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Innerverbandliche Demokratie — Privatsadie oder Politikum? | APuZ 8/1977 | bpb.de

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APuZ 8/1977 Innerverbandliche Demokratie — Privatsadie oder Politikum? Verbandsdemokratie durch Recht? Die Diskussion um ein Verbändegesetz in demokratietheoretischer Sicht Das Unbehagen an den Verbänden. Der vorschnelle Ruf nach dem Gesetzgeber Verbände in der Parteiendiskussion. Zu Fragen des Verhältnisses von Parteien und Verbänden in der Bundesrepublik Deutschland

Innerverbandliche Demokratie — Privatsadie oder Politikum?

Ulrich von Alemann

/ 43 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Die „Herrschaft der Verbände', der „Gewerkschaftsstaat" und die „Filzokratie" werden in jüngster Zeit heftig diskutiert. Gerade die Parteien debattieren Maßnahmen zur Verbesserung der innerverbandlichen Demokratie — paradox, wenn man bedenkt, wieviel schon über den Mangel an innerparteilicher Demokratie geklagt wurde. Ein Vergleich der innerverbandlichen und innerparteilichen Demokratie bietet sich in dieser Situation an. Wie sind die historischen Entstehungsbedingungen von Parteien und Verbänden? Was sind die Unterschiede in der politischen Funktion der beiden Organisationsformen und wie unterscheidet sich ihr innerer Aufbau? Wenn innerparteiliche Demokratie durch grundgesetzlichen Auftrag fixiert ist, sollen damit die Verbände absichtlich ausgenommen sein? Ist also bei ihnen innere Demokratie Privatsache von Mitgliedschaft und Führung oder ist sie ein Politikum mit gesellschaftlicher Auswirkung? Dies sind die Grundfragen dieses Beitrages, die am Schluß durch die beispielhafte Analyse von Aufbau und Aufgaben zweier völlig unterschiedlicher Großverbände konkretisiert werden: der Gewerkschaften und des ADAC.

I. Verbände im Parteienstaat oder Parteien im Verbändestaat?

Abbildung 1

Trotz einer eher nachlassenden Beschäftigung der Sozialwissenschaften mit politischen Organisationen — verglichen mit den fünfziger und sechziger Jahren — ist ziemlich unvermittelt ein aktuelles politisches Interesse an Verbänden festzustellen.

— Die SPD ließ auf ihrem 4. Rechtspolitischen Kongreß im Juni 1975 in Düsseldorf eine Arbeitsgruppe zum Thema „Freiheit gegenüber gesellschaftlicher Macht“ (sprich: Verbänden und Interessengruppen) tagen

— die CDU fordert in ihrer „Mannheimer Erklärung“ von 1975 rechtliche Regelungen, die eine Gemeinwohlverpflichtung der Verbände und eine demokratische interne Willensbildung verlangen

— die FDP bereitet mit einer Kommission des Bundesvorstandes ein „Verbändepapier" vor, das ebenfalls auf den Entwurf eines Verbändegesetzes analog dem Parteiengesetz abzielt

Die „Herrschaft der Verbände" der „Verbändestaat" — früher mehr beklagt von konservativen Staatslehrern, die das staatliche Herrschaftsmonopol durch einen politischen Pluralismus bedroht sahen —, diese Macht der Interessengruppen wird neuerdings viel konkreter von den Konkurrenzorganisationen, den Parteien, thematisiert. Die Parteien disku-tieren Maßnahmen zur Verbesserung der inneren Demokratie in den Verbänden — eine kuriose Konstellation, wenn man sich erinnert, wieviel schon über den Mangel an innerer Demokratie in den Parteien geklagt wurde *) Dieser Beitrag ist die überarbeitete Fassung eines Vortrages, den der Autor auf der Fachkonferenz „Basis der Verbände-Fiktion oder Realität?“ der Theodor-Heuss-Akademie, Gummersbach, am 27. -29. Juni 1975, hielt. Innerparteiliche Demokratie ist ein Politikum — darüber ist man sich einig, seit das Grundgesetz den demokratischen Aufbau der Parteien so eindeutig fordert. Innerverbandliehe Demokratie dagegen wird meist noch als Privatsache des Verbandes und seiner Mitgliedschaft angesehen. Wem die Politik des Verbandes nicht paßt, der kann austreten oder einen neuen Verband gründen.

Ein Vergleich der innerverbandlichen und der innerparteilichen Demokratie bietet sich in dieser Situation an. Ist ein solcher Vergleich angesichts der unterschiedlichen Aufgaben zwischen Parteien und Verbänden und mehr noch unter den Verbänden selbst — vom Sportverein über die Gewerkschaft bis zum Arzteverband oder dem ADAC — überhaupt sinnvoll und statthaft? Zur Klärung dieser Frage sei zunächst ein kurzer historischer Rückblick auf die Entwicklungsgeschichte von Parteien und Verbänden gegeben, gefolgt von einigen Überlegungen zu ihren heutigen Aufgabenstellungen und Funktionen. 1. Parteien und Verbände — Kinder der bürgerlichen Gesellschaft Folgt man der Entwicklung der Diskussion um die Legitimität von Parteien und Verbänden als politischen Einflußfaktoren, so fällt eine beträchtliche Zeitverschiebung auf. Die kontroverse Diskussion um die Parteien als legitime Transmissionsriemen’ des Wählerwillens — noch in der Weimarer Republik heftig geführt — wurde nach dem Zweiten Weltkrieg in der Bundesrepublik allmählich überwunden und machte nicht nur ihrer Duldung, sondern fast schon ihrer Privilegierung im Grundgesetz und mehr noch in der Verfassungswirklichkeit Platz. In den fünfziger Jahren schien sich derselbe Prozeß von Verfemung, Duldung und Anerkennung noch einmal mit den Verbänden abzuspielen, bis die den Verbändestaat pluralistische Theorie heute weitgehend akzeptierte, um aber erneut einer Infragestellung nun von Kritikern eines „asymmetrischen Pluralismus" ausgesetzt zu sein. Die Verbändestaatsdiskussion überholt die Parteienstaatsdiskussion.

Diese zeitliche Abfolge der Anerkennungsfrage täuscht aber über die tatsächliche historische Entstehung von Parteien und Verbänden hinweg. Denn Verbände, Lobby, pressure groups, Interessengruppen usw. sind keineswegs jünger als die Parteien Ohne streiten zu wollen, was nun die ersten Verbände waren, ob römische Klientel, mittelalterliche Zunft-und Handelsverbände oder Wirtschaftsverbände in der beginnenden Industrialisierung, bleibt entscheidend, daß die Entstehung des heute relevanten Verbandswesens gleichzeitig mit der Entwicklung der politischen Parteien in das 19. Jahrhundert weist. Der Absolutismus hatte die intermediären Beziehungen zwischen Bürgern und Staat — die Zünfte, Stände, teilweise auch die Kirchen — recht erfolgreich zerschlagen. Die Industrialisierung im Zeichen des bürgerlichen Konkurrenzkapitalismus bedeutete dann ein weiteres Herausreißen aus überkommenen sozialen Bindungen in Stadt und Land. Die anonymen Arbeitsverhältnisse und Handelsbeziehungen über räumliche und personelle Distanz machten formalisierte Kommunikation und Organisation notwendig: Gleiche soziale und ökonomische Interessen mußten artikuliert und organisiert werden.

Die frühen bürgerlichen Revolutionen in den USA und Frankreich waren allgemein noch deutlich von Feindseligkeit gegenüber „factions” geprägt. Das zeigt sich an den „Federalist Papers" der amerikanischen Verfassungsgeschichte genauso wie bei Rousseau oder den Jakobinern Im politischen Klima des bürgerlichen Frühkapitalismus von England und Frankreich und erst recht des spätfeudalen Deutschland in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts waren es zunächst Handels-und Kapitalinteressen, die sich organisierten. Die britische Anti-Corn-Law-League ist ein bekanntes Beispiel für eine frühe wirtschaftliche pressure

Das Grundrecht auf freie Assoziation erlangte zuerst das Bürgertum für die Vertretung seiner Wirtschaftsinteressen. Die Koalitionsfreiheit der Arbeiter mußte gegen daß Bürgertum erst im Laufe des Jahrhunderts in langen Kämpfen errungen werden — in einer Zeit, als sich wirtschaftliche Interessengruppen und auch politische Parteien bereits organisiert hatten. Die vermeintlich dem Gemeinwohl zugetane Politik des wilheimischen Obrigkeitsstaates, die den Begriff der Parteipolitik bis heute nachwirkend als Schimpfwort markierte, schloß sich zu jener Zeit bereitwillig Verbandsinteressen aus Industrie und Landwirtschaft auf und war weit davon entfernt, dem von konservativen Staatslehrern gepflegten Bild des über der Gesellschaft mit ihren Parteiungen und Interessengruppen schwebenden Staates zu entsprechen.

Parteien und Verbände sind also beide legitime Kinder der bürgerlichen Gesellschaft und ihrer ökonomischen Verfassung. Sie waren in ihrer Anfangszeit oft so eng verschwistert, daß sie noch heute kaum zu trennen sind — so in der Arbeiterbewegung die Gewerkschaften und die Arbeiterparteien (besonders deutlich in England, wo bis heute eine korporative Mitgliedschaft der Gewerkschaften in der Labour Party gilt), so auch im bürgerlichen Mittelstand, wo in der Weimarer Republik unzählige kleine Interessengruppen als Parteien kandidierten, wie z. B. die Aufwertungs-, Grundbesitzer-und Weinbauernparteien, oder wie in den fünfziger Jahren, als der BHE als Flüchtlingspartei kandidierte, und wie heute etwa ein Wirtschaftsrat in der CDU sich als Sachwalter bestimmter Interessen versteht.

Eine Isolierung von Parteien-und Verbände-forschung ist deshalb genauso unfruchtbar wie eine Konfrontation von Theorien des Parteienstaates gegen solche des Verbändestaates. Völlig zu Recht kennt die marxistische Forschung keine Trennung dieser Organisationsformen aber auch die „bürgerliche" amerikanische Literatur faßt häufig politische Parteien und Verbände zusammen Sie sind gemeinsam Gegenstand der politischen Soziologie 2, Funktionale Arbeitsteilung — strukturelle Überlappung Die Funktionen von Parteien und Verbänden stimmen überein, besonders in unserer Gesellschaft eines Pluralismus der politischen Orga-nisationsformen. Es ist daher nicht sinnvoll, die Funktionen der Parteien von denen der Verbände völlig zu trennen. Dies wird einsichtig bei dem, was ich kommunikative Funktionen nennen, die man differenzieren kann in:

a) Interessen-Aggregierung, b) Interessen-Artikulierung und c) (politische) Sozialisation.

Alle diese kommunikativen Funktionen werden von Parteien und Verbänden wahrgenommen. Es ist evident, daß ein kleiner Sport-oder Briefmarkensammlerverein ebenso Interessen aggregiert, artikuliert und seine Mitglieder (z. T. auch politisch) sozialisiert wie die Großorganisationen z. B.der Gewerkschaften, der Bauernverbände oder selbstverständlich der politischen Parteien. Es differieren nur die relativen Anteile der einzelnen Funktionen. Neben diesen kommunikativen Funktionen engagieren sich besonders öffentlich aktive Verbände als politische Organisationen mit Hoheitsfunktionen. Diese kann man differenzieren in:

a) Rekrutierung politischen Personals und b) Herrschaftsausübung.

Auch hier besteht keineswegs ein Monopol der Parteien, das zwar von manchen beansprucht, aber selbst von vielen Interpreten des Art. 21 des Grundgesetzes bestritten wird, der, obwohl er die Parteien so weitgehend „verstaatlicht“ und privilegiert, doch nur von Mit-Wirkung spricht Die Großverbände „sponsern" und delegieren Personal in die Legislative wie auch in die Exekutive, freilich nicht ohne Zutun der Parteien. Daneben üben Verbände zunehmend selbst Hoheitsfunktionen aus, so daß sie kaum mehr der „privaten", gesellschaftlichen Sphäre überlassen werden können, wie dies einer altliberalen Theorie entspricht Das zeigt sich etwa bei der Rolle der sog. Sozialpartner in der Besetzung von Arbeits-und Sozialgerichten, bei der Rolle der Kammern oder den Aktivitäten der Verbände im schulischen, karitativen und sozialen Bereich. Und schließlich üben die* Verbände Herrschaft im wirtschaftlichen Bereich neben oder gegen die politischen Parteien aus. Ökonomisch grundlegende Entscheidungen betreffen einmal den Tarifbereich zusammen mit den Gewerkschaften und zum anderen — und hier ohne die Gewerkschaften — den Bereich der politisch ausschlaggebenden Entscheidungen über Investitionen und Preisbildung.

Neben den Funktionen ähneln sich die Strukturen der beiden politisch relevanten Organisationsformen. Hier besteht ein doppeltes Netz der gegenseitigen Durchdringung, das einfache Hypothesen über die Richtung der Abhängigkeit leichtfertig erscheinen läßt:

Bestimmen die Gewerkschaften die SPD oder umgekehrt? In welcher Richtung laufen die Einflußkanäle bei der CDU/CSU gegenüber Bauern-und Flüchtlingsverbänden, katholischer Kirche und christlicher Gewerkschaften, Unternehmerverbänden über den Wirtschaftsrat, Beamtenverbänden und vielleicht auch dem ADAC? Wie verhält es sich bei der FDP mit dem Verband der Leitenden Angestellten?

Die interne Entscheidungsstruktur von Parteien und Verbänden ist gerade unter der Perspektive der Verschachtelung und Überlappung von Zielen, Aufgaben und Strukturen von Großverbänden zu wenig erforscht. Besonders trifft dies zu für die Rolle der Funktionärskörper, der Stäbe, Bürokratien, der ganzen mittleren Ebene der Organisationen zwischen Basis und Spitze.

Das überlappen von Funktionen und Strukturen schließt allerdings wesentliche Unterschiede in Zielen, Aufgaben und Aufbau nicht aus. Bei den Parteien dominieren die Herrschaftsfunktionen, bei den Verbänden eher die Dienstleistungs-und Servicefunktionen für die eigenen Mitglieder. Die Parteien besitzen das Monopol der Aufstellung von Wahllisten und dadurch insgesamt das faktische Monopol der Rekrutierung politischen Personals. Verbände delegieren zwar ebenfalls Personal in politische Positionen, aber nur über und durch die Parteien. Die Arbeit der Partei-organisationen ist durch die dominierende Rekrutierungsfunktion auf die Parlamente zentriert, sekundär auf die durch sie gestellten Regierungen und erst tertiär auf die Verwaltungen gerichtet — jedenfalls auf Bundes-und Länderebene. Der wichtigste Kanal, durch den politischer Einfluß von den Parteien eingegeben wird, sind zunächst die Parlamente.

Bei den Verbänden ist das anders. Ihr Hauptzweck richtet sich eher auf bestimmte wirtschaftliche, soziale, kulturelle, religiöse, sportliche usw. Bedürfnisse ihrer Mitglieder. Die politische Einflußnahme bleibt sekundär und dient nur der Durchsetzung der primären Ziele, der Servicefunktion. Faktisch kann allerdings bei nicht wenigen Verbänden pressure und lobbying zur wichtigsten Aufgabe werden, z. B. besonders bei Dachverbänden von Industrie, Handwerk oder Ärzten. 3. Innerorganisatorische Demokratie — Paradox oder Sachzwang?

Innerparteiliche und innerverbandliche Demokratie finden ihre gemeinsame Beziehung im organisationssoziologischen Konzept der innerorganisatorischen Demokratie. Sie ist weder eine neue Erfindung der Demokratisierungsdiskussion der letzten Jahre noch abschließend bereits negativ geklärt, wie Robert Michels in seinem berühmten Werk zur Soziologie der politischen Parteien um die Jahrhundertwende meinte Michels formulierte das noch heute einflußreiche „eherne Gesetz der Oligarchie“, nach dem Organisation notwendig Oligarchie ergibt — eine Verkürzung, die Michels’ frühe Sympathie für den Anarchismus und sein späteres Umschwenken zum Faschismus erklärt. Die Organisationssoziologie hat dieses Theorem etwas vorsichtiger formuliert, nämlich daß Organisation tendenziell der Entscheidungselite einen Vorsprung an Kommunikation, Information und weiteren Herrschaftsmitteln an die Hand gibt. Von der methodischen Entwicklung und der tatsächlichen Aussagekraft gleicht Michels ehernes Gesetz mehr Parkinsons „Gesetzen" der Bürokratie als einer sozialwissenschaftlichen Theorie Unter den Versuchen zur Revision von Michels'Gesetz ragt in den letzten Jahren die These von Frieder Naschold heraus, der zu begründen versuchte, daß gerade die Effekti-* vität von Organisationen in komplexeren Gesellschaften nach interner Demokratie verlange Organisation und Demokratie, Organisationsdemokratie und Effektivität seien nicht widersprüchlich, sondern vereinbar und geradezu aufeinander angewiesen. Eigene Motivation und Partizipation der Organisationsmitglieder, Dezentralisierung und erhöhte Kommunikation behindern nicht, sondern stärken Großorganisationen. Gegen Michels hält Naschold: mehr Effektivität und Demokratie durch mehr Partizipation in Organisationen. Komplexe Gesellschaften produzieren, so könnte man zugespitzt sagen, einen Sachzwang zur Demokratie.

Auch diese Theorie macht es sich zu einfach, weil sie zu optimistisch ist; denn die empirische Organisationswirklichkeit widerspricht ihr. Die sogenannte Teamarbeit in der Wirtschaft, die aus Effektivitätsgründen propagiert wurde, um durch mehr Mitverantwortung mehr Motivation, daher mehr Effektivität und Produktivität zu erzielen, geht ja nicht von einer allgemeinen Partizipation der beteiligten Mitarbeiter als Demokratisierungsund Selbstverwirklichungsmittel aus, sondern von einer in ganz bestimmten festgelegten Kanälen organisierten und begrenzt zugestandenen Mitwirkung an gewissen Entscheidungen.

Die „Kosten" von mehr Demokratie sind selten für die einzelne Organisation kurzfristig niedriger als die bequeme Hierarchie. Sie können es erst sein, wenn langfristig und umfassender über einzelne Organisationsziele hinaus gerechnet wird. Deshalb werden im folgenden einige Überlegungen angestellt zu Normen, die innerorganisatorische Demokratie verlangen, und zwar rechtliche wie demokratietheoretische. Danach folgt eine Konfrontation dieser Normen mit der Realität und den dort vorhandenen Hindernissen.

II. Die Normen — innerorganisatorische Demokratie als Auftrag?

Schaubild 1:

1. Rechtlich begründbar?

Unser Interesse gilt der Begründbarkeit innerverbandlicher Demokratie. Dazu werden die Parteien als gesellschaftspolitische Parallelorganisationen herangezogen. Da innerparteiliche Demokratie in der Bundesrepublik an klare verfassungsrechtliche und gesetzliche Aufträge gebunden ist, liegt als erster Schritt eine Überprüfung nahe, ob innerverbandliche Demokratie nicht ebenfalls an rechtliche Anforderungen gebunden werden kann. Eine solche „formale” rechtliche Betrachtung löst zwar nicht das hier anstehende Problem der grundsätzlichen Begründbarkeit innerorganisatorischer Demokratie, aber gerade in unserer deutschen Tradition kann es die Lage sehr vereinfachen: Erstens sind Verfassungs-und Rechtsfragen auch Machtfragen, die nicht geschichtslos und „formal” im Raum stehen, zweitens legitimieren sie als ständige Forderung und Auftrag die politische Auseinandersetzung, auch wenn durch rechtliche Normen nicht eine „inhaltliche" Bestimmung des Gegenstandes erwartet werden darf.

Parteien Keine vergleichbare Verfassung fordert innerparteiliche Demokratie so klar wie das Grundgesetz in Artikel 21: „(1) Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit. Ihre Gründung ist frei. Ihre innere Ordnung muß demokratischen Grundsätzen entsprechen. Sie müssen über die Herkunft ihrer Mittel öffentlich Rechenschaft abgeben.

(2) (Verbot verfassungswidriger Parteien)

(3) Das Nähere regeln Bundesgesetze."

Nach überwiegender Verfassungsinterpretation ist die innerparteiliche Demokratie damit doppelt gesichert: nicht nur durch den wörtlichen Auftrag zur demokratischen Regelung der inneren Ordnung, sondern auch durch die Garantierung der Mitwirkung der Parteien am Willensbildungsprozeß des „demokratischen und sozialen Bundesstaates" (Art. 20, 1 GG), der seinerseits demokratische Strukturen erfordere und voraussetze So bedeutsam der Art. 21 für den Durchbruch der Parteien zu anerka für den Durchbruch der Parteien zu anerkannten Trägern und Vermittlern politischer Willensbildung war, so schwer taten sich die Parteien des Bundestages seit 1949 mit der Einlösung des Verfassungsauftrages, ein Parteiengesetz zu schaffen. Erst 1967 wurde in aller Eile ein Gesetz zusammengestellt, nachdem das Bundesverfassungsgericht ein Jahr vorher die bisherige Finanzierung der Bundestagsparteien aus dem Haushalt als rechtswidrig erklärt hatte. Obwohl das Parteiengesetz deshalb eher „die notgedrungene Erfüllung eines Verfassungsauftrages und ein Unternehmen zur Befriedigung der parteilichen Finanzierungsbedürfnisse" ist 20), enthält es doch materielle Forderungen an innerparteiliche Demokratie, die in allen Parteien zu nicht geringen Statutenänderungen zwangen 21).

Der für unsere Betrachtung wichtigste zweite Abschnitt über die innere Ordnung der Parteien regelt in den §§ 6 bis 16 die Grundsätze eines demokratischen Aufbaus:

1. Vertikaler Aufbau: Prinzipiell von unten nach oben, von der Mitgliederbasis zur Führungsspitze mit der Kompetenz der Mitglieder-bzw. Delegiertenversammlung als jeweils oberstem Organ für alle Grundfragen der Partei wie Programm, Satzung, Auflösung. 2. Funktionaler Aufbau: Verantwortlichkeit der regelmäßig zu wählenden Vorstände gegenüber Mitglieder-und Delegiertenversammlungen, Abberufbarkeit, „Gewaltenteilung" durch von Vorständen unabhängige Schiedsgerichtsbarkeit. 3. Regionaler Aufbau: Gebietliche Aufgliederung der Partei mit gewissen Kompetenzen der nachgeordneten Verbände, allerdings starkes Durchgriffsrecht der Spitze gegen dissentierende Teilverbände möglich.

4. Grundrechte der Mitglieder: Gleichberechtigungund gleiches Stimmrecht für alle, Freiheit der Meinungsäußerung, Schutz vor willkürlichem Ausschluß und Eintrittsverweigerung.

Diese Regeln betreffen interne Bedingungen der innerparteilichen Demokratie. Auf externe Bedingungen sind zwei weitere, nur zum Teil im Parteiengesetz geregelte Komplexe gerichtet: 1. Transparenz der Partei gegenüber der Öffentlichkeit durch a) Publizitätspflicht von Satzungen, Programm und Vorstandsbesetzungen, die laut § 6, 3 des Parteiengesetzes von jedermann kostenlos vom Bundeswahlleiter angefordert werden können, und b) Offenlegung der Parteifinanzen im jährlichen Rechenschaftsbericht, der eine generelle Information über die Finanzquellen erlaubt, jedoch den eigentlichen Zweck, nämlich Groß-spenden namhaft zu verdeutlichen, in der Praxis verfehlt. Landeswahlgesetzen verlangt die demokratische Nominierung durch gewählte Wahlkreis-und Landesdelegiertenkonferenzen. Das, was mit dem Parteiengesetz normiert wurde, ist zwar — gemessen an materiellen Kriterien innerorganisatorischer Demokratie — wenig erreicht aber dennoch ein gewisses Plateau von Grunderfordernissen, das sichtbar über dem kleinsten gemeinsamen Nenner der damals beteiligten Parteien lag. Unter den vielen nicht eingelösten Forderungen bleiben jedoch anzumahnen:

— Stärkere Stellung der Parteitage durch häufigeres Tagen, klarere Kompetenzen, direkte Wahl der Parteipräsidien und geschäftsführenden Vorstände und die Einrichtung eines demokratisch klarer legitimierten Vertretungsorgans zwischen den Parteitagen als die bestehenden Parteiausschüsse.

— Stärkere Mitgliederrechte durch Abschaffung der ex-officio-Mitgliedschaften, Begrenzung der Ämterhäufung und Ämterpermanenz; verstärkte Minderheitsrechte, besonders in der parteiinternen Kommunikation; größere, auch finanzielle Autonomie der Untergliederungen; Vorausberatung aller Programm-und Satzungsbeschlüsse in den Unter-organisationen.

Verbände (Für die Parteien ist die Rechtslage klar: Sie sind zu innerorganisatorischer Demokratie verpflichtet. Ein Blick in das Grundgesetz zeigt, daß für die Verbände Vergleichbares nicht existiert. Sie kommen wörtlich nicht einmal vor; immerhin aber als „Vereine", „Gesellschaften" und „Vereinigungen" im Art. 9 des Grundgesetzes, der die Vereinigungsfreiheit garantiert. Dieser Artikel gehört zu den klassischen liberalen Grundrechten, die traditionellerweise die Rechte des einzelnen Bürgers gegenüber dem Staat konstituieren. Den Bürgern wird die Freiheit zum geselligen und gesellschaftlichen Zusammenschluß gewährt; staatlicher Eingriff in die Autonomie dieser gesellschaftlichen Vereinigungen — etwa auch in Richtung auf bestimmte, gar demokratische Organisationsformen — scheint demnach dem Sinn dieses altliberalen Freiheitsrechts geradezu zu widersprechen. Der Bürger mag sich in seiner privaten Sphäre organisieren, wo und wie es ihm behagt.

Nachdem dieses romantische Genre bürgerlicher Geselligkeit von den Massen-und Spitzenverbänden heutiger Gesellschaftsformationen längst abgelöst wurde, sind eine Reihe von Begründungsversuchen für die Notwendigkeit innerverbandlicher Demokratie formuliert worden, ohne daß freilich überall das dualistische Trugbild einer säuberlichen Trennung von Staat und Gesellschaft aufgegeben wurde. Die mittlerweile recht umfangreiche Diskussion kann in drei Argumentationen zusammengefaßt werden

— Der Grundrechtsschutz der Mitglieder verlange nach innerverbandlicher Demokratie;

die großen und mächtigen Verbände seien aus der privaten gesellschaftlichen Sphäre herausgewachsen; die Grundrechte, besonders der Meinungsfreiheit (Art. 5 GG), seien deshalb als ursprüngliche Freiheitsrechte vom Staat auf mächtige gesellschaftliche Gruppen übertragbar (Drittwirkung der Grundrechte). — Die Übertragung öffentlicher Aufgaben, besonders im Bereich der Tarifregelung durch Gewerkschaften und Unternehmerverbände, aber auch im sozialen und allgemein gesellschaftlich-öffentlichen Bereich, verlange eine Legitimation der Verbandsführung durch ihre Mitglieder, da durchaus existenzielle Fragen auf dem Spiel stünden; diese Verbände seien damit auch dem Gebot des Art. 20 Abs. 1 des Grundgesetzes, der einen „demokratischen und sozialen Bundesstaat" vorsieht, unterworfen.

— Die Wahrnehmung politischer Aufgaben der Großverbände bei der Mitwirkung an der politischen Willensbildung des Volkes erlaube und erfordere eine Parallelität zum Art. 21 Abs. 1 des Grundgesetzes, so daß mit den Verbänden die Ergänzung zur „Mit" wirkung der Parteien gegeben sei.

Diese drei Argumentationen können getrennt, aber sicher wirksamer noch gemeinsam verwandt werden. Trotzdem konnten sie jedoch die „herrschende Lehre" noch nicht von einem allgemeinen Verfassungsgebot auf innerverbandliche Demokratie überzeugen. Dabei wird das erste Argument als das allgemeinste auf den größten Widerstand stoßen, denn es ist auf alle Verbände von einer gewissen Größe und Relevanz anwendbar. Die anderen beiden können nur für jeweils zu begründende, bestimmte Verbände gelten, die nachweislich öffentliche und politische Funktionen ausüben. Hier ist man sich bezüglich der Gewerkschaften ausnahmsweise einig. Aber damit hat auch schon alle Einigkeit ein Ende. Die Abgrenzung erweist sich als eine der schwierigsten Fragen. Weder besteht also für innerverbandliche Demokratie ein klares Verfassungsgebot, noch sind sich Rechtsprechung und Rechtslehre über eine eindeutige Ableitbarkeit aus dem Grundgesetz einig, geschweige denn über Kriterien der Eingrenzung.

Schließlich könnte man neben dem Grundgesetz für die rechtliche Normierung innerverbandlicher Demokratie noch das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) heranziehen Das BGB enthält im Vereinsrecht, also besonders in den Paragraphen 25 ff., nicht wenige Vorschriften zu Aufbau, Gliederung und Mitgliederrechten von Verbänden. In § 26 wird vorgeschrieben, daß der Verein einen Vorstand hat, der nach § 27 durch Beschluß der Mitgliederversammlung eingesetzt wird; § 32 sieht für die Beschlußfassung die Mehrheit der Mitgliederversammlung vor; Satzungsänderungen verlangen die Zustimmung von einer Dreiviertelmehrheit; zur Änderung des Vereins-zwecks müssen alle Mitglieder zustimmen; § 37 schützt die Minderheit, da bereits ein Zehntel die Einberufung einer Mitgliederversammlung verlangen kann, usw.

Hier gibt es also einige recht konkrete Anforderungen, die der Mitgliederversammlung, also der . Basis", wichtige Rechte einräumen: Allerdings fehlen nicht nur Verfahrensregeln für Großverbände mit Mitgliedermillionen und Verbandsbürokratien, sondern die wenigen Regeln werden selbst wieder zur Disposition gestellt. Denn nach § 40 finden gerade die wichtigsten dieser Bestimmungen »insoweit keine Anwendung, als die Satzung ein anderes bestimmt“. So hilft das BGB von 1896 mit seinem Bild der „Geselligkeitsvereine" bei der Organisierung komplexer innerverbandlicher Willensbildung heute keinen Schritt weiter. 2. Demokratietheoretisch begründbar?

Wir haben gesehen, daß juristische Normen für innerparteiliche Demokratie recht viel, für innerverbandliche Demokratie dagegen recht wenig hergeben. Die verschiedenen Argumentationsversuche, innerverbandliche Demokratie doch als Verfassungsauftrag abzuleiten, haben im Grunde gezeigt, daß es sich hier eben nicht um eine einfach verfassungsinterpretatorisch zu entscheidende Frage, sondern um ein demokratisch-theoretisches Problem und damit um eine politische Frage handelt.

Parteien Staatslehre, Politikwissenschaft, Politik und Publizistik sind sich selten so einig wie in dem Punkt, daß innerparteiliche Demokratie eine unerläßliche Notwendigkeit zur Komplettierung allgemeiner Demokratie darstellt Daß die Meinungen über die eigentliche Ausgestaltung und den Grad innerparteilicher Demokratie weit auseinanderklaffen, z. B. ob sie analog dem streng repräsentativen Staatsaufbau oder auch in direktdemokratischer Form sich realisieren kann und soll, braucht hier kaum betont werden, sondern zeigt sich in den täglichen Konflikten in allen Parteien zwischen Basis, Spitze, Fraktionen, Stäben, Arbeitsgemeinschaften, Regionalverbänden usw. viel besser. Festzuhalten bleibt jedenfalls, daß über das Ziel innerparteilicher Demokratie weitgehende Einigkeit besteht, dank des Parteiengesetzes auch über Grundzüge ihrer Ausgestaltung.

Dissenz besteht über den Begründungszusammenhang und — damit eng zusammenhängend — über den Konkretisierungsgrad. Wird innerparteiliche Demokratie eher gouvernemental abgeleitet aus der Erhebung der Parteien zu Quasi-Verfassungsorganen, so erfordert diese Verstaatlichung die Parallele staatlich-repräsentativer Legitimationsstrukturen innerhalb der Parteien. Wird interne Demokratie aber eher partizipatorisch-emanzipatorisch, nämlich aus der Herrschaftsunterworfenheit des (Partei-) Bürgers, abgeleitet, so folgt hieraus die Forderung nach enger Bindung von Basis und Führung mit möglichst starken direktdemokratischen Elementen, z. B. mit Hilfe des „recall", der Ämterrotation oder des imperativen Mandats.

Verbände Die demokratietheoretische Begründbarkeit innerverbandlicher Demokratie hängt von der generellen Legitimierung der Verbände ab. Für einen konservativen Staatsmonismus stellt sich das Problem gar nicht, da die „Herrschaft der Verbände" als unzulässige Usurpation politischer Funktionen durch gesellschaftliche Kräfte abgelehnt wird Auch ein traditioneller liberaler Pluralismus interessiert sich wenig für Verbandsinterna. Der altliberale Pluralismus beachtet nur den . Transport'von Interessen über Verbände, die Art der Interessenaggregierung ist ihm recht gleichgültig. Das freie Spiel der konkurrierenden Interessengruppen garantiert den politischen Einfluß der Gesellschaft auf den Staat, ja, bildet geradezu den Staatswillen aus dem Gleichgewicht der Gruppeninteressen als Resultante im politischen Kräfteparallelogramm (Ernst Fraenkel).

Die Praxis des Pluralismus sieht freilich anders aus. Es herrscht kein symmetrisches Gleichgewicht im Kräfteparallelogramm, sondern der Pluralismus in der politischen Wirklichkeit der Bundesrepublik ist „asymmetrisch", und zwar in der Verbändeproblematik aus zwei Gründen 1. Es herrscht kein Machtgleichgewicht, denn — die Konkurrenz der bestehenden Verbände ist nicht gleich, da sie mit unterschiedlichen Ressourcen und Privilegien gegeneinander antreten, wie Unternehmer, Gewerkschaften, Ärzte, Bauern und Verbraucher;

— wichtige Interessen bedürfen zur Durchsetzung gar keiner ausdrücklichen Großverbände, wie in erster Linie die wirtschaftlichen Interessen starker, besonders multinationaler Konzerne. 2. Es herrscht keine Chancengleichheit, denn — nicht alle Interessen sind gleich organisationsfähig; viele durch ihre Allgemeinheit wenig konfliktfähige Interessen entziehen sich der Organisierung, wie die der Konsumenten, Kinder, Alten, Gastarbeiter usw.;

— der freie Zugang zu den Verbänden ist in der Praxis eingeschränkt; Neugründungen von Gegenverbänden bei abweichender Meinung sind in Wirklichkeit praktisch aussichtslos; die bestehenden Großverbände monopolisieren die Vertretung von Interessen-segmenten.

In dieser Situation kommt innerverbandlicher Demokratie eine außerordentlich wichtige Rolle zu, wenn auch nicht die tragende. Denn innerverbandliche Demokratie kann nicht als Allheilmittel gegen alle Schwächen des Verbandspluralismus werden. Das fehlende Machtgleichgewicht zwischen Verbänden, die Durchsetzung von Interessen am Verbändesystem vorbei und die Organisationsunfähigkeit zahlreicher Interessen können durch innerverbandliche Demokratie nicht geheilt werden. Diese Einschränkung der Erwartungshaltung tut not, um die Euphorie zu dämpfen, die oft mit der Binnendemokratisierung verbunden wird.

Die Anerkennung der öffentlichen Funktionen und des politischen Einflusses der Großverbände sowie ihre teilweise Monopolisierung von Interessensegmenten der Gesellschaft führten zu der in Politik und Wissenschaft überwiegenden Überzeugung, daß sie zur Ausfüllung dieser Position einer demokratischen Binnenstruktur bedürfen Diese Ei-nigkeit erstreckt sich allerdings eben nur auf . öffentliche“ Großverbände und auf demokratische Minimalforderungen. Ellwein faßt diese „herrschende Lehre" in das Fazit „Wo immer politischer Einfluß stattfindet, muß er den demokratischen Normen des politischen Systems entsprechen, also in der Hauptsache auf einem in verbandsinterner, freier Willensbildung zustande gekommenen Mandat beruhen und öffentlich erfolgen — trotz der Schwierigkeiten, die dem entgegenstehen."

Die innerverbandliche Demokratie ist somit grundsätzlich und ziemlich übereinstimmend demokratietheoretisch legitimiert. Die eigentlichen Probleme beginnen bei der Umsetzung dieser Forderung; hier existieren zwei Problemkreise: Erstens, welche Verbände kommen in Betracht? zweitens, wie soll die Binnendemokratisierung aussehen?

Zunächst einige Überlegungen zur Abgrenzung, danach zur Konkretisierung. Die Diskussion um die Abgrenzung der durch die interne Demokratisierungsforderung betroffenen Verbände faßt Horst Föhr in vier Kriterien zusammen 1. Vertretung existenzieller Interessen: Nur wenn berufliche, wirtschaftliche, soziale und sonstige allgemeinpolitische Interessen integriert und artikuliert würden, sei innerverbandliche Demokratie zur adäquaten Repräsentanz des Mitgliederwillens erforderlich. 2. Zwangsmitgliedschait bei Kammern usw. mache innerverbandliche Demokratie in jedem Fall notwendig.

3. Die Mächtigkeit des Verbandes — unabhängig von seiner Mitgliederzahl — sei ein wichtiges Kriterium für die Erfordernis einer Binnendemokratisierung. 4. Die öffentliche Funktion von Verbänden erfordere eine Ausdehnung staatlicher Legitimationsprinzipien auf die interne Verbands-willensbildung. Zunächst ist die „Mächtigkeit" sicher unter der öffentlichen Funktion subsumierbar. Läßt man dann das Kriterium der Zwangsmitgliedschaft außer acht (da solche Verbände bereits regelmäßig Gesetzen unterliegen, die die Mitgliedermitwirkung regeln), so bleiben im Grunde nur zwei Kriterien: das der öffentlichen Funktion und der Vertretung existen-zieller Interessen. Beide sind so weit wie vage. Ausdrücklich werden Vereinigungen, die nur Freizeitinteressen organisieren, ausgenommen Also unterliegen Sportclubs keinem Demokratiegebot, der Deutsche Sportbund aber sehr wohl? Und wie steht es mit dem entsprechenden Landesverband? Die Vagheit der Begriffe öffentliche . Funktion'und . Vertretung existentieller Interessen'läßt sie kaum als klares Kriterium einer Abgrenzung geeignet erscheinen.

Ein schärferer Differenzierungsversuch geht auf Ulrich K. Preuß zurück, der im Anschluß an Wolfgang Abendroth zwischen Real-und Willensverbänden unterscheidet Willens-verbände beruhten auf Selbsthilfe und Selbst-organisationen verfügungsunterworfener Mitglieder, wie in erster Linie die Gewerkschaften; Realverbände dagegen seien organisatorischer Ausdruck ökonomischer Besitztitel, und die politische Macht dieser Verbände nur die Summe der ökonomischen Macht ihrer Mitglieder, wie besonders die Unternehmerverbände. Nur die Willensverbände seien auf „die demokratisch-solidarische Organisation" angewiesen, für Realverbände sei innerverbandliche Demokratie ebenso entbehrlich wie uninteressant Sicher ist es richtig, daß sich die Interessenorganisationen als Selbsthilfe von Unterprivilegierten ernsthafter an ihrem eigenen Anspruch auf Emanzipation, Mitwirkung und Gleichheit messen lassen müssen als Vertreter etablierter Interessen. Trotzdem bringt auch diese Unterscheidung keine klare Abgrenzung. Sie scheitert an der Unmöglichkeit der Feststellung, „wann ein Verband allein durch Organisation der Willen seiner Mitglieder an den gesellschaftlichen Auseinandersetzungen teilnimmt und wann dies (auch) durch den Einsatz ihrer (sozioökonomischen Macht geschieht)“

Das Abgrenzungsproblem ist so gravierend und schwer lösbar, daß mir ein umgekehrtes Vorgehen sinnvoller scheint: eine grundsätzliche Vermutung für die Notwendigkeit innerverbandlicher Demokratie bei allen Verbänden und Vereinigungen, ob mehr oder weniger öffentlich wirkend, mehr oder weniger existenzielle Interessen berührend. Dafür spricht nicht etwa nur die Not der Tugend, um dem Abgrenzungsdilemma zu entgehen, sondern auch die oben ausgeführte erste der drei rechtlichen Ableitungen innerverbandlieher Demokratie aus dem Grundrechtsschutz der Mitglieder. Meinungsfreiheit und Mitwirkungsrecht muß dem Mitglied in jedem Verband, sei er noch so privat oder peripher, gewährleistet sein. Ein weiteres kommt hinzu: Die Sozialisationsfunktion von demokratischer Teilhabe, die praktische demokratische politische Bildung durch Beteiligung am gesellschaftlich-politischen Prozeß scheint mir ein Aspekt zu sein, der noch zu wenig beachtet wird. Gerade vermeintlich unpolitische und nichtöffentliche Vereine und Verbände haben eine wichtige Funktion im „vorpolitischen" Raum zu erfüllen. Innerverbandliche Demokratie ist damit grundsätzlich nicht nur für öffentlich relevante, sondern für alle Verbände zu fordern. Allerdings kann und muß eine Differenzierung erfolgen. Falsch wäre freilich eine Differenzierung von mehr oder weniger Demokratie je nach Größe und öffentlicher Relevanz des Verbandes. Sie muß vielmehr für unterschiedliche Funktionen von Verbänden unterschiedliche Formen von Binnendemokratie vorsehen. Grundrechte der Meinungsfreiheit, der Willensbildung von unten nach oben und des freien Zugangs müssen überall garantiert sein. Für die großen Massenverbände kann darüber hinaus nur eine formalisierte, in Delegationsstufen differenzierte Willensbildung die innerverbandliche Demokratie angemessen realisieren; im überschaubaren Bereich der Grundorganisationen von Großverbänden und in den kleinen privatperipheren Vereinigungen können und müssen dagegen eher direktdemokratische Beteiligungsformen ihren Platz haben. Nichts zwingt irgendeinen Verband, seine Willensbildung streng nach staatlich-repräsentativen Vorbildern oder genau parallel den Parteien oder gar analog dem Parteiengesetz auszurichten. Direktdemokratische Formen, wie z. B. Urabstimmungen der Mitglieder über grundsätzliche und materiell-existenziell bedeutsame Fragen, sind vielmehr ein entscheidendes Mittel, um das Mitgliederinteresse im Verbandswillen klar zu repräsentieren. Eine Diskussion um freies oder imperatives Mandat muß deshalb in Verbänden anders verlaufen als im politischen Raum.

Damit hat sich gezeigt, daß die Abgrenzung von innerverbandlicher Demokratie auf Ver-bandstypen nicht von der Konkretisierung der Form innerverbandlicher Demokratie zu trennen ist und umgekehrt. Beide sind nach den spezifischen Funktionen der Verbände zu differenzieren. Der Diskussionsstand dazu ist freilich bisher recht vage.

III. Die Realität — zwei Illustrationen

Schaubild 2: Aufbau des ADAC

In diesem Aufsatz kann keine umfassende Analyse der Realität innerverbandlicher Demokratie geboten werden. Statt dessen sollen zwei Beispiele typischen Verbandsaufbaus und grundsätzlicher Strukturprobleme die Situation illustrieren. Der enge Vergleich mit den Parteien, der den Artikel bisher geleitet hat, wird dabei nicht mehr ständig gesucht werden. Die trotz formaler Garantien innerparteilicher Demokratie überall deutlichen Hürden vor wirklicher Tranzparenz, offener Kommunikation und durchgehender Mitwirkung von unten nach oben sind in der bei uns besonders umfangreichen einschlägigen Literatur oft genug beklagt Die Klagen lassen sich vielleicht etwas relativieren, wenn stärker vergleichend analysiert würde. Im internationalen und im historischen Vergleich der Parteien und in der aktuellen Gegenüberstellung von Parteien und Verbänden wird die Situation der innerparteilichen Demokratie bei uns in der Bundesrepublik, ohne damit beschönigen zu wollen, sicher etwas weniger pessimistisch zu beurteilen sein.

Für diesen Artikel habe ich zur Illustration zwei Verbandstypen ausgewählt, die beide zu den „freiwilligen“ Vereinigungen gehören. Die besonderen Probleme von Verbänden mit Zwangsmitgliedschaft oder die „halbstaatlichen Vereine“ sollen hier ausgeklammert werden. Das erste Beispiel der Gewerkschaften repräsentiert aus dem beruflich-wirtschaftlich-sozialen Bereich den für die Masse der Bevölkerung quantitativ und qualitativ bedeutendsten Verband überhaupt. Das zweite Beispiel des ADAC gehört zu dem wichtigen Typ von Großverbänden, die eine Mischung von Servicefunktionen, politischem pressure und lobbying in sich vereinen. 1. Beispiel: Gewerkschaften Unter allen Verbänden ist die innere Struktur der Gewerkschaften am besten dokumen-tiert und am stärksten diskutiert, obwohl hier formale Satzungsanalysen und inhaltliche politisch-strategische Aussagen gegenüber intensiven empirischen Untersuchungen der Organisationswirklichkeit leider überwiegen

Der Deutsche Gewerkschaftsbund — die kleineren Gewerkschaften lasse ich hier 1 außer Betracht — ist bekanntlich als Einheitsgewerkschaft (im Gegensatz zu Richtungsgewerkschaften) die Dachorganisation von 16 Einzelgewerkschaften. Sie sind nach dem Industrieverbandsprinzip (ein Betrieb — eine Gewerkschaft) organisiert. Der DGB hatte 1974 insgesamt 7, 4 Millionen Mitglieder; die Anteile der einzelnen Gewerkschaften schwanken stark zwischen 35°/o für die IG Metall bis zu je unter 1 °/o für die Gewerkschaften Leder, Landwirtschaft und Kunst DGB und die meisten Einzelgewerkschaften sind jeweils regional dreigliedrig aufgebaut, von der Orts-und Kreisebene über die Bezirks-und Landesebene zum Bund. Neben der regionalen Gliederung existieren noch Fachgruppen, z. B. für Jugend, Frauen, Angestellte usw. Die Satzungen aller Gewerkschaften differieren zwar in nicht unwesentlichen Punk-ten. Ich werde jedoch versuchen, im folgenden nur die Grundzüge darzustellen, um danach die Hauptprobleme innergewerkschaftlicher Demokratie aufzeigen zu können

Auf der untersten Ebene bildet eine Mitglieder-oder heute meistens Delegiertenversammlung die Basis der Organisationspyramide (vgl. Schaubild 1). Sie wählt den Orts-oder Verwaltungsstellenvorstand und z. T.den hauptamtlich angestellten örtlichen Geschäftsführer, der aber wie der Vorstand mindestens der Bestätigung durch den Bezirks-oder Bundesvorstand bedarf, nicht selten auch von dort eingesetzt wird. Im Betrieb, der eigentlichen Basis der Gewerkschaften, bilden die ehrenamtlichen Vertrauensleute die Urzelle demokratischer Willens-bildung. Ihre Wahl und innergewerkschaftliche Position ist allerdings selten klar statuarisch abgesteckt. Ebenso ist es mit den gewerkschaftlichen Kandidaten zu den Betriebsratswahlen. Auch hier existiert kein der Kandidatenaufstellung der Parteien vergleichbares Prinzip der Nominierung durch Delegiertenversammlungen, sondern die Kandidatenlisten werden meist durch die örtlichen Führungsgremien zusammengestellt.

Parallel zu den Einzelgewerkschaften ist die unterste Ebene des DGB die Kreisorganisation, die proportional zur Mitgliederstärke die Vertreter aller im Kreis arbeitenden Einzelgewerkschaften in der Kreisdelegierten-versammlung vereint. Diese wählt den Kreisvorstand, in dem wieder alle Einzelgewerkschaften angemessen vertreten sein sollen, und den Kreisvorsitzenden — auch diese benötigen die Bestätigung durch den Landesbezirksvorstand. Die mittlere Ebene der Gewerkschaftsorganisation mit den Bezirks-bzw. Landesverbänden ist mehr als einfaches Zwischenglied, da hier meist die wichtigsten Tarifentscheidungen und -auseinandersetzungen fallen. Die Delegierten des Bezirkstages oder der Landesbezirkskonferenz der Einzelgewerkschaften werden von den Grundorganisationen gewählt — zusätzlich sind auf den Bezirkstagen meist kraft Amtes die Bezirksvorstände selbst und die Beirats-und Fachgruppenvertreter stimmberechtigt. Der Bezirkstag wählt Bezirksvorstand und Bezirksleiter — häufig allerdings gerade für die zentrale Position der Bezirksleiter mit einem erheblichen Mit-'bestimmungsrecht der Hauptvorstände. Denn die Bezirksleiter sind Hauptpersonen bei Tarifauseinandersetzungen, da sie einen wesentlichen Einfluß auf die Zusammensetzung der Tarifkommissionen nehmen, die nicht von der Basis gewählt werden, und meistens die Verhandlungskommissionen selbst führen. Die Bewerber um die Position des Bezirksleiters müssen wegen dieser zentralen Funktion auch mit die längste Mindestdauer ihrer Gewerkschaftsmitgliedschaft nachweisen — oft fünf und bis zu zehn Jahren, wie bei der IG Bau, Steine, Erden. Im übrigen wird in fast allen Satzungen eine Mindestdauer der Mitgliedschaft als Voraussetzung an die Übernahme von ehrenamtlichen und hauptamtlichen Funktionen geknüpft, die selbst für örtliche Vorstände und Delegierte zum Bezirks-tag bis zu fünf Jahre betragen kann.

Die neun DGB-Landesbezirke spielen keine so wichtige Rolle wie die Bezirke der Einzel-gewerkschaften. Die Landesbezirkskonferenzen setzen sich aus Vertretern der Einzelgewerkschaften zusammen und tagen nur alle drei Jahre vor dem Bundeskongreß. Sie wählen den Landesbezirksvorsitzenden und den Vorstand, der allerdings zum größten Teil weniger aus gewählten als aus entsandten Vertretern der Bezirke der Einzelgewerkschaften und Fachgruppen besteht.

Auf Bundesebene bildet der Gewerkschaftstag das oberste Vertretungsorgan der Mitgliedschaft in den Einzelgewerkschaften. Die Delegierten werden von Mitgliederversammlungen der Verwaltungsstellen oder von den Bezirkstagen nominiert. Stimmberechtigt im „Parlament“ der Gewerkschaft ist neben den gewählten Delegierten meist ein Großteil der „Exekutive", die gewählt und kontrolliert werden soll, nämlich die Mitglieder des Hauptvorstandes, die Bezirksleiter und Vertreter von Abteilungen — insgesamt ein Anteil von Mitgliedern kraft Amtes (ex officio) am Gewerkschaftstag von bis zu 20 % Der Gewerkschaftstag, der nur alle drei bis vier Jahre für wenige Tage zusammentritt, wählt den Vorsitzenden und den geschäftsführenden Vorstand. Der weitere Hauptvorstand wird meist nur bestätigt, da er von Fachgruppen und Bezirken nominiert und besetzt wird. Der bisherige Vorstand besitzt fast immer ein Vorschlagsrecht für die Antragskommission, die die inhaltliche Diskussion des Gewerkschaftstages vorstrukturiert und stark beeinflußt sowie für Nachfolger ausscheidender Vorstandsmitglieder, die in der Regel auch gewählt werden. Als höchstes Gremium zur Kontrolle der Vorstände zwischen den Gewerkschaftstagen fungiert der Beirat. Er setzt sich zusammen aus den Delegierten der Bezirkstage und den Hauptvorstandsmitgliedern; kraft Amtes kommen meist hinzu die Bezirksleiter, Vertreter von Fachgruppen und Abteilungsleiter der Hauptverwaltung. Daneben existieren als Kontrollorgane noch Beschwerdeausschüsse als eine Art Schiedskommission und Revisionskommissionen für die finanzielle Kontrolle.

Die Bundesebene des DGB besteht aus dem „Parlament der Arbeit", dem DGB-Bundeskongreß, der alle drei Jahre tagt. Der Bundeskongreß legt die allgemeinen Richtlinien der Gewerkschaftspolitik fest, beschließt über Satzung und Anträge und wählt den geschäftsführenden Bundesvorstand. Ein Strukturproblem des DGB wird auf dem Bundeskongreß besonders deutlich: das unterschiedliche Gewicht der großen und kleinen Gewerkschaften. IG Metall, OTV und IG Bergbau und Energie halten zusammen die absolute Mehrheit, da sich die Delegiertenzahl nach der Mitgliederstärke richtet. Versuche einer Organisationsreform Anfang der siebziger Jahre, die diese Disparität beheben und die Autonomie der Einzelgewerkschaften zugunsten der Kompetenzen der Dachorganisation in allen Grundsatzfragen verlagern sollte, brachten 1971 zwar eine neue Bundessatzung, aber keine wirkliche Reform in dieser Richtung. Dies verhinderten die großen Gewerkschaften, die ihr Gewicht und ihre Autonomie nicht verlieren wollten

Zwischen den Bundeskongressen nimmt der Bundesausschuß die Vorstandskontrolle wahr. In diesem Gremium erhielten die klei-* neren Gewerkschaften durch die Satzungsreform ein relativ stärkeres Gewicht neben den ebenfalls darin kraft Amtes vertretenen Bundesvorständen und Landesbezirksvorsitzenden. Die Kompetenzen des Bundesausschusses sind deutlich größer als bei den Einzelgewerkschaften, da er nicht nur den Haushalt beschließt, sondern auch Ergänzungs-und Abwahlen von Bundesvorstandsmitgliedern vornehmen kann, ferner die Landesvorstände bestätigt sowie über Aufnahme oder Ausschluß von Gewerkschaften aus dem DGB beschließen kann und einiges mehr. Dem Bundesvorstand selbst gehören neben dem Vorsitzenden zwei Stellvertreter und sechs weitere Mitglieder an, die den geschäftsführenden Bundesvorstand bilden. Hinzu kommen noch die Vorsitzenden der 16 Einzelgewerkschaften. Der Bundesvorstand besitzt zwar mit der Hauptverwaltung einen starken Stab hinter sich, aber in die Autonomie der Einzelgewerkschaften, wo die eigentliche Lohn-und Tarif-politik gemacht wird, kann er formell nicht eingreifen. Obwohl sich die Satzungskommission dafür ausgesprochen hatte, verweigerte der Satzungskongreß von 1971 die angestrebte beratende Teilnahme an Kongressen und Vorstandssitzungen der Einzelgewerkschaften.

Mit diesem Überblick sind die zwei Säulen der deutschen Gewerkschaften grob skizziert: die Organisationen des DGB und die der Einzelgewerkschaften, deren Verhältnis zueinander nicht frei von Konflikten ist — mehr Autonomie den Mitgliedsgewerkschaften oder mehr Autorität der Dachorganisation?

Die dritte Säule neben den Gewerkschaftsorganisationen selbst trägt den betrieblichen Bereich. Direkte gewerkschaftliche Interessenvertretung wird hier von den Vertrauensleuten betrieben. Sie sollen als ehrenamtliche Funktionäre den engen Kontakt zu den Mitgliedern im Betrieb halten, ihnen die Politik der Gewerkschaften vermitteln und neue Mitglieder werben, zum anderen aber auch die gewerkschaftlich nominierten Betriebsräte unterstützen und kontrollieren. Vertrauensleutekörper sind in den letzten Jahren zunehmend weiter ausgebaut worden, gerade um die Basisnähe zu verbessern und durch aktive Mitglieder, die unabhängig von den manchen Zwängen unterworfenen Betriebsräten sind, der Betriebsferne der Organisation entgegenzuwirken. Die Stellung der Vertrauensleute ist allerdings von einem Dilemma gekennzeichnet, das nicht selten in jüngerer Zeit Konflikte provoziert hat — besonders bei „wilden Streiks’; denn einerseits sollen sie die aktivierende Rolle für die Mitgliedschaft und Belegschaft spielen, andererseits verfügen sie in der Organisation nicht über so gesicherte Einflußkanäle, um diese Aktivierung auch in die gewerkschaftliche Willensbildung zu tragen

Obwohl die Betriebsräte noch weniger ein Organ der Gewerkschaften sind, bestehen für sie sehr enge Verflechtungen zur Organisation, die ihnen neben den hauptamtlichen Funktionären eine Schlüsselrolle gibt. Denn durch die rechtliche Absicherung ihrer betrieblichen Arbeit können sie Gewicht und Einfluß der Gewerkschaften im Betrieb maßgeblich bestimmen. In der Regel bilden deshalb die Betriebsräte sowohl in den lokalen Vorständen, als auch in den Delegiertenversammlungen, Tarifkommissionen und Vorständen der Bezirke und auch auf den Bundesgewerkschaftstagen die relative oder sogar die absolute Mehrheit

Das Verhältnis von Einzelgewerkschaft und DGB einerseits und mehr noch das von aktiver Mitgliederbasis und Vertrauensleutekörper, gewerkschaftlichen Betriebsräten und Gewerkschaftsorganisation andererseits bezeichnet die wichtigen Konfliktfelder der innerverbandlichen Willensbildung. Dabei wurde die breite Mitgliedschaft bewußt nicht erwähnt. Sie und die Arbeitnehmerschaft insgesamt sieht zwar in ihrer übergroßen Mehrheit in den Gewerkschaften ihre unbedingt notwendige Interessenvertretung; aber im aktiven Kontakt zur Organisation stehen kaum mehr als lO°/o der Mitglieder Für die übrigen 90% legitimiert sich gewerkschaftliche Politik von ihrem materiellen Ergebnis her — nicht vom demokratischen Willensbildungsprozeß. Die seltenen Fälle von Urabstimmungen in Arbeitskämpfen, die die gesamte Mitgliedschaft aktivieren und meist mit hoher Wahlbeteiligung verbunden sind, widersprechen dem generellen Apathiebefund genauso-wenig wie hohe Wahlbeteiligung bei politischen Wahlen. Da eine Urabstimmung zudem nur von Spitzengremien angesetzt und ihr Ergebnis in den Verhandlungen frei gewürdigt werden kann, bleiben sie mehr ein Instrument der Führung als der Mitgliedschaft. Die verbreitete Apathie, die von anderen politischen Organisationen einschließlich der Parteien nur zu bekannt ist, kann nicht auf Funktionärswillkür und Abschließen des Apparates reduziert werden, obwohl mangelnde Beteiligungschancen rückwirkend sicher die Apathie der Mitglieder verstärken. Die Apathie drückt mehr das generelle Dilemma der Gewerkschaften im „partnerschaftlichen" Klima unserer privatwirtschaftlichen, sozialgesetzlich vermittelten Wirtschaftsordnung aus: Zum einen muß eine offene und direkte Interessendurchsetzung der Mitglieder zugunsten von Kompromißformeln abgeschirmt werden, die zwischen den Spitzen der Tarif-parteien ausgehandelt werden; zum anderen muß dies aber unter aktiver Mitwirkung und ohne offene Repression der Mitgliedschaft geschehen, damit die Gewerkschaften ihre Legitimationsfunktion nicht einbüßen.

Abschließend seien die Probleme und Defizite innerverbandlicher Demokratie in den Gewerkschaften in einigen Thesen zusammengefaßt: 1. Die Rechte der Mitglieder müssen klar garantiert sein:

— freie Aufnahme ohne Diskriminierung, Appellationsrecht und schriftliche Begründungspflicht bei Aufnahmeverweigerung oder Ausschluß;

— Meinungsfreiheit der Mitglieder und Minderheiten, besonders auch in der gewerkschaftlichen Presse;

— gleiche Mitwirkungsrechte für alle — gegen Kandidatenzeit durch Vorschriften über Mindestmitgliedschaft für aktives und passives Wahlrecht;

— Urabstimmungen als Recht der Mitgliedschaft und Initiativrecht durch Minderheiten statt durch Vorstände. 2. Der demokratische Organisationsaufbau muß durchgängig von unten nach oben erfolgen: — auf der untersten Ebene regelmäßige Mitgliederversammlungen statt nur Delegierten-gremien; — Bestimmung der Delegiertengremien höherer Stufen von unteren Delegiertenkörpern und nicht von Vorständen;

— Zuständigkeit der Vertretungsorgane auf allen Stufen für alle Grundsatzentscheidungen, wie Satzung, Programm, Gliederung der Gebietsverbände, Auflösung usw.; — regelmäßigeres und häufigeres Tagen der Vertretungsorgane als alle drei bis vier Jahre; — klare Wahl und Legitimation von Beiräten, die zwischen den Tagungen Kontrollrechte ausüben;

— Beschränkung der ex-officio-Mitgliedschäft von Vorständen und weiteren Positionen in gewählten Vertretungsorganen, um die Kontroll-und Legitimationsfunktion nicht zu beeinträchtigen;

— Einschränkung der Möglichkeiten zur zentralen „Kongreßregie” durch von Vorständen eingesetzte Antragskommissionen, Vorbestimmungen der Tagesordnung, Vorschlagsrecht der Vorstände für ihre eigene Nachfolge; — Ausschluß von Kooptationsrechten der Vorstände und Bestätigungs-oder sogar Einsetzungsrecht von verantwortlichen Geschäftsführern oder Bezirksleitern auf unteren Ebenen. 3. Die exfernen Gewerkschaftsfunktionen müssen sich demokratisch legitimieren:

— klares Mandat der Mitglieder im Betrieb für die gewerkschaftlichen Vertrauensleute und klarer definierte Stellung in der Organisation; — Wahl und Rechenschaftspflicht der Tarif-kommissionen durch Vertretungsorgane;

— Nominierung der gewerkschaftlichen Betriebsratskandidaten durch demokratisch legitimierte Gremien;

— Nominierung von Gewerkschaftsvertretern in öffentlichen Funktionen durch Vertretungsorgane und Verantwortung ihres Mandats diesen Gremien gegenüber. 2. Beispiel: ADAC Beim ADAC handelt es sich um einen zweifellos politisch relevanten Großverband der gerade in den letzten Jahren fast explosionsartig gewachsen ist: von ca. 0, 5 Mill. Mitgliedern im Jahre 1960 über ca. 2 Mill. 1970 bis zu heute über 4 Mill. — genauso viel, wie die drei größten Einzelgewerkschaften IG Metall, OTV und IG Chemie zusammen, die damit 58°/» der DGB-Mitglieder vereinen Der „Allgemeine Deutsche Automobilclub e. V. (ADAC)“ verbindet eine für die großen internationalen Motorclubs typische Mi-schung von unterschiedlichen Verbandsfunktionen, die vom historischen Ursprung des Motor(rad) sportclubs über den Serviceverband mit Versicherungsleistungen („Schutzbrief“) und Reiseangeboten bis zur pressure group und zur Verbrauchervereinigung reichen, die schließlich noch nicht nur auf die Mitglieder beschränkte Sozialdienste (Straßen-wacht, Rettungsdienst) anbietet. Seiner eigenen Bundessatzung nach ist der „Zweck des Clubs die Wahrnehmung und Förderung der Interessen des Kraftfahrwesens und des Motorsports ... Er wird auf die Verkehrspolitik Einfluß nehmen, im übrigen sich aber jeder parteipolitischen Betätigung enthalten". Diese recht allgemeinen und verallgemeinerungsfähigen Interessen und Ziel-richtungen werden in der Satzung des ADAC-Gaues Nordrhein sehr viel klarer spezifiziert: „a) Einwirkung auf Behörden, Presse und Öffentlichkeit zur Verbesserung und Neuschaffung von Gesetzen, Verordnungen und Verfügungen, ... ferner Aufklärung und Belehrung der Mitglieder über Rechtsfragen durch Presse, Rundfunk, Vorträge und dergleichen.

b) Förderung von Maßnahmen zur Verbilligung der Kraftfahrzeughaltung . . .

c) Pflege und Förderung des Motorsports ... d) Touristische, technische und juristische Beratung... , e) Beratung der Mitglieder bei Kauf, Verkauf, Tausch und Pflege der Kraftfahrzeuge ... f) Ausgabe von Triptiks . . . und sonstiger Grenzdokumente.

g) Pflege des geselligen Verkehrs der Mitglieder untereinander.

Die Willensbildung im ADAC ist in drei Stufen gegliedert: die breite Mitgliedschaft und Ortsclubs, die „Gaue" und die Bundesorganisation (vgl. Schaubild 2). Die ca. 1 500 Orts-clubs auf der untersten Ebene sind in der Regel Motorsportvereine, denen Mustersatzungen vorgegeben werden, die durch Gauvorstand und Präsidium anerkannt und bestätigt werden müssen und denen bei Verstoß gegen „die Interessen des Gesamtklubs" die Bezeichnung „ADAC-Club“ entzogen werden kann. Auf der mittleren Ebene der „Gaue" sind die Ortsclubs formell nicht repräsentiert. Sie werden in der Praxis jedoch die Mitglieder der „Gauhauptversammlung" stellen, obwohl hier keine Delegationsstufe besteht und jedes Mitglied teilnahmeberechtigt ist, was freilich bei über 600 000 Mitgliedern des größten Gaues Nordrhein ziemlich illusorisch ist. Diese Gauhauptversammlung tagt jährlich und wählt den Gauvorstand, der sich aus Vorsitzendem, Stellvertretern, Referenten für Fahrzeugsparten als geschäftsführendem Vorstand und weiteren Beisitzern zusammensetzt. Der Vorstand amtiert vier Jahre, jeweils die Hälfte wird allerdings alle zwei Jahre neugewählt. Er ernennt einen Geschäftsführer für die verantwortliche Durchführung der Verwaltung. Die Versammlung wählt ebenfalls den „Ehrenrat", der Schiedsfunktionen wahrnimmt. Schließlich wählt die Versammlung noch die Delegierten zur Hauptversammlung des Bundesclubs.

Wie die Gewerkschaften gern vom „Parlament der Arbeit" sprechen, wird die ADAC-Hauptversammlung in der Vereinssprache als „Parlament der Kraftfahrt" tituliert. Tagt das Parlament der Arbeit nur einmal in seiner dreijährigen Legislaturperiode, so tritt das Kraftfahrtparlament immerhin jährlich zusammen. Anders als bei den Gewerkschaften, wo die Bundeskonferenz für die generelle Pro-grammatik zuständig ist, hat die ADAC-Hauptversammlung laut Satzung nicht diese legislative Kompetenz, außer in der Möglichkeit, Anträge zu beschließen. Wie bei den Gewerkschaften wiederum sind auch hier die Exekutivorgane, Präsidium und Verwaltungsrat, in der Versammlung ex officio stimmberechtigt. Die wichtigste Kompetenz besteht in der Wahl des Präsidiums, das sich aus Vorsitzendem, Stellvertretern und Schatzmeister als geschäftsführendem Präsidium und weiteren Beisitzern zusammensetzt. Der Verwaltungsrat besteht aus dem Präsidium, den Gauvorsitzenden und den Referenten der Kraftfahrzeugsparten. Es ist als föderatives Organ zwischen den Tagungen der Hauptversammlung für alle grundsätzlichen', satzungsmäßigen, organisatorischen und finanziellen Fragen zuständig. Der „Ehrenhof" aus drei Mitgliedern, die weder dem Präsidium noch Verwaltungsrat angehören dürfen, dient als Schiedskommission für Streitigkeiten in und zwischen Präsidium und Verwaltungsrat. Dem Präsidium „obliegt die Gesamtleitung des Clubs" (Satzung § 13, 5). Auf seinen Vorschlag bestellt der Verwaltungsrat den Generalsekretär, der die Hauptverwaltung führt.

Nach der formalen Hierarchie der Satzung ist also aufbauend auf der föderalen Basis der Gaue die Hauptversammlung oberstes Organ auf Bundesebene, dann folgen der Verwaltungsrat, das Präsidium, das geschäftsführende Präsidium und die Hauptverwaltung mit dem Generalsekretär und seinen Hauptabteilungsleitern: „... dieser demokratische Aufbau entspricht dem demokratischen Aufbau der Bundesrepublik“ Wie nicht nur in der parlamentarischen Praxis, sondern mehr noch in den Verbänden zu beobachten, entspricht der formale Aufbau keineswegs der materiellen Kompetenz. Im Falle des ADAC läßt sich dies über die bekannte These hinaus an einigen Besonderheiten illustrieren. Einerseits ist anzuerkennen, daß alle Wahlämter von Delegierten, Präsidiums-und Verwaltungsratsmitgliedern Ehrenämter sein müssen, so daß im Gegensatz z. B. zu den Gewerkschaften keine Loyalitätskonflikte von Delegation und weisungsgebundenem Angestelltenverhältnis auftreten können. Andererseits senkt die Vorschrift natürlich Kompetenz und Informationsgrad der ehrenamtlichen Gremien gegenüber dem hauptamtlichen Apparat, und dies wirkt sich auch schon für die regionalen Delegierten zur Hauptversammlung gegenüber den Organen der Münchener Zentrale aus. Selbst nach der Satzung kann in dringenden Fällen der Verwaltungsrat Beschlüsse fassen, die sonst der Hauptversammlung vorbehalten sind, die dann nur nachträglich genehmigt werden müssen.

Das jährliche »Parlament der Kraftfahrt" soll nicht sachverständig debattieren und kontrollieren, sondern den Gesamtwillen des Klubs machtvoll demonstrieren. Dem dient auch eine satzungsmäßig abgesicherte demokratische Kuriosität: die nichtöffentliche Vorbesprechung am Vortage der Hauptversammlung für alle Delegierten zur beschlußfertigen Vorbereitung aller Punkte der ordentlichen Hauptversammlung. Das Parlament des Clubs fungiert als konfliktfreier Ort der Demonstration des harmonisierten Gesamtwillens: das entspricht wohl kaum dem »demokratischen Aufbau der Bundesrepublik".

Der Verwaltungsrat als zweithöchstes Organ und Vertretung der Gaue übernimmt satzungsmäßig wichtige Funktionen der Integration und Kontrolle gegenüber der Zentrale. Wie erfolgreich dies in der Praxis sein mag, kann die Satzungsanalyse nicht zeigen; die Analyse von Anträgen der Gaue und ihrer Behandlung läßt Skepsis zu. Das eigentliche Führungsorgan, das Präsidium, besteht ebenfalls aus ehrenamtlichen Mitgliedern, die nur alle paar Wochen oder Monate in München tagen Es besitzt zwar nicht nur Weisungsbefugnis gegenüber dem Generalsekretär, sondern auch gegenüber den Hauptabtei-lungsleitern der Zentralverwaltung. Jedoch wird von Krämer-Badoni u. a. mit organisationssoziologischen Überlegungen die These plausibel begründet, daß Professionalität, Kommunikations-und Informationsvorsprünge den Inhabern der Schlüsselpositionen in der Hauptverwaltung mehr Einfluß auf die Auswahl und Vorstrukturierung der Entscheidungsalternativen einräumen als dem gewählten Präsidium mit „Amateurstatus". Als Schlüsselposition innerhalb der Hauptverwaltung wird nicht der Generalsekretär, sondern die Spitze der Hauptabteilung Öffentlichkeit identifiziert, die in allen informellen Studien-Kommissionen vertreten ist, zu allen Präsidiums-sitzungen Zugang hat und dazu die Chefredaktion der Mitgliederzeitschrift „Motorwelt" stellt, die den Club für jedes Mitglied sichtbar repräsentiert

Nach einer in der Öffentlichkeit stark umstrittenen Aktion des ADAC im Frühjahr 1974 gegen Geschwindigkeitsbegrenzungen auf der Autobahn, die in dem polemischen und unverhüllt ideologisch geprägten Slogan „Freie Bürger fordern freie Fahrt!" als Auto-aufkleber gipfelte wurde die Legitimation des ADAC erstmals öffentlich erörtert. Denn die Ziele des ADAC deckten sich in dieser Kampagne zu deutlich mit denen der Kraftfahrzeugindustrie und großen Teilen der CDU/CSU, freilich auch bestimmten Gruppen der FDP. Angestoßen wohl von dieser Legitimationsdiskussion antwortete die ADAC-Führung in ihrem Werbematerial mit einer Argumentationskarte, betitelt „Worauf stützt das ADAC-Präsidium seine Entscheidungen?", die fünf Punkte aufzählt:

1. auf den demokratischen Aufbau des Clubs (regionale und funktionale Gliederung laut Satzung), 2. auf den engen Kontakt mit den Mitgliedern (über 1 500 Ortsclubs, 3 800 Briefe und 15 500 Telefonanrufe täglich), 3. auf die Diskussion in der ADAC-Motorwelt (Leserforum in der Clubzeitschrift), 4. auf wissenschaftliche Meinungsumfragen (kontinuierliche Demoskopie bei Mitgliedern, Autofahrern allgemein und Öffentlichkeit), und 5. auf die Arbeit der ADAC-Experten (ständige Suche nach neuen Erkenntnissen für entsprechende Maßnahmen). * Die demokratische Willensbildung laut Satzung scheint der ADAC-Führung nicht überzeugend genug, um die Entscheidungen zu legitimieren. Weitere Kommunikationsmittel scheinen notwendig, der bisherige „demokratische Aufbau": aus Richtung der ADAC-Zentrale zu den Mitgliedern in Form der Zeitschrift, als „Rückmeldung“ der Mitglieder das kontinuierliche Plebiszit der Briefe, Telefonate und Leserdiskussion nicht zureichend; zusätzliche Absicherung geschieht durch wissenschaftliche Demoskopie und Expertenwissen, um die Informationsaufnahme in die allgemeine Öffentlichkeit zu erweitern und zu objektivieren. Alle diese zusätzlichen Kommunikationsmittel sind freilich für die Organisationsführung disponibel. Sie kanalisiert die Auswertung von Briefen, Telefonaten und Leserzuschriften. Die Kommunikationsstruktur ist einseitig ausgerichtet. Sie dient primär der flexiblen, elastischen Adaption an die Stimmung der Mitgliedermehrheit sowie darüber hinaus und vielleicht noch wichtiger der Öffentlichkeit. Dabei lassen die eingesetzten Mittel einen großen Spielraum der Rückbeeinflussung beider Gruppen zu. Die Kommunikationsstruktur reicht bewußt mit mehreren Eingangskanälen über die eigene Mitgliedschaft hinaus, um die angestrebte Allgemeinheit der Interessen zu gewährleisten. Als größter deutscher Automobilklub versteht sich der ADAC als Interessenvertretung aller Kraftfahrer, und er greift noch weit darüber hinaus: „Unsere Interessen sind gewiß keine Sonderinteressen mehr, sie sind wichtigster Bestandteil des Gesamtinteresses unserer Gesellschaft!"

Ein grundsätzlicheres Strukturproblem des ADAC als die generelle Form der innerverhandlichen Willensbildung, die in den meisten Verbänden nicht weniger problematisch ist als hier, kann durch die erwähnte Aktion zur Geschwindigkeitsbegrenzung illustriert werden: der Dualismus von speziellem Motorsport-und automobilistischem Verbraucherinteresse. Basis der aktiven Mitgliedschaft sind die Motorclubs; die Delegierten zur Hauptversammlung und die Gauvorstände erhalten von diesen ihr Mandat. Die Mitglieder der ehrenamtlichen Spitzengremien, Präsidium und Ehrenrat, sind sicher ebenfalls eher motorsportlich im Verein engagiert. Dieses Dilemma zwischen den Interessen der ehrenamtlich aktiven Minderheit an motorsportlich begründeten Entscheidungen und der Masse der Mitglieder an einer Vertretung der Verbraucherinteressen der Kraftfahrer trennt nicht nur die aktive Minderheit von der Masse der vier Millionen Mitglieder, sondern kann auch zwischen dem angestellten Stab der Verwaltung einerseits — die den Servicefunktionen und verkehrspolitischen Aufgaben dient— und der ehrenamtlichen Klubführung andererseits Konflikte bringen

Innerverbandliche Demokratie am Beispiel des ADAC müßte nicht nur eine klare Legitimation und gleichgewichtigere Kommunikation erfordern— möglicherweise durch Urabstimmungen, Briefwahl, offenere Gestaltung der Mitgliederpresse für Minderheitsmeinungen etc. —, sondern auch das strukturelle Dilemma der zwei unterschiedlichen Interessen besser lösen, möglicherweise durch klarere organisatorische Trennung von Motorsportbereich, verkehrspolitischem und Servicebereich. Dieses Dilemma scheint mir wichtiger als der Vorwurf der Unterstützung von Interessen der Automobilindustrie.

IV. Fazit

Alle Argumente, die gegen eine Demokratisierung der innerverbandlichen Willensbildung vorgebracht werden, wie Schwächung der Schlagkraft, Beeinträchtigung der Handlungsfähigkeit, Desinteresse der Masse der Mitgliedschaft an aktiver Mitwirkung usw., — all dies ist jahrzehntelang genauso als Untergang effektiver Parteiorganisationen beschworen worden. Wenn auch das Ziel inner-* parteilicher Demokratie nirgends befriedigend erreicht wurde, so erscheint sie doch in allen deutschen Parteien deutlicher als in den Verbänden üblich. Die innerorganisatorische Kommunikationsdichte, die Diskussionsmöglichkeit für Gruppen und Arbeitsgemein-schäften, die „Grundrechte“ der Mitglieder sind in den Parteien klarer definiert und in der Praxis deutlicher profiliert als beispielsweise in unseren beiden Illustrationen innerverbandlicher Willensbildung, den Gewerkschaften und dem ADAC.

Innerorganisatorische Demokratie steht zwischen dem Dilemma der Erzeugung politischer Verhandlungsfähigkeit der Organisation und der Erzeugung von Legitimation und Motivation bei der Mitgliedschaft. Die Verhandlungsfähigkeit erfordert eine Generalisierung der Verbandszwecke, um Kompromißfähigkeit herzustellen. Diese Generalisierung ist bei den Gewerkschaften als Vertretern der Mehrheit der Arbeitnehmer leicht plausibel zu machen. Sie wird aber auch von einem freiwilligen Verein wie dem ADAC bis zur Identifizierung mit dem „wichtigsten Bestandteil des Gesamtinteresses unserer Gesellschaft" getrieben. Das Argument der Handlungsfähigkeit der Verbandsspitze kann sich freilich als Bumerang gegen den eigenen Apparat wenden, wenn dadurch eine Abkapselung von den Mitgliederinteressen entsteht, die sich in spontanen Aktionen der Basis außerhalb und gegen den Verband selbst entladen kann, wie sie etwa für die Gewerkschaftsführungen in den Septemberstreiks 1969 bedrohlich sichtbar geworden sind.

Aber nicht die Effektivität der Handlungsfähigkeit allein spricht für mehr Durchlässigkeit der internen Kommunikationsstruktur. Hier kann sich die Verbandsführung auch mit einseitiger Rückmeldung der Basis durch Briefe, Telefonate und Meinungsumfragen recht erfolgreich behelfen, wie der ADAC zeigt. Denn trotz einiger Unruhe über die umstrittene Aktion „Freie Fahrt" im Frühjahr 1974 gab es zwar in diesem Jahr ein deutliches Abschwächen des Mitgliederzuwachses. Er stieg 1975 aber schon wieder auf die neue Rekordhöhe von ca. 0, 5 Mill. Trotzdem bedeuten in einem Jahr ein Verlust von ca. 100 000 Neuzugängen ein deutliches Warnsignal an die Verbandsführung, das durch seine finanziellen Folgen sicher ernster genommen wird als kritische Leserbriefe. Die Möglichkeit einer . Abstimmung mit den Füßen'löst aber nicht das Demokratieproblem bei freiwilligen Vereinen, wie von manchen empfohlen. Am wenigsten in dem Fall, wo der betreffende Verband eine faktische Monopol-

Stellung erreicht hat, wie eben die Gewerkschaften, der ADAC und auch der Bauernverband oder der Deutsche Sportbund.

Innerverbandliche Demokratie kann deshalb keine Privatsache bleiben, die sich im autonomen, gesellschaftlichen Freiraum abspielt und niemand etwas angeht. Innerverbandliche Demokratie ist ein Politikum, das mit zunehmender Monopolisierung und Politisierung immer wichtiger wird.

Die öffentlichen und politischen Aufgaben der Verbände, der Grundrechtsschutz ihrer Mitglieder und nicht zuletzt die Sozialisationsfunktion organisierter Gruppen verlangen eine durchsichtige, kommunikative, Minderheiten und Meinungsfreiheit schützende und für Mitwirkung offene Verbandsstruktur. Ob und wie ein Verbändegesetz dies wirksam unterstützen könnte, wird hier nicht mehr beantwortet werden können. Es müßte Meinungsfreiheit und Minderheitenschutz bieten, und die Struktur von Großverbänden übersichtlicher und durchsichtiger für Mitglieder und Öffentlichkeit gestalten. Im übrigen müßte Raum für unterschiedliche Funktionen durch unterschiedliche Strukturen gewährleistet bleiben. Ein Verbändegesetz, das etwa weniger auf innere Demokratisierung als auf äußere Domestizierung der Verbände durch ihre Verpflichtung auf ein diffuses Allgemeinwohl abzielt und das darüber hinaus in Wahrheit nur die Gewerkschaften meint wäre jedenfalls ein Rückschritt aus der pluralistischen politischen Auseinandersetzung in Richtung formierte Gesellschaft. Das Parteiengesetz kann nur sehr eingeschränkt Vorbild eines Verbändegesetzes sein. Es hatte klare Aufträge des Grundgesetzes zu verwirklichen und das an einem viel homogeneren Gegenstand. Das Parteiengesetz hat zwar keine innerparteiliche Demokratie per Dekret verordnen können. Es hat manche Mitgliederrechte gestärkt, aber in anderer Hinsicht, z. B.der Offenlegung der Parteifinanzen, versagt. Für die unendlich komplexere Materie der Verbände kann das kaum ermutigen.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Vgl. als Bestandsaufnahme die Bibliographien: Kurt P. und Juliane Tudyka, Verbände, Geschichte, Theorie, Funktion. Ein bibliographisch-systematischer Versuch, Frankfurt 1973; Hans-Gerd Schumann, Die politischen Parteien in Deutschland nach 1945. Ein bibliographisch-systematischer Versuch, Frankfurt 1967; und neuerdings Klaus Günther und Kurt Th. Schmitz, SPD, KPD/DKP, DGB in den Westzonen und in der Bundesrepublik Deutschland 1945— 1973. Eine Bibliographie, Bonn 1976.

  2. „Freiheit in der sozialen Demokratie". Materialien zum 4. Rechtspolitischen Kongreß der SPD am 6-, 7. und 8. Juni 1975 in Düsseldorf, Berlin 1975, Bd. I.

  3. CDU (Hrsg.), Unsere Politik für Deutschland — Mannheimer Erklärung. Erklärung des Bundesvorstandes der CDU, Bonn, November 1975, S. 36 f.

  4. Vgl. Fachkonferenzen der Theodor-Heuss-Akade-mie der Friedrich-Naumann-Stiftung in Gummersbach, z. B. „Die Basis der Verbände: Fiktion oder Realität?“, 27. -29. Juni 1975.

  5. Theodor Eschenburg, Herrschaft der Verbände?, Stuttgart 1955.

  6. Vgl. aus der jüngeren Literatur Hans See, Volkspartei im Klassenstaat oder Das Dilemma der innerparteilichen Demokratie, Reinbek 1972 und Joachim Raschke, Innerparteiliche Opposition. Die Linke in der Berliner SPD, Hamburg 1974.

  7. Zur Vorgeschichte vgl. als Überblick die beiden Reader von Gerhard A. Ritter (Hrsg.), Deutsche Parteien vor 1918, Köln 1973 und Heinz J. Varain (Hrsg.), Interessenverbände in Deutschland, Köln 1973.

  8. Vgl. zur historischen Parteitheorie in den USA und Frankreich, Ghita Ionescu und Isabel de Madariaga, Die Opposition. Ihre politische Funktion in Vergangenheit und Gegenwart, München 1971, S. 62— 69; -sowie Ulrich von Alemann, Parteien-systeme im Parlamentarismus, Düsseldorf 1973.

  9. Vgl. Ivor Jennings, Party Politics, Cambridge 1961, Bd. II, S. 109.

  10. Vgl. Dieter Fricke u. a., Die bürgerlichen Parteien in Deutschland. Handbuch der Geschichte der bürgerlichen Parteien und anderer bürgerlicher Interessenorganisationen vom Vormärz bis zum Jahre 1945, 2 Bde., Leipzig 1968— 1970.

  11. Vgl. V. O. Key, Politics, Parties, and Pressure Groups, New York 1858*.

  12. Otto Stammer und Peter Weingart, Politische Soziologie, München 1972.

  13. Karl-Heinz Seifert, Die politischen Parteien im Recht der Bundesrepublik Deutschland, Köln 1975, S. 84 ff.

  14. Vgl. exemplarisch Joachim Hirsch, Die öffentliche Funktion der Gewerkschaften, Stuttgart 1966, S. 27 ff.

  15. Vgl. Ulrich von Alemann (Hrsg.), Partizipation — Demokratisierung — Mitbestimmung. Problem-stand und Literatur in Politik, Wirtschaft, Bildung und Wissenschaft. Eine Einführung, Opladen 1974.

  16. Robert Michels, Zur Soziologie des Parteiwesens in der modernen Demokratie. Untersuchungen über die oligarchischen Tendenzen des Gruppenlebens, Stuttgart, 2. Aufl. 1957 (zuerst Leipzig 1911).

  17. Zur Kritik Michels s. z. B. Rolf Ebbighausen, Die Krise der Parteiendemokratie und die Parteien-soziologie. Eine Studie über Moisei Ostrogorski, Robert Michels und die neuere Entwicklung der Parteienforschung, Berlin 1969.

  18. Frieder Naschold, Organisation und Demokratie. Untersuchung zum Demokratisierungspotential in komplexen Organisationen, Stuttgart 1969; s. a. Karl Otto Hondrich, Demokratisierung und Leistungsgesellschaft. Macht-und Herrschaftswandel als sozio-ökonomischer Prozeß, Stuttgart 1972.

  19. Vgl. für viele Seifert, a. a. O., S. 189; Helmut Trautmann, Innerparteiliche Demokratie im Parteienstaat, Berlin 1975, S. 36 ff.; Rüdiger Wolfrum, Die innerparteiliche demokratische Ordnung nach dem Parteiengesetz, Berlin 1974, S. 19 ff.

  20. Vgl. Ulrich von Alemann, Mehr Demokratie per Dekret? Innerparteiliche Auswirkungen des deutschen Parteiengesetzes von 1967, in: Politische Vierteljahresschrift 13 (1972), S. 181— 204.

  21. Vgl. z. B. v. Alemann, Mehr Demokratie, a. a. O., S. 201; Trautmann, a. a. O., S. 290 f.; Seifert, a. a. O., S. 194.

  22. Vgl. grundlegend Gerhard W. Wittkämper, Grundgesetz und Interessenverbände. Die verfas-sungsrechtliche Stellung der Interessenverbände nach dem Grundgesetz, Köln 1963; zum aktuellen Diskussionsstand s. Horst Föhr, Anforderungen des Grundgesetzes an den Aufbau von Verbänden, in: Neue Juristische Wochenschrift (1975), H. 14, S. 617— 621; und Klaus Popp, Offentliche Aufgaben der Gewerkschaften und innerverbandliche Willensbildung, Berlin 1975, 2. Teil, S. 48 ff.

  23. Eine intensive Diskussion bietet Popp, a. a. O., 3. Teil, S. 135 ff.; vgl. auch Frank Müller-Thoma, Der halbstaatliche Verein. Eine Organisationserscheinung der institutionalisierten Durchdringung von Staat und Gesellschaft, Berlin 1974.

  24. Vgl. zuletzt Raschke, a. a. O.; Wolfrum, a. a. O.; Trautmann, a. a. O.

  25. Vgl. Eschenburg, a. a. O. und Werner Weber, Spannungen und Kräfte im westdeutschen Verfassungssystem, Berlin 19703, S. 131 ff.

  26. Zur Pluralismusdiskussion vgl. Franz Nuschelet und Winfried Steffani (Hrsg.), Pluralismus. Konzeptionen und Kontroversen, München 1972; und Rainer Eisfeld, Pluralismus zwischen Liberalismus und Sozialismus, Stuttgart 1972.

  27. Anderer Ansicht sind konservative Staatslehrer, die Verbände noch ganz dem autonomen gesellschaftlichen Raum zuordnen, vgl. z. B. Ernst Forsthoff, Rechtsfragen der leistenden Verwaltung, Stuttgart 1959, S. 20.

  28. Thomas Ellwein, Die großen Interessenverbände und ihr Einfluß, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 48/73, S. 38.

  29. Föhr, Anforderungen, a. a. O., S. 619 f.

  30. Ebd., S. 619.

  31. Ulrich K. Preuß, Zum staatsrechtlichen Begriff des Öffentlichen, Stuttgart 1969, S. 170 ff.; eine noch zugespitztere Unterscheidung sieht Ehrlich: „zwei grundlegende Kategorien der Einflußgruppen ...: kapitalistische Interessenvertreter und Gruppen organisierter Arbeiterinteressen"; Stanislaw Ehrlich, Die Macht der Minderheit. Die Einflußgruppen in der politischen Struktur des Kapitalismus, Zürich 1966, S. 272.

  32. Preuß, a. a. O., S. 170.

  33. Erhard Denninger, Staatsrecht. Einführung in die Grundprobleme des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. 1, S. 75.

  34. Vgl. Raschke, a. a. O.; Trautmann, a. a. O.

  35. Zu den rechtlichen Analysen s. bes. Hans Föhr, Willensbildung in den Gewerkschaften und Grundgesetz, Berlin 1974-, Popp, a. a. O.; H. Stindt, Verfassungsgebot und Wirklichkeit demokratischer Organisation der Gewerkschaften, Berlin 1973. An politisch-kritischen Analysen s. Eberhard Schmidt, Ordnungsfaktor oder Gegenmacht. Die politische Rolle der Gewerkschaften, Frankfurt 1971; Joachim Bergmann, Otto Jacobi, Walther Müller-Jentsch, Gewerkschaften in der Bundesrepublik. Gewerkschaftliche Lohnpolitik zwischen Mitgliederinteressen und ökonomischen Systemzwängen, Frankfurt-Köln 1975; sowie Otto Jacobi u. a. (Hrsg.), Gewerkschaften und Klassenkampf. Kritische Jahr-bücher, Frankfurt 1972 ff.; an empirischen Analysen s. Schellhoss, Hartmut, Apathie und Legitimität. Das Problem der neuen Gewerkschaft, München 1967, und Peter Rölke, Die Beteiligung von Gewerkschaftsmitgliedern der unteren Organisationsebene an der innergewerkschaftlichen Willensbildung, Köln 1973.

  36. Jacobi u. a„ a. a. O., Jg. 1975, S. 27t.

  37. Die folgende Darstellung orientiert sich bes. an Föhr, Willensbildung, a. a. O.; und auch Popp, a. a. O. und Bergmann u. a., a. a. O.

  38. Vgl. Föhr, Willensbildung, a. a. O., S. 31.

  39. Vgl. Dieter Schuster, Die deutschen Gewerkschaften seit 1945, Stuttgart 19742, S. 93 ff.

  40. Bergmann u. a., a. a. O-, S. 304 ff.

  41. Ebd., S. 302 f.

  42. Vgl. Schellhoss, a. a. O., S. 133 ff.; zur Interpretation des empirischen Befundes, vgl. Bergmann u. a., a. a. O., S. 311 ff,

  43. An wissenschaftlicher Verbandsliteratur zum ADAC existiert nur ein Kapitel in Thomas Krämer-Badoni, Herbert Grymer, Marianne Roden-stein, Zur sozio-ökonomischen Bedeutung des Automobils, Frankfurt 1971, sowie aus vereinsrechtlieher Sicht Hans Jürgen Drumm, Organisationsformen und Probleme der Zielbildung in mehrstufigen Vereinen, in: Zeitschrift für Betriebswirtschaft, 40 (1970), H. 12, S. 817— 832.

  44. Für die ADAC-Daten vgl. Krämer-Badoni u. a., a. a. O., S. 129; für die DGB-Daten Jacobi u. a., a. a. O„ Jg. 1975, S. 271.

  45. Satzung des Allgemeinen Deutschen Automobilklubs e. V. (ADAC), Stand Dezember 1973; vgl. auch Satzung des Allgemeinen Deutschen Automobilclub (ADAC) Gau Nordrhein e. V., Stand Juni 1973.

  46. ADAC-Werbekarte „Worauf stützt das ADAC-Präsidium seine Entscheidungen?", o. J„ o. O. (ausgegeben 1975).

  47. Krämer-Badoni u. a., a. a. O., S. 167.

  48. Ebd„ S. 176.

  49. Vgl. DER SPIEGEL Nr. 10 (1974) vom 4. März 1974, S. 21 f.

  50. Leitartikel des Präsidenten Hans Bretz in der "Motorwelt" H. 3 (1967), S. 19.

  51. Daß die im Frühjahr 1974 anstehenden Gaudelegiertenwahlen die verspätete und überhastete Aktion „Freie Fahrt" beeinflußt haben können, wurde mir aus dem hauptamtlichen Stab des ADAC bestätigt.

  52. Der Mitgliederzuwachs des ADAC betrug 1972 ca. 400 000, 1973 ca. 480 000, 1974 ca. 350 000, 1975 ca. 500 000; laut mündlicher Information aus der Verwaltung.

  53. Vgl. dazu z. B.den Vorschlag einer Grundsatz-kommission der schleswig-holsteinischen CDU, den Art. 9 des Grundgesetzes zu ergänzen durch den Absatz 4: „Soweit Verbände ... bei ihrer Tätigkeit in den Bereich wesentlicher öffentlicher Interessen hineinwirken, sind sie verpflichtet, zugleich das Wohl der Allgemeinheit zu beachten. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz", zit. nach Frankfurter Rundschau vom 28. 10. 1975, S. 12; s. a. in der Tendenz die „Mannheimer Erklärung" der CDU, in: Argumente-Dokumente-Materialien, hrsg. v.der CDU-Bundesgeschäftsstelle, Bonn, Nov. 1975, S. 36 f.

Weitere Inhalte

Ulrich von Alemann, Dr. phil., geb. 1944; seit 1972 Wissenschaftlicher Assistent am Seminar für Politische Wissenschaft der Universität Bonn. Veröffentlichungen: Parteiensysteme im Parlamentarismus. Eine Einführung und Kritik von Parlamentarismustheoremen, Düsseldorf 1973; Methodik der Politikwissenschaft. Eine Einführung in Arbeitstechnik und Forschungspraxis, Stuttgart 1974 (mit E. Fomdran); (Hrsg.) Partizipation — Demokratisierung — Mitbestimmung. Problemstand und Literatur in Politik, Wirtschaft, Bildung und Wissenschaft, Opladen 1975.