönliche Habe verloren hatten, trugen durch ihre Nachfrage zu diesem gewaltigen Aufschwung von Jahr zu Jahr bei. Dazu kam das ständige und schnelle Ansteigen des Lebensstandards mit der Folge, daß die Nachfrage nach höherwertigen Gütern ständig zunahm. Während früher das Automobil als Luxusgegenstand galt, hat heute praktisch jeder zweite bis dritte Haushalt ein Auto. Die Ausstattung der Haushalte mit Haushaltsmaschinen aller Art tat ein übriges zu dieser Entwicklung. Diese Kette der Beispiele ließe sich auch auf andere Bereiche, wie der Freizeitgestaltung, der Erholung und der kulturellen Betätigung, erweitern. Seit einigen Jahren aber wurden die Zeichen, die für eine Sättigung vieler dieser Märkte sprachen, immer deutlicher. In der Phase der konjunkturellen Schwäche zeigte sich diese Entwicklung mit aller Klarheit. Notwendig war es nun, die Kapazitäten, z. B.der Bau-industrie, an diese Entwicklung anzupassen. Neue Aufgaben und neue Märkte mußten gesucht werden. In Zeiten normaler Konjunktur ist eine derartige Strukturveränderung an sich unproblematisch und ein ständiger Vorgang. Frei werdende Kapazitäten und Arbeitskräfte suchen und finden neue Betätigungsfelder. Anders aber im Zeichen konjunktureller Schwäche. Hier beschleunigt sich die strukturbedingte Anpassung der Kapazitäten an die Nachfrage mit der Folge einer stärkeren Belastung des Arbeitsmarktes und einer höheren Zahl von Arbeitslosen.

Ausblick auf die weitere Entwicklung

: Ganz sicher kann man vorhersagen, daß die Energie-und Rohstoffpreise weiter steigen werden. Zum Teil waren die bisher unverhältnismäßig billigen Rohstoffe nichts anders als eine Art Entwicklungshilfe der Entwicklungsländer an die Industrieländer. Man kann es in gewisser Weise auch Ausbeutung der Entwicklungsländer durch die Industrieländer nennen. Hinzu kommt, daß die vorhandenen Energie-und Rohstoffmengen begrenzt sind.

Es wird notwendig sein, zunehmend neue Energiequellen zu erschließen. Das Bohren nach Erdöl auf dem Grund der Nordsee oder in der Eiswüste Alaskas ist aber wesentlich teurer als die Förderung in den arabischen Wüsten. Billige Energie ist jedoch eine der wesentlichen Voraussetzungen eines starken wirtschaftlichen Wachstums. Deswegen ist es notwendig, andere Energiequellen wie Sonnenergie, Windenergie, Gezeitenenergie usw. zu entwickeln, um längerfristig unabhängig zu werden vom Import fossiler Energie. Die hierfür erforderlichen Entwicklungen brauchen ihre Zeit. Wir werden daher auf Jahre hinaus mit knapper und teurer Energie leben müssen. Eben dieses gilt auch für die Rohstoffversorgung. Die Rohstoffmengen, die vorhandenen Rohstoffreserven sind begrenzt. Knappheit und-steigender Verbrauch werden zwangsläufig zum Ende der uns so vertrauten Wegwerfwirtschaft führen müssen. Die Wiederverwendung von Rohstoffen, anders ausgedrückt: das Recycling, das Wiedereinführen in den Kreislauf, ist aber wesentlich teurer als die bisherige Gewinnung von Rohstoffen.

An dieser Stelle ist auch ein Wort zum Umweltschutz angebracht. Umweltschutz ist kein Modewort oder gar eine Marotte irgendwelcher politischer Hinterbänkler. Der Lebensstandard in den hochindustrialisierten Ländern wird zur Zeit getragen von einer ungehinderten Inanspruchnahme natürlicher Lebensbedingungen. Luft und Wasser werden als scheinbar billigstes Transportmittel für gasförmige und flüssige Abfälle benutzt. Eine ungehemmte Inanspruchnahme der Landschaft für die Erhaltung und Erweiterung des Lebensstandards ist gang und gäbe. Jedes Jahr wird quadratkilometerweise Landschaft betoniert, um eine bequeme Benutzung durch immer zahlreichere Autos zu ermöglichen. Die Wälder werden ausgebeutet, um Papier für Zeitungen und Bücher, für Verpackungen und sonstiges gewinnen zu können. Aber allmählich wird deutlich, daß dies alles nur eine Verlagerung von Produktionskosten auf andere bedeutet oder, einmal anders ausgedrückt, es wird ständig Material aus dem Fundament des biologischen Daseins entnommen, um — für einen relativ kleinen Teil der Menschheit —; den Turm des Wohllebens zu vergrößern. Dies kann nur in einer Katastrophe enden. Denn eine immer größere Zahl der Menschen strebt eben dieses Wohlleben an, an das die Bürger der Industriestaaten gewöhnt sind. Das Fundament hingegen, aus dem das Material genommen wird, wächst nicht mit.

Einerseits wird nun etwa die Reinhaltung von Luft und Wasser die Produktion vieler Erzeugnisse verteuern und damit weiter dazu beitragen, daß für die Bewahrung des erreichten Lebensstandards mehr erarbeitet werden muß, ohne daß dies zu einem Zuwachs an Kaufkraft führt, andererseits setzen die Bedingungen der Natur ihrer Inanspruchnahme zur Erweiterung des Lebensstandards absolute Grenzen.

Auswirkungen dieser Entwicklung auf die Haushalte

Da viele Steuern ein Spiegelbild der Wirtschaftslage und -entwicklung sind, schlägt sich die geschilderte Wirtschaftsentwicklung in erheblichen Einnahmeausfällen der öffentlichen Haushalte nieder. Hinzu kommen weitere beträchtliche Einnahmeverminderungen als Folge der Steuerreform, die am 1. Januar 1975 in Kraft getreten ist. Der Einnahmeausfall durch die Steuerreform und die Mehrausgaben als Folge der Neuregelung des Kindergeldes belasten die öffentlichen Haushalte in einer Größenordnung von reichlich 14 Mrd. DM jährlich. Andere Maßnahmen des Gesetzgebers, die teilweise wenig Beachtung gefunden haben, führen ebenfalls zu zum Teil erheblichen Steuerausfällen der öffentlichen Haushalte. Als Beispiel hierfür sei das Gesetz zur Sicherung der betrieblichen Altersversorgung erwähnt Dieses Gesetz ermöglicht den Betrieben zum Teil erheblich erhöhte Pensionsrückstellungen — und damit eine im Grunde wünschenswerte Verbesserung der Eigenkapitalausstattung. Diese geht aber zu Lasten der steuerpflichtigen Erträge mit der Folge eines starken Ausfalls an Körperschaftssteuereinnahmen. In Hamburg betrug dieser Rückgang 1975 9%, der Rückgang 1976 wird 20 %, das sind rd. 130 Mio DM, betragen.

Im Ergebnis mußten für 1976 die Hamburg verbleibenden Steuern um insgesamt 865 Mio DM niedriger veranschlagt werden als in der letzten Mittelfristigen Finanzplanung noch erwartet . Das Gesamtsteueraufkommen Hamburgs wird sich auf über 25 Mrd. DM belaufen. Nach Abzug der Bundessteuern , des Bundesanteils an den Gemeinschaftssteuern der Zerlegung der Einkommen-und Körperschaftsteuern , der Gewerbesteuer-umlage an den Bund und der auf 596, 3 Mio DM steigenden Aufwendungen für den horizontalen Finanzausgleich werden Hamburg im kommenden Jahr nur 4, 869 Mrd. DM verbleiben. Damit können gerade 52 0/0 des vorgesehenen Ausgabevolumens finanziert werden.

Ausgabenentwicklung, Probleme, Risiken

Den größten Ausgabeposten der öffentlichen Hände stellen die Personalausgaben dar. Hamburg wird 1976 3, 977 Mrd. DM, das sind 48 °/o der Gesamtausgaben, für Personalausgaben aufwenden müssen. Dieser Betrag liegt zwar nur um 53 Mio DM, das sind 1, 3 °/o, über den Aufwenden des Jahres 1975, belastet aber den Haushalt beträchtlich. Einige Zahlen zum Vergleich :

Personalaufwendungen Steigerung

Steigen in der Wirtschaft die Lohnkosten stärker als die Produktivität, so geht dies zu Lasten der Erträge und damit der Investitionsspanne. Im öffentlichen Dienst ist das anders. Steigen hier die Personalkosten stärker als das Sozialprodukt — soweit sieh 'dies im Steueranstieg widerspiegelt —, so geht dies zu Lasten anderer Staatsausgaben wie Investitionen und Geldleistungen. Sowohl 1974 als auch 1975 ist dies der Fall. 1974 stieg in der Bundesrepublik das nominale Sozialprodukt um 7, 2 °/o, die Bruttolöhne und -gehälter je Beschäftigten aber um 11, 5 °/o . 1975 ist das nominale Sozialprodukt nur um 4, 4 °/o gewachsen, die Durchschnittseinkommen je beschäftigten Arbeitnehmer dagegen um 7, 1 % .

Das Steigen der öffentlichen Personalausgaben ist aber nicht allein begründet durch die Lohnsteigerungen. Wesentlich trägt auch die zahlenmäßige Zunahme der Beschäftigten dazu bei, wie das folgende hamburgische Beispiel zeigt

Aus dieser Zusammenstellung wird deutlich, daß in den letzten zehn Jahren das Schwergewicht der Personalvermehrung im Bereich von Schule und Hochschule sowie im Sozial-und Gesundheitsbereich gelegen hat. Hier ist nicht nur ein erheblicher'Nachholbedarf in der personellen Ausstattung befriedigt worden, sondern hier wurde auch eine wesentliche qualitative Verbesserung der öffentlichen Leistungen verwirklicht. Im Bereich der Schule kommt hinzu, daß in den letzten Jahren die Jahrgänge, die im schulpflichtigen Alter waren, ganz erheblich zugenommen haben. Die Zahl der Mitarbeiter in der Verwaltung hat in der gleichen Zeit nur um etwa 10 °/o zugenommen. Hierin eingeschlossen sind die Stellenvermehrungen, die durch die Arbeitszeitverkürzung in dieser Zeit erforderlich wurden.

An diesen Ziffern wird der ständig steigende Umfang der öffentlichen Aufgaben deutlich und der darin enthaltenen Ansprüche der Bürger an den Staat auf staatliche Leistungen in quantitativer wie in qualitativer Hinsicht.

An einigen Beispielen sei dies erläutert: So werden im Sozialbereich ständig mehr Plätze für alte Menschen in Altenheimen und Pflege-einrichtungen gefordert; die Zahl der Krankenhausaufenthalte nimmt zu, weil die Familien nicht mehr in der Lage und auch nicht mehr bereit sind, ihre kranken und alten Familienmitglieder im häuslichen Bereich zu versorgen und zu pflegen. Im Bereich der Jugend-und Kinderbetreuung werden immer mehr Plätze in Kindergärten gefordert, weil immer mehr Eltern, jedenfalls halbtags, gemeinsam berufstätig sind. Die Forderung nach einer Verbesserung des Schul-und Berufsbildungswesens hat zur Folge, daß immer mehr Plätze in weiterbildenden Schulen und Studienplätze an den Universitäten nötig werden. Diese quantitative wie qualitative Verbesserung der Schul-und Berufsbildung ist aber absolut notwendig für die Sicherung der Zukunft unseres Landes, denn je mehr die Entwicklung der Länder der Dritten Welt voranschreitet, desto stärker werden diese viele Erzeugnisse produzieren, die sie bisher bei uns gekauft haben. Um so mehr werden wir dann darauf angewiesen sein, vom Export geistiger Produkte zu leben. Dies alles schlägt sich in Hamburg z. B. in den Ausgaben für Schulbaumaßnahmen nieder. 1970 wurden hierfür 118 Mio DM ausgegeben. 1973 waren es 232 Mio DM 1975 259 Mio DM und 1976 werden es 287 Mio DM sein

Für die quantitative wie qualitative Verbesserung öffentlicher Leistungen lassen sich viele weitere Beispiele nennen, so der Nahverkehr, der Polizeischutz, der Strafvollzug u. a. Es nehmen aber auch die Ansprüche der Bürger an die Verwaltung zu. Die hohe Bautätigkeit der Vergangenheit stellte an die Bauverwal-tung enorme Anforderungen. Der zunehmende Tourismus führte zu einer zunehmenden Zahl von Anträgen auf Erteilung von Reisepässen.

Öffentliche Leistungen wie Wohngeld, Ausbildungsförderung oder zusätzliche Sozialleistungen sind immer auch mit einer hierfür notwendigen Verwaltung verbunden. Immer neue Gesetze und Verordnungen, Einzeländerungen von Steuervorschriften, Hilfen an die Wirtschaft in der Konjunkturflaute durch Investitionszuschüsse, Förderung durch Sparprämien und dergleichen mehr erfordern mehr Bürokratie und damit immer mehr Sachund Personalausgaben. Jedes neue Schulgebäude, Institutsgebäude, jede neue Schnellbahnstrecke, jede neue Badeanstalt und was noch an Beispielen genannt werden könnte, alles hat diese Konsequenz, nämlich zunehmende fortdauernde Sach-und Personalausgaben in einer jährlichen Höhe zwischen 10 und 30 0/0 der Investitionskosten. Trotzdem konnten im Zuge der Sparmaßnahmen in Hamburg im Jahre 1975 etwa 2 300 Stellen eingespart werden.

Der öffentliche Dienst ist in letzter Zeit verstärkt zum Prügelkaben der allgemeinen Entwicklung gemacht worden. Dies geschieht aber zu Unrecht. Derartige Kritiker machen sich die Sache zu einfach. Sie fordern einen Abbau der Zahl der öffentlichen Bediensteten, ohne zugleich auch einen Abbau der öffentlichen Aufgaben hinzunehmen. Geschieht dies dann, so erhebt sich sogleich ein Proteststurm der davon tatsächlich oder scheinbar Betroffenen. In Hamburg bestand z. B. bis zum Sommer 1975 eine Polizeireiterstaffel. Diese hatte die Aufgabe, insbesondere Wald-und Erholungsgebiete am Stadtrand zu sichern. Ihr Einsatz in der Stadt selbst hatte sich schon seit Jahren als nicht mehr zweckmäßig erwiesen. Tatsächlich war die Effektivität dieser Polizei-staffel gemessen an den von ihr aufgeklärten strafbaren Handlungen gleich Null. Ihre Wirkung war vor allem eine psychologische für die Besucher dieser Wald-und Erholungsgebiete. Als der Beschluß des Senats bekannt wurde, die Polizeireiterstaffel aufzulösen und die Beamten zur Verstärkung der örtlichen Revierwachen und damit wesentlich effektiver einzusetzen, erhob sich ein Sturm der Entrüstung. Ähnliches geschah, als der Senat im Zuge seiner Sparmaßnahmen die sog. „kleinen Lernmittel" (Bleistifte, Hefte, Zirkel-kästen u. ä.) aus der kostenlosen Bereitstellung von Lehr-und Lernmitteln durch den Staat herausnahm. Der Senat tat dies, weil er davon ausging, daß derartige Ausgaben heute bei dem gestiegenen Lebensstandard ohne Schwierigkeiten vom normalen Familienhaushalt getragen werden können und nicht vom Steuerzahler subventioniert werden müssen. Aber es war eben eine kostenlose Leistung der Allgemeinheit, an die man Sich gewöhnt hatte.

Die Gesellschaft der Gegenwart braucht eine funktionierende Verwaltung, eine schlagkräftige Polizei, Schuleinrichtungen, die den Anforderungen an den Bildungsstand Von morgeh entsprechen, Sozialeinrichtungen, die die Angst Vor Not, Alter und Krankheit aus dem Bewußtsein der Menschen verbannen, aber auch Finanzämter, die in der Lage Sind, den Beitrag des einzelnen zu den Kosten der Allgemeinheit gerecht und zeitnah zu erheben. Diese und Viele andere staatliche Einrichtungen erfordern qualifizierte Mitarbeiter, die den sicherlich noch weiter wachsenden Anforderungen entsprechen. Dies setzt aber auch die Bereitschaft der Allgemeinheit voraus, diesen Mitarbeitern eine angemessene und ihren Leistungen entsprechende Bezahlung zu gewähren. Eine solche Forderung schließt die Notwendigkeit, das gegenwärtige öffentliche Dienstrecht grundlegend zu reformieren, nicht aus, sondern fordert die Verantwortlichen hierzu geradezu heraus. So ist es beispielsweise notwendig, die Bezahlung und die Beförderung nach Lebensalter und Anwartschaft zu ersetzen durch eine Bezahlung und Beförderung nach Leistung, wobei die mit dem Lebensalter zunehmende Erfahrung durchaus ihre angemessene Berücksichtigung finden kann. Notwendig ist auch der Abbau des vielfältigen Wildwuchses im öffentlichen Dienstrecht, der sich im Laufe der Jahrzehnte eingeschlichen hat. Es ist erstrebenswert, Spitzenstellungen in der öffentlichen Verwaltung, analog etwa der Regelung im kommunalen Bereich, auf Zeit und nicht mehr wie bisher ohne Rücksicht auf die physische und psychische Leistungsfähigkeit, lediglich befristet durch das allgemeine Pensionsalter, zu vergeben.

Parallel zu den Personalausgaben entwickeln sich die Sachausgaben. Jeder zusätzliche Mitarbeiter braucht einen Arbeitsplatz und die für seine Tätigkeit erforderliche Ausstattung.

Dies Sind sowohl einmalige Kosten als auch ständig wiederkehrende, nämlich z. B. Licht, Heizung, Miete, Telefon, Porto usw. Jedes neue Gebäude, jede neue Schnellbahnlinie, Straße usw. hat solche dauernden Sachausgaben Zur Folge. Die Entwicklung dieser Sachausgaben ist im übrigen kaum beeinflußbar. Dies gilt auch für die Faktoren, die zu einer Steigerung dieser Kosten führen. 2ü dieser Entwicklung det Personal-und Sachausgaben kommen die Kosten einer qualitativen Ausweitung der öffentlichen Leistungen hinzu. Hier darf als Beispiel auf die nach und nach eingeführte Lehr-und Lernmittelfreiheit, den Kinderferienpaß, die vielfältigen Verbesserungen der Sozialleistungen, das Wohngeld, die Studiengeldfreiheit u. a. hingewiesen werden. Hierzu gehört auch die hohe Qualität des kulturellen Angebots in Hamburg. Dafür allein müssen in diesem Jahr beispielsweise 73 Mio DM Subventionen aufgebracht werden. Die Verbilligung der Fahrpreise auf den öffentlichen Nahverkehrsmitteln kostet in diesem Jahr über 90 Mio DM Subvention. Alles in allem werden 1976 die Sachausgaben 2, 252 Mrd. DM betragen und damit 7, 7 °/o über denen des Jahres 1975 liegen 28).

In früheren Jahren reichten in Hamburg die Einnahmen aus Steuern, Gebühren und anderen Quellen voll aus, um alle laufenden Ausgaben der öffentlichen Betriebshaushalte zu decken. Darüber hinaus blieben sogar Über-schüsse in einer Größenordnung von mehreren 100 Mio DM übrig, die zur Finanzierung von einmaligen Ausgaben, von Investitionen, dienten. Im Jahre 1976 wird dies — wie schon 1975 — umgekehrt sein. Die Einnahmen des Haushalts reichen nicht einmal aus, die laufenden Ausgaben zu decken. Der Betriebs-haushalt weist schon 1975 ein Defizit von mehr als 200 Mio DM aus. In diesem Jahr wird das Defizit des Betriebshaushaltes auf 379 Mio DM ansteigen. Investitionen müssen daher voll mit Fremdmitteln finanziert werden.

Investitionsfinanzierung und öffentliche Verschuldung

Es wäre einfach zu sagen, da das Geld nicht reicht, können also Investitionen nicht mehr finanziert werden. Dies ginge nur, wenn dabei ein erheblicher Schaden für Staat, Gesellschaft und den Bürger hingenommen würde, denn der Wohnungsbau z. B. erfordert Straßenbau, Schulbau u. ä. Alte Gebäude müssen durch neue ersetzt werden. Neue und der wissenschaftlichen Entwicklung angepaßte Studienplätze sind erforderlich, um den Abiturienten, deren Zahl ständig wächst, Ausbildungsmöglichkeiten zu bieten. Der Hafen — von dem Hamburg entscheidend lebt — muß ständig an die technische Entwicklung angepaßt werden. Es müssen z. B. Vorrichtungen für den Containerverkehr und für die zunehmenden Importe von Erzen und anderen Massenschüttgütern neu geschaffen und ausgebaut werden. Aber auch etwa im Gesundheitswesen muß das Angebot ständig qualitativ wie quantitativ an die Nachfrage und die medizinische Entwicklung angepaßt werden.

Ganz wichtig aber ist, daß eine konjunkturelle Flaute öffentliche Investitionen noch dringender macht, um in vielen Bereichen Arbeitsplätze zu erhalten. Trotz der zu erwartenden rückläufigen Einnahmen wird Hamburg 1976 sogar eine — wenn auch geringfügige — 3, 8°/oige Steigerung der Investitionsausgaben vornehmen; in absoluten Zahlen ausgedrückt werden 1976 von insgesamt 1, 367 Mrd. DM 1, 084 Mrd. DM zur Fortsetzung begonnener Investitionsmaßnahmen und 283 Mio DM für neue Maßnahmen veranschlagt. Soweit diese Investitionen nicht durch Zuschüsse des Bundes, wie etwa im Hochschulbau, Krankenhausbau und Schnellbahnbau, mitfinanziert werden, müssen sie voll durch Kredite finanziert werden. 1976 werden in Hamburg hierfür 1, 082 Mrd. DM an Kreditmitteln erforderlich.

Es wird zuweilen die Auffassung vertreten, daß das Investitionsvolumen und die dafür erforderliche Verschuldung ganz erheblich erhöht werden müsse, um die Konjunktur zu beleben und damit dann-wieder steigende Steuereinnahmen zu erzielen, mit deren Hilfe man die hierfür aufgenommenen Kredite zurückzahlen kann. Es mag möglich sein, daß durch eine solche Maßnahme der durch den Exportrückgang verursachte Nachfragerückgang teilweise ausgeglichen werden kann, aber kaum möglich ist es, hierdurch wieder zu steigenden Exportziffern zu kommen, also eine Erhöhung der Auslandsnachfrage zu erreichen.

Ebensowenig wären durch einen solchen Investitionsstoß die strukturellen Gründe für die gegenwärtige Situation beeinflußbar.

Das Ziel der öffentlichen Maßnahmen muß daher im Augenblick sein, die Arbeitsmarktlage zu stabilisieren und die Baukapazität in ihrem jetzigen bereits erheblich reduzierten Umfang zu erhalten. Bei einer Erholung des Exports wird sich dann auch die Binnennachfrage wieder beleben, denn hier gibt es inzwischen einen erheblichen. Nachfrage-stau.

Das hohe Defizit und die hohe Kreditaufnahme haben aber für die öffentlichen Haushalte, und zwar für alle, sehr ernste Konsequenzen.

Es ist immer schwieriger geworden; Kredite zu vernünftigen Bedingungen aufzunehmen;

damit sind Kredite mit Laufzeiten von mindestens 10— 15 Jahren und verantwortbaren Zinsen gemeint. Gegenwärtig ist die Laufzeit der auf dem Markt aufzunehmenden Kredite auf z. T. 3— 5 Jahre, ja noch darunter, gesunken. Die Ursache hierfür ist vor allem in der Unsicherheit der Kapitalanleger über die weitere Zinsentwicklung zu suchen. Eine verantwortliche Finanzierung langfristiger Investitionen ist auf diese Weise praktisch nicht mehr möglich. Die kurze Laufzeit der Kredite wird -in den kommenden Jähren zu steil ansteigenden Tilgungsverpflichtungen führen, denn es werden Tilgungstermine langfristiger früherer Kredite mit solchen jüngerer kurzfristiger Kredite Zusammentreffen. Eine Umschuldung, eine Prolongation solcher fällig werdender Schulden, wird nur in engen Grenzen möglich sein. Dies wird zu einer erheblichen Belastung des Betriebshaushalts mit Tilgungsleistungen führen. Dazu kommen die laufenden Zinsaufwendungeh. In Hamburg werden 1976 für Tilgungen 377 Mio DM aufzuwenden sein. Das bedeutet gegenüber 1975 eine Steigerung von 29, 1 °/o. Für sonstige Schuldendienstleistungen werden 712 Mio DM, das ist eine Steigerung von 36 %, aufzubringeh sein. Insgesamt wird der Betriebshaushalt dadurch mit rd. 1, 9 Mrd. DM belastet sein. Zu den erwähnten Schuldendienstleistungen gehören neben den Zinsen Schulddiensthilfen an private Organisationen (Schulen,. Krankenhäuser) oder öffentliche Unternehmen, wie z. B. die Woh-nungsbaukreditanstalt, mit deren Hilfe Hamburg den öffentlich geförderten Wohnungsbau finanziert.

Trotz im ganzen leicht rückläufiger Kreditaufnahmen in den kommenden Jahren aus Gründen einer antizyklischen Investitionspolitik wird die Belastung des Betriebshaushalts aus Zins-und Tilgungsverpflichtungen im Jahre 1978 bereits 1, 7 Mrd. DM, zwei Jahre später 1980 Mrd. DM und im Jahre 1985 3, 87 Mrd. DM betragen. Die Entwicklung in anderen Bundesländern ist z, T. erheblich kritischer. Diese Schuldendienstverpflichtungen in Hamburg in den kommenden Jahren gehen von einer rückläufigen, jedoch im Vergleich zu früheren Jahren vergleichsweise hohen Neuverschuldung in diesen Zeiträumen aus. Ein streng antizyklisches Verhalten der öffentlichen Hände würde jedoch eine wesentlich stärkere Reduzierung der Kreditaufnahmen in den kommenden Jahren erfordern, um den Kapitalmarkt in den Zeiten eines erwarteten Wirtschaftsaufschwungs, vor allem für den Investitionsbedarf der Wirtschaft, frei zu halten. Ein solcher Verzicht auf Kreditaufnahmen würde praktisch zu einem weitgehenden Stillstand der öffentlichen Investitionen führen, da mit Sicherheit ein nennenswerter Überschuß aus dem Betriebshaushalt für Investitionszwecke nicht zu erwarten ist, jedenfalls nicht ohne eine spürbare Verbesserung der Einnahmeseite. Hier wird deutlich, daß einem antizyklischen Verhalten der öffentlichen Haushalte, insbesondere der kommunalen Haushalte, enge Grenzen gesetzt sind. Denn die Funktionsfähigkeit vieler — unverzichtbarer — öffentlicher Leistungen für die Bürger setzt ständig Investitionen voraus. Während Kredite der Investitionsfinanzierung dienen und in ihrer Laufzeit nicht begrenzt sind, aber nur bis zur Höhe der Nettoaufwendungen für Investitionen aufgenommen werden dürfen (dies ist durch § 18 der Hamburgischen Landeshaushaltsordnung so festgelegt), müssen Defizite im Betriebshaushalt im jeweils übernächsten Haushaltsjahr ausgeglichen werden. Das Defizit des Jahres 1975 also im Haushalt 1977, und zwar zu Lasten des Betriebshaushalts. Das bedeutet praktisch, daß das Defizit des Jahres 1975 einen Vorgriff auf die Einnahmen des Haushalts 1977 darstellt. Verantwortbar ist dies aber nur in Zeiten starker Konjunkturabschwächung. Es bedeutet zudem eine weitere zusätzliche Belastung'des Kapitalmarktes.

Gegenwärtig stößt diese hohe Verschuldung auf einen durchaus liquiden Kapitalmarkt. Dennoch trägt die öffentliche Inanspruchnahme des Kapitalmarktes in einer Größenordnung von etwa 70 Mrd. DM im Jahre 1975 mit dazu bei, daß der Zinsrückgang blockiert wird und damit auch die Investitionsneigung der Wirtschaft.

Was also tun?

Vor allem anderen ist es notwendig, alles zu tun, um die öffentlichen Betriebshaushalte wieder zu stabilisieren. Dazu erforderlich ist, daß die laufenden Ausgaben gesenkt werden. Hamburg hat schon im Jahre 1974 mit einem Sparprogramm begonnen. Damals ist diese Maßnahme oft mißverstanden, manchmal belächelt worden. Heute beneiden viele Hamburg um diesen Vorsprung. Manche öffentlichen Hände haben nämlich damals noch gar nicht gewußt, wie schwierig ihre eigene Haushalts-und Wirtschaftslage bereits war. Zu den ausgabesenkenden Maßnahmen in Hamburg gehört ein Abbau der Personalkosten bis Ende 1976 in Höhe von 4 % des finanziellen Aufwandes auf der Basis 1974. Auswirkungen dieser eingeleiteten Maßnahmen sind bereits erwähnt worden. Die Sach-ausgaben werden jährlich um rd. 50 Mio DM reduziert. Im investiven Bereich werden längerfristig geplante Vorhaben z. T. zeitlich verschoben, z. T. wird auf sie ganz verzichtet. Zur Zeit findet jedoch keine Reduzierung des Investitionsvolumens statt, sondern später geplante Investitionen werden vorgezogen, um zur Stabilisierung der Konjunkturentwicklung beizutragen. Sobald aber die Konjunktur wieder läuft, wird das auch dann in den dargelegten Grenzen notwendige antizyklische Verhalten der öffentlichen Hände jedenfalls eine Reduzierung öffentlicher Investitionen zwingend nach sich ziehen.

Dieser durch die Sparmaßnahmen erreichte erhebliche Ausgabenabbau hat es ermöglicht, den im Jahre 1976 zu erwartenden Steuerausfall in Höhe von über 800 Mio DM gegenüber der Schätzung in der letzten Mittelfristigen Finanzplanung bis auf ein verbliebenes Defizit in Höhe von 379 Mio DM aufzufangen.

Derartigen Ausgabenkürzungen sind aber Grenzen gesetzt, die nicht nur durch die öffentliche Meinung artikuliert werden, sondern die daraus resultieren, daß die moderne Gesellschaft ohne erhebliche Staatsleistungen einfach nicht auskommt. Zwar ist vieles an öffentlichen Aufgaben und damit an Ausgaben durchaus verzichtbar. Es sind auch Änderungen der Gesetze, in denen solche Aufgaben und Ausgaben festgelegt werden, möglich und notwendig. So können beispielsweise durch Straffung der Studienzeit und Schaffung von Trimestern die vorhandenen Universitätskapazitäten besser ausgenutzt werden, so daß eine höhere Studentenzahl ohne große zusätzliche Investitionen ausgebildet werden kann. Ein weiterer Abbau zahlreicher Steuervergünstigungen ist durchaus verantwortbar. Manche staatliche Hilfe sollte nicht mehr in Form eines Zuschusses, sondern in Form eines Darlehens gegeben werden. Auch sollten öffentliche Hilfen und Unterstützungen stärker subjektbezogen und weniger objektbezogen gegeben werden. Nicht jeder Benutzer eines öffentlichen Verkehrsmittels ist z. B. auf einen subventionierten Fahrpreis angewiesen, auch nicht jeder Lehrling, Rentner oder Schwerbehinderte Bürger. Denen, die jedoch auf einen billigen Fahrpreis angewiesen sind, wäre durch eine entsprechende persönliche Finanzhilfe durchaus zu helfen und sie wären dann in der Lage, auch einen kostendeckenden Fahrpreis zu bezahlen. Auf diese Weise könnte man z. B.

auch das Problem der Fehlbelegung von Sozialwohnungen längerfristig lösen. Gegenwärtig genießen viele Bürger die Vorzüge billiger Mieten in subventionierten Sozialwohnungen, insbesondere älteren Sozialwohnungen, deren Einkommen eine solche Hilfe eigentlich nicht erforderlich macht. Eine Verwendung der Mittel, die zur Zeit zur Subventionierung des Sozialwohnungsbaues verwandt werden, zur wesentlichen Verbesserung des Wohngeldes würde zu einer gezielten Hilfe an diejenigen führen, die einer solchen Hilfe bedürfen (aber auch nur solange sie dieser Hilfe bedürfen).

Wahrscheinlich könnte sogar mit weniger Mitteln als heute mehr Sozialwirkung erzielt werden.

Viele dieser Schritte sind jetzt eingeleitet.

Aber alle diese Einsparungen werden nicht reichen, um die öffentlichen Betriebshaushal-B te auszugleichen, auch dann nicht, wenn eine wider Erwarten kräftige Konjunkturbelebung einsetzen würde.

Die oft berufene „moderne Gesellschaft" mit ihren modernen Lebensformen hat im Grunde zu einer immer stärker gewordenen Abhängigkeit des einzelnen und der Familien von staatlichen Leistungen vielfältiger Art geführt. In den großen und wahrscheinlich in den kommenden Jahrzehnten noch größer und konzentrierter werdenden Ballungszentren sind der individuellen Gestaltung der Lebens-vorsorge Grenzen gesetzt, die, auch wenn man es politisch wollte, einer nennenswerten Ausweitung kaum noch zugänglich sein dürften. Der Staat, die Gemeinde wird auch in Zukunft zunehmende Leistungsansprüche seiner Bürger befriedigen müssen. Qualitative Verbesserungen öffentlicher Leistungen werden dabei schon aus wirtschaftlichen Gründen in den Hintergrund treten müssen. Primär werden auf die öffentlichen Hände Ansprüche zukommen, die aus einer quantitativen Veränderung der Zahl der Anspruchsberechtigten, etwa der Schülerzahlen, der Studentenzahlen u. ä., sich ergeben, aber auch Ansprüche, die aus veränderten gesellschaftlichen Bedingungen herrühren. So wird z. B. in Hamburg in den nächsten zehn Jahren die Zahl der Bewohner voraussichtlich um 100 000— 150 000 zurückgehen. Die Zahl der im erwerbsfähigen Alter stehenden Bürger wird aber nicht nur relativ, sondern auch absolut zunehmen, da geburtenstarke Jahrgänge in den kommenden Jahren in das Erwerbsleben eintreten werden. Dem — bedingt durch die wegen des Bevölkerungsrückgangs abnehmenden quantitativen Bedürfnisse an Waren und Leistungen — steht ein erheblicher Zugang des Angebots an Arbeitsleistung gegenüber.

Ohne staatliche Eingriffe wäre die Folge dieser Entwicklung ein erheblicher Rückgang an Arbeitsplätzen und an Ausbildungsplätzen für die nachwachsenden starken Geburtenjahrgänge. Erst am Ende des neunten Jahrzehnts würde die Zahl der Ausbildungsplätze wieder der dann rückläufigen Stärke der Geburten-jahrgänge, die nun in das Arbeitsleben tretez, entsprechen. Würde man diese Entwicklung dem freien Markt und seinen Kräften überlassen, wäre eine Verelendung und durch sie bedingt eine Radikalisierung zehntausender arbeitsloser Jugendlicher die Folge. Ausgebildet in einem reformierten und mit allen materiellen Notwendigkeiten ausgestatteten Schul-und Bildungssystem stünden diese jungen Menschen vor dem Trümmerhaufen ihrer Hoffnungen, die ihnen eine sich modern nennende Gesellschaft mitgegeben hat. Hier kommen also neue Ansprüche auf den Staat, auf die Gemeinden zu, denen sich die öffentlichen Hände nicht entziehen können. Mit erheblichem finanziellen Aufwand ist hier zu rechnen, wenn man diesen Jugendlichen eine angemessene Berufsausbildung ermöglichen will, die sie in die Lage versetzt, auch in einer, wie dargelegt, sich verändernden Gesellschaftsstruktur ihren Platz zu finden. Spätestens am Ende dieses Jahrhunderts, wenn die Zahl der arbeitsfähigen Menschen zurückgehen und die Zahl der im Rentenalter lebenden zunehmen wird, werden diese Jugendlichen — für die der Arbeitsmarkt in den kommenden Jahren keinen Platz zu haben scheint — und ihre Arbeitskraft dringender denn je gebraucht, nicht zuletzt, um das hohe Niveau der Altersrenten auch dann mit ihrer Arbeitsleistung zu tragen.

An diesem Beispiel wird deutlich, daß die Ansprüche der Bürger an den Staat nur sehr begrenzt beeinflußbar und damit reduzierbar sind. Wenn aber die Bürger vom Staat Leistungen erwarten können, ja erwarten müssen, dann muß der Staat in die Lage versetzt werden, diese Leistungen zu finanzieren. Und in dem Maße, in dem die Bürger Aufgaben, die sie bisher selbst bzw. mit der Familie bewältigt haben, auf den Staat übertragen, müssen sie auch bereit sein, Teile ihres Einkommens in Form von Steuern und Gebühren dem Staat zur Finanzierung diese'r Aufgaben zu überlassen. Steuererhöhungen werden daher unumgänglich notwendig sein, wenn der Staat in die Lage versetzt werden soll, den notwendigen Ansprüchen seiner Bürger nachzukommen. Die Möglichkeit der Erhöhung der Steuern des Landes und der Gemeinde Hamburg ist im wesentlichen ausgeschöpft. So sind zum 1. Januar 1975 in Hamburg die Gewerbesteuer und Lohnsummensteuer angehoben worden. Die dann noch verbleibende Möglichkeit, die Grundsteuer zu erhöhen, scheidet gegenwärtig aus, da eine Grundsteuererhöhung sofort auf die Mieten durchschlagen würde, die ohnehin durch verschiedene Kostensteigerungen, Zinserhöhungen und Gebührenanhebungen in jüngster Zeit stark belastet worden sind.

Auch lassen sich die Einnahmen und Gebühren für öffentliche Leistungen nicht mehr nennenswert erhöhen, da diese in Hamburg mit dem Ziel, sie kostendeckend zu gestalten, in jüngster Zeit zum großen Teil angehoben worden sind.

Es bleibt daher nur die Erhöhung der Gemeinschaftssteuern. Deswegen verdient das Vorhaben der Bundesregierung, zum 1. Januar 1977 die Mehrwertsteuer um 2 Punkte anzuheben, Unterstützung. Natürlich muß man sehen, daß gerade eine Erhöhung der Mehrwertsteuer sich auf die Preise und daher auf die große Masse der Verbraucher auswirken wird. Eine gewisse Abmilderung könnte dadurch erreicht werden, daß bei der später beabsichtigten durchgehenden Progression der Einkommensteuer durch entsprechende Grund-freibeträge niedrigere Einkommen etwas entlastet werden.

Auf jeden Fall bleibt der Abbau öffentlicher Ausgaben und damit Aufgaben über das jetzige Maß hinaus notwendig, wobei jedoch die konjunkturelle Entwicklung und ihre jeweilige Abhängigkeit von öffentlichen Aufträgen und Ausgaben sorgfältig zu beobachten sind.

Nur ein konjunkturgemäßes Sparen der öffentlichen Hände sichert letztlich eine vernünftige Wirtschaftsentwicklung. Nicht übersehen werden sollte auch, daß die auf diese Weise eingesparten Mittel, jedenfalls zum Teil, erforderlich sind, um neu auf den Staat zukommende, unabweisbare Aufgaben zu finanzieren.

Eine Stabilisierung der öffentlichen Verschuldung ist ebenfalls absolut notwendig. Hier ist nicht die Gesamthöhe der Verschuldung gemeint, die sich bei Bund, Ländern und Gemeinden durchaus in einem vernünftigen Rahmen hält — auch nach der Erhöhung im vorigen und in diesem Jahr —, sondern gemeint sind die Laufzeiten der für investive Maßnahmen notwendigen Fremdmittel. Eine solche Stabilisierung wird ohne entscheidende Mitwirkung der Bundesbank kaum möglich sein. Sie ist aber die Voraussetzung für eine vernünftige und verantwortliche Wirtschafts-und Finanzpolitik der kommenden Jahre.

Schlußbemerkung

Die öffentlichen Hände stehen vor keiner leichten Aufgabe. Es müssen Einsparungsbeschlüsse konkretisiert werden. Das wird sehr viel Mühe bereiten. Harte Entscheidungen werden notwendig, und die Interessengruppen, die immer nur ihren Bereich und ihren Vorteil sehen, sind schon überall aktiv und werden auch in Zukunft versuchen, Druck auf Regierung und Parlament, auf Parteien und auf die allgemeine Öffentlichkeit auszuüben, um für sich selbst soviel wie möglich an öffentlicher Leistung zu erhalten. Der eingeschlagene Weg muß aber fortgesetzt werden, damit die politische Handlungsfreiheit bewahrt bleibt und damit auch in den kommenden Jahren eine vernünftige Haushalts-und Finanzpolitik möglich wird.

Eine solide Wirtschafts-und Finanzpolitik ist die Stärke der Bundesrepublik, ihrer Länder und Gemeinden und damit d i e entscheidende Grundlage des Wohlstandes und somit der Stabilität der staatlichen und gesellschaftlichen Ordnung. Eine solche stabile staatliche und gesellschaftliche Ordnung wird dringend notwendig sein, wenn in den kommenden Jahren und Jahrzehnten die Spannungen zwischen den Ansprüchen des einzelnen und von Gruppen an die Allgemeinheit auf der einen Seite und den Möglichkeiten des Staates bzw.der Gemeinden, diesen Ansprüchen zu entsprechen, auf der anderen Seite bewältigt werden sollen. Diese Spannungen werden zunehmen, da die Grenzen des bisher gewohnten Zuwachses an Wohlstand nahezu erreicht sind. Ein Zuwachs des Wohlstandes des einen wird zunehmend nur noch möglich sein durch

Umverteilung des Vorhandenen und damit zu Lasten des anderen. Grenzen sind der Fortdauer der bisherigen Entwicklung auch durch die Bedingungen der Umwelt, durch die Begrenztheit von Energie-und Rohstoffvorräten und darüber hinaus durch die Begrenztheit der Ausbeutung biologischer Vorgaben unseres Lebensbereichs gesetzt. Jedenfalls wird es längere Perioden der Stagnation geben, in denen neue Energiequellen und ihre wirtschaftliche Nutzung entwickelt werden müssen. Die in solchen Perioden erforderlichen erheblichen finanziellen Aufwendungen werden dem Privatkonsum in dieser Zeit nicht zur Verfügung stehen. Schließlich können auf die Dauer die Menschen in den Industriestaaten Europas und Nordamerikas nicht in einem sich ständig vermehrenden Wohlstand leben, während auf der anderen Seite der größere Teil der Menschheit entweder am Rande oder unter dem Minimum des Existenznotwendigen lebt. Auch hierdurch sind der weiteren ungehemmten Entwicklung in den Industriestaaten und damit auch in der Bundesrepublik Grenzen gesetzt.

Die erfolgreiche Bewältigung dieser und anderer sich aufzeigender Entwicklungen setzt in jedem Fall eine stabile staatliche und gesellschaftliche Ordnung voraus. Je rechtzeitiger in den staatlichen Gemeinwesen diese Notwendigkeit erkannt wird und die Bürger mit diesen bevorstehenden Aufgaben vertraut gemacht werden, desto größer ist die Aussicht, das erreichte Lebensniveau und den erreichten Lebensstandard weitgehend zu bewahren und auch für spätere Generationen sicherzustellen.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Als „Betriebshaushalt" bezeichnet man die Summe der laufenden Einnahmen und Ausgaben — im Gegensatz zum sog. „Investitionshaushalt''(Summe der einmaligen Einnahmen und Ausgaben).

  2. S. dazu auch das Gutachten des wissenschaftlichen Beirats beim Bundesfinanzministerium vom 7. 8. 1975, S. 2.

  3. Wirtschaft und Statistik 9/1975, S. 595 ff. Im einzelnen auch: Konrad, in: Wirtschaftsdienst 1975/XI.

  4. Geschäftsbericht der Deutschen Bundesbank für das Jahr 1974, S. 34.

  5. Die Löhne und Gehälter je Beschäftigten stiegen 1973 um 12 °/o und 1974 um 11, 5 0/0 (Monatsbericht der Deutschen Bundesbank vom Dezember 1975),

  6. Wirtschaft und Statistik, Heft 9/1975.

  7. Monatsberichte der Deutschen Bundesbank vom Juli und August 1975.

  8. Handelsblatt vom 15. 1. 1976.

  9. Der beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen gern. § 51 Haushaltsgrundsätzegesetz bestehende Finanzplanungsrat hat die Aufgabe, die Finanzplanungen von Bund, Ländern und Gemeinden zu koordinieren. Weiterhin sollen für die Finanzplanung volks-und finanzwirt einheitliche -schaftliche Annahmen ermittelt sowie Schwerpunkte für die Erfüllung öffentlicher Aufgaben festgelegt werden. Dem Finanzplanungsrat gehören an: -der Bundesminister für Finanzen, die für die Finanzen zuständigen Minister der Länder, Vertreter der Gemeinden und Gemeindeverbände und ein Vertreter der Bundesbank.

  10. BGBl. I, 1974, S. 139.

  11. Mittelfristige Finanzplanung der Freien und Hansestadt Hamburg für die Jahre 1974—1978; Haushaltsplan der Freien und Hansestadt Hamburg für das Haushaltsjahr 1976.

  12. Bundessteuern sind z. B. die Zölle und die Verbrauchssteuern wie Mineralölsteuer, Tabaksteuer, Kaffeesteuer, Branntweinmonopol.

  13. Gemeinschaftliche Steuern, d. h. Steuern, die Bund, Ländern und Gemeinden gemeinsam zustehen, sind: Lohnsteuer und veranlagte Einkommensteuer (43% Länder, 14% Gemeinden, 43% Bund), Umsatzsteuer (1976: 31 % Länder, 69% Bund).

  14. Der Länderanteil an der Lohn- und Körperschaftsteuer steht dem Land zu, in dem der Arbeitnehmer seinen Wohnsitz hat bzw. in dem sich die Betriebsstätte eines Gewerbebetriebes befindet. Hamburg steht also die Lohnsteuer seiner Arbeit-nehmer, die z. B. in Niedersachsen oder Schleswig- Holstein wohnen, nicht zu. Das Lohnsteueraufkom-men wird dementsprechend zerlegt. Der dadurch für. Hamburg eintretende Verlust wird für 1976 bei der Lohnsteuer auf rd. 1 Mrd. DM und bei der Körperschaftsteuer auf 130 Mio. DM geschätzt.

  15. Zu den Gemeindesteuern gehört die Gewerbesteuer. Bund und Ländern steht jedoch zu gleichen Teilen eine sog. Gewerbesteuerumlage zu.

  16. Finanzausgleich zwischen finanzschwachen und finanzstarken Ländern, Die finanzstarken Länder Sind z. Z.: Nordrhein-Westfalen, Baden-Württem-berg, Hessen und Hamburg.

  17. Es ist aber zu beachten, daß diese Zahlen sowohl das Bundesland als auch die Gemeinde Ham-burg betreffen. Ein Vergleich mit den Zahlen aller anderen Bundesländer setzt voraus, daß dort zu den Personaldaten der Landeshaushalte diejenigen der Gemeinde-(Landkreis-)Haushalte hinzugerech-net werden müssen, bevor eine Vergleichbarkeit gegeben ist.

  18. Vgl. für 1966 - 1973 die Haushaltsrechnungen der Freien und Hansestadt Hamburg, für 1975 und 1976 die jeweiligen Haushaltspläne.

  19. Monatsbericht der Deutschen Bundesbank vom Dezember 1975, S. 62 und 67.

  20. Handelsblatt vom 15.1.1976.

  21. Haushaltspläne 1967, 1971 und 1975 (Erläuterungsbände).

  22. Haushaltsrechnungen 1970 und 1973.

  23. Haushaltsplan 1975 einschließlich Nachtrag.

  24. Haushaltsplan 1976.

  25. Haushaltsplan 1976.

  26. Ebenda.

  27. S. Haushaltsplan 1976.

  28. Haushaltsplan 1976.

  29. Finanzplan für die Jahre 1975— 1979.

  30. Wochenbericht des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung Nr. 48— 49/75, S. 407.

  31. Finanzplan für die Jahre 1975— 1979.

  32. Wochenbericht des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung Nr. 48— 49/75, S. 407.

Weitere Inhalte

Hans-Joachim Seeler, Dr. jur., Senator, geboren 1930; Studium der Rechtswissenschaften an den Universitäten Kiel und Hamburg; von 1960 bis 1967 Kirchenjurist, zuletzt Oberkirchenrat der hamburgischen Landeskirche; seit 1967 Mitglied der hamburgischen Landesregierung; bis 1972 Gesundheitssenator, bis 1974 Justizsenator, seitdem Finanzsenator. Veröffentlichungen u. a.: Die Staatsangehörigkeit der Volksdeutschen, Frankfurt 1960; Der Arbeitskampf in der deutschen und ausländischen Gesetzgebung, Hamburg 1958; Das Staatsangehörigkeitsrecht von Jugoslawien, Frankfurt 1956; Das Staatsangehörigkeitsrecht Österreichs, Frankfurt 1957 und 2. Aufl. 1966; Die europäische Einigung und das Problem der Gewaltenteilung, Hamburg/Frankfurt 1957; zahlreiche Aufsätze in Zeitschriften und Zeitungen. Michael Lorbacher, geb. 1951; Studium der Rechtswissenschaften in Mainz und Würzburg; 1974 erstes juristisches Staatsexamen; seit Februar 1975 wissenschaftlicher Assistent am Institut für Rechtsphilosophie, Staats-und Verwaltungsrecht der Universität Würzburg. Michael Bartelt, geb. 1933; Studium der Theologie und Soziologie in Heidelberg, Bonn und Glasgow; von 1964 bis 1969 Mitarbeiter der Industrie-und Sozialarbeit der Evangelischen Kirche von Westfalen, Villigst; seit 1969 Referent für Sozialethik und Religionssoziologie im SWI, Kurt Kaiser, Dr. rer. pol., geb. 1928; Studium in Frankfurt/Main, Mainz, Marburg und Basel; Referententätigkeit; von 1962 bis 1964 im Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung, Essen, von 1965 bis 1969 im Sozialamt der Evangelischen Kirche von Westfalen, Villigst, seit 1969 im SWI. Karl Ernst Wenke, Dipl. -Volkswirt, geb. 1935; Studium der Religionswissenschaft und Volkswirtschaft; seit 1971 Referent für Wirtschaftstheorie und -politik im SW 1. Horst Westmüller, geb. 1939; Studium der Theologie und Sozialwissenschaften in Wien und Erlangen-Nürnberg; von 1964 bis 1969 wissenschaftlicher Assistent am Institut für Christliche Sozialethik der Universität Erlangen-Nürnberg; nach kirchlicher Tätigkeit seit 1972 Referent für Theologie und Sozial-ethik im SWI. Horst Zilleßen, Dr. rer pol., geb. 1938; Studium der Politischen Wissenschaft, Wirtschaftswissenschaft und Geschichte in Köln; von 1963 bis 1969 wissenschaftlicher Mitarbeiter im Sozialethischen Ausschuß der Evangelischen Kirche im Rheinland, Velbert; seit 1970 Leiter des Sozialwissenschaftlichen Instituts der evangelischen Kirchen in Deutschland, Bochum.