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Regierungswechsel oder hegemoniale Wende in Frankreich? | APuZ 6-7/1987 | bpb.de

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APuZ 6-7/1987 Wirtschaft und Gesellschaft in Frankreich Die „cohabitation": Verfassungsprobleme und politische Praxis Regierungswechsel oder hegemoniale Wende in Frankreich? Die Sozialistische Partei Frankreichs: Sozialdemokratie oder Postsozialismus? Von den Schwierigkeiten des demokratischen Sozialismus, in Frankreich wieder mehrheitsfähig zu werden

Regierungswechsel oder hegemoniale Wende in Frankreich?

Marieluise Christadler

/ 29 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Neun Monate nach dem Wahlsieg der Rechten erlebte die Regierung Chirac erstmals einen massiven und offenbar völlig unerwarteten Angriff auf ihre Politik. Zuerst waren es Schüler und Studenten, die zu Hunderttausenden auf die Straße gingen und mit Erfolg gegen das neue Hochschulgesetz protestierten. Danach begann der fast vierwöchige Streik der Eisenbahner, dem sich andere Beschäftigte des öffentlichen Dienstes anschlossen, und der das soziale und wirtschaftliche Leben Frankreichs erschütterte. Der Arbeitskampf, den die extreme Rechte für ihre Zwecke auszubeuten versuchte, hat die Spannungen innerhalb des Regierungslagers verschärft. Die in der liberalkonservativen UDF zusammengeschlossenen Parteien grenzen sich immer deutlicher gegen die gaullistische Sammlungsbewegung RPR ab. Ihre Führer, Giscard d’Estaing und Barre, betonen zwar ihre grundsätzliche Loyalität gegenüber der Regierung, distanzieren sich aber von Chiracs Politik — nicht zuletzt, um sich bessere Ausgangschancen für die in 16 Monaten anstehenden Präsidentschaftswahlen zu sichern. Indessen vertieft sich der Graben zwischen der politischen Klasse und den Bürgern, die ihre vitalen Interessen ungenügend berücksichtigt finden. Das bedeutet allerdings nicht, daß eine Mehrheit die Politik der Regierung mißbilligt. Zwar sind den Franzosen Begriffe wie „Leistungsprinzip“ oder „Auslese“ suspekt und die sozialen Errungenschaften unverzichtbar, aber die Machtübernahme der Rechten war nicht nur ein Regierungswechsel, sondern Ausdruck einer kulturellen Wende, die gekennzeichnet ist durch einen Auftrieb individualistischer und liberaler Werte. Es ist denkbar, daß die in den Mittelschichten vorhandene Bereitschaft zu Dialog und Toleranz über den Extremismus der durch die Wirtschafts-und Modernisierungskrise bedrohten Minderheiten triumphiert und eine politische Synthese von Liberalismus und Sozialismus nahe-legt. Gegenwärtig laufen offensichtlich Verhandlungen zwischen pragmatismusbereiten Sozialisten und Christdemokraten über eine Mitte-Links-Koalition. Eine solche zentristische Sammlungsbewegung dürfte allerdings eine Radikalisierung der bonapartistischen Rechten zur Folge haben. Die vorliegende Darstellung untersucht die organisatorischen und ideologischen Prämissen der konservativen Parteien, die historisch begründeten Sensibilitätsunterschiede der „politischen Familien“ im Hinblick auf ihr politisch-kulturelles Umfeld und ihre Problemlösungskapazität.

I. Von der katastrophalen Niederlage zum prekären Sieg

Als die Rechte 1981 erst die Präsidentschaftsund dann die Parlamentswahlen verlor, bedeutete das für sie das Ende einer 23jährigen ununterbrochenen Regierungsmacht. Angesichts des überwältigenden Erfolges der Sozialisten sah es so aus, als ob die „aus ihrem Territorium vertriebenen“ Gründer der V. Republik sich auf ein langes Exil vorbereiten müßten.

Die Führer der geschlagenen Parteien — der gaullistischen Sammlungsbewegung (RPR) und der liberalkonservativen Union pour la Dmocratie Franaise (UDF) — zogen sich aus dem Rampenlicht der nationalen Öffentlichkeit zurück: der bisherige Premierminister Barre auf seinen Verfassungsrechts-Lehrstuhl an der Universität, der Gaullistenchef Chirac in sein Pariser Rathaus und Staatspräsident Giscard d’Estaing, auf den sich in den Monaten vor den Wahlen die Abneigung der Franzosen konzentriert hatte, auf seinen Landsitz.

Während die Parteiorganisationen eine Weile brauchten, bis sie den Schock der Niederlage überwunden hatten und zur Rückeroberung der Macht ansetzten, bildeten sich an den Rändern eine Reihe von Clubs mit dem Ziel, die Rechte personell und programmatisch zu erneuern, und in der Assemblee Nationale nahmen die jungen Parlamentarier der „Exmajorität“ sofort den Kampf gegen die „socialo-communistes“ auf.

