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Die Golfstaaten zwischen Ölboom und Ölpreisverfall | APuZ 18/1986 | bpb.de

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APuZ 18/1986 Krisenherd Naher Osten Machtdiffusion als Folge wachsender Komplexität des internationalen Sicherheitssystems Friedensfühler im Bombenhagel: Mittelost 1985/86. Libanon: Mehr Konflikte als Konsens Die Golfstaaten zwischen Ölboom und Ölpreisverfall

Die Golfstaaten zwischen Ölboom und Ölpreisverfall

Eckhard Freyer

/ 29 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

In den Golfstaaten (Bahrain, Irak, Iran, Katar, Kuwait, Oman, Saudi-Arabien und Vereinigte Arabische Emirate) lagern reichhaltige Bodenschätze. Vor allem über die Hälfte der bestätigten Erdölreserven der Welt und große Erdgasreserven begründen ihre Stellung als bedeutendster Energielieferant der Weltwirtschaft. Die Golfstaaten sind kein homogener Block von Ölmächten, sondern unterschiedlich in bezug auf Bodenschätze, Größe, politisches System, Soziostruktur und Entwicklungsniveau. Der Ölboom seit der ersten und zweiten „Ölkrise“ (1973/79) verwandelte die Golfstaaten innerhalb nur eines Jahrzehnts von armen Entwicklungsländern zu den reichsten Ländern der Erde, gemessen am Bruttosozialprodukt pro Kopf. Ein kaum vergleichbar schneller Modernisierungsund Urbanisierungsprozeß entwickelte sich: Städte schossen aus dem Wüstenboden, Industrieanlagen in großen Dimensionen wurden erstellt, die Landwirtschaft wurde zum Teil beachtlich erweitert, rund sieben Millionen ausländische Arbeitskräfte strömten herein. Trotz der großen Wirtschaftsund Finanzkraft sowie der hohen internationalen Wirtschaftsund Finanzverflechtungen der Golfstaaten sind sie „atypische“ Entwicklungsländer. Das Ölüberangebot (u. a. infolge Energieeinsparung, neuer Ölproduzenten und Ölsubstitution durch andere Energieträger) bewirkte in den letzten Jahren drastisch reduzierte Einnahmen und zum Teil hohe Defizite in Leistungsbilanzen und Staatshaushalten. Die dritte „Ölkrise“ (1986) infolge der Rohölproduktionsverdoppelung Saudi-Arabiens bewirkte einen Ölpreisverfall von 30 US-Dollar auf rund 10 US-Dollar in nur wenigen Wochen. Dieser Ölpreisverfall löst in vieler Hinsicht positive und negative Wirkungen aus: Während die Ölproduzenten erhebliche Einnahmeverluste erleiden, sparen vor allem Westeuropa, Japan, die USA und ölimportierende Entwicklungsländer enorme Ausgaben (Bundesrepublik Deutschland 1986 mehr als 30 Mrd. DM). Neben einem gewaltigen innergesellschaftlichen Entwicklungsprozeß konnten die Golfstaaten ein großes Auslandsvermögen ansammeln: Saudi-Arabiens Auslandsguthaben sanken allerdings wieder von 140 Mrd. US-Dollar auf unter 90 Mrd. US-Dollar ab, Kuwait verfügt über 75 Mrd. US-Dollar, die Vereinigten Arabischen Emirate verfügen über 35 Mrd. US-Dollar, Katar über 25 Mrd. US-Dollar und Oman über 3 Mrd. US-Dollar. Iraks und Irans Auslandsguthaben schmolzen infolge der Kosten für den Golfkrieg beträchtlich zusammen.

I. Einleitung

Tabelle 1: Kernindikatoren der Golfstaaten

Quelle: Weltentwicklungsbericht 1985.

Die Golfstaaten wurden in den letzten Jahren besonders beachtet, da sie mit ihrer Ressourcenpolitik den Einsatz des zur Zeit weltweit wichtigsten Rohstoff-und Energieträgers — dem Erdöl — beeinflussen. Während sie in der westlichen Perzeption oft als homogener, monolithischer Block von Ölmächten erschienen, sind sie tatsächlich jedoch unterschiedlich im Hinblick auf Bodenschätze, Größe, politisches System, Soziostruktur und Entwicklungsniveau. Zu den Golfstaaten zählen, wie die Abbildung auf Seite 34 zeigt, neben den „kleinen“ Staaten Bahrain, Kuwait, Katar, Oman und den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) auch die „großen“ Golfstaaten Iran, Irak sowie Saudi-Arabien.

Übersicht: Ausgewiesene Kapitalbeteiligungen der Golfstaaten an deutschen (Industrie-) Unternehmen 1985

Quelle: Commerzbank AG, Wer gehört zu wem?, 1985 Quelle: Runderlaß Außenwirtschaft, in: Bundesanzeiger 1985.

Erdgeschichtlich betrachtet wurde die arabische Halbinsel im Quartär (jüngste Erdperiode, seit rund 1, 8 Mio. Jahren) von der afrikanischen Landmasse getrennt und tauchte unter die iranische Platte. Diese tektonische Entwicklung ist für die Ausstattung der arabischen Halbinsel mit reichhaltigen Bodenschätzen von großer Bedeutung. In der Gebirgsvortiefe zwischen Arabischer Tafel und Iranischem Hochland lagern, begünstigt durch die Faltenstruktur des Untergrunds, reiche Erdöl-und Erdgasvorkommen in zum Teil geringer Tiefe. Sie begründen die Stellung der Golfstaaten als bedeutendster Energielieferant der Weltwirtschaft.

Tabelle 4: Entwicklungshilfe der Golfstaaten

Quelle: Weltbank -Weltentwicklungsbericht 1985, S. 236f.

Bis zum Ölboom waren die Golfstaaten arme Entwicklungsländer. Es gab wenig Regierungsinstitutionen, Schulen, asphaltierte Straßen, Krankenhäuser und Sozialeinrichtungen. Der Ölboom verwandelte sie innerhalb nur eines Jahrzehnts zu den reichen Ländern der Erde. Die Ölgelder lösten einen Modernisierungs-und Urbanisierungsprozeß aus — Städte schossen aus dem Wüsten-boden, ausländische Arbeitskräfte strömten in die Länder, die Bevölkerung wuchs infolge hoher Geburtenraten, aufgrund besserer Ernährung und eines verbesserten Gesundheitswesens. Noch immer aber sind weite gesellschaftliche Bereiche von der traditionellen Ordnung geprägt. Die Golfstaaten sind insofern „atypische“ Entwicklungsländer, geprägt von Ölreichtum einerseits, aber z. B. von Analphabetentum andererseits. So betrug beispielsweise die Analphabetenquote Saudi-Arabiens 1974: Männer 52%, Frauen 79%.

Grundlage des schnellen Reichtums der Golfstaaten ist eine sich in den reichen industrialisierten Ländern der westlichen Welt seit 1970 abzeichnende Energiekrise. Ursachen der sogenannten „Ölkrisen“ waren u. a. militärisch-politische Krisen und darauf folgende wirtschaftliche Reaktionen.

Die erste „Ölkrise“ wurde durch den arabisch-israelischen Krieg im Herbst 1973 ausgelöst. Die Golf-bzw. OAPEC-Staaten setzten Erdöl gegenüber westlichen Ländern als politische Waffe (Liefersperren, Förderkürzungen) ein und verfünffachten den Rohölpreis im Rahmen der OPEC Die zweite „Ölkrise“ entstand nach dem Sturz des Schahs im Jahre 1979. Die iranische Ölförderung (6% der Welthandelsmenge) fiel aus und die Rohölpreise stiegen anfangs um 50%, später sogar um über 100% an. Die dritte „Ölkrise“ (Ölüberangebot infolge u. a. Energieeinsparung, neuer Ölproduzenten und Ölsubstitution durch andere Energieträger) bewirkte Anfang 1986 einen drastischen Rückgang der Ölpreise. In der Bundesrepublik Deutschland liegt der Benzinpreis wieder unter 1 DM/Liter; gemessen an der Kaufkraft ist das Benzin billiger als nach der ersten „Ölkrise“.

Die in den letzten Jahren drastisch reduzierten Öleinnahmen der Golfstaaten bewirkten aufgrund deren hoher Abhängigkeit von diesen Einnahmen sowie eigener Entwicklungsausgaben zum Teil hohe Defizite in den Leistungsbilanzen und Staatshaushalten Daher wurden erhebliche Kürzungen der (Staats-) Ausgaben und Importe vorgenommen. Eine Rezession mit hohen sozialen und politischen Kosten trat ein. Die Subventionskürzungen für wichtige Güter bewirkten Preiserhöhungen vor allem für ärmere Schichten der Bevölkerung.

Rezession und Ölkrise zwingen in letzter Zeit immer mehr ausländische Arbeitskräfte zur vorzeitigen Rückkehr in ihre Heimatländer. Zur Zeit verlassen monatlich etwa 50 000 Ausländer Saudi-Arabien Eine Studie des US-Geheimdienstes CIA spricht in diesem Zusammenhang von der „größten Bevölkerungsbewegung in der modernen Geschichte des Nahen Ostens“, die schwere Folgen für die wirtschaftliche und politische Stabilität auslösen könnte. Die aktuellen Schwierigkeiten der Golfstaaten werden durch die Tatsache beleuchtet, daß ihre Öleinnahmen seit etwa 1983 unter die zur Finanzierung ihrer eigenen projektierten Entwicklung erforderlichen Mittel gefallen sind

Die gewandelte Bedeutung der Golfstaaten seit Beginn der siebziger Jahre wird im übrigen auch in der Terminologie deutlich. Bis in die siebziger Jahre sprach man in der internationalen geographischen Terminologie noch vom „Persischen Golf. Daraus wurde dann infolge weltweiter energiepolitischer Abhängigkeiten und des erwachenden Selbstbewußtseins der Golfstaaten „Persisch-Arabischer“ oder „Arabischer“ Golf. Im folgenden wird der in jüngster Zeit weit verbreitete, weil vereinfachende Begriff „Golfstaaten“ verwendet

Infolge der internen, internationalen und „Öl" -Entwicklung der Golfstaaten ab 1970 (u. a. Unabhängigkeiten 1971, Golfkrieg zwischen Iran und Irak ab dem 22. September 1981, Afghanistan-und Nahostkonflikte) entstanden neue politische und sozio-ökonomische Strukturen. Im Mai 1981 schlossen sich die sechs „konservativen“ Golfstaaten Bahrain, Katar, Kuwait, Oman, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate zum „Gulf Cooperation Council (GCC)“ zusammen. Er soll neben politischer und wirtschaftlicher Zusammenarbeit auch durch militärischen Schutz zur Sicherung und Stabilität der Golfregion beitragen.

Durch die wachsende Komplexität werden konkrete Aussagen zu den einzelnen Golfstaaten problematisch. Für Irak und Iran sind Informationen infolge des Golfkrieges kaum oder schwer verfügbar. Im folgenden Teil werden die Golfstaaten kurz vorgestellt.

II. Die einzelnen Golfstaaten

Abbildung: Ölpreisentwicklung

Quelle: Deutsche Bank, Bulletin Wirtschaftsund Währungsfragen, März 1986, S. 2.

Bahrain Das Emirat Bahrain erlangte 1971 seine Unabhängigkeit durch den Rückzug Großbritanniens vom Golf im gleichen Jahr. Bahrain hat sich zwischenzeitlich zum bedeutendsten arabischen Dienstleistungszentrum entwickelt, so waren z. B. 77 Offshore-Banken und 63 Repräsentanzen internationaler Banken in Bahrain ansässig. Wegen sinkender Erträge, interner Probleme (Aufstände 1981) und der Konkurrenz mit anderen arabischen Staaten um internationale Finanzgesellschaften gaben seit 1984 wieder Dutzende von Banken auf. 1986 soll eine 25 km lange Straßenbrücke zum saudi-arabischen Festland eröffnet werden. Die Kosten von 1 Mrd. US-Dollar übernimmt Saudi-Arabien.

Irak Der Irak gehört aufgrund seiner reichen Ressourcen zu den bedeutendsten Staaten im Nahen und Mittleren Osten. Im Irak gibt es — neben Öl — abbauwürdige Vorkommen von Zink, Blei, Chrom, Mangan, Eisenerz, Uran und große Schwefellager sowie im Südwesten reiche Phosphatvorräte, dem Grundstoff für Düngemittel.

Die irakische Regierung glaubte ursprünglich wohl an eine kurze Dauer des Golfkrieges. Aufgrund der hohen Öleinnahmen wurde ein ehrgeiziger Entwicklungsplan (1981— 1985) gemäß der Ideologie der seit 1968 herrschenden Baath Partei aufgestellt, der parallel zum Krieg realisiert werden sollte. Infolge des Krieges dominieren indessen nun Inflation (über 25 %, geschätzt), Knappheit an lebensnotwendigen Gütern und qualifizierten Arbeitskräften.

Iran Neben Öl und Gas verfügt der Iran über andere wertvolle Bodenschätze, z. B. Blei, Eisen, Kohle, Zinn und Kupfer. Fluch und Segen der Ölgelder waren im Iran besonders auffallend. Kennzeichen waren einerseits Fortschritt, Wirtschaftswachstum (z. B. 1974 etwa 42%) und ein steigender, allerdings ungleich verteilter Wohlstand, andererseits ein — geplanter — Rückschritt in traditionellen Bereichen (u. a. Handwerk, Landwirtschaft). Hinzu kamen große sozio-ökonomische Probleme (u. a. Inflation, so stiegen die Nahrungsmittelpreise seit 1973 um über 30% pro Jahr) und kulturell-religiöse Spannungen. Der Konflikt steigerte sich in den großen Agglomerationszonen, besonders der Sechs-Millionenstadt Teheran, und führte 1979 in die iranische Revolution

Katar Die Schutzmacht Großbritannien wollte Katar ursprünglich zusammen mit Bahrain in eine Föderation der Golfemirate aufnehmen. Dies scheiterte an Partikularinteressen, so daß Katar — neben Bahrain und den Vereinigten Arabischen Emiraten — 1971 als Einzelstaat konstituiert wurde. Neben Gas und Öl verfügt Katar über keine bedeutenden Ressourcen. Der Erdölboom brachte dem Land schnellen Reichtum, aber auch Abhängigkeit vom Weltölmarkt und von ausländischen Arbeitskräften.

Kuwait Kuwait ist seit 1961 wieder souveräner Staat (vorher britisches Protektoratsgebiet). Als einst reicher Handelsplatz (Seehandel, Landhandel und Perlenfischerei) war es zwischenzeitlich völlig verarmt. Die Öleinnahmen wandelten Kuwait schnell in einen fortgeschrittenen Wohlfahrtsstaat. Neben den reichen Ölund Gasvorkommen hat Kuwait aber keine bedeutenden Ressourcen. Zur Reduzierung der Ölabhängigkeit legt der neue Fünfjahresplan (1986— 1990) Wert auf die Ausbildung einheimischer Arbeitskräfte, eine Förderung des Privatsektors und die Einschränkung öffentlicher Ausgaben.

Oman Neben Erdöl und Erdgas verfügt Oman (kein OPEC-Mitglied) über Vorkommen an Glimmer, Asbest, Chrom, Magnesium, Eisen, Gips, Gold, reinem Kalk und besonders Kupfer. Letzteres soll nach Entwicklungsplänen in Zukunft 5% der Staatseinnahmen erbringen. Omans Seereich reichte im 17. und 18. Jahrhundert von Afrika bis China. Es war Hauptakteur im ostafrikanischen Sklaven-, Weihrauch-sowie Gewürzhandel und erntete großen Reichtum. Im 19. Jahrhundert verlor Oman seine wirtschaftlichen Grundlagen an europäische Mächte und verarmte. Seit wenigen Jahren begann mit Hilfe der Öleinnahmen eine ehrgeizige Entwicklung des Sultanats.

Saudi-Arabien Saudi-Arabien verfügt neben Erdöl und Erdgas u. a. über bedeutende Eisen-, Kupfer-, Gold-und Phosphatvorkommen. Die Nutzung der Reichtümer und die Entwicklung des Landes ist wegen der Unwirtlichkeit (Wüsten) sowie der dünnen Besiedlung und Größe des Landes schwierig. Ibn Saud, der Gründer des heutigen Saudi-Arabien, betrieb die Wiedervereinigung der arabischen Stämme mit politischem Geschick und auf der Basis der strengen islamischen Glaubensauffassung seiner Vorfahren. Fellachen und Beduinen prägten außerhalb des Ölsektors die Wirtschaft bis in die Gegenwart. Im letzten Jahrzehnt konnte Saudi-Arabien einen kaum vergleichbaren Entwicklungsprozeß vollziehen. Der 4. Entwicklungsplan (1985— 1990) mit Ausgaben von 1000 Mrd. Saudi Riyal (SR, 1 DM -1, 4 SR) soll von der „importierten“ zur eigenständigen Entwicklung — besonders im Privatsektor — beitragen

Vereinigte Arabische Emirate Die Vereinigten Arabischen Emirate wurden im Dezember 1971 durch den Zusammenschluß der ehemaligen sieben britischen Protektorate Abu Dhabi, Dubai, Sharjah, Ras-al Khaimah, Fujairah, Umm al-Quawain und Ajman gebildet. Als ursprüngliches „Armenhaus am unteren Golf erreichten die Emirate aufgrund ihrer einzigen bedeutenden Ressourcen Erdöl und Erdgas in kürzester Zeit einen Reichtum, der sie im Hinblick auf das Pro-Kopf-Einkommen an die Spitze der Welt brachte. Seit dem Ölboom ist die Entwicklung gekennzeichnet durch eine rapide Verstädterung und den Zustrom von Ausländern (nur ein Fünftel der Bevölkerung besteht aus Staatsangehörigen). Zur Zeit wird eine restriktivere Entwick-lungsund Einwanderungspolitik praktiziert.

III. Wirtschaftskraft und -Verflechtungen der Golfstaaten

Abbildung: Verkehrsinfrastruktur und Krisenpunkte in den Golfstaaten

Aus: Fred Scholz, Die Golfstaaten, Westermann Verlag, Braunschweig 1985, S. 135.

1. ölund Gas-Sektor Der Öl(und Gas-) Sektor spielt in den Golfstaaten seit den siebziger Jahren die entscheidende Rolle. Die Ölund Gasreserven sowie ihre künftige Verfügbarkeit (in Jahren gemessen an der Förderung) sind allerdings sehr unterschiedlich verteilt. Mit der Ölproduktion wurde im Irak 1929, in Bahrain 1934, in Saudi-Arabien 1938, in Kuwait 1946, in Abu Dhabi/VAE 1962, in Oman 1969, in Sharjah 1973 und in Ras al-Khaimah (beide VAE) 1984 begonnen.

Bis zum Beginn des Golfkrieges exportierte der Irak 3, 2 Mio. Barrel pro Tag. Aber schon zu Kriegsbeginn wurden seine wichtigen Ölexportterminals zerstört. Dazu sperrte Syrien im April 1981 seine Pipeline und Iraks Ölexport sank auf lediglich 650000 Barrel pro Tag. Zur Steigerung der Ölexporte wird zur Zeit die 980 km lange Pipeline durch die Türkei (von 1 auf 1, 6 Mio. b/d) erweitert, Öl mit Lastkraftwagen (u. a. über Aqaba) transportiert und eine Pipeline vom südlichen Irak durch Saudi-Arabien (0, 5 Mio. b/d, geplant 2, 0 Mio. b/d) errichtet, die den Ölexport über Yanbu am Roten Meer ermöglichen soll. Derzeit sucht der Irak Kunden für sein zusätzliches Öl und forderte am Rande der OPEC-Konfe-renz im März 1986 eine Erhöhung der Förderquote von 1, 2 auf 2, 1 Mio. Barrel pro Tag; die Produktion lag Ende 1985 bei 2 Mio. Barrel pro Tag. Der Ölsektor trug zum Bruttosozialprodukt mit 25%, zu den Staatseinnahmen und der Warenausfuhr mit über 90% bei (1983). Das in Verbindung mit der Ölproduktion anfallende Gas wird noch zu 80% abgefackelt.

Irans Öleinnahmen stiegen von 1, 9 Mrd. US-Dollar 1971 auf 20, Mrd. US-Dollar 1978. Infolge von Streiks auf den Ölfeldern sank die Ölproduktion 1979 von 6 Mio. Barrel auf nur noch 320000 Barrel pro Tag. Die Regierung der Islamischen Republik Iran wollte möglichst rasch die Erdölproduktion drosseln bzw. von Ölexporten unabhängig werden. Zur Finanzierung der notwendigen Importe und des Golfkrieges stiegen die Ölexporte allerdings wieder an (1983 = 2, 5 Mio. b/d). Der Ölsektor trug 1983 mit 20% zum Bruttosozialprodukt, mit 60% zu den Staatseinnahmen und mit 98% zu den Exporterlösen bei. Nach irakischen Luftangriffen auf den Ölverladehafen Kharg und auf Tanker im Golf sind Irans Ölexporte 1985 von 1, 2 auf nur 0, 6 Mio. Barrel pro Tag vorübergehend gesunken. Dazu hat der Ölpreisverfall katastrophale Folgen für den Iran wie für die Golfstaaten insgesamt. Über ein Viertel der Weltölreserven lagern in Saudi-Arabien, wo die Ghawar-Ölfelder im Osten des Landes zu den ergiebigsten zählen (während Saudi-Arabien — gemessen an der Jahresförderung 1985 — noch 142 Jahre fördern kann, reichen die Reserven Kuwaits noch für 255 Jahre, die der USA für 41, der UdSSR für 14 und Venezuelas für 8 Jahre). Die weltbekannte Arabian American Oil Company (ARAMCO; 30% Standard Oil of California, 30% Texaco, 30% Exxon, 10% Mobil Oil) 8) förderte 1978 8, 14 Mio. Barrel Rohöl pro Tag (98% der Landesförderung). Deren Anteile wurden 1980 ganz von der Regierung übernommen. Die Öleinnahmen Saudi-Arabiens stiegen von 3 Mrd. US-Dollar (1970) auf 131 Mrd. US-Dollar (1981) an, sanken dann aber auf. nur knapp 30 Mrd. US-Dollar (1985). Sie trugen 1 mit 90% zu den Staatseinnahmen und mit 95% zu den Exporterlösen bei. Der Ölsektor erbrachte 1984/85 insgesamt 39% des Bruttosozialprodukts (1980/81 = 70%), beschäftigt aber nur 5%[der Arbeitskräfte. Saudi-Arabien trug die Hauptan-passungslast an die gesunkene Ölnachfrage und förderte 1985 nur noch ein Fünftel seiner Kapazi-tät. Die für die Weltölversorgung wichtige Trans Arabian Pipeline von Dammam über 1 200 km zum Mittelmeer ist wegen des Nahostkonfliktes 1973 ausgefallen. Danach entstand ein Netz neuer Ölpipelines (vornehmlich zum Roten Meer), wodurch die strategische Bedeutung des Golf verringert wurde.

Kuwaits Förderkosten in den reichen Burgan-Öl-feldem sind sehr niedrig (u. a. wegen geringer Entfernungen zu den Verladehäfen, geringer Geländehindernisse und Pumpkosten sowie keinen witterungsbedingten Transportstörungen). Seit 1977 sind über die Kuwait Petroleum Corporation 90% des Erdölsektors Kuwaits verstaatlicht. Die Öleinnahmen stiegen von 0, 8 Mrd. US-Dollar (1970) auf 10, 8 Mrd. US-Dollar (1980), sanken 1984/85 aber auf 8, 6 Mrd. US-Dollar. Der Öl-und Gassektor trug mit 70% zum Bruttosozia Produkt, mit 84% (1982) zu den Exporterlösen (1965 = 98%) und mit 90% zu den Staatseinnahmen bei. Kuwaits jüngste Ölfunde von rund 3, 6 Mrd. Tonnen waren die größten der Erde. Das anfallende Erdgas wird zu über zwei Dritteln genutzt.

In Katar trägt der Ölsektor mit 46% zum Bruttosozialprodukt, mit 90% zu den Staatseinnahmen und mit 94% zu den Exporterlösen bei. Die Öleinnahmen gingen von 3, 5 Mrd. US-Dollar (1982/83) auf 2, 7 Mrd. US-Dollar (1983/84) zurück. Die Offshore-und Festlandsförderung sind fast gleich groß. Innerhalb der Vereinigten Arabischen Emirate entfielen von der Ölproduktion 1984 rund 64% auf Abu Dhabi, 30% auf Dubai, 5% auf Sharjah und 1% auf Ras al-Khaimah. Die anderen Emirate partizipieren über einen Finanzausgleich an den Öleinnahmen (1970 = 2, 0 Mrd. US-Dollar, 1981 = 19, 4 Mrd. US-Dollar, 1984 = 11, 7 Mrd. US-Dollar). Der Erdöl-und Erdgassektor wurde weitgehend verstaatlicht und erbringt 73% der Exporterlöse, 87% der Staatseinnahmen und 46% des Bruttosozialprodukts (1984).

Bahrains Ölförderung geht seit zehn Jahren um durchschnittlich 5% jährlich zurück (1985 = 41 892 b/d). Erst 1985 vermochte die staatliche Bahrain National Oil Company (Banaco) den Trend durch Überholung der Förderanlagen auf den Awali-Ölfeldern und durch ein Wasser-und Dampfinjizierungsprogramm zu stoppen. Die Öleinnahmen (1985 = 940 Mio. US-Dollar) machen fast zwei Drittel der Staatseinnahmen, aber 1983 nur 14% (1978 = 23%) des Bruttosozialprodukts aus.

Oman ist wie Bahrain kein OPEC-Mitglied. Oman verstaatlichte 1974 den Ölsektor, der mit 68% zum Bruttosozialprodukt, mit 80% zu den Staatseinnahmen und mit 92% zur Warenausfuhr beiträgt. Die Öleinnahmen stiegen von 0, 2 Mrd. US-Dollar 1971 auf 3, 6 Mrd. US-Dollar 1980; 1986 verlor Oman in wenigen Wochen rund 40% der erwarteten Einnahmen durch den Ölpreisverfall. 2. Die dritte „Ölkrise“

Seit der letzten starken Rohölpreiserhöhung durch die OPEC während der Jahre 1979/80 kam es mehr und mehr zu einem Überangebot an Erdöl auf den Weltölmärkten. Ursachen dafür waren ein höheres „Energiebewußtsein“ der Verbraucher in den Industriestaaten und gezielte Maßnahmen zur Energieeinsparung die schwächere Konjunktur, eine geringere Produktion der besonders energieintensiven Schwerindustrie sowie das Auftreten neuer Ölproduzenten und die Substitution des Öls durch andere Energieträger. Der Rückgang der Weltmineralölexporte und -ölförderkapazität vollzog sich fast ausschließlich in den Golfstaaten, die aber immer noch 40% des international gehandelten Mineralöls liefern. Besonders betroffen war Saudi-Arabien als „Angebots-Puffer“ der OPEC, dessen Förderung von 10, 3 Mio. Barrel pro Tag 1981 auf nur 2, 2 Mio. Barrel pro Tag im Juni 1985 sank. Ende 1985 wurde von Saudi-Arabien durch Verdoppelung seiner Fördermenge -im Rahmen der OPEC-Förderquote -ein „Ölkrieg“ ausgelöst. Damit sollen die OPEC-Mitglieder zu einer marktgerechten Kartellpolitik und konkurrierende Ölmächte (Großbritannien, Mexiko, UdSSR) zu einer Kürzung der Exportförderung gezwungen werden.

Auf der OPEC-Konferenz im März 1986 forderte eine Minderheit eine Kürzung der Förderung auf 14 Mio. Barrel pro Tag, um den Preis auf 28 US-Dollar pro Barrel anzuheben. Da Saudi-Arabien und die Mehrheit der beteiligten Staaten eine Drosselung der Förderung unter das gegenwärtige Förderlimit von 16 Mio. Barrel pro Tag ablehnten, konnten sich die OPEC-Minister nicht auf einen „fairen Marktanteil“ einigen. Auch konkurrierende Ölmächte lehnten eine Förderkürzung ab. Daher fielen die Spotund Terminpreise für Rohöl -im November 1985 noch bei 30 US-Dollar pro Barrel -im März 1986 unter 10 US-Dollar. Während der Ölminister der Vereinigten Arabischen Emirate einen Preisverfall bis auf 8 bis 5 US-Dollar für möglich hält, stiegen die Preise -vorübergehend? -wieder auf über 10 US-Dollar pro Barrel an, obwohl die OPEC auch auf ihrer Konferenz im April 1986 uneins blieb.

Von der Nachfrageseite sind schnelle und nachhaltige Impulse zur Wiederanhebung der Erdöl-preise kaum zu erwarten. Die weitere Ölpreisentwicklung wird daher von der Angebotsseite, d. h. entscheidend von den technischen Förderkosten, bestimmt werden. In den Ölfeldern Saudi-Arabiens liegen sie unter 3 US-Dollar pro Barrel, in der Nordsee mit 4 bis 9 US-Dollar und in Mexico mit 5 bis 7 US-Dollar pro Barrel deutlich höher. Andere Energieträger sind heute allerdings immer noch wesentlich teurer als Öl .

Falls der Ölpreis dauerhaft unter 20 US-Dollar pro Barrel liegen sollte, entstehen den Staaten des „Gulf Cooperation Council“ Einnahmeausfälle von über 20 Mrd. US-Dollar jährlich. Andere Ölmächte verlieren bei einem Ölpreis von durchschnittlich 15 US-Dollar pro Barrel 1986 gegenüber 1985 erhebliche Einnahmen: Nigeria 6, 0, Iran 5, 0, Mexiko 4, 5, Libyen 4, 0, UdSSR 8, 0, Ve-nezuela 5, 5 und Großbritannien 3, 5 Mrd. US-Dollar. Das Bundesland Niedersachsen (80% Anteil an der deutschen Ölförderung) verlöre infolge des Preisverfalles rund ein Viertel der Förderabgaben (1985 über 2 Mrd. DM) im Jahre 1986.

Die Ölkonzerne könnten 1986 einen Gewinnrückgang von rund 30% erleiden. Niedrigere Ölpreise entwerten ihre hohen Investitionen in Ölbohrungen -oft in unwegsamem Gelände -und in alternative Energiequellen. Die Anstrengungen zur Energieeinsparung, Ölsubstitution und -exploration könnten erlahmen. Den westlichen -vor allem amerikanischen -Banken könnten darüber hinaus neue finanzielle Sorgen (z. B. Mexiko) entstehen. Auch der Baker-Plan -aktueller Lösungsversuch der „Schuldenkrise“ -erscheint gefährdet. Der US-Dollar verlor u. a. auch wegen sinkender Ölumsätze an Wert, weil die „Ölwährung“ US-Dollar weniger nachgefragt wurde

Zur Zeit bemühen sich die Golfstaaten um Mengen-und Preisabsprachen mit anderen Ölmächten. Die UdSSR als weltgrößter Ölproduzent (sie verdient ca. 60% der Exporterlöse mit Öl) wurde besucht, Mexiko erwägt einen OPEC-Beitritt. Ägypten kürzte die Förderung um zwei Drittel auf 670000 Barrel pro Tag. Mit Großbritannien wird derzeit eine innovative Kooperationsformel gesucht. Ein kooperatives Verhalten dieser Ölländer würde eine erweiterte OPEC darstellen, wobei aktuell vertraglich gesicherte Lieferverträge über zwei Jahre bei einem Preis von 26 bis 28 US-Dollar pro Barrel diskutiert werden.

Selbst wenn eine Disziplinierung des Kartells gelänge, könnte die OPEC nicht zu dem Preisniveau von 1985 — oder vorher -— zurückkehren denn: Bei einem niedrigeren Ölpreis werden die finanziell schwächeren Mitglieder entsprechend höhere Förderquoten fordern, um ihren Einnahmeausfall zu begrenzen. Entsprechend niedriger müßten dann die Förderquoten der reichen Golfstaaten sein. , Der Ölpreisrückgang bewirkt insgesamt eine weltweite Umverteilung sowie einen starken Konjunkturimpuls vor allem in Westeuropa, Japan, in den USA und in ölimportierenden Entwicklungsländern. Die Bundesrepublik Deutschland ist dabei besonders begünstigt, da neben dem Ölpreis die „Ölwährung“ US-Dollar seit März 1985 etwa ein Drittel gegenüber der DM an Wert verloren hat. Bei einem Ölpreis von 18 US-Dollar pro Barrel im Jahresdurchschnitt und einem Dollarkurs von DM 2, 30 würde die Ölrechnung der Bundesrepublik 1986 um mindestens 30 Mrd. DM geringer ausfallen als 1985. Die deutschen — und internationalen — Börsen haben diese Entwicklung schon mit hohen Kurssteigerungen zum Teil vorweggenommen Auf Kosten der Ölund Golfstaaten könnte somit dem Westen — kurzfristig — ein inflationsfreies Wachstum beschieden sein.

Da das relativ billig zu gewinnende Öl außerhalb der Golfstaaten wahrscheinlich bis zum Ende dieses Jahrhunderts zu Ende gehen wird, dürfte allerdings ein Wiederanstieg der Ölpreise programmiert sein. Schon im nächsten Jahrzehnt werden daher die Golfstaaten wieder einen wesentlichen Teil der westlichen und Weltölversorgung übernehmen. Eine wahrscheinlich reduzierte Ölnachfrage westlicher Industrieländer wird dabei durch die bevölkerungsreichen Entwicklungs-und Schwellenländer mehr als ausgeglichen werden, die, so eine Schätzung des Princeton Center for Energy and Environmental Studies, im Jahre 2020 mit etwa zwei Dritteln (bisher ein Drittel) am Weltenergiekonsum beteiligt sein werden. 3. Industriesektor Die gestiegenen Öleinnahmen ermöglichten in der Vergangenheit eine intensive Förderung der Entwicklung der Golfstaaten und besonders ihrer Industrialisierung. Diese streben eine Reduzierung der Abhängigkeit vom Rohöl als wichtigster Einnahmequelle an, indem sie die Wirtschaft auf eine breitere Basis stellen. Damit soll der (hohe) Lebensstandard über das „Ölzeitalter“ hinaus gesichert werden. Schwerpunkte des industriellen Aufbaus waren bisher wegen hoher Kostenvorteile vor allem Raffinerien, petrochemische Werke, Düngemittelwerke sowie Eisen-, Stahl-und Aluminiumwerke.

Da ihre Binnenmärkte wegen der geringen Bevölkerung sehr begrenzt sind, entschieden sich die Staaten des „Gulf Cooperation Council“ für eine exportorientierte Industrialisierungsstrategie. Irak und Iran verfolgten eher eine Binnenmarktstrategie. Träger des Industrialisierungsprozesses sind private und in hohem Maß staatliche Unternehmen (auch mit ausländischen Investoren). Die Lenkung des Industrialisierungsprozesses erfolgt in der Regel auf der Grundlage von Entwicklungsplänen. Diese wurden inzwischen wegen materieller, personeller und finanzieller Ressourcenänderungen in positiver und negativer Hinsicht mehrfach geändert.

Wegen oftmals fehlender sowie inkonsistenter Informationen wurden viele Industrialisierungsprojekte in der Boomphase von spekulativen Erwartungen getragen — die Folge davon waren und sind Überkapazitäten. Vor allem entstanden infolge von Infrastrukturengpässen enorme volkswirtschaftliche Kosten. Beispielsweise mußte die iranische Regierung 1974/75 mehr als 1, 5 Mrd. US-Dollar an Liegegebühren an wartende Schiffe bezahlen, die nicht be-bzw. entladen werden konnten.

Wegen der geringen geographischen, sektoralen und sozialen Mobilität der einheimischen Arbeitskräfte und Bevölkerung sowie ihrer geringen Zahl und Qualifikation, strömten in den siebziger Jahren über 7 Mio. Ausländer in die Golfstaaten, Zwar wohnen Ausländer in der Regel isoliert und müssen nun wieder vorzeitig zurückkehren, die traditionelle Sozial-und Wertstruktur wurde durch sie jedoch erheblich belastet.

Nach den hohen Arbeitskosten führten weltweite Überkapazitäten wichtiger Branchen (z. B. Raffinerien, Petrochemie, Eisen und Stahl) zu zusätzlichen Problemen. Die Petrochemie ist dazu eine sehr innovative Branche, deren internationale Wettbewerbsfähigkeit wesentlich von — in den Golfstaaten kaum vorhandenen — Forschungs-und Entwicklungskapazitäten abhängt.

Belastend wirkten auch der Golfkrieg und die politische Unsicherheit der Golfstaaten, wodurch zahlreiche ausländische Investoren, die für den Technologietransfer wichtig sind, verunsichert wurden. Weiter bewirkten die reduzierten finanziellen Ressourcen, daß Industrialisierungsprojekte auf ihre Priorität überprüft und gegebenenfalls im Umfang gekürzt, zeitlich gestreckt, vorerst aufgeschoben oder gestrichen wurden. Mittlerweile hat man zudem erkannt, daß die mit der raschen Industrialisierung verbundenen Auswirkungen auf die Umwelt vielfach unterschätzt wurden. Iraks Industrialisierungsprozeß wurde getragen von Ölraffinerien, Petrochemie, Nahrungsund Genußmittel-sowie Textil-, Baustoff-und Papier-industrie. Die Industrie leidet nun an den Kriegsfolgen (besonders dem Mangel an qualifizierten Arbeitskräften).

Im Iran erlebten vor allem die Wirtschaftssektoren Industrie und Öl einen Rückgang Die Kapazitätsauslastung beträgt zur Zeit nur 30% in der Industrie (wegen unzureichender Ersatzteilbeschaffung als Kriegsfolge). Aufgrund des stark überbewerteten Rial wird es auch für traditionelle iranische Produkte (u. a. Teppiche — 1 Mio. Beschäftigte) schwieriger, Abnehmer zu finden.

Die Wertschöpfung des Verarbeitenden Gewerbes konnte in den Staaten des „Gulf Cooperation Council“ enorm gesteigert werden (z. B. in Kuwait und Saudi-Arabien von 1970 bis 1982 um 300%). Bahrain errichtete Erdölraffinerien, ein Trockendock für Supertanker und das größte Gasturbinenwerk der Erde; damit werden Aluminium-, Eisen-und Stahlwerke betrieben. Auch Katar erweiterte seine industrielle Basis — neben Raffinerien und Erdgasverflüssigungsanlagen — gewaltig.

Zu Kuwaits Industrialisierungsstrategie im Inland gehören Raffinerien, Gasverflüssigungsanlagen, Petrochemie, die Vergrößerung der Tankerflotte und eine Freihandelszone, die ab 1987 die Wirtschaft neu beleben soll.

Omans Industrie trug 1980 nur mit 1 % zum Bruttosozialprodukt bei. Im Rahmen einer ehrgeizigen Entwicklungsplanung sind indessen viele Vorhaben geplant, so in den Bereichen Chemie, Zement, Baustoffe und Porzellan sowie Glas-und Kupfer-waren.

Saudi-Arabiens Regierung errichtete ein zentrales Gassammelsystem für ca. 20 Mrd. US-Dollar, um das vorher abgefackelte Gas für industrielle Zwecke (Brenn-und Rohstoff) zu nutzen. Sie erbaute die neuen Industriestädte Jubail am Golf und Yanbu am Roten Meer. Gemeinsam mit u. a. amerikanischen und japanischen Kooperationsunternehmen werden von der Saudi Arabian Basic Industries Corporation (SABIC) zur Zeit Grundlagenindustrien aufgebaut (Kosten: ca. 16 Mrd. US-Dollar). Nach dem Aufbau der exportorientierten Schwerindustrie werden im 4. Plan die Leicht-und Agroindustrie sowie Betriebe zur Wartung und Reparatur der bestehenden Industrie und Infrastruktur besonders gefördert. Die Industrialisierung in den Vereinigten Arabischen Emiraten umfaßt u. a. Zement-, Aluminium-und Stahlwerke, ein Trockendock (für Tanker bis 1 Mio. Tonnen) sowie eine Freihandelszone in Dubai/Jebel Ali, die neue Wirtschaftsimpulse bringen soll.

Die Rückwirkungen der Industrialisierung in den Golfstaaten auf die westlichen Industrieländer sind beachtlich. Die petrochemische Industriekapazität wird 1986 in Saudi-Arabien rund 7% (1980 = 2%), die der Golfstaaten bis zu 15% der Weltproduktion ausmachen. Wurden von der EG zunächst protektionistische Maßnahmen gegen diese Ausweitung ergriffen, so finden mittlerweile zwischen EG und den Ländern des „Gulf Cooperation Council“ Beratungen über Produktion und Vermarktung von petrochemischen Produkten statt.

Auch die importsubstituierenden Industrien der Golfstaaten wuchsen rasch. Vor allem die Zementproduktion wurde wegen des Baubooms erweitert. Der Zement-Importanteil von 35% (1981) könnte insofern auf 8% (1988) sinken; weiter sinkende Bautätigkeiten könnten hier aber auch Überkapazitäten entstehen lassen. In Saudi-Arabien werden derzeit Mercedes-Lkw erfolgreich (90% Marktanteil) montiert, doch wird eine (Teil-) Stillegung u. a. wegen des beendeten Bau-booms erwogen. Der Iran wird u. a. eine Dieselmotorenteilefabrik für Mercedes-Benz sowie ein Montagewerk für Nissan-Autos bauen.

In den Golfstaaten kann man infolge von Marktsättigungserscheinungen — trotz eines hohen „demonstrativen“ Konsums — zunehmend protektionistische Tendenzen zum Schutz der eigenen Industrie beobachten. Während der Boomdekade 1973 bis 1983 waren sie wichtige Auftraggeber für ausländische Firmen. Mit ihren Exporterfolgen konnten die OECD-Länder andererseits ihre durch Ölverteuerungen entstandenen Leistungsbilanzbelastungen wieder (zum Teil über-) kompensieren. Diese Rückführung (Recycling) der vom Westen ausgegebenen Ölgelder durch Exporte in die Golfstaaten hat sich indessen mittlerweile gewandelt.

Infolge sinkender Öleinnahmen, Golfkriegskosten und ständig wachsender Konkurrenz durch westliche Industrieländer, Staatshandelsländer und besonders ostasiatische Entwicklungsländer gingen die deutschen Exporte in die Golfstaaten zurück (vgl. Tabelle 3). 4. Landwirtschaft Im Euphrat-Tigris-Gebiet entstand vor rund 10 000 Jahren die erste uns bekannte Kultur, die den Entwicklungsschritt von einer Jäger-/Samm-Urgesellschaft zu einer Ackerbaugesellschaft vollzog. Die Anbauflächen der heutigen Golfstaaten (auch der Beitrag von Landwirtschaft und Fischerei zum Bruttosozialprodukt) sind allerdings im Verhältnis zur Gesamtfläche gering: Bahrain 5%, Irak 18%, Iran 11%, Kuwait 0, 5%, Oman 1 %, Katar 1 %, Saudi-Arabien 1 % und Vereinigte Arabische Emirate 0, 5 %. Dennoch ist der Anteil der in der Landwirtschaft Beschäftigten hoch, z. B. beträgt er in Saudi-Arabien 20% und in Kuwait 6%. Die Golfstaaten sind insofern stark von Nahrungsmittelimporten abhängig, weshalb zeitweise im Westen ein „Nahrungsmittelembargo“ als Strategie wurde. gegen ein „Ölembargo“ diskutiert Seit dieser Diskussion wird jedoch in den Golfstaaten die Entwicklung der Landwirtschaft noch stärker als früher — auch mit Hilfe administrativer Preisverzerrungen — gefördert. Die Vereinigten Arabischen Emirate konnten den Selbstversorgungsgrad auf 35% erhöhen (1984). Vor allem Saudi-Arabien konnte aufgrund großzügiger Unterstützung und Leistungsanreize — günstige öffentliche Darlehen und moderne Agrartechniken — die landwirtschaftliche Produktion enorm steigern. Die inländische Weizenproduktion wird staatlich gestützt zum fünffachen Weltmarktpreis aufgekauft und stieg rapide von 3 000 Tonnen (1975) auf 1 300 000 Tonnen (1985) an. 1986 werden sogar 1 700 000 Tonnen erwartet, die den Inlandsbedarf weit übersteigen (ca. 700 000 Tonnen). Die Produktion von Gemüsen, Zitrusfrüchten und anderen landwirtschaftlichen Erzeugnissen konnte in den Staaten des „Gulf Cooperation Council“ beachtlich erhöht werden; zum Teil werden sogar Produkte (z. B. Gemüse aus Kuwait und den Vereinigten Arabischen Emiraten) exportiert. Eine Rationalisierung des umfangreichen landwirtschaftlichen Subventionssystems ist in den Golfstaaten nun eingeleitet worden.

Die Landwirtschaft des Irak könnte an sich bei Ausschöpfung des Potentials (die Hälfte des Landes ist bebaubar, Wasserressourcen bieten die Flüsse Euphrat und Tigris) bis zu 30 Mio. Menschen ernähren. 15% der Gesamtimporte des Irak entfallen indessen auf Nahrungsmittel; u. a. weil 1984 wegen erheblichen Arbeitskräftemangels infolge des Krieges und geringer Niederschläge die Getreideproduktion um fast ein Viertel gegenüber 1983 fiel. Weitere Probleme sind die negativen Folgen der Agrarreform bzw. Kollektivierung sowie die Landflucht.

Im Iran gehörte der größte Teil des bebaubaren Bodens Großgrundbesitzern. Eine gescheiterte Landreform trug wesentlich zum Umsturz 1979 bei. Die Islamische Republik bemüht sich zwar sehr um eine Steigerung der landwirtschaftlichen Produktion und Produktivität. Noch aber werden ca. 20 % besten Ackerlandes wegen Besitzstreitigkeiten nicht bebaut, machen Lebensmittelimporte 50% des Angebotes aus.

Angesichts der größten Ölreserven der Erde unter den Wüsten der Golfstaaten übersieht man häufig deren äußerst begrenzte natürliche Ressourcen und deren partiell belastetes Ökopotential infolge von Industrialisierung und Urbanisierung. Der Ausbau von Industrie, Landwirtschaft und Verkehr wird besonders von den Wasserressourcen begrenzt. Neben der problematischen Nutzung fossiler Grundwasserreserven spielen daher Meerwasserentsalzungsanlagen eine große Rolle. Das Wasser des Golfs blieb entlang der Ballungszonen infolge des „Entwicklungsprozesses“ sowie des Golfkrieges („ölteppich“ -große Mengen auslaufenden Öls) von Schadstoffen nicht verschont. Die Konsequenzen für die ertrags-und traditionsreiche Fischerei (besonders in Bahrain, Katar, Kuwait und Oman) sowie die sensible Meeres-fauna und -flora werden daher nun zunehmend diskutiert Eine weitere Vernachlässigung dieser Zusammenhänge könnte immense ökologische Folgekosten entstehen lassen. 5. Andere Sektoren Der Bausektor war in den Golfstaaten infolge der Ölgelder über ein Jahrzehnt lang der interessanteste Baumarkt der Erde. So konnte die deutsche Bauwirtschaft aus Saudi-Arabien von 1974 bis 1983 Aufträge im Wert von 38 Mrd. DM erhalten. Auch der Irak betrieb wegen der 1982 geplanten „Blockfreien-Konferenz“ in Bagdad eine ehrgeizige Baupolitik. Infolge des Krieges wurden viele Vorhaben verschoben und ausländische Unternehmen mußten Leistungsverträge neu verhandeln, Zahlungsziele strecken und auf Aufträge nach Kriegsende hoffen.

Ein beachtlicher Baubedarf besteht noch in den Golfstaaten. Im Iran sind aufgrund der Wohnungsnot innerhalb von fünf Jahren 2 Mio. neue Wohnungen geplant. Auch in der Verkehrsinfrastruktur (z. B. landwirtschaftlich genutzte und Landstraßen, die geplante „Golf-Eisenbahn) besteht noch Baubedarf. Aufträge aus den Golfstaaten an deutsche Baufirmen, die Betrieb und Unterhaltung der erstellten Anlagen umfassen oder gar allein letztere zum Inhalt haben, nehmen zu, wobei beachtliche Umsätze erzielt werden (besonders Reparaturleistungen wegen extremer klimatischer Belastungen). Andererseits zeigen sich in vielen zivilen Bereichen Sättigungserscheinungen (besonders in den Vereinigten Arabischen Emiraten), und die Baunachfrage geht zurück. Auch im militärischen Bereich, also hinsichtlich von Rüstungsausgaben und -importen, stehen die Golfstaaten — prozentual — an der Spitze. Der 4. Entwicklungsplan Saudi-Arabiens sieht fast ein Drittel I Militärausgaben (Gesamtausgaben 275 Mrd. US-Dollar) vor. Kuwait erwägt sogar Öl-/Waffenkompensationsgeschäfte mit der Sowjetunion (Kuwait Times vom 15. Februar 1986). Omans Verteidigungsausgaben, die 1975 75 % (Dhofar-Krieg) und 1986 40 % der Staatsausgaben beanspruchten, werden trotz reduzierter Öleinnahmen nicht gekürzt. Der Golfkrieg kostet den Irak rund 12 Mrd. US-Dollar jährlich, den Iran — wegen einfacherer militärischer Ausrüstung — rund 6 bis 7 Mrd. US-Dollar, was jedoch ein Drittel des Haushalts ausmacht. Iraks Hauptwaffenlieferanten Frankreich und UdSSR gewährten umfangreiche Waffenkredite. Die für die Land-und Ölwirtschaft wichtigen Provinzen — Illam und Khuzestan im Iran — haben schwer gelitten. Große Entwicklungsprojekte wurden zerstört (die Ölraffinerie von Abadan) oder mußten wegen Luftangriffen aufgegeben werden (z. B.der Petrochemiekomplex Bandar Chomeini, das Atomkraftwerk von Buschehr). Irak und Iran wurden in ihrer wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung durch den Golfkrieg weit zurückgeworfen Die Kosten eines Wiederaufbaus allein der zerstörten Industrieanlagen werden auf rund 136 Mrd. US-Dollar für den Iran und 70 Mrd. US-Dollar für den Irak veranschlagt

IV. Finanzkraft und Finanzverflechtungen der Golfstaaten

Tabelle 2: Die wichtigsten Rohöllieferanten der Bundesrepublik 1973— 1985

Quelle: Statistisches Bundesamt.

1. Auslandsguthaben und Kapitalverflechtungen Seit der Rohölpreiserhöhung 1973 wurden zahlreiche Prognosen über die Leistungsbilanzüberschüsse der Golf-bzw. OPEC-Staaten erstellt Befürchtet wurde, daß die OPEC-bzw. Golfstaaten Überschüsse aus ihren Ölexporten bis zu 650 Mrd. US-Dollar (1980) und 1200 US-Dollar (1985) ansammeln würden.

Bei steigenden Waren-und Dienstleistungsimporten entstanden in den siebziger Jahren hohe Über-schüsse durch steigende Rohölexportmengen und -preise sowie wachsende Kapitalerträge. Darauf basiert das Auslandsvermögen der Golfstaaten, das 1983 auf ein Volumen von 350 bis 400 Mrd. US-Dollar geschätzt wurde Wegen sinkender Ölpreise und -fördermengen sinken nun allerdings die Leistungsbilanzüberschüsse, Devisenreserven und Auslandsanlagen. Die Rückflüsse von Auslandsanlagen hielten sich aber bisher in Grenzen und gefährden nicht den Kapitalstock sowie die entstandene intensive finanzielle Verflechtung mit dem Ausland.

Saudi-Arabiens Auslandsguthaben sind von 1982 über 140 Mrd. US-Dollar auf 1985 unter 90 Mrd. US-Dollar gefallen; sie könnten bis 1990 weiter sinken Das Anlagevolumen Kuwaits wird auf 75 Mrd. US-Dollar geschätzt (60 % staatlich). Die Vereinigten Arabischen Emirate mit ca. 35 Mrd. US-Dollar (60 % staatlich) und Katar mit 25 Mrd. US-Dollar spielen ebenfalls eine bedeutende Rolle. Omans Auslandskapital hingegen wird 1985 nur auf 3 Mrd. US-Dollar geschätzt. Iraks Auslandsguthaben schmolzen infolge der Kriegs-kosten zusammen (in Mrd. US-Dollar, ohne Gold: 1980 = 35, 1981 = 20, 1982 = 8, 1983 = 4, 1984 = 1). Seine Auslandsschulden werden 1985 auf 55 bis 80 Mrd. US-Dollar geschätzt. Nach fünf Kriegsjahren kann der Irak mittlerweile seine Schulden nicht mehr bezahlen

Irans Währungsreserven sind gesunken, da die Devisen aus den Ölexporten wesentlich zur Kriegsfinanzierung verwendet werden (in Mrd. US-Dollar: 1979 = 15, 1980 = 10, 1981 = 9, 1982/84 = ca. 8, 1985 = 7). Andererseits stieg die — traditionell — hohe Auslandsverschuldung und die Staatsverschuldung der Islamischen Republik Iran bei den Inlandsbanken (1977/78 rd. 1 Mrd. Rial, 1982/83 rd. 5 Mrd. Rial) an.

Bei den geschätzten Erträgen auf das Kapital kommt Saudi-Arabien aufgrund einer unterstellten Durchschnittsrendite von 10 % auf rund 10 Mrd. US-Dollar Kapitalerträge. Kuwait ist stärker an langfristig sicheren Erträgen interessiert, daher wird die Nettorendite auf nur 5 % und somit 4 Mrd. US-Dollar geschätzt. Iraks Erträge betrugen 1980 noch 4 Mrd. US-Dollar. Die Nettoerträge der Vereinigten Arabischen Emirate werden auf 2, 6 Mrd. US-Dollar, von Katar auf 2 Mrd. US-Dollar und von Oman auf 0, 4 Mrd. US-Dollar geschätzt. Bei einer Durchschnittsrendite von 9 % errechnet sich somit ein jährlicher Kapitalertrag von über 20 Mrd. US-Dollar. Bei sinkenden Zinssätzen dürften die Erträge der Auslandsanlagen indessen abnehmen. Als Anleger der Ölgelder fungieren Regierungsstellen bzw. Zentralbanken. Die Geschäftsbanken der Golfstaaten sind als Anlagevermittler — noch — nicht von wesentlicher Bedeutung, obwohl der Dienstleistungssektor infolge der gestiegenen wirtschaftlichen Aktivitäten und dem gestiegenen Einkommensniveau von 1973 bis 1983 jährlich stark wuchs (Kuwait 8 %, Saudi-Arabien 13 %). Mit der wirtschaftlichen Entwicklung ging auch eine Expansion und Stärkung der lokalen Banksysteme einher.

Die internationale finanzielle Verflechtung der Golfstaaten aufgrund der Petro-Dollars hat inzwischen eine hohe Intensität erreicht. Von dem Auslandskapital der Golfstaaten entfallen ca. 60 % auf Anlagen in den USA 20 % auf Anlagen in Europa, 10 % auf Anlagen in arabischen Ländern und 10 % auf Anlagen in der „Dritten Welt“. Die Golfstaaten favorisieren bei der Anlage der Petro-Dollars etwa 60 westliche Großbanken. Dominiert von amerikanischen Großbanken (Chase Manhattan, Citibank u. a.) und japanischen Banken, stellen deutsche Großbanken (Deutsche Bank, Dresdner Bank, Commerzbank sowie bayrische Kreditinstitute) die drittgrößte Einlagen-gruppe vor den britischen Banken. Damit bieten die Petro-Dollars der Golfstaaten eine wesentliche Grundlage für die Kreditgewährung jener Banken für Vorhaben in Industrie-und Entwicklungsländern. Die Anlagen werden zu etwa 80 % in US-Dollar, zu 5 % in englischen Pfund, zu 4 % in DM und der Rest in Yen, Schweizer Franken und französischen Franc gehalten. Sie verteilen sich zu über 50 % auf Government Bonds, Konsortialkredite und kurzfristige Bankanleihen, ca. 25 % auf Gesellschaftsanteile, 15 % auf Immobilien (nur wenige in der Bundesrepublik Deutschland) und der Rest auf Gold. Der beträchtliche Goldpreis-verlust nach 1981 ist u. a. auf umfangreiche Goldverkäufe aus den Golfstaaten infolge sinkender Öleinnahmen zurückzuführen.

Von Bedeutung für die Bundesrepublik sind die ausgewiesenen Kapitalbeteiligungen der Golfstaaten an deutschen Unternehmen (vgl. Über-sicht). Bedingt durch den Ausfall von Beirut — infolge des Krieges — als wichtigstem mittelöstlichen Finanzzentrum und angesichts enormer Summen aus dem Ölgeschäft versuchten sich vor allem Bahrain, Kuwait und Dubai/Vereinigte Arabische Emirate als neue Finanzzentren zu etablieren. In Bahrain trug der Dienstleistungssektor mit 19 % zum Bruttosozialprodukt bei (1983). Voraussetzungen für den Ausbau als Finanzzentrum sind vor allem jahrelange Verbindungen und Vertrauen sowie ein stabiler politischer Rahmen. Zwar bietet das Regionalmodell des „Gulf Coo-poraiion Council“ interessante Ansätze (z. B. Überlegungen zu einer gemeinsamen Währung), doch bestehen noch erhebliche zentrifugale Kräfte, die Partikularinteressen betonen.

Der Aufbau eines eigenen Kapitalmarktes in den Golfstaaten mit Hilfe der Ölgelder mißlang bisher vor allem wegen interner Probleme. Im Agrarund Industriesektor ließen sich nicht genug gute Projekte identifizieren. In Saudi-Arabien verursacht die Islamisierung des Kreditwesens Probleme, weil „notleidende“ — und zum Teil „gute“ — Kreditnehmer aufgrund des religiösen Zinsverbotes ihre Zinszahlungen verweigern. Der Zusammenbruch der Börse in Kuwait 1982 infolge von Fehlspekulationen hinterließ 95 Mrd. US-Dollar Schulden und Zweifel der Finanzwelt an Kuwaits Finanzinstitutionen. Kuwaits Regierung, die Garantien übernommen hatte, gab zwar Milliarden zur Lösung der Finanzkrise aus; 1986 bestehen jedoch immer noch 10 Mrd. US-Dollar zweifelhafter Forderungen, für die sie eventuell einstehen muß. Dubai und die Vereinigten Arabischen Emirate sind mit Banken übersättigt. Auf Anregung der Zentralbank werden nun zur Leistungssteigerung Banken zusammengelegt. Im Iran werden Bank-und Finanzgeschäfte nun nach islamischen Prinzipien (u. a. Zinsverbot) geführt. 2. Entwicklungshilfe der Golfstaaten und Finanz-verflechtungen Alle Golfstaaten sind „atypische“ Entwicklungsländer. Sie stehen mit ihren Entwicklungshilfeleistungen jedoch weltweit an der Spitze:

1. absolut — im Vergleich mit den größten Gebern (Mrd. US-Dollar), 2. relativ — in % des Bruttosozialprodukts.

Die Entwicklungshilfe wird institutionell mit Hilfe der arabischen bzw. islamischen nationalen und regionalen Entwicklungshilfeorganisationen abgewickelt Die Entwicklungshilfegelder der Golfstaaten entfallen etwa zur Hälfte auf arabische Länder. Weltweit stehen islamische Länder als Empfänger deutlich im Vordergrund Infolge der sinkenden Öleinnahmen mußten die, Golfstaaten jedoch Kürzungen ihrer Entwicklungshilfe vornehmen. 1986 reduzierten z. B. Saudi-Arabien, Kuwait, Oman und die Vereinigten Arabischen Emirate die zugesagten Jahreszuwendungen und Spenden an die PLO um 60% Die Entwicklungshilfe der Golfstaaten ist inzwischen aber zu einem festen Bestandteil ihrer Politik geworden und enthält wirtschaftliche, politische (u. a. arabisch-israelischer Konflikt), geostrategische und religiöse (Solidarität mit islamischen Ländern) Aspekte. Daher dürften diese Länder ihre Entwicklungshilfe in Zukunft — wenn auch reduziert — weiter leisten.

V. Zusammenfassende Schlußfolgerungen

Tabelle 3: Deutsche Exporte in die Golfstaaten

Quelle: Bundesministerium für Wirtschaft, Bonn.

Die wirtschaftliche Bedeutung der Golfstaaten wird aufgrund ihrer großen Ölund Gasreserven, ihrer wachsenden Industrieproduktion sowie ihrer Finanzkraft weiter zunehmen. Die weltwirtschaftlich (zu) hohe Spezialisierung der Golfstaaten mindert indessen ihre wirtschaftliche Bedeutung durch (zu) hohe „Abhängigkeit“ vom Weltmarkt.

Die „Ölkrisen“ sind nur Teil eines weltweiten wirtschaftlichen Anpassungsprozesses an komplexer werdende Strukturen. In den Golfstaaten lösten die „Ölgelder“ infolge veränderter Welthandelsstrukturen in nur einem Jahrzehnt einen kaum vergleichbar schnellen technisch-wissenschaftlichen, sozio-ökonomischen und kulturell-religiösen Wandlungsprozeß aus. Vor allem unter Rückbesinnung auf ihre — gemeinsamen — kulturell-religiösen Wurzeln versuchen diese Staaten inzwischen den Wandlungsprozeß mitzugestalten. Nur auf diesen Wurzeln könnten kulturell-religiöse Kontinuität, politische Stabilität und soziale Disziplin wachsen, ohne die der Entwicklungsprozeß zu höherer Komplexität kaum verkraftet werden kann. Lange versuchten die Golfstaaten mit Hilfe der Ölgelder sowie — theoretisch und praktisch überholter — traditioneller Fünfjahrespläne ihren Entwicklungsprozeß zu beschleunigen. Wie in keiner anderen (Entwicklungs-) Region der Erde wurde hier jedoch offensichtlich, daß Kapital nicht der entscheidende „Entwicklungsengpaß“ war und Entwicklung nicht mit dem engen Begriff Wirtschaftswachstum gleichgesetzt werden kann. Wesentlich für die wirtschaftliche Bedeutung und Entwicklung der Golfstaaten werden in Zukunft vor allem Ideenreichtum, Disziplin, Leistungsund Verantwortungsgefühl sowie Synergie sein. Erforderlich dazu sind u. a. wachsende Anstrengungen bei der „Entwicklung“ der — unberechenbaren — Menschen.

Fussnoten

Fußnoten

  1. OPEC = Organization of Petroleum Exporting Countries (Organisation ölausführender Länder). Sitz Wien: gegründet im September 1960 auf Initiative des Irak; Mitglieder: Iran; Irak; Kuwait; Saudi-Arabien; Katar (1961); Indonesien und Libyen (1962); Abu Dhabi (1967); Algerien (1969); Nigeria (1971); Ecuador (1973). OAPEC = Organization of Arab Petroleum Exporting Countries. Sitz Kuwait: gegründet im September 1968 auf Anregung Kuwaits; Mitglieder: Saudi-Arabien; Kuwait; Libyen; Algerien; Bahrain; Abu Dhabi; Katar; Dubai; Ägypten; Irak; Syrien.

  2. Das Haushaltsdefizit in Saudi-Arabien betrug 1985 rd. 13 Mrd. US-Dollar, in Kuwait 20% und in den VAE fast 20% der Staatsausgaben. Für das Fiskaljahr 1986/87 wurde in Saudi-Arabien angesichts des Ölpreisverfalles die Vorlage des Haushaltsplans um fünf Monate verschoben. Vgl. auch: Die Goldgräberstimmung ist verflogen, in: Der Spiegel, (1986) 13, S. 156ff.

  3. Pakistan stellt — noch — 2, 5 Mio. Arbeitskräfte für die Golfstaaten, aber ihre Überweisungszahlungen sanken 1985 um 15% auf 2, 5 Mrd. US-Dollar. Arabische (besonders Ägypten, Jemen und Jordanien) und asiatische Länder (u. a. Thailand, Süd-Korea) sind ebenfalls von sinkenden Überweisungen betroffen.

  4. Saudi-Arabiens 4. Fünfjahresplan unterstellt eine Ölproduktion von 3, 85 Mio. Barrel (1 Barrel = 159 1) pro Tag (barrel/day = b/d) und als Preis 25 US-Dollar pro Barrel.

  5. Vgl. Udo Steinbach, Interne Konfliktlinien im Wirtschaftsraum Golf, in: Fred Scholz, Die Golfstaaten, Braunschweig 1985, S. 130.

  6. Vgl. Werner Ende, Die iranische Revolution, in: Fred Scholz (Anm. 5), S. 145 ff.

  7. Vgl. Eckhard Freyer, Von der „importierten“ zur eigenständigen Entwicklung, in: Entwicklung und Zusammenarbeit, (1985) 6, S. 22.

  8. In der internationalen Erdölwirtschaft stehen sich die drei Interessengruppen der Ölländer, der Ölkonzerne und der Ölverbraucherländer gegenüber. Dieses Verhältnis kompliziert die Probleme und das Verständnis der Ölwirtschaft, besonders der Ölkonzerne und ihrer dominierenden Stellung in Ölund Verbraucherländern. Die Ölkonzerne profitierten — neben der OPEC — von Ölpreiserhöhungen.

  9. Der Pro-Kopf-Mineralölverbrauch je Einwohner in Kilogramm ist von 1978 bis 1984 beachtlich gesunken: USA 3 662/2 870 = — 22%, Bundesrepublik Deutschland 2 137/1 680 -----21 %, Frankreich 2 039/1 450 = -29%, Japan 1 921/1 672 = -13%, Italien 1 555/1 346 = -15%, Großbritannien 1 503/1 362 = -9%. (Quelle: Deutsche Shell AG.)

  10. Irans Präsident Chameini: „Dies ist ein echter Krieg. Der Ölkrieg ist nicht weniger heftig als der Krieg an der Front“. Libyens Staatschef Gaddafi drohte, den Golfkrieg auf den ganzen Golf auszudehnen, falls Saudi-Arabien seine Förderung nicht auf maximal 3 Mio. Barrel pro Tag beschränke. Vgl. Handelsblatt vom 6. März

  11. Die Bohranlagen außerhalb des Ostblocks gingen von rund 5 600 Mitte 1981 auf etwa 3 500 Mitte 1984 zurück.

  12. Der Ölanteil am gesamten Welthandel betrug 1985 rund 15%. Der Ölpreisverfall bewirkt auch gewaltige Veränderungen des Welthandelswertes

  13. Da nicht hinreichend bekannt ist, welche Umsätze noch zu den alten Kontraktpreisen getätigt und auf welcher Grundlage neue Verträge abgeschlossen werden sowie wegen der Bedeutung von Net Back-Geschäften (bei denen sich der Rohölpreis flexibel an der Entwicklung der Produktpreise in den Abnehmerländern orientiert), läßt sich der derzeitige Durchschnittspreis am Weltmarkt nur schwer ermitteln.

  14. Die DDR profitiert kaum von billigem Öl, da sie seit 1979 gewaltig in die einheimische — nun ungünstigere — Braunkohle investierte. Vgl. Energieversorgung der DDR, in: Die Zeit vom 28. März 1986, S. 35.

  15. Der Ausländeranteil an der Erwerbsbevölkerung betrug 1980 in den Vereinigten Arabischen Emiraten 85%, in Kuwait 70%, in Saudi-Arabien 53% und in Katar

  16. Vgl. Lutz Meyer, Die Islamische Republik Iran — ein Beispiel für eine autozentrierte Entwicklung und Dissoziation?, in: Orient, (1986) 3, S. 394. Infolge der steigenden Arbeitslosenzahlen (1980 = 4 Mio.) wurde die Landarbeit wieder attraktiver.

  17. Die Schätzungen über das Volumen der fossilen Süßwasserreserven Saudi-Arabiens gehen weit auseinander. Bei einem nicht erneuerbaren Volumen von 1115 Mrd. cbm wären die Aquifere innerhalb der nächsten Generation erschöpft. Ein cbm Trinkwasser aus Aquifer kostet 2 SR, aus einer Meerwasserentsalzungsanlage (für 23 cbm ist eine Tonne Öl notwendig) hingegen 70 SR. Vgl. auch Thomas Ross, Saudischer Patriotismus oder Raubbau?, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 29. April 1985, S. 7f.

  18. Vgl. Gulf States face environ threats, in: Kuwait Times vom 8. Januar 1986.

  19. Die Iraker haben nach iranischen Angaben Sachwerte in Höhe von 350 Mrd. US-Dollar vernichtet. Im Iran ging bereits vorher infolge von Arbeitskämpfen, inneren Unruhen u. a. das Bruttosozialprodukt stark zurück, 1984/85 erreichte es wieder das Niveau von 1977/78. Vgl. Lutz Meyer. (Anm. 16), S. 393.

  20. So die Economist Intelligence Unit Studie „The Gulf War“ (von Keith McLachlan und George Joffe).

  21. Vgl. Anton Gälli, Die sozio-ökonomische Entwicklung der OPEC-Staaten, München-London 1979, bes. S. 186 ff.

  22. Vgl. dazu: Der arabische Bankensektor, in: Die Bank, (1986) 2, S. 98.

  23. Vor dem Ölpreisverfall 1986 wurde geschätzt, daß Saudi-Arabiens Leistungsbilanzdefizit 1990 auf etwa 2 Mrd. US-Dollar sinken könnte. Kuwaits Überschuß könnte 1990 auf 2, 6 Mrd. US-Dollar zurückgehen. Die Vereinigten Arabischen Emirate könnten bis 1990 einen Überschuß von 3 Mrd. US-Dollar erwarten. Bahrains Defizite könnten aber weiter wachsen. Katar werden bis 1990 geringe Überschüsse vorausgesagt. Oman wertete 1986 bei sinkenden Überschüssen um 10, 2% ab. Iraks

  24. Kuwait und besonders Saudi-Arabien unterstützten den Irak, indem sie über 40 Mrd. US-Dollar an Anleihen gewährten und Erdöl (300 000 b/d) an die Kunden des Irak auf dessen Rechnung verkauften. Eine neue Schuldenkrise könnte durch die über 90 Mrd. US-Dollar Schulden arabischer Staaten — vergleichbar Mexiko — entstehen.

  25. Sämtliche kurzfristigen Anlagen wurden jüngst aufgelöst, vgl. Der Spiegel, (1986) 13.

  26. Vgl. dazu Joachim Oehme, Arabische Institutionen, Bonn 1984.

  27. Saudi-Arabien entschied z. B. 1984, daß Hungerhilfe seines Hilfsfonds in Afrika nur für Moslems bestimmt sei; vgl. Die Welt vom 20. November 1984. Entwicklungspolitisch interessant sind „Dreieckskooperationen“: Arabische Ölgelder und westliche Erfahrungen und Technologie leisten in der „Dritten Welt“ beachtliche Entwicklungshilfe, z. B. Brunnenbauten und ländliche Wasserversorgung in der Sahel-Zone durch die deutsche GTZ.

  28. Handelsblatt vom 4. April 1986.

Weitere Inhalte

Eckhard Freyer, Dipl. -Kfm., Dr. rer. pol., geb. 1949; 1969— 1973 Studium der Wirtschaftsund Sozialwissenschaften sowie der Theologie in Frankfurt/M. und Zürich, 1981 Promotion; 1974— 1982 Bankangestellter; 1982/83 Regierungsberater im Planungsministerium Riyadh, Saudi-Arabien; danach u. a. Beratungsaufträge in den Golfstaaten und Lehrbeauftragter für Entwicklungspolitik an der Universität Bonn. Veröffentlichungen u. a.: Die Kapitalbeteiligungsgesellschaft als Instrument der Wirtschaftspolitik, Frankfurt/M. -Thun 1981; Zu den Auswirkungen reduzierter Öleinnahmen auf die Entwicklung Saudi-Arabiens und die Weltwirtschaft, in: Orient, (1984) 2, S. 204— 222; Saudi-Arabien: Von der „importierten“ zur eigenständigen Entwicklung?, in: Entwicklung und Zusammenarbeit, (1985) 6, S. 22; Zur Kehrseite des Ölgeldes — Umweltbelastungen in Saudi-Arabien, in: Entwicklung und Zusammenarbeit, (1985) 7/8, S. 13.