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Widerstand gegen Hitler und europäische Föderation | APuZ 26/1984 | bpb.de

Archiv Ausgaben ab 1953

APuZ 26/1984 Artikel 1 Der 20. Juli 1944 in den offiziellen Gedenkreden der Bundesrepublik und in der Darstellung der DDR Politische Opposition als Organisationsprozeß gesellschaftlicher Erfahrung Zum Widerstandskonzept der Sopade im Dritten Reich Widerstand gegen Hitler und europäische Föderation

Widerstand gegen Hitler und europäische Föderation

Walter Lipgens t

/ 31 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Widerstand gegen den Nationalsozialismus war auch in den besetzten Ländern West-und Nordeuropas nicht nur eine nationale Reaktion auf die Eroberung selbst, sondern dem Widerstand lagen vor allem politisch-moralische Motive zugrunde. Eine neue, zukünftige Gesellschaftsordnung mußte nach Auffassung aller nichtkommunistischen Rsistancegruppen drei Hauptforderungen genügen: 1. Die Menschenrechte und politischen Freiheiten wiederherstellen. 2. An die Stelle des totalitären Staatsabsolutismus und der durch nationalistische Parolen überdeckten Klassengegensätze der Vorkriegszeit eine wirklich freiheitliche, soziale und dezentralisierte Demokratie treten lassen. 3. Durch die Einrichtung übernationaler Autoritäten den Frieden sicherstellen, wirtschaftlichen Ausgleich gewährleisten und gegen alle Versuche vorgehen, demokratische Freiheiten einzuschränken. Nach dem Ende des Krieges fehlten jedoch jene Voraussetzungen, die die Widerstandsgruppen für eine Neugestaltung Europas angenommen hatten. Die weltpolitischen Veränderungen ließen es nicht zu, daß die Europäer ihr Schicksal selbst bestimmten. Wenn es dennoch eine Kontinuität zu den Vorstellungen der Widerstandsgruppen gab, so war dies das Werk privater Vereinigungen, die sich 1946/47 in den großen Städten Westeuropas bildeten. Ihre propagandistische Tätigkeit war hilfreich und in manchem wegweisend bei der Lösung der europäischen Probleme, die seit 1947/48 angegangen wurden: 1. Die Verabschiedung der „Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten", vor allem aber die Einrichtung des Europäischen Gerichtshofes. 2. Die Ausweitung sozialstaatlicher Sicherungen; legislative und administrative Zentralismen mußten in den letzten Jahren selbst in Frankreich abgebaut werden. 3. Die Aufhebung des Freund-Feind-Denkens im Rahmen einer europäischen Ordnung, in der institutionelle Mechanismen, festgelegt in einem detailliert ausgearbeiteten europäischen Recht, die Konfliktregelung sichern. Die Europäische Gemeinschaft löst heute schon viele Probleme im Bereich der Wirtschaft und des Rechts auf der Basis transnationaler Regelungen. Das Erreichte beweist, daß die Widerstandsgruppen schon vor dem Kriegsende den Weg zur Lösung der europäischen Probleme zutreffend gewiesen haben.

Am 40. Jahrestag des 20. Juli 1944 wird man des moralischen Mutes derjenigen Deutschen gedenken, die damals einen Putsch gegen das Regime Hitlers gewagt haben; und man wird hinzufügen, daß dies ein mahnendes Beispiel bleiben müsse. Doch wird man zu Recht auch klarstellen müssen, daß wir in Westeuropa heute in freiheitlichen Demokratien leben, die Meinungsfreiheit, Versammlungsfreiheit und Freiheit zur Bildung oppositioneller Parteien garantieren, in denen die individuellen Menschenrechte durch unabhängige Gerichte geschützt werden, Gewaltenteilung und Ab-wählbarkeit der Regierenden gesichert sind.

So bliebe der reale Bezug zwischen damaligem Widerstand und heutigen Problemen sehr mager. Es hieße wesentliche Teile dessen, was auch der deutsche Widerstand repräsentierte, vernachlässigen, wenn in den Gedenkreden nicht auch an drei entscheidende Tatbestände erinnert würde: Erstens daran, daß Hitler nach einer Anlaufphase fast alle Nachbarländer seiner Herrschaft unterwarf,

Einleitung

„Hitlers Regime" sich über das ganze kontinentale Europa erstreckte und Widerstandsgruppen in allen Ländern entstanden. Diese Widerstandsgruppen wußten sich, obgleich oft ohne Kontakt untereinander, im Kampf „gegen denselben Feind und gegen dieselbe Ideologie für dasselbe Ideal der Freiheit" vereint; Resistance existierte also als übernationales Phänomen -Zum zweiten und wichtiger: Die Männer und Frauen riskierten in diesen Widerstandsgruppen ihr Leben nicht einfach gegen einen bestehenden Zustand, sondern vor allem für etwas, um dessentwillen sie den bestehenden Zustand bekämpften. Man verfehlt den zentralen Bereich, für den sie in Widerstand traten, wenn man nicht die wesentlichen Werte und Inhalte ihrer Über-zeugungen deutlich macht, ihre positiven Hauptziele. Und drittens schließlich wird dadurch der Blick frei auf die zur Gegenwart führende Frage: Haben die Resistancen mit diesen ihren Hauptzielen die Nachkriegszeit beeinflussen können?

I. Der Widerstand der Jahre 1941— 1944

Der folgende Beitrag muß sich aus räumlichen Gründen auf die Zeit des Zweiten Weltkriegs beschränken, d. h., er muß die Zeit von 1933 bis 1938 ausklammern, in der deutsche Widerstandsgruppen fast ausnahmslos in den Konzentrationslagern inhaftiert waren, ebenso die anschließende Phase konservativen Widerstandes gegen die Angriffsplanung Er kann nicht Detailfragen der deut-* sehen Widerstandsforschung aufgreifen, muß auch die unter exzeptionellen Bedingungen arbeitenden russischen Partisanen und Tito-Einheiten unberücksichtigt lassen und die Beispiele vornehmlich aus den Widerstandsgruppen der besetzten westeuropäischen Länder bringen. Zunächst jedoch soll die Situation umrissen werden, in der im Herbst 1941 die ersten dauerhaft organisierten Widerstandsgruppen in den besetzten Ländern entstanden und sich auch in Italien, Deutschland und Polen Widerstand neuartig belebte. 1. Zusammenbrüche, Kollaboration, Illegalität Nach 1933 täuschte Hitler die Nachbarvölker jahrelang mit einem perfiden Doppelspiel, indem er einerseits unermüdlich eindrucksvoll den Frieden beschwörende Reden hielt, andererseits intern auf dem Ziel der Herrschaftseroberung über möglichst viele Nachbarvölker beharrte und eine Vorrüstung betrieb, die ihm dann eine Blitzkriegstrategie erlauben sollte. Im Unterschied zum Ersten Weltkrieg, der Grabenkämpfe mehr oder weniger nahe der Grenzen, aber (von Habsburg am Ende abgesehen) nicht Zusammenbrüche der Staaten als Ganzes gebracht hatte, hatten diesmal alle kontinentaleuropäischen Völker, mit Ausnahme von Schweden und der Schweiz sowie der Iberischen Halbinsel, den totalen Zusammenbruch ihrer Staaten erlebt. Daraus ergab sich, daß nach dem jeweiligen Waffenstillstand die einheimischen Administrationen überall analog der Anweisung handelten, die z. B. das niederländische Kabinett den Generalsekretären erteilt hatte, die anstelle der ins Exil gehenden Minister die Ministerien leiteten: „... im Interesse der Bevölkerung danach zu streben, daß die Verwaltung ... ihre Aufgabe so gut wie möglich erfüllen kann". Die Bevölkerungen mußten ernährt und beschäftigt, die Wirtschaft und die sozialen Dienste intakt gehalten werden. So funktionierte bald eine erstaunlich reibungsarme administrative und wirtschaftliche Kollaboration der einheimischen Behörden mit den ebenfalls an einer Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung interessierten deutschen Militär-oder Aufsichtsverwaltungen Auch erlebte man in den westeuropäischen Ländern, entgegen schlimmen Befürchtungen, die eingerückten Soldaten zumeist als höfliche, disziplinierte und hilfsbereite Menschen; der Unterschied zwischen der Wehrmacht und den nachrückenden Partei-und Sicherheits-Dienststellen war noch nicht bekannt. Anders war dies nur in Polen, wo sogleich eine Terrorherrschaft errichtet wurde, die keine freiwillige Kollaboration entstehen ließ.

In den westeuropäischen Ländern aber war die tiefe Enttäuschung über das Scheitern aller Friedenshoffnungen, über die wirtschaftlich-soziale Stagnation der „Zwischenkriegszeit" und der Eindruck des Versagens der eigenen Parlamentsdemokratien der wirksamste Bundesgenosse der Deutschen. Nicht die hauseigenen faschistischen Parteien, sondern diese dominierende Abwendung vom „rögime des partis" und der Klassenkämpfe, die in Frankreich mit der Autorisation Petains zum Vichy-Regime führte, begründete in allen westeuropäischen Ländern eine während der ersten eineinhalb Jahre nach der Niederlage anhaltende generelle Bereitschaft, einer, wenn auch zunächst deutsch-beherrschten, „Neuen Ordnung" zuzustimmen. Schließlich predigten auch die Kommunisten zu dieser Zeit des Hitler-Stalin-Paktes Kampf gegen die Londoner Kapitalisten und Zusammenarbeit mit den Deutschen Die wenigen „ersten Illegalen", die in den ersten Wochen nach der Besetzung in einem „Rflexe patriotique" in Flugblättern von „Widerstand" sprachen — wie „Geuzenactie" in den Niederlanden und „Pantagruel" in Frankreich —, wurden alle sofort von den einheimischen Polizeien ausgehoben Und auch später blieben die nationalen Polizeistellen die ersten Gegner.

Hinzu kam schließlich die Apathie der unpolitischen Bevölkerungsmehrheit, die keine Absetzung von der nun herrschenden Ordnung zu denken vermochte. Noch für den August 1941 klagte Henri Frenay, Gründer der später wichtigsten Rösistance-Gruppe „Combat" in der französischen Südzone: „Lauscht man den Gesprächen in der Straßenbahn, in den Läden, so weiß man, daß 90 Prozent aller Franzosen der Meinung sind, daß dieser Krieg nicht ihr Krieg ist, daß er verloren ist für Rußland und dann England drankommt, daß das, was zählt, einzig Essen, Kleidung und Heizung sind." Dies also waren die Aus-gangsbedingungen, ohne die die späteren Resistancen nicht zu verstehen sind. 2. Entstehungsmotive Die entscheidende Voraussetzung war erst zu schaffen; erst durch wenige Einzelne, dann durch ihr Wirken sich ausbreitend, entstand ein Wandel der Gesinnung durch Argumente, die der allgemeinen Anpassung an die bestehenden Zustände der deutschen Herrschaft und der dominierenden Kollaboration widersprachen und zu oppositionellem Handeln motivierten. Es sind drei Hauptmotive benennbar, aus denen vom Sommer 1941 bis Sommer 1942 (also vor Stalingrad und der sich abzeichnenden Kriegswende) die ersten Resistance-Gruppen in den westeuropäischen Ländern entstanden und den Widerstandsgruppen in den mittel-und osteuropäischen Ländern neuen Aufschwung gaben:

a) Die Gründerpersönlichkeiten begriffen, daß die nationalsozialistische deutsche Führung auf die Bereitschaft der Völker zur Zusammenarbeit offenbar keine Antwort hatten, sich keine europäische Gestaltung unter selbständiger Mitarbeit der anderen Völker vorstellen konnten. Tatsächlich sah Hitlers rassistisch bedingte Nachkriegsplanung ja, wie wir wissen, den Anschluß der sogenannten „nordischen Völker" als Provinzen an das „Germanische Reich deutscher Nation" vor; für die Romanen und Slawen blieb nur die Rolle dienstbarer Hilfsvölker, von den allein waffentragenden Deutschen beherrscht. Man kannte damals nicht die Details dieser Planung, aber man begann sie aus vielen Äußerungen der NS-Machthaber und aus dem Verhalten der Reichskommissare und Partei-dienststellen in den besetzten Ländern zu ahnen. Henri Frenay, der im Februar 1941 die französische Armee im Rang eines Hauptmanns verließ und zunächst als einzelner untertauchte, beschreibt diese Entwicklung in seinen Erinnerungen: „Ich wußte, daß dies kein gewöhnlicher Krieg war ... Ich hatte in Straßburg studiert und verstanden, was diese neue deutsche Weltanschauung, dieser Kult der Rasse und des Blutes bedeuteten. Ich wußte, daß da die Völker in Herren und Sklavenheere eingeteilt werden." Frenay begann im Juli 1941 in Lyon die ersten Mitstreiter zu sammeln und erklärte ihnen: „Wenn Hitler, wie behauptet wird, der Mann wäre, der, wenn auch mit Gewalt, Europa einigt, würde ich mich als französischer Offizier der deutschen Armee zur Verfügung stellen; aber er ist der Dämon, der Leib und Seele vernichtet, und so muß der Widerstandskampf mit aller Härte aufgenommen werden."

b) Man begann zu erkennen, daß für die NS-Machthaber Menschenrechte und Freiheiten, vor allem auch Religionsfreiheit, nichts galten und daß mehr und mehr Unrechtsakte die anfängliche korrekte Militärverwaltung ablösten. Auslösende Bedeutung kamen der im Juli 1941 von der NS-Führung verfügten Tötung sogenannten „lebensunwerten Lebens" in den Krankenanstalten sowie der systematischen Schließung von Klöstern zu. Die Predigten des Bischofs von Münster, Clemens von Galen, die im August 1941 diese Fakten mutig und stark anklagten, wurden in immer weiter vervielfältigten Abschriften über ganz Europa verbreitet; auch Frenay erhielt sie aus der Schweiz und hat sie zusammen mit Pre Chaillet im Dezember 1941 im „Tmoignage Chrbtien" in französischer Sprache verbreitet Noch breitere Kreise wurden aufgerüttelt durch die bald darauf, vor allem ab Februar 1942, in allen westeuropäischen Ländern beginnenden Juden-Razzien und den systematischen Abtransport der jüdischen Bevölkerung nach Osten. Die Folgerung begann sich auszubreiten, daß man mit einem Regime nicht zusammenarbeiten könne, das ganze Gruppen von Menschen wegen ihrer Religion oder Rasse verfolgte.

c) Nachdem die Besatzungsbehörden bzw. die kollaborierenden Administrationen früh die alten politischen Parteien verboten hatten, begannen sie 1941 mit der Gleichschaltung bzw.dem Verbot der Gewerkschaften und Berufsverbände, mit der Einführung korporativistischer Wirtschaftssysteme. Auch ließen sie die heimischen Faschisten, von Quisling bis Darnand, 1942 erkennbarer in Machtpositionen vordringen. Daraufhin begann man die Faschismen deutlicher als große Reaktion auf die Verfassungs-und Sozialbewegung der letzten hundert Jahre zu begreifen. Während die Parteienverbote anfangs ohne Erregung hingenommen oder begrüßt worden waren, wurden nun nach und nach die alten liberal-demokratischen und sozialistischen Überzeugungen reaktiviert — und immer mehr ehemalige Gewerkschaftsführer, liberale Demokraten und Sozialisten stießen zu den frühen Rösistance-Gruppen

Zusammengefaßt: Die frühen Resistance-Gruppen begannen sich in Westeuropa im Herbst 1941 erst zu formieren, als das Wesen der Diktatur Hitlers erkannt wurde. Sie waren nicht primär nationale Reaktion gegen fremdnationale Eroberung, sondern politisch-weltanschauliche Reaktion gegen das menschenrechtsverletzende Regime, unter Berufung nicht auf nationale, sondern auf weltanschauliche Titel. Ihre Formation war, wie es Sweets formulierte, „the work of men driven by political or moral ideals"; und sie bildeten noch 1942, wie Henri Michel schrieb, eine „minorit infime" inmitten einer indifferenten oder feindseligen Bevölkerung, nach den Worten von Frenays Mitarbeiter Claude Bourdet: „eine Handvoll isolierter Individuen", die erst mühsam in zahlenmäßig strikt begrenzten Kleingruppen mit Zellenprinzip, Codes etc. die Voraussetzungen für längere Illegalität schaffen mußten Hinzuzufügen ist, daß auch in Mitteleuropa im Herbst 1941 neuartige, politisch-weltanschaulich planende Widerstandsgruppen entstanden: in den größeren italienischen Städten, in Deutschland der Kreisauer Kreis und weitere Zirkel, in Polen — nach weitgehender Zerschlagung der anfänglich von Resten des polnischen Heeres gebildeten Gruppen — die Formation des politischen Widerstandes mit dem Programm vom August 1941 und die Bildung der Delegatur 3. Methoden des Widerstands Unter diesen Voraussetzungen wird die zentrale Bedeutung der ersten und bis zuletzt wichtigsten Methode der entstehenden Rsistance-Gruppen deutlich: kie der Produktion anfangs hektographierter, dann später gedruckter illegaler Informationsblätter. Man muß sich klar machen, daß die Mitglieder dieser Gruppen noch während des ganzen Jahres 1942 fast ausnahmslos tagsüber bürgerlichen Berufen nachgingen. Wichtiger noch ist, daß in ganz West-und Mitteleuropa das perfekte Überwachungssystem der heimischen Polizeien und deutschen Sicherheitsdienste und Truppen jede paramilitärische Aktion bis in die letzten Wochen vor dem Einmarsch alliierter Truppen unmöglich machte. Nur in den Weiten der russischen Wälder hinter der deutschen Ostfront konnten direkt vom Oberkommando der Roten Armee befehligte Partisanen-Einheiten kämpfend überleben; desgleichen in den jugoslawischen Bergen die Tito-Einheiten. Im übrigen von Deutschland beherrschten Europa konnten die Resistance-Gruppen nur als kleine Zusammenschlüsse in nächtlicher Arbeit für die illegale Verbreitung mit der Formulierung oppositioneller Schriftsätze beginnen, die aussagten, warum man mit dem bestehenden Regime nicht kooperieren dürfe und aufgrund welcher Prinzipien man in Opposition zu ihm stehen müsse. Fast in jeder Gruppe waren die Gründer und Führer zugleich die Chefredakteure illegaler Informationsblätter. Diese waren das wichtigste Mittel, um Widerstandsgesinnung zu wekken, um Mitglieder zu werben und um der Propaganda, die von der legalen deutsch-kontrollierten Tagespresse verbreitet wurde, entgegenzuwirken.

Ungeheure Schwierigkeiten waren zu überwinden, von der Papierbeschaffung über den gefährlichen Betrieb illegaler Druckereien bis zum Aufbau von Verteilernetzen. In der französischen Südzone gelang dies kontinuierlich bis Kriegsende und mit wachsender überregionaler Verbreitung insbesondere dem „Combat“, vornehmlich von Links-Katholiken unter Henri Frenay gebildet, sowie der „Liberation-Sud", vornehmlich sozialistisch unter Emmanuel dAstier; in der Nordzone waren besonders erfolgreich die „Liberation Nord" unter Christian Pineau und die von einer Gruppe älterer Pariser Studenten verbreitete „Defense de la France". Fast jedem dieser Blätter gelang es erstmals im Dezember 1941 etwa 5 000 gedruckte Exemplare zu vertreiben; dann vierzehntägig oder monatlich bis Ende 1942 rund 30 000 Exemplare, bis Ende 1943 100 000 Exemplare. Ab Mai 1942 kam der sozialistische „Populaire" und ab Oktober 1942 die westfranzösische „Resistance" hinzu, bald mit ähnlichen Auflagenhöhen In Belgien gab es drei, in den Niederlanden vier, in Polen fünf ähnlich periodische überregionale Blätter. Daneben sind in Belgien ca. 500, in Frankreich, den Niederlanden und Polen je ca. 1 000 lokale Blätter nachweisbar, oft nach kurzer Existenz von der Polizei ausgehoben. Allein in Belgien sind wegen des Vertriebs illegaler Blätter über 3 000 Personen erschossen worden. Zu Recht heißt es in der informativsten Gesamtdarstellung der europäischen Resistance von Jörgen Haestrup: „Die illegale Presse war Ausgangspunkt und Speerspitze aller dieser Widerstandsgruppen; sie ebnete den Weg für alle anderen Aktivitäten."

Selbstverständlich wurden schon früh neben den Journalen andere Dienste aufgebaut, andere Methoden angewandt, um nicht nur mit Worten und Gedanken, sondern auch mit Taten gegen das Unrechtsregime anzugehen. Fast jede Rhsistance-Gruppe suchte neben dem Druck und Vertrieb ihres Journals eine oder mehrere („Combat" sogar alle) der folgenden Aktivitäten aufzubauen: Druck falscher Ausweise und Papiere aller Art, Unterstützungsaktionen für Juden, Fluchthilfeorganisationen für Juden, für entkommene alliierte Gefangene und andere Gefährdete, später dann Aufbau von Spionage-und Nachrichtendiensten, Anschläge zur Wirtschafts-und Militärsabotage, schließlich der geheime Aufbau kleiner bewaffneter Kader für die Stunde X. Die Aktionen für die Stunde X wurden erst möglich, als anstelle der bisher freiwilligen Arbeitssuche in Deutschland die kollaborierenden Administrationen ab Januar 1943 auf deutschen Befehl Gesetze erließen, die allen jungen Männern die Einziehung zur Zwangsarbeit in Deutschland in Aussicht stellten. Da Tausende von ihnen untertauchten, um der Rekrutierung als Fremdarbeiter zu entgehen, wurden die bis dahin kleinen, intellektuell bestimmten Resistance-Gruppen mit einer größeren Zahl von Gefolgsleuten aufgefüllt Die zuletzt genannten Aktivitäten erforderten Hilfen von alliierter Seite: Geld, Funkgeräte, Waffen. So haben z. B. nach früh hergestellten Kontakten alliierte Geheimdienste insgesamt 8 500 Tonnen Material nach Frankreich gebracht. Dieser Forschungsbereich ist jüngst durch neue Studien von Seiten der Geheimdienste erhellt worden

Doch ist diesem Bereich hier nicht nachzugehen; es soll auch beiseite gelassen werden, wie in den letzten Kriegsmonaten die unterdessen in die Resistance eingeschwenkten Kommunisten eigene Macquis-Gruppen formierten und — in den Tagen der Befreiung streckenweise dominierend — mit illegaler Justiz das Ansehen der Resistance verdunkelten, zum Entsetzen der Räsistance-Gründer. Alle Fachleute in der Erforschung der Widerstandsgruppen stimmen letztlich darin überein, daß ihr geheimdienstlicher und militärischer Nutzen trotz aller bewundernswerten Anstrengungen und Teilerfolge im Grunde gering blieb, wohingegen sie durch die Propagierung politisch-weltanschaulicher Leitlinien Widerstandsgesinnung in der Bevölkerung wecken konnten

II. Die vier fundamentalen Hauptziele

Die detaillierte R^sistanceforschung hat Land für Land nachgewiesen, daß fast alle nichtkommunistischen Resistancegruppen sehr bewußt für bestimmte politisch-weltanschauliche Inhalte eintraten, um derenwillen sie all die Opfer widerständlerischer Aktivitäten auf sich nahmen, und daß diese Inhalte, obwohl verstreut und unabhängig voneinander formuliert, in wesentlichen Punkten übereinstimmten. Da in den R^sistancegruppen Männer und Frauen unterschiedlicher sozialer und politischer Herkunft zusammenwirkten, waren die Ideen und Ziele, die sie in den Journalen formulierten, ein Spiegelbild der geistigen Pluralität Europas, mit christlichen, sozialistischen und liberalen Programmen aller Art. Doch zeigen sich im Überblick eindeutig vier fundamentale, tausendfach formulierte Hauptziele. 1. Wiederherstellung der Menschenrechte und Freiheiten In den Texten der Resistance stand an erster Stelle die Forderung nach Wiederherstellung der Menschenrechte und politischen Freiheiten. Die Untergrundblätter waren in erster Linie erfüllt mit Anklagen gegen Menschenrechtsverletzungen, gegen Volksvertreibungen, gegen die Verfolgung christlicher Kirchen, gegen Eingriffe in die kulturelle Sphäre, gegen die Verfolgung der jüdischen Gemeinden, gegen die Rechtsunsicherheit jedes Einzelnen. Man sah sich mit den Rösistancegruppen aller Länder im Widerstand gegen eigene kollaborierende Verwaltungen ebenso wie gegen das deutsche Regime — wie Frenay 1943 schrieb — „vom Nordkap bis zur Pyrenäengrenze" vereint, „im Kampf der Freiheit gegen die Sklaverei, der Gerechtigkeit gegen das Unrecht, des Rechts gegen die Gewalt". In der verbreitetsten niederländischen Untergrundzeitung „Vrij Nederland" schrieb deren Chefredakteur, von Randwijk, Anfang 1943, es gelte, gegen die Gefahr allgemeiner „Enthumanisierung", die Absolutsetzung und den „Totalitätsanspruch des Staats" als solchen zu kämpfen — und gegen die Deutschen, wenn sie Repräsentanten solcher Tendenzen seien In den „Grundsätzen" des deutschen Kreisauer Kreises hieß es 1943: „Das zertretene Recht muß wiederhergestellt", „Glaubens-und Gewissensfreiheit gewährleistet", „die unverletzliche Würde der menschlichen Person als Grundlage der zu erstrebenden Rechts-und Friedensordnung" anerkannt werden. In einer späteren Nummer formulierte „Vrij Nederland": Die zur Souveränitätsdoktrin komplementäre „Politik der Nichteinmischung hat die europäische Demokratie umgebracht. Länder, in denen die elementarsten Menschenrechte mit brutaler Gewalt geschändet werden, bilden gefährliche Infektionsherde, gegen die anzugehen die Gemeinschaft der Völker das Recht haben muß. Das Heiligtum der Staatssouveränität ist eingestürzt." 2. Freiheitliche, soziale und dezentralisierte Demokratie Entsprechend diesem Zentralmotiv wurde zunehmend einmütig die innenpolitische Staatsform definiert, für die man kämpfte: für freiheitliche Demokratie, soziale Demokratie und dezentralisierte Demokratie. Im Erleiden des neuen totalitären Staatsabsolutismus kehrten die Resistance-Texte zurück zum Bekenntnis zur gewaltenteilenden, freiheitlich-repräsentativen Demokratie. Nicht diese Verfassungsform habe versagt, wie irrtümlich in den dreißiger Jahren geglaubt, vielmehr habe die Dominanz falscher, nationalistischer Politiken in den Demokratien zu den Kapitulationen vor den Faschismen geführt. Es gehe darum, schrieb Leon Blum im Vichy-Gefängnis, „eine wahre Demokratie zu errichten", die nicht nur die Menschenrechte und politischen Freiheiten achte, „allen Staatsbürgern angemessenen Einfluß auf die Wahl der Behörden und deren Politik" sichere, sondern zudem in zweifacher Hinsicht ausgestaltet werde: zum einen müsse es auch „eine soziale Demokratie" sein, mit Beteiligung aller „am Gewinn der Gesamtheit der Gesellschaft, bei der jeder einzelne Arbeiter seinen Dividendenanteil in Form einer Vergrößerung seines Wohlstandes oder einer Verminderung seiner Arbeit erhält“. Zum anderen müsse man die autonome Selbstverwaltung der Regionen nach Art der „schweizerischen Kantone" bejahen: „Die De-konzentration des Staates scheint mir ebenso notwendig wie seine Dezentralisation. Das heißt, daß eine einzige Autorität der Exekutive, eine einzige legislative Macht nicht mehr allen Funktionen des modernen Staates genügen kann." Wie es ein im besetzten Norditalien verbreiteter Text, der viele Parallelen bis hin zur polnischen Resistance hat, formulierte: Man muß durch Verwirklichung des «demokratischen Grundsatzes der Selbstregierung von unten her ... starke Garantien gegen die absolutistische, zentralisierende und bürokratische Macht des souveränen Nationalstaats" schaffen. Nur «die lokalen Autonomien (kommunale, regionale, kantonale.. J" können auch „dem größeren übernationalen Föderalismus die Garantie einer ausreichenden Dezentralisierung der Nationalstaaten bieten" 3. Friedenssicherung durch übernationale Autorität Ein drittes Hauptziel aller Rösistance-Texte bestand darin, eine Antwort auf die elementare Frage inmitten der Kriegsleiden zu geben, wie künftig der Frieden gesichert werden könne, wie die Nationalstaaten daran gehindert werden könnten, immer von neuem ihre Völker in Kriege zu stürzen: Sie verlangten, daß eine definitive Friedenssicherung durch übernationale Autorität erreicht werden müsse. All diesen Widerstandsautoren war ja bewußt, wie enttäuschend die Erfahrungen der Europäer mit ihren Nationalstaaten in den letzten Jahrzehnten gewesen waren. „Wer würde jenen", fragte der südfranzösische Franc-Tireur im März 1944, „die sich in Europa gegen die Naziherrschaft erhoben haben, zu unterstellen wagen, sie kämpften für das Wiedererstehen einer Vergangenheit, deren tiefinnerste Schwächen und deren unwiderruflichen Zusammenbruch" sie erlebten? Sie wollen „keine Rückkehr zur Balkanisierung Europas". Nach den Worten eines italienischen Rösistance-Textes von 1943 war nun erwiesen, daß „die Macht, über Krieg und Frieden zu entscheiden, die Macht, über nationale Heere zu gebieten, die Macht, die Welt in getrennte, abgeschlossene Wirtschaftsgebiete zu unterteilen,... die Macht, in einem Staat die Despotie zu errichten..., ohne hierbei durch eine Intervention von außen gestört zu werden", in den Händen der alten Nationalstaaten „zwangsläufig zu Instrumenten des Untergangs, der Barbarei und der Unterdrückung“ wurden. Deshalb wurde in zahllosen Texten gefordert, daß künftig eben diese Machtbefugnisse den Nationalstaaten genommen und übernationalen Autoritäten übertragen werden müßten.

Auch in den „außenpolitischen" Teilen ihrer Programme wurde somit der Kampf gegen den Totalitätsanspruch des Staates geführt; hier bewirkte er die Forderung nach starker übernationaler Autorität. Nur so — formulierte der Chef des Pariser Studenten-Journals „Defense de la France" — „wird das prinzipielle Hindernis beseitigt werden, das der Schaffung eines freien Gemeinwesens im Wege stand: Die fürchterliche Notwendigkeit zur totalitären Herrschaft, wie sie unvermeidlich durch den Nationalismus geschmiedet wird"

Diese R 6sistance-Autoren kämpften eindeutig nicht für eine Rückkehr zu dem Europa antagonistischer Nationalstaaten, das diese Faschismen erzeugt hatte. Viele Texte fragten, warum der Völkerbund gescheitert sei, dieser erste Versuch internationaler Friedenssicherung. Die Hauptantwort lautete stets gleichartig: „Weil er nicht eine große selbständige Macht war, unabhängig von den nationalen Souveränitäten und ihnen übergeordnet; weil er zur Durchführung seiner Entscheidung weder eine politische Autorität noch eine materielle Gewalt besaß, die gegenüber derjenigen der Staaten den Vorrang gehabt hätte." Er scheiterte notwendig, wie alle bloßen Bünde oder Konföderationen, „weil sie keine eigene beschlußfassende Körperschaft und keine eigene Exekutivgewalt besaßen, sondern von dem einstimmigen Votum der assoziierten Staaten abhingen". Diesmal müsse einer übernationalen Regierungsautorität Kompetenz und Macht gegeben werden zur Friedenswahrung, zur Wirtschaftslenkung und zum „Einschreiten gegen eventuelle Versuche, wieder autoritäre Regierungen zu errichten". . Andernfalls verzichtet man auf die Überwindung der internationalen Anarchie und verewigt den Krieg." 4. Schaffung einer demokratischen europäischen Föderation Im Rahmen dieses Grundkonsenses gab es unterschiedliche Antworten auf die Frage, auf welcher Ebene die nötige übernationale Autorität realisiert werden sollte. Das illegale Zentralkomitee der französischen sozialistischen Partei z. B. forderte gleich einen globalen „Super-Etat". Doch die überwiegende Mehrheit der Räsistance-Autoren kam zu der Folgerung, wie sie der von Henri Frenay zusammengebrachte Dachverband aller Rsistancegruppen der Region Lyon formulierte: Diese „langwierige Aufgabe kann erst dann mit Aussicht auf Erfolg in Angriff genommen werden, wenn zunächst einmal für das Problem Europa, von wo die die Welt immer wieder erschütternden Katastrophen ihren Ausgang genommen haben, eine Lösung gefunden" sein wird: die „Schaffung einer demokratischen, europäischen Föderation". Nur diese „kann durch ihr Beispiel die Völker der Welt veranlassen, nach einer föderativen Weltorganisation zu streben"

Innerhalb der Resistance wohl jeden Landes gab es aus speziellen Gründen nicht kollaborierende Rechtsgruppen, die die Notwendigkeit wirtschaftlichen Zusammenschlusses bejahten, von „europäischem Wirtschaftsrat" sprachen, aber mehr konföderal als föderal dachten, so der Kreis um Goerdeler in Deutschland oder die OCM in Frankreich

In den skandinavischen Ländern waren die Resistance-Gruppen, zu sehr enttäuscht von Deutschland und Frankreich, ganz auf Großbritannien orientiert. Aber die Mehrheit der Widerstandsautoren auf dem Kontinent verlangte, innereuropäische Kriege endgültig durch Schaffung einer starken europäischen Bundesregierung unmöglich zu machen. Im polnischen Widerstand formulierten Delegierte der zwei wichtigsten illegalen Parteien ein Grundsatzprogramm, dessen einziger außenpolitischer Punkt lautete: „Die Polnische Republik wird Mitglied der Föderation Freier Europäischer Völker sein"; sie wird in dieser Föderation „den größtmöglichen Zusammenhalt fördern und eine Bundesbehörde unterstützen, die machtvoll genug ist, um die föderierten Völker gegen Angriffe von außen zu schützen und alle Versuche zu unterdrücken, durch Nationalismus inneren Zwiespalt zu schaffen". Das grundlegende Dokument, auf dem der Kreisauer Kreis in Deutschland seine Planung aufbaute, begann mit dem Satz: „Europa ist ein Bundesstaat mit einheitlicher Souveränität". Dann wurde betont: „Zur Zuständigkeit des Bundes gehören: Auswärtige Angelegenheiten, Wehrmacht, europäische Planwirtschaft". Die führende niederländische Untergrundzeitung forderte: „Ein neues Ober-organ muß in Europa gebildet werden,... eine europäische Föderation, welche die Machtmittel besitzt, um ihren Willen durchzusetzen und ihn den nationalen Einheiten aufzuerlegen." Das Programm einer italienischen Rsistancegruppe lautete: „Die Wahrung von Freiheit und Frieden auf dem ganzen Kontinent muß ausschließlich von der europäischen Föderation und ihren Exekutiv-, Legislativ-und Judikativorganen ausgeübt werden." Und der vom Dachverband der R 6sistancegruppen der Region Lyon verabschiedete Text faßte viele gleichartige Zeugnisse zusammen: „Dem gemeinsamen föderativen Staat" muß zustehen „das Recht, das Wirtschaftsleben Europas zu ordnen, das alleinige Recht, über Streitkräfte zu verfügen und gegen jeden Versuch der Wiedererrichtung faschistischer Regime einzuschreiten, das Recht, die auswärtigen Bezie-hungert zu regeln .. die Schaffung einer europäischen zusätzlich zur nationalen Staatsbürgerschaft. Die Regierung des föderativen Staates ist nicht von den nationalen Staaten, sondern in demokratischen und direkten Wahlen von den Völkern zu wählen."

Dies waren die fundamentalen Hauptzielsetzungen, die unabhängig voneinander in der großen Mehrheit der Rösistance-Texte für die Zukunft formuliert worden waren. Sie forderten, nach diesen zwei fürchterlichen innereuropäischen Kriegen müsse wenigstens innerhalb Europas der nationalstaatlichen Macht-politik ein Ende gemacht werden. Krieg müsse künftig durch Recht ersetzt werden. Die Sicherung der Menschenrechte, der freiheitlichen Demokratie und des innereuropäischen Friedens müsse durch eine Europäische Föderale Autorität garantiert werden.

III. Verwirklichung der Hauptziele in der Nachkriegszeit?

Haben die Resistancen mit diesen Hauptzielen die europäische Nachkriegsgeschichte beeinflussen können? Zweifellos nicht in dem von ihnen erhofften Maß und schon gar nicht, wie sie gehofft hatten, in den -ersten Nachkriegsjahren. Offensichtlich hatten die Resistance-Autoren das Ausmaß der Katastrophe Europas, wie es am Ende des Zweiten Weltkriegs deutlich wurde, unterschätzt. Im Mai 1945 trafen die beiden neuen Weltmächte Sowjetunion und USA in der Mitte des verwüsteten Kontinents zusammen und teilten ihn in Einflußsphären auf. Bestimmend war nicht, was die Europäer denken mochten, sondern bestimmend war allein, was die beiden siegreich einrückenden Weltmächte wollten. Aus ihrem anschließenden zweijährigen Versuch, der „One World" eine einvernehmliche Friedensorganisation zu geben, blieb, wie es vorher auf russischen Wunsch vereinbart worden war, jeder Gedanke an eine europäische Union ausgeschlossen Infolgedessen setzte sich auch Großbritannien nicht für sie ein, und der nicht aus der Resistance, sondern aus dem Exil heimgekehrte General de Gaulle steuerte, innenpolitisch um Auflösung der Resistance bemüht, die Außenpolitik Frankreichs zunächst auf alte Poincarösche Gleise Vor allem aber mußte man mit Entsetzen erleben, daß — wie Arnold Toynbee es formulierte — „in all den Ländern, die sich auf der russischen Seite der Linie wiederfanden, durch die Hitlers Europa nun in zwei Einflußsphären geteilt wurde, der Wechsel nur im Austausch einer deutschen Tyrannei durch eine russische bestand". Die Sowjetunion ließ die Führungsgruppen der polnischen und anderen Resistancen in Gefängnissen verschwinden, erzwang in den osteuropäischen Ländern kommunistische Einparteien-Diktaturen und warf die Menschenrechts-und Verfassungsbewegung dort erneut auf den Nullpunkt zurück

In den westeuropäischen Ländern entstanden jedoch 1946/47 in fast allen größeren Städten private Gruppen, meist unter der Führung ehemaliger Rösistance-Chefs, die sich für die Einsichten der Kriegszeit einsetzten. Sie warben Mitglieder, gründeten Zeitschriften und vermochten wachsenden Einfluß in den Parteien zu erlangen. Die meisten dieser Gruppen gründeten Ende 1946 in Paris als ihren Dachverband die „Union Europöenne des F-döralistes" (UEF). Auf ihrem Kongreß in Montreux im August 1947 rang sich die UEF zu dem schweren Entschluß durch, „mit der Verwirklichung des Föderalismus dort zu beginnen, wo der Versuch dazu unternommen werden kann, wo die Völker noch über eine gewisse Bewegungs-und Entscheidungsfreiheit verfügen" —und sie bejahte den amerikanischen Marshall-Plan zum Wiederaufbau Westeuropas Von 1948 bis 1954 hat sie unter der Führungs-Troika von Henri Frenay, Altiero Spinelli (vorher Chef der Ventotene-Gruppe) und Eugen Kogon (Präsident der deutschen „Europa-Union", ehemals KZ-Häftling) alle wesentlichen Integrationsschritte in Westeuropa angeregt.

Die durch die Wirksamkeit dieser Europa-Verbände und durch die wachsende Einsicht in den Parteien und Regierungen in Westeuropa seit 1949 in Gang gebrachten Entwicklungen haben nun bis heute nicht alle Hauptziele der Mehrheit der Rdsistance-Autoren erreichen können; aber sie haben sie doch in erstaunlichem Umfang in Westeuropa der Verwirklichung nahebringen, ein teilweise realisiertes „Europa der Resistancen" schaffen können. 1. Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte Schon in den ersten Flugschriften der UEF vom Frühjahr 1947 war eine definitive Charta der Menschenrechte und politischen Freiheiten, durch supranationale Autorität garantiert, als Kernstück europäischer Integration gefordert worden. Der Haager Kongreß der Verbände im Mai 1948 hat die Einberufung einer europäischen Versammlung gefordert, die „im Interesse der Wahrung der menschlichen Grundrechte und der menschlichen Freiheit Vorschläge zur Errichtung eines Gerichtshofes machen soll". Er hat außerdem verlangt, „daß jeder Bürger unserer Länder jederzeit und unverzüglich Genugtuung von diesem Gericht erhalten muß, wenn seine in der Charta festgelegten Rechte verletzt worden sind". Der Brüsseler Kongreß der Europäischen Bewegung vom Februar 1949 verab-schiedete Statuten für einen „Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte", die überwiegend von ehemaligen Widerständlern erarbeitet worden waren, und legte sie gleich der ersten Sitzung der im August 1949 zusammentretenden Versammlung des Straßburger Europarats vor. Die „Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten" wurde im November 1950 im Ministerkomitee unterzeichnet und trat nach den Ratifizierungen drei Jahre später in Kraft Sie stellt die weitaus vollständigste Fixierung der Menschenrechte und politischen Freiheiten dar, die es in der Welt gibt, vor allem durch sehr strikte sachliche und zeitliche Eingrenzung von „Notstands" -Ausnahmen. Entscheidend aber ist die — einer besonderen Ratifizierung bedürftige — Bildung einer Europäischen Kommission zur Vorklärung und die Einrichtung eines Europäischen Gerichtshofes zur Endentscheidung über Klagen von Bürgern gegen ihre Staaten im Falle der Verletzung von Menschenrechten. Außer von Zypern, Malta und der Türkei ist von allen anderen 18 westeuropäischen Staaten auch die Einrichtung der Kommission und des Gerichtshofs für Menschenrechte unter Anerkennung seiner Autorität ratifiziert worden. Jeder einzelne Bürger hat seither in diesen Ländern, wenn er sich in Menschenrechten oder politischen Freiheiten verletzt sieht, die Möglichkeit, gegen seinen eigenen Staat vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu klagen. Jährlich erfolgen dort Urteile gegen Staaten, und diese befolgen die ergehenden Urteilssprüche auf Wiedergutmachung von ihnen begangener Menschenrechtsverletzungen Dies ist nun wahr-scheinlich eine fundamentale Änderung gegenüber den Zuständen in Europa 40 oder 50 Jahre zuvor und die Erfüllung elementarster Wünsche, die die Resistance-Autoren gegen nationalistisch und totalitär gewordene Staatswesen formuliert hatten. 2. Freiheitliche, soziale und dezentralisierte Demokratien Zum zweiten Hauptanliegen der Rösistance-Autoren, nämlich in ihren Ländern freiheitliche, soziale und dezentralisierte Demokratien errichtet zu sehen, kann man zumindest sagen, daß dies in den westeuropäischen Ländern in einem erstaunlichen Ausmaß gelungen ist. Bald 40 Jahre nach der Befreiung von faschistischen Regimen ist noch in keinem dieser Länder erneut eine Diktatur entstanden; jedes garantiert seinen Bürgern die Freiheit der Versammlung, der Meinungsäußerung und das Recht, politische Oppositionsparteien zu bilden; jede Regierung akzeptiert, daß sie in garantierten freien Wahlen abgewählt und gestürzt werden kann.

Das soziale Netz der persönlichen wirtschaftlichen Sicherstellung jedes Bürgers ist in einem Maß ausgebaut, wie es sonst in der Welt kaum existiert. Der persönliche Lebensstandard eines jeden Arbeiters ist, dank des wirtschaftlichen Zusammenschlusses und der wirtschaftlichen Freizügigkeit, zehnmal so hoch wie der in den zwanziger Jahren. Strikte Anti-Kartell-Gesetzgebungen verhindern Monopolbildungen; die Rolle der Gewerkschaften ist überall garantiert; die Mitbestimmung durch die Arbeitnehmer ist im wesentlichen Teil der Betriebe gesetzlich gesichert

Die Auflösung der legislativen und administrativen Zentralismen der Nationalstaaten ist teils durchgeführt, teils im Gange, seit 1949 mit dem föderalistischen Grundgesetz in der Bundesrepublik, seit den fünfziger Jahren durch die Regionalisierung in Italien, in den letzten Jahren endlich auch in Frankreich, überall wurde begriffen, daß Demokratie in großräumigeren Staatswesen nur gedeihen kann, wenn die öffentlichen Aufgaben durch einen vertikalen Kompetenzenkatalog auf verschiedene Ebenen verteilt werden, und daß möglichst viele Kompetenzen den Gemeinden und Regionen/Ländern mit eigenen Exekutiven und Parlamenten zustehen Auch hier würden die Rhsistance-Autoren wesentliche Forderungen, die sie gegen totalitär gewordene Etatismen erhoben hatten, verwirklicht sehen. 3. Friedenssicherung durch übernationale Autorität Die in den Rösistance-Texten so elementare Forderung, daß eine definitive Friedenssicherung durch übernationale Autorität erreicht werden müsse, hat, wie es die meisten Rsistance-Autoren schon vermutet haben, gewiß noch keine Verwirklichung auf globaler Ebene gefunden. Die Weltmächte hatten die innereuropäischen Einsichten in die Notwendigkeit, mit der nationalstaatlichen Machtpolitik Schluß zu machen, noch nicht geteilt; und sie haben in der UNO wieder ein so ohnmächtiges Instrument geschaffen, wie es einst der Völkerbund gewesen war. Auch in Westeuropa ist die geplante übernationale Autorität noch nicht ganz in der Weise entstanden, wie sie die Rösistance-Autoren geplant hatten. Aber in diesem Bereich, in dem noch in der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts sich Franzosen und Deutsche, Engländer und Italiener in zwei als innereuropäische Nationalstaatskriege begonnenen Weltkriegen erbittert bekämpft hatten, sind doch Strukturen und Autoritäten geschaffen worden, die de facto das Gewollte leisten. In der Präambel des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl versprachen die Regierungen, „an die Stelle der jahrhundertealten Rivalitäten einen Zusammenschluß ihrer wesentlichen Interessen zu setzen", und zunächst durch Zusammenlegung ihrer Montan-Industrien „Krieg zwischen ihnen materiell unmöglich" zu machen.

Nach der Fortentwicklung über die EWG zur Europäischen Gemeinschaft ist nun tatsächlich ein erneuter Krieg zwischen diesen westeuropäischen Völkern undenkbar geworden. Man sieht den Nachbarn nicht mehr als Feind, sondern als (wenn auch vielleicht schwierigen) Freund im Rahmen einer gemeinsamen Rechtsordnung. Kaum auszuden-ken, welches Chaos von Spannungen alter Nationalstaatsrivalitäten in Westeuropa ohne die erfolgreiche europäische Einigungsbewegung herrschen und die Weltmächte zum Eingreifen nötigen könnte. So aber haben die Mitgliedsländer den Ausgleich ihrer Interessen einem schon sehr detailliert ausgebildeten europäischen Recht unterstellt, das vom Obersten Gerichtshof der EG durchgesetzt wird Dies ist wohl der fundamentalste Fortschritt gegenüber der ersten Hälfte des Jahrhunderts — ein großer Erfolg definitiver Friedenssicherung zunächst in dem Bereich, von dem aus zuvor die Welt immer wieder in Kriege gestürzt worden war. Es ist die Hoffnung der Europäer, daß ihr Modell, wie sie Krieg durch Recht ersetzt haben, auch die anderen Völker in der Welt veranlassen möge, nach einer föderativen Weltorganisation zu streben, die auch global den Krieg durch Recht und Gesetz und Gericht ersetzen kann. 4. Auf dem Wege zur europäischen Föderation Mit der EG ist in Westeuropa mehr als die Hälfte des Weges zu der von so vielen Resistance-Autoren gewünschten Schaffung einer demokratischen europäischen Föderation zurückgelegt. Die Wirtschaftsnationalismen, die autarkische Isolierung hinter hohen Zollmauern, die in der Zwischenkriegszeit die europäischen Völker verarmt hatten, sind durch einen großen Gemeinsamen Markt ersetzt. Das seit 1960 mehr als verzehnfachte Volumen des inner-westeuropäischen Handels wurde zur wesentlichen Voraussetzung der Wohlfahrt aller. Die EG-Kommission kämpft konstant gegen die restlichen protektionistischen Egoismen in Europa an. Auf ihren täglichen Anstrengungen, von denen nur wenige in die Schlagzeilen kommen, ruht der Wohlstand der Gemeinschaft. Durch die allmähliche Verwirklichung des westeuropäischen Zusammenschlusses — und im Maße dieser Verwirklichung — ist auch eine allmähliche Entschärfung der deutschen Frage erfolgt. Das Sicherheitsbedürfnis der Nachbarländer vor Deutschland wurde in dem Maß befriedigt, in dem die Bundesrepublik sich in die

Rechts-und Demokratie-Gemeinschaft der EG einfügte.

Diese immer vollständiger integrierte Gemeinschaft, in der täglich über transnationale, gemeinsame Probleme entschieden werden muß, wird getragen von supranationalen Elementen: dem schon detailliert ausgebildeten Recht, das der Europäische Gerichtshof durchsetzt; von der Kommission, die Beschlüsse in gemeinsamem Interesse vorbereitet und dann als Regierungsorgan mit eigenen Einnahmen durchführt; von dem direkt gewählten Europäischen Parlament, das alle Beschlußvorlagen sorgfältig berät. Aber durch die Reservation der Beschlußfassung im Ministerrat wird für die Öffentlichkeit noch der Schein aufrechterhalten, als handele es sich noch immer um die Kooperation souveräner Regierungen. Der Weg muß, wie in so vielen Resistance-Texten vorgezeichnet, noch zu Ende gegangen werden: über Beschlußvorlagen der Kommission muß das Parlament künftig legislative Beschlüsse fassen können, über die der Ministerrat als zweite Kammer binnen drei Monaten mit qualifizierter Mehrheit zu beschließen hat, damit nicht weiterhin die nötige effiziente Regierung der Gemeinschaft immer wieder im Ministerrat blockiert werden kann Sollten allerdings die nationalen Regierungen, die mit den ihnen obliegenden nationalen Problemen überlastet sind, an dem Irrweg festhalten, auch noch die der Gemeinschaft übertragenen Aufgaben selber und einstimmig lösen zu wollen, statt sie den Organen einer europäischen Demokratie zu überlassen, so könnten sie noch alles Erreichte wieder zum Einsturz bringen.

Zum Schluß: Alles, was in diesen vier Haupt-bereichen in Westeuropa bisher erreicht wurde, ist nun nicht nur unter dem „Einfluß der Resistance" erreicht worden. Natürlich haben dabei auch andere Faktoren der Nachkriegszeit und viele andere Politiker auf Grund ihrer Kriegs-und Nachkriegserfahrungen mitgewirkt. Aber diese realisierten dann, was zuerst und am klarsten in Texten der Resistance gefolgert und ausformuliert worden war. Daß in diesen drei Nachkriegsjahrzehnten, trotz vieler Rückschläge und Gegenkräfte, wenigstens in Westeuropa so viel an europäischem Zusammenschluß erreicht werden konnte, wie es kein Kenner der Nationalstaaten der Zwischenkriegszeit je für möglich gehalten hätte, das wird tatsächlich erst verständlich als Verwirklichung der in den Resistance-Texten formulierten Einsichten über die Neuordnung Europas, die den Faschismus überwinden sollte.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Hierzu besonders G. van Roon, Neuordnung im Widerstand. Der Kreisauer Kreis innerhalb der deutschen Widerstandsbewegung, München 1967, S. 323— 44 („Verbindung mit den besetzten Ländern"), und W. Lipgens, Europa-Föderationspläne der Widerstandsbewegungen 1940— 1945, München 1968, S. 1, 79, 129 f., 192, 238, 239 (das Zitat) und passim.

  2. Vgl. zu diesen Phasen H. Rothfels, Die deutsche Opposition gegen Hitler, Frankfurt 1958 (bis S. 106); aus der Arbeiterbewegung die Reihe: Bibliothek

  3. K. Kwiet, Reichskommissariat Niederlande, Stuttgart 1968, S. 70 f. (das Zitat). Gute Übersicht gibt das Kapitel „Neutrale Kollaboration" bei W. Rings, Leben mit dem Feind. Anpassung und Widerstand in Hitlers Europa 1939— 1945, München 1979, S. 112— 33.

  4. R. Paxton, Vichy France, New York 1972; Y. Du-rand, Vichy 1940— 1944, Paris 1972; J. -P. Azma, La Collaboration 1940— 1944, Paris 1975; St. Courtois, Le PCF dans la guerre, Paris 1980.

  5. H. Michel, Vichy: Anne 1940, Paris 1966; L.de Jong, Het Koninkrijk der Nederlanden in de Tweede Wereldoorlog, vol. 4: Mei 1940 — Maart 1941, s’Gravenhage 1972; vgl. sonstige Kollaborations-Formen bei W. Rings (Anm. 3), S. 134— 29.

  6. H. Frenay, La nuit finira, Paris 1973, S. 125; vgl. H. Amouroux, La grande histoire des Francais sous loccupation, Bd. 4 u. 5 (1940— 1942), Paris 1979/81.

  7. W. Lipgens, Föderationspläne, a. a. O. (Anm. 1), S. 8— 11 und 190f. (das Zitat); P. Kluke, Nationalsozialistische Europaideologie, in: Vjh. für Zeitgeschichte, 3 (1955), bes. S. 244— 60; L. Gruchmann, Nationalsozialistische Großraumordnung, Stuttgart

  8. H. Portmann, Bischof Graf von Galen spricht, Freiburg 1946; R. Bödarida, Les Armes de l'Esprit: Tömoignage Chrötien, Paris 1977; vgl. K. Nowak, „Euthanasie" und Sterilisierung im „Dritten Reich", Göttingen 1978, bes. S. 158— 77; H. Krausnick/H. Wilhelm, Die Truppe des Weltanschauungskrieges. Die Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und des SD 1938— 1942, Stuttgart 1981.

  9. H. R. Kedward, Resistance in Vichy France, Oxford 1978, bes. S. 80— 117; Übersicht bei W. Rings, a. a. O. (Anm. 3), S. 249— 61.

  10. J. F. Sweets, The politics of resistance in France 1940— 1944, DeKalb/Ill. 1976, S. 25f.: H. Michel, Histoire de la Resistance, Paris 1950, S. 32; Bourdet zit. bei Sweets S. 16f.; sehr gut Kedward, a. a. O. (Anm. 9), S. 47— 81.

  11. L. Valiani, Dali’ antifascismo alla Resistenza, Milano Delzell, Ch. Mussolinis Enemies, Princeton 1961, S. 140— 222; G. van Roon, a. a. O. (Anm. 1); P. Hoffmann, Widerstand — Staatsstreich — Attentat, München 19793 St. Korbonski, The Polish Underground State, New York 1978; Chr. Kießmann, Das Volkspolens" von in: Vjh. für „Programm 1941, Zeitgeschichte, 21 (1973), S. 107— 14.

  12. Daten nach: Bibliothque Nationale, Catalogue des Pöriodiques Clandestins, Paris 1954; vgl. die eindringliche Darstellung H. Michel, Les courants de pensee de la Resistance, Paris 1962, S. 796 f.

  13. Beste Übersicht zur Bedeutung der illegalen Presse bei J. Haestrup, Europe Ablaze. An Analysis of the History of the European Resistance Movements 1939— 1945, Odense 1978, S. 62— 72 und 218— 36 (Zitat S. 63).

  14. Beste Übersicht über alle Abteilungen von „Combat" bei A. Vistel, La nuit sans ombre, Paris 1970, S. 187— 351; Fremdarbeiter-Gesetze als Wendepunkt für die öffentliche Meinung in allen Darstellungen, z. B. H. Nogures, Histoire de la rsistance en France 1940— 1945, Bd. 3 und 4 (1943), Paris 1974/76.

  15. Materialreich bei J. Haestrup, a. a. O. (Anm. 13), die Kap. „Intelligence Service" (147— 200), „Politics

  16. Vgl. die „Conclusio" bei Haestrup, a. a. O. (Anm. 13), S. 494— 98; auch M. R. D. Foot, Resistance. An Analysis of European Resistance to Nazism 1940— 1945, London 1976, der die Resistance vornehmlich als Helfer alliierter Nachrichtendienste versteht, nennt S. 319 „resistance’s real strength in battlefield terms ... puny"; W. Rings, a. a. O. (Anm. 3), S. 407— 14 und 427 f. sorgfältige Abwägung der „Frage des militärischen Nutzens": gering, aber „ein politisches und humanes Phänomen".

  17. H. Frenay, Gründer und Leiter der bestorganisierten französischen Widerstandsgruppe „Combat", in: Combat vom 12. 12. 1943; H. M. von Randwijk, in: Vrij Nederland 21. 3. 1943; deutsch bei Lipgens, Föderationspläne, a. a. O. (Anm. 1), Nr. 77 und 101; originalsprachlich und in englischer Übersetzung in: W. Lipgens, Documents on the History of European Integration, vol. 1: Continental Plans for European Union 1939— 1945, Berlin/New York (de Gruyter) 1984 (um zahlreiche Texte erweiterte engl. Ausgabe).

  18. Aus den Kreisauer „Grundsätzen für die Neuordnung" 9. 8. 1943; L'Unitä Europea Nr. 4 (Milano) Mai 1944; Vrij Nederland, Sondernummer in 20 000 Exemplaren Sept. 1943; deutsch bei Lipgens, Föderationspläne, a. a. O. (Anm. 1), Nr. 49, 16 und 103. Hier müssen diese wenigen Beispiele für den Originalton der Quellen genügen; vgl. ebd. S. 537 im Register, Stichwort „Menschenrechte", Verweis auf über 100 gleichartige Stellen.

  19. Leon Blum „A l’Echelle humaine" Juli 1941; das Programm Volkspolens Aug. 1941; G. Peyronel in: L'Unitä Europea Nr. 4 (Milano) Mai 1944; deutsch bei Lipgens, Föderationspläne, a. a. O. (Anm. 1), Nr. 59, 114 und 17; vgl. ebd. S. 530 zu „innerstaatlicher Föderalismus“ angeführte Parallelstellen. Vgl. die Hauptpunkte auch nach D. Peukert in: Kleßmann/Pingel, a. a. O. (Anm. 2), S. 85.

  20. Le Franc-tireur 1. 3. 1944; Gründungsprogramm des „Movimento Federalista Europeo“ 28. 8. 1943; Viannay in: Cahiers de Defense de la France Jan. 1944; deutsch bei Lipgens, Föderationspläne, a. a. O. (Anm. 1), Nr. 81, 10 und 78.

  21. L. Blum Juli 1941; L. Einaudi „Per una Federazione economica Europea" Sept. 1943; Gründungsprögramm des MFE 28. 8. 1943; Jurgensen in: Cahiers de Defense de la France Sept. 1943; deutsch bei Lipgens, Föderationspläne, a. a. O. (Anm. 1), Nr. 59 11, 10 und 71.

  22. Französische Sozialistische Partei Jan. und Juli 1943; J. Romei in Het Parool 10. 9. 1943; Genfer Konferenz von Widerstandskämpfern 20. 5. 1944; Mouvement de Liböration Nationale, Region Lyon Aug. 1944; deutsch bei Lipgens, Föderationspläne, a. a. O. (Anm. 1), Nr. 65, 69, 104, 136 und 89.

  23. Zur OCM als einziger „Rechts" -Gruppe in der französischen Resistance s. Lipgens, Föderationspläne, a. a. O. (Anm. 1), Nr. 62; zur konservativen

  24. Program Polski Ludowej Aug. 1941; H. J. von Moltke „Ausgangslage und Aufgaben" 9. 6. 1941; Heuven Goedhart in: Het Parool vom 12. 12. 1942; Programm des „Movimento Federalista Europeo“ 28. 8. 1943; Mouvement de Liberation Nationale, Region Lyon Aug. 1944; deutsch bei Lipgens, Föderationspläne, a. a. O. (Anm. 1), Nr. 114, 32, 100, 20 und 89. Alle gen. Texte auch originalsprachig in der englischen Ausgabe: Lipgens, Documents, a. a. O. (Anm. 17), vol. 1.

  25. Zur Planung Europäischer Union bis 1943 auch auf alliierter Seite vgl. Lipgens, Föderationspläne, a. a. O. (Anm. 1), Anhang: Europa-Pläne in Großbritannien und den USA (1939— 1944), S. 405— 521; wesentlich erweiterte englische Ausgabe: W. Lipgens, Documents on the History of European Integration, vol. 2: Plans for European Union in Great Britain and in Exile, 1939— 1945, Berlin-New York (de Gruyter) 1984. Dort in der „General Introduction" gründliche Darstellung der Eliminierung der Europa-Pläne 1943 aus der offiziellen alliierten Nachkriegsplanung.

  26. Vgl. W. Lipgens, Die Anfänge der europäischen Einigungspolitik 1945— 1950, Bd. 1: 1945— 1947, Stuttgart 1977, S. 95— 109 und 277— 92 die Friedensorganisation der Weltmächte, 156— 93 die Anpassung Großbritanniens, 193— 223 der Versuch de Gaulles.

  27. Vgl. Fr. Fetjö, Geschichte der Volksdemokratien, Bd. I: Die Ära Stalin 1945— 1953, Graz-Wien-Köln 1972; J. K. Hensch, Sowjetische Osteuropapolitik 1945— 1975, Düsseldorf 1977; W. Lipgens, Die Anfänge, a. a. O. (Anm. 26), S. 17 (Definition von A. Toynbee) und S. 444— 60 (Kap. „Ansätze europäischen Einigungswollens in Osteuropa").

  28. Vgl. die Teile „Wiederaufbruch der Föderationspläne Juni 1946—Mai 1947''und „Formation der Bewegung im beginnenden Ost-West-Konflikt Mai bis Dez. 1947" bei Lipgens, Die Anfänge, a. a. O. (Anm. 26), S. 292— 443 und 514— 642, darin die Entschließung von Montreux 30. 8. 1947, S. 528. Substantiell erweiterte englische Ausgabe des Bandes: W. Lipgens, A History of European Integration, -vol. 1: 1945— 1947, Oxford 1982.

  29. Politische Resolution von Den Haag, 10. 5. 1948, Entwurf des Brüsseler Kongresses 28. 2. 1949 und Text der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten 4. 11. 1950 sowie des 1. Zusatzprotokolls 20. 3. 1952 in: Europa. Dokumente zur Frage der europäischen Einigung, Bd. 1,.. München 1962, S. 151 f., 173— 75 und 515— 33. Die Entstehungsgeschichte gründlich demnächst in: Lipgens, Die Anfänge, a. a. O. (Anm. 26), Bd. 2.

  30. Alle offiziellen Dokumente, Berichte über verhandelte Klagefälle und ergangene Entscheidungen jährlich in: Yearbook of the Convention of Human Rights, Den Haag 1955 ff. (bisher 27 Bände). Besonders informativ seit der zahlenmäßigen Belebung der Urteilstätigkeit des Menschenrechtsgerichtshofs: Europäische Grundrechts-Zeitschrift, Jg. 1/1974—Jg. 10/1983; zur Anerkennung der Autorität des Menschenrechtsgerichtshofs in der Praxis der Einzelstaaten vgl. A. Drzemczewski, European Human Rights Convention in Domestic Law, Oxford 1983.

  31. K. O. Hondrich, Mitbestimmung in Europa, Bonn 1970; zur Europäischen Sozialcharta vom 18. 10. 1961 O. Messer, Die Arbeit des Europarats auf dem Gebiet des Sozial-und Gesundheitswesens, in: Das Europa der Siebzehn, Bonn 1974, S. 163— 85; Die soziale Sicherheit in den Ländern der Europäischen Gemeinschaft, Bonn 1980.

  32. Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland 1949; italienische Verfassung 1948, Art 5 und 114 bis 132; Deferre-Gesetz Frankreich 1982. Vgl. Fr. Esterbauer, Regionalismus, München (Inst. f. Nationalitätenrecht und Regionalismus) 1978; D. Yuill und K. Allen, European regional incentives 1980, Glasgow 1980.

  33. CI. Schöndube, Europa. Verträge und Gesetze, Bonn 1978 4; H. P. Ipsen, Europäisches Gemeinschaftsrecht, Tübingen 1972; Sammlung der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften, Luxemburg 1959 ff., bisher über 30 Bände.

  34. W. Hallstein, Die Europäische Gemeinschaft, Düsseldorf 19795; Chr. Sasse, Regierungen, Parlamente, Ministerrat, Bonn 1975; CI. Schöndube, Das Europäische Parlament vor der zweiten Direktwahl. Bilanz und Perspektiven, Bonn 1983; knappe Übersicht: W. Lipgens, Der Zusammenschluß Westeuropas, in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht, 34 (1983) 6, S. 345— 72; Sammlung der Verfassungsentwürfe seit der Resistance: W. Lipgens (Hrsg.), 45 Jahre Kampf um Europäische Verfassung, Bonn 1984.

Weitere Inhalte

Walter Lipgens, Dr. phil., geb. 1925, Professor für Neuere Geschichte an der Universität des Saarlandes, am 29. April 1984 gestorben, nur wenige Wochen, nachdem er das vorliegende Manuskript abgeschlossen hatte; 1966 Gastprofessor am Institute for Advanced Study, Princeton; seit 1966 Professor an der Universität Saarbrücken; 1973 Gastprofessur an der University of Missouri, Columbia; Mitglied des Direktoriums des „Centre Internationale de Formation Europenne", Paris, und des „Instituts für Europäische Politik", Bonn; 1976— 1979 Professor am Europäischen Hochschulinstitut in Florenz. Veröffentlichungen u. a.: (Hrsg.) Europa-Föderationspläne der Widerstandsbewegungen 1940— 1945. Die Anfänge der europäischen Einigungspolitik 1945— 1950, 1977 (engl. 1982); (Hrsg.) Sources for the History of European Integration 1945— 1955, 1980; (Hrsg.) Die Europäische Integration, 1983; (Hrsg.) 45 Jahre Kampf um Europäische Verfassung, 1984; (Hrsg.) Documents on the History of European Integration, Bd. 1 und 2, 1984.