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Humanistischer Marxismus: Philosophie und politische Theorie der jugoslawischen „Praxis-Gruppe" | APuZ 31/1985 | bpb.de

Archiv Ausgaben ab 1953

APuZ 31/1985 Artikel 1 Diktatur über die Bedürfnisse Die Kritik der „Budapester Schule" an osteuropäischen Gesellschaftssystemen Jugoslawien — fünf Jahre nach Titos Tod Humanistischer Marxismus: Philosophie und politische Theorie der jugoslawischen „Praxis-Gruppe"

Humanistischer Marxismus: Philosophie und politische Theorie der jugoslawischen „Praxis-Gruppe"

Reiner Ruffing

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Zusammenfassung

Für die Dauer von fast einem Jahrzehnt (1965— 1974) galt die philosophische Zeitschrift „Praxis" mit ihrem breiten Mitarbeiterkreis („Praxis-Gruppe") für viele Beobachter als „lebendigstes Zentrum marxistischer Philosophie auf der ganzen Welt" (L. Kolakowski). Diesen Ruf brachte ihr der konsequent kritische Ansatz ihrer Beiträge, ihr breitgefächertes Themenspektrum sowie die undogmatische Offenheit ein, mit der auch Kontakt zur westlichen Wissenschaft gesucht und hergestellt wurde. Auf der dalmatischen Insel Kotcula organisierten die „Praxis" -Mitglieder alljährliche Sommertreffs, wo sich international bekannte Marxisten aus Ost und West zu Gesprächsrunden einfanden. Bei dem Versuch einer humanistischen Marx-Interpretation gerieten die „Praxis" -Philosophen jedoch nicht nur in Gegensatz zur offiziellen marxistischen Theorie und Praxis der Ostblock-Staaten. Auch die in Jugoslawien herrschende Partei des Bundes der Kommunisten Jugoslawiens begann ihre anfängliche Toleranz gegenüber der „Praxis-Gruppe" aufzugeben und ergriff repressive Maßnahmen. 1974 verbot sie die Zeitschrift. Die Entstehung und das Verbot der „Praxis-Gruppe" bieten daher ein Beispiel für die Möglichkeiten und Grenzen eines kritischen Marxismus in Jugoslawien. Dieser muß sich offensichtlich auf das Gebiet der Philosophie beschränken. Sobald die Kritik an den innerjugoslawischen Verhältnissen ansetzte, bekamen die „Praxis" -Mitglieder Schwierigkeiten. Trotz dieser Schwierigkeiten mußten die humanistischen Philosophen und Wissenschaftler Jugoslawien jedoch nicht verlassen. In den letzten Jahren gelang es ihnen sogar, gewisse Positionen zu behaupten. So kommt auch heute noch der Theorie des Humanistischen Marxismus in Jugoslawien Bedeutung zu. Im Zentrum dieser Theorie steht der „Praxis" -Begriff. Ihr Grundmotiv ist ein aktives Verhältnis des Menschen zu seiner Umwelt. Verhältnisse, die einer weiteren Entfaltung der Individuen entgegenstehen, werden als entfremdet bezeichnet; Theorien, die die Geschichte als Einbahnstraße definieren, abgelehnt. Menschliches Handeln, das den Namen verdient, impliziert Handlungsalternativen und orientiert sich an humanistisch-emanzipatorischen Werten. Auf politischem Gebiet heißt das: Reform der sozialistischen Gesellschaften Osteuropas in Richtung auf mehr Rechtsstaatlichkeit und Demokratie. Für Jugoslawien steht die Forderung nach einer innerparteilichen Demokratisierung des BdKJ im Vordergrund.

I. Humanistischer Marxismus in Osteuropa

Unter den zahlreichen Strömungen und Tendenzen des Marxismus kommt der Theorie des „Humanistischen Marxismus" in Osteuropa eine besondere Bedeutung zu. Denn bei dieser Marxismusvariante handelt es sich um ein Konzept, das in kritischer Auseinandersetzung und Konkurrenz zur offiziellen Doktrin des Marxismus-Leninismus entstanden ist Damit ist eine Konstellation gegeben, deren politische Brisanz offenkundig ist.

In den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg bis zu Stalins Tod 1953 herrschte in den osteuropäischen Ländern — mit Ausnahme Jugoslawiens — unter den Marxisten eine ideologische Konformität.'Unbestritten dominierte das von Stalin in seinem 1938 verfaßten Aufsatz „über dialektischen und historischen Materialismus" gezimmerte Denkgebäude des Marxismus-Leninismus. Erst in der Phase des sogenannten Tauwetters — einer begrenzten Liberalisierung im Ostblock zwischen 1953 und 1956 — wandten sich zunächst polnische und ungarische Marxisten enttäuscht von der offiziellen Lehre ab und suchten einen neuen Zugang zu Marx. Ähnliche Bestrebungen gab es seit dem Kominformausschluß 1948 auch in Jugoslawien, während in der CSSR erst in den sechziger Jahren im Vorfeld des „Prager Frühlings" ein ausreichender politischer Spielraum für eine grundsätzlich andere Auffassung des Marxismus bestand. Trotz unterschiedlicher Voraussetzungen und Traditionen in den verschiedenen Ländern ist es berechtigt, von einer gemeinsam erarbeiteten „Theorie des humanistischen Marxismus" zu sprechen, wurden doch in der Auseinandersetzung mit dem Stalinismus gleiche Themenschwerpunkte gewählt und ähnliche Resultate erzielt: Der Rückgriff auf die Marxschen Frühschriften, die Betonung der „Praxis" als Schlüsselkategorie, die Aufwertung der Marxschen Entfremdungstheorie und der Rolle des Individuums sind zentrale Elemente sowohl des polnischen und ungarischen als auch des tschechoslowakischen und jugoslawischen „Revisionismus"

Sowohl bezogen auf die Quantität der Beiträge als auch unter dem Gesichtspunkt des ihres Wirkens die Zeitraums ist jugoslawiB sehe „Praxis-Gruppe“ die bedeutendste Vertreterin des „Humanistischen Marxismus". Deshalb soll sie im folgenden auch im Mittelpunkt der Betrachtung stehen. Daneben sind allerdings auch in Polen, Ungarn und der CSSR wichtige Beiträge zu diesem Thema entstanden:

Zu den wichtigsten Personen in Polen, die rücksichtslos mit verschiedenen Mythen des Stalinismus aufräumten, zählen der 1977 mit dem Friedensnobelpreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnete Leszek Kolakowski, der Philosoph und Verfasser einer bedeutenden Rousseau-Studie Bronislaw Baczko und Zygmunt Baumann. In zahlreichen Arbeiten sind die polnischen Marxisten vor allem auf die Probleme der menschlichen Ethik eingegangen, einer philosophischen Richtung, die im Stalinismus keine Berücksichtigung gefunden hatte. Indem sie die Eigenverantwortlichkeit des Menschen unterstrichen, übten sie damit zugleich eine philosophisch versteckte Kritik am Führungsanspruch der Partei. So jedenfalls empfanden es die polnischen Bürokraten, die Kolakowski 1966 von der Partei ausschlossen und ihn 1968 vom Lehrstuhl der Universität Warschau entfernten

Ein glücklicher Umstand kam in Ungarn der Entwicklung eines kritischen Marxismus zu Hilfe: In Budapest lehrte der berühmte marxistische Philosoph und Germanist Georg Lukäes, der sich schon mit seinem in den zwanziger Jahren erschienenen — allerdings später von ihm selbst widerrufenen — Buch „Geschichte und Klassenbewußtsein" vom Sowjet-marxismus ä la Bucharin und Deborin abgrenzte. Im Vorfeld des ungarischen Volksaufstandes von 1956 spielte der Petöfi-Klub in Budapest mit dem Diskussionsredner Lu-kcs eine wichtige Rolle als Verständigungsbasis kritischer Intellektueller. Für die heutige Zeit dürfte jedoch die Arbeit der „Budapester Schule" von größerem Interesse sein. Dabei handelt es sich um einen Kreis von Lukäcs-Schülern, die einen breit gefächerten Beitrag zur Ausarbeitung des „Humanistischen Marxismus“ leisteten. Die wichtigsten Vertreter dieser Gruppe sind Agnes Heller, Ferenc Fehr, Andräs Hegedüs, György Mrkus, Märia Märkus und Mihäly Vajda. Besonders von Agnes Heller und Ferenc Fehr sind in den letzten Jahren eine Reihe von Publikationen — auch in deutscher Sprache — erschienen In den Blickpunkt der Öffentlichkeit rückte die „Budapester Schule“ erst nach der gewaltsamen Unterdrückung des Prager Frühlings von 1968. Damals unterschrieben ihre Mitglieder eine von der jugoslawischen „Praxis-Gruppe" verfaßte Protestresolution gegen die Intervention der fünf Warschauer-Pakt-Staaten. 1973 wurden Agnes Heller, Andräs Hegedüs, Märia Märkus, Mihäly Vajda, György Märkus, Jänos Kis und György Beuce von der Akademie der Wissenschaften entfernt. 1977 verließen Heller und Feher schließlich aufgrund des zunehmenden politischen Drucks Ungarn

In der CSSR bildeten die Ereignisse um den „Prager Frühling" von 1968 den eigentlichen Rahmen für die Versuche Karel Koslks, R. Kalivodas und Ivan Svitäks, den Marxismus neu zu definieren. Allerdings ist der „Prager Frühling" nicht das eruptive Ereignis, als das er oft dargestellt wird, und nicht auf das Jahr 1968 zu begrenzen. Schon nach dem 12. Parteitag 1962 erschienen in den sechziger Jahren eine Reihe von Publikationen, die den tschechoslowakischen Reformkommunismus einleiteten. Zu den wichtigsten Schriften gehört in unserem Zusammenhang Karel Kosiks „Die Dialektik des Konkreten". Nach der Intervention führten die kritischen Marxisten der CSSR ein Schattendasein. So wurde zum Beispiel Karel Kosik seiner akademischen Positionen enthoben.

II. Der jugoslawische Weg zum Sozialismus und die „Praxis-Gruppe"

Die zahlenmäßig größte Gruppe von Vertretern des „Humanistischen Marxismus" hatte sich in Jugoslawien gebildet. Dort gelang es 1964 einer Gruppe kritischer Marxisten, die Zeitschrift „Praxis" zu gründen, die bis 1975 wohl das „lebendigste Zentrum marxistischer Philosophie auf der ganzen Welt“ darstellte. Zu den wichtigsten Personen dieser „PraxisGruppe“ • zählen Mihailo Markovic, Gajo Petrovic, Svetozar Stojanovic, Predrag Vranicki, Rudi Supek, Ljubomir TadiC, Miladin ZivotiC, Zagorka Golubovi und Milan Kangrga. Neben den Veröffentlichtungen in den Ausgaben der Zeitschrift liegen zahlreiche interessante Arbeiten der „Praxis-Gruppe" auch in deutscher Sprache vor Einige Mitglieder der Gruppe erhielten Lehraufträge im westlichen Ausland: So bereiste Markovic die USA und Stojanovic war mehrfach Gastprofessor an der Freien Universität Berlin und an der Universität Göttingen.

Die meisten der „Praxis" -Marxisten hatten aktiv an dem einschneidenden Ereignis der jugoslawischen Geschichte, dem Partisanenkrieg gegen die deutschen und italienischen Invasoren, teilgenommen. Damals war es Titos Armee gelungen, sich aus eigenen Kräften vom faschistischen Aggressor zu befreien; diese Tatsache sowie der 1948 erfolgte Ausschluß Jugoslawiens aus dem Kommunistischen Informationsbüro (Kominform) legten den Grundstein für die eigenständige sozialistische Entwicklung des Landes.

1950 dekretierte Tito per Gesetz die Einführung der Arbeiterselbstverwaltung in den Betrieben. Damit wählte Jugoslawien einen deutlich von dem sowjetischen Modell verschiedenen Weg. Mag auch eine große Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit des jugoslawischen Selbstverwaltungssozialismus bestehen so muß doch festgehalten werden, daß die positiven Ansätze hinsichtlich Demokratie und Mitbestimmung gerade im Vergleich zu den Ostblockländern beachtlich sind. Insofern bestanden in Jugoslawien günstigere Voaussetzungen für die Formulierung eines kritischen Marxismus. Dennoch ist das Land von starken autoritäten Zügen geprägt. Vor allem blockiert die Kommunistische Partei — der Bund der Kommunisten Jugoslawiens (BdKJ) — jede Bestrebung, die Idee des Selbstverwaltungssozialismus auch innerhalb der Partei selbst anzuwenden.

Die Kommunistische Partei Jugoslawiens ist nach dem Prinzip des demokratischen Zentralismus organisiert und hält alle Fäden der politischen Macht fest in ihrer Hand. In Jugoslawien gibt es auch heute noch zahlreiche politische Gefangene sowie eine Presse-und Bücherzensur. Die jugoslawische Sonderentwicklung wirkte sich auch auf die marxistische Theorie aus. Der eigene Weg zum Sozialismus mußte ideologisch untermauert und gegen den Stalinismus abgegrenzt werden. Zunächst waren es die offiziellen Parteiideologen — Kardelj, Pijade, Ziherl und damals noch Djilas —, die Anfang der fünfziger Jahre Einwände gegen den Stalinismus formulierten. Ihr Hauptargument lautete: Nicht Jugoslawien, sondern die Sowjetunion selbst habe den von den Klassikern des Marxismus-Leninismus vorgeschriebenen Weg zum Sozialismus verlassen. Vor allem in Marx'Schrift „Bürgerkrieg in Frankreich" und Lenins „Staat und Revolution", wo vom Absterben des Staates die Rede ist, sahen sie den größten Widerspruch zum sich aufblähenden Sowjetstaat In Jugoslawien sollte die Einführung des Selbstverwaltungssozialismus eine ähnlich bürokratische und etatistische Entwicklung wie in der Sowjetunion verhindern.

Diese Kritik harrte jedoch einer grundsätzlichen Auseinandersetzung mit dem gesamten Gedankengebäude der Stalinischen Marx-Interpretation. Gerade dieser Aufgabe nahmen sich die jungen Parteiintellektuellen des späteren „Praxis" -Kreises an. Dabei kritisierten sie vor allem die Stalinsche Interpretation des „Historischen Materialismus". Danach ist die Geschichte als eine Abfolge objektiver und unabhängig vom menschlichen Willen wirkender ökonomischer Gesetzmäßigkeiten zu verstehen. In einem DDR-Lehrbuch heißt es dazu: „Die Entwicklung der Gesellschaft ist ein gesetzmäßiger Prozeß, der einer bestimmten, vom Willen und Bewußtsein der Menschen unabhängigen historischen Notwendigkeit unterworfen ist."

Ähnliche Definitionen dienten Stalin dazu, den sowjetischen Weg zum Sozialismus als den einzig möglichen zu mystifizieren; Abweichungen davon verletzten die „objektiven Gesetzmäßigkeiten" beim Aufbau des Sozialismus. Eine solche . Abweichung vom richtigen Weg" warf Stalin den Jugoslawen anläßlich des Kominformausschlusses (Kommuni-stisches Informations-Büro) 1948 unter anderem vor.

Den jungen Philosophen des späteren „Praxis" -Kreises kam es deshalb darauf an, die theoretische Grundlage dieses Vorwurfs in Frage zu stellen. Wie ein roter Faden zieht sich durch das Werk der „Praxis" -Marxisten das Interesse gerade an diesem Thema. Ein wichtiges Ziel ihrer Arbeit besteht darin, nachzuweisen, daß sich — trotz bestimmter objektiver Bedingungen und Restriktionen — dem menschlichen Handeln meist verschiedene Alternativen bieten. Dadurch besteht Raum für die Realisierung menschlicher „Praxis“. Denn im Unterschied zum Vollzug zwangsläufiger Reaktionen bestehe menschliches Handeln — das den Namen verdient — eigentlich darin, zwischen verschiedenen Möglichkeiten nach Werten zu wählen Für Jugoslawien bedeutet dies zum Beispiel, eine vom sowjetischen Modell verschiedene und am Selbstverwaltungsgedanken orientierte Form des Sozialismus zu wählen. Vladimir Filipoviö, ein etwas weniger bekannter „Praxis" -Marxist, hat diesen Gedanken folgendermaßen formuliert: Es gibt „im Rahmen der unabwendbaren naturalen Determiniertheit einen weiten Spielraum für seine (des Menschen, R. R.) bewußte Tätigkeit" Auch Svetozar Stojanovi geht es darum, die Welt als veränderbar, als eine Welt der möglichen menschlichen Praxis zu begreifen. Zu diesem Zweck führt er die Kategorie der „offenen Dialektik“ ein. Eine Öffnung der Geschichte für mehrere Alternativen schließt natürlich den blinden Fortschrittsglauben aus. Geschichte, als für mehrere Alternativen prinzipiell geöffnet begriffen, schließt auch die Möglichkeit des historischen Rückschritts ein. Einen solchen identifiziert Stojanovic zum Beispiel im Stalinismus

Dieser von den „Praxis" -Philosophen geschaffene theoretische Rahmen diente nicht nur der Zurückweisung der Stalinschen Anmaßung, genauestens über den einzig naturgesetzlich verlaufenden Prozeß der Geschichte Bescheid zu wissen. Er entsprach auch weit eher den konkreten Erfahrungen, welche die jungen Revolutionäre im Verlauf des Partisanenkampfes und beim Aufbau des Selbstverwaltungssozialismus gemacht hatten. Bei-des erforderte über die Maße persönliche Initiative, Kreativität und Verantwortungsbereitschaft der Individuen — Tugenden, die bei einer angenommenen, naturgesetzmäßig verlaufenden Geschichtsentwicklung nur eine untergeordnete Rolle spielen. Die Einführung der Arbeiterselbstverwaltung im Jugoslawien des Jahres 1950 ist denn auch weniger als ein Akt der historischen Notwendigkeit zu verstehen, sondern eher auf die Entschlußfreudigkeit und das Selbstbewußtsein der jugoslawischen Parteiführer zurückzuführen

Die Zustimmung der „Praxis" -Marxisten zum jugoslawischen Sonderweg und zur Einführung der Arbeiterselbstverwaltung verleitete sie jedoch nicht dazu, seine konkrete Ausgestaltung kritiklos zu akzeptieren.

1952 gründete Rudi Supek in Zagreb eine Zeitschrift mit dem Titel „Pogledi" (Ansichten). In ihr wurden philosophische, sozioökonomische, aber auch ästhetische und literarische Probleme diskutiert. Zu den Mitarbeitern dieser Zeitschrift gehörten auch die späteren , Praxis" -Mitarbeiter Vranicki, Kangrga, Grlic und Stojanovi. Die Zeitschrift kritisierte und beklagte vor allem den Zustand der politischen Kultur in Jugoslawien. Eigentlich hätte die Einführung der Arbeiterselbstverwaltung 1950 der Mitarbeit diskussionsfreudiger, selbstbewußter und politisch mündiger Bürger bedurft Zwar konnte die Partei angesichts der hohen Analphabetenrate und der geringen historischen Erfahrung in der Einübung demokratischer Verfahren auf diese Grundlage nicht zurückgreifen; aber sie tat auch nicht genug, um den politischen Reifeprozeß des Proletariats zu unterstützen. Zum Beispiel hätte sie die öffentliche Diskussion über kontroverse politische und kulturelle Themen anregen müssen. Da dies nicht geschah, blieb die Mitbestimmung in den Arbeiterselbstverwaltungsorganen weitgehend formal; letztlich bestimmten die Parteifunktionäre die Politik.

Auf diesen wunden Punkt und auf die Tatsache, daß in Jugoslawien die überwiegende Mehrzahl der Bevölkerung in kultureller Apathie und zurückgezogener Privatheit lebe, wies die Zeitschrift „Pogledi“ hin. Dabei scheute sie sich nicht, auf die Beiträge westlicher Philosophie, vor allem auf den französischen Existentialismus von Jean-Paul Sartre, Albert Camus und Maurice Merleau-Ponty, zurückzugreifen. Ohne die Unterschiede zwischen der „Praxis" -Philosophie und dem existentialistischen Ansatz zu verwischen, stimmten die jugoslawischen Marxisten mit Sartres Bemühungen überein, den Menschen wieder zur Grundlage der Theorie zu machen Allzulange reduzierte der Stalinismus den Marxismus auf eine ökonomische Theorie, eine Taktik des Klassenkampfes oder recht abstrakte Erörterungen über den dialektischen Aufbau der Materie etc. Dabei blieb unberücksichtigt, daß Marx vor allem in seinen Frühschriften eine eigenständige Philosophie über das Wesen des Menschen entwickelt hat Diese philosophische Komponente im Marxismus reaktivierten die „Pra-, xis“ -Marxisten. Marx erblickte das Wesen des Menschen in seiner Kreativität in seinem Drang, sich und die Umwelt bewußt und frei zu gestalten. Verhältnisse, die eine solche Selbstentfaltung übergebührlich einschränken, bezeichnete Marx als dem Menschen „entfremdet“.

Diese Entfremdungstheorie auf die jugoslawische Situation anfangs der fünfziger Jahre angewandt, ließ die „Pogledi“ -Mitarbeiter die Forderung nach kultureller Vielfalt, freier Meinungsäußerung und freien politischen Betätigungsmöglichkeiten erheben. Damit verdeutlichten sie, daß, trotz gegenteiliger Beteuerung der Partei, auch in Jugoslawien Bürokratismus und Etatismus — typische Entfremdungserscheinungen nach Marx — nicht abgeschafft waren. Sollte sich die jugoslawische Entwicklung vom sowjetischen Weg unterscheiden, mußte sich dies vor allem in einem erweiterten Freiheits-und Entfaltungsspielraum der Individuen ausdrücken. Oder, um es mit John Stuart Mill, einem liberalen Philosophen des 19. Jahrhunderts, zu sagen:

„Der Wert eines Staates ist auf lange Sicht der Wert der Individuen, die ihn bilden“ Indem die „Pogledi" -Mitarbeiter auf diesen Maßstab pochten, gerieten sie schon damals in Konflikt zur Partei.

Die Partei reagierte auf diese Kritik empfindlich: Sie warf der Zeitung einen „abstrakten Humanismus“ vor und engte ihren Spielraum zunehmend ein. Die Artikel mußten auf politischen Druck hin entschärft werden. Als Folge davon führte ein schwindendes Publikumsinteresse 1955 zur Einstellung der Zeitschrift Hinzugefügt sei, daß das „Pogledi“ -Experiment in die Zeit der Djilas-Affäre fiel. Milovan Djilas, einer der höchsten jugoslawischen Führungspersönlichkeiten und enger Vertrauter Titos aus der Zeit des Partisanenkampfes, sagte sich von der Parteispitze los und begann, in der Zeitschrift „Borba" partei-kritische Artikel zu veröffentlichen Diese Artikel besaßen im Gegensatz zu den Beiträgen der „Pogledi", die eher philosophisch-literarisch gehalten waren, eine politisch deutlichere Sprache. So brachte Djilas schon bald den Begriff der „Neuen Klasse" — gemeint ist die Parteibürokratie — ins Spiel. Die dadurch verunsicherte Parteiführung schaltete Djilas aus und engte auch den Spielraum für die philosophischen Reflexionen und die Entfaltung einer Theorie des „Humanistischen Marxismus" ein.

Ende der fünfziger Jahre begann sich das politische Klima in Jugoslawien zu entspannen. Der Parteikongreß von 1958 schrieb die „Elemente des eigenen Wegs zum Sozialismus" fest; der BdKJ versprach, seine starre Haltung auf ideologischem Gebiet zu lockern. Vorausgegangen war die außenpolitische Entspannung des Verhältnisses zur Sowjetunion und den anderen Ostblockstaaten. Mit Chruschtschows „Canossagang" nach Belgrad 1956 respektierte Moskau schließlich den besonderen Weg Jugoslawiens.

Für die humanistischen Marxisten Jugoslawiens bestand in dieser Situation die Möglichkeit, einige Grundlagen ihrer Philosophie zu präzisieren.

Ein wichtiger Meilenstein in diesem Vorhaben bedeutete das philosophische Symposium zu Bled 1960. Dort nutzten die humanistisch orientierten Marxisten die Gunst der Stunde, um ihre Positionen offenzulegen. Die Konferenz endete in einem Streit zwischen den Vertretern des offiziellen und denen des humanistischen Marxismus. Neben den Problemen des „Historischen Materialismus"

standen erkenntnistheoretische Fragen auf der Tagesordnung. Die „Praxis" -Philosophen verwarfen hierbei die Leninsche „Widerspiegelungstheorie". Nach dieser bildet das menschliche Bewußtsein die Gegenstände der Außenwelt photographisch ab. Wissen sei daher ein möglichst unbeeinflußtes Einströmenlassen von Bildern der Außenwelt auf unser Bewußtsein; jede subjektive Zutat verwässere nur die angestrebte Objektivität der Erkenntnis. Demgegenüber wiesen die „Praxis" -Philosophen darauf hin, daß interessenlose Erkenntnis letztlich nicht möglich sei. Schon die Auswahl der Erfahrungsbereiche, die Art der menschlichen Wahrnehmung sei subjektiv und richte sich nach bestimmten Fragestellungen. In der menschlichen Wahrnehmung stecke zudem ein „Gutteil an Aktivität“. Um „wahrnehmen“ zu können, müsse man aufmerksam, aufgeschlossen und in der Lage sein, sich zu konzentrieren. Auch Erkenntnis sei daher eine bestimmte Form menschlicher Praxis.

Insbesondere der Belgrader Philosoph Mihailo Markovic bemühte sich, den Praxis-Begriff für den Bereich der Erkenntnistheorie fruchtbar zu machen. Nach Markovic können wir nur etwas wissen „von denjenigen Objekten, die wir praktisch verändert haben, die wir aus Dingen , an sich'verwandelt haben in Dinge für uns'. Das ist, was kein einziger Vulgärmaterialist begreifen will." Dieses aktive, nicht kontemplative Verhältnis zur Umwelt prägt die „Praxis" -Philosophie. Die orthodoxen Marxisten, sich der politischen Sprengkraft dieses Denkens sehr wohl bewußt, belegten denn auch die „Praxis" -Philosophie mit dem Vorwurf des „Subjektivismus" Die „Praxis" -Philosophen würden sich über die natürlichen Existenzbedingungen der Gesellschaft hinwegsetzen und in ihrer rückhaltlosen Betonung der menschlichen Kreativität in einen heillosen Mystizismus verfallen

Dieser Vorwurf mag für Äußerungen mancher „Praxis" -Marxisten durchaus zutreffen. Zum Beispiel wenn Danko GrliC als Definition wahrer revolutionärer Praxis überspitzt formuliert: w „sie kann nie, nirgends und in niemandes Namen stehenbleiben. Durch sie ist auch der Mensch, dieses endliche, sterbliche, ohnmächtige Wesen, praktisch unendlich, unsterblich und allmächtig.“ Damit ist die Kategorie der „Praxis" sicherlich überstrapaziert. Deshalb betont Markovic neben dem kreativen Aspekt auch den kommunikativen, intersubjektiven und überprüfbaren Charakter menschlicher Praxis Dadurch gelingt es ihm schließlich überzeugend, den eigenen Ansatz gegenüber subjektivistischen und existentialistischen Marx-Interpretationen abzugrenzen. überhaupt steht der Begriff der Kommunikation im Mittelpunkt der „Praxis" -Philosophie. Kommunikation, rationale Erörterung, Aus-tausch der Argumente in kritischen Diskussionen sind unabdingbar, wenn sowohl im Geschichtsverlauf als auch in der Naturbetrachtung Vernunft und Wahrheit nicht „abgelesen" werden können, sondern „aufgegeben" sind und somit durch menschliche Praxis „verwirklicht" werden müssen.

Die „Praxis" -Philosophen suchten das Prinzip der Kommunikation in einer einzigartigen und leider in diesem Ausmaß bis dato nicht wiederholten Art und Weise zu verwirklichen. Auf der jugoslawischen Insel Korcula organisierten die Belgrader und Zagreber Philosophen ab 1963 alljährliche Sommertreffs, zu denen sie international bekannte Marxisten und Marxologen (Erich Fromm, Herbert Marcuse, Jürgen Habermas, Lucien Gold-mann, Ernest Mandel, Tom Bottomore, Maximilian Rubel, Kastor Axelos, Serge Mallet, Franz Marek, Leszek Kolakowski, Karel Kosik, Umberto Cerroni, R. Lombardo-Radice, Agnes Heller, Helmut Fleischer, Mark Wartofsky, Robert Tucker, Norman Birnbaum u. a.) einluden. Hierzu schrieb der „Spiegel“ 1972: „Neun Jahre lang war die dalmatische Insel der einzige Ort auf der Welt, an dem Anarchisten, Trotzkisten, Leninisten und Existentialisten Argumente und nicht bloß Anwürfe austauschten.“

III. Die Zeitschrift „Praxis" und die Ereignisse von 1968

Die Veröffentlichung von Sammelwerken und die Abhaltung öffentlicher Konferenzen bildeten jedoch noch nicht die dauerhafte Plattform, welche sich die humanistischen Marxisten wünschten. Man wußte um die größere Einflußmöglichkeit eines permanent erscheinenden Organs. 1964 gelang es endlich, die kroatische Philosophie-Gesellschaft als Sponsor für die Zeitschrift „Praxis" zu gewinnen. Die Zeitschrift erschien in redaktioneller Eigenregie, aber während politisch-propagandistischer Kampagnen gegen die „Praxis“ drehte die „Gesellschaft“ zuweilen den Geldhahn zu. Einzelne Ausgaben konnten daraufhin nicht oder nur verspätet erscheinen. Das erste Heft erschien im September 1964 unter dem Titel „Wozu Praxis?" in Jugoslawien. Daneben wurde eine internationale Ausgabe unter dem gleichen Titel im Frühjahr 1965 gestartet. Deren Ziel war es nicht vordringlich, das jugoslawische Denken im Ausland bekannt zu machen, vielmehr wollte man hierdurch „die internationale Zusammenarbeit anregen, zu der unserer Meinung nach auch eine internationale Diskussion über die entscheidenden Probleme der Gegenwart gehört" Das selbstgesteckte Arbeitsziel der »Praxis" galt der Revitalisierung und Entfaltung des marxistischen humanistischen Gedankens in Jugoslawien und darüber hinaus. Aber ihrem besonderen Begriff von Philosophie lag eine brisante Tendenz inne: „In unserer Zeitschrift soll Philosophie der Gedanke der Revolution sein, rücksichtslose Kritik alles Bestehenden, humanistische Vision einer wirklich menschlichen Welt, inspirierende Kraft revolutionären Handelns."

Neben der Auseinandersetzung mit dem Stalinismus häuften sich in der Zeitschrift immer mehr jene Beiträge, die eine kritische Position zu einigen Tendenzen der modernen Industriegesellschaft einnahmen. So unterschied Mihailo Duri zwischen dem Fortschrittsbegriff der Aufklärung und demjenigen, den Saint-Simon im 19. Jahrhundert entwickelt hat. Während ersterer „vor allem und über allem in der Erziehung des Menschen und der Veredelung seines Charakters“ den Fortschritt sah, identifizierte ihn Saint-Simon mit der Steigerung der industriellen Produktion. Mihailo Duri zieht daraus den kulturkritischen Schluß: . Alles was Saint-Simon als Fortschritt angesehen und gepriesen hat, nehmen wir bereitwillig an, während wir für die Ideale der Aufklärer kaum Verständnis aufbringen." Den Hintergrund dieser Äußerung bildeten einige negative Auswirkungen der jugoslawischen Wirtschaftsreform von 1965. Sie war der Höhepunkt des Prozesses einer allgemeinen Dezentralisierung der jugoslawischen Wirtschaft ab 1961. Die administrativen Fesseln von Eigeninitiative und Selbstverwaltung wurden gelockert und das System der „sozialistischen Marktwirtschaft" ausgebaut. Während so die Unternehmen einen spürbar größeren Einfluß auf die Produktion und den Gewinn erhielten, deckte die Reform zugleich rücksichtslos die Schwächen der jugoslawischen Wirtschaft auf. Eine hohe Inflationsra-te, die Bildung von Wirtschafts-und Bankmonopolen, Arbeitslosigkeit, soziale Differenzierungen sowie eine Verschärfung des regionalen Wohlstandsgefälles waren nur einige der unangenehmen Folgen. Diese Mängel blieben nicht ohne Auswirkungen auf die Menschen. Das jugoslawische Wirtschaftssystem schuf in seiner vorliegenden Form nicht nur Raum für Mitbestimmung, sondern förderte auch den Gruppenegoismus, das Konkurrenzverhalten, den Besitztrieb und die Korruptionsbereitschaft der Individuen.

Mihailo Duri verwies daher auf die wünschenswerte Synthese der beiden von ihm skizzierten Fortschrittsbegriffe: „Ideal wäre, wenn es uns gelingen könnte, den Glauben der Aufklärer mit dem Glauben Saint-Simons an den Fortschritt zu vereinen, wenn es uns gelänge, die Kultur zu entwickeln, ohne auf die Zivilisation zu verzichten, die Produktiv-kräfte der Gesellschaft zu fördern, ohne den Menschen zu gefährden.“ Der philosophische Beitrag der „Praxis-Gruppe“ zu diesem Ziel bestand darin, dem herrschenden Menschenbild des „homo oeconomicus" eine andere Auffassung entgegenzustellen. Zu diesem Zweck griffen sie erneut auf den jungen Marx zurück.

Marx hatte in seinen „Pariser Manuskripten“ ein von Ludwig Feuerbach beeinflußtes Menschenbild entworfen, das humanistisch orientierte Philosophen immer wieder aufs Neue fasziniert. Er spricht dort vom „allsinnigen Menschen" und von „Organe(n) seiner Individualität" wie „sehen, hören, riechen, schmecken, fühlen, denken, anschauen, empfinden, wollen, tätig sein, lieben“ Alle diese Sinne gilt es nach Marx menschlich zu gestalten. Indem die „Praxis" -Marxisten diesen Grundgedanken wieder aufnahmen, wiesen sie darauf hin, daß Sozialismus nicht gleichbedeutend ist mit der Abschaffung des Privateigentums an Produktionsmitteln oder gar mit Lenins berühmter Formel „Sozialismus ist Sowjetmacht plus Elektrifizierung“. Allenfalls mag es sich hierbei um notwendige Voraussetzungen, jedoch keineswegs um hinreichende Bedingungen für eine weitere Entfaltung der menschlichen Kreativität handeln. Deshalb ist im „Praxis" -Begriff auch eine normative Komponente mit einbegriffen. Es geht darum, wahre menschliche Aktivität oder eine Tätigkeit, die das Merkmal „menschlich" verdient, von entfremdeter Arbeit zu unterscheiden. „Arbeit wird nur dann Praxis, wenn sie frei gewählt ist und eine Möglichkeit für individuellen Selbstausdruck und Selbsterfüllung gewährt“ „Praxis ist eine ideale menschliche Aktivität, in der man die optimalen Potenzen seines Wesens verwirklicht." „Praxis begründet warme und werthafte Beziehungen zu anderen Menschen."

Selbstverständlich sind sich mit Markovic auch die anderen „Praxis“ -Marxisten bewußt daß für eine lange Zeit noch das Prinzip fremdbestimmter oder monotoner und langweiliger Tätigkeit dominieren wird. Aber eine anspruchsvolle Definition von menschlicher Praxis verhindert eine vorschnelle Identifikation des Sozialismus mit noch herrschaftsdurchsetzten und fremdbestimmten Verhältnissen. Und eben darin liegt ein Stachel der „Praxis" -Philosophie.

Ebenso wie in den westlichen Ländern wirkten diese Gedanken hauptsächlich auf intellektuelle Kreise 1968 protestieren in Jugoslawien die Studenten. Zwar war der unmittelbare Anlaß der Demonstrationen ökonomischer Art. Nur eine Minderheit erhielt Stipendien, die Mehrheit lebte auf Darlehn und wurde von den Eltern unterstützt. Folglich stammten nur 12 Prozent der Studenten an der Belgrader Universität aus Arbeiterfamilien. Hinzu kam eine große Akademikerarbeitslosigkeit. In ihren Forderungen sprengten die Studenten jedoch den ökonomischen Rahmen: Sie verlangten die . Abschaffung aller Privilegien und sozialer Unterschiede, Demokratisierung Von Partei, Gewerkschaften und Presse, Versammlungs-und Demonstrationsfreiheit“ und eine Hochschulreform. Auf die Demonstrationen wußte die Partei nur mit drastischen Repressalien zu reagieren. Die Ursachen dieses Protests sah die Parteibürokratie in der Mesalliance zwischen Professoren-Häretikern und irregeleiteten Studenten. In einer Rede vom 26. Juni 1968 forderte Tito öffentlich die Entlassung einzelner Professoren, Philosophen und Soziologen Gajo Petrovi und Mladen CaldaroviC wurden in Zagreb aus der Partei ausgeschlossen; ein ähnlicher Versuch scheiterte in Belgrad am Protest der universitären Parteisektion und einem Solidaritätsstreik der Studenten. Die Rede Titos markierte deutlich ein Ende der Konzessionsbereitschaft der Partei, und von da an mußten die „Praxis" -Philosophen mit weiteren Repressalien rechnen.

Die ganze Art, wie die Partei mit dem Protest junger Menschen umging und ihn kriminalisierte, hinterließ auf Seiten der „Praxis-Gruppe“ einen tiefen Eindruck. Er führte dazu, daß die Tendenz der Zeitschrift zunehmend politischer wurde.

Immer häufiger füllten die Seiten der „Praxis“ Beiträge, die sich den politisch brisanten Themen in Jugoslawien widmeten. Fragen nach dem Verhältnis von Sozialismus und Demokratie, nach den Ursachen von Bürokratismus und Etatismus sowie nach den kritischen Punkten des jugoslawischen Modells des Selbstverwaltungssozialismus drängten die „Praxis“ -Marxisten in stärkere Konfrontation zur Partei.

IV. Die „Praxis-Gruppe" und der BdKJ

Der BdKJ tolerierte die Beiträge der „Praxis“ so lange, wie sie sich vorrangig auf dem Gebiet der philosophischen Theorie bewegten. Freilich waren sie deshalb bei der Partei noch lange nicht beliebt. Schon im Gründungsjahr der Zeitschrift 1965 setzte die Kritik ein. Kein Geringerer als E. Kardelj, ein Mitstreiter Titos im Volksbefreiungskrieg und Chefideologe des BdKJ, warf der „Praxis" vor, unter dem Deckmantel philosophischer Kritik „politische Macht" anzustreben. Außerdem kritisierte er die Humanismus-Ideen als zu abstrakt und lediglich dazu geeignet, Verwirrung in den eigenen Reihen zu stiften

Die Konsequenz war, daß es bald schon zum Entzug von Geldmitteln kam, wodurch das Erscheinen der „Praxis" einige Male verzögert wurde.

Als die Themen der „Praxis" nach dem Studentenprotest jedoch immer konkreter an den innerjugoslawischen Verhältnissen ansetzten, fühlte sich die Partei noch empfindlicher getroffen. 1971 verbot sie zum ersten Mal eine „Praxis" -Nummer. Bezeichnenderweise trug diese Ausgabe den Titel . Aspekte des Sozialismus in Jugoslawien", widmete sich also der jugoslawischen Innenpolitik. Stein des Anstoßes war vor allem Milan Kangrgas Artikel „Phänomenologie des ideologisch-politischen Auftretens der jugoslawischen Mittelklasse“ Den Hintergrund der Aktion bildete jedoch der schwelende Nationalitäten-konflikt in Jugoslawien. Bis zum heutigen Tag hat der Vielvölkerstaat mit zentrifugalen Tendenzen zu kämpfen. 1971 gärte gerade der kroatische Nationalismus. Kangrgas Aufsatz packte nun gleich zwei „heiße Eisen" an: Er verknüpfte Mißstände innerhalb des Systems der Arbeiterselbstverwaltung mit der Renaissance des Nationalismus. Seine These lautete, daß die Geburt einer neuen jugoslawischen Mittelklasse (Bürokraten, Technokraten, Manager) sowohl die weitere Mitbestimmung der Arbeiter in den Betrieben blockiere als auch für das Anwachsen der nationalistischen Ideologie verantwortlich sei. Die technokratische Mittelklasse suche durch Abspaltung vom Bund ihre Privilegien zu mehren. Einerseits wirkte für die Partei vor allem der Begriff „Klasse“ alarmierend, andererseits nahm Kangrgas Artikel eindeutig gegen den kroatischen Nationalismus Stellung. In dieser Hinsicht befanden sich die „Praxis" -Marxisten in einer Front mit der Partei gegenüber allen Separationsbestrebungen. Die Einsicht in diese Gemeinsamkeit trug auch dazu bei, daß der Oberste Gerichtshof Jugoslawiens das Verbot schließlich aufhob und die Zeitschrift samt Kangrgas Artikel doch erscheinen konnte. Dieser Konflikt deutete aber erneut darauf hin, daß die Partei bei günstiger Gelegenheit gewillt war, drastisch gegen die „Praxis" -Marxisten vorzugehen.

Diese Gelegenheit sollte sich 1972 ergeben. Tito gelang es zwischenzeitlich, die kroatische Opposition auszuschalten; die Schützenhilfe des „Praxis" -Kreises gegen den Nationalismus verlor damit an Wert

Die Verhaftung dreier Studenten aus dem „Praxis" -Kreis wegen „trotzkistischer Verschwörung" und deren Verurteilung zu je zwei Jahren Gefängnis leiteten den Schlag gegen die „Praxis" ein. 1972 forderte der BdKJ die Entlassung von acht Belgrader Professoren (Stojanovic, Markovic, TadiC, GoluboviC, ZivotiC, Popov, MiCunoviC und IndjiC). Die Selbstverwaltungsorgane der Universität Belgrad weigerten sich jedoch, dieser Forderung nachzukommen. Daraufhin wurde Ende 1974 eigens ein neues Universitätsgesetz geschaffen, das die Selbstverwaltung an der Universität untergrub. 1975 erfolgte dann die Suspen-B dierung der genannten Professoren Damit war das Ende der Zeitschrift „Praxis" vorbereitet. Ende Januar 1975 wurde die Belegschaft der Druckerei der „Praxis“ aufgefordert, die Zeitschrift nicht mehr zu drucken, und am 21. Februar 1975 schließlich wurde die Redaktion der „Praxis“ auf richterliche Anordnung hin geschlossen. Wie begründete die Partei diese Repressalien? Ein offizielles Schreiben listete die wichtigsten Vorwürfe auf

— Der Hauptvorwurf lautete, die „PraxisGruppe" habe sich schrittweise von einer Gruppe von Wissenschaftlern und Theoretikern zu einer politischen Opposition (Neue Linke) gewandelt. Systematisch habe sie das Terrain der theoretischen Diskussion nach und nach verlassen und aktiv eine politische Bewegung organisiert. Sichtbarster Ausdruck dieses Bestrebens sei der Studentenprotest von 1968 gewesen.

— Inhaltlich wolle die „Praxis-Gruppe" die führende Rolle der Arbeiterklasse durch die „humanistische Intelligenzija" ersetzen; sie trete für ein Mehrparteiensystem ein und zeige sich als Gegnerin der Arbeiterselbstverwaltung. Diese Vorwürfe entbehrten jedoch jeglicher Grundlage. In zahlreichen Erklärungen lehnten die „Praxis" -Philosophen eine unmittelbare politische Tätigkeit ab. Folglich wiesen sie auch in einem Protestschreiben die an sie gerichteten Vorwürfe zurück. Darüber hinaus plädierten sie darin für die Diskussions-und Meinungsfreiheit in Jugoslawien. Hier zwei Auszüge: „Die Anschuldigung ist grotesk, weil sie in einem Land vorgebracht wird, dessen gesellschaftliches und politisches System es eigentlich voraussetzen sollte, daß sich jeder Bürger mit Politik befaßt. Oder vielleicht sollen es auch alle anderen, nur nicht die marxistischen Philosophen und Soziologen?" „Inwieweit kann von Arbeiterbewegung und Sozialismus überhaupt noch die Rede sein, wenn Kritik gemieden wird und man sich vor Diskussionen zu schützen sucht, wenn die Freiheit der Rede in ihren eigenen Reihen zerstört wird, oder sie jederzeit als strafbare Handlung denunziert und nach dem Namen des Strafgesetzbuches verfolgt werden kann." Was ist zu den inhaltlichen Anschuldigungen zu sagen? In der Tat kritisierten die „Praxis" -Marxisten mit der These von der „Diktatur des Proletariats“ ein Kernstück der politischen Theorie des Marxismus. Ljubomir Tadi warnt vor der gefährlichen Tendenz, daß sich „die Diktatur der Klasse auf die Diktatur der Partei und diese wieder auf die Diktatur eines einzelnen Parteiführers reduziert" (So geschehen in der Sowjetunion unter Stalin.) Die Ursache dafür sieht Tadi unter anderem in der Geringschätzung der Rechtsstaatlichkeit und der Menschenrechte in der marxisüschen politischen Theorie. Auch S. Stojanovic ist der Ansicht, daß die Marxisten die Errungenschaften der bürgerlichen Demokratie zu lange als nebensächlich abgetan haben. „Im Marxismus gibt es zu viele vulgäre Kritiken der bürgerlichen und zu viele geschmacklose Apologien der sozialistischen Demokratie." Neben dem Öffentlichkeitsprinzip, den Menschen-und Bürgerrechten, dem Prinzip politischer Gewaltenteilung und der Kontrolle wertet die politische Theorie der „PraxisGruppe" die parlamentarisch-repräsentative Seite der Demokratie auf.

Damit wenden sie sich gegen eine — gerade in Jugoslawien auffällige — Überbetonung des rätedemokratischen Staatsaufbaus. Zu dessen Vorteilen gehört zwar ohne Zweifel eine bessere Berücksichtigung der unmittelbaren Interessen der Produzenten und der Gebietseinheiten, also der Basis. Aber in einer modernen, komplexen Industriegesellschaft stellt sich vor allem auch die Frage, wie gesamtgesellschaftliche Interessen zusammengefaßt und politisch artikuliert werden können. Dazu bedarf es Institutionen und Abgeordneter, die Kompromisse schließen und unterschiedliche Interessen vermitteln können. Und genau darin liegt die Bedeutung parlamentarischer, repräsentativer Organe. Markovic spricht bei Abwägung der Vor-und Nachteile der repräsentativen und der rätedemokratischen Demokratie von einer wünschenswerten „dialektischen Synthese der unmittelbaren (rätedemokratischen, R. R.) und der vermittelten (repräsentativen, R. R.) Demokratie“ Dabei könnten auf gesamtgesellschaftlicher Ebene das repräsentative Element und in den Teilbereichen der gesellschaftlichen Tätigkeit die rätedemokratischen Elemente überwiegen.

Allerdings hat sich kein „Praxis" -Marxist für ein Mehrparteiensystem ausgesprochen, wie es die Partei fälschlicherweise behauptete. Darin ist ein wichtiger Unterschied zwischen dem „Praxis“ -Kreis und der jugoslawischen Opposition um Djilas zu sehen. Stojanovid hat anläßlich eines Symposiums der Zagreber Universität jüngst wieder die Nachteile eines Mehrparteiensystems in Jugoslawien aufgezählt. „Die geringe Erfahrung unserer Gesellschaft mit einem Mehrparteiensystem aus dem Vorkriegs-Jugoslawien und aus nationalen Konflikten im Bund der Kommunisten Jugoslawiens nach dem Krieg und besonders in den letzten zehn Jahren zeigen, daß sich Parteien in Jugoslawien höchst wahrscheinlich vor allem auf der nationalen und religiösen Linie differenzieren würden — und mit einem solchen Typ eines politischen Pluralismus würde die staatliche Einheit noch viel schneller zerfallen. Außerdem ist unsere geostrategische Lage so geartet, daß eine Mehrparteienorganisation jenen Gruppen ein legales Handeln ermöglichen würde, die im geeigneten Augenblick den Rückhalt für eine ausländische Intervention darstellen könnten. Daher sind die Möglichkeiten für eine weitere Liberalisierung und Demokratisierung in der Tat in Reformen des bestehenden Einparteiensystems zu suchen."

Einer innerparteilichen Demokratisierung des BdKJ steht die Leninsche Theorie der Kaderpartei entgegen. Rudi Supek, ein Zagreber Soziologe, hat auf die fatalen Folgen dieses Parteiaufbaus für die gesamte jugoslawische Gesellschaft hingewiesen. Eine allein herrschende, nach dem Prinzip des demokratischen Zentralismus organisierte Partei unterliegt der Tendenz, ihr innerparteiliches zentrales Organisationsprinzip auf den Aufbau des gesamten Staates zu übertragen Und in der Tat ist es in Jugoslawien dieser Parteiaufbau, der positive Ansätze des Selbstverwaltungssozialismus in Wirtschaft und Staat entscheidend unterläuft. Die „Praxis" -Marxisten betonten immer wieder diesen Zusammenhang und stellten ihre Forderung nach innerparteilicher Demokratisierung — bislang jedoch ohne entscheidenden Erfolg.

Ebensowenig stichhaltig erwies sich der Vorwurf der Partei, die „Praxis" sei eine Gegnerin der Arbeiterselbstverwaltung gewesen. Alle „Praxis" -Mitglieder nahmen mit Genugtuung zur Kenntnis, daß sich in Jugoslawien Ende der sechziger Jahre die Idee des Selbstverwaltungssozialismus durchgesetzt hat. Nicht in seiner Abschaffung sehen sie die Lösung aktueller Probleme Jugoslawiens, sondern in einer Ausweitung der Mitbestimmungsmöglichkeiten auf alle Gebiete der Gesellschaft — Staat und Partei mit eingeschlossen! Das hindert sie aber nicht daran, den Finger auf einige nach ihrer Ansicht wunde Punkte dieses Systems zu legen. Vor allem zwei Unzulänglichkeiten sind es, auf die die „Praxis" -Marxisten hinweisen: Zum einen stehen den Arbeitern zwar formal weitestgehende Mitbestimmungsmöglichkeiten zu, in der Realität jedoch haben die Technokraten und Manager in den Arbeiterräten das Sagen. Zum anderen wird im jugoslawischen Wirtschaftssystem der dezentrale Aufbau zuweilen übertrieben und die an sozialen Kriterien orientierte staatliche Planung vernachlässigt. Die Folge davon ist, daß innerhalb des sozialistischen Marktsystems das stärkste selbstverwaltete Unternehmen dominiert und andere möglicherweise in den Bankrott gedrängt werden. Dadurch entstehen soziale Unterschiede (Arbeitslosigkeit!) und territoriale Benachteiligungen (Kosovo!). Um diese Nachteile des Konkurrenzprinzips auszugleichen, ohne jedoch auf dessen stimulierende Wirkung grundsätzlich zu verzichten, empfehlen die „Praxis" -Marxisten eine ergänzende staatliche Rahmenplanung. Diese müsse allerdings demokratisch organisiert sein So erwiesen sich die Anschuldigungen der Partei als nicht stichhaltig; dennoch war mit dem Verbot der „Praxis" und der Suspendierung der acht Belgrader Philosophen die „Praxis-Gruppe" zunächst aus dem öffentlichen Leben Jugoslawiens verdrängt. Daran vermochten auch zahlreiche Protestschreiben aus dem In-und Ausland gegen diese Parteibeschlüsse nichts zu ändern.

Nach Titos Tod 1980 erhofften sich die „Praxis" -Marxisten eine Verbesserung ihrer Lage. In diesem Jahr beantragten Tadi und der kroatische Schriftsteller Dobrica Kosi die Lizenz für die Herausgabe einer neuen kritischen Zeitschrift mit dem Titel „Javnost" (Öffentlichkeit). Der Antrag wurde jedoch bereits negativ beschieden

Im Dezember 1980 wurden dann die 1972 suspendierten Belgrader „Praxis" -Professoren endgültig aus ihren Universitätsstellungen entlassen. Heftige Attacken des Parteiblattes „Borba" begleiteten diese Aktion, in denen die Theorien der „Praxis-Gruppe" als „sozialdemokratischer Reformismus" sowie als „kleinkapitalistisches Restaurationsdenken" gebrandmarkt wurden. Als erfolgreicher sollte sich für die „PraxisGruppe“ jedoch das Jahr 1981 erweisen: Im April begann die Herausgabe der „Praxis International" in Oxford. Dieser, im Geiste der alten „Praxis" verfaßten Zeitschrift gehört im Redaktionsrat neben international bekannten Wissenschaftlern aus aller Welt vor allem der Belgrader Teil der „Praxis-Gruppe" an. Die von Markovic und Bernstein herausgegebene Zeitschrift versteht sich als Diskussionsforum des Humanistischen Marxismus unter den veränderten historischen Bedingungen der siebziger und achtziger Jahre.

Im Juli 1981 kam es schließlich sogar zu einer teilweisen Rehabilitierung der mit Berufsverbot belegten Professoren: Sie erhielten am „Institut für Sozialwissenschaften" der Universität Belgrad einen Arbeitsplatz, jedoch ohne Lehrbefugnis. Ebenso wurden ihre publizistischen Möglichkeiten erweitert, jedoch unter dem Vorbehalt, daß sie die jugoslawischen Verhältnisse nicht direkt kritisch angehen dürften. Zwei Publikationen von GoluboviC und Zivoti konnten erscheinen, und in einigen Zeitschriftenartikeln durfte sogar ansatzweise Kritik an den jugoslawischen Verhältnissen geübt werden

Diese letzten Erfolge deuten darauf hin, daß sich nach und nach der Spielraum der „Praxis" -Marxisten in Jugoslawien wieder etwas erweitert. Dafür spricht auch die Mitarbeit einiger „Praxis" -Marxisten in der seit 1983 an der Universität Belgrad erscheinenden marxistischen Zeitschrift „Theoria" Wenn sie bei diesem Projekt auch nicht federführend sind, so zeigt es doch, daß in Jugoslawien die Theorie des „Humanistischen Marxismus" immer noch lebendig und einflußreich ist Darin kann ein Unterschied zu den Ostblockländern gesehen werden. Aber auch die dortigen Bestrebungen einer Reform des „real existierenden Sozialismus" (die polnische Gewerkschaftsbewegung „Solidarität“ oder die tschechoslowakische „Charta 77") stehen durchaus in einem Bezug zu der humanistischen Version des Marxismus. Mögen bei diesen Bestrebungen auch nicht mehr marxistische Vokabeln im Vordergrund stehen — weil sie vom offiziellen Marxismus als zu sehr diskreditiert gelten —, so stimmt doch ihre Zielrichtung mit derjenigen des „Humanistischen Marxismus" überein: einen Beitrag zur Schaffung eines „Sozialismus mit menschlichem Antlitz" zu leisten.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Der Begriff „Revisionismus” ist hier mit Anführungszeichen versehen, da er den Parteiideologen in Osteuropa als abwertendes Kennzeichen jeder Abweichung vom offiziellen Marxismus-Leninismus dient Demgegenüber verweist der Begriff „Humanistischer Marxismus“ auf den Kern dieser Theorie: den Menschen in den Mittelpunkt philosophischer Betrachtung zu rücken.

  2. Seit 1968 befindet er sich im westlichen Ausland; derzeit lehrt er in Oxford (Großbritannien) Philosophie.

  3. Zum Beispiel die interessante Arbeit von F. Fehr/A. Heller, Diktatur über die Bedürfnisse. Sozialistische Kritik osteuropäischer Gesellschaftsformationen, Hamburg 1979, sowie G. Lukas/A Heller/F. Fehr u. a., Individuum und Praxis. Positionen der Budapester Schule, Frankfurt/M. 1975.

  4. Sie sind derzeit als Dozenten für Philosophie und Soziologie in Australien tätig.

  5. L Kolakowski, Die Hauptströmungen des Marxismus, Bd. 3, München 1979, S. 518.

  6. Zu den wichtigsten zählen: G. Petrovic (Hrsg.), Revolutionäre Praxis, Freiburg im Breisgau 1969; R. Supek/B. Bosnjak (Hrsg.), Jugoslawien denkt anders, Wien-Frankfurt/M. -Zürich 1971.

  7. Vgl. G. Lemän, Das jugoslawische Modell, Frankfurt/M. — Köln 1976.

  8. Grundlagen des Marxismus-Leninismus, Lehrbuch, Berlin (Ost) 1960, S. 157.

  9. Für die „Praxis" -Marxisten war daher Friedrich Engels Definition: „Freiheit ist Einsicht in die Notwendigkeit" unannehmbar.

  10. V. FilipoviC, Natur und Geschichte, in: Praxis, 2 (1966), 1/2, S. 60.

  11. Vgl. S. Stojanovic, Marxismus als Gesellschaftstheorie und Ideologie. Überlegungen zur Krise des Marxismus, in: O. Flechtheim (Hrsg.), Marx heute, Hamburg 1983.

  12. Vgl. M. Djilas, Die unvollkommene Gesellschaft, Wien-München-Zürich 1969, S. 204 f.

  13. J. -P. Sartre, Marxismus und Existentialismus, Reinbek bei Hamburg 1964, S. 141.

  14. J. St Mill, über die Freiheit Stuttgart 1974, S. 157.

  15. Diese Artikel sind zusammengefaßt in: M. Djilas, Anatomie einer Moral, München 1961.

  16. Er wurde verhaftet und mehrere Jahre inhaftiert.

  17. M. Markovic, Dialektik der Praxis, Frankfurt/M. 1988, S. 34.

  18. S. v. a. A. Kosing, Die Verfälschung und Preis-gabe der materialistischen Dialektik durch den modernen Revisionismus, in: Deutsche Zeitschrift für Philosophie, 20 (1972) 2, Berlin (Ost) 1972.

  19. Vgl. ebd.

  20. D. Grlic, Praxis und Dogma, in: G. Petrovic (Hrsg.), Revolutionäre Praxis, Freiburg i. Breisgau 1969, S. 124.

  21. Vgl. M. Markovic (Anm. 17), S. 32f.

  22. Der Spiegel. (1972) 38, S. 131.

  23. Vgl. „Wozu Praxis?", Vorwort zur internationalen Ausgabe, in: G. Petrovic (Hrsg.), Revolutionäre Praxis (Anm. 20).

  24. Ebd., S. 53.

  25. M. Durie, Sinn und Möglichkeit des Fortschritts, in: R. Supek/B. Bosnjak, Jugoslawien denkt anders, Wien-Frankfurt/M. -Zürich 1971, S. 122.

  26. Ebd., S. 130.

  27. Ebd. S. 132.

  28. K. Marx, ökonomisch-philosophische Manuskripte, in: I. Fetscher (Hrsg.), Marx-Engels Studien-ausgabe, Bd. 3, Frankfurt/M. 1966, S. 105.

  29. Ebd„ S. 102.

  30. M. Markovi/R Cohen, The rise and the fall of Socialist Humanism, Nottingham 1975, S. 32.

  31. M. Markovic, From Affluence to Praxis, Michigan 1974, S. 64f.

  32. Die Zeitschrift wurde intensiv gelesen. „Praxis... ist jeden zweiten Monat gleich nach dem Erscheinen sowohl hier (in Zagreb, R. R.) als auch in Belgrad vergriffen. Man kann sie sogar als einen regelrechten . Bestseller'bezeichnen.“ P. Lendvai, Die Grenzen des Wandels, Wien 1977, -S. 161.

  33. Der Spiegel, 22 (1968) 24, S. 79.

  34. Vgl. G. S. Sher, Praxis. Marxist Citicism and Dissent in Socialist Yugoslavia, Ontario 1977, S. 213.

  35. Vgl. G. S. Sher (Anm. 34), S. 194— 232.

  36. In: Praxis, 8 (1971).

  37. Dies bedeutete noch nicht den völligen Ausschluß von der Hochschule, von der sie immer noch ein kleines Gehalt bezogen.

  38. „Concerning the case of the Eight Begrade Professors", ein Bulletin des yugoslav Information Center von New York City, in: M. MarkoviC/R. Cohen (Anm. 30).

  39. Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 31. 1. 1975.

  40. L. TadiC, Sozialismus und Emanzipation, in: „Pra-xis International“, Vol. 1 (1981) 1.

  41. S. Stojanovic, Kritik und Zukunft des Sozialismus, Frankfurt/M. 1972, S. 82.

  42. M. Markovic (Anm. 17), S. 151.

  43. Osteuropa, Zeitschrift für Gegenwartsfragen des Ostens, (1984) 1, A 50 f.

  44. Vgl. R. Supek, Die Dialektik der gesellschaftlichen Praxis, in: G. Petrovic (Anm. 20).

  45. S. StojanoviC, Geschichte und Parteibewußtsein, München-Wien 1978, S. 89.

  46. Vgl. Osteuropa, (1981) 7.

  47. Ende 1981 schließlich unterschrieben Tadic und StojanoviC einen Appell an General Jaruzelski, worin gegen das Kriegsrecht in Polen protestiert und die sofortige Freilassung der politischen Gefangenen gefordert wurde.

  48. Vgl. J. H. Satterwhite, East-European Marxist Humanism, in: „Praxis International“, Vol. 3 (1983) 3, S. 245.

Weitere Inhalte

Reiner Ruffing, geb. 1955, Doktorand rer. pol.; Studium der Politischen Wissenschaften und der Germanistik an der Universität Mannheim und der Freien Universität Berlin; mehrere Lehraufträge am Otto-Suhr-Institut der Freien Universität Berlin (Fachbereich Politische Wissenschaft); Freier Mitarbeiter (Referent) am Informationszentrum Berlin.