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Carl Schurz und die Deutschamerikaner | APuZ 12/1979 | bpb.de

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APuZ 12/1979 Artikel 1 Carl Schurz und die Deutschamerikaner Le Monde und die Bundesrepublik Deutschland Der Aufsatz: 100 Jahre Sozialistengesetz -ein Lehrstück. Stellungnahme zu dem Beitrag von Karl-Ludwig Günsche und Klaus Lantermann in B 41/78 Auf welchem Auge blind? Gerhart Binder und die „Objektivität" in der Geschichtswissenschaft

Carl Schurz und die Deutschamerikaner

Horst Ueberhorst

/ 36 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Von den in Amerika eingewanderten Deutschen gelangte Carl Schurz zu überragender Bedeutung. Wie kaum ein Immigrierter konnte er Einfluß auf die Geschicke des Landes nehmen. Seit seinem Eintritt in die amerikanische Politik (1856) durchlief er die Positionen eines Stadtrats in Watertown, eines Wahlkämpfers für Lincoln, eines amerikanischen Gesandten in Spanien, eines Generals in der Unionsarmee, eines Senators von Missouri und eines Innenministers unter Präsident Hayes. -Der in Liblar bei Köln geborene Sohn eines Schulmeisters studiert in Bonn Geschichte und Literaturwissenschaft, wird Sprecher der liberal-revolutionären Studentenschaft und mit seinem Lehrer G. Kinkel einer der führenden Köpfe des Volksaufstandes von 1848. Nach dem Scheitern des Aufstandes und einer abenteuerlichen Flucht in die Schweiz erwirkt er eine mit großer Geschicklichkeit und Kaltblütigkeit betriebene Befreiung seines Lehrers Kinkel aus dem Spandauer Zuchthaus und wandert schließlich 1852 nach Amerika aus. In den USA studiert er amerikanisches Recht und amerikanische Verfassungsgeschichte. Beim Studium der amerikanischen Politik erkennt Schurz zwei „Krebsschäden", die Negersklaverei und das sogenannte Beutesystem, d. h., daß bei einem Regierungswechsel die an die Macht gelangte Partei Zeit und Arbeit fast nur darauf verwendet, alle Ämter an ihre Parteimitglieder zu verteilen. Im Wahlkampf für Lincoln sagt er seinen Hörern immer wieder, daß die amerikanische Politik alle Mißbräuche bekämpfen und die Sache der Freiheit und Menschenrechte vertreten müsse. Im Bürgerkrieg, in dem der größte Teil der Deutschamerikaner auf Seiten der die „Sklavenstaaten" bekämpfenden Unionstruppen stand, bewährte sich Schurz als Soldat und Truppenführer. Die Teilnahme der Deutschamerikaner an dem für die Menschenrechte geführten Bürgerkrieg trug wesentlich zur Integration der eingewanderten Deutschen in die amerikanische Gesellschaft bei. Als Senator von Missouri nimmt er den Kampf gegen das Beutesystem erneut auf und als Innenminister unter Präsident Hayes setzt er eine Zivildienstreform durch, d. h., er tut einen wichtigen Schritt zur Entpolitisierung der Beamten. Hohe Anerkennung verdient sein Bemühen, die Indianer in die amerikanische Gesellschaft zu integrieren, obwohl er sich dadurch manche Feindschaft zuzog. Später bekämpfte er die Annexionspolitik Amerikas. Den Deutschamerikanern standen nach dem Tode von Schurz mit dem hereinbrechenden Weltkrieg Prüfungen bevor, die ihr Selbstbewußtsein zutiefst erschütterten. Die Verfolgungen und Beschimpfungen, die sie mit dem Kriegseintritt der USA erleiden mußten, führten zu einer Identitätskrise, die sie nie mehr ganz überwinden konnten. Nach den Weltkriegen wurden jeweils von verschiedenen Institutionen Maßnahmen eingeleitet, um die abgebrochenen Kulturkontakte wiederherzustellen. Dennoch ist bis heute das Deutschlandbild der Amerikaner, wie es vor allem in Kino-und Fernsehfilmen, in Unterhaltungsheften und selbst in Schulbüchern und historischen Darstellungen sichtbar wird, von gefährlichen Klischeevorstellungen geprägt. Es bedarf vieler Gespräche und Bedingungen, um zur Veränderung dieser Haltung beizutragen.

Obwohl die Deutschen in der 200jährigen Geschichte der Vereinigten Staaten von Nordamerika unter den ethnischen Gruppen das zahlenmäßig stärkste Einwanderungskontingent stellten und einen bedeutenden Beitrag zur kulturellen Gesamtentwicklung des Landes leisteten, haben doch nur wenige von ihnen so überragende Bedeutung erlangt, daß sie die Geschicke des Landes wesentlich mit-bestimmen konnten.

Unbestritten sind die hohen Verdienste, die sich Carl Schurz um die Entwicklung der amerikanischen Demokratie, insbesondere um deren moralische Festigung, erworben hat. In den fünf Jahrzehnten seines öffentlichen Wirkens hat er als Soldat, Diplomat, Politiker und Publizist für die Durchsetzung demokratischer Freiheitsideen gekämpft und dabei — getragen von dem großen Vertrauen seiner deutschstämmigen Landsleute — breitere und tiefere geistige Spuren hinterlassen als jeder andere Deutschamerikaner. Hier nur die wichtigsten Stationen seines Wirkens in den USA nach der Ankunft in New York im September 1852: 1856 Eintritt in die amerikanische Politik, April 1857 Stadtrat in Watertown, Wisconsin, 1860 Wahlkampf für Lincoln, 1861/62 amerikanischer Gesandter in Spanien, 1862/64 General in der Unions-Armee, 1865 im Auftrag von Präsident Johnson Inspektionsreise in die Südstaaten, 1867 Herausgabe der „Westlichen Post" in St. Louis, 1869— 1875 Senator des Staates Missouri, 1870 Gründung der Liberal-Demokratischen Partei als Alternative zu Präsident Grants korrupter Administration, 1877— 1881 Innenminister unter Präsident Hayes, Entpolitisierung der Zivilverwaltung, Schutz der Indianer, Schaffung von Naturschutzparks, 1881 Hauptschriftleiter der „New York Evening Post", 1892 Vorsitzender des Bundes für Verwaltungsreform in den Vereinigten Staaten, 1898 bis zu seinem Tode 1906 Kampf gegen den amerikanischen Imperialismus.

Am 2. März 1829 als Sohn eines Schulmeisters in Liblar bei Köln geboren, beschreibt Carl Schurz in seinen „Lebenserinnerungen" den Weg, der ihn aus dörflicher Idylle und patriarchalischer Lebensform nach dem Besuch eines Kölner Gymnasiums 1847 an die Bonner Universität führt, wo er mit Gottfried Kinkel, seit 1846 Professor für Kunst-und Kulturgeschichte, Freundschaft schließt. Als begabter junger Student der Geschichtsund Literatur-wissenschaft, der bald einer der führenden Köpfe der Burschenschaft „Frankonia" wurde, hegt er den Wunsch, einmal eine wissenschaftliche Laufbahn einzuschlagen, doch die politischen Ereignisse drängen den liberal-revolutionären Sprecher der Bonner Studentenschaft in eine andere Richtung.

Mit Ausbruch der Revolution von 1848, die alle Gesellschaftsklassen durchdrang, reiht er sich in die Schar der Revolutionäre ein. Im September dieses Jahres nimmt er als Bonner Delegierter an dem Studentenkongreß in Eisenach teil, der sich die Bildung einer nationalen Organisation der deutschen Studentenschaften zum Ziel gesetzt hatte. Als sein Freund und Lehrer Gottfried Kinkel in das Frankfurter Nationalparlament gewählt wird — er hatte bei den Märzunruhen 1848 mit einer schwarzrotgoldenen Fahne auf der Bonner Rathaustreppe gestanden und eine begeistert aufgenommene Freiheitsrede gehalten —, übernimmt Schurz die von Kinkel gegründete „Neue Bonner Zeitung", die für ein freies und geeintes Deutschland wirbt. Hier zeigt Schurz, der schon als Redner hervorgetreten ist, erstmals eindrucksvoll seine publizistischen Fähigkeiten. Eine erstaunliche Zahl von Leitartikeln stammt aus seiner Feder. So schreibt er am März 1849 in seinem Artikel „Die politischen und die sozialen Fragen": „Das Volk sucht eine Staatsform, die ihm Raum genug gebe, seine sozialen Mißstände abstellen, seine erweiterten Freiheitsbegriffe und Freiheitsbedürfnisse fassen zu können. Das Volk fordert Abstellung der Klassenunterschiede, es fordert starke Progressivsteuern, es fordert eine vollständige und rechtliche Gleichheit aller Individuen in allen Verhältnissen." 1) Sein Ziel ist es, die gefahrbringende Kluft des Klassenhasses, die wiederholt auf Versammlungen deutlich geworden war, durch sozialen Ausgleich zu beseitigen. Bald aber werden die „Märzerrungenschaften" — die Gewährung freiheitlicher Rechte — durch die preußisch-österreichische Reaktion wieder in Frage gestellt bzw. rückgängig gemacht. Im Kampf um die Durchsetzung der vom Parlament verabschiedeten, von den Großmächten aber nicht gebilligten Reichsverfassung, kommt es 1849 in Sachsen (Dresden), im preußischen Rheinland (Iserlohn, Düsseldorf, Elberfeld), vornehmlich aber in Baden und der Rheinpfalz zu Aufständen, die in Südwest-deutschland nach dem Übertritt der badischen Armee zu den Aufständischen den Charakter einer Volkserhebung annehmen. Schurz und Kinkel sind in Bonn die unbestrittenen Führer des Aufstandes. Auf Antrag von Schurz faßt die Bürgerversammlung folgenden Beschluß:

„Die Volksversammlung erklärt, daß sie den Kampf der Regierung gegen die Nationalversammlung für einen Entscheidungskampf des Absolutismus gegen die Volkssouveränität erkennt. Sie verspricht, sich mit entscheidender Tatkraft auf die Seite der Letzteren zu stellen."

Kinkel und Schurz scheitern zwar mit ihrem Plan, das Siegburger Zeughaus zu stürmen, ziehen dann aber in die Pfalz und nach Baden, wo sie an den Kämpfen teilnehmen. Dabei wird Kinkel verwundet und gerät in preußische Gefangenschaft, während Schurz die abenteuerliche Flucht aus der von preußischen Truppen eingeschlossenen Festung Rastatt durch einen unterirdischen Kanal gelingt. Von der Schweiz und dann von Frankreich aus bereitet Schurz, gegen den von der preußischen Regierung Haftbefehl erlassen worden ist, die Befreiung des zu lebenslänglichem Gefängnis verurteilten Freundes Kinkel vor, der im stark bewachten Spandauer Zuchthaus einsitzt. Ausführlich schildert Schurz in seinen „Lebenserinnerungen", wie er in wochenlanger Kleinarbeit die Flucht vorbereitete, die über Neustrelitz, Rostock und Warne-münde nach England führt. Die Befreiung seines Lehrers und Freundes Kinkel, die soviel Mut, Kaltblütigkeit, Verschwiegenheit, psychologisches Geschick und minuziöse Planung voraussetzte, machte Schurz schon berühmt, bevor er 1852 von London aus mit seiner jüdischen Frau, Tochter einer wohlhabenden Hamburger Kaufmannsfamilie, die Schiffsreise nach New York antritt.

Beutesystem und Sklaverei Es dauert nicht lange, da wird dem die politischen Ereignisse scharf beobachtenden und analysierenden Schurz klar, daß die amerikanische Demokratie an zwei „Krebsschäden" leidet, an dem sogenannten Beutesystem und der Negersklaverei. Der Kampf um die Beseitigung dieser die Einheit der Nation bedrohenden Mißstände sollte sein weiteres Leben bestimmen. Den Eindruck seines ersten Besuchs in Washington im Frühjahr 1854, als er einigen Kongreßdebatten beiwohnt und von dem Amterschacher und Machtmißbrauch großen Stils erfährt, faßt er in den Worten zusammen: „Das war eine erschreckende Enthüllung. Es war mein erster Blick in die Tiefen der großen . amerikanischen Regierungsinstitution', die ich in der Folge mit dem Namen . Beutesystem'zu bezeichnen lernte. Daß die Amerikaner jedesmal, wenn eine andere Partei ans Ruder kam, jeden Postmeister im Lande wechselten, hatte ich allerdings schon gehört . . ., daß aber fast alle Ämter unter der gegenwärtigen Regierung als . öffentliche Beute’ betrachtet werden sollten und daß Staatsmänner, die in den Kongreß geschickt wurden, um Gesetze zum Bestehen des ganzen Landes zu machen, ihre Zeit und Arbeit als Kraft dazu verwandten, diese öffentliche Beute zu erlangen und zu verteilen, und daß ein freies Volk sich dem fügen sollte — das überstieg alle Begriffe."

Und als Carl Schurz am 4. März 1854 Washington verläßt, nachdem die Befürworter der Sklaverei sich im Senat bei der Verabschiedung der Kansas-Nebraska-Bill durchgesetzt haben, schreibt er: „Ich nahm einige mächtige Eindrücke mit. Ich hatte gesehen, wie das Sklaventum von einigen seiner hervorragendsten Vertreter offiziell repräsentiert wurde, ich sah, wie diese Vertreter hochfahrend, trotzig, gebieterisch sich gebärdeten, leidenschaftlich eine unbegrenzte Ausbreitung für ihre Prinzipien verlangten und um ihrer eigenen Existenz willen die heiligsten Grundprinzipien freier Institutionen bedrohten, das Recht freier Untersuchung, das Recht freier Sprache, ja die Union und die Republik selbst. Im Bündnis mit dem Sklaventum sah ich nicht nur weitgehend materielle Interessen und einen aufrichtigen, aber leicht eingeschüchterten Konservativismus, sondern auch einen egoistischen Parteigeist und ein schlaues und gewissenloses Demagogentum, die alle vereint eine gewaltige Anstrengung machten, das moralische Gefühl des Nordens zu verwirren. Gegen diese Verbündeten sah ich eine kleine Minorität getreulich den Kampf führen für Freiheit und Zivilisation. Ich sah, wie die entscheidende Schlacht immer näher rückte, und ich fühlte den unwiderstehlichen Drang, mich vorzubereiten, um an dem Kampfe, wenn auch in noch so bescheidener Weise, teilzunehmen."

Was Schurz von vielen „Achtundvierzigern" unterscheidet, ist die frühe Zielstrebigkeit, mit der er sich eine berufliche Existenz sicherte und für das Gemeinwohl arbeitete. Er distanzierte sich sowohl von der Deutschtümelei mancher Flüchtlinge als auch von den nicht enden wollenden Querelen jener, die sich gegenseitig die Schuld für die mißglückte deutsche Revolution zuschoben. Dennoch soll nicht verkannt werden, daß es unter den Einwanderern keine Gruppe gab, die sich so geschlossen und loyal für die Ideale und Ziele der Republik einsetzte wie die „Achtundvierziger".

Von New York aus reist Schurz in den Mittleren Westen —• Ohio, Indiana, Illinois —, läßt sich dann aber in dem damals 8 500 Einwohner zählenden Städtchen Watertown in der Nähe von Milwaukee, Wisconsin, nieder. Nun studiert er intensiv amerikanisches Recht und amerikanische Verfassungsgeschichte und wird beim Gericht in Milwaukee als Anwalt zugelassen.

Wisconsin, das 1848 in die Union aufgenommen worden war, zog damals eine große Zahl von Deutschen an, die sich insbesondere in Milwaukee niederließen, das sich dann, getragen von der Aktivität deutscher Intellektueller der Revolution von 1848/49, in relativ kurzer Zeit zu einem kulturellen Zentrum im Mittleren Westen entwickeln konnte. Zahlreiche Vereine wurden von Deutschen gegründet: Freidenkervereine, Musikalische Gesellschaften, Turnvereine, deutsch sprechende Sektionen der Demokratischen und Republikanischen Partei, Schulund Theatergesellschaften u. a. mehr. Es gibt kaum einen Deutschen, der nicht der einen oder anderen Vereinigung angehört, die Geselligkeit bietet und ihm auch die Eingliederung in die neue Umgebung erleichtert. Insbesondere der 1853 ge-* gründete „Soziale Turnverein" mit seinen jährlich durchgeführten turnerischen Wettkämpfen und Schaustellungen, seinen kulturellen Programmen wie Vorträgen, Debatten, Theater-und Konzertaufführungen und den festlichen Bällen wird bald zum Mittelpunkt des gesellig-kulturellen Lebens der deutsch-amerikanischen Bürger. Die reiche kulturelle Entfaltung führt dazu, daß Milwaukee den Namen „Deutsch-Athen am Michigan-See" erhielt.

Die Mehrzahl der deutschen „Achtundvierziger" war sozialpolitisch engagiert. Da es aber in Wisconsin damals keine nennenswerten Klassenunterschiede gab und strebsame Naturen sich leicht eine selbständige Existenz errichten konnten, konzentrierte sich der Kampf der sozialreformerischen „Achtundvierziger" zum einen auf die Auseinandersetzung mit dem „Pfaffentum" und zum anderen mit den nativistischen „Know-Nothings“. Die Kirchen werden angeklagt, freie Ideen unterdrückt und wissenschaftliche Wahrheiten bekämpft zu haben. Man machte sie ferner für Sonntagsgesetze und den Temperenzzwang verantwortlich, mit denen sie Vergnügen und Geselligkeit — so auch die fröhlichen Biergelage — einzuschränken versuchten. Die „Know-Nothings" waren eine Geheimorganisation, die nach dem Grundsatz: Americans ruling America den Einfluß des deutschen Elements auf staatliche und öffentliche Institutionen zurückzudrängen versuchen. Die „Achtundvierziger" glauben demgegenüber, dazu berufen zu sein, in Nordamerika die ideale Demokratie zu verwirklichen. Daher verhalten sie sich zumeist sehr taktlos gegenüber amerikanischen Traditionen, kritisieren mit äußerster Schärfe die Schwächen der amerikanischen Demokratie — so sehen sie in der Präsidial-demokratie angesichts der Machtfülle des Präsidenten eine „verkappte Monarchie" — und forderen radikal die Direktwahl der Abgeordneten und deren mögliche Abberufung, falls sie gegen den Willen der Wähler verstießen.

Die später alles beherrschende Sklavenfrage spielte indes Anfang der fünfziger Jahre in Wisconsin, dessen Bevölkerung . zu 69 Prozent deutscher Abstammung war, noch keine Rolle bei der politischen Auseinandersetzung. Carl Schurz war einer der ersten, der sich im Mittleren Westen für die Negerbefreiung einsetzte. Männer wie der erste deutschstämmige Gouverneur New Yorks, Jacob Leister, ferner die Deutschen Franz Daniel Pastorius, ein Freund William Penns, und Johann Peter Zenger, ein Wegbereiter der freien Presse Amerikas, haben aus religiös-moralischen oder liberalen Erwägungen bereits vorher gegen die Sklaverei öffentlich protestiert. Pastorius verfaßte 1688 das erste Manifest gegen die Sklaverei. Der Deutsche Karl Follen, der im Zuge der Metternichschen Restaurationspolitik als überzeugter Republikaner 1820 seine Heimat hatte verlassen müssen und 1825 an der Harvard Universität eine Professur für deutsche Sprache und Literatur erhielt, engagierte sich so stark in der Anti-Sklavereifrage, daß er 1830 seine Professur aufgeben mußte. Er blieb aber bis zu seinem frühen Tode 1840 ein mutiger und geistvoller Streiter für die von ihm vertretenen Prinzipien menschlicher Würde und Freiheit.

Angesichts dieser Mahnungen von Deutsch-amerikanern aus dem Osten der USA ist es erstaunlich, daß sich die Deutschamerikaner im Mittleren Westen der Sklavenfrage gegenüber solange indifferent verhielten. Erst Carl Schurz leitet hier eine Wende ein. Als er sich 1856 beim Wahlkampf für den Präsidentschaftskandidaten der Republikanischen Partei, John C. Fremont, einsetzt und die Sklaverei öffentlich verdammt, wird man auf den redegewandten Deutschamerikaner aufmerksam. Der Senator Wisconsins, Harvey, fordert ihn bei einer Begegnung auf, die deutschen Hörer bei einer republikanischen Versammlung auf deutsch anzureden. Allerdings erlebt Schurz hier alsbald auch die negativen Seiten des amerikanischen Wahlkampfes, nämlich Ellenbogentaktik und Gewaltanwendung. „Sie (die politischen Gegner) unterbrachen meine Reden mit Johlen und Pfeifen und anderen störenden Geräuschen. Zuweilen gingen sie soweit, die Fenster in den Sälen, wo ich sprach, zu zertrümmern, indem sie Steine oder andere noch unangenehmere Gegenstände dagegen warfen. So begegnete ich in meiner ersten Kampagne dem Parteigeist in einer nicht nur unbilligen, sondern auch in brutaler Gestalt. Dies beunruhigte mich nicht wenig.

Ich war mir bewußt, niemandem etwas Böses zu wünschen noch selbstische Zwecke zu verfolgen. Die Sache, die ich befürwortete, mir so und schien selbstverständlich recht gerecht zu sein — es war die Sache der Freiheit, der Menschenrechte, der freien Regierung, an der alle Menschen ein gemeinsames und gleiches Interesse haben mußten."

Im Herbst 1857 schicken die Republikaner von Watertown Schurz als ihren Vertreter in den republikanischen Staatsonvent, der die Kandidaten für die Staatsämter aufstellen soll. Das folgende Jahr 1858 ist ausgefüllt mit zahlreichen Vorträgen und Wahlreden für den Senat. Dann wird er Zeuge der berühmten Douglas-Lincoln-Debatte in Quincy-Illinois, wo er erstmals dem Manne begegnet, der so „gewaltig und eindrucksvoll" auf ihn wirken und sein Leben entscheidend beeinflussen sollte: Abraham Lincoln. 1860 bereits führt Schurz für ihn unter der Devise „For Lincoln and Liberty" einen leidenschaftlichen, bis an den Rand der physischen Erschöpfung gehenden Wahlkampf, in dem es ihm gelingt, die fremd-geborenen Elemente, Holländer, Skandinavier und vor allem Deutsche, für die Sache Lincolns zu gewinnen. Wiederholt tritt er als Redner in Milwaukee auf. „Es war ein wahrer Genuß," so schreibt er, „auf diese Weise mit meinen Landsleuten zusammenzukommen, die sich mit mir des gemeinsamen alten Vaterlandes erinnerten . . ." An sie richtet er den moralischen Appell, sich stets daran zu erinnern, „daß es die Pflicht, das hohe Vorrecht dieser amerikanischen Republik sei, der freiheitsliebenden Menschheit als Leitstern, als Fackelträgerin der Zivilisation zu dienen. Immer wieder gemahnte ich sie, daß diese große Mission nur erfüllt werden könne, wenn ein unerbittlicher Krieg geführt werde gegen alle Mißbräuche und unedlen Bestrebungen in unserer heimischen Politik . .."

Schurz wird Amerikas Gesandter in Spanien Lincoln belohnt den ehrgeizigen Schurz, dem er seinen Wahlsieg wesentlich zu verdanken hat — manche Zeitgenossen nennen ihn den „presidentmaker" — indem er ihn zum amerikanischen Gesandten in Spanien ernennt. Am 28. März 1861 empfängt Schurz aus der Hand Lincolns seine Ernennungsurkunde, bleibt aber noch, da bald darauf der Krieg ausbricht und es ihn drängt, „für die alte Sache der menschlichen Freiheit" zu kämpfen, eine Zeitlang im Lande. In New York stellt er ein deutsch-amerikanisches Reiterregiment auf, doch dann duldet die spanische Mission keinen längeren Aufschub mehr.

Mitte Juli 1861 überreicht er am königlichen Hof in Madrid sein Beglaubigungsschreiben. In Madrid kann er bald gute Kontakte herstellen und so die Grundzüge der amerikanischen Innen-und Außenpolitik seinen Gesprächspartnern erläutern. Doch angesichts der sich verschlechternden Lage an den Fronten des amerikanischen Bürgerkrieges werden die Monate in Spanien für ihn zur Qual. Er schreibt daher an den Präsidenten und bittet um Beurlaubung von seinem Posten; es drängt ihn zur kämpfenden Truppe. Um sich auf die kommenden Ereignisse vorzubereiten, hat er die Zeit in Madrid zu strategischen Forschungen genutzt Aber nicht nur die schlechte Kriegslage beunruhigt ihn und erklärt seinen dringenden Wunsch nach Rückkehr in die USA, sondern auch die halbherzige bzw. zweideutige Haltung der Regierung in der Sklavenfrage. Es scheint ihm, als sei sie nur darauf bedacht —, mit Rücksicht auf die sogenannten Grenzstaaten — die Bedeutung der Sklaverei herunterzuspielen

Die Besorgnis, daß Lincoln in der Sklavenfrage zu nachgiebig sein würde, teilt er mit vielen Deutschamerikanern. Wortführer der radikalen Deutschamerikaner ist der bekannte Publizist Karl Heinzen, der schon die Antrittsbotschaft Lincolns am 7. März 1861, in der dieser die Sklavenfrage behandelte, bissig und sarkastisch mit den Worten kritisiert hatte: „Durchaus schwach, knieschlotterig, unwürdig, ja feige verhält sich die Botschaft den Verrätern und Rebellen gegenüber. Sie geht nicht davon aus, daß Verbrechen gegen die Konstitution und Union begangen worden sind, die um jeden Preis wieder getilgt werden müssen . .. Der Wassertrinker Lincoln scheint Wasser statt Blut in den Adern zu haben. Und doch hat er Galle, aber für wen? Nur für die armen flüchtenden Sklaven, die als Sündenböcke gehetzt, und für die Nachfolger John Browns, die nicht zu den , Freunden’ gehören, sondern gehenkt werden sollen. Mit der Kette der Sklaven und dem Strick der Freiheitsmärtyrer will Herr Lincoln die Union wieder zusammenbinden."

Erst die sich dramatisch überstürzenden Ereignisse und die außerordentlichen Dimensionen, die der Krieg annimmt, drängen Lincoln, der zunächst mit äußerster Zähigkeit an seiner vorgefaßten Politik festhält — im Interesse der wiederherzustellenden Einheit der Union die Südstaaten zu schonen —, eine andere Entscheidung auf. Lincoln willigt in die Bitte von Schurz um Beurlaubung von seinem spanischen Posten ein und bewegt ihn sogar zu einer Rede am 6. März 1862 im Cooper Institut in New York, in der Schurz sich wiederum als entschiedener Gegner der Sklaverei bekennt. Noch am selben Abend verkündet Lincoln die schrittweise Aufhebung der Sklaverei. Schurz drängt nun Lincoln, ihm ein militärisches Kommando zu geben. Nach einigem Zögern entbindet der Präsident Schurz von seinen diplomatischen Pflichten und ernennt ihn mit Einwilligung des Kongresses zum Brigadegeneral und Kommandeur einer deutsch-amerikanischen Division unter Fremont. Schurz nimmt zwei Jahre (1862— 1864) am Bürgerkrieg teil und bewährt sich als Soldat und Truppenführe, auch wenn man ihn für zwei militärische Niederlagen mitverantwortlich machte. Er wird zum Generalmajor befördert. Die von ihm befehligten deutsch-amerikanischen Einheiten haben sich in bekannten Schlachten wie Bull Run II, Chancellorsville, Gettysburg und Missionary Ridge ausgezeichnet.

Die Beteiligung der Deutschen am Bürgerkrieg verdient besondere Erwähnung. Insgesamt lag die Zahl der Deutschen, die in der Unionsarmee kämpften, wesentlich höher, als es ihrem Anteil an der Gesamtbevölkerung entsprach. Zahlreiche Kommandeure der ca. 25 größtenteils aus Deutschen bestehenden Regimenter — allein der Staat New York stellte zehn reindeutsche Regimenter — hatten schon an der Revolution von 1848/49 in Deutschland teilgenommen; einige von ihnen brachten es bis zum General.

Als trotz materieller und zahlenmäßiger Überlegenheit der Unionsarmee entscheidende Kriegserfolge ausbleiben, wächst die Unzufriedenheit mit Lincoln. Schon ab 1861 hatte Karl Heinzen, wie bereits erwähnt, die angebliche Prinzipienlosigkeit der Lincolnschen Politik kritisiert und in den folgenden Jahren die Deutschen wiederholt zur Rettung der Republik aufgerufen. 1863 betreibt er die Gründung des „German National Central Committees", das sich für Fremont als Präsidentschaftskandidaten bei den kommenden Wah7 len ausspricht. „Daß die Opposition gegen Lincoln von so ehrenwerten Männern unterstützt werden konnte, war in der Tat ein besorgniserregendes Symptom", schreibt Schurz, aber er erkennt auch klar: „Falls die Regierung in die Hände der Demokraten fiel . . ., war es mehr als wahrscheinlich, daß entweder die Union aufgelöst oder aber durch einen die Sklaverei erhaltenden Vergleich wieder zusammengeflickt würde." Tatsächlich hat die Popularität des Präsidenten damals ihren Tiefpunkt erreicht. Selbst in seiner eigenen Partei vermag er die divergierenden Kräfte kaum zusammenzuhalten. In der Presse wird er in wüster Form beschimpft.

In dieser schwierigen Situation nimmt Lincoln das Angebot von Carl Schurz an, aus der Armee auszuscheiden, um für ihn als Wahlredner auftreten zu können. Schurz tut dies zum zweiten Mal mit großem Erfolg, zumal er die Deutschamerikaner nach dem Verzicht Fremonts auf die Präsidentschaftskandidatur und nach der Auflösung der auf Betreiben Heinzens gegründeten Partei weitgehend hinter sich bringen konnte. Der Stimmungsumschwung zugunsten Lincolns vollzieht sich nach den Aussagen von Schurz allerdings erst, als sich mit dem Vormarsch General Shermans die entscheidende militärische Wende zugunsten der Union anbahnte. „Da kam plötzlich die begeisternde Nachricht von Shermans siegreichem Marsch bis ins Herz von Georgia hinein und von der Eroberung von Atlanta. Im ganzen Norden entzündete die Kunde eine jubelnde Begeisterung, und die Erklärung, daß der Krieg ein Mißerfolg sei, wurde hinfort nur noch höhnisch belacht. Und endlich, schwerwiegender vielleicht als alles andere, machte sich die Liebe des Volkes für Abraham Lincoln in seiner ganzen Innigkeit geltend."

Mag dies auch übertrieben erscheinen, denn der eigentliche Stimmungsumschwung zugunsten Lincolns erfolgte erst mit dessen Ermordung bei Kriegsende und der unmittelbar danach einsetzenden Verehrung Lincolns als Märtyrerpräsident, so kann doch kein Zweifel daran bestehen, daß Schurz durch seine Agitation im Wahlkampf für Lincoln den Stimmungsumschwung bei den Deutschamerikanern intensiv vorbereitet hat.

Wandel in der Beziehung zur neuen Heimat Das Ende des Krieges leitet für Schurz wie für die meisten „Achtundvierziger", die daran teilgenommen hatten, einen Wandel in ihrer Beziehung zu der neuen Heimat ein. Sie haben die Amerikaner besser verstehen gelernt und versöhnen sich nun auch mit den Formen des amerikanischen Lebens, die sie vorher so heftig kritisiert hatten. Die harte Wirklichkeit des Krieges, Frontkameradschaft und Opferbereitschaft ließen sie reifen und weiteten ihren Blick für reale Gegebenheiten und das praktisch Machbare. In ihrem Streben nach sozialer Gerechtigkeit und Freiheit wurden manche utopischen Forderungen aufgegeben. Die „Achtundvierziger" integrierten sich in die amerikanische Gesellschaft, sie wurden ein Teil Amerikas

Lincolns geistiges Vermächtnis ist für Schurz eine mahnende Verpflichtung, sich für die Festigung der freiheitlich-rechtsstaatlichen Ordnung einzusetzen. Sein Wesen wandelte sich, Schroffheit und Arroganz traten zurück, Eitelkeit und Egozentrik wichen einem größeren Verstehen für andere und einer erhöhten Selbstdisziplin. Schon bald zeigt sich das von einer Parteiverpflichtung freie Urteil, als Schurz im Auftrag des neuen Präsidenten Andrew Johnson die Südstaaten bereist und zum Arger Johnsons in seinem Abschlußbericht nicht die neue Politik billigt, sondern vor einer übereilten Restaurationspolitik warnt, durch die — bei allzu schnell erlangter staatlicher Selbständigkeit der Südstaaten — die Skaverei in veränderter Form wiederentstehen könne.

Im Frühjahr 1867 zieht Schurz nach St. Louis, wo er gemeinsam mit Dr. Emil Pretorius, wie er Immigrant und „Achtundvierziger", die „Westliche Post" herausgibt, im darauffolgenden Jahr führt er die Delegation Missouris auf dem Nationalkonvent der Republikaner in Chicago und wirbt für General Grant als Präsidentschaftskandidat; 1869 wird er nach einem heftigen Wahlkampf Senator von Mis-souri. Bald darauf hält er zu der „Civil Service Reform" seine erste große Rede im Senat, deren Ziel „eine gewisse Änderung in den Methoden der Ämtefverteilung" war, d. h. eine — wenn auch noch gebändigte — Kampfansage an das „Beutesystem". Gleichzeitig mit Grants Bemühungen um eine Annektierung von Santo Domingo verschlechtern sich die Beziehungen zwischen Schurz und dem Präsidenten. Als der Präsident von seinen Plänen nicht abläßt und es zu militärischen Verwicklungen in Domingo kommt, stößt er auf den erbitterten Widerstand von Schurz, der ihm zuruft: „Lassen Sie sich nicht auf derlei Projekte ein; spielen Sie nicht mit Dingen, die die Zukunft dieser großen Nation vergiften können." Grant gibt nach und verzichtet auf eine Ratifizierung der Annexionsverträge. Wiederum stellt sich Schurz gegen Grant, als dieser zu einer Strafpolitik gegenüber dem Süden entschlossen war, um des Ku-Klux-Klan-Unwesens Herr zu werden.

Schurz verficht eine liberale Politik auf der Grundlage einer psychologischen Beeinflussung der Südstaaten, um die Beziehungen zwischen Nord und Süd zu normalisieren und die ehemaligen Rebellen wieder voll in die Union zu integrieren. In den nun folgenden Jahren häufen sich unter der Grant-Administration Korruption und Betrug, Skandale und wilde Spekulationen; hinzu kommt die wirtschaftliche Depression (1873— 1878) mit steigender Arbeitslosigkeit, Zusammenbruch kleinerer, vor allem handwerklicher Betriebe und allgemeiner wirtschaftlicher Not. Hunger und Elend trieben die Zahl der Selbstmorde und Verbrechen in die Höhe.

Am 4. März 1875 läuft für Schurz die Amtszeit als Senator ab. In wichtigen Entscheidungen hatte er wiederholt seine Unabhängigkeit demonstriert, war seinen sittlichen Grundsätzen treu geblieben, hatte 1872 gegen heimliche Waffenlieferungen an Frankreich protestiert und gegen inflationistische Tendenzen gekämpft; als die Regierung von der Goldwährung abrükken und die Depression mit Massen von Papiergeld beseitigen will, wendet er sich schließlich anläßlich neuer Spannungen im Süden gegen eine militärische Einmischung in Lousiana und plädiert für das in der US

Konstitution verankerte Recht der Selbstregierung. Als dann das Wahljahr 1876 heranrückt — Steuerbetrug, Beamtenbestechung, Skandale erreichen ihren Höhepunkt —, entschließt sich Schurz, gemeinsam mit anderen Unabhängigen und Reformwilligen alle Anstrengungen zu unternehmen, um innenpolitisch eine Wende herbeizuführen. Er ist die treibende Kraft bei der Aufstellung von General Rutherford B. Hayes zum republikanischen Präsidentschaftskandidaten. In der Überzeugung, daß die Republikanische Partei zu einer politischen Kurskorrektur entschlossen ist, hat Schurz, der vorher die Schuld für die Parteispaltung auf sich nahm, sich wieder den Republikanern genähert. Hayes, auf Schurz’ wesentliche Forderungen verpflichtet: Zivildienstreform, Gesundung der Staatsfinanzen, Restituierungs-Politik im Süden, nimmt die Nominierung an und wird am 1. März 1971 Präsident der USA. Obwohl er befürchten muß, daß Schurz „ein störendes Element" sein könnte, wenn er ihn in sein Kabinett aufnähme, entscheidet er sich für die Zusammenarbeit mit ihm und beruft ihn zu seinem Innenminister. Erfolge blieben nicht aus. Der Süden erhält die Selbstverwaltung zurück, und die Politik der Grantschen Gewaltmethoden wird damit beendet. Das Kabinett billigt einstimmig den von Schurz vorgelegten Plan einer Zivildienstreform; zukünftig sollen Eignung und Leistung bei Beförderung von Beamten alleiniger Maßstab für die Einstellung sein. Damit ist ein wichtiger Schritt zur „Entpolitisierung" der Beamtenschaft getan.

Ein anderes Anliegen des Innenministers Schurz ist die Erhaltung und Pflege der Wälder Amerikas, also Landschafts-und Umweltschutz. Seine Intention, anstelle bisherigen Raubbaus und rücksichtsloser Durchsetzung von Eigeninteressen eine staatliche Forstwirtschaft zu setzen und Abholzen der Wälder ohne anschließende Neupflanzung ebenso zu bestrafen wie ihr Niederbrennen, stößt bei den verschiedenen Interessengruppen auf harte Kritik.

Der Moralist Schurz bemüht sich sodann um eine Lösung der „Indian Affairs", der Be-endigung der von Weißen an Indianern begangenen Gewalttaten und indianischer Racheakte, um die Indianer in die amerikanische Gesellschaft zu integrieren. Auch hier trifft er auf eine starke Opposition. Viele sind überzeugt, daß die Indianer sich nie . zivilisieren'lassen würden und man sie deshalb unter ständiger strenger Überwachung halten müsse. Aber Schurz läßt sich nicht beirren, zumal eine von ihm eingesetzte Dreierkommission, bestehend aus je einem Vertreter des Justiz-, Kriegs-und Innenministeriums, das „IndianBureau“ als eine korrupte Körperschaft entlarvt und dessen Chef der Habgier, Unfähigkeit und Unehrenhaftigkeit überführen kann. Den bisherigen korrupten Praktiken stellte Schurz ein Aufbauprogramm entgegen, das die Schaffung von Indianer-Reservaten vorsieht, in denen US-Gesetze herrschen, Schulen gebaut, die Bevölkerung zu Ackerbau und Viehzucht angeleitet und amerikanischen Bürgern gleichgestellt werden sollten.

Obwohl sich Schurz mit diesen Maßnahmen als ein weitschauender, liberal denkender Politiker erwies, so trägt ihm nichts größere Feindschaft ein als seine Indianer-Politik. Erst weit später erkennt man die Weitsichtigkeit dieser Politik. Als Schurz 1881 aus dem Amt scheidet, hat er die nahezu uneingeschränkte Achtung und Zuneigung seiner Untergebenen gefunden, aber auch im Lande hat er sich selbst bei seinen Gegnern den Ruf eines arbeitsamen, ehrenwerten und unerschrocken für die Verwirklichung demokratischer Prinzipien kämpfenden Ministers erworben. Als Fazit der Amtszeit von Hayes ergibt sich für Schurz die Erkenntnis: „Die Bundesregierung hat . . . von neuem die Falschheit der alten Behauptung erwiesen, daß Beamtenbestechlichkeit die unausbleibliche Begleiterscheinung demokratischer Institutionen ist. Was für Mißgriffe die letzte Regierung auch getan haben mag . . . , so gibt man doch allseitig zu, daß sie gezeigt hat, wie eine tüchtige, ehrliche, sittlicher Achtung würdige Verwaltung in unserer Republik möglich ist."

Die folgenden „freien" Jahre sind mit journalistischer Tätigkeit und literarischen Arbeiten ausgefüllt. Schurz übernimmt die Redaktion der in N. ew York erscheinenden „Evening Post" und betreibt intensive Archiv-und Aktenstudien für die zweibändige Biographie über den liberalen Politiker Henry Clay, die ihm wissenschaftliche Anerkennung bringt. Am Wahlkampf von 1884 nimmt er als Sprecher einer Gruppe von angesehenen „Unabhängigen" teil, die den Spitznamen „Mugwumps" erhielten. Sie können die Wahl des in der Bundespolitik wenig bewanderten Demokraten Grover Cleveland durchsetzen, den Schurz als Privatmann wiederholt brieflich „beraten", aber auch heftig kritisiert hatte. In den Wahlkampf von 1892 greift Schurz, nunmehr Redakteur der Zeitschrift „Hapers Wochenblatt", wiederum für die Demokraten ein und schreibt regelmäßig allgemein beachtete politische Leitartikel. 1882 wird Schurz zum Vorsitzenden des nationalen Zivildienstverbandes gewählt. In seinem Jahresbericht 1894 faßt er als wichtigste Aufgaben der von ihm geführten Organisation zusammen: Kampf dem Beutesystem, das die Lebenskraft der Nation bedrohe, das die Selbstsucht anstelle des Gemeingeistes zur Triebfeder des politischen Handelns mache, das die Auseinandersetzungen der Parteien, die um Prinzipien geführt werden sollten, zu einer Balgerei um die Beute erniedrige, das den „Boß" und die „Maschine" schaffe, aber den Staatsmann verdränge, das den Inhaber eines öffentlichen Amtes, der Diener des Volkes sein solle, in einen Parteidiener verwandle, das die Polizei zum Schutzgehilfen des Verbrechers mache und zum Schrecken derer werden ließe, deren Sicherheit sie bewahren solle. Unermeßlich sei der Schaden, den dieses System dem moralischen Ansehen der USA zufüge.

Schurz warnt McKinley vor einer Annexionspolitik Obwohl Schurz sich im Wahljahr 1896 für den republikanischen Kandidaten McKinley einsetzt, verwirft er jeden Gedanken, „als Belohnung für geleistete Dienste" in dessen Kabinett einxutreten. Dem neuen Präsidenten steht er als brieflicher Berater zur Verfügung. Er kann aber nicht verhindern, daß auch der Präsident von einem durch die Ereignisse in Kuba ausgelösten und von der amerikanischen Presse weitergeschürten „Kriegsfieber" erfaßt wird. Schurz spricht sich entschieden gegen jeden Gedanken an eine Annexionspolitik aus, doch seine Briefe an den Präsidenten finden immer weniger Beachtung, wie auch seine mahnende Stimme von der Masse des Volkes damals kaum noch gehört wird. Auch die Deutschamerikaner, die in Schurz von jeher ihren öffentlichen Vertreter und Wortführer gesehen hatten, wandten sich zunächst von ihm ab, da sie ebenfalls von der Kriegspsychose erfaßt wurden. Sie traten in großer Zahl in die Armee ein. Als dann aber nicht nur Puerto Rico annektiert und Kuba amerikanisches Protektorat wurde, sondern die imperialistische Politik auch auf den pazifischen Raum Übergriff und die USA die Philippinen okkupieren, wandten viele Deutsch-amerikaner, insbesondere die deutsch-amerikanischen Turner, sich wieder Schurz zu und wurden zu entschlossenen Gegnern der neuen imperialistischen Politik. Die Turner fühlen sich nun durch ihr früheres Eintreten für die amerikanische Kriegspolitik mitschuldig an der folgenschweren Entwicklung und warnten daher um so nachdrücklicher vor den Gefahren des Imperialismus. Kolonialpolitik war für sie unvereinbar mit der Durchsetzung der Menschenrechte, mit humanitären Prinzipien, auf denen die amerikanische Demokratie aufgebaut sein sollte.

Carl Schurz hatte sich schon 1893, also lange vor Ausbruch des Krieges, gegen jede koloniale Gebietserwerbung ausgesprochen und daher auch die aufziehende kriegerische Stimmung mit allen publizistischen Mitteln bekämpft. Am meisten fürchtete er die Rückwirkung eines Expansionskrieges auf die politischen Institutionen der amerikanischen Republik, deren moralisches Fundament er dadurch bedroht sah. Wieder einmal bezog er das stärkste Argument bei der Ablehnung der Expansionspolitik aus den für ihn geltenden Prinzipien der Politik. In jenen Jahren wird er einer der führenden Antiimperialisten der USA, der, wenn es um die Durchsetzung seiner Wertvorstellungen geht, auch vor einem Bruch mit Parteifreunden, wie z. B. Theodore Roosevelt, nicht zurückschreckt. Die katastrophalen Folgen einer Annexion der Philippinen sieht er voraus. Die Philippinen setzen ihren Kampf um die Unabhängigkeit auch nach dem Friedensschluß und der amerikanischen Annektion fort, der die Amerikaner mehr Geld und Menschenleben kostete als der Krieg gegen Spanien. Schurz schreibt im Wahlkampfjahr 1900 an seinen Freund Charles Francis Adams: „Wir haben uns eine verfassungswidrige Gewalt angemaßt, die Grundprinzipien unserer Demokratie im Stich gelassen, unsere Soldaten mutwillig in einer ungerechten Sache geopfert, Unschuldige grausam hingemordet und so eine in der Geschichte der Republik unerhörte, entsetzliche Blut-schuld auf uns geladen. Diese Politik muß ganz unausbleiblich über unser Land Gefahren, Verrohung, Schande und Unheil heraufbeschwören . . ."

In dem Maße, in dem Schurz als moralisch-politische Autorität anerkannt wurde, wuchs auch die Verehrung, die ihm von den Deutsch-amerikanern zuteil wird. Selbst wenn für ihn die „Mission des Deutschtums in Amerika", von der manche so schwärmten, in nichts anderem als in einer Modifikation des amerikanischen Geistes durch den deutschen und in einer Verschmelzung der Nationalitäten bestehen sollte war er doch zeitlebens stolz auf seine deutsche Herkunft. Er wußte, welch ein starkes Kulturbewußtsein die Deutschen in die USA mitgebracht hatten, wie bedeutend ihr Anteil für die Entwicklung der amerikanischen Zivilisation war, sei es in der Land-und Forstwirtschaft, im Städte-und Brückenbau, in der Medizin, in der Technik und Industrie; aber dem Kampf um die Erhaltung des Deutschtums dort, wo er ein verbissener Kampf um die Erhaltung der deutschen Sprache in einer englischsprechenden Umgebung wurde, brachte er nur wenig Verständnis entgegen, d. h. nur soweit er nicht zu einer Absonderung von den Amerikanern führte.

Seine Rede vom 12. August 1871 vor den Deutschen Chicagos läßt den großen Einfluß erkennen, den er auf die Deutschamerikaner hatte, aber auch aie Liebe zum alten Vaterland, die sich widerspruchslos mit der Hingabe an seine neue Heimat vereint. Der Stolz auf die neugewonnene Machtstellung des Deutschen Reiches verbindet sich darin mit einer Mahnung an seine Landleute, nicht überheblich zu werden, keine Sonderinteressen zu verfolgen, dem neuen Vaterland uneigennützig zu dienen, das sie als freie Bürger aufgenommen habe. „Hier aber" — so Schurz — „sind wir amerikanische Bürger, nicht mehr und nicht weniger. Und der deutsche Stolz soll uns hier nur zu dem Entschluß begeistern, zu den besten der amerikanischen Bürger zu zählen." Die Mehrheit der Deutschen habe auch der sogenannten praktischen Politik, d. h.der Ausbeutungspolitik, ferner gestanden als die meisten anderen Gruppen, und auch in Zukunft werde die amerikanische Republik ihre deutschgeborenen Bürger zu den treuesten zählen. Dann aber ermahnt er sie zu geistiger Unabhängigkeit, zu verantwortungsbewußtem Handeln, um den der Republik drohenden Gefahren zu begegnen.

„Folgt niemandem blindlings!" — ruft er aus, „Vertraut nicht, sondern denkt! Schafft euch in dem Widerstreit der Meinungen mit gewissenhafter Sorge die eigene Überzeugung! Wenn ihr aber diese Überzeugung gewonnen habt, so fordere ich von euch, habt den Mut, als freie Männer danach zu handeln. Nicht daß wir alle immer gleich denken und handeln, sondern daß wir alle immer ehrlich denken und handeln, wird uns einen segensreichen Einfluß auf die Geschicke dieses Landes geben."

Als Carl Schurz am 14. Mai 1906 in New York stirbt, verlieren die Vereinigten Staaten einen Mann, der sich wie kein anderer Deutsch-amerikaner um sein neues Heimatland verdient gemacht hatte. Mit der späteren Gründung der Carl Schurz Memorial Foundation (New York 1930) wurde in Würdigung seiner Verdienste eine Institution geschaffen, die sich die Pflege deutsch-amerikanischer Beziehungen zur Aufgabe gemacht hat.

Zweifellos hat Carl Schurz einen großen Einfluß auf die Entwicklung der amerikanischen Staats-und Gesellschaftsordnung ausgeübt. Daraus läßt sich jedoch nicht auf einen bestimmenden politischen und kulturellen Einfluß des deutschen Elements auf die amerikanische Gesellschaft im allgemeinen schließen.

Nur wenige Deutsche konnten überhaupt in politisch oder kulturell bedeutende Positionen gelangen; die Masse der deutschen Einwarde-rer, Bauern, Arbeiter, Handwerker, kleinere Kaufleute, hatte sich um die materielle Existenzsicherung zu sorgen und besaß auch nicht den Bildungsstand, um sich in einem fremdsprachigen Land im harten Konkurrenzkampf in eine Führungsposition hochzuarbeiten. Sie paßten sich schnell dem amerikanischen Lebensstil an. Lediglich die deutschstämmigen Bevölkerungsgruppen des Mittleren Westens übten unmittelbar vor und in dem Jahrzehnt nach dem Bürgerkrieg einen stärkeren Einfluß auf das politische Leben aus.

Schurz, den ein Zeitgenosse einmal als kühn, rücksichtslos und schwer zu kontrollieren charakterisierte, brachte im Unterschied zu den meisten seiner Landsleute hervorragende Voraussetzungen für eine politische Laufbahn mit: Er hatte die Privilegien einer klassischen Bildung und eines akademischen Studiums genossen, war juristisch geschult, sprachgewandt, wirtschaftlich unabhängig und bei aller Liberalität prinzipienfest. Er bekannte sich zu den Werten der amerikanischen Demokratie, wie sie in der Unabhängigkeitserklärung Jeffersons festgelegt waren, und kämpfte für die Durchsetzung dieser Prinzipien. Deshalb empfand er auch einen Parteiwechsel nicht als Untreue oder Illoyalität, sondern als eine notwendige moralische Entscheidung. Bezeichnenderweise äußerte er sich einmal über einen politischen Gegner, der ihn deswegen attackiert hatte: „Er hat niemals seine Partei verlassen. Ich habe nie meine Grundsätze verraten. Das ist der Unterschied zwischen ihm und mir." Es erscheint nicht übertrieben, in ihm zur Zeit seines Wirkens das moralische Gewissen der amerikanischen Politik zu sehen.

Belastungsprobe für das deutsch-amerikanische Verhältnis Als 1913 in New York ein Denkmal für Carl Schurz enthüllt wurde, das der deutschstämmige Karl Bitter entworfen hatte, konnte wohl keiner ahnen, daß die Deutschamerikaner we-nige Jahre später in den USA einer Welle des Hasses begegnen würden. Zwar wurde mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges deutlich, daß bei der Stimmungslage, den traditionellen Bindungen der Amerikaner an den angelsächsischen Raum und bei den handelspolitischen Verflechtungen mit England eine strikte Neutralität sich kaum durchführen ließ, aber die Mehrheit der Bevölkerung war wie Präsident Woodrow Wilson davon überzeugt, daß Neutralität der für die USA einzig gangbare Weg sei. Wilsons Wunsch, die USA aus dem Krieg herauszuhalten, um einen „Frieden ohne Sieg" vermitteln zu können, fand daher breite Unterstützung.

Obwohl viele Deutschamerikaner den Wilhelminischen Obrigkeitsstaat stark kritisiert und ihre Unzufriedenheit mit den politischen und sozialen Verhältnissen in Deutschland wiederholt öffentlich bekundet hatten, galten ihre Sympathien bei Kriegsausbruch doch eindeutig ihrer alten Heimat, der sie sich in der Not verbunden fühlten. Sie waren davon überzeugt, Deutschland führe einen Verteidigungskrieg. Daher unternahmen sie größte Anstrengungen, um die Regierung der USA zu strenger Neutralität zu verpflichten, konnten aber nicht verhindern, daß die Parteinahme der breiten Öffentlichkeit für die Alliierten ständig zunahm. Insbesondere die Wiederaufnahme des uneingeschränkten U-Boot-krieges im Januar 1917 und die ohne vorherige Warnung erfolgte Versenkung von amerikanischen Schiffen im März 1917 führten am 6. April 1917 zur Kriegserklärung. Mit dem Kriegseintritt der USA begann die schwerste Belastungsprobe für die Deutschamerikaner. Obwohl sie Teile des amerikanischen Volkes waren und sich für die nationalen Ziele der USA entschieden eingesetzt hatten, wurden sie nun öffentlich beschimpft, ihre Geschäfte boykottiert und deutschstämmige Lehrer und Schüler von den Schulen vertrieben. In dieser Zeit wechselten viele Familien und Vereine, selbst Gemeinden und Städte ihren Namen und anglisierten diese, in der Hoffnung, dadurch Schwierigkeiten vermeiden bzw. ihre patriotische Gesinnung beweisen zu können

Antideutsche Ausschreitungen verschonten auch nicht das einst so gefeierte „DeutschAthen" am Michigansee, die Stadt Milwaukee, der sich Carl Schurz besonders verbunden gefühlt hatte. Deutschsprachige Stücke durften nun nicht mehr gespielt, die deutsche Sprache an den öffentlichen Schulen nicht mehr gelehrt werden, obwohl die kulturelle Prägung dieser Stadt jahrzehntelang von Deutschen bestimmt worden war. Die antideutsche Hysterie erreichte ihren Höhepunkt, als Personen, die sich zu ihrer deutschen Abstammung bekannten und die Wilsonsche Politik kritisierten, verunglimpft und zu hohen Geldstrafen verurteilt oder sogar geteert und gefedert und Hunderte einer geheimen konspirativen Tätigkeit bezichtigt wurden. Angeblich hätten „subversive Elemente" im Auftrag des deutschen Geheimdienstes Lebensmittel vergiftet bzw. unter Soldaten und Zivilisten ansteckende Krankheiten verbreitet. Führende Politiker, an ihrer Spitze der Sozialdemokrat Victor Berger, wurden verhaftet, da sie Wilson, der versprochen hatte, Amerika aus dem Krieg herauszuhalten, des Wort-bruchs bezichtigten. Allerdings gab es auch in Milwaukee Deutschamerikaner und deutsch-amerikanische Vereinigungen, die angesichts der antideutschen Kampagne schnell ihren Namen änderten und sich amerikanisierten. Für viele wurde die Assimilation zu einer politischen und psychologischen Notwendigkeit.

Als nach einigen Monaten die Verfolgungshysterie zu Ende ging, normalisierte sich langsam wieder das Verhältnis zwischen den Angloamerikanern und den Deutsch-amerikanern, zumal die Deutschamerikaner nun die Kriegsanstrengungen Amerikas tatkräftig unterstützten und sich auch in der Ableistung ihres Kriegsdienstes als loyale Amerikaner zeigten. Vor allem die Veröffentlichungen des ehemaligen deutschen Botschafters in London, des Fürsten Lichnowsky, hatten dazu geführt, daß die These vom „Verteidigungskrieg" Deutschlands aufgegeben und nun die Auffassung vertreten wurde, die deutsche Reichsregierung habe das Risiko eines Krieges bewußt in ihre Politik einkalkuliert. Der Gesinnungswandel, der sich hier vollzog, fand seinen Ausdruck in der Devise: „Monarchie oder Demokratie ist die Losung in dem titanischen Kampf!" Indes mußten die USA, die als Großmacht den Krieg für die Alliierten entschieden, nach 1918 erleben, wie ihr Kriegsziel, der Aufbau einer dauerhaften internationalen Friedensordnung, nicht verwirklicht werden konnte. Die im Versailler Friedensvertrag festgelegten Reparationsleistungen und Gebietsabtretungen vergifteten die Atmosphäre in Europa und bereiteten den Boden für den Faschismus.

Das durch die antideutschen Ausschreitungen erschütterte Selbstbewußtsein der Deutsch-amerikaner führte zu einer Identitätskrise, die sie nie ganz überwinden konnten. Dies gilt insbesondere für die Organisation, die sich jahrzehntelang sowohl für die Bewahrung deutschen Kulturgutes als auch für eine volle Integration in die amerikanische Gesellschaft eingesetzt hatte: den Nordamerikanischen Turnerbund. Er verstand sich noch 1923 als ein „Bollwerk des Liberalismus" in den USA und rügte die intolerante Haltung angloamerikanischer Kreise in Neuengland, die über den Krieg hinaus antideutsch geblieben seien. Rückblickend auf die Kriegsereignisse stellte der damalige Präsident des Turnerbundes, Stempfel, fest, daß „es unsere Pflicht als Amerikaner und als Turner war, der Regierung unsere Hilfe anzutragen in der Ausbildung der jungen Männer, die zu den Waffen gerufen waren, in der Ausbildung unserer eigenen Söhne und Brüder, so daß sie körperlich besser vorbereitet waren, die Strapazen des entsetzlichen Krieges zu bestehen. Hätten wir anders gehandelt, wäre es Verrat gewesen, Verrat an unserem Lande, Verrat an den Traditionen des Turnerbundes, Verrat an unserem eigenen Fleisch und Blut. In der Erfüllung unserer Pflicht als Bürger mag uns das Herz geblutet haben, aber es gab keinen anderen ehrenvollen Weg . . ."

Der Turnerbund wendet sich gegen Geschichtsfälschungen Im Bemühen um eine gerechte Würdigung der Leistungen der Deutschamerikaner wandte sich der Turnerbund auch gegen Darstellungen in Schulbüchern, in denen die Kulturarbeit der eingewanderten Deutschen verschwiegen oder ihre Verdienste um Amerika absichtlich geschmälert wurden. Kritisiert wurde auch die einseitige Geschichtsschreibung über Ursachen und Verlauf des Ersten Weltkrieges und über die Friedensverträge von Versailles, Trianon und St. Germain. Mit Hilfe der Cecil Rhodes und Carnegie-Fonds würde eine systematische Geschichtsfälschung betrieben Der Turnerbund forderte eine Revision der antideutschen Geschichtsschreibung, die von einem neutralen Gremium zu leisten sei. Nur so könnten die Vorurteile gegen die deutsche Nation abgebaut werden und die durch manche falsche Darstellung diskriminierten Deutschamerikaner wieder an Ansehen gewinnen Als 1923 französische Truppen in das Ruhrgebiet einmarschierten, protestierte der Turnerbund energisch beim Präsidenten der USA und beim Außenministerium gegen diesen „brutalen Einfall" An die Mitglieder des Bundes wurde appelliert, durch reichliche Sammlung von Lebensmitteln, Kleidern und Geld mitzuhelfen, das Elend des deutschen Volkes zu lindern. Einige Jahre später erhob der Turnerbund warnend seine Stimme gegen das Aufkommen faschistischer Diktaturen in Europa, verurteilte 1933 die von den Nationalsozialisten betriebene gewaltsame Auflösung des deutschen Arbeiter-Turn-und Sportbundes, dem er sich besonders verbunden fühlte. In einer damals verabschiedeten Resolution wurde gegen die nationalsozialistische Regierung protestiert, die ihre Macht zur Unterdrückung politischer Minderheiten mißbrauche, die „das Recht aller Bürger auf Gerechtigkeit ohne Unterschied der Rasse oder des Glaubensbekenntnisses" mißachte Indes vermochten weder Proteste noch eine 1938 vorgenommene Namensänderung in „American Turners" als Ausdruck bewußter Distanzierung vom nationalsozialistischen Deutschland und ein uneingeschränktes Bekenntnis zur amerikanischen Demokratie an der historischen Entwicklung etwas zu ändern.

Inzwischen hatte sich ein neuer Flüchtlingsstrom, diesmal von Verfolgten des NS-Regimes, in die USA ergossen. Die Flucht deutscher Wissenschaftler und Künstler vor dem Nationalsozialismus führte zu einer ähnlich intensiven Begegnung der deutschen und der amerikanischen Kultur wie in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts, als amerikanische Gelehrte, die an deutschen Universitäten wie Göttingen und Berlin studiert hatten, in Harvard, Yale und Madison wirkten und bekannte deutsche Flüchtlinge wie Karl Beck, Karl Follen und Franz Lieber an amerikanische Universitäten holten

Jetzt waren es Künstler und Wissenschaftler wie Adorno, Bloch, Brecht, Einstein, Feininger, Gropius, Hindemith, Horkheimer, Kortner, Klemperer, Th. Mann, Marcuse, van der Rohe, Piscator, Remarque, Tillich, Weill, Werfel und Zuckmayer, diex einen unterschiedlich intensiven Einfluß auf die amerikanische Kultur nach 1933 ausübten Bereits vor dem Ersten Weltkrieg hatte es zwischen dem preußischen Kultusministerium und den Universitäten Harvard und Columbia Vereinbarungen über einen Professorenaustausch gegeben, der durch den Krieg unterbrochen, in der Weimarer Republik aber fortgesetzt wurde. Große Forscherpersönlichkeiten und Nobelpreisträger wie Arnold Sommerfeld, Werner Heisenberg und Max Born lasen in den USA und brachten bei ihrer Rückkehr zahlreiche amerikanische Studenten mit nach Deutschland; mit der nationalsozialistischen Machtergreifung fand dieser fruchtbare geistige Austausch ein Ende. Wohl konnten die meisten prominenten Forscher, Wissenschaftler und Künstler nach ihrer Flucht in den USA ihre Arbeit wieder aufnehmen, allerdings blieben viele auch nach dem Zusammenbruch Deutschlands „drüben" und offenbarten damit den starken geistigen Aderlaß, den der Nationalsozialismus verursacht hatte.

Es sind nach dem Zweiten Krieg sowohl von Seiten der Vereinigten Staaten als auch von der Bundesrepublik Deutschland sehr intensive und erfolgreiche Maßnahmen eingeleitet worden, um die abgebrochenen Kulturkontakte wiederherzustellen und eine breite Grundlage für einen Austausch von Schülern, Studenten und Wissenschaftlern zu schaffen. Nahezu 200 Organisationen, Stiftungen und Institutionen öffentlicher und privater Art bieten derzeit in beiden Ländern Stipendien, Seminare und Austauschprogramme an. Der „American Field Service" fördert den deutsch-amerikanischen Schüleraustausch, die „Fulbright-Stiftung" den Studenten-und Dozentenaustausch, die „Alexander von Humboldt-Stiftung" gewährt amerikanischen Wissenschaftlern Forschungsstipendien in der Bundesrepublik, der „Deutsche Akademische Austauschdienst" (DAAD) erhält Stipendien von den wichtigsten amerikanischen Universitäten zwischen Harvard im Osten und Berkley im Westen, die „Carl-Duisberg-Gesellschaft", die „Konrad-Adenauer-Stiftung", die „Friedrich-Ebert-Stiftung" und die „Friedrich-Naumann-Stiftung" bieten Austauschprogramme für Studenten an, die „Atlantik-Brücke" und ihre amerikanische Schwester „American Council of Germany" organisieren Seminare und Konferenzen, an denen maßgebliche Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens der Bundesrepublik und der USA teilnehmen. Hervorragende Kulturarbeit haben die zahlreichen deutschen und amerikanischen Zweigstellen des Goethe-Instituts geleistet, ebenso die „Amerika-Häuser".

Noch ist das Deutschlandbild verzerrt Aber trotz dieser breiten Kulturkontakte und der politisch engen Bindungen der Bundesre15 publik an die USA ist das Deutschlandbild der Amerikaner nach wie vor verzerrt und von z. T. gefährlichen Klischeevorstellungen geprägt. Insbesondere in den Fernseh-und Kinofilmen, die sich kaum mit den kulturellen Aspekten der deutschen Geschichte beschäftigen, wird oft ein die Deutschen diskriminierendes Bild gezeigt, das sich in den Typen des sadistischen Mörders oder des Trottels manifestiert. Dafür einige Beispiele: Die Fernsehserie „Hogan's Heroes" läuft bereits seit 1965 mit größtem Erfolg (168 Folgen). Hogan ist ein smarter und gewitzter amerikanischer Fliegeroberst, der in einem deutschen Kriegs-gefangenenlager aus Engländern, Franzosen und Amerikanern eine schlagkräftige Mannschaft bildet, die dem deutschen Wachpersonal stets neue Schwierigkeiten bereitet und gleichsam mithilft, den Krieg vom Gefangenenlager aus zu gewinnen. Seine beiden deutschen Gegenspieler sind der dümmliche deutsche Lagerkommandant Oberst Klink, der seine Mutlosigkeit durch preußische Zackigkeit überspielt, und der gutmütig-dicke Unteroffizier „Schulzi", den die Lagerinsassen ständig übertölpeln. Das Bild eines brutalen und rücksichtslos über Leichen gehenden Deutschen zeigt der Film „Blue Light"; das Bild des „häßlichen Deutschen", den Sadisten und Feigling, zeigt die Romanverfilmung von Irwin Shaws „The Young Lions"; den Deutschen, der aus Monomanie zum Verbrecher wird, zeigt der Frankenstein-Roman „Gravity’s Rainbow" von Thomas Pynchon. Alle diese Figuren schaffen Stereotypen des Deutschen, die auch noch dreißig Jahre nach dem Krieg das Deutschlandbild der Amerikaner mitprägen. Bitter ist auch das Urteil in Erica Jongs Buch „Angst vorm Fliegen" über die Deutschen, die nur ihre Tarnfarbe geändert hätten, von Frieden und Humanität sprächen, im Grunde aber Nazis geblieben seien

Scharfe Kritik müßte auch an den Kriegs-Comics geübt werden, jenen in Millionenauflage erscheinenden „Unterhaltungsheften", in denen Deutsche als KZ-Kommandanten und Geiselerschießer erscheinen oder als brutale Soldaten in militärischen Aktionen. A.de

Zayas hat aufgezeigt wie auch in den amerikanischen Schulen ein von Vorurteilen belastetes Bild des Deutschen vermittelt wird. Lehrbücher enthielten oft grobe Verallgemeinerungen, ebenso programmierte Textbücher und Repetitoriumshefte an den Colleges, etwa für Europäische Geschichte. Die simpelsten Vereinfachungen z. B. in Verbindung mit der Geschichte Preußens tauchten hier auf, das diesen Darstellungen zufolge nur aus Militarismus und arrogantem Junkertum bestanden zu haben schiene. Zur tendenziösen Darstellung von historischen Ereignissen kämen einseitige Auswahlkriterien bzw. die Auslassung wichtiger historischer Phänomene. De Zayas nennt als Beispiele den Sieg über Napoleon I., der nur Wellington zugeschrieben wurde, während der Name Blüchers fehle, das Bismarck-Bild, das weitgehend nur den Kulturkampf nachzeichne, während die außenpolitischen, friedenssichernden und die sozialen Leistungen unerwähnt blieben. Schließlich habe auch die Nichtbehandlung des deutschen Widerstandes gegen Hitler zu der Annahme geführt, alle Deutschen seien aktive, sogar fanatische Nazis gewesen. Außer acht seien auch die ungeheuren Leiden, die Deutsche selbst durch Krieg, KZ, Verfolgung und Vertreibung erlitten hätten, geblieben. Mit Recht fordert er die Einsetzung einer deutsch-amerikanischen Schulbuchkommission und die Intensivierung des Austausches von Studenten und Wissenschaftlern. Ähnlich kritisch äußerte sich auch der Historiker Peter Gay von der Yale University, der in einem 1976 veröffentlichten Artikel in der New York Times unter dem Titel „Thinking about the Germans" schrieb: „Jahrzehnte von Frieden und Wiederaufbau haben das alte Mißtrauen nicht beseitigen können. Das Gespenst des Deutschen als Hunne bleibt erdrückend . . . Viele Amerikaner, die keine Deutschen kennen, nie in Deutschland gewe-

9 sen sind, keine Familie oder Freunde in Deutschland verloren haben, weigern sich noch, nach Deutschland zu reisen, deutsche Produkte zu kaufen und grinsen zynisch über Deutschlands Beteuerung, sich geändert zu haben." Und dann fügt er, ein emigrierter deutscher Jude, der lange brauchte, seine Abscheu gegenüber Deutschland zu überwinden, hinzu: „Unglaublich, wie manche Liberale und Demokraten die Idee auch finden mögen: die Bundesrepublik strebt an, was wir anstreben; ihre Wertskala ist die unsere. Aber sie wird nie die Wirkung haben, die sie haben könnte oder haben muß, solange die Deutschen als die ewig Bösen dargestellt werden."

Die im Auftrag des deutschen Informationszentrums New Yorks, einer Zweigstelle der Deutschen Botschaft, erfolgte Umfrage vom Frühjahr 1978 bestätigt das Bild vom wenig sympathischen Deutschen in den USA: Zwar hat man Respekt vor den politischen und wirtschaftlichen Leistungen, aber auch Mißtrauen gegenüber dem Bündispartner und dessen demokratischem Bewußtsein

Um so mehr sind wir Deutsche angesichts solch bedrückender Einstellung vieler Amerikaner uns gegenüber dazu aufgefordert, in Gesprächen und Begegnungen, in Wort und Tat zur Veränderung dieser Position beizutragen. Die freundschaftlichen Bindungen an die große Nation dürfen nicht durch Mißtrauen und Diskriminierung gefährdet werden. Es ist daher nicht Ausdruck nationaler Überheblichkeit, sondern ein historisch begründbares Recht, wenn wir Deutsche wie Amerikaner an deutsch-amerikanische Kulturleistungen erinnern, für die Carl Schurz ein Beispiel lieferte.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Otto Dannehl, Carl Schurz. Ein deutscher Kämpfer, S. 296. „

  2. Ebd. S. 348.

  3. Carl Schurz, Lebenserinnerungen, Bd. 2., Berlin 1906— 12, S. 17.

  4. Ebd. Bd. 2, S. 28.

  5. Ebd. Bd. 2, S. 49.

  6. Ebd. Bd. 2, S. 79.

  7. Ebd. Bd. 2, S. 148.

  8. Ebd. Bd. 2, S. 150.

  9. Ebd. Bd. 2, S. 172.

  10. Ebd. Bd. 2, S. 212.

  11. Ebd. Bd. 2, S. 216.

  12. C. H. Boppe, Zur Geschichte der Sklaverei, in: Turnerkalender des Nordamerikanischen Turner-bundes 1886, Milwaukee, Wise., S. 111.

  13. Carl Schurz, Lebenserinnerungen, Bd. 2, S. 372.

  14. Ebd., S. 376/77.

  15. E. A. Zucker, The Forty-Eighters. Political Re-fugees of the German Revolution of 1848, New York 1950, S. 219; C. Wittke, Refugees of Revolution. The German Forty-Eighters in America, Philadelphia 1952, S. 241.

  16. Carl Schurz, Lebenserinnerungen, Bd. 3, S. 357.

  17. Ebd. S. 407.

  18. Ebd. S. 430.

  19. Ebd. Bd. 3, S. 465.

  20. Ebd. Bd. 3, S. 470.

  21. Ebd. Bd. 3, S. 479/80.

  22. Ebd. Bd. 3, S. 289/90.

  23. Ebd. Bd. 3, S. 375.

  24. Ebd. Bd. 3, S. 377.

  25. Ebd. Bd. 3, S. 392.

  26. R. O’Connor, Die Deutsch-Amerikaner, Hamburg 1970, S. 352.

  27. Jahresbericht des Vororts des Nordamerikanischen Turnerbunds vom 1. 4. 1917 bis 1. 4. 1918, Indianapolis, Ind., S. 45.

  28. Off. Protokoll der 29. Tagsatzung des American Turnerbund, St. Louis 1923, S. 4.

  29. Ebd. S. 8.

  30. Ebd. S. 29.

  31. Ebd. S. 29/30.

  32. Ebd. S. 9.

  33. Off. Protokoll der 34. Tagsatzung in Elkhart Lake, Wise., 1933, S. 20.

  34. So war es z. B.dem amerikanischen Historiker George Bancroft, ehemals Student in Göttingen und später amerikanischer Botschafter in Berlin, mit zu verdanken, daß außer dem bereits erwähnten Karl Follen auch Karl Beck 1831 eine Professur an der Harvard-Universität erhielt, und zwar für lateinische Sprache und Literatur. Der mit Beck und Follen geflüchtete Franz Lieber begann 1827 mit der Arbeit an der „Enzyklopedia Ameri-cana", deren dreizehnten und letzten Band er 1833 vollendete. 1839 erschien sein Hauptwerk „Manual of Political Ethics", das seinen Gelehrtenruhm begründete. Er erhielt einen Ruf auf den Lehrstuhl für Geschichte und Politische Wissenschaften an der Columbia-Universität in New York. Während des Bürgerkrieges stand er entschieden auf der Seite Lincolns und wurde wie Carl Schurz ein enger Mitarbeiter desselben, den er in kriegsrechtlichen Fragen beriet.

  35. Vgl. dazu Manfred Durzak, Hunne, Kraut und Frankenstein. Das Bild des Deutschen im amerikanischen Fernsehen, (MS) Deutschlandfunk, Sendung am 17. 8. 1978.

  36. A.de Zayas, Nazigreuel und Wirtschaftswunder. Das Deutschlandbild der Amerikaner (MS), Deutsche Welle, Sendung am 26. 9. 1978.

  37. Peter Gay, Thinking about the Germans, zit. nach Barbara Ungeheuer, Das Mißtrauen sitzt immer noch tief. Die Deutschen in der amerikanischen Publizistik, in: Die Zeit, 28. 4. 1978.

  38. Stern-Magazin, vom 18. 1. 1979, S. 124— 128.

Weitere Inhalte

Horst Ueberhorst, Dr. phil., geb. 1925 in Bochum; Studium der Philologie; 1965 mit dem Aufbau und der Leitung des Instituts für Leibesübungen der Ruhr-Universität Bochum beauftragt, 1967 Ernennung zum Institutsdirektor; 1969— 1970 Sportreferent der Landesregierung im Kultusministerium Düsseldorf; seit 1970 o. Prof, an der Ruhr-Universität Bochum; 1972 Auszeichnung im Internationalen Carl-Diem-Wettbewerb. Veröffentlichungen u. a.: Elite für die Diktatur. Die Nationalpolitischen Erziehungsanstalten 1933 bis 1945, Düsseldorf 1969; Frisch, Frei, Stark und Treu. Die Arbeitersportbewegung in Deutschland 1893— 1933, Düsseldorf 1973; Edmund Neuendorff — Turnführer ins Dritte Reich, Berlin 1970; Turner unterm Sternenbanner. Der Kampf der deutsch-amerikanischen Turner für Einheit, Freiheit und soziale Gerechtigkeit (1848— 1918), München 1979; Geschichte der Leibesübungen, 5 Bände, Berlin 1972— 1978.