Schneller als gedacht veränderte sich das politische Klima zu Gunsten der Konservativen.

Schon zu Beginn des Jahres 1982 siegten sie über die Sozialisten zunächst bei Parlamentswahlen und dann bei den stark politisierten Kantonalwahlen. Die Situation der Linken verschlechterte sich durch die wenig später einsetzenden, ausgedehnten Protestdemonstrationen von Kleinunternehmern und Handwerkern gegen die Wirtschafts-und Sozialpolitik der sozialistischen Regierung. Hinzu kamen Mißfallenskundgebungen der neuen Mittelschichten, die ihr Elternrecht auf freie Schulwahl gefährdet sahen.

Der zunehmenden Verunsicherung auf Seiten der Sieger vom März 1981 antwortete das wachsende Selbstbewußtsein der Geschlagenen. Ihre Führer erlebten ein unerwartet glänzendes Comeback.

Gedrängt von der Basis, gingen sie daran, ihre persönlichen Querelen — wenigstens vor der Öffentlichkeit — beizulegen und die bürgerliche Rechte in einem Bündnis zusammenzuschließen. Erste Annäherungsbemühungen präludierten die „Convention liberale“ von 1985 und die gemeinsame „Regierungsplattform“ vom Januar 1986. Die Mobilisierungsstrategien der Konservativen und die Enttäuschung der linken Wähler über den Regierungskurs konvergierten 1983 zu einem radikalen Meinungsumschwung, der durch die Ankündigung der dritten Franc-Abwertung und der zweiten Austeritätsphase beschleunigt wurde. Aus den Umfrageergebnissen der SOFRES zeichneten sich vier Tendenzen zugunsten der Rechten ab

1. Das Ansehen der Opposition wuchs in dem Maße, wie das Vertrauen in die Regierungsmehrheit schwand. Auf der Ebene der Departements wie der Kommunen wurden die Konservativen die stärkste Kraft.

2. Der Liberalismus in seiner doppelten Gestalt als wirtschaftliche und politische Ideologie gewann zunehmend an Attraktivität. „Der Kampf für die Freiheiten“ wurde zum Leitmotiv des antisozialistischen Protestes.

3. Neben Chirac und Giscard profilierte sich Raymond Barre als potentieller Regierungschef. 4. Das spektakulärste Ereignis der kommunalen Nachwahlen war der Erfolg der extremen Rechten. Der Front National, der 1981 nicht einmal 1 % der Stimmen erreicht hatte, erzielte nun Spitzenergebnisse von 16%.

Die Signale verstärkten sich im folgenden Jahr unter dem Druck der wirtschaftlichen Krise, die ein Ansteigen der Arbeitslosigkeit auf 2, 5 Millionen mit sich brachte. Der Front National sah seine Position als viertstärkste politische Kraft bei den Europa-Wahlen 1984 bestätigt. Le Pen, dem sich die Fernsehkanäle öffneten, gelang die Selbstprofilierung als ernst zu nehmender Parteiführer. Die Liberalismus-Kampagne fand einen Höhepunkt in der massenhaften Protestbewegung für das Privatschulwesen. Sie ermöglichte es der Rechten, den Verzicht auf das „Gesetz Savary“ sowie die Regierungsumbildung (Mauroy wurde durch Fabius ersetzt) auf ihrem Konto zu verbuchen.

Die Kehrtwende der sozialistischen Regierung reichte nicht aus, um den Vertrauensschwund in ihre Steuerungskraft aufzuhalten. Dieser weitete sich vielmehr aus zu einer allgemeinen Vertrauenskrise gegenüber den staatlichen Institutionen und der politischen Klasse schlechthin. Entpolitisierung und Radikalisierung waren die nur scheinbar widersprüchlichen Folgen dieser Entwicklung, die der Opposition zugute kam.

Der Rechtstrend der Wähler bestätigte sich bei den Kantonalwahlen vom März 1985. Vier Jahre nach ihrer verheerenden Niederlage zweifelte die Rechte nicht mehr daran, die nächsten Parlamentswahlen zu gewinnen. Diskutiert wurden in ihren Reihen nur zwei Fragen; die erste in aller Öffentlichkeit, die zweite hinter vorgehaltener Hand:

— ob und unter welchen Bedingungen die Zusammenarbeit zwischen dem im Amt bleibenden sozialistischen Staatspräsidenten und einer konservativen Regierungsmehrheit möglich sei und — ob es in Fällen gefährdeter Majorität zu punktuellen Bündnissen zwischen der gemäßigten und der extremen Rechten kommen könne.

Hinsichtlich etwaiger Seitensprünge mit dem Front National vertraten die Parteileitungen der „droite respectable" einhellig die Meinung, daß es sie nicht geben werde — drückten dann aber bei Wahlabsprachen auf lokaler oder regionaler Ebene beide Augen zu. Über die Möglichkeiten einer republikanischen Vernunftehe zwischen einem linken Präsidenten und einem rechten Premier — eine „liaison dangereuse“, die von den Medien als „Beischlaf bezeichnet wurde — gingen die Meinungen auseinander. Während die „cohabitation“ von Barre scharf abgelehnt wurde, trat Chirac als ihr Verteidiger auf, wohl in der Annahme, daß nur der Weg über das Matignon ihn 1988 ins Elysee führen werde.

Die Parlamentswahlen von März 1986 bestätigten den Optimismus der Rechten, auch wenn ihr Erfolg hinter den Prognosen zurückblieb. RPR und UDF vereinigten die absolute Mehrheit der Stimmen auf sich. Chirac, der Führer der stärksten Fraktion (RPR 145, UDF 129 Sitze), wurde vom Staatspräsidenten mit der Regierungsbildung beauftragt. Er stellte ein Kabinett zusammen, in dem seine Freunde — die „Chiraquie“ — die Schlüsselpositionen innehaben: das von Charles Pasqua betreute Innenministerium, dem ein Polizeiministerium (genannt „Ministerium für Sicherheit“) zugeordnet ist; das zu einer Mammutinstitution erweiterte Ministerium für Wirtschaft, Finanzen und Privatisierung Edouard Balladurs; das Justizressort unter der Leitung von Albin Chalandon und das Ministerium für Soziales und Arbeit, dem Philippe Seguin vorsteht. Die in der UDF zusammengeschlossenen Parteien wurden ihrem politischen Gewicht entsprechend berücksichtigt: Die Republikaner erhielten u. a. das Kultur-und Industrieministerium sowie ein „Ministerium für Menschenrechte“; die Christdemokraten wurden mit zwei Ministerposten und vier Staatssekretären bedacht, die Liberalen und Sozialdemokraten mit je zwei bzw. einem Ressort.

Den ersten Test auf das Funktionieren der „cohabitation“ bildete die Bereitschaft des Staatspräsidenten, das Kabinett zu bestätigen und das von Chirac geforderte Ermächtigungsgesetz zu unterzeichnen. Indem Mitterrand Männer seines Vertrauens für die Leitung des Außen-und Verteidigungsministeriums durchsetzte, unterstrich er seinen Anspruch auf die „domaines reserves“ des Staatschefs.

Chiracs Spielraum ist gering. Abgesehen davon, daß ihm außer dem Präsidenten eine starke sozialistische Opposition zu schaffen macht, muß er mit Querschlägen seiner Partner-Konkurrenten rechnen. Ob es dem Premierminister angesichts dieser Hypotheken gelingt, sein Regierungsprogramm durchzusetzen und der Majorität die Herrschaft über die Legislaturperiode hinaus zu sichern, hängt von konjunkturellen und strukturellen Faktoren ab. Um die letzteren richtig einschätzen zu können, muß man u. a. die historischen Traditionen der Rechten und ihre soziologischen wie mentalitären Besonderheiten in Betracht ziehen.

II. Traditionen und „Sensibilitäten“ der „rechten Familien“

In der Zeitschrift Le Debat erschien 1985 ein Artikel, dessen Verfasser, Stephan Rials, entschieden bestritt, daß es noch rechte Parteien gebe, die diesen Namen verdienten. Bestenfalls könne man von einer „famille modre" sprechen, die rechts von der Linken angesiedelt sei, aber weder über eine eigene, unverwechselbare Tradition noch über ein alternatives Programm verfüge

Für diese Behauptung spricht die Bilanz, die J. Jaffre 1984 aus den Europa-Wahlen zog, daß „die ideologische Distanz zwischen den Wählern der bürgerlichen und der extremen Rechten ziemlich gering“ sei und die Unterschiede „eher gradueller als grundsätzlicher Natur“ seien Für die Behauptung Rials spricht auch die Beobachtung französischer Soziologen, daß die Wähler sich nicht mehr von Ideologien mobilisieren las-sen, sondern nach einer pragmatischen, effizienten Politik verlangen

Gegen diese These von der Einebnung der Parteien spricht jedoch nicht nur die fortgesetzte Beschwörung der Stil-und Sensibilitätsdifferenzen zwischen den politischen Familien in der einschlägigen Literatur, sondern auch das Vorhandensein unterschiedlicher Referenz-und Wertsysteme im politischen Diskurs und in der innerparteilichen Willensbildung.

Ein typisches Beispiel für die widersprüchliche Einschätzung der Parteienkonvergenz liefert Alain Duhamel Einerseits erklärt er, daß sich „hinter dem ewigen Melodrama der Religionskriege ... ein wachsender Konsens über das Wesentliche“ verberge, andererseits macht er in der politischen Klasse und unter den Wählern vier historisch gewachsene „Temperamente“ aus: Jakobiner und Radikale auf der Linken, Orleanisten und Bonapartisten auf der Rechten. Die Jakobiner neigten zu Autoritätsgläubigkeit, staatlichem Dirigismus und protektionistischem Patriotismus, die Radikalen seien „toleranter und pragmatischer“; die Orleanisten versuchten politische Gewaltenteilung und Marktwirtschaft zu verbinden und träten für sozialen Dialog und gemäßigte Modernität ein; die Bonapartisten verlangten einen starken, unabhängigen Nationalstaat und straffe Wirtschaftslenkung.

Duhamel unterscheidet also auf der Rechten zwei politische Tendenzen, nicht in dem Sinne von scharf konturierten, gegeneinander abgegrenzten Parteiorganisationen, sondern in dem viel allgemeineren Sinne von politischen Grundanschauungen, Verhaltensweisen und Erwartungshorizonten. Auch Rene Remond, der den umfassendsten und inzwischen klassischen Versuch einer ideengeschichtlichen Klassifizierung der Rechten unternommen hat spricht von „politischen Familien“, die, unter bestimmten historischen Verhältnissen entstanden, sich bis in die Gegenwart erhalten hätten. Er unterscheidet:

— die gegenrevolutionäre Rechte, die sich philosophisch aus der Doktrin der royalistischen Ultras der Restauration, soziologisch aus dem Großgrundbesitz herleitet und über die Action Francaise bis heute im katholischen Integrismus und in der intellektuellen Neuen Rechten fortlebe;

— die mit der bürgerlichen Juli-Revolution 1830 entstandene orleanistische Rechte, deren liberal-konservativeVorstellungen Remond im „giscardisme“ weiterwirken sieht;

— die 1848 als „parti de l’ordre“ gegen die Revolution gegründete bonapartistische Rechte, die in den nationalistischen und antisemitischen Bewegungen des ausgehenden 19. Jahrhunderts sowie später in den antiparlamentarischen Ligen der Zwischenkriegszeit neu auflebte. Für Remond stehen die gegen die Vierte Republik gerichteten Protestbewegungen der Gaullisten und Poujadisten in der Tradition der bonapartistischen Rechten. Selbstverständlich handelt es sich bei dieser Klassifizierung der Rechten um „Idealtypen“. In Wirklichkeit gibt es zahlreiche Kombinationen und Überschneidungen der verschiedenen Tendenzen. So werden gaullistische Positionen keineswegs nur von der Partei Chiracs vertreten. Vielmehr hat der Neogaullismus in den letzten Jahren Rechte wie Linke ergriffen und auch bei UDF-Anhängern wie Raymond Barre starke Spuren hinterlassen. Fremontier, der die „Junioren der Rechten“ einer semantischen und soziologischen Analyse unterzogen hat, sieht zwar auch bei ihnen die klassischen Ingredienzien fortwirken, aber in veränderten „Dosierungen“ und „Paarungen“ So entdeckt er den scheinbar kontradiktorischen Typus des „bonapartiste-liberal", der einen starken Staat mit marktwirtschaftlicher Freiheit verbinden möchte, oder einen „bonapartiste-gauchiste“, der bürokratisch-etatistischen Dirigismus mit einer radikaldemokratischen Selbstverwaltungspraxis bekämpft.

In den Bereich der Schnittmengen gehören auch die fließenden Übergänge zwischen Rechtsextremismus und „muskulösem“ Gaullismus. Der Front National seinerseits vereinigt höchst unterschiedliche Strömungen. „Die Linke mußte erst an die Macht kommen“, schreibt Alain Rollat, „damit das Phantomgebilde der französischen extremen Rechten, seit eh und je in persönliche Querelen, Spaltungen, widersprüchliche Nostalgien verstrickt und durch die liberale Rechte marginalisiert, in der Person Le Pens ihren Aufstieg erleben konnte“ Dem ehemaligen Fallschirmjägerleutnant und poujadistischen Abgeordneten gelang es, Monarchisten und National-revolutionäre, Neopoujadisten und integristische Katholiken, Petainisten und OAS-Leute im Front National zusammenzuführen. Um dieses Ziel zu erreichen, scheute er sich nicht, Anleihen sowohl beim Gedankengut der Gegenrevolutionäre wie bei den Bonapartisten zu machen. Von den einen übernahm er die manichäische Weitsicht, die aus den Anhängern des FN Kreuzritter im „Kampf zwischen Unordnung und Ordnung“ macht. Von den anderen entlehnte er den Führerkult, das massenwirksame symbolische Ritual und den populistischen Diskurs.

Remond geht auch in der Neuauflage seines Buches nicht ausdrücklich auf den Front National ein, würde ihn aber wohl dem „alten cäsaristischen, autoritären Bonapartismus“ zuordnen und damit entdramatisieren. Dann wäre die Partei Le Pens nur eine Neuauflage jener kleinbürgerlichen Protestbewegungen, die in der französischen Geschichte immer dann auftauchen, wenn ein Modernisierungsschub mit gesellschaftlichen Umwandlungsprozessen einhergeht, die von den „Systemparteien“ nicht aufgefangen werden können. Die Kurzlebigkeit des Lepenismus ließe sich ohne prophetische Anmaßung voraussagen. Manches spricht für diese Annahme, zumal das wiedereingeführte Mehrheitswahlrecht dem FN kaum eine Chance läßt. Sein Überleben wird erstens davon abhängen, ob es ihm gelingt, seine organisatorische Basis auszubauen, und zweitens, ob die Liberalkonservativen seine Unterstützung für einen Wahlsieg brauchen. Das wiederum hängt u. a. von der Kohäsion der Regierungskoalition ab.

„Der Krieg der Chefs“ wurde zwar unter dem Druck der „cohabitation“ und aus wahltaktischen Überlegungen beigelegt, aber die persönlichen und programmatischen Konflikte im Regierungslager schwelen fort. Als Chirac nach den Studentenprotesten Anfang Dezember vor den versammelten Abgeordneten der Mehrheit seine Absicht verkündete, eine Pause in der Reformgesetzgebung einzulegen und die für Januar 1987 geplante Sondersitzung des Parlaments ausfallen zu lassen, fehlten Raymond Barre und Giscard d’Estaing unter seinen Zuhörern. Zwar erklärten die Fraktionsführer von UDF und RPR ihre Solidarität mit dem Premierminister, aber in den Gängen der Assemblee Nationale hörte man zum Teil herbe Kritik an dessen Vorgehen.

An der Reaktion auf die studentische Protestbewegung gegen das Hochschulgesetz von Devaquet und auf das Nachgeben Chiracs, der das Gesetz zurückzog, lassen sich die unterschiedlichen politischen Überzeugungen und Temperamente der Rechten beispielhaft ablesen. In den Augen Le Pens und der hartgesottenen gaullistischen Law-and-order-Politiker hat Chirac „dem Druck der Straße“ nachgegeben und sich „entblößt“. Le Pen: „Die Studenten wollten die Regierung ganz nackt sehen. Sie haben sie so gesehen.“ Die Mehrzahl der RPR-Abgeordneten scharte sich jedoch hinter ihren Parteiführer, wenn auch mit gelegentlichen Einschränkungen: Die junge Generation und die Populisten zeigten Verständnis für den Unmut der Jugendlichen und betrachteten die Zurücknahme des Gesetzes als eine Geste der Befriedung; die Altgaullisten nahmen die Gelegenheit wahr, um den „neoliberalen Reformfrenetikern“ die Verantwortung für die Entwicklung zuzuschreiben. In der UDF waren die Meinungen gespalten: Der republikanische Minister für Menschenrechte drohte wegen des brutalen Polizeieinsatzes bei den Studenten-demonstrationen mit seinem Rücktritt; die Barristen sahen sich bestätigt in ihren Warnungen vor der institutionenblockierenden Wirkung der „Cohabitation“ und einer mehr ideologisch als sachdienlich gesteuerten Politik; der radikalliberale Parlamentsminister Rossinot hingegen freute sich über die Reformpause: „Man wechselt die Gangart, und das ist besser so.“

III. Soziale Basis und innerparteiliche Willensbildung

Die Sammlungsbewegung Chiracs entspricht dem Selbstbild einer großen, modernen, gut organisierten bürgerlichen Partei eher als die UDF, wenn auch die veröffentlichten Mitgliederzahlen bei beiden Parteien (300 000: 800 000) stark überhöht sind. Hinsichtlich der Sozialstruktur ihrer Mitglieder bzw. Wähler weisen sie indessen eine große Ähnlichkeit auf Im Verhältnis zu ihrem Bevölkerungsanteil ist die Arbeiterschaft in den bürgerlichen Parteien unterrepräsentiert. Sowohl in der UDF wie im RPR stellen die Mittelschichten mit etwa 50% den stärksten Block. Diese Gruppe, die Selbständige und Lohnabhängige umfaßt, ist ihrerseits sehr heterogen. Sie reicht von der Büroangestellten über den Polizisten bis zum Kleinhändler, Betriebsleiter und Landwirt.

Die soziostrukturelle Analyse der gemäßigten Rechten zeigt darüber hinaus zwei weitere Übereinstimmungen zwischen der UDF und dem RPR: die mangelnde Beteiligung der Intelligenz — von den Frauen ganz zu schweigen — und ein deutliches Sozialgefälle von der Parteispitze zur Basis. Lehrende aller Bildungsstufen, die in der Sozialistischen Partei überrepräsentiert sind, fehlen fast vollständig unter den „militants“ der Rechten. Andererseits sind die Spitzenfunktionen von UDF und RPR von Angehörigen der bürgerlichen Eliten (höhere Angestellte, freie Berufe, Industrielle) besetzt. Das ist besonders deutlich auf Parlamentsebene: Von den bürgerlichen Ab-27 geordneten gehörten in der letzten Legislaturperiode beim RPR 90%, bei den Republikanern 87% und beim CDS 93% den gehobenen Einkommens-bzw. Prestigeschichten an

Anders als die UDF ist die Partei Chiracs geographisch breitflächig vertreten — „notre force c’est le terrain“. Sie ist die einzige Rechtspartei, die in den sozialistischen und kommunistischen Hochburgen präsent ist und sich um eine Aktivierung der Lohnabhängigen bemüht. Bei der Mobilisierung der Basis kann der RPR auf eine eingespielte Organisation zurückgreifen. Hier liegt ein wesentlicher Unterschied zwischen den Honoratiorenparteien um Giscard/Barre und der monokratisch ausgerichteten „Volkspartei“ Chiracs.

In der UDF hängt die Anhängerwerbung vom Willen und der Phantasie einzelner lokaler oder regionaler Verantwortlicher ab und trifft bei den Angesprochenen in der Regel auf eine geringe Bereitschaft, sich parteipolitisch zu engagieren. Der RPR hingegen verfügt über eine Tradition in der Sammlung und Betreuung seiner Mitglieder. Die Massenveranstaltungen — 1983 im Anschluß an den außerordentlichen Parteitag oder im Dezember 1986 zum 10. Geburtstag des RPR — verliefen im Geist der gaullistischen Feste der fünfziger Jahre: Die „compagnons“ fühlen sich geborgen in der Wärme des Clan und als Angehörige einer großen Familie. Die Republikaner treffen sich eher in kleinen Gruppen auf lokaler Ebene zu einem diner-debat, oder sie begegnen sich in Clubs, die jegliche Anspielung auf eine Parteiorganisation strikt vermeiden. Barres Slogan „Pluralismus in der Einheit“ entspricht ziemlich genau den Vorstellungen der auf Autonomie pochenden Liberalen. Sie sind nicht geneigt, sich bedingungslos hinter einer Führerfigur zu scharen wie die Chiraquisten mit ihrem diskussionen-abwürgenden „Jacques a dit.. Aus der Sicht der Liberalen sind die Gaullisten autoritätshörige Strammsteher. Die solchermaßen Attackierten aber sind stolz darauf, eine gut funktionierende Parteimaschine zu ihrer Verfügung zu haben. Ihr Ziel sind nicht „endlose Debatten“, in denen jeder zu Wort kommt, sondern rasche, autoritative Entscheidungen, Effizienz, Aktion. Für die lokkeren Strukturen der liberalen Parteiföderation sind vor allem drei Elemente bezeichnend: die Konkurrenz von mehreren Führungspersönlichkeiten, die Tradition der Clubs und die geringe Parteiidentifikation ihrer Wähler. Bei einer Umfrage im Juni 1984 bezeichneten 58% der UDF-Sympathisanten den De Gaulle-Bewunderer Barre als denjenigen, „der die UDF am besten repräsentiere“ — und das, obgleich der ehemalige Ministerpräsident keine Gelegenheit ausläßt, um sich von der Partei zu distanzieren.

Sowohl im RPR wie in der UDF drängt in den letzten Jahren eine neue Generation von Politikern nach vorn und verändert das Erscheinungsbild der Parteien. Die meisten von ihnen zogen bereits unter der sozialistischen Regierung die Aufmerksamkeit auf sich durch die Entschlossenheit, mit der sie den Kampf gegen die Linke aufnahmen und sich gleichzeitig um eine Erneuerung der Rechten bemühten. Inzwischen sind einige von ihnen in den inneren Zirkel der Macht vorgedrungen. Eklatantes Beispiel: Francois Lo-

tard. Ursprünglich von Giscard protegiert und von ihm an die Spitze der Republikanischen Partei gestellt, hat sich der 44jährige „maire-minist-vre" längst selbständig gemacht und eine ihm ergebene Mannschaft um sich geschart, „la bande ä Leo“. Zu ihr gehören u. a.der Industrieminister Madelin (40) und der gleichaltrige Postminister Longuet. Unter den gaullistischen Ministern sind die „cadets de la droite“ ebenfalls vertreten: der joviale Sozialminister Seguin (43); der für den Außenhandel zuständige 41jährige Michel Noir;

Alain Devaquet (44), der mit seinem gescheiterten Hochschulgesetz in das Kreuzfeuer der Medien geriet; Alain Juppe (41), einer der engsten Ratgeber des Premierministers in ökonomischen Fragen und im Kabinett für den Haushalt verantwortlich; schließlich der 45jährige Jacques Toubon, seinem Chef bedingungslos ergeben und zielbewußter Organisator der gaullistischen Partei. Alle diese machtbewußten jungen Männer haben außer ihrem Ehrgeiz eines gemeinsam: Sie verstehen sich als Realisten und Pragmatiker — auch wenn einige von ihnen einem schon fast dogmatisch anmutenden Liberalismus huldigen. Ihr Traumland verkörpern die USA, und ihr Ziel ist die Modernisierung der französischen Gesellschaft. Nicht alle sind so entschiedene Anti-Etati-

sten wie Leotard, einige berufen sich ausdrücklich auf De Gaulle, aber keiner macht sich für die staatsinterventionistischen, dirigistischen Konzepte stark, die jahrzehntelang von den Gaullisten praktiziert wurden. Aus dem gemeinsamen Erlebnis von Mai ’ 68 stammen ihre Freundschaften quer durch die Parteiorganisationen, aber auch ihre von Berührungsängsten freie Offenheit für gewisse Ideen der libertären Linken, die sie mit einem ausgeprägten Sinn für Leistung und „Performanz“ verbinden. „Die Junioren der Rechten“ waren denn auch die ersten, die den Studentenprotest gegen das neue Hochschulgesetz ernst nahmen. Einer von ihnen erklärte in einem Interview mit „L'vnement du Jeudi“: „Viele von unseren Leuten haben veraltete Vorstellungen. Wir haben es nicht fertiggebracht, der Studentenbewegung medienwirksame, überzeugende Persönlichkeiten entgegenzustellen. Und das, obwohl seit 1981 viele Jugendliche zu uns gestoßen sind und 1988 zwei Millionen von ihnen wählen werden.“

Wie bei den Liberalkonservativen stellt auch im Front National die Generation der etwa 40jährigen die Aktivisten der Partei. Eine Reihe von ihnen hat im Mai 1968 „auf der anderen Seite der Barrikaden“ gestanden und in rechtsradikalen Gruppen wie Occident seine ersten politischen Erfahrungen gemacht. Die Verbindungen zwischen dem neurechten Intellektuellenzirkel Club de l’Horloge und dem Front National laufen über Angehörige dieser Generation. In erster Linie ist es denn auch dem 39jährigen militanten Generalsekretär J. -P. Stirbois zu verdanken, daß der FN von einer heterogenen politischen Gruppierung, ohne lokale Verankerung und administratives Gerüst, zu einer Partei avancierte, die allein im Jahr 1984 ihren Mitgliederstand (jedenfalls nach eigenen Angaben) von 20 000 auf 50 000 erhöhte. Er erreichte eine innerparteiliche Kohäsion und Dynamisierung, bei der hierarchische Entscheidungsstrukturen und Konkurrenz der Basisverantwortlichen offenbar erfolgreich koexistieren und genügend Ausstrahlungskraft besitzen, um nicht nur die bisherige Wählerschaft zu „fidelisieren", sondern neue Anhänger jenseits des rechtsradikalen Reservoirs anzuziehen

Auf die bürgerlichen Mittelschichten zielt denn auch die neuerliche Strategie Le Pens, die er bereits vor den Märzwahlen anwandte und die möglicherweise einen Konflikt zwischen Orthodoxen und Reformisten in der Partei auslösen wird: Während die einen am populistisch-xenophoben Markenzeichen des Front National festhalten, streben die anderen eine Sammlungsbewegung an, die alle nationalen Kräfte mobilisieren soll. Es scheint, als ob Le Pen sich auf die Seite der Reformer schlagen wolle. Nicht nur daß er den diskreten Charme des Parlamentarismus als Abgeordneter des Europa-Parlaments und der Nationalversammlung sichtlich genießt und sein Image als Staatsmann pflegt, auch die Wähler-werbung des Front National geht neue Wege.

Neben die volkstümlichen Blauweißrot-Feste im Flughafengelände von Le Bourget tritt eine zielgruppenbewußte Publicity: Glanzpapierbroschüren in gemilderter Diktion für die „quartiers chics“ unter der Überschrift „Mit dem Front National und Jean-Marie Le Pen gegen den Sozialismus“, für die „quartiers populaires" weiterhin ein unverhüllt rassistischer Diskurs unter Beibehaltung des Slogans „Zuerst Frankreich und die Franzosen“

IV. Der Kampf um die Wähler und die Strategien der Macht

Der Wahlerfolg des Front National war von den französischen Beobachtern nicht in der erreichten Größenordnung vorausgesehen worden. Noch 1983 behauptete der Verfasser einer Studie über die Geschichte der französischen extremen Rechten, daß sie „als politische Kraft nicht mehr existiere“ und selbst der Sieg der Sozialisten nicht imstande sei, „die eingeschlummerten Dämonen wiederaufzuwecken“ Tatsächlich aber etablierte sich die Partei Le Pens im März 1986 mit 9, 8% der Wählerstimmen als drittstärkste politische Kraft des Landes noch vor den Kommunisten. Ihre größten Erfolge erzielte sie in den städtischen Ballungszentren des mediterranen Südens in Orten mit einem Immigrantenanteil von über 10% und in Gegenden, die vorzugsweise von Algerienfranzosen bewohnt sind. In Marseille erhielt ihre Liste ein Viertel aller abgegebenen Stimmen. Aber auch in den Industriegebieten des Nordens konnte sie einen Stimmenzuwachs verzeichnen, und in der Pariser Region, wo sie gegenüber den Europa-Wahlen Verluste hinnehmen mußte, hielt sie sich noch über dem nationalen Durchschnitt Obwohl ihr punktueller Zuwachs nicht allein mit dem Protestvotum enttäuschter PS-oder PC-Wähler erklärt werden kann, ist ihr Einbruch in gewisse Hochburgen der Linken nicht zu leugnen, zumal das soziologische Profil ihrer Wählerschaft eher dem der Linken als dem der traditionellen Rechten ähnelt. Le Pens Wählerschaft ist männlich, jung, religiös indifferent und klassentranszendierend — nicht weiblich, betagt, kirchengläubig und bürgerlich wie das der traditionellen Rechten. Dennoch kommen mehr als 50% seiner Wähler aus dem Stimmenpotential der Rechtenl

UDF und RPR waren sich denn auch seit den Mißerfolgen der Sozialisten darüber im klaren, daß der Front National ihr gefährlichster Konkurrent sei. Das zeigte sich bereits bei der Kandidatennominierung zu den letzten Kantonalwahlen, als einzelne Notabein ins rechtsradikale Lager überwechselten oder doch Bündnisse mit dem Front National schlossen. „Eine der Stärken des FN“, meint Birenbaum, „besteht darin, daß er es versteht, den vom RPR Enttäuschten vielversprechende Positionen zuzusichern — und das auf allen Ebenen der Parteihierarchie“ Zwar hat sich landesweit die Taktik der beiden bürgerlichen Parteien ausgezahlt, in 61 Departements gemeinsame Listen aufzustellen, aber im Departement Bouches-du-Rhöne beispielsweise siegte der lepenistische Kandidat über den Fraktionsführer der UDF, Jean-Claude Gaudin.

R. Höhne hat in der historischen Entwicklung der Rechten sechs Strategien zur Rückeroberung bzw. Festigung der Macht analysiert Zwei davon sollen im folgenden anhand einiger Beispiele beschrieben werden: die elektorale und die kulturelle Strategie.

Einen wesentlichen Bestandteil der elektoralen Strategie bilden die Wahlabsprachen. Bereits vor 1986 ist es zwischen dem Front National und Vertretern der gemäßigten Rechten mehrfach zu Bündnissen gekommen, zum ersten Mal in Dreux im September 1983. Um einen Sieg der Linken zu verhindern, hat Le Pen bei den Kantonalwahlen 1984, nach einem zunächst erbitterten Kampf mit seinen bürgerlichen Konkurrenten, die Mehrzahl der Front National-Kandidaten zurückgezogen und seinen Anhängern freigestellt, für die bürgerlichen Rechte zu votieren. Bei den Märzwahlen 1986 gewann die Rechte in von 22 Regionalräten das Präsidium — in fünf Fällen mit Hilfe des Front National. Damit wiederholte sich im Hexagon, was 1984 auf Korsika schon praktiziert worden war. „Die grausame Wirklichkeit der Zahlen“, stellte Le Pen ironisch fest, habe einige Notabein gezwungen, sich über die Parole Chiracs hinwegzusetzen. Der RPR-Chef hatte kurz zuvor die „Vichy-Wurzeln“ und „rassistische Philosophie“ des Front National denunziert und jedes Zusammengehen mit ihm abgelehnt, was ihm bei militanten FN-Anhängern den Spottnamen „Monsieur Inch Allah“ eintrug 20).

Als gelehrige Schüler Gramscis (über die Vermittlung der Nouvelle Droite) wissen die jungen Rechten, daß es nicht reicht, die politische Macht zu erobern, sondern daß diese „in den Köpfen“

vorbereitet und über die kulturelle Durchdringung der zivilen Gesellschaft gefestigt werden muß. Um die Reedukation der durch das „linke Kulturmonopol vergifteten“ Öffentlichkeit basis-bezogen zu betreiben, soll die Gesellschaft mit einem Netz konservativer Relaisstationen überzogen werden. Zu deren Aktivitäten gehört alles, was nicht zum Kernbereich des Politischen zählt — vom Bildungssystem über das Gesundheitswesen und die Kunst bis zur Medienpolitik.

Nach Trägerschaft, Funktion und inhaltlichen Schwerpunkten lassen sich die metapolitischen Organisationen in drei Kategorien gliedern: die Ideenzentralen, die Transmissionszirkel und die Interessengruppen. Die Abgrenzungen sind fließend und die personellen Verflechtungen vielfältