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Das Phänomen der ,, Staatsverdrossenheit" und die Strukturdefekte der Parteien. Bemerkungen zu einem populären Begriff und einem weniger populären Organisationsproblem | APuZ 25/1979 | bpb.de

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APuZ 25/1979 Artikel 1 Das Phänomen der ,, Staatsverdrossenheit" und die Strukturdefekte der Parteien. Bemerkungen zu einem populären Begriff und einem weniger populären Organisationsproblem Die Planungszelle als Instrument der Bürgerbeteiligung. Ein Beispiel aus der städtebaulichen Planung Die Öko-Bewegung — ein etablierter Störfaktor im Parteiensystem?

Das Phänomen der ,, Staatsverdrossenheit" und die Strukturdefekte der Parteien. Bemerkungen zu einem populären Begriff und einem weniger populären Organisationsproblem

Norbert Lammert

/ 27 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Das populär gewordene Schlagwort von der „Staatsverdrossenheit" erweist sich bei genauerer Betrachtung (und unter Berücksichtigung empirischer Befunde) als wenig präziser, gelegentlich allzu bequemer Sammelbegriff ebenso konkreter wie unterschiedlicher Kritik an bestimmten Entwicklungstendenzen, Tatbeständen und Organisationen unseres politischen Systems, die hier am Beispiel der Strukturdefekte der Parteiorganisationen exemplarisch behandelt wird. Ausgehend von den Funktionen, die den Parteien im Rahmen des politischen Systems zugewiesen sind, wird die Frage untersucht, inwiefern die Organisationsstruktur der Parteien diesen Ansprüchen genügen kann. Dabei steht die kommunale Parteiorganisation im Mittelpunkt des Interesses, da sie das eigentliche, oft einzige Partizipationsfeld für die Mehrzahl der Parteimitglieder ist und die unmittelbare organisatorische Verbindung mit der Masse der Bürger darstellt. Die Analyse der Leistungsfähigkeit dieser untersten Ebene der Parteiorganisation kommt zu dem Ergebnis, daß insbesondere die Dominanz des Regionalprinzips, d. h. die Erfassung und Integration der Mitglieder über ihren Wohnort in Ortsverbänden bzw. Ortsvereinen, den Bedingungen einer modernen, durch differenzierte und wechselnde Interessen gekennzeichneten Gesellschaft nicht mehr ädaquat ist: Es überschätzt die Bedeutung der örtlichen Bezugseinheit und berücksichtigt zu wenig die konkreten, spezifischen Interessen des Bürgers an der Politik, die sich immer häufiger der grundsätzlichen Zuordnung zum Wohnort entziehen. Der Analyse entsprechend werden Reformansätze in der Entwicklung „multifunktionaler Parteistrukturen" gesehen, die neben den an der Verwaltungsstruktur ausgerichteten Regionalverbänden weitere, an sozialen Merkmalen orientierte Subsysteme sowie projektbezogene, auf konkrete, gegebenenfalls zeitlich befristete Probleme eingestellte Organisationsstrukturen enthalten müßten. Durch eine Erweiterung der Partizipationschancen auch für Nichtmitglieder könnte die Funktionsfähigkeit der Parteien im ganzen erhöht werden. Der Aufsatz schließt mit einigen Hinweisen, welchen Beitrag die politische Bildung zur Verdeutlichung, aber auch zur Relativierung der zur Diskussion gestellten Problemfelder leisten könnte.

I. Staatsverdrossenheit?

Als Ernst Fraenkel vor fünfzehn Jahren einen Vortrag über „Strukturdefekte der Demokratie und deren Überwindung" in dieser Zeitschrift publizierte, schien die Welt noch in Ordnung: „Im anscheinend krisenfesten Wohlstandsstaat ist an Stelle der Dauerdepression der permanente Super-boom, an Stelle der Arbeitslosigkeit der Arbeitermangel, an Stelle der dreißig und mehr Parteien der Dreiparteienstaat getreten. Die totalitären Bewegungen sind von der Bühne abgetreten, die Wirkungslosigkeit der totalitären Ideologien scheint erwiesen, das parlamentarische Regierungssystem funktioniert reibungslos, die bestehende Staatsform wird von niemandem offen bekämpft, von allen politisch maßgeblichen Parteien und Verbänden auch innerlich bejaht, von der politischen Publizistik nicht in Frage gestellt, und alle, alle stehen auf dem Boden der Verfassung."

Der Zustand der Republik schien eher durch Selbstgefälligkeit als durch Unbehagen gekennzeichnet, rechtfertigungsbedürftig war nicht die allgemeine politische Lage, sondern deren wissenschaftliche oder publizistische Kritik: „Wir kommen uns bei der Behandlung des Themas . Strukturdefekte der Demokratie'ein wenig wie der Mann vor, der bei der all-fälligen halbjährigen Routineuntersuchung dem Arzt erklärt, ihm fehle eigentlich gar nichts . . . nur habe er manchmal solch ein ungutes Gefühl, ob denn wirklich alles so ganz in Ordnung mit ihm sei, wie es nach außen hin den Anschein habe."

Inzwischen hat es diesen Anschein nicht mehr, auch und gerade nicht nach außen hin.

Ohne daß es ein besonders auffallendes, zu konkreter Besorgnis Anlaß gebendes Krankheitssymptom gäbe, ist der Allgemeinzustand des Gemeinwesens durch ein diffuses Unbehagen gekennzeichnet. Nahezu alle einschlägigen Wissenschaften haben in den letzten Jahren eine Krise ihres Gegenstandes — und damit zumeist auch ihres Faches — ausgemacht; dies gilt für gesellschaftliche Organisationen und Institutionen (Familie, Kirchen, Verbände) ebenso wie für das politische und ökonomische System im ganzen. Der Be-fund scheint eindeutig, nachdem er schließlich seinen weithin akzeptierten Begriff gefunden hat: Staatsverdrossenheit.

Ursachen gibt es viele. Die Zeiten stürmischen politischen, vor allem aber wirtschaftlichen Aufstiegs sind inzwischen vorbei. Dies war vernünftigerweise nicht anders zu erwarten; ebenso offensichtlich ist jedoch, daß sie allen Beteiligten ein höheres Maß an Erfolgserlebnissen und 'Zufriedenheit bieten konnten als die gegenwärtigen Verhältnisse, die freilich eher „normal" genannt werden können als die ersten Jahre. Nach einer stürmischen Jugend ist die Bundesrepublik längst erwachsen geworden, aber sie scheint Schwierigkeiten zu haben, sich damit abzufinden. Je größer im übrigen die zeitliche Distanz zu Wei-mar, Nationalsozialismus und Weltkrieg wird, desto weniger taugt der Stolz auf das Erreichte als Trost für die neuartigen oder noch immer ungelösten Probleme der Gegenwart. Eine Nachkriegsgeneration ist herangewachsen, deren Identifizierung mit der bestehenden Gesellschaftsordnung natürlicherweise nicht mehr auf der Erfahrung einer labilen Demokratie und ihrer totalitären Transformation beruhen kann und deren Ansprüche und Erwartungen über ökonomische Bedarfsdekkung und politische Stabilität weit hinausreichen. Emanzipation, Partizipation, Demokra-tisierung, Lebensqualität, innere Reformen sind die Fixpunkte ihrer Erwartungen und ihres Engagements, nachdem die Euphorie des „permanenten Super-boom" verflogen ist. Dabei mögen die einen von den Widerständen betroffen gewesen sein, denen solche Reformen begegneten, die anderen von ihren Ergebnissen als Nachweis einer prinzipiellen Reformunfähigkeit und -unwilligkeit des ganzen Systems. Die Forderung nach „Systemveränderung" mußte ihnen ebenso folgerichtig erscheinen wie sie umgekehrt auf das völlige Unverständnis all derer treffen mußte, die ihre persönlichen Lebensverhältnisse in dieser Republik quantitativ wie qualitativ dramatisch verbessert sahen. „Verdrossen" waren sie schließlich beide, nicht zuletzt übereinander.

Die Zunahme der Unzufriedenheit verschiedener Bevölkerungsgruppen mit verschiedenartigen Sachverhalten und Problemen addiert sich leicht zu einem allgemeinen Unbehagen, und dennoch bleibt kritisch zu fragen, ob diese Situation mit dem Begriff der „Staatsverdrossenheit" zutreffend und hinreichend beschrieben ist. Die rasche Einvernehmlichkeit, mit der Politiker verschiedener Herkunft und Funktion sich dieses Begriffs bemächtigt haben — vom Oppositionsführer bis zum Bundespräsidenten —, gibt Anlaß zur Skepsis, zumal der Konsens in der begrifflichen Kennzeichnung der Lage in einem bemerkenswerten Kontrast zu den empirischen Befunden steht: Die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung ist keineswegs verdrossen über den Staat, die Wirtschafts-und Gesellschaftsordnung im allgemeinen, sondern — wenn überhaupt — verärgert oder besorgt über konkrete, im übrigen von verschiedenen Gruppen unterschiedlich beurteilte Tatbestände, Entwicklungen und Probleme Auf diesem Hintergrund mag es manchem Zeitgenossen bequemer erscheinen, eine allgemeine Staats-verdrossenheit zu beklagen, als sich mit konkreter Unzufriedenheit und Kritik an der eigenen Organisation, Politik oder auch Person auseinanderzusetzen.

Die nachfolgende Problemskizze befaßt sich mit Strukturdefekten und Funktionsdefiziten der Organisationen, deren Leistungsfähigkeit und Ansehen auf Grund ihrer überragenden Stellung im politischen System der Bundesrepublik dessen allgemeinen Zustand weitgehend markieren müssen: den politischen Parteien. Was immer an Formen, Inhalten und Ergebnissen politischer Partizipation und Willensbildung erwartet wird, ist unter den gegebenen Bedingungen vor allem von den Parteien anzubieten und zu leisten.

II. Funktionen und Strukturen politischer Parteien

Niemand wird ernsthaft behaupten wollen, die Parteien in der Bundesrepublik befänden sich gegenwärtig auf dem Höhepunkt ihres öffentlichen Ansehens. Nachdem ein Teil der wissenschaftlichen Kritiker schon zu Beginn der siebziger Jahre das „Parteiensystem in der Legitimationskrise" sah, macht sich nun auch in breiteren Kreisen der Öffentlichkeit wachsende Kritik an den politischen Parteien bemerkbar. Daß diese — durchaus begründbare und nachvollziehbare — Unzufriedenheit gelegentlich gleich zu einer allgemeinen „Staatsverdrossenheit" hochstilisiert wird, erscheint ebenso übertrieben wie folgerichtig, schließlich ist die politische Ordnung der Bundesrepublik Deutschland rechtlich wie faktisch als Parteienstaat verfaßt, jedenfalls nach dem erklärten Selbstverständnis seiner Parlamentarier: „Die parlamentarische Demokratie in der Bundesrepublik Deutschland ist kraft zwingenden Verfassungsrechts als Parteienstaat geformt."

Zwar weist weder das Grundgesetz in seinem vielkommentierten Artikel 21, noch das erst 1967 verabschiedete Parteiengesetz den politischen Parteien ein Privileg zur Aufstellung von Kandidaten für Volksvertretungen oder ein Monopol im Bereich der politischen Mei-nungsund Willensbildung zu; nahezu alle relevanten sach-und personalpolitischen Entscheidungen werden de facto aber von ihnen getroffen. „Gewiß sind die Entscheidungen der staatlichen Organe der politischen Willensbildung formell Entscheidungen dieser Organe; der Sache nach sind sie, sicher in wechselndem, im Ganzen aber nicht wegzuleugnenden Umfang vielfach Entscheidungen der diese Organe tragenden Parteien. Dieser durch Artikel 21 I GG prinzipiell legitimierte Tatbestand mag durch Personalunionen zwischen Staatsämtern • und Parteiämtern verdeckt werden; er wird dadurch nicht aufgehoben, weil grundsätzlich der staatliche politische Wille wirksam nur mit dem Rückhalt an einer Partei gebildet werden kann." Insofern wird der jeweilige Zustand des politischen Systems von einer kritischen Öffentlichkeit zu Recht in erster Linie den Parteien zugerechnet bzw. angelastet.

Für die Analyse der Organisationswirklichkeit politischer Parteien ist entscheidend, welche konkreten Aufgaben und Funktionen die Parteien im jeweiligen politischen System zu erfüllen haben und welche Möglichkeiten oder Einschränkungen die vorgefundenen Organisationsstrukturen der Parteien für die Erfüllung dieser Funktionen bieten. Für das westdeutsche Parteiensystem ist die Frage insofern verbindlich geklärt, als das dem Auftrag des Grundgesetzes gemäß verabschiedete Gesetz für die politischen Parteien neben ihrer verfassungsrechtlichen Stellung auch die ihnen obliegenden Aufgaben regelt.

Aus dem im § 1 Abs. 1 formulierten Bekenntnis zum modernen Parteienstaat, der verfassungsmäßigen Inkorporation der Parteien in das staatlich-demokratische System, werden im 2. Absatz konsequent die dieser Stellung entsprechenden Aufgaben der Parteien gefolgert und festgelegt: „Die Parteien wirken an der Bildung des politischen Willens des Volkes auf allen Gebieten des öffentlichen Lebens mit, indem sie insbesondere auf die Gestaltung der öffentlichen Meinung Einfluß nehmen, die politische Bildung anregen und vertiefen, die aktive Teilnahme der Bürger am politischen Leben fördern, zur Übernahme öffentlicher Verantwortung befähigte Bürger heranbilden, sich durch Aufstellung von Bewerbern an den Wahlen in Bund, Ländern und Gemeinschaften beteiligen, auf die politische Willensbildung in Parlament und Regierung Einfluß nehmen, die von ihnen erarbeiteten politischen Ziele in den Prozeß der staatlichen Willensbildung einführen und für eine ständige lebendige Verbindung zwischen dem Volk und den Staatsorganen sorgen."

Besonders bemerkenswert an diesem etwas summarischen Aufgabenkatalog ist die ausdrückliche Beziehung aller einzelnen Aufgabenbereiche auf die übergeordnete Funktion der Mitwirkung an der politischen Willensbildung des Volkes, der durch die exklusive Erwähnung im Artikel 21 des Grundgesetzes eine natürliche Priorität eingeräumt ist. Damit ist allen Versuchen, die Aufgaben politischer Parteien auf ihre Funktion der Führungsauslese zu reduzieren jede rechtliche und politische Basis entzogen. Eine solche Verzerrung der verfassungsrechtlichen Grundentscheidung für die repräsentative Demokratie ist durch die Aufforderung des Parteiengesetzes, die aktive Teilnahme der Bürger am politischen Leben zu fördern, explizit ausgeschlossen.

Das Gesetz über die politischen Parteien setzt auch für deren Organisationsstrukturen verbindliche Rahmenbedingungen; so ist im Abschnitt über ihre innere Ordnung die Gliederung der Parteien in Gebietsverbände festgelegt Die Satzungen der Parteien, in denen Größe und Umfang der einzelnen Organisationsstufen konkret zu regeln sind, werden damit grundsätzlich auf das regionale Organisationsprinzip verpflichtet. Neben dieser allgemeinen Festlegung, daß die Parteien sich in Gebietsverbände gliedern, enthält das Gesetz darüber hinaus die bemerkenswerte Forderung, „die gebietliche Gliederung muß soweit ausgebaut sein, daß den einzelnen Mitgliedern eine angemessene Mitwirkung an der Willensbildung der Partei möglich ist", eine vermeintliche Präzisierung, die allerdings offen läßt, ob und inwieweit eine regionale Strukturierung überhaupt die gewünschte „angemessene Mitwirkung" an innerparteilichen Willensbildungsprozessen zuläßt. Die Organisation aller Parteien in der Bundesrepublik entspricht grundsätzlich diesen gesetzlichen Mindestanforderungen; die vorwiegend regionale Erfassung und Aktivierung der Mitglieder ist das allen Parteien gemeinsame Organisationsprinzip: „Die Gliederung der Parteien richtet sich in immer stärkerem Maße nach der Gliederung der staatlichen Verwaltung." Zwar verfügen alle Parteien neben den regionalen Organisationsstrukturen (Orts-, Kreis-, Bezirks-, Unterbezirksverbände u. ä.) noch über ein unterschiedliches System von Vereinigungen, Arbeitsgemeinschaften, Fachausschüssen, Beiräten und Kommissionen, doch sind diese eher gruppen-oder problemorientierten Gliederungen nicht institutionell in der Gesamtpartei integriert. Die mangelnde Kompetenz und Durchsetzungskraft solcher Ausschüsse oder Arbeitsgemeinschaften ergibt sich vor allem aus dem Umstand, daß sie zur Verwirklichung ihrer eigenen Beschlüsse Parteigremien befassen müssen, in denen sie selbst direkt nicht vertreten und somit auf die Unterstützung von Delegierten der jeweiligen Gebietsverbände angewiesen sind. Die Vertretung sachlicher Probleme und Interessen, die sich in gruppenspezifischen oder problemorientierten Arbeitsgemeinschaften der verschiedensten Art artikulieren, ist nur über den Umweg der Delegation durch regionale Organisationsstrukturen möglich.

III. Bürgerengagement und Partizipationschancen der Parteien

Der „aktive Bürger" ist nach wie vor die schwächste Stelle in der Theorie und Praxis der Demokratie wie der Parteien. Dieses Problem ist ebenso unbestritten wie ungelöst, und auch die mit Eifer betriebene Ausweitung der Mitgliederzahlen politischer Parteien und Verbände geht an seinem eigentlichen Kern, der Ermöglichung bzw. Erweiterung politischer Partizipation, vorbei: „Formelle Mitgliedschaft in einer Partei bedeutet nicht ständige politische Aktivität. Vielmehr scheint die Entscheidung, Parteimitglied zu werden, sehr häufig ein individuelles Ereignis zu sein, das durch allerlei Zufälle der Biographie des Individuums gesteuert wird, das aber kaum etwas mit aktiver Teilnahme am politischen Entscheidungsprozeß zu tun hat. Politische Teilnahme und Aktivität bedeuten ein Minimum an Einsicht des Individuums in den politischen Entscheidungsprozeß.

Politische Teilnahme wird also um so intensiver sein, je intensiver das Gefühl bei Mitgliedern vorhanden ist, daß man wenigstens einen gewissen Einfluß auf politische Entscheidungen ausüben kann."

Diese Bedingung ist in der gegenwärtigen Verfassung der Parteien nur in sehr geringem Maße gegeben. Die großen Parteien sind Volksparteien geworden. Diese am wenigsten umstrittene Entwicklung hat nicht nur quantitative, sondern vor allem qualitative Veränderungen bewirkt: „Auch in den Parteien, die für sich in Anspruch nehmen, daß sie über eine programmatische Grundlage verfügen, d. h. imstande sind, in einer weiten Perspektive die gesellschaftliche Entwicklung und ihre Notwendigkeit geistig vorwegzunehmen, dominiert immer mehr die Pragmatik des täglichen Regierungshandels, die schlichte Orientierung am Machterwerb, die Orientierung an den täglichen Agenden der Politik, was immer an perspektivischer Begleitmusik dazu auch gespielt werden mag." Für das politische System im ganzen mag gerade die-se Entwicklung die entscheidende Bedingung seiner bemerkenswerten Stabilität gewesen sein, für die Beurteilung der Attraktivität der Parteien erweist sie sich zunehmend als Problem. Die Umwandlung der alten Weltanschauungsparteien zu den modernen „Allerweltsparteien", die im Bemühen um Maximierung ihres Stimmenpotentials ihr eigentliches politisches Profil zu verlieren drohen mußte auf Dauer das Verhältnis der Mitglieder und Wähler zu den Parteien beträchtlich verändern: Geschwächt wurde in erster Linie die Bereitschaft zur Identifizierung bzw. Festlegung auf eine bestimmte Partei. „Die Motivationen, die einen bewegen können, Mitglied einer Partei zu werden, werden, wie die Poli-tik der Parteien selbst, immer pragmatischer, vordergründiger, alltäglicher. Gerade diejenigen, die in einer Partei etwas werden, gehen in sie mit einem immer schwächeren Prinzipienbewußtsein, aber mit einem immer stärkeren Willen zur Karriere hinein . .. (damit) verliert die Bindung an eine Partei mehr und mehr ihren ideellen, in einem tieferen Sinne legitimierenden Charakter, sie wird zu einer nützlichen Erwerbschaft, an die man aber auch nur gerade soviel wendet, wie sie eben Nutzen abwirft." 12) Je mehr die Bürger ganz konkrete und spezifische Interessen entdek-ken und je selbstbewußter sie diese vertreten, desto mehr drohen *sie sich den politischen Parteien zu entfremden, die in ihren politischen Zielvorstellungen schei Je mehr die Bürger ganz konkrete und spezifische Interessen entdek-ken und je selbstbewußter sie diese vertreten, desto mehr drohen *sie sich den politischen Parteien zu entfremden, die in ihren politischen Zielvorstellungen scheinbar immer diffuser und immer weniger konkret werden. Die Parteien haben ihre Rolle als „staatstragende Organisationen" im Laufe der Jahre zunehmend in einer Weise perfektioniert, die den vielbeschworenen Bürgerdialog oftmals zur Audienz hat verkommen lassen , 11). Die Folge sind Bürgerinitiativen und Neugründungen von Parteien, deren hervorstechendes Merkmal in der Tat die Fixierung auf spezifische Ziele oder gar einzelne Maßnahmen ist (z. B. Bürgerinitiativen zu kommunalpolitischen Problemen, Umweltschutzparteien, Steuerpartei).

Die nahezu monopolartige Stellung der Parteien im politischen Willensbildungs-und Entscheidungsprozeß ist in den letzten Jahren zunehmend durch Bürgerinitiativen, Aktionskomitees und andere spontane Gruppierungen angegriffen und gelegentlich auch aufgebrochen worden; sie haben sich vor allem im kommunalen Bereich als durchaus fähig erwiesen, politische Interessenvertretung in der Gemeinde außerhalb der etablierten Parteien zu organisieren und durchzusetzen. Was immer man von dieser Entwicklung im allgemeinen halten mag, fraglos enthüllt sie Schwächen der Parteien; der ehemals selbstverständliche Weg über die Parteien wird zunehmend als Umweg empfunden und vermieden. Diese mögen den Bürgerinitiativen und anderen politischen Verbandsbildungen noch immer an politischem Einfluß und Durchsetzungsvermögen überlegen sein, die Funktion der Artikulation konkreter Interessen und Bedürfnisse haben sie in nicht unbeträchtlichem Ausmaß bereits an solche sehr problembezogen und flexibel arbeitende Gruppierungen verloren: „Gelingt es nämlich den bestehenden Parteien nicht mehr, die verschiedenen Interessen und Willensbestrebungen relevanter Teile der Bevölkerung einigermaßen angemessen zu repräsentieren, dann sind sie in der Tat ergänzungsbedürftig, dann bricht sich bei denen, die sich nicht mehr repräsentiert fühlen, das Bedürfnis Bahn, neue politische Gruppierungen ins Le-ben zu rufen."

Die Parteien befinden sich inzwischen in einer Situation, in der die Suche nach Möglichkeiten der Zusammenarbeit, wenn nicht sogar Integration solcher Initiativen in die eigene politische Arbeit, zu einem Kernproblem kommunaler Parteiorganisation geworden ist.

„Hier liegt eine große Chance und eine große Gefahr für die Parteien zugleich. Läuft diese neue Realität des Bürgerengagements an ihnen vorbei, verlieren sie ein Stück Konsens mit der Gesellschaft, die sich in Teilbereichen sogar gegen sie wendet. . . Parteiarbeit als Basisarbeit darf sich also nicht in geschlossenen Zirkeln abspielen, auf Mitglieder oder gar auf Vorstände beschränken. Sie muß sich für alle Bürger öffnen. Sie muß Bürgerinitiativen unterstützen, aufbauen, weiterführen."

Es zeigt sich deutlich, daß die Problemlösungskompetenz und Attraktivität der Parteien ganz wesentlich von ihrer Fähigkeit abhängen, konkrete Interessen und Bedürfnisse der Bürger zu artikulieren und zu organisieren. Die großen Parteien in der Bundesrepublik haben jahrelang im technischen Sinne so reibungslos „funktioniert", daß ihnen dabei ihre eigentlichen politischen Funktionen zunehmend aus dem Blick geraten sind. „Vergleicht man den normativen Aufgabenkatalog und die von den Parteien tatsächlich wahrgenommenen Aufgaben miteinander, so ergibt sich, daß die unmittelbar mit Wahlen zusammenhängenden Aufgaben (Personalrekrutierung und Wahlkampfführung) und die Regierungsbildung von den Parteien in der Bun-* desrepublik besser bewältigt wurden als etwa die Formulierung politischer Ziele."

Die Leistungsfähigkeit einer Parteiorganisation entscheidet sich nach wie vor im wesentlichen auf unterer, also kommunaler Ebene. Die kommunale Parteiorganisation ist die unmittelbare Kontaktstelle zwischen den Parteien und einer breiteren Öffentlichkeit; sie ist vor allem aber das einzige verfügbare innerparteiliche Partizipationsfeld der großen Mehrheit ihrer Mitglieder. Dabei stellt sich die kommunale Partei einmal als Teil einer nationalen Parteiorganisation und damit als Basis ihrer innerparteilichen Willensbildung, zum anderen aber als ein weitgehend selbständiger Verband für ein relativ eigenständiges politisches Bezugssystem dar: die Gemeinde. In dieser Beziehung verfügt sie im übrigen über ein beträchtliches Maß an Autonomie.

Alle Mitglieder der großen Parteien sind in einem von mehreren Tausend Ortsverbänden organisiert und nahezu ausschließlich über diese mit höheren Parteigremien verbunden und für sie wählbar. Diese augenblickliche, imParteiengesetz sogar rechtlich fixierte Praxis der vornehmlich regionalen Organisierung politischer Teilnahme in den Parteien erweist sich immer mehr als unzureichend; die Ortsgruppe ist entgegen überkommenen Auffassungen eben nicht mehr das adäquate Organisationsprinzip der modernen Massenpartei ihre lange Tradition, die wesentliche soziologische Veränderungen unberücksichtigt ge-lassen hat, spricht eher gegen als für sie. Das in der Organisationsstruktur der Parteien dominierende Regionalprinzip berücksichtigt zu wenig die konkreten Interessen des Bürgers an der Politik und überschätzt die Bedeutung der örtlichen Bezugseinheit.

Politik wird vom Staatsbürger wie vom Parteimitglied in konkreten Sachproblemen und weniger in den oft zufälligen regionalen Bereichen erfahren. Die Problemlösungskompetenz wie die Partizipationschancen der Parteien sind in den letzten Jahren kaum erweitert worden. Die große Mehrheit der Mitglieder kann zwar — möglicherweise aufgrund allgemeiner politischer Richtungspräferenzen — zum Beitritt motiviert, nicht aber für die aktive politische Mitarbeit gewonnen werden, die in hohem Maße davon abzuhängen scheint, ob ihnen die subjektive Chance zur Vertretung persönlicher Interessen und zur Lösung unmittelbarer Probleme geboten wird Eine im wesentlichen regional orientierte Parteistruktur kann diese beanspruchte Chance effektiver Interessenvertretung und Problemlösung durch» ihre weitgehende Nivellierung dieser Interessenbezüge kaum bieten und provoziert insofern zur innerparteilichen Abstinenz.

Schließlich ist zu berücksichtigen, daß Politik und Parteien im Unterschied zu den meisten Vereinen und Verbänden im wesentlichen „kollektive" Güter produzieren, von deren Gebrauch auch Nichtmitglieder nicht ausgeschlossen werden können. Sie geraten zunehmend in ein Konkurrenzverhältnis zu anderen Angeboten an Freizeit-und Konsumgütern und müssen dabei attraktiv genug sein bzw. bleiben, um überhaupt eine ausreichende Nachfrage nach Politik bei den Wählern und Mitgliedern wachhalten zu können

Die bestehenden Organisationsstrukturen der Parteien sind — gemessen an diesen Kriterien — kaum attraktiv. Sie finden ihre Rechtfertigung primär in organisationslogischen Gesichtspunkten: Sie stimmen in der Regel, wenn auch nicht immer, mit den kommunalen und regionalen Verwaltungseinheiten überein, sie entsprechen mehr oder weniger genau der Einteilung der Wahlkreise, sie sind recht gut überschaubar und insgesamt gut zu managen oder zutreffender: zu verwalten. Einer kritischen Überprüfung ihrer Leistungsfähigkeit für die Funktionen, die politische Parteien in der modernen Demokratie zu erfüllen haben, können sie kaum standhalten und bestätigen insofern die These von Robert Michels, daß Organisationen dazu tendieren, von einem Mittel zum Zweck zum Selbstzweck zu werden: „Als oberstes Gesetz der Partei bildet sich die Tendenz, alles fernzuhalten, was in die Speichen ihres Räderwer-kes eingreifen und ihre äußere Form, die Organisation, bedrohen könnte."

Eine im wesentlichen regionale Strukturierung der Parteiorganisation impliziert die Einheitlichkeit der Erfahrung von Politik in den jeweiligen, der Organisationsstruktur zugrunde gelegten regionalen „Einheiten". Da eine moderne, differenzierte Gesellschaft sich aber gerade dadurch auszeichnet, daß politische Verwaltungsgrenzen und soziale Umwelten immer weniger miteinander übereinstimmen, wird die generell unterstellte Identifikation des Bürgers mit seiner Gemeinde oder gar nur seinem Stadtteil zur Ausnahme und keineswegs zur Regel; für ihn sind zwar die Orte, nicht aber seine Interessen und Probleme austauschbar. Aus diesem grundsätzlichen Gesichtspunkt verspricht auch die häufig vorgeschlagene Stärkung der Ortsverbände keine wesentliche Verbesserung ihrer Funktionsfähigkeit, jedenfalls dann nicht, wenn darunter lediglich „die Verlagerung vieler Aufgaben vom Kreisverband auf die unterste Organisationsebene, den Ortsverband" verstanden wird, der bislang zur befriedigenden Erledigung seiner eigenen Aufgaben kaum in der Lage war und gerade deshalb Anlaß zu Reformüberlegungen gegeben hatte.

Empirische Untersuchungen haben gezeigt, daß die Ortsverbände der Parteien gerade in bezug auf die politisch herausragende Willensbildungsfunktion besondere Leistungsschwächen aufweisen Sofern es sich nicht um — meist kommunalpolitische — Interessen handelt, die in der Tat die Region als sol-che betreffen, sind die Ortsverbände zur Beteiligung an einem innerparteilichen Willensbildungsprozeß von unten nach oben, der ihre jeweilige Meinung formulieren und als Stellungnahme, Anregung oder Antrag an die nächsthöheren Parteigremien weiterleiten würde, kaum in der Lage. Dies gilt oft selbst für solche Probleme, die die Gesamtpartei (von oben nach unten!) mit Priorität versehen und ihren Gliederungen zur Diskussion und Kommentierung empfohlen hat Die durchschnittliche Beteiligungsquote der Mitglieder an den Versammlungen der Ortsverbände beträgt etwa 1/4 des Mitgliederbestandes, wobei die Beobachtung gemacht werden konnte, daß der Anteil der aktiven Mitglieder in kleinen Verbänden relativ größer ist als in den mitgliederstarken Auch deshalb erweisen sich kleine Bürgerinitiativen gelegentlich als schlagkräftiger als große Parteien.

Beiträge zur Wahrnehmung der Aufgaben politischer Parteien leisten ihre Ortsverbände noch am ehesten als Basis eines passiven Informationsprozesses von oben nach unten, da durch sie sämtliche Parteimitglieder organisatorisch erfaßt sind, sowie als Rekrutierungsebene für politisches Führungspersonal, wenngleich auch in diesen Bereichen deutliche Funktionsdefizite nicht zu übersehen sind: „Häufig geht es gar nicht darum, wer als Kandidat gewählt wird, sondern wie man eine ausreichende Zahl von Bewerbern findet."

IV. Reformansätze: Partizipation durch interessenorientierte Strukturen

„Es geht in der jetzigen Situation nicht darum, daß die etablierten Parteien ihren Besitzstand verteidigen oder gar noch ausbauen sollen — sie täten umgekehrt gut daran, ihr allzu unbekümmertes Versorgungsdenken und ihre in alle öffentlichen Bereiche sich erstreckenden Durchdringungsstrategien kritisch zu überprüfen; es geht vielmehr darum, das unsere politische Stabilität verbürgende Parteiensystem zu erhalten; es geht darum, die großen Parteien vor dem Auseinanderfallen in mehrere Interessen-und ideologische Parteien alten Stils zu bewahren, und die Bürger — auch die zeitweilig verdrossenen — vor dem Trugschluß zu warnen, ihrer aller Interessen wären in einem heterogenen, bunteren Parteiensystem besser aufgehoben." Dies aber hat die Revitalisierung der Parteien und ihrer politischen Funktionsfähigkeit zur zwingenden Voraussetzung.

Jeder Versuch, den Strukturdefekten der bestehenden Parteiorganisation ein Alternativ-konzept entgegenzusetzen, muß von den Bedingungen ausgehen, die eine moderne, hochdifferenzierte Gesellschaft für Politik und politische Arbeit setzt. Eine dieser Bedingungen ist die Pluralität der sozialen Beziehungen, der Verlust der Einheitlichkeit. Dies gilt nicht nur für die Gesellschaft als ganzes, sondern ebenso für den Bereich der Stadt oder Gemeinde, der unmittelbaren Nahtstelle für Politik und Öffentlichkeit, zwischen Parteien und Bürgern. Jede Stadt und jede Gemeinde hat ihre je eigenen soziologischen Verhältnisse, und schon von daher ist nicht einzusehen, wie ein einheitliches Organisationskonzept der Parteien den gänzlich verschiedenen Bedingungen der einzelnen Gemeinden entsprechen soll, zumal der politische Begriff und Bereich der Gemeinde mit seiner soziologischen Dimension keineswegs deckungsgleich ist

Es kann also grundsätzlich kein allgemein-gültiges Modell, kein Patentrezept für Partei-arbeit schlechthin geben, weder für ihre praktische politische Arbeit noch für ihre organisatorische Struktur. Der Erfolg einer Partei hängt gerade im kommunalen Bereich weniger von dem Maß ihrer Übereinstimmung mit einem allgemeinen Schema ab, als von der Analyse der konkreten Bedingungen, Probleme und Verhältnisse der jeweiligen politischen Bezugseinheit und ihrer Umsetzung in adäquate Organisationsstrukturen und gezielte politische Arbeit.

Zur Verbesserung der Partizipationschancen und der Funktionsfähigkeit politischer Parteien sollte das regionale Organisationsprinzip ergänzt werden durch ein gleichgewichtiges, aber weniger schematisches Prinzip: Durch ein flexibles, den konkreten Bedingungen der jeweiligen politischen Bezugsebene, d. h.der jeweiligen Stadt oder Gemeinde entsprechendes System von sozialen Gruppierungen, Arbeitskreisen, Ausschüssen, Projektgruppen u. ä.; im Ergebnis also eine „dreidimensionale Organisationsstruktur auf lokaler Ebene" die neben den Ortsverbänden bzw. anderen an der Verwaltungsgliederung orientierten Regionalstrukturen als Basisverbände weitere, an sozialen Merkmalen orientierte ständige Subsysteme enthalten müßte, und drittens schließlich projektbezogene Strukturen, die im Unterschied zu den beiden erstgenannten Elementen von Fall zu Fall eingerichtet und nicht auf Dauer gestellt werden müssen. Diese multifunktionale Organisationsstruktur müßte geeignet sein, die unterschiedlichen Zugänge zur Politik aufzugreifen und in einem ständigen, auf Artikulation und Kommunikation der beteiligten Gruppen aufbauenden Integrationsprozeß zu einem einheitlichen politischen Konzept zu entwickeln.

Die spezifischen Interessen des Bürgers an der Politik müssen da aufgegriffen werden, wo sie tatsächlich entstehen; das bedeutet: Die ständigen wie politisch spontanen Gruppierungen der Bevölkerung müssen als wichtige Träger der politischen Meinungsbildung und Willensbildung akzeptiert werden. Dabei dürfte es sich für die Parteien als zweckmäßig erweisen, die Mitarbeit in solchen Arbeitskreisen und Ausschüssen auch denjenigen zu ermöglichen, die aus den verschiedensten Gründen die formelle Mitgliedschaft in einer Partei ablehnen; oft sind gerade diese besonders qualifizierte und sachkundige — meist durch Vereins-oder Verbandsfunktio-* nen profilierte — Bürger, auf deren Urteilsvermögen und Sachverstand die Parteien kaum verzichten können

Ein durchgängiges Ergebnis nahezu aller empirischen Studien sollte endlich zu praktischen Schlußfolgerungen führen, daß nämlich „wenigstens auf lokaler und regionaler Ebene (der untersuchten Parteien) die innerparteiliche Partizipation geradezu ein Korrelat pluralistischer Parteistrukturen ist" Die Suche nach praktischen Veränderungsmöglichkeiten innerhalb der Parteien muß hier ansetzen. Die Ergänzung der eher starren regionalen Organisationsstrukturen der Parteien durch ein flexibles, multifunktionales System differenzierter, problemorientierter Strukturen zielt ab auf eine Steigerung der Problemlösungskompetenz durch Erweiterung innerparteilicher Partizipationschancen. Ein völliger Verzicht auf regionale Strukturen ist allein wegen des Umfangs und der Bedeutung der politisch zu organisierenden Verwaltungsbereiche weder möglich noch zweckmäßig.

Darüber hinaus sind die Ortsverbände noch am ehesten 'als Basis eines unverzichtbaren passiven Informationsprozesses von oben nach unten geeignet, da durch sie und nur durch sie sämtliche Parteimitglieder organisatorisch erfaßt sind.

Natürlich ist eine Differenzierung der Parteiorganisation nach Interessen-und Aufgabenbereichen mit spezifischen Problemen verbunden.

Es stellt sich das Problem einer möglichen Institutionalisierung innerparteilicher Fraktionsbildung durch Akzeptierung interessen-

und problemorientierter Gruppierungen.

Eine solche oberflächliche Betrachtung übersieht aber den wesentlichen integrationsfördernden Umstand, daß die wechselnden Interessenstrukturen der Mitglieder und ihre unterschiedliche Betroffenheit von jeweils relevanten politischen Problemen den Wechsel parteiinterner Koalitionen fördern und zugleich die völlige Verkrustung und Isolierung einzelner Gruppierungen verhindern. Schließlich darf in der Gewinnung bzw. Erhaltung der staatlichen Macht ein allen gemeinsames primäres Organisationsziel vermutet werden, das die Partei als ganzes zur Relativierung einzelner Interessen und zur Öffnung gegenüber der gesamten Gesellschaft bzw. Wählerschaft zwingt. Das Risiko einer Fixierung der Gesamtpartei auf spezifische Einzeloder Gruppeninteressen erscheint jedenfalls geringer als die Versuchung zur Profillosigkeit im Zuge einer vollständigen Öffnung nach allen Seiten im Interesse einer Maximierung von Wählerstimmen.

Die mit der Weiterentwicklung der bestehenden Organisationsstrukturen angestrebte Verbreitung und Intensivierung der innerparteilichen Willensbildung von unten nach oben erfordert, wenn sie nicht bloß Dekoration bleiben soll, zwingend auch eine Neufestsetzung der Entscheidungskompetenzen sowie der Formen innerparteilicher Konfliktregelung. Mit dem Ziel einer Partizipationsstreuung unvereinbar ist die nahezu unangefochtene Praxis, alle wichtigen Angelegenheiten der Partei durch eine kleine Gruppe führender Parteifunktionäre entscheiden zu lassen, selbst wenn es sich dabei um ordnungsgemäß gewählte Vorstände handelt. Ein solches Vorgehen begünstigt eine innerparteiliche Konfliktregelung, die weniger an dem für repräsentativ-demokratische Strukturen adäquaten Konkurrenzmodell politischer Willensbildung als vielmehr am Konkordanzmodell orientiert ist: Entscheidungen in Personal-und Sachfra-. gen resultieren häufiger aus einem informellen „Einvernehmen" der wichtigsten Gruppenvertreter, als aus einem offenen innerparteilichen Wettbewerb konkurrierender Gruppen „Das Konkurrenzmodell findet in der Regel erst dann seine Anwendung, wenn durch den Prozeß des Aushandelns eine alle Beteiligten einigermaßen befriedigende Konfliktlösung nicht mehr möglich ist."

Die Forderung nach demokratischer Konfliktregelung auch im innerparteilichen Willensbildungsprozeß setzt eine weitgehende Transparenz und die Beteiligung der jeweiligen Konfliktparteien voraus. Diese Bedingung ist durch einvernehmliche Entscheidungen im Parteivorstand nicht einzulösen. Daher sind in Anlehnung an die Hinweise des Parteiengesetzes die satzungsmäßig zuständigen Organe für die Beratung und Entscheidung aller wichtigen politischen und organisatorischen Angelegenheiten der Partei nicht deren jeweilige Vorstände, sondern die Parteitage bzw. Parteiausschüsse, die im Interesse größerer Transparenz und Partizipation als Voraussetzung demokratischer innerparteilicher Konfliktregelung aktiviert und in ihre Rechte eingesetzt werden müssen. Durch eine entsprechende Zusammensetzung bietet dieses Parteiorgan die Möglichkeit einer regelmäßigen und umfassenden Kommunikation zwischen allen in der Partei vorhandenen Gruppierungen und Interessen und stellt zugleich die demokratische Legitimierung der Entscheidung des für alle verbindlichen Parteiwillens dar.

Schließlich bleiben Formen der Mitgliederbeteiligung erwägenswert, denen gegenüber hierzulande noch immer eine besondere Skepsis und Zurückhaltung besteht, so z. B. die Einschaltung von Mitgliederbefragungen oder die Durchführung von Vorwahlverfahren bei der Aufstellung von Kandidaten für die verschiedenen Parlamente Die bisherigen Erfahrungen von Experimenten vor allem in Österreich aber auch in Deutschland begründen jedenfalls nicht eine grundsätzliche Ablehnung solcher erweiterter Beteiligungsverfahren.

Natürlich ist es wenig sinnvoll, Demokratisierungsstrategien für politische Parteien zu entwickeln, ohne die Konsequenzen erweiterter innerparteilicher Partizipation für das Gesamtsystem zu berücksichtigen. Aber gerade dieses politische System, „die Konkurrenzdemokratie, kann nur funktionieren, wenn der Wähler zwischen echten Alternativen wählen kann. Dies kann er paradoxerweise nur, wenn die Parteipolitiker nicht nur wählerorientiert, sondern auch parteimitgliederorientiert sind." Dieses Ziel erscheint nur erreichbar und die festgestellten Schwächen nur korrigierbar durch eine stärkere Politisierungder Parteien, die der Konfrontation mit den konkreten Interessen an der Politik nicht über diffuse Organisationsstrukturen und Machtstrategien ausweichen dürfen. „Zwar fehlt es nicht an Ansätzen funktionaler Parteiorganisationen, also z. B. an Organisationsformen, die sich an konkreten, d. h. natürlich auch im Zeitablauf ändernden und wandelnden Interessen der Bürger orientieren. Sie ha-ben jedoch zur Zeit mehr ephemere als konstituierende Bedeutung für die Parteiarbeit . . . Wenn aber die Verfassungswirklichkeit zeigt, daß Bürger ad hoc zum Engagement, zur politischen Partizipation bereit sind, ist es Aufgabe der Parteien, dafür Kanäle zu schaffen — nicht darüber zu lamentieren, daß die vorhandene Bereitschaft nicht in ihre vorgegebenen Schläuche paßt."

V. Der Beitrag der politischen Bildung zum Abbau der „Parteien-und Staatsverdrossenheit"

Die um sich greifende politische Verdrossenheit stellt aber nicht nur die Parteien vor eine besondere Herausforderung, sondern auch die politische Bildung. Sie kann und sollte einen wichtigen Beitrag zur Rationalisierung und Relativierung der hier zur Diskussion stehenden Probleme leisten; nicht durch Vernebelung von Problemen oder durch Beschönigung kritikwürdiger Verhältnisse. Damit wäre niemandem gedient. Eben-so wenig durch Überbietung unrealistischer Ansprüche und Erwartungen oder eine vordergründige Politisierung, die am Ende eher eine Krise politischer Bildung als einen Beitrag zur politischen Krisenbewältigung bewirkt. Vielmehr sollte sie das Unbehagen aufgreifen und seine Gründe und Hintergründe verdeutlichen helfen. Auf mögliche Ansatzpunkte soll abschließend hingewiesen werden:

1. Unter dem wenig genauen Sammelbegriff der „Staatsverdrossenheit" verbergen sich fraglos Probleme und berechtigte Beschwerden, die auf Funktionsdefizite und Strukturdefekte relevanter Organisationen des politischen Systems hinweisen. Es gibt aber auch Kritik und Klagen, die weniger dem System als solchem als vielmehr der fehlenden Kenntnis über seine Funktionsmechanismen anzulasten sind. Dies gilt ganz besonders für die Einschätzung parlamentarischer Entscheidungsprozesse, deren „landläufige Kritik" Ernst Fraenkel zu Recht als „das kritikbedürftigste Moment des Bonner Parlamentarismus" bezeichnet hat: „Sie ist reaktionär und schizophren. Sie sehnt sich heimlich nach einer starken Regierung und bekennt sich öffentlich zu der Herrschaft eines allmächtigen Parlaments. Sie beschimpft den Abgeordneten, wenn es zu einer Regierungskrise kommt, und verhöhnt ihn, wenn er getreulich die Fraktionsparole befolgt. Sie verkennt die notwendigerweise repräsentative Natur eines jeden funktionierenden Parlamer. tarismus und verfälscht seinen Charakter, indem sie ihn plebiszitär zu interpretieren versucht." Sofern hier „Staatsverdrossenheit" entsteht oder begründet wird, beruht sie auf falschen Voraussetzungen, denn diese Kritik „stellt an den demokratischen Parlamentarismus Anforderungen, bei deren Erfüllung er automatisch zusammenbrechen würde"

Der politischen Bildung stellt sich hier die vorrangige Aufgabe, Zusammenhänge zu verdeutlichen und damit Informationsdefizite abzubauen. 2. Die Teilnahme an politischen Entwicklungen und Entscheidungen ist nicht nur über Parteien möglich. Politische Bildung kann und sollte alternative Partizipationschancen über Vereine, Verbände, Medien, Bürgerinitiativen transparent und damit dem interessierten Bürger verfügbar machen; zugleich aber hat sie zu verdeutlichen, daß es in der Regel keine politische Partizipation mit Aussicht auf Erfolg gibt, die völlig an den Parteien vorbei oder über sie hinweg geht. Die Verfassungsnorm des politischen Systems der Bundesrepublik Deutschland als repräsentative, parlamentarische Demokratie hat die Verfassungswirklichkeit des Parteienstaates zur notwendigen Folge. Es ist daher redlicher und zugleich politisch verantwortlicher, entsprechende Illusionen frühzeitig abzubauen als spätere Frustrationen in Kauf zu nehmen oder gar zu programmieren. 3. Die Dominanz der Parteien im politischen Meinungs-und Willensbildungsprozeß ist unter anspruchsvollen normativen Prämissen letztlich nur zu rechtfertigen bei weitgehender Transparenz und Offenheit innerparteilicher Strukturen und Entscheidungsprozesse Der politischen Bildung stellen sich hier Aufgaben und Möglichkeiten gegenüber den parteipolitisch bereits engagierten und aktiven Bürgern und Funktionsträgern. „Es gibt Lernprozesse der Praxis, die durch institutionalisierte Bildung nicht ersetzt werden können. Es gibt aber auch Lernprozesse, die nur in Distanz zur Praxis möglich sind. Dem politisch Aktiven muß politische Bildung die Möglichkeit geben, zeitweise außerhalb der Praxis über die Praxis nachdenken zu können . . . Gerade wer sich politisch festgelegt hat, tut sich allein schwer, Zusammenhänge auch losgelöst von seiner jeweiligen Position zu betrachten, auf andere zu hören und andere Sichtweisen nachzuvollziehen."

4. Es liegt in der Logik eines politischen Wettbewerbssystems, daß einmal festgestellte Probleme und Schwierigkeiten durch wechselseitige Kritik interessierter und meist konkurrierender Organisationen und Personen eher dramatisiert als relativiert werden. Hier kommt der politischen Bildung eine Vermitt-lungsfunktion zu, die notwendige Auseinandersetzung um den Zustand des westdeutschen Parteiensystems in angemessene Proportionen zu rücken; allzu häufig wird nämlich übersehen, daß wir die politische Stabilität der Zweiten Deutschen Republik nicht zuletzt einigen Eigenschaften jener Parteien verdanken, die heute besonders heftig kritisiert werden. Denn „was wir trotz aller bürokratischen Schwerfälligkeit, trotz säuselnder Propaganda, trotz Hang zu Verfilzung ... an unseren staatstragenden Parteien gehabt haben und noch immer haben, das würden wir voller Bestürzung feststellen, wenn wir dieses relativ gut funktionierende Parteiensystem aus purer Lust an der Vielfalt mutwillig zerschlagen hätten"

Fussnoten

Fußnoten

  1. Ernst Fraenkel, Strukturdefekte der Demokratie und deren Überwindung in: Aus Politik und Zeit-beschichte B 9/64, jetzt in: E. Fraenkel, Deutschland und die westlichen Demokratien, Stuttgart 1964, S. 49.

  2. Ebda, S. 51.

  3. Siehe dazu die zusammenfassende Darstellung der Ergebnisse verschiedener demoskopischer Untersuchungen im Spiegel-Report: „Staatsverdrossenheit: . Schon in Ordnung’", Heft Nr. 27, 1977, S. 25— 28.

  4. Exemplarisch dafür der Sammelband von Jürgen Dittberner und Rolf Ebbighausen, Parteien-system in der Legitimationskrise, Studien und Materialien zur Soziologie der Parteien in der Bundesrepublik Deutschland, Opladen 1973.

  5. So der Abgeordnete Even in seinem Bericht zu dem von den drei Fraktionen des Bundestages gemeinsam eingebrachten Entwurf einen Parteiengesetzes: Verhandlungen des deutschen Bundestages, 5. Wahlperiode, Anlage zu den stenographischen Berichten, Band 13 zu Drucksache V/1968,

  6. Konrad Hesse, Die verfassungsrechtliche Stellung der politischen Parteien im modernen Staat, in: Veröffentlichung der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer, Heft 17, 1959.

  7. So z. B. Heino Kaack, Geschichte und Struktur des westdeutschen Parteiensystems, Opladen 1971, S. 15 u. 687; Ulrich Lohmar, Innerparteiliche Demokratie, Stuttgart 1963; S. 121; Otto Kirchheimer, Der Wandel des westeuropäischen Parteiensystems, in: Politische Vierteljahresschrift, 6. Jg. 1965, S. 39.

  8. Gesetz über die politischen Parteien vom 24. Juli 1967, § 7 Abs. 1.

  9. Heino Kaack, Geschichte und Struktur des deutschen Parteiensystems, a. a. O., S. 372.

  10. Niels Diederich, Zur Mitgliederstruktur von CDU und SPD, in: Dittberner/Ebbighausen, Parteiensystem in der Legitimationskrise, a. a. O., S. 55.

  11. Wilhelm Hennis, Aufgabe und Grenze der Parteien, in: ders., Die mißverstandene Demokratie. Demokratie-Verfassung-Parlament, Studien zu deutschen Problemen, Freiburg 1973, S. 140.

  12. Zu Begriff und Typus siehe Otto Kirchheimer, Der Wandel des westeuropäischen Parteiensystems, a. a. O.

  13. Wilhelm Hennis, Aufgabe und Grenze der Parteien, a. a. O., S. 140.

  14. Kurt Sontheimer, So schlecht sind die Parteien nicht. Die modische Kritik am System übersieht seine Leistungen, in: Deutsche Zeitung Nr. 38 vom 15. 9. 78, S. 2.

  15. Rüdiger Göb, Kommunalpolitik und Parteiorganisation, in: Kommunalpolitische Blätter. Organ der kommunalpolitischen Vereinigung der CDU und CSU Deutschlands, 25. Jg., Nr. 5/6 S. 142.

  16. Peter Haungs, Funktionsoptimierende Strukturen lokaler Parteiorganisation, in: Strukturprobleme des lokalen Parteiensystems, hrsg. vom Institut für Kommunalwissenschaften der Konrad-Adenauer-Stiftung, Bonn 1975, S. 304.

  17. So noch ausdrücklich Maurice Duverger, Die politischen Parteien, Tübingen 1959, S. 45.

  18. Zur Struktur der Partizipationsanreize siehe Mancur Alson jr„ Die Logik'des kollektiven Handelns, Tübingen 1968; Lester W. Milbrath, How und why do people get involved in politics?, Chicago 1965; David Barry, Party Membership and Sozial Participation, in: Political Studies Nr. 17, 1969, S. 196— 207.

  19. vgl. Jürgen Habermas, Strukturwandel der Öffentlichkeit, Neuwied 1962, S. 237; David Riesman, Die einsame Masse, Reinbek bei Hamburg 1958, S. 182; Rene König, Grundformen der Gesellschaft: Die Gemeinde, Reinbek bei Hamburg 1958, S. 40.

  20. Robert Michels, Zur Soziologie des Parteiwesens in der modernen Demokratie. Untersuchungen über die oligarchischen Tendenzen des Gruppenlebens, Leipzig 1911, Neuausgabe der 2. Auflage hrsg. von Werner Conze, Stuttgart 1970, S. 348.

  21. So die Empfehlung eines „Modellversuchs Kreisverbandsarbeit" der CDU-Bundesgeschäftsstelle aus dem Jahre 1973.

  22. Siehe dazu u. a. Renate Mayntz, Parteigruppen in der Großstadt. Untersuchungen in einem Berliner Kreisverband der CDU, Köln/Opladen 1959; Ulrich Lohmar, Innerparteiliche Demokratie. Eine Untersuchung zur Verfassungswirklichkeit politischer Parteien in der Bundesrepublik Deutschland, Stuttgart 1963; Norbert Lammert, Lo-kale Organisationsstrukturen innerparteilicher Willensbildung. Fallstudie am Beispiel eines CDU-Kreisverbandes im Ruhrgebiet, Bd. 5 der Schriftenreihe des Instituts für Kommunalwissenschäften der Konrad-Adenauer-Stiftung, Bonn 1976; Joachim Raschke, Innerparteiliche Opposition. Die Linke in der Berliner SPD, Hamburg 1974.

  23. Z. B. zur Vorbereitung der Beschlüsse eines Bundesparteitages; siehe dazu Norbert Lammert, Lokale Organisationsstrukturen innerparteilicher Willensbildung, a. a. O., S. 76 f.

  24. Heino Kaack, Geschichte und Struktur des deutschen Parteiensystems, a. a. O., S. 471; Nils Diederich, Party Member and Local Party Branch, in: Otto Stammer (Hrsg.) Party Systems, Party Organizations and the Politics of New Masses, Berlin 1968; Norbert Lammert, Lokale Organisationsstrukturen innerparteilicher Willensbildung, a. a. O., S. 75.

  25. Heino Kaack, Geschichte und Strukturen des deutschen Parteiensystems, a. a. O., S. 474.

  26. Kurt Sontheimer, So schlecht sind die Parteien nicht, a. a. O.

  27. Sieher dazu vor allem Rene König, Grundformen der Gesellschaft: Die Gemeinde, a. a. O.; Rene König, Die soziale Struktur der Stadt, in: Soziologische Orientierungen, Köln 1965.

  28. Manfred Hättich, Parteien als Integrationssysteme, in: Strukturprobleme des lokalen Parteiensystems, a. a. O., S. 282.

  29. Und wohl auch immer weniger verzichten wollen; so lassen sich aus allen Parteien prominente Befürworter offener Parteistrukturen zitieren. Bei der SPD haben entsprechende Empfehlungen inzwischen sogar Eingang in offizielle Parteiprogramme gefunden, so z. B. in den „Ökonomisch-politischen Orientierungsrahmen für die Jahre 1975— 1985", Ziffer 3. 3. 1.

  30. Helmut Köser, Empirische Parteienforschung, in: Wolfgang Jäger (Hrsg.), Partei und System. Eine kritische Einführung in die Parteienforschung, Stuttgart 1973, S. 39.

  31. Siehe dazu Paul Kevenhörster, Demokratie-konzeptionen und Demokratisierungsbestrebungen, in: Grenzen der Demokratie? Probleme und Konsequenzen der Demokratisierung von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, hrsg. von Ludwig Erhard/Kurt Brüß/Bernhard Hagemeyer, Düsseldorf/Wien 1973, S. 66.

  32. Herbert Kühr, Probleme innerparteilicher Demokratie in der CDU, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 34— 35/74, s. 8 f.

  33. Parteiengesetz § 12, Abs. 1.

  34. Siehe dazu Peter Haungs, Mitgliederbefragung zur Kandidatenaufstellung. Das Experiment des CDU-Bezirksverbandes Rheinhessen-Pfalz, in: Zeitschrift für Parlamentsfragen, Heft 4, 1970, S. 403— 417.

  35. Joachim Henkel, Zur Übertragbarkeit ausländischer Vorwahlverfahren (USA, Frankreich, Großbritannien, Österreich) auf die Wahlen zum Deutschen Bundestag. Stenographische Niederschrift der Seminartagung der Deutschen Vereinigung für Parlamentsfragen zum Thema: Kandidatenaufstellung durch Vorwahlen? am 2. Dez. 1974 in Bonn, S. 140— 161.

  36. Die österreichische Volkspartei (ÖVP) hat Möglichkeiten der Vorwahl seit Dez. 1972 sogar in ihrem Organisationsstatut verankert.

  37. Wolfgang Jäger, Innerparteiliche Demokratie und Repräsentation, in: ders., Partei und System, a. a. O., S. 138.

  38. Werner Kaltefleiter, Instrumente demokratischer Regierungsweise? Zur Innovationsfähigkeit politischer Parteien, in: Die politische Meinung, Sonderheft „Parteiendemokratie", Bonn 1974, S. 18 f.

  39. Zur „Krise in der politischen Bildung" siehe vor allem das Heft 2/1977 der Materialien zur Politischen Bildung mit Beiträgen von Rolf Schmiederer, Heinrich Oberreuter, Alfons-Otto Schorb, Karl Christoph Lingelbach, Norbert Lammert u. a.; vgl. dazu auch den Beitrag von Günter C. Behrmann, Politikwissenschaft — ein Krisenherd politischer Bildung?, in: Das Parlament, Nr. 39 vom 1. 10. 1977, S. 7.

  40. Ernst Fraenkel, Strukturdefekte der Demokratie, a. a. O., S. 55.

  41. Ebda.

  42. „Die Chance der Freiheit in einem nicht mehr in Frage gestellten Gesellschaftssystem liegt in der Verwirklichung der innerparteilichen Demokratie", Ekkehart Krippendorf, Das Ende des Parteienstaates, in: Der Monat, Heft 160, 1962, S. 70.

  43. Politische Erwachsenenbildung. Ein Positionspapier von Hans Bolewski, Bernhard Gebauer, Manfred Hättich u. a.; in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 48/78, S. 16.

  44. Kurt Sontheimer, So schlecht sind die Parteien nicht, a. a. O., S. 2.

Weitere Inhalte

Norbert Lammert, Dr. rer. soc., geb. 1948; Studium der Politikwissenschaft, Soziologie, Sozialökonomie und Neueren Geschichte in Bochum und Oxford; 1975— 1978 Lehrbeauftragter für Politikwissenschaft an der Fachhochschule Bochum, freiberuflich tätig in der politischen Erwachsenenbildung. Veröffentlichungen u. a.: Lokale Organisationsstrukturen innerparteilicher Willensbildung. Fallstudie am Beispiel eines CDU-Kreisverbandes im Ruhrgebiet, Bonn 1977; Emanzipation oder Freiheit? Anmerkungen zur Wertzieldiskussion politischer Bildung; in: Materialien zur Politischen Bildung, 2/1977; Wirtschaft in der Gesellschaft. Entwicklungslinien und Problemfelder der deutschen Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung, (Hrsg.), München 1978.