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Der Zionismus -die nationale Befreiungsbewegung des jüdischen Volkes | APuZ 49/1976 | bpb.de

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APuZ 49/1976 Artikel 1 Die religiösen und geistigen Wurzeln des Zionismus Der Zionismus -die nationale Befreiungsbewegung des jüdischen Volkes Ein Gespräch in Kairo. Fragen und Antworten zum arabisch-israelischen Verhältnis

Der Zionismus -die nationale Befreiungsbewegung des jüdischen Volkes

Rudolf Pfisterer

/ 62 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Als Sehnsucht nach Zion hat der Wille nach Rückkehr in die Heimat das jüdische Volk seit dem Verlust seiner politischen Unabhängigkeit begleitet. Die Wurzeln des Zionismus reichen weiter zurück und dringen tiefer, als die Bildung des politischen Zionismus zu Ende des 19. Jahrhunderts ahnen läßt. Diese Orientierung nach Zion zieht sich wie ein roter Faden durch die ganze Geschichte dieses Volkes; dieses Ausschauen nach Zion ist im religiösen Bereich der biblischen Botschaft verwurzelt. Daraus ergibt sich zweierlei: 1. Es handelt sich bei der Einwanderung von Juden nach Palästina nicht nur um die Suche nach einer Zufluchtsstätte im Sinne eines Schutzes vor Verfolgungen, sondern um die erneute Begegnung mit der Heimat. Dadurch wollen die Juden in einem Prozeß der Normalisierung als Volk unter Völkern gleichwertig und gleichberechtigt leben. 2. Sie wollen dies als jüdisches Volk, das heißt unter dem Vorzeichen der ihnen durch Zion gestellten Aufgabe tun. Dies bedeutet, geprägt von der Botschaft der Bibel, ein modellhaftes Einstehen für Gerechtigkeit und Frieden zu versuchen. Israel ist dies nicht in dem von ihm gewünschten Maße möglich, weil das Lebens-recht dieses Volkes in seinem Staate bestritten wird. Darum muß die Bedrohung durch den Antizionismus aufgedeckt werden, damit mutig Konsequenzen im Sinne einer gewissenhaften Information und wirklichen Solidartät gezogen werden.

Mein Herz ist im Orient, Mein Leib ganz weit weg im Okzident.

Jehuda Halevi, 12. Jahrhundert.

Einleitung

Schon seit Jahren steht der Zionismus unter Beschuß. Das Trommelfeuer der gegen ihn gerichteten Vorwürfe — vor allem aus der Sowjetunion und den mit ihr verbündeten Staaten, ferner aus den arabischen Ländern — erreichte einen vorläufigen Höhepunkt im Jahr 1975, als auf den internationalen Konferenzen in Mexiko zum Jahr der Frau, auf der Tagung der Organisation für afrikanische Einheit und schließlich auf dem Treffen der blockfreien Staaten in Lima die Verurteilung des Zionismus erfolgte. So heißt es in der Entschließung VIII von Lima: „Die Konferenz ist der Ansicht, daß der Zionismus den Frieden in der Welt gefährdet, und beschließt, eine planmäßige und langanhaltende Informationskampagne zu organisieren, an der alle Medien in den blockfreien Staaten teilnehmen sollen, um den aggressiven Charakter des Zionismus zu entlarven und der irreführenden zionistischen Propagandakampagne entgegenzutreten, deren Ziel es ist, Feindschaft gegen die arabische Welt zu erwecken." Den Abschluß dieser Erklärungen bildet die Entschließung der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 10. November 1975, dem Tag, an dem sich der von den Nationalsozialisten gegen die Juden organisierte Pogrom, die „Reichskristallnacht", zum 37. Male jährte.

Alle Erklärungen der vorausgegangenen Konferenzen wurden dabei als schlüssiges Beweismaterial aufgenommen und dann kurz und knapp festgestellt: „Der Zionismus ist eine Form des Rassismus und rassistischer Diskriminierung."

Der damit gegen das jüdische Volk vorgetragene Angriff darf in seiner Gefährlichkeit nicht unterschätzt werden. Die „Salzburger Nachrichten" treffen mit ihrem Kommentar den Nagel auf den Kopf: „Das ideelle Auschwitz dieser UNO-Resolution zielt allzu offenkundig auf ein wirkliches Auschwitz ab ... Erbärmlich und erschreckend bei alledem bleibt ..., daß sich vorgeblich Staatsmänner allen Lehren der Geschichte und aller politischen Vernunft zum Trotz zu einem ideellen Auschwitz bekennen, das unverblümt auf die Wiederholung der Greuel von Auschwitz abzielt: auf die Vernichtung Israels."

Was . ist der Zionismus, dem auf diese Weise ein so feindseliges Interesse entgegengebracht wird, gegen den die Mehrheit der Vereinten Nationen Sturm läuft, als handele es sich um einen Feind der ganzen Menschheit? Diese Bewegung — der Ausdruck „Zionismus" wurde 1892 von Nathan Birnbaum geprägt — hat sich zum Ziel gesetzt, dem jüdischen Volk im alten Land Israel mit dem Mittelpunkt Zion eine sichere Heimstatt zu verschaffen. Er ist also, um es in moderner Begrifflichkeit wiederzugeben, eine nationale Befreiungsbewegung.

Diese Auffassung entspricht dem Selbstverständnis des jüdischen Volkes und zeigt sich in zahlreichen Zeugnissen und Dokumenten. In seiner Rede vor den Vereinten Nationen (30. 9. 1975) spannte der israelische Außenmi-nister Jigal Allon einen weiten Bogen von der Heimkehr des jüdischen Volkes aus der Zerstreuung bis hin zum Auftrag dieses Volkes an alle Welt; dabei unterstrich er die Rückverbindung dieser Bewegung mit der Vergangenheit des jüdischen Volkes: „Zionismus ist der moderne Ausdruck des alten jüdischen Erbes." Der Schriftsteller und Politiker Uri Avnery bezeichnet die Rückkehr der Juden nach Israel als das ausgesprochene Ziel des Zionismus; darum „ist die gegenwärtige Zerstreuung der Juden eine zeitlich begrenzte Situation" Der Religionsphilosoph Gershom Scholem vertieft die Betrachtung und wirft die Frage auf, in welchem Umfang der Zionismus eine Garantie für die Kontinuität oder ein Impuls zum Aufruhr gegen die Verhältnisse sei; er kommt dabei zu dem Schluß, gerade in diesem Spannungsverhältnis erweise das Judentum seine Lebendigkeit Der Erforscher und Historiker des Zionismus, Walter Laqueur, hebt die Rolle der den Juden das Lebensrecht absprechenden Feindschaft hervor: „Der Zionismus ist eine Antwort auf den Antisemitismus." In einem Gespräch mit arabischen Intellektuellen unterstreicht der Historiker Saul Friedländer die Verwurzelung des Zionismus im religiösen Bereich: „Der Zionismus ist die Ausprägung einer religiösen Auffassung . . Für Gershom Scholem handelt es sich letztlich um eine Frage des überlebens des jüdischen Volkes; diese Chance sieht er im Zionismus am besten gewährleistet Der bedeutende jüdische Theologe Abraham J. Heschel weist auf die geheimnisvolle Verschränkung hin, daß „nichtpraktizierende Juden die prophetische Berufung wachgerufen haben" um durch diese Bewegung etwas einzuleiten, was sich mit den Aussagen der Bibel deckt.

Auch außerhalb des Judentums stieß diese Bewegung auf Verständnis und Billigung.

Thomas Mann äußerte 1934 in einem Interview: „Ich erblicke im Zionismus einen großen, historischen Prozeß der nationalen Wiedergeburt eines der ältesten und kulturell am meisten wirksamen Völker der Menschheit. Palästina, das mit Recht als die Wiege der modernen Menschheit betrachtet wird, sollte in ein jüdisch-nationales Heim verwandelt werden, damit das jüdische Volk frei und ungehindert leben und große kulturelle und menschliche Werte für sich und die ganze Welt schaffen kann. Ich erblicke im Zionismus einen kulturellen Faktor von großer humanitärer Bedeutung.“

Innerhalb der beiden großen christlichen Kirchen sind ernsthafte, auf die Botschaft der Bibel sich gründende Aussagen zum Verständnis des Zionismus laut geworden. Friedrich Wilhelm Marquardt wies 1968 mit Nachdruck auf die lebenswichtige Beziehung zwischen jüdischem Volk, Land Israel und jüdischem Staat hin und stellte fest: „Die Juden sind in Palästina nicht kraft unseres Unrechts, sondern kraft eines eigenen, sich an ihnen vollziehenden Rechtes." Marcel Dubois O. P. (Jerusalem) hebt die mit der Rückkehr nach Jerusalem zusammenhängende Herausforderung an das jüdische Volk hervor, nämlich die ihnen von Gott zugewiesene Berufung zu übernehmen: „Rückkehr nach Jerusalem — Rückkehr zu Gott. Für einen Juden können diese beiden Bewegungen nicht voneinander getrennt werden." Dieser Hinweis zu Anfang war notwendig, um den weiten Spannungsbogen des Zionismus mitbedenken zu können. B. Groß erklärte 1968 auf einer Veranstaltung in Straßburg: „Man muß deutlich diesem Grundsatz Rechnung tragen und wissen, daß der Begriff des Volkes zum integrierenden Bestandteil unserer Theologie gehört."

Diesem im Zionismus zum Ausdruck kommenden Willen nach nationaler Selbstbestimmung wird weithin die Achtung versagt; mehr noch: der Zionismus wird mit einer Ächtung belegt und Israel isoliert. Der von den Vereinten Nationen ausgesprochenen Diskriminierung ent-spricht ein Sprachgebrauch, durch den mit der Bezeichnung „Nationalzionismus" diese Bewegung schon lautlich dem Nationalsozialismus angenähert werden soll

F. Lovsky, ein bedeutender Fachmann auf diesem Gebiet, sagt ganz richtig: „Während wir gegenüber dem afro-asiatischen Nationalismus gute Miene zum bösen Spiel machen, behalten wir uns gegenüber dem Zionismus die ganze Strenge unseres politischen Puritanismus vor." Dieses Messen mit zweierlei Maß wird von Marcel Dubois noch unterstrichen. Obwohl er sich darüber im klaren ist, daß der Zionismus als Idee weit über seine gegenwärtige Verwirklichung hinausreicht, meint er: „Man kann gewiß von Nationalismus reden, aber nur unter der Bedingung, daß dieser Nationalismus nicht mehr oder weniger berechtigt ist als alle die Nationalbewegungen, deren Aussagen und Entstehung wir seit mehr als einem halben Jahrhundert erlebt haben."

Dabei stand das Judentum und das jüdische Volk unter dem bedrückenden Vorzeichen, daß seine Einordnung in die nichtjüdische Umgebung wegen des offenen und heimlichen Widerstandes von dieser Seite nicht glückte, und die Juden auf andere Weise ihren Fortbestand sichern mußten. In seiner Auseinandersetzung mit dem Philosophen Hermann Cohen, der an der Assimilation festhielt, wies der bekannte jüdische Religionsphilosoph Marin Buber schon 1916 auf die Andersartigkeit der jüdischen Existenz hin: „Unterwegs — ja wir sind unterwegs mit unsern alten Wanderherzen und dem jungen Richtungswillen in ihnen. Alle Judenherzen wandern noch immer Tag um Tag und wissen es nicht, und auch , die sich heimisch machen', sind Irrfahrer und ruhelos, und ihre Parole vom Daheim-sein ist nur wie der Rabe, den Noah aussandte. Wir sind aber die, die als Irrfahrt der Seelen die Wanderung nach dem Ziel gemacht haben. Aber eben deshalb sind wir es, die nicht mehr unstet und flüchtig sind, wir im Ziel Wurzelnden, wir , die Söhne des Messias'! Jene versichern etwa den Deutschen, sie seien nicht anders als sie, um nicht als iremd zu gelten. Wir aber sagen aus, daß wir anders sind, und dürfen dies als Wahrheit unserer Seele, die niemand verkennen kann umzufügen, daß wir nicht fremd sind." Diese Andersartigkeit der jüdischen Existenz schließt jenen Nonkonformismus ein, jene Eigenständigkeit, gegenüber allen Mächten und Gewalten in einem letzten Abstand zu leben, weil die Hoffnung auf Zion, die Heimat, eine zu feste Ansiedlung anderswo nicht zuläßt.

Diese Hoffnung auf Frieden und Heimat hat der Zionismus dem geschundenen, verfolgten, von der Vernichtung bedrohten jüdischen Volk wieder lebendig gemacht als einen Aufruf, die verständliche Resignation hinter sich zu lassen und nach vorwärts zu blicken. Der bedeutende jüdische Theologe, der einst in Deutschland die Nachfolge Martin Bubers antreten sollte, Abraham Heschel, unterstreicht von daher die nicht zu unterschätzende Bedeutung des Zionismus: „Um eine Hoffnung in ein Aktionsprogramm zu übertragen, mußte die zionistische Bewegung ein Volk aufrütteln, das aus nationaler Hilflosigkeit vor der Möglichkeit und Notwendigkeit der Selbst-emanzipation resigniert hatte. Um das Land neu zu bauen, muß zuerst das Herz und der Geist des Volkes aufgerichtet werden. Daß diese Bewegung eine derartige Änderung zustande brachte, ist eine der wichtigsten Taten dieser Bewegung. Der Zionismus war eine Herausforderung an den Mut, ein Test für den Charakter, ein Wagnis, mit allen Eigenschaften auf diesen Test zu setzen. Er forderte ein altes Volk heraus, sich selbst zu helfen, schlummernde Fähigkeiten, deren sich dieses Volk nicht bewußt war, in Bewegung zu setzen und richtig zu verwenden."

Dieser Aufruf zum Handeln richtete sich eindeutig auf die Rückkehr in die Heimat, die nur dort liegen konnte, wo der Ursprung und das Zentrum dieses Volkes lag, von woher und zu dem hin Heimweh und Sehnsucht das jüdische Volk durch die Jahrhunderte seiner oft mühseligen und schmerzhaften Wanderschaft begleitet hatte — Erez Israel in Palästina. Einer der Pioniere der zionistischen Bewegung, Nahum Goldmann, weist im Rückblick auf deren Wirken hin: „Das einzige Ziel des Zionismus bestand darin, die Existenz des jüdischen Volkes sicherzustellen und zu gewährleisten. Er war der Überzeugung, das beste Mittel zur Erreichung dieses Zieles sei die Zusammenführung einer großen Zahl von Juden in einem ihm gehörenden Land. Auf Grund der jüdischen Geschichte konnte dieses Land nur dasjenige sein, mit dem das jüdische Volk auf eine einzigartige, wunderbare, ja fast mystische Art durch Jahrhunderte hindurch verbunden war." Die Sammlung der Juden in einer Heimstätte konnte also nicht in einem beliebigen Land erfolgen; dies wäre im besten Fall eine vorübergehende Zufluchtsstätte geworden, aber nie Heimat. Die hier angeklungenen, verschiedenen Momente dieser Sehnsucht nach Zion (die das jüdische Volk immer erfüllte, schon lange Zeit vor der Entstehung des politischen Zionismus), müssen deshalb im folgenden deutlich und klar entfaltet werden.

I. Die Sehnsucht nach Zion

1. Der Traum von der Heimkehr Dieses durch die Verbindung mit Zion gesetzte Vorzeichen vor die Geschichte des jüdischen Volkes übte nicht in allen Epochen seiner Geschichte dieselbe bestimmende Kraft aus. Es gab Zeiten, in denen die Ausrichtung nach Zion durch eine zu feste Ansiedlung in einem Land oder durch eine zu betonte Zuwendung zu einem Volk und Kulturkreis in den Hintergrund trat. Doch wurde dieses oft nur glimmende, manchmal fast erlöschende Feuer immer wieder aufs neue angefacht. Abraham Heschel weist auf diesen Sachverhalt hin: „In der jüdischen Geschichte gab es geheimnisvolle Gewalten, die immer wieder die gelegentliche Gleichgültigkeit gegenüber Zion und Jerusalem zerschlugen. Wann immer wir dazu neigten, vergeßlich zu werden, schickte die Geschichte uns einen Mah-ner.

Die Vision von der Rückkehr nach Zion und Jerusalem nimmt einen wichtigen Platz in der Liturgie des jüdischen Gottesdienstes ein. Als Beispiele aus der Fülle von Gebeten seien nur zwei zitiert: „Herr, unser Gott, erbarme Dich Israels, Deines Volkes, Jerusalems, Deiner Stadt, und des Berges Zion, Deiner Wohnung . . . Baue Jerusalem bald in unseren Tagen." Und in der Bußliturgie wird der Ruf hörbar: „Gedenke des Berges Zion, gedenke, o Herr, der Zuneigung zu Jerusalem und vergiß nimmer die Liebe zu Zion. Mögest Du Dich erheben und barmherzig sein; denn es ist Zeit, hier gnädig zu sein, die angekündigte Zeit ist gekommen." Bestürzung über das Fernsein und Gewißheit und Hoffnung auf die

Rückkehr kommen hier gleicherweise zum Ausdruck.

Auch in der Äußerung der Weisen und Lehrer des Judentums im Talmud setzt sich diese Kette des Heimwehs und der Sehnsucht fort, mit der sich das jüdische Volk an Zion gebunden und darum mit ihm verbunden weiß. Die beiden nachstehend zitierten Sätze wollen unterstreichen, mit welcher Hingabe Juden an dem ihnen von Gott zugesagten Land hängen: „Rabbi Jirmeja ben Abba sagt im Namen Rabbi Jochanans: , Wer vier Ellen im Lande Israel wandelt, der ist des ewigen Lebens sicher.'" In die gleiche Richtung weist ein anderer Spruch, in dem die zentrale Bedeutung des Landes hervorgehoben wird: „Die Rabbanan lehren, man wohne stets im Lande Israel, selbst in einer Stadt, in der die Nicht-juden in der Mehrheit sind — und nicht im Ausland, selbst in einer Stadt, in der die Juden in der Mehrheit sind. Nämlich — wer im Lande Israel lebt, ist (zu betrachten), als habe er einen Gott. Wer im Ausland lebt, ist, als habe er keinen Gott. Das soll so verstanden werden, als gleiche jemand, der im Ausland lebt, einem Menschen, der Götzen dient."

Die in den Gebeten und Sprüchen der Weisen sich äußernde Denkart schlug sich auch im praktischen Verhalten des jüdischen Volkes nieder. Die Präsenz des jüdischen Volkes in seinem angestammten Land hat nie aufgehört. „Es hat nie eine Zeit gegeben, in der nicht Juden, zumindest in einem Teil Palästinas, ansässig waren. Trotz der nach der Kata-Strophe von 70 v. Chr. erfolgten Deportation, trotz des schrecklichen Aderlasses im soge-nannten Zweiten Jüdischen Krieg (132— 135 n. Chr.), trotz aller Demütigungen und Erniedrigungen ist Palästina nie — um einen Ausdruck aus der jüngsten Vergangenheit aufzugreifen — „judenrein" gewesen. „Obwohl der größte Teil des Volkes ins Exil gezwungen wurde", schreibt A. Heschel, „blieb doch immer eine jüdische Ansiedlung in Palästina bestehen. Ihr Geschick war von Generation zu Generation verschieden, aber ihre Kontinuität war nie unterbrochen. Die Unterdrückung mochte noch so schrecklich sein — die Juden gaben nie ihr angestammtes Land auf. Auch tauchten sie nicht in einer der zahlreichen rassischen und religiösen Gemeinschaften unter, die in den folgenden Jahrhunderten in Palästina die Macht ausübten. Sie blieben eine unterschiedene national-religiöse Einheit, die für eine Zeit unterjocht war, die aber nie an ihrer endgültigen Wiederherstellung Zweifel hegte." Ein des Zionismus völlig unverdächtiger Zeuge, der aus dem Libanon stammende katholische Theologe Michel Hayek, weist die These zurück, als seien die Juden in Palästina nur auf Grund antisemitischer Verfolgungen in Erscheinung getreten: „Nein — die Juden wurden nicht durch die Verfolgungen der Nazis nach Palästina geführt. Die Wahrheit ist, daß sie dieses Land geistig nie verlassen haben. Ihr Plan zur Rückkehr begann in der Stunde des Aufbruchs, als Titus den Tempel endgültig zerstört hatte. Der im Psalm niedergelegte Trauergesang der Verbannten in Babylon hatte immerfort das Volk getröstet: , Wenn ich dein vergesse, Jerusalem!'"

Ob geistige-religiöse Verbundenheit oder ob tatsächliche Anwesenheit in diesem Lande — die Zusammengehörigkeit zwischen dem jüdischen Volk und diesem bestimmten Land zieht sich wie ein roter Faden durch dessen ganze Geschichte. Das Gefühl, nur dort Geborgenheit und Heimat zu haben, erfüllte einige Juden in diesem Lande so stark, daß sie eine Art umgekehrten Zionismus praktizierten, um ihre Brüder und Stammesgenossen nach dorthin zum Aufbruch zu bewegen. Benjamin von Tudela, der berühmte jüdische Reisende aus dem 12. Jahrhundert, berichtet von den . Weinenden um Zion'im heiligen Land: „Sie essen kein Brot und trinken keinen Wein. Sie sind in schwarz gekleidet und leben in Höhlen. Sie fasten ihr ganzes Leben außer am Sabbat und an Festtagen, und bitten unaufhörlich um die Rückkehr der im Exil lebenden Kinder Israel."

Diese Gebete — und der Wunsch nach einer Rückkehr des jüdischen Volkes nach Israel — sind nicht ungehört verhallt. Fast in jedem Jahrhundert hat das heilige Land mit seiner starken Anziehungskraft auf das jüdische Volk kleinere oder größere Einwanderungsbewegungen ausgelöst. Die im 19. Jahrhundert vor und nach dem Entstehen des politischen Zionismus erfolgende Einreise von jüdischen Gruppen nach Palästina muß in diesen Gesamtzusammenhang eingeordnet werden. Diese Rückwanderung jüdischer Einzelpersonen oder ganzer Gruppen in die Heimat nach Palästina ist ein wesentliches Merkmal der Geschichte des jüdischen Volkes; der Beginn einer solchen Rückkehr hat nicht erst im Zeichen des Zionismus begonnen. Umgekehrt kann man wohl sagen, daß die zionistische Bewegung ohne die Verwurzelung dieser Orientierung nach Zion, in der jüdischen Tradition sich kaum hätte in diesem Umfang durchsetzen können.

In diese Richtung weist auch das Schicksal des aus Mähren nach Palästina ausgewanderten Salomon Meinstral (1602), der in einem Bericht aus diesem Land unter anderem ausführte: „Wenn doch unsere Brüder des Hauses Israel auch nur Kenntnis von wenigstens einem Zehntel dieses Reichtums und Über-flusses des Landes Israel hätten! Dann würden sie gewiß Tag und Nacht darüber weinen, im Exil leben zu müssen." Etwa um die gleiche Zeit ließ sich der aus Prag stammende Jesaja Horowitz in Israel nieder und forderte: „Jeder Jude ist gehalten, in das Land Israel zu gehen und sich von den entferntesten Punkten des Erdballs loszureißen, um sich dort niederzulassen. Dabei wird er von einer Liebe getrieben, die mit der eines Sohnes zu seiner Mutter zu vergleichen ist. Es ist unerläßlich, daß diejenigen, die außerhalb Israels wohnen, Heimweh nach diesem Land empfinden und sich darum mühen, sich dort anzusiedeln ... Israel kann als Volk nur gewürdigt werden, solange es in seinem Lande wohnt." Dieses Warten kam auch in der das ganze jüdische Volk ergreifenden Bewegung zum Durchbruch, als in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts Sabbatai Zwi — vor seiner Bekehrung zum Islam — sich zum Messias ausrufen ließ, und viele Juden — in Hamburg und in Genua — sich zur Reise rüsteten, um mit Sabbatai Zwi den neuen Staat im heiligen Land gründen zu helfen, und dort wohnen zu bleiben. In ihren Memoiren entwirft Glückei von Hameln, eine gebildete jüdische Frau, ein anschauliches Bild von der Ergriffenheit, die der Gedanke eines Aufbruchs nach Zion in ihrer nächsten Umgebung auslöste Auch der jüdische Philosoph Baruch Spinoza rechnet mit der Möglichkeit, daß Juden erneut „ihr Reich errichteten würden"

Der Einfluß von mittel-und osteuropäischen Juden im heiligen Land beginnt um das Jahr 1700; bis dahin bildeten Juden spanischer Herkunft ‘nd Juden aus dem Orient die Mehrheit. Um das Jahr 1700 kam eine Gruppe von mehreren hundert Juden aus Polen unter der Führung Judas des Frommen ins heilige Land. Immer wieder folgten andere Einwanderer. Ende des 18. Jahrhunderts ließen sich Schüler des Elias von Wilna, eines bedeutenden Talmudgelehrten, aber auch Anhänger von Bal-Schem-Tov, des Begründers des Chassidismus, und Gegenspieler des Elias, in Palästina nieder. Man sieht, daß Gegensätze in Schulmeinungen vor der Verbindung mit dem verheißenden Land zurücktraten Aufsehen erregte die Proklamation, die Napoleon Bonaparte aus seinem Generalquartier am 20. 4. 1799 in Palästina erließ. Er bot darin „den rechtmäßigen Erben Davids... gegen alle Erwartung das Erbe Israels an. . . Die große Nation läßt hiermit einen Aufruf an Euch ergehen, gewiß nicht in dem Sinn, daß ihr Euer Erbland erobern sollt, sondern einfach darum, daß Ihr Besitz ergreifen möget von dem Land, das mit der Garantie und Hilfe* dieser Nation erobert wurde. Ihr sollt hier die Herren bleiben gegen alle die, die auftauchen, es euch es nehmen." Man weiß heute, daß dieses bedeutsame Dokument das Ergebnis von Gesprächen mit jüngeren Vertretern des Judentums im heiligen Lande war. Sicher haben dabei auch politische Überlegungen mitgespielt. Im gleichen Jahr hatte der Ire Thomas Corbet sich an das Direktorium gewandt, um vorzuschlagen, von französischer Seite die Rückkehr der Juden ins heilige Land zu unterstützen, und dadurch auch einer Festsetzung Englands in diesem Gebiet zuvorzukommen: „Frankreich möge doch dem jüdischen Volk ein Territorium zur Verfügung stellen, wo es seine wiederhergestellte Demokratie begründen könne."

Im 19. Jahrhundert regten sich auf jüdischer Seite immer mehr Stimmen, die laut und vernehmlich zu einer Rückkehr ins eigene Land aufriefen. Aus diesem Chor sollen einige Rufer zu Gehör gebracht werden. Schon im Jahre 1830 äußerte sich in Gibraltar der Rabbiner Jehuda Bibas: „Die Gemara sagt, alle Endzeiten sind zu Ende gegangen und die Sache (d. i. die Erlösung) hängt ausschließlich von der Rückkehr ab... Diese Teschuwa (Umkehr) ist während 1770 Jahren nicht geschehen. Ist also, Gott behüte, unsere Hoffnung verloren? Nein, sondern Teschuwa heißt Rückkehr Israels in sein Land, wie der Heilige (Sach. 3, 2) sagt: „Kehret zu mir zurück, und ich werde zu euch zurückkehren!'" Unter „Umkehr" wird immer wieder auch die Heimkehr in das Land verstanden, so, daß dieses Wort immer in die Richtung der beiden Bedeutungen weist, und dieser Ton dabei immer auch mitgehört werden muß. Rabbiner Alkalay in Semlin unterstreicht 1840: „Es gibt zwei Arten von Rückkehr, die individuelle und die kollektive. Die kollektive Rückkehr bedeutet, daß Israel ins Land seiner Vorfahren zurückkehren muß, um dort den göttlichen Willen zu vernehmen und das Joch der Himmel auf sich zu nehmen. Diese Rückkehr wurde von unseren Propheten trotz unserer Unwürdigkeit angekündigt. Der Himmel wird uns um der Liebe unserer Väter willen helfen. Die individuelle Rückkehr schließt ein, daß jeder seine bösen Neigungen den Rücken kehren und sich bekehren soll." Dringlicher wird der Ruf nach einem jüdischen Staat in der alten Heimat. Dabei ist bemerkenswert, daß bei allen diesen Mahnun-, gen zur Sammlung im Lande der Väter die Feindschaft gegen die Juden als Motivierung für einen solchen Aufbruch kaum eine Rolle spielt. Das Votum von Isaak Rülf (1883) geht sogar davon aus, daß ein solches Unterfangen „von der Sympathie und Unterstützung der Völker getragen werde" und er meint: „Wir müssen unsere ursprüngliche Heimat, das Land der Väter, wieder zu erwerben und den jüdischen Staat wieder herzustellen trachten", um dann knapp und klar zu erklären: „Ein jeder anderer Ort bedeutet nur neues Exil." Solange das jüdische Volk noch nicht in sein angestammtes Land zurückgefunden hat, bleibt es heimatlos, versichert 1893 Nathan Birnbaum, der den Begriff Zionismus geprägt hat. „Mag auch der einzelne Jude ein Vaterland haben, das jüdische Volk hat keines, und das ist sein Unglück." In diesem Text klingt zum ersten Mal ein Hinweis auf die da und dort bedrängte Situation der Juden an; denn es wird vermutet, daß der größere Teil des jüdischen Volkes zunächst aus den Ländern nach Palästina kommen werde, in denen die Juden unterdrückt würden In der damaligen Zeit richtet sich dabei meistens der Blick in den Osten Europas, wo die Juden oft furchtbaren Pogromen ausgesetzt waren. Daß aber in einem so zivilisierten Land wie in Frankreich anläßlich der Dreyfus-Affäre ein solch lodernder Haß entbrannte, war offenbar ein Alarmzeichen, nicht mehr länger zu warten und derartige Demütigungen nicht mehr hinzunehmen.

Auch Nichtjuden haben das jüdische Volk auf seinem Weg durch das Exil mit der ermutigenden Gewißheit begleitet, daß das Ziel seiner Wege die Rückkehr in das ihm von Gott zugesagte Land sei. Obwohl innerhalb des Christentums — aber auch im Islam — das Verhalten der überwiegenden Mehrheit in einer sich bis zur Feindschaft steigernden Geringschätzung bestand, wurde dieses Grund-muster immer wieder durch ganz andere Aussagen durchkreuzt. Der Mohammedaner Al Zamakshari (1054—11-14) ist davon durchdrungen, daß dieses Land Israel zu Recht gehört:

„Gott hat es dir gegeben. Der Herr hat verheißen (oder geschworen) und es auf die Tafein geschrieben, daß es euer Land ist. Kehre ihm nicht den Rücken — fliehe nicht weg aus Furcht vor den Riesen, die darin wohnen."

Der evangelische Theologe Isaak de la Peyriere aus Bordeaux (1595— 1676) unterstreicht den Zusammenhang zwischen dem jüdischen Volk und diesem bestimmten Land, der nach seiner Überzeugung auf Grund der göttlichen Zusage zu Recht besteht: „Nun dieser Besitz des heiligen Landes: ein friedlicher, fester, ewiger Besitz von einer durch Menschen nicht zu begrenzenden Dauer — ein wirklicher und aktueller Besitz, in den die Juden eingesetzt werden müssen. Dieser Besitz kann nicht zugrunde gehen; denn Gott hat ihn versprochen und zugesichert. Diese Besitznahme, sage ich, wird notwendigerweise bei der zweiten Staatsgründung der Juden stattfinden. Sie wird der Rückruf der Juden sein. Alsdann wird Gott mit starker Hand und ausgestrecktem Arm wiederkehren, um sein Volk in die Freiheit zurückzuführen. Dies bestärkt uns im Glauben an den Rückruf der Juden, den wir behandeln und den wir für einen zeitlichen ansehen. Denn Gott hat ihnen eine zeitliche Glückseligkeit versprochen." überall, wo die biblische Tradition im Sinne eines Ernstnehmens der an Israel ergangenen Verheißungen sich durchsetzt, werden immer wieder Wünsche und Forderungen laut, die eine Rückkehr des jüdischen Volkes in sein Land zum Gegenstand haben. Der zweite Präsident der Vereinigten Staaten von Nordamerika, John Adams, erklärte: „Ich wünsche ganz aufrichtig, daß die Juden von neuem in Judäa ein unabhängiges Volk bilden möchten." Im Namen einer „Konferenz für Christen und Juden" wurde zu Anfang des letzten Jahrhunderts Präsident Harrison um „ein zweites Edikt des Kyrus" gebeten, und der führende Mann dieser Organisation, der Theologe und Jurist W. E. Blackstone, forderte, daß der berechtigte Wunsch Israels nach Rückkehr in die Heimat einer internationalen Konferenz befürwortend vorgelegt werden müßte Im Jahre 1839 beschäftigte sich die Generalversammlung der Kirche von Schottland mit dieser Frage und richtete an die Monarchen Europas ein Memorandum „wegen der Wiederherstellung des jüdischen Volkes im Land Palästina; denn wir sind von der Wahrheit dieser göttlichen Verheißung erfüllt, die will, daß der Segen Gottes auf denen ruht, die dem in der jetzigen Zeit darniederliegenden Volk Gottes zu Hilfe kommen" Zuvor hatte diese Kirche eine Untersuchungskommission nach Palästina entsandt. Während der folgenden Jahre ist vor allem in England der Gedanke an eine Rückkehr der Juden in ihr Land lebendig. Daß dabei auch politische Erwägungen eine Rolle spielten, muß gar nicht geleugnet zu werden. Lord Palmerston ist offenbar der Meinung, daß durch das unter dem Schutz des Sultans in sein Land zurückkehrende jüdische Volk den bösen Machenschaften unbotmäßiger Paschas ein Riegel vorgeschoben werden könne, und er trifft eine sicher richtige Feststellung, wenn er schreibt: „Es herrscht heute unter den Juden, die in Europa verstreut sind, allgemein die Vorstellung, daß die Zeit nahe sei, da ihr Volk nach Palästina zurückkehren wird." Der Premierminister stand dabei in engem Kontakt mit seinem bibelfesten Freund Lord Shaftesbury, der ihn veranlaßte, die oben erwähnte Denkschrift an die Monarchen Europas an Königin Viktoria empfehlend weiterzuleiten, damit sie sich des Schicksals und der Rettung dieses „einzigartigen Volkes" annehme Diese Unterstützung der Heimkehr des jüdischen Volkes darf um keinen Preis nur im Koordinatensystem politischer Erwägungen und Vorteile gesehen werden. Mit Recht warnt vor dieser Versuchung der englische Pfarrer Bickersteath: „Die Gefahr, ihre (der Juden) Rückkehr in ihr eigenes Land ungerecht auszubeuten und aus ihrer Wiederherstellung zu eigensüchtigen Zwecken Nutzen zu ziehen, ist nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Jede Hilfe, die wir auf nationaler Ebene für ihre friedliche Rückkehr beibringen können, wird von dem Herrn gutgeheißen und auf das betreffende Land in unermeßlichen Segnungen zurückfallen." Leider ist dieser ausgewogene Rat in den Bemühungen um diese Rückkehr nie ernsthaft in Erwägung gezogen worden.

In einem Reisebericht aus dem Jahre 1858 kommt Felix Bovet aus Neuchätel (Schweiz) von einer ganz anderen Seite auf die Notwendigkeit einer Heimkehr des jüdischen Volkes in sein Land zu sprechen. Er meint, keine Nation habe sich endgültig in diesem Land festsetzen können, und dadurch sei auch dieses Land heruntergekommen und verwahrlost. Daraus zieht er — auf biblischer Grundlage — den Schluß: „Ganz bestimmt hält er (Gott) dieses Land für sein Volk in Reserve, für die Nachkommen dieses Volkes, die eines Tages die sanftmütigen und demütigen Menschen geworden sind, von denen Jesus sagt: „Sie werden das Land ererben“ Der langjährige Chefarchitekt des Paschas von Jerusalem, Ernette Pierotti, gibt eine interessante Begebenheit zur Kenntnis, nämlich, daß den Juden bei einem Thronwechsel die Schlüssel von Jerusalem ausgehändigt wurden, zum Zeichen dafür, daß sie die rechtmäßigen Besitzer des Landes seien. Diese erwähnte Zeremonie fand 1861 statt, und der Architekt führt dazu aus: „Wir alle wissen — und die Araber sind sich dessen bewußt —, daß Gott zu Abraham sagte: . Deinem Samen will ich dieses Land geben', und er wiederholte diese Zusage mehrmals an ihn und an Isaak und Jakob. So vollständig glauben dies die Mohammedaner." 2. Das Trauma der Fremde In ihrem Leben in der Zerstreuung setzten die Juden alles daran, als gute Staatsbürger und mustergültige Patrioten jeden Verdacht einer Fremdheit zu zerstreuen. In diesen Versuchen einer nur zu begreiflichen Anpassung erlagen sie immer wieder der Versuchung, ihre Besonderheit und Eigenständigkeit zu verwischen und aufheben zu wollen und die Bindung und Verbindung mit der in Palästina gelegenen Heimat zu verdrängen. Claude Duvernoy meint: „Wie ihre Vorfahren in einer weit zurückliegenden Zeit ließen sie sich in der Bequemlichkeit des Exils nieder und gelangten zu den höchsten Stellungen, kaum daß die Tore des Ghettos niedergerissen waren. Sie vergaßen Jerusalem, von dem sie, einmal im Jahr, mit einem unbehaglichen Gewissen in der Liturgie von Passah redeten ..." Er fährt dann fort, daß das letzte Mittel zum Aufbruch aus dieser Gleichgültigkeit die erneut ausbrechende Ablehnung der Völker gegenüber dem jüdischen Volk gewesen sei, in deren Mitte es als der von Gott beschlagnahmte Botschafter im Zeichen dieser Exterritorialität ein Fremdkörper bleiben muß: „Wieder einmal zeigten sich die Prüfung und das Leiden in der Geschichte der Juden als die letzten Waffen Gottes, um die jüdische Hoffnung wachzurufen, um Zion zu neuem Leben zu verhelfen und die Welt zum Heil zu zwingen."

Schon 1938 hatte David Ben Gurion, der spätere Ministerpräsident, darauf hingewiesen, daß der Kampf gegen den jüdischen Staat nicht nur durch den Mufti und die arabischen Könige, nicht nur durch die Antisemiten in England und die Nazis in Deutschland geführt wurde: „Auch die jüdischen Zionistenfeinde haben einen nicht geringen Anteil an diesem Kampf."

Es wird noch zu zeigen sein, wie stark der Widerstand aus diesem Lager die zionistische Bewegung von Anfang an behindert hat. Man wollte die Fleischtöpfe Ägyptens, das heißt die durch die Assimilation erlangten Errungenschaften, nicht für die vage Hoffnung eines Aufbruchs nach Palästina aufs Spiel setzen. Dabei wurde von diesen Kreisen verkannt, daß die Ablehnung dieser Heimat letztlich auch das Aufgeben einer letzten Zufluchtsstätte bedeutete. Nur als Plädoyer für die Heimat und_ als Protest gegen das Exil konnte sich der Zionismus gegen alle Widerstände durchsetzen; Diskriminierungen und Pogrome reichten für eine derartige unbeugsame Willensbildung nicht aus. Das Trauma des Exils saß aber bei verschiedenen Gruppen von Juden zum Teil schon so tief, daß es die Initiative in dieser Richtung zu blockieren und zu lähmen drohte. Deshalb bedurfte es zunächst einer Minderheit beherzter und unerschrockener Vorkämpfer, um diese Zurückhaltung innerhalb des Judentums zu überwinden. Abraham Heschel sah dies wohl richtig: „Was war der Grund, warum die Pioniere in das schwierige, ausgedörrte Land gingen? Es gab hier negative und positive Gründe. Es war der Protest gegen das Exil, der Protest gegen Pogrome und das Leben in der Furcht vor Pogromen, vor Austreibungen, vor der Diskriminierung und der Schutzlosigkeit. Als Einzelpersonen konnten sie Freiheit, Erfolg, Unabhängigkeit und Würde erlangen, und doch bestanden sie darauf, Freiheit, Unabhängigkeit und Würde für ihr Volk zu finden. Sie waren das Salz der Erde, von Eifer beseelt, doch bescheiden, geduldig im Ungemach, heiter in der Angst, unbeugsam im Glauben. Keine Gefahren erschreckten sie, keine Mühen ermüdeten sie. Sie hatten eine Vision: eine Heimat für ihr heimatloses Volk zu bauen."

II. Zuflucht oder Heimat?

Mit der Rückkehr nach Palästina und der Gründung des jüdischen Staates ist die Aufgabe des Zionismus noch nicht zu seinem Ende gekommen. „Darin, daß im Zionismus von Anfang an nicht nur die Rettung aus schwerer physischer Not und nicht nur eine äußere Heimat gesucht wurde, daß in ihm auch die innere Aufrichtung des gebeugten, gebrochenen Volkes, eine neue aufrechte Gestalt des jüdischen Menschen gesucht wurde, ruht die übernationale Kraft und Würde dieser nationalen Bewegung." Margarete Susman, von der diese Worte aus dem Jahre 1948 stammen, ist der Überzeugung, daß hier eine über das jüdische Volk weit hinausgreifende Bedeutung eingeschlossen ist: „Zion ist kein nur räumliches Zentrum, es ist Schicksalszentrum der Erde."

Schon im Jahre 1916 hatte der jüdische Religionswissenschaftler Martin Buber in seiner Auseinandersetzung mit dem jüdischen Gelehrten Hermann Cohen sich für die Heimat des jüdischen Volkes in Palästina ausgesprochen und diese Wendung nach Zion als eine auf die Bibel sich stützende Überzeugung nachgewiesen: „Mögen die Juden an allerlei Orten, in diesem oder jenem Vaterland, ihrem politischen Bewußtsein oder Gefühle nach eine politische Heimstätte besitzen, das jüdische Volk ist der große Heimatlose. Alle Gottesflüche der Schrift meinen Zerstreuung, alle göttlichen Segnungen und Tröstungen meinen Sammlung — für wen? Für die Juden aller Vaterländer? Oder nicht vielmehr für das Volk? Und in denen alsdann das Volk lebendig ist, diese sind der Rest, dem der Prophet die Rückkehr kündet. Im Zeichen der alten Segnungen und Tröstungen steht die neue Losung. Sie fordert eine Heimstätte für das jüdische Volk, das, um mit Ihren Worten zu sprechen, an noch einer solchen entB behrt." Dabei geht es Buber beim Zionismus um die Chance einer neuen Entfaltung des Judentums, wobei schon deutlich anklingt, daß zur der bloß geographischen Veränderung auch die Änderung im Sinne der Übernahme einer neuen Aufgabe hinzutreten muß. „Dieser Versuch, der allein zu einem neuen und ganzen Judentum führen kann, wird sich erst in Palästina in den nationalen Formen jenes übernationalen Strebens... vollenden; unternommen wird er im persönlichen Leben jedes wahrhaften Zionisten, denn jeder wahrhafte Zionist ist auch im innerlichsten Sinn unterwegs."

Aus diesen Äußerungen läßt sich als Haupt-nenner aller Aussagen erheben, daß die Juden ein Volk sind. Wenn der Präsident des Staates Senegal, Leopold Senghor, das Votum seines Landes in der Generalversammlung der Vereinten Nationen, der Zionismus sei dem Rassismus gleichzusetzen, damit rechtfertigen möchte, daß er einen Keil zwischen Judentum und Zionismus zu treiben versucht, indem er so tut, als gäbe es heute ein „azionistisches Judentum", dann gleicht er einem Mann, der die Unversehrtheit des menschlichen Leibes behauptet, aus dem er aber im gleichen Atemzug Rückgrat und Herz, Beine und Hände entfernt. Senghor meinte nämlich: „Durch unsere Abstimmung haben wir weder das Judentum als Religion der Juden noch den jüdischen Charakter als einen Gesamtkomplex von kulturellen Werten der jüdischen Welt verurteilt. Judentum und jüdisches Wesen sind für die weltumspannende Kultur in der Tat notwendig." Kann man wirklich so naiv sein, aus einem Faß noch guten Wein zu erwarten, wenn man dessen Boden eingeschlagen hat? Es zeigt sich darum, welche entscheidende Bedeutung jenem Lernprozeß zukommt, in dem wir uns darum mühen sollten, zu verstehen, daß die Juden — ein Volk sind. 1. Die Juden — ein Volk Diesen Gedanken trug Leon Pinsker, ein Arzt aus Odessa, in seinem 1882 erschienenen Buch „Autoemanzipation" vor. Darin ging es ihm um eine sichere Zufluchtsstätte für das jüdische Volk, die er nicht unbedingt mit dem alten Vaterland am Jordan gleichsetzte. Im Jahr 1882 fanden sich Studenten und Intellektuelle in Rußland zusammen, um den Auf bruch nach Israel zu proklamieren; sie gründeten die „BLLU" -Bewegung (BLLU sind die hebräischen Anfangsbuchstaben eines Verses:

„Haus Jakob, komm und laßt uns gehen.") Diese sahen wohl richtig, daß die Juden in Europa in die Zange genommen waren zwischen zwei „Unmöglichkeiten", nämlich dauernd mörderischen Pogromen schutzlos ausgesetzt zu sein oder aber mehr oder weniger stillschweigend als besondere Gruppe durch das Aufgehen in der Umgebung des jeweiligen Volkes von der Bühne abzutreten. Als dritter Weg kam für sie nur die Rückkehr nach Israel in Frage. „Land für diese Existenz kann nur Israel sein... Wir brachen auf, um die Route für die Zukunft unseres Volkes ab-zustecken. Helft unserem Volk, indem ihr kommt und euch alle um uns unter dem Banner von Zion schart, das wir als BLLU aufwerfen, Pioniere der Losung: , Kommt und laßt uns zusammen aufbrechen'." Die erste durch Israel Beikind angeführte Gruppe dieser Bewegung landete am 6. Juli 1882 in Jaffa

Ende August 1897 trat unter Leitung von Theodor Herzl der 1. Zionistenkongreß in Basel zusammen; in Deutschland war es nicht möglich, wie geplant, in München zusammentreten. Zuvor war er mit seinem Buch „Der Judenstaat" an die Öffentlichkeit getreten. Dort (1896) habe er ausgeführt, daß es sich bei der Judenfrage nicht um eine religiöse, sondern nationale Frage handele.

Auf dieser Konferenz bekam Theodor Herzl Unterstützung von den verschiedensten Seiten. Gegenüber der Verdrängung Zions auf eine mehr gleichnishafte Ebene wurde dem Begründer des modernen Zionismus von einem Rabbiner, Samuel Mohilever (1824— 1898) Rückendeckung gegeben; da er selbst nicht mehr am Kongreß teilnehmen konnte, ließ er durch seinen Enkel ein dazu verfaßtes „Sendschreiben an die Juden“ verlesen. Hier wird ausgeführt, daß es sich bei einer Orientierung nach und einer Niederlassung in Zion um eines der entscheidenden Gebote der Bibel handele: „Alle Söhne Zions sollen überzeugt sein in vollkommenem Glauben, daß das Wiedererstehen unseres Vaterlandes, das heißt der Ankauf von Land, das Bauen von Wohnungen, das Pflanzen von Obstgärten und die Bearbeitung der Erde eines der grundlegenden Gebote unserer Tora darstellt. Einige unserer alten Weisen gehen sogar so weit, daß sie sagen: dies sei die Tora selbst, da diese Aufgabe die Begründung der Existenz unseres Volkes bilde. Ein wirklicher Zionist ist, wer dies von seinem ganzen Herzen und mit seiner ganzen Seele glaubt. Die Grundlage des Zionismus ist die Tora ... sie ist die Quelle unseres Lebens. Sie muß die Grundlage der Wiedergeburt des Landes unserer Väter sein." Hier wird der Zionismus mit der Tradition des jüdischen Volkes fest verklammert, und die Sehnsucht nach Zion wird von diesem im Glauben Israels stehenden und lebenden Rabbiner deutlich abgegrenzt von allen symbolischen Umdeutungsversuchen: „Kürzlich sind sogar einige Rabbiner in Westeuropa aufgestanden und einer aus diesem Kreise ging sogar so weit, zu erklären, die Zusagen der Tröstung von Seiten unserer Propheten seien nur Gleichnisse und Symbole. Die Ankunft des Messias, so sagen sie, schließe die Versammlung Israels in seinem Lande nicht ein und bringe kein Ende des Exils und seiner großen Leiden, sondern werde nur ein himmlisches Reich auf der ganzen Erde errichten, während Israel inmitten der Völker als Licht der Völker bleibe. Andere wieder behaupten, daß unser Zionismus unserem messianischen Glauben entgegengesetzt sei. Ich muß sagen, daß dies alles falsch ist." Dabei hebt Samuel Mohilever vor allem auf die Aussagen der Schrift und die den Propheten gewordenen Zusagen ab.

Damals hatte schon seit längerer Zeit der anglikanische Plärrer William Hechler den Weg Theodor Herzls aufmerksam verfolgt; sie waren freundschaftlich miteinander verbunden, und William Hechler setzte alles daran, Theodor Herzl durch seine eigenen Verbindungen in der Welt der Regierenden und Diplomaten Türen aufzutun. Anläßlich des Baseler Kongresses erließ er einen Aufruf an die Juden: „Als Christ glaube ich auch an die sich zionistisch nennende Bewegung; denn nach den Aussagen der Bibel und der alten Propheten muß ein jüdischer Staat in Palästina entstehen." Diese Sammlung der Juden in ihrem Land hat nach seiner Auffassung eine die ganze Welt angehende Bedeutung: „Ich bin gewiß, daß die Errichtung eines jüdischen Staates mit der Unterstützung durch die europäischen Fürsten der Anfang für das durch

Jesaja, Micha und Sacharja angekündigte Heil sein wird." In diesem Zusammenhang weist er jede in die Richtung zielende Verdächtigung, daß die aufbruchsbereiten Juden in ihrem Land ein Faktor der Unzuverlässigkeit seien, zurück. „Das hindert einen Israeliten in keiner Weise daran, ein legaler und treuer Untertan des Landes zu bleiben, in dem er wohnt." Der Kongreß in Basel wurde auch von Henri Dunant, dem Begründer des Roten Kreuzes, mit tiefer Anteilnahme begleitet: „Ich bin glücklich, daß ich meine ganze Hilfe dem Zionistenkongreß anbieten darf. Denn dieser Zionistenkongreß findet meine herzlichsten Sympathien. Ich darf dies laut verkünden; denn es sind jetzt fünfzig Jahre her, daß ich auf diesen Zionistenkongreß sehnsüchtig warte. Ach, wie bin ich mit meinem ganzen Herzen bei jenen Männern, die sich dort in Basel zusammenfinden."

Alles in allem war dieser Kongreß eine entscheidende Weichenstellung. Theodor Herzl war sich dieser Tragweite bewußt. Seinem Tagebuch vertraute er dies unter dem 3. 9. 1897 an: „Fasse ich den Basler Kongreß in ein Wort zusammen, das ich mich hüten werde öffentlich auszusprechen, so ist es dieses: in Basel habe ich den Judenstaat gegründet. Wenn ich das heute laut sagte, würde mir ein universales Gelächter antworten. Vielleicht in fünf Jahren, jedenfalls, in fünfzig Jahren wird es jedermann einsehen." Am 29. 11. 1947 stimmten die Vereinten Nationen für die Errichtung eines jüdischen Staates in Palästina. Ein entscheidender Markstein auf dem Weg des Zionismus zu seinem Ziel ist die soge-nannte Balfour-Erklärung. Es handelt sich dabei um einen vom 2. November 1917 datierten Brief des englischen Außenministers Balfour an den Baron von Rothschild, in dem es heißt, daß „Seiner Majestät Regierung die Schaffung einer nationalen Heimstätte für das jüdische Volk in Palästina mit Wohlwollen betrachtet und daß sie die größten Anstrengungen machen wird, um die Erreichung die-ses Zieles zu erleichtern. Dies ist in jüngster Zeit die erste verbindliche politische Äußerung einer bedeutenden Staatsmacht; diese Zusage wird dadurch nicht entwertet, daß dort eine — wie ich meine — selbstverständliche Aussage gemacht wird, daß nämlich durch die Schaffung dieser Heimstätte „die bürgerlichen und religiösen Rechte nichtjüdischer Gemeinschaften in Palästina ... nicht beeinträchtigt werden dürfen." Diese erstmals gegebene politische Anerkennung der Bestrebungen des Zionismus wurde innerhalb dieser Bewegung mit Beifall und Genugtuung aufgenommen. Ein führender Mann des Zionismus, der spätere erste Präsident des Staates Israel, Chaim Weizmann, kommentierte diese Zusicherung so: „Als ich die Balfour-Deklaration in der Hand hatte, war mir, als hätte mich ein Sonnenstrahl getroffen, und ich glaubte, die Schritte des Messias zu hören. Doch erinnerte ich mich, daß der rechte Erlöser kommt wie ein Dieb in der Nacht."

Die Chancen für die Selbständigkeit des jüdischen Volkes wie auch für die der Araber wurden nach dem Zusammenbruch des otto-manischen Reiches in der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg von beiden Seiten als gut eingeschätzt und begrüßt. Emir Feisal schrieb 1919 an den jüdischen Richter Felix Frankfurter: . . Wir Araber, besonders die Gebildeten unter uns, blicken mit tiefer Sympathie auf die zionistische Bewegung... Wir wollen unsererseits unser Bestes tun, ihnen zum Sieg zu verhelfen. Wir wollen den Juden unser herzlichstes Willkomm bei ihrer Rückkehr in die Heimat zurufen. Ich hoffe, daß die Araber bald in der Lage sein werden, den Juden ihre Güte zu vergelten."

Wenn man solche Worte hört, fragt man sich unwillkürlich, ob nicht die Besinnung auf eine solche Gemeinsamkeit dem Frieden im Nahen Osten besser dienen würde als die hartnäckige Bestreitung des Lebensrechts des Staates Israel und die von daher kommende politische und militärische Offensive. Emir Feisal hat sich im gleichen Jahr in einem Brief an S. Levin ausgesprochen positiv über die Balfour-Erklärung geäußert; er bedauerte, an der Feier für die zweijährige Wiederkehr ihrer Veröffentlichung nicht teilnehmen zu können: „Ich bin jedoch sehr glücklich, diese Gelegenheit ergreifen zu können, um Ihnen unsere aufrichtigsten Wünsche zu wiederholen, nämlich, daß unsere beiden Völker für ein gemeinsames Ideal, das Wiedererstehen des Orients, zusammenarbeiten. Wir waren im Unglück vereint, und wir rechnen damit, auch in diesem neuen Abschnitt des Fortschritts und der Zivilisation, der sich uns eröffnet, vereint zu bleiben."

Man könnte sicher einige Gründe anführen, nicht zuletzt auch die Zwiespältigkeit der britischen Politik 69), warum dieses Aufeinanderzugehen auf dem Weg über eine erbitterte Rivalität schließlich in heftige Feindschaft umgeschlagen ist. Wir wollen hier nur festhalten, daß offenbar ein Ausgleich im Sinne einer vernünftigen Politik möglich ist, wenn beide Gruppen eigenständig und verantwortungsbewußt sich gegenseitig anerkennen und sich durch keine fremden Interessen (die sich oft mit dem eigenen Interesse nicht decken, sondern ihm entgegenstehen) fernsteuern lassen.

Für Israel geht es in erster Linie darum, innerhalb sicherer und anerkannter Grenzen leben zu können und Herr im eigenen Hause zu sein. Nur diese Souveränität erlaubt es, die Entfaltung seiner vielgefächerten Identität zu verwirklichen. Dies gehört ganz wesentlich zur Bedeutung seiner Rückkehr in sein Land.

Während des Ersten Weltkrieges wurde auf Grund von umlaufenden Gerüchten über angebliche Drückebergerei der Juden vom Dienst an der Front in Deutschland die Anfertigung einer Judenstatistik angeordnet. Diese Diskriminierung war für den heute in Jerusalem lehrenden Ernst Simon der Anstoß dafür, Zionist zu werden. Es wurde ihm deutlich, „daß wir fremd waren, wir daneben standen, besonders rubriziert und gezählt, aufgeschrieben und behandelt werden mußten". Er wäre vollkommen in der Luft geschwebt, wenn nicht „der zweite große Lebenskreis", das Judentum, „seine Arme ausgebreitet hätte, um uns zurückzuempfangen" Zionismus bedeutete so, inmitten einer Welt der Anfeindung, Jude zu bleiben und es trotz aller Gegnerschaft neu zu werden. „Wir waren Zionisten, meinte Ernst Simon wenig später, zunächst, ohne es zu wollen und zu wissen. Aber bald lernten wir, daß der einzige Weg, der uns als Volk aus der unglückseligen geistigen, seelischen und materiellen Dualität herausführt, der Weg nach Zion ist, und daß wir ihn gehen müssen, zumindest geistig, wenn irgend möglich auch körperlich, mit allem, was wir sind und haben. Nun waren wir erlöst in wirklicher Männlichkeit, mit der Sicherheit des Menschen, der seinen Platz in Zeit und Ewigkeit kennt." Auch von christlicher Seite wird in dieser Zeit einem jüdischen Staat in Palästina die Aufgabe zugewiesen, daß die Juden sich dort in einer ganz neuen Weise auf sich selbst besinnen könnten. A. A. Berle (Boston 1918) meint: „Israel wird wieder sich selbst finden, und der Teil des Volkes, das den Weg verloren hat, wird wieder den neuen Ruf des alten Gesetzes „Höre, o Israel!'vernehmen und es wird sehen vor seinen Augen das glänzende Leuchtfeuer, den Punkt, der auf die Einheit und die Solidarität des alten Stammes zuführt. Das wird etwas Wunderbares für Israel sein, aber nichtsdestoweniger auch für die übrige Welt." Die Weltbedeutung des jüdischen Staates — so der Titel dieser Schrift — wird hier klar gesehen, daß heißt, daß eine Sammlung des jüdischen Volkes in seinem Land nie Selbstzweck sein kann, sondern immer in seinen die ganze Welt umgreifenden Plan eingebettet sein muß. Aus diesem Grund muß das überleben und die Identität dieses Volkes gewährleistet sein. Darin sieht der Religionswissenschaftler Gershom Scholem im Jahr 1970 die Funktion des Zionismus: „Es mag sein, daß auch der Zionismus scheitert. Aber das Scheitern des Zionismus hängt nicht allein von uns, sondern von ihnen ab. Wenn eine Generation hochkommt, die nicht mehr ihre jüdische Identität zu erhalten wünscht, dann werden wir keinen Erfolg haben, aber auch sie nicht... Ich weiß nicht, ob der Zionismus ein gutes, ideales Heilmittel hervorbringt. Ich sage nur, es gibt kein anderes Mit-tel." 2. Die angestrebte Normalisierung Die Existenz der Juden als Volk schließt notwendigerweise den Versuch ein, in die Nähe der anderen Völker zu rücken und dies insbesondere mit Blick auf die innere Ordnung und äußere Verteidigung. Die Schwierigkeit setzt genau an dem Punkt ein, daß Israel wirklich ein Volk in dieser Welt, einem bestimmten Land zugewiesen ist; dieser Not kann man nicht dadurch entfliehen, daß dieses Volk mit seinem Land in eine Art geistiges Wölkenkuckucksheim in einem Nirgendwo abgeschoben wird. „So wahr dieses Volk Israel in und trotz seiner . Erwählung'ein weltliches Volk ist, mein Jochanan Bloch, so wahr ist es an ein weltliches Land gebunden. Diese Bindung läßt sich nicht spiritualisieren."

Folgt daraus, daß „der Zionismus sein grundlegendes Ziel erreicht hat", wie Abraham Jehoschua meint? „Ich glaube nicht, daß der Zionismus eine umfassende Weltanschauung, eine Lebensweise weiten Ausmaßes oder gar irgend eine soziale Philosophie ist. Meiner Meinung nach ist er vor allem eine besondere historische Tat, die auf irgend eine Weise die jüdische Frage normalisieren wollte, und dies dadurch, daß sich ein Teil des jüdischen Volkes in einem Land und in einem eigenen Staat versammelte." Ist also der Staat Israel Endstation, vielleicht Sackgasse, ja sogar, wie es der bekannte jüdische Soziologe Georges Friedmann in seinem Buch formulierte, das „Ende des jüdischen Volkes"?

Oder kann diese Sammlung, die in der Rückkehr nach Zion Gestalt gewinnt, nicht nur der Ausgangspunkt für die Sendung Israels sein? In diesem Zusammenhang warnte Martin Buber eindringlich davor, eine aus den Wurzeln des Judentums stammende Wiedergeburt mit einer nationalen Assimilation zu verwechseln und unter Normalisierung die Aufgabe des Geheimnisses Zions zu verstehen.

Dabei darf das jüdische Volk das ihm anvertraute geistige und geistliche Gepäck nicht stillschweigend irgendwo stehen lassen, sondern es darf und muß dieses einbringen als einen für die ganze Menschheit unersetzlichen Beitrag. Die Nähe zu den Völkern kann so zu einer Brücke des Verstehens und der Verständigung werden. Das ist entscheidend. Ernst Simon unterstreicht dies 1972 mit den Worten: „Die zionistische Revolution, die sich noch im Stadium der Vollendung befin74 det, hat sich von Anbeginn zwei Ziele vorgenommen, die noch nicht vollkommen erreicht sind: die Rückkehr eines fruchtbaren und fruchtbarmachenden Kerns des Volkes in das Land der Väter und die Rückkehr des Volkes Israel in die Familie der Völker. Beides hat gleichen Rang." Gerade das letztgenannte darf nicht außer Acht gelassen werden, auch wenn die gegenwärtige Isolierung Israels zeigt, wie weit der hier noch zurückzulegende Weg ist. Doch wird aus derartigen Aussagen klar, daß es sich beim Zionismus nie und nimmer um irgend eine Form des diskriminierenden Rassismus handelt, sondern daß derselbe auf Gemeinschaft und Zusammenarbeit mit den Völkern angelegt ist.

III. Zion als Aufgabe

Zion ist auch als Aufruf zur Verwirklichung der Gerechtigkeit zu verstehen. Diesem Anliegen sah sich insbesondere Martin Buber verpflichtet. Dem auf seine Verwirklichung dringenden Zionismus gibt Ernst Simon in Anlehnung an Martin Buber Unterstützung: „Wir sind das einzige Volk, dessen Auftrag von Anbeginn kollektiver Natur war, und dessen kollektiver Aspekt immer nur missionarisch gewesen ist. Diese Mission wollte es weiterführen." Nur durch eine Hinwendung zum Judentum können der Zionismus und das jüdische Volk die ihm zugewiesene Aufgabe meistern; sonst werden alle von da ausgehenden Bemühungen bedeutungslos, wenn die Ausstrahlungskraft des Judentums durch Gleichgültigkeit oder Abdankung von selten der Juden blockiert werden sollte. Abraham J. Heschel wies darauf hin: „Die Idee des Zionismus umfaßt nicht nur das Land, sondern auch das Volk in seinem geschichtlichen und geistlichen Schicksal. Der Zionismus ist , die Heimkehr zum Judentum noch vor der Rückkehr ins Judenland', sagte Theodor Herzl in seiner Eröffnungsrede auf dem ersten Zionistenkongreß. Das Judentum ist ohne das Gesetz, ohne die Halacha in der Tat ein Baum, der von seinen Wurzeln abgeschnitten ist. Es besteht eine Gefahr, die dringend unserer Aufmerksamkeit bedarf. Während mehr als 1800 Jahren sind wir ein Volk ohne Land gewesen. Heute müssen wir befürchten, ein Land ohne Volk zu haben.“ Ohne Volk, das heißt ohne Frauen und Männer, die im Bund Gottes geborgen und zum Dienst für Gott und an der Welt aufgerufen sind, und die vor allem in immer neuen Initiativen diesen von Gott gesetzten An-fang treu zu verwirklichen trachten, wie dies Martin Buber schon 1924 angedeutet hat: „Wird Zion Gottes oder der Menschen Werk sein? Es kann nur Gottes Werk sein; es kann sein Werk nur sein, wenn es der Menschen Werk ist." 1. Die Unersetzlichkeit Zions Zion ist als Orientierungspunkt und Standort nicht austauschbar. Darum wird gegen jede Angleichung an die üblichen (und zum Teil üblen) Bewegungen des Nationalismus Verwahrung eingelegt: „Statt einer nationalistischen Assimilation ... geziemt uns eine nationale Chalaziut (nationales Pionierwesen), die den anderen Nationalismen bahnbrechend voranschreitet." Aus diesem Grund, nämlich um dem ihm von Gott zuteil gewordenen Auftrag gehorsam zu werden, bedarf das jüdische Volk dieses Land. Dies hat Martin Buber schon 1938 in einem an Mahatma Gandhi gerichteten Schreiben herausgestellt: „Auf den jüdischen Anspruch konnten und können wir nicht verzichten, ist doch an dieses Land noch Höheres als das Leben unseres Volkes, nämlich sein Werk, und das heißt der göttliche Auftrag, gebunden." Diese Unersetzlichkeit Zions hat 1974 in einem Gespräch zwischen ihm und zwei arabischen Intellektuellen der Historiker Saul Friedländer betont und zugleich auf die „ungeschickte These Theodor Herzls" hingewiesen, als könne man ebenso Uganda für Palästina einsetzen: „Sie (die jüdischen Volksmassen Osteuropas) waren einmütig in ihrer Aussage: , Es gibt nur ein Gebiet, wohin wir gehen können — das ist Palästina, das ist Erez Israel!'Sie sehen also, daß es eine sehr enge Verbindung zwischen dem traditionell Religiösen und dem modern Nationalen gibt, die gegenseitig miteinander verknüpft sind."

Darum wird auch von jüdischer Seite unterstrichen, daß die Gemeinsamkeit des jüdischen Volkes über die Jahrhunderte weg Kontinuität besaß; alle angeblich einen Bruch markierenden Einschnitte werden von den Juden als willkürlich empfunden: „Es ist unbestreitbar", sagt B. Gross, „daß der Zionismus, auch der Zionismus weltlicher Prägung, ein wesentliches Thema aufgegriffen hat, über das nachzudenken wir niemals aufgehört haben ... Man muß deshalb unterstreichen, daß eine unbedingte Kontinuität zwischen dem biblischen und dem modernen Israel vorhanden ist, eine Kontinuität, die sich in den Zeitrahmen von zweitausend Jahren einfügt, die wir im Exil verbracht haben." Eine ungebrochene Verbundenheit wird von Andre Neher durch eine auffällige Formulierung erhellt, indem er das jüdische Volk als das „einzig nicht bekehrte Volk" vorstellt, dergestalt, daß hier kein Umbruch im Sinne einer ganz neuen Zuwendung zur Botschaft der Bibel notwendig gewesen sei, da dieses Volk von daher seit eh und je geprägt wurde. „Eine ununterbrochene Kette von Gebeten in der Sprache der Bibel, die nach dem Land der Bibel ausgerichtet waren, verbindet den letzten Auswanderer aus der Epoche des Titus mit dem ersten jüdischen Einwanderer aus der Zeit des Zaren. Zwischen dem Israeli des 20. Jahrhunderts und dem Hebräer des Altertums gibt es etwas anderes als nur eine Ähnlichkeit des Rahmens und der Landschaft Palästinas; es gibt hier eine Schicksalsgemeinschaft."

Kontinuität bedeutet absr nicht eintönige Gleichförmigkeit. Innerhalb des Zionismus meldet sich auch Aufbruch zu Neuem und Protest gegenüber Althergebrachtem, ohne daß dadurch das Judentum als solches verletzt oder verraten würde. Im Gegenteil, dieses Durchhalten verschiedenartiger Strömungen ist ein Zeichen für die Lebenskraft des Judentums. Selbst ein so kritischer Beobachter wie Abraham Jehoschua 85a) weiß um diese Kontinuität trotz aller in die Augen springenden Änderungen, und Gershom Scho-lern spricht von „dem Konflikt zwischen Kontinuität und Rebellion als einem entscheidenden Faktor im Geschick des Zionismus": „Sicher entdeckten die Rebellen der zionistischen Arbeiterbewegung, daß sie selbst Fak-kelträger waren. Sie verstanden den Wert der Kontinuität... Es ist offenkundig, daß wir alle Fackelträger sind... Aber ich glaube, daß das Judentum etwas Lebendiges ist; das nicht in eine dogmatische Definition eingebracht werden kann. Erneuerung kann nicht von vornherein definiert werden."

Diese Scheu vor einer begrifflichen Festlegung der Wahrheit in streng formulierte Sätze, die sicher mit dem unsere eigenen Vorstellungen treffenden Bilderverbot aus der Bibel im 2. Gebot zusammenhängt, schließt eine deutliche Sprache nicht aus, sondern ein. 2. Religiöse Fundamente Es ist wichtig, den Zusammenhang der politischen Bewegung mit den täglichen Gebeten der Juden und ihrer Sehnsucht nach dem verheißenen Land zu sehen — und zu respektieren. Nicolas Baudy betonte 1968 zu Recht: „Während der zweitausendjährigen Zerstreuung, in der der Jude durch das Schicksal in die Verbannung verschlagen wurde, betete er dreimal täglich in Richtung auf Zion . . . Und dann der Ruf , Das nächste Jahr in Jerusalem! die feierliche Beschwörung, die den Abschluß der festlichen Gottesdienste an den großen Festen bildet! Dies wurde vom Beginn des 19. Jahrhunderts an Gegenstand und Ziel einer weltanschaulichen Bewegung, aus der sich gegen Ende des gleichen Jahrhunderts eine politische und konkrete Bewegung entwickelte." In einer ganz ähnlichen Weise äußerte sich David Ben Gourion: „Gott möge sie (die Juden) wieder in ihrem Land vereinigen und das Königreich Davids wieder aufrichten."

Dieser Verwurzelung können auch die dem Glauben der Väter mit Vorbehalt gegenüberstehenden Juden nicht entgehen. Denn „der Zionismus ist die Explosion einer langen Erfahrung", stellt Abraham Heschel fest. Dabei muß hier von einer seltsamen Verschränkung berichtet werden, weil der Ruf zu Volk und Land aus einer Ecke des Judentums kam, aus der man ihn am wenigsten erwartet hätte, und wodurch die tiefe Einheit dieses Volkes in einer sinnfälligen Weise vor Augen geführt wird: „In Wirklichkeit war dies der geheimnisvolle Wille Gottes, im Herzen nicht-praktizierender Juden die prophetische Berufung unseres Volkes zu erwecken . .. Diese Tatsache ist von'höchster Bedeutung, wenn man den Sinn der jüdischen Existenz verstehen will."

Der Zionismus umfaßt also den ganzen, weit-gespannten Rahmen, der zur Bewahrung und Erhaltung jüdischer Identität nötig ist; von innerjüdischen Erwägungen her steht er deshalb viel weniger in einer Frontstellung gegenüber dem Antisemitismus (obwohl dessen Gewicht nicht übersehen wird), er befindet sich vielmehr in einem Kampf gegen den Verlust jüdischen Wesens in der Assimilation. Viktor Malka bezeichnet dies als „Annehmen der jüdischen Identität, der Kultur und der tausendjährigen Tradition des jüdischen Volkes, dieser Einheit von Volk — Nation — Religion."

Dazu gehört auch sein konkretes Handeln: „Religiöser Zionismus hielt daran fest, sagt Abraham Heschel, daß Israels Initiative die Macht der Erlösung eröffnen müßte, daß das Warten von den Pioniertaten nicht getrennt werden dürfte." Es geht um die Treue und den Gehorsam gegenüber der diesem Volk zugewiesenen Mission. 3. Die Mission des jüdischen Volkes Schon immer war das jüdische Volk davon durchdrungen, von Gott einen Auftrag erhalten zu haben, der ausgeführt werden müsse; nur in diesem Zusammenhang ist auch die oft mißverstandene Erwählung einzuordnen. Im 13. Jahrhundert trug Rabbi Kimhi den folgenden Gedanken vor: „Denn um deinetwillen kann sich die Welt erhalten; denn jeder Bund hat es mit dem überleben zu tun, und du wirst auch ein Licht für die Völker sein. Dieses Licht ist die Tora, die aus Zion kommen wird. Israel bedeutet so die Existenz der Völker auf zwei Ebenen. Israel ist es zu verdanken, daß es in allen Völkern Frieden geben wird. Denn: Israel ist es zu verdanken, daß die Völker die sieben (noachidischen)

Gebote halten und den rechten Weg einschlagen werden."

Diese auf die ganze Menschheit bezogene Bedeutung Israels wird von Martin Buber 1916 in Übereinstimmung mit der jüdischen Tradition einer Rückkehr nach Zion in Zusammenhang gebracht: „Wir wollen Palästina nicht für die Juden: wir wollen es für die Menschheit; denn wir wollen es für die Verwirklichung des Judentums. Am Werk der neuen Menschheit, das wir meinen, kann die spezifische Gewalt des Judentums nicht entbehrt werden — die Gewalt, die den Menschen einst einen so urstarken Antrieb zum wahrhaften Leben gab. Sie ist nicht erstorben: sie lebt mitten in der Entartung fort und bewahrt Keime des Heils für die Zukunft . . . Und eben dies ist unser Glaube, daß das wiederhergestellte Zion das Bethaus für alle Völker und die Mitte der neuen Erde wird, die zentrale Stätte des Geisterfeuers, in dem das blutbefleckte Kriegskleid verbrannt wird (Jes.9,4) und , die Schwerter zu Pflug-scharen’ umgeschmiedet werden."

In dem bereits erwähnten Schreiben an Mahatma Gandhi aus dem Jahre 1938 hebt Martin Buber diesen Gedanken der Verwirklichung von Gottes Weisung hervor und sagt, die Juden seien damals unverrichteter Dinge ins Exil gegangen. Darum werde der Ruf zum Dienst jetzt um so dringlicher: „Wir brauchen eine eigene Erde, um es (das Gebot) zu erfüllen, wir brauchen die Freiheit, unser eigenes Leben zu ordnen: auf fremden Boden und unter fremder Satzung ist kein Versuch zu wagen. Es kann nicht sein, daß uns die Erde und die Freiheit zur Erfüllung versagt werden. Wir sind nicht begehrlich, Mahatma, wir wollen nur endlich gehorsam werden."

Eine deutlichere Abgrenzung gegenüber dem Anspruch nationalistischen Machtstrebens kann wohl kaum vollzogen werden. Natürlich kann es Verirrungen und Abweichungen geben; aber diese sind kein Material für eine breite Übereinstimmung innerhalb des jüdischen Volkes. „Es stimmt, daß der Zionismus nicht als Patriotismus verstanden werden kann und darf", führt B. Gross aus, „dieses Wort kommt in ge-wisser Hinsicht gar nicht vor. Es ist natürlich möglich, daß es Abweichungen dieser Art gibt, aber dabei handelt es sich meiner Meinung nach um vorübergehende Abweichungen, die für die jüdische Schau nicht wesentlich sind. Es geht hier nicht um Patriotismus, es handelt sich um das verheißene Land und darum um die Verwirklichung eines Auftrags und nicht um den Besitz eines Landes."

In diesem Sinn kann der Zionismus als „moralische Herausforderung" bezeichnet werden. Reuven Golan erläutert dies: „Die zionistische Bewegung war und ist der Träger dieser Herausforderung gegenüber der jüdischen und nichtjüdischen Öffentlichkeit. Wir können glücklich sein, daß das Schicksal es uns vergönnt hat, die Verwirklichung des zionistischen Traumes zu erleben, das heißt die Schaffung und erfolgreiche Verteidigung und — wie wir hoffen und wünschen — die friedliche Zukunft des Staates Israel."

Hier muß noch einmal mit aller Eindringlichkeit die Frage gestellt werden, was unter einer .friedlichen Zukunft des Staates Israel'verstanden wird. Ist mit der Schaffung einer Zufluchtstätte für verfolgte Juden wirklich das Ziel des Zionismus erreicht, wie Abraham Jehoschua meint? Oder liegt die Chance des Zionismus darin, daß er „keine messianische Bewegung" ist, weil das jüdische Volk „für diese grundlegende Schwäche einen zu teuren Preis zahlte", wie Gershom Scholem ausführt? Aber was ist der Zionismus dann?

Nach der Bildung des Staates Israel gehört es zu den wichtigen Aufgaben der zionistischen Bewegung, die Juden und jüdischen Gemeinschaften in aller Welt dazu aufzurufen und zu ermuntern, diese Heimat des jüdischen Volkes in Worten und Taten solidarisch zu begleiten.

Echte Solidarität schließt die Freiheit zur Kritik ein; um in einer rechten Weise Israel Hilfe angedeihen zu lassen, muß von dieser Seite auch davor gewarnt werden dürfen, daß Irrwege eingeschlagen werden, wodurch Israel seinem Auftrag untreu werden könnte.

Darum nehmen zwei so profilierte Männer innerhalb des Zionismus wie Nahum Goldmann und Ernst Simon dieses Recht ausdrücklich für sich in Anspruch. Ernst Simon meinte 1972: „Wir lassen es in keiner Weise an dem dem Staate Israel geschuldeten Respekt fehlen! Ganz im Gegenteil! Aber wenn eine dauernde Kontrolle und Kritik von innen her fehlen, kann er leicht wie jeder Staat auf eine schiefe Ebene geraten, vielleicht noch mehr als ein solcher; denn er ist vom Nimbus der Heiligkeit umgeben, obwohl eine nationalistische Verweltlichung im Gange ist." In die gleiche Kerbe schlägt der um die zionistische Bewegung sehr verdiente ehemalige Präsident dieser Organisation, Nahum Goldmann, und seine Kritik hat sich manchmal schon in eigenständigen politischen Initiativen geäußert — nicht etwa, um Israel am Zeug zu flik-ken, sondern um ihm zu einer guten Orientierung zu verhelfen. Er sagt: „Ich habe immer am Recht jedes Zionisten und jedes Juden festgehalten, Israel zu kritisieren. Ich weise den Gedanken zurück, daß es verboten sei, die Politik oder irgend eine andere Erscheinung jüdischen Lebens in Israel zu kritisieren. Es gibt viel zu kritisieren, aber glücklicherweise noch mehr zu loben ... Auf weite Sicht hin kann ich mir kein Judentum in der Welt vorstellen, das weiterhin Israel unterstützen würde, ohne irgend ein Recht auf Kritik zu haben. Ich bin der Überzeugung, daß wir in die letzte Phase der sogenannten souveränen Staaten eingetreten sind. Aber das kann nicht bedeuten, daß die Partner Israels, ohne die Israel nicht überleben kann, nicht das Recht haben sollten, zu kritisieren und nur das Recht zur blinden Unterstützung Israels ausüben müßten." 4. Stimmen aus der Kirche Aus dem Umkreis der Christenheit und der Kirchen sind Stimmen der Solidarität mit dem jüdischen Volk vernehmbar, da doch die Kirche trotz aller Unterschiedlichkeit mit dem Judentum durch die Klammer der von dem gleichen Gott ausgehenden Erwählung verbunden ist. Wir dürfen dankbar sein, daß auch an diesem Punkt — im Verhältnis zum Zionismus und zum Staat Israel — der weithin von Feindseligkeit geprägte Grundtenor der Christenheit von einzelnen Christen überwunden wurde, wie dies im Verlauf dieser Studie schon deutlich wurde.

Darauf muß noch einmal ausdrücklich hingewiesen werden, um herauszustellen, wie von diesen einzelnen der Brückenschlag zu einer Verständigung unternommen wurde. Claude Duvernoy unterstreicht die in der Heiligen Schrift verankerte Verbindung dieses Volkes zu diesem Land: „Der Zionismus senkt seine Wurzeln in die an Abraham durch den Schöpfer ergangenen Verheißungen, deren hauptsächliche etwa so lautet: . Dieses Land gebe ich dir und deinen Nachkommen für immer! ’ Gestärkt durch diese Verheißung hat Israel auch in den schlimmsten Schicksalsschlägen niemals die Hoffnung aufgegeben, Zion wiederzufinden und es aus seinen Ruinen wieder erstehen zu lassen." Deshalb kann es auch nicht in Frage kommen, in irgendeiner Weise Zionismus und jüdisches Volk gegeneinander ausspielen zu wollen, wie dies zum Teil in der Kirche, aber nicht nur hier, üblich geworden ist.

Der anglikanische Theologe Douglas Young setzt den gleichen Akzent: „Wenn man also die Behauptung aufstellt, der Zionismus (die Hoffnung auf eine jüdische Regierung in dem ihnen von Gott verheißenen Land) sei dem Judentum entgegengesetzt, der verkennt ganz und gar die Macht der jüdischen Identität und Tradition und entstellt die Aussagen der Bibel." Auf dem Stuttgarter Kirchentag hatte Friedrich Wilhelm Marquardt 1969 diese Bedeutung des Zionismus anschaulich aufgezeigt: „Die Heimkehrbewegung des Judentums zu sich selbst ist nicht nur Gegenbewegung gegen unsere Judenfeindschaft, sondern Fortbewegung aus den tiefsten Quellen des Judentums ... 1. Zionismus ist der historische Prozeß, in dem sich das Judentum wieder seiner selbst bewußt wird als Volk. 2. Der Zionismus ist der historische Prozeß, in dem das jüdischen Volk sich aufs neue bewußt wird, daß es nach Palästina gehört." Diese Ausrichtung auf Zion von Seiten des jüdischen Volkes hat mit irgendeiner rassischen Überheblichkeit nicht das geringste zu tun, sondern ist Ausdruck des Überlebenswillens dieses Volkes. Die darin zum Ausdruck kommende Normalisierung ist Grundlage und Ausgangspunkt für den diesem Volk anvertrauten Auftrag

Diese Rückkehr unterstreicht auch Rolf Rend-torff, Professor für evangelische Theologie, als unaufgebbaren Bestandteil jüdischer Identität: „Wer also das Judentum in seinem eigenen Selbstverständnis ernst nehmen will, muß auch akzeptieren, daß sich dieses Volk wieder den eigenen Ausdruck seines nationalen Selbstverständnisses in diesem Staat geschaffen hat und daß dieser Staat nur in diesem Land sein konnte, das seit eh und je die Heimat und im Grunde genommen die einzige Heimat des jüdischen Volkes gewesen ist. Alles andere war immer Diaspora und Exil." An anderer Stelle führt Rendtorff dies in ähnlicher Weise aus: „Von der Geschichte des jüdischen Volkes her ... ist der Zionismus in der Tat nichts grundlegend Neues, sondern nur die neuzeitliche Gestalt der diese ganze Geschichte durchziehenden und sie prägenden Verbindung von jüdischem Volk und Land Israel und der in ihr wurzelnden . Zionssehnsucht'."

Schon 1918 hatte A. Berle von Amerika aus über die Bedeutung eines damals noch nicht gegründeten jüdischen Staates geschrieben: „Er (der Staat) wird seinen Ruhm weit in die Ferne über das eigene Land hinaus verbreiten und Jerusalem wird die goldene Stadt werden, zu der die Völker zurückkehren, um dort Weisheit und Orientierung in der Kunst der Rechtschaffenheit zu erhalten, die Israel durch seine begabtesten Söhne der ganzen Welt gelehrt hat."

Dieses Vorangehen einzelner Christen hat da und dort auch positive Stellungnahmen der Kirchen gegenüber dem Staat Israel ausgelöst. Hier kann zwar zwischen dem Zionismus als Bewegung und Weg zu dem Staat Israel unterschieden, die beiden können aber nicht getrennt werden. Im Zeitpunkt der Bedrohung dieses Staates ist ein Eintreten für dessen Lebensrecht mittelbar auch eine Bejahung einer Berechtigung des Zionismus. (Dabei darf nicht verkannt werden, daß die Angriffe gegen diesen Staat sich auch gegen denselben als zionistisches Gebilde richten und seine „Entzioni-sierung" fordern.)

Eine erste solche Stellungnahme in der Stunde der Gefahr hat Bischof Scharf am 16. Juni 1967 abgegeben; diese Erklärung sollte, wie man hörte, als eine Verlautbarung der EKD noch während des Sechs-Tage-Kriegs veröffentlicht werden, ist aber damals in dieser Form nicht zustande gekommen. In dieser Er-klärung stellt sich Bischof Scharf deutlich an die Seite Israels und fordert dazu auch die Glieder der Kirche auf. „Gottes Verheißung ist über dem von ihm erwählten Volk Israel in Kraft geblieben. Obwohl zum Staat Israel nur ein Teil der Juden der Welt gehört, ist dieser in die Absichten Gottes mit hineingenommen. Darum bezeugt allenthalben: Wer Israel auslöschen will, widersteht Gottes Willen und Verheißung." Es ist erfreulich, daß seit diesem Zeitpunkt innerhalb der evangelischen Kirche in Deutschland sich eine Entwicklung durchgesetzt hat, die 1975 in der Studie „Christen und Juden" ihren Niederschlag fand. Dort wird gesagt: „Die Rückkehr der Juden in ihr Land geschah nicht nur unter dem Druck einer feindseligen Umwelt, sondern war zugleich Verwirklichung der über die Jahrtausende hin durchgehaltenen Sehnsucht nach Zion. So hat der Staat über seine politische Funktion hinaus für viele Juden eine religiöse Bedeutung." Im allgemeinen hat dieser von der Verbindung des jüdischen Volkes mit seinem Land handelnde Abschnitt in jüdischen Kreisen Zustimmung gefunden. Der in diesen Fragen des christlich-jüdischen Gesprächs als Fachmann anzusehende Ernst Ludwig Ehrlich kommentierte: „Der eigentliche Test, ob Christen die Existenz des jüdischen Volkes heute richtig sehen, ist die Frage der Verbindung des jüdischen Volkes mit seinem Land. Daher heißt es in der neuen Studie: , Juden haben stets im Land Israel und in der Diaspora gelebt; volle Verwirklichung jüdischen Lebens steht jedoch zu allen Zeiten mit diesem Land in Verbindung.'Dieser Abschnitt über die beiden Pole jüdischer Existenz hätte von einem Juden kaum präziser formuliert werden können. Es ist ein konstruktiver Fortschritt in unseren Beziehungen, wenn sich hier ein Jude in dieser von deutschen Protestanten erarbeiteten Darstellung wiedererkennt..." Wesentlich kritischer äußert sich der Religionsphilosoph Hermann Levin Goldschmidt, und zwar deshalb, weil er hier die im jüdischen

Volk vorherrschende Sehnsucht nach Zion als der einzigen Heimat in eine bloße Zufluchtsstätte verfälscht sieht: „Die . beiden Formen jüdischer Existenz'(III 2) und , der Staat Israel' (III 3) bieten aber nur eine geradezu dogmatische Belehrung über das am Judentum Zentrale und Periphere, sowie die Gründungsgeschichte als , den Abschluß einer Entwicklung, die seit dem Ende des 19. Jahrhunderts das alte Land Israel immer wieder zum Zufluchtsort verfolgter Juden hatte werden lassen.' So ist nicht einmal der Zionismus, den diese Studie für das , in zunehmendem Maße geistige Zentrum des Judentums'hält, verstanden."

Innerhalb der katholischen Kirche ist die Zurückhaltung gegenüber dem Zionismus und dem Staat Israel noch nicht überwunden. Es darf gewiß anerkannt werden, daß dem Antisemitismus 1965 auf dem II. Vatikanischen Konzil eine klare Absage erteilt wurde, die in dem neuen Text vom Anfang des Jahres 1975 noch schärfer formuliert wurde. In beiden Äußerungen fehlt jedoch jeder Hinweis auf den Staat Israel. Wie vor 40 Jahren eine klare Verurteilung des Antisemitismus ein Test für wirkliche Solidarität mit dem jüdischen Volke war — Papst Pius XI. erklärte am 6. September 1938 vor belgischen Pilgern: „Der Antisemitismus ist nicht vertretbar; wir sind im geistlichen Sinn Semiten" —, so ist heute die Stellung zum Staat Israel der Prüfstein für eine solche Nähe der Kirchen und der Christen zum jüdischen Volk. Einem katholischen Theologen wurde von einem Rabbiner auf die Frage, was er von der Kirche im Blick auf das jüdische Volk erwarte, geantwortet: „Respektieren Sie unsere Verbundenheit mit dem Staat Israel; das ist alles." Meiner Kenntnis nach hat sich nur einmal ein Gremium der katholischen Kirche zum Staate Israel — in allerdings vorsichtiger Weise — geäußert, was nicht nur von Seiten der Araber, sondern auch innerhalb der katholischen Kirche Angriffe und Distanzierung auslöste. Dies war die im April 1973 veröffentlichte Erklärung der bischöflichen Kommission für die Beziehung zum Judentum. Dort heißt es: „Das Gewissen der Welt kann dem jüdischen Volk, das so viele Wechselfälle im Laufe der Geschichte erduldet hat, das Recht und die Mittel für eine eigene politische Existenz unter den Völkern nicht verweigern. . .". In diesem Zusammenhang wird von den Christen Nüchternheit und Aufgeschlossenheit gegenüber dem Stellenwert dieser Rückkehr des jüdischen Volkes nach Israel gefordert, den diese Heimkehr innerhalb der jüdischen Tradition hat: „Sie (die Christen) müssen der Deutung Rechnung tragen, die die Juden ihrer Sammlung um Jerusalem geben, die dieses Ereignis im Namen ihres Glaubens als Segen ansehen." Darüber hinaus erfolgte keine Erklärung, und das übergehen des Staates Israel in dem Anfang 1975 veröffentlichten Text hat zum Teil bittere Enttäuschung hervorgerufen: „Das Schweigen des Vatikans zeigt, daß Rom vom brüderlichen Dialog noch nichts begriffen hat, den es angeblich mit dem jüdischen Volk anknüpfen will. . Es ist davon die Rede, daß das jüdische Volk sich in Israel befinde und alle Juden sich nach Zion ausrichteten, und dieser Kommentar setzt dann fort: „Wenn man diesem wesentlichen Element, dem entscheidenden Bestandteil aller Arbeitsprogramme und aller Gedankensysteme des Judentums nicht Rechnung trägt, dann fördert man zwischen Christen und Juden das Geschwätz anstatt des Dialogs."

Seither hat sich in der Stellung des Vatikans gegenüber dem jüdischen Volk keine Änderung ergeben, und wenn Papst Paul VI. in seiner Weihnachtsansprache vom 22. Dezember 1975 die Existenz des jüdischen Staates erwähnte, dann hatte dies vor allem den Zweck, diesen Staat zu einem Ausgleich mit den Palästinensern aufzufordern. Es heißt da: „Obwohl wir uns der jüngst vergangenen Tragödie bewußt sind, die das jüdische Volk dazu getrieben hat, Sicherheit und Schutz in einem eigenen, souveränen und unabhängigen Staat zu suchen, möchten wir die Söhne dieses Volkes einladen, die legitimen Rechte und Bestrebungen eines anderen, des palästinensischen Volkes anzuerkennen, das auch lange Zeit gelitten hat." Drängt sich hier nicht die Frage auf, warum Äußerungen über den Staat Israel nicht möglich sind, ohne zugleich auf die Palästinenser den Blick zu werfen? Erwächst hier nicht der Eindruck, der Zionismus und Israel könnten in ihrer Berechtigung nur zum Zuge kommen, wenn man sich zugleich nach der anderen Seite absichert? Verbirgt sich dahinter nicht eine tiefe Unsicherheit? Wenn der Zionismus und der Staat Israel nur unter dem Vorzeichen der Leiden des jüdischen Volkes gesehen werden und so dieser jüdische Staat nur als Zuflucht vor der Verfolgung gewertet wird, wird stillschweigend die Sehnsucht nach Zion als Kern und Stern der Orientierung des jüdischen Volkes ausgeklammert und die tiefe Verbundenheit dieses Volkes mit diesem Land übersehen. Indem nur die Leiden des jüdischen Volkes und der Palästinenser zur Sprache kommen, wird das ganze Problem nur unter dem Gesichtswinkel eines sicher nicht unwichtigen Ausgleichs von Leiden und Schaden betrachtet. Eine solche Verkürzung grundsätzlicher Art kann einer praktischen Regelung wohl nicht hilfreich sein.

IV. Die Konsequenzen

Wenn deutlich geworden ist, daß der Zionismus und damit der Staat Israel einen entscheidenden Teil des jüdischen Volkes ausmachen, wenn der Anschlag auf den Zionismus deshalb die Fundamente der Existenz des jüdischen Volkes und des Staates Israel be-drohen und dessen Zukunft in Frage stellen, dann müssen daraus Konsequenzen gezogen werden.

Dazu gehört, daß das manchmal peinliche Schweigen angesichts der Bedrohung Israels überwunden wird.

In der Bundesrepublik gab es während des Oktoberkrieges 1973 mutige Stimmen, wie etwa die des Schriftstellers Günter Grass: „Die zynische Frage ist erlaubt: Bis wieviele Grade winterlicher Zimmertemperatur und bis zu welcher Teuerungsrate und bis zu welcher Arbeitslosenzahl stehen wir noch, wenn auch schwankend, zu Israel und der wirksamen Garantie seiner Existenz? Wann werden wir nur noch haltlose Opfer der selbstgewählten Wachstumspolitik sein, unfähig, überlieferte Verantwortung zu tragen, verschrieben nur noch dem politischen Aberglauben, das Hemd sei uns näher als der Rock?"

Wir dürfen dankbar sein für jede Äußerung dieser Art. Diese Zivilcourage hat sicher auch dazu beigetragen, daß der Angriff gegen den Zionismus nicht hingenommen, sondern daß dagegen mannhaft protestiert wurde, unter anderem auch von der Bundesrepublik. 1. Die Gefährlichkeit des Antizionismus Im Jahre 1961, also in einer Zeit, in der die Auseinandersetzung um den Zionismus noch nicht in so heftiger Weise entbrannt war, versuchte ich auf die Gefährlichkeit des Antizionismus hinzuweisen: „So läßt er heutzutage auch die antizionistische Platte laufen, um dadurch womöglich auch Sozialisten und Kommunisten in sein Schlepptau zu nehmen." Der Antizionismus steckt sich ein konkretes Ziel, nämlich dem jüdischen Volk Heimatrecht in Zion zu verweigern, mit all den Folgen, die sich daraus ergeben müssen: „Zielt der Antisemitismus als Feindschaft gegen die Juden auf den Sehern, den Namen Gottes, so bestreitet der Antizionismus dem Volk der Juden Heimat und Existenzrecht in Zion, das heißt, in dem diesem Volk in diesem bestimmten Bereich der Welt zugewiesenen Platz." Der Schriftsteller Jean Amery formuliert treffend: „Fest steht: der Antisemitismus, enthalten im Anti-Israelismus wie das Gewitter in der Wolke, ist wieder ehrbar"; Amery weist dabei auf die bewegliche Ausdrucksweise hin, die diesen Ungeist vor jeweils anderem Publikum wieder hoffähig machen soll Die verharmlosende Tendenz und die darin steckende Gefährlichkeit im Umgang mit diesem Phänomen deckt Ger-hard Nenning auf, um den Spuk der heute üblichen, üblen Bagatellisierung aus dem Weg zu räumen: „Antisemitismus heißt in der Theorie: die Juden für eine minderwertige Menschenrasse halten, in der Praxis: sie deswegen töten. Antizionismus heißt in der Theorie bloß: gegen den Staat Israel sein. Ich befürchte aber, daß der Antizionismus in der Praxis, da es den Staat Israel nun einmal gibt, auf die Praxis des Antisemitismus hinausläuft." Im Klartext: auf die Vernichtung von Israel als Staat und auf die Ausrottung der Juden! Daß diese Zielrichtung sich eher noch verschärft hat, zeigt der seit dieser Beobachtung gegen Israel geführte Krieg 1973 und die seither weltweit einsetzende Strategie der Isolierung dieses Staates, zu der auch die von der Mehrheit der UNO beschlossene Ächtung des Zionismus gehört.

Bei dieser Verurteilung geht es nicht um eine akademische Aussage ohne Konsequenzen, sondern um den Angriff auf die Existenz der Juden in ihrer Heimat, dem Staate Israel. Alle theoretischen Unterscheidungen können nicht davon ablenken, in welcher Richtung der entscheidende Stoß geführt wird. 2. Das Gefälle zur Vernichtung Jean Amery hat sich in seinen Überlegungen über den Antizionismus unter anderem auf den Philosophen Jean Paul Sartre berufen, der sicher nicht als Parteigänger des Zionismus gelten darf. Er wendet sich entschieden gegen die herablassende Oberflächlichkeit bei der Beurteilung dieser Erscheinung: „Die Allianz des antisemitischen Spießerstammtisches mit den Barrikaden ist wider die Natur. .. Es gibt keinen ehrbaren Antisemitismus. Wie sagte Sartre vor Jahr und Tag in seinen Überlegungen zur Judenfrage: , Was der Antisemitismus wünscht und vorbereitet, ist der Tod des Juden.

Der Antizionismus zielt direkt auf das Sein und nicht auf das Tun des jüdischen Volkes ab — und das ist ein untrügliches Kennzeichen dieses unbändigen, vom Willen zur Vernichtung getriebenen Hasses. Dazu Rabbiner Grunewald: „Da der Staat Israel von seiner Definition her , zionistisch'ist — denn er setzt sich aus Männern und Frauen zusammen, die sich für eine Rückkehr nach Zion entschieden haben—, wurde der Staat Israel in seiner Existenz selbst, nicht wegen seiner Politik, von der Mehrheit der Vereinten Nationen verurteilt... Auf dem Weg über den Angriff auf Zion wollen die Antisemiten einen Anschlag auf die Erlösung des jüdischen Volkes verüben, auf seine Rückkehr, die von allen Generationen Israels verkündigt wurde, die Rückkehr in das Land, von dem es verjagt wurde."

Diese Bedrohung Israels darf nicht unterschätzt werden. Zwei dem jüdischen Volk zugehörige Männer, die der zionistischen Bewegung nicht angehören, sollen zusammenfassend noch einmal auf Entscheidendes hinweisen. Einmal auf die Endstation einer zunächst literarischen, dann politischen Ächtung Israels. Schon vor der UNO-Resolution sagte Jean Ameoy: „Wer die Daseinsberechtigung Israels in Frage stellt, der ist entweder zu dumm, um einzusehen, daß er bei der Veranstaltung eines Überauschwitz mitwirkt, oder er steuert bewußt auf dieses Überauschwitz zu." Gegen Unwissenheit hilft nur das Sichmühen um stichhaltige Informationen.

Dazu ist ein weiteres gefordert: die Solidarität mit Israel in seiner Einsamkeit. Der Schriftsteller Elie Wiesel, der die bösen Folgen des Rassenhasses am eigenen Leib erleiden mußte — er war im Knabenalter von 13— 15 Jahren in der Hölle von Auschwitz und mußte mit-ansehen, wie seine Eltern und seine Schwester dort umgebracht wurden —, bekennt: „Gegenüber all dem, was sich jetzt in den Vereinten Nationen ereignet, wo man die Sprache verdirbt und vergiftet, muß ich sagen, daß ich mich als Zionisten betrachte. Und ich glaube, daß all unsere Freunde, Juden wie Nichtjuden, alle, die Vertrauen zur Geschichte Israels haben, das gleiche tun sollen, nämlich den Zionismus als eine Ehre für sich in Anspruch zu nehmen." Dem ist nichts hinzuzufügen.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Hektographierter Text. Dazu die politische Erklärung: 58. „Die Konferenz verurteilt den Zionismus schärfstens als eine Bedrohung der Sicherheit und des Friedens und ruft alle Staaten auf, sich dieser rassistischen und imperialistischen Ideologie zu widersetzen." (ebd.).

  2. Hektographierter Text; siehe auch die zahlreichen Veröffentlichungen in der Presse.

  3. Allgemeine Jüdische Wochenzeitung (zitiert als AJW), Düsseldorf, 21. 11. 1975, S. 4.

  4. Hektographierter Text.

  5. Rudolf Pfisterer, Von A bis Z, Gladbeck 1971, S. 423.

  6. Ehud ben Ezer, Unease in Zion, Jerusalem 1974, S. 273.

  7. Walter Laqueur, A History of Zionism, New York 1972, S. 590.

  8. Mahmoud Hussein, Saul Friedländer, Le premier dialogue, Paris 1974, S. 218 f.

  9. Ehud ben Ezer, a. a. O., S. 264.

  10. Abraham J. Heschel, II y a plus d'une goutte de sang . . ., Tribune Juive, Straßburg 1972, Nr. 219, S. 18.

  11. Schalom ben Chorin, Thomas Mann über die Bedeutung des Zionismus, AJW, Düsseldorf 21. 11. 1975, S. 4.

  12. Friedrich Wilhelm Marquardt, Christentum und Zionismus, in: Evangelische Theologie, Nr. 12, München 1968, S. 657.

  13. Marcel Dubois, On Anti-Zionism and Peace, Jerusalem Post, 31. 7. 1970.

  14. B. Gross, „Carrefour Israel", 1968, S. 32 (hektographiert).

  15. Jean Amery: „Unter . Zionismus'versteht die Linke ungefähr das, was man so vor dreißig Jahren . Weltjudentum'genannt hat. Gegen diesen . Zionismus', den man auch . Nationalzionismus'nennt, um ihn schon rein phonetisch dem Nationalsozialismus anzunähern, erhebt sich linker Purismus ..." in: Rudolf Pfisterer, a. a. O., S. 435; vgl. dazu auch die Ausführungen des arabischen Arztes Dr. Ali Hassan auf dem Stuttgarter Kirchentag 1969, in: Gerechtigkeit in Nahost, Stuttgart 1969, S. 43.

  16. F. Lovsky, Malaise profond. Reforme, Paris, 31. 3. 1970; dazu von demselben Verfasser eine längere Ausführung über die Unsachlichkeit der Angriffe auf den Zionismus.

  17. Marcel Dubois, Jerusalem 1975, Photokopie.

  18. Martin Buber, Der Jude und sein Judentum, Köln 1963, S. 303.

  19. Abraham J. Heschel, An echo of eternity, New York 1967, S. 104 f.

  20. Nahum Goldmann, Bilan et perspectives, in: Information juive, Nr. 183, Paris 1968, S. 1.

  21. Abraham J. Heschel, a. a. O., S. 123.

  22. Abraham J. Heschel, a. a. O., S. 64.

  23. Wolfgang von Weisl, Theologie des Zionismus und Antizionismus, Emuna, Nr. 3, Frankiurt/M. 1973, S. 168.

  24. Wolfgang von Weisl, a. a. O., S. 166.

  25. Herzl Fischman, Zionismus und Erlösung, 1974, S. 3 (hektographiert).

  26. Abraham J. Heschel, a. a. O., S. 68; vgl. dazu Rabbiner C. Gensburger: „Trotz der verschiedenen aufeinanderfolgenden Besetzungen des Landes Kanaan hat es in Palästina immer Juden gegeben, die unter Einsatz ihres Lebens dort gewohnt haben, um die fortdauernde Präsenz Israels in seinem Lande zu gewährleisten. Auf der anderen Seite hat das Volk Israel nie aufgehört, in seinen Gebeten um die Rückkehr in dieses Land zu beten." (C. G., La terre dTsrael en droit juif traditionel, Carrefour 1968, S. 21 [hektographiert]). Vgl. dazu auch Arthur Hertzberg: „Die Verbindung der Juden mit dem Land Israel, als Tatsache wie als Verheißung, bildete also ein unentbehrliches Element in dem ursprünglichen Bunde." (A. H., Ein Land, das ich dir zeigen werde, in: Christlich-jüdisches Forum Nr. 42, Basel 1970 S. 4).

  27. Michel Hayek, Juifs et Arabes, mythes et ralites, in: Le Monde, Paris 8. 11. 1973.

  28. Paul Giniewski, Le Sionisme, Brüssel 1969, S. 32.

  29. Paul Giniewski, a. a. O., S. 39 f.

  30. Andre Neher, a. a. O., S. 84.

  31. Simon Dubnow, a. a. O., Bd. VII, Berlin 1928, S. 60 f.

  32. Rudolf Pfisterer, a. a. O., S, 412.

  33. Arthur Hertzberg, a. a. O., S. 9.

  34. Rudolf Pfisterer, a. a. O., S. 412 f.

  35. Paul Giniewski, a. a. O., S. 51.

  36. Wolfgang von Weisl, a. a. O., S. 169 f.

  37. Claude Duvernoy, Le Sionisme de Dieu, Paris 1970, S. 161.

  38. Karl Heinrich Rengstorf und Siegfried von Kortzfleisch (Hrsg.), Kirche und Synagoge, Bd. II, Stuttgart 1970, S. 674 f.

  39. Karl Heinrich Rengstorf und Siegfried von Kortzfleisch (Hrsg.), a. a. O., S. 676.

  40. Abraham J. Heschel, a. a. O., S. 169.

  41. Rudolf Pfisterer, a. a. O., S. 411.

  42. Claude Duvernoy, Le prince et le prophete, Jerusalem 1967, S. 17.

  43. Claude Duvernoy, a. a. O., S. 17 f.

  44. Claude Duvernoy, a. a. O., S. 18.

  45. Rudolf Pfisterer, a. a. O., S. 413.

  46. Claude Duvernoy, a. a. O., S. 220.

  47. Claude Duvernoy, a. a. O., S. 22.

  48. Leon Vogel, Le voyage de Felix Bovet, Arche Nr. 154, Paris 1970, S. 60.

  49. Abraham J. Heschel, a. a. O., S. 170 f.

  50. Claude Duvernoy, Pour l’amour de Sion, Jerusalem 1970, S. 118.

  51. Rudolf Pfisterer, a. a. O., S. 431.

  52. Abraham J. Heschel, a. a. O., S. 116.

  53. Rudolf Pfisterer, a. a. O., S. 421 f.

  54. Martin Buber, a. a. O., S. 288.

  55. Martin Buber, a. a. O., S. 291 f.

  56. Le Monde, Paris 23. 12. 1975, S. 5.

  57. Renee Neher-Bernheim, Histoire juive, 20 siede, I. Teil 1900— 1920, Paris 1973, S; 111.

  58. Encyclopaedia Judaica, Jerusalem 1971, Bd. 4, S. 1000.

  59. Claude Duvernoy, Le Sionisme de Dieu, Paris 1970, S. 163.

  60. ^Claude Duvernoy, a. a. O., S. 163 f.

  61. Claude Duvernoy, Le prince et le prophete, a. a. O., S. 70.

  62. Rudolf Pfisterer, a. a. O., S. 413 und S. 415. Schon im Jahre 1866 hatte sich Henri Dunant für „die Wiederherstellung einer jüdischen Nationalität" eingesetzt und gemeint, dies würde „die Mächte, die den Juden die Bürgerrechte noch verweigern, zu einer Revision ihrer Haltung zwingen". Außerdem wäre es für die Christenheit eine Chance, „eine große Ungerechtigkeit wiedergutzumachen".

  63. Theodor Herzls Tagebücher, Berlin 1923, Bd. II, S. 24.

  64. Arno Ullmann, Israels Weg zum Staat, DTV Nr. 118, München 1964, S. 252.

  65. Ebd. S. 252.

  66. Simon Noveck, Große Gestalten des Judentums, Bd. II, Zürich 1972, S. 160.

  67. Arno Ullmann, a. a. O., S. 266. Auch die amerikanische Friedensdelegation richtete an den damaligen Präsidenten der USA, Wilson, eine Empfehlung, „die Juden einzuladen, nach Palästina zurückzukehren". Vgl. Paul S. Riebenfeld, The Integrity of Palestine, in: Midstream, August—September 1975, New York, S. 8 und 9.

  68. Renee Neher-Bernheim, La declaration Balfour, Paris 1969, S. 14.

  69. Egmont Zechlin, Die deutsche Politik und die Juden im Ersten Weltkrieg, Göttingen 1969, S. 533.

  70. Karl Heinrich Rengstorf und Siegfried von Kortzfleisch (Hrsg.), a. a. O., S. 696.

  71. A. A. Berle, The world signification of a Jewish state, Boston 1918, S. 45.

  72. Ehud ben Ezer, a. a. O., S. 294 und S. 268.

  73. Rudolf Pfisterer, a. a. O., S. 423 f.

  74. Abraham Jehoschua, a. a. O., S. 66.

  75. Georges Friedmann, Fin du peuple juif?, Paris 1965; deutsche Ausgabe: Ende des jüdischen Volkes?, Hamburg 1968.

  76. Ernst Simon, Disperson et Unite, Jerusalem 1972, S. 14.

  77. Ernst Simon, Inguietude ä Sion, a. a. O., S. 61.

  78. Abraham J. Heschel, II y a plus d'une goutte de sang .. a. a. O., S. 16.

  79. Martin Buber, a. a. O., S. 245.

  80. Erwin Rosenthal, Vom geschichtlichen Fortleben des Judentums, in: W. Strutz (Hrsg.), Jüdische Hoffnungskraft und christlicher Glaube, Freiburg 1971, S. 72 f.

  81. Mahatma Gandhi, Martin Buber, Juden, Palästina, Araber, München 1961, S. 21.

  82. Mahmoud Hussein, Saul Friedländer, a. a. O., S. 216.

  83. B. Gross, a. a. O., S. 32.

  84. Andre Neher, Dans tes portes, Jerusalem, Paris 1972, S. 136.

  85. Ehud ben Ezer, a. a. O., S. 275.

  86. Zwi Werblowski, a. a. O., S. 22.

  87. Rudolf Pfisterer, a. a. O., S. 423.

  88. David Ben Gourion, Dispersion et Unite, Jerusalem 1972, S. 26.

  89. Abraham J. Heschel, II y a plus d‘une goutte de sang .. ., a. a. O., S. 18.

  90. Victor Malka, a. a. O., S. 122 f.

  91. Abraham J. Heschel, An echo of eternity, a. a. O„ S. 97.

  92. Diese sieben Gebote bzw. Verbote sind: Verbot des Götzendienstes, der Gotteslästerung, des Blutvergießens, sexueller Sünden, des Diebstahls, des Essens von einem noch lebenden Tier und das Gebot der Erstellung eines gesetzmäßigen Systems; vgl.: Encyclopaedia Judaica, a. a. O., Bd. 12, S. 1189.

  93. Ernst Simon, Dispersion et Unit, a, a. O., S. 17.

  94. Martin Buber, a. a. O., S. 299 f.

  95. Martin Buber, a. a. O., S. 634.

  96. Rudolf Pfisterer, Von A bis Z, a. a. O., S. 424.

  97. Reuven Golan, Zionismus — eine moralische Herausforderung, in: AJW, Düsseldorf 1. 12. 1972.

  98. Abraham Jehoschua, Inquietude ä Sion, a. a. O., S. 66 f.

  99. Ehud ben Ezer, a. a. O., S. 269.

  100. Ernst Simon, Dispersion et Unite, Nr. 12, Jerusalem 1972, S. 13.

  101. Nahum Goldmann, in: Tribune juive, Nr. 182, Straßburg 1972, S. 16.

  102. Claude Duvernoy, Pour l’amour de Sion, a. a. O„ S. 111.

  103. Rudolf Pfisterer, a. a. O., S. 425.

  104. Friedrich Wilhelm Marquardt in: Gerechtigkeit in Nahost, Stuttgart 1969, S. 33.

  105. Ebd„ S. 33.

  106. Rolf Rendtorff, Der Staat Israel und die Christen, a. a. O., S. 6.

  107. Rolf Rendtorff, Israel und sein Land, a. a. O., S. 42.

  108. A. A. Berle, a. a. O., S. 47.

  109. Waldemar Molinski (Hrsg.), Unwiderrufliche Verheißung, Recklinghausen 1968, S. 60; in die gleiche Richtung weist ein Wort der Niederländisch-Reformierten Kirche aus dem Jahre 1970: „Ein Christ, der in dieser Zeit das Recht des Staates Israel auf Existenz ablehnt und diesem Recht widersteht, leistet damit mittelbar Gott selbst Widerstand." In: The Church and the Jewish people, Genf, September 1970, S. 6.

  110. Christen und Juden, Studie des Rates der EKD, Gütersloh 1975, S. 29.

  111. Ernst Ludwig Ehrlich in: AJW, Düsseldorf 29. 8. 1975.

  112. Hermann Levin Goldschmidt, Jüdische Bemerkungen, Stellungnahme vom 3. 8. 1975 für den „Gesprächskreis Juden und Christen" beim Zentralkomitee der deutschen Katholiken, Bonn; Hermann Levin Goldschmidt fährt fort: „Man denke nur an Juda Halevi mit seinem Aufbruch von Spanien nach Israel im Jahre 1140! Gerade so wie es falsch ist und Entscheidendes verfälscht, wenn es das am Land Israel Wesentliche sein soll, immer wieder zum Zufluchtsort verfolgter Juden geworden zu sein. Doch so muß es hier stehen, damit diese Studie nun mit Windeseile anschließen kann, woran ihr wirklich liegt: daß die Christen sich für einen sachgemäßen Ausgleich zwischen den berechtigten Ansprüchen beider, der palästinensischen Araber und der Juden, einzusetzen haben." (a. a. O.)

  113. Rudolf Pfisterer, a. a. O., S. 29.

  114. Edward Flannery, Israel in christlicher Sicht, in: Christlich-jüdisches Forum, Nr. 43, Basel 1971, S. 1.

  115. In: Tribune juive, Nr. 251, Straßburg 1973, S. 19. 18.

  116. Jean Grunewald, Bruit et silences au Vatican, in: Tribune juive Nr. 340/341, Straßburg 1975, S. 6.

  117. In: Le Monde, Paris 24. 12. 1975, Paul VI. et l’Orient.

  118. In: Paul Vogt, Vom Virus des Antisemitismus, in: Der Freund Israels, Nr. 5, Zürich 1974, S. 10 f.

  119. Rudolf Pfisterer, Historische Vorurteile und ihre Überwindung in: H. J. Schultz (Hrsg.), Juden, Christen, Deutsche, Stuttgart 1961, S. 123 f.

  120. Rudolf Pfisterer, Antizionismus und Antisemitismus, Tribüne Nr. 32, Frankfurt/Main 1969, S. 3418.

  121. Jean Amery, Der ehrbare Antisemitismus, in: Die Zeit, Hamburg 25. 7. 1969.

  122. Gerhard Nenning, in: Tribüne Nr. 32, Frankfurt/Main 1969, S. 3458.

  123. Jean Amery, Der ehrbare Antisemitismus, a. a. O.

  124. Jean Grunewald, L'injure faite au peuple juif, Tribune juive, Nr. 382, Straßburg 1975, S. 4.

  125. . Jean Amery, Linke — linke Juden, Tribüne Nr. 46, Frankfurt/M 1973, S. 5233.

  126. Elie Wiesel, L’honneur d’etre Sioniste, in: Figaro, 14. 11. 1975.

Weitere Inhalte

Rudolf Pfisterer, D. theol., geb. 1914 in Weinsberg; Studium der evangelischen Theologie in Tübingen, Bonn und Königsberg; 1941 zum Pfarrer von Gelbingen, Krs. Schw. Hall, ernannt; 1948 freiwillige Rückkehr in französische Kriegsgefangenschaft zur Betreuung des Gefangenenlagers Montelimar; seit 1952 Pfarrer an der Jugendstrafanstalt Schw. Hall; seit 1970 Dekan im Strafvollzug für den Bereich des Landes Baden-Württemberg; Mitglied der Arbeitsgemeinschaft „Juden und Christen" des Kirchentags. Veröffentlichungen zum Fragenkreis des jüdischen Volkes: Im Schatten des Kreuzes, Hamburg 1966; Juden — Christen, getrennt — versöhnt, Gladbeck, 19733; Von A bis Z. Quellen zu Fragen um Juden und Christen, Gladbeck 1971. Außerdem zahlreiche Zeitschriftenbeiträge zu den Themen Juden — Christen, Zionismus und Staat Israel sowie über den Strafvollzug und die Resozialisierung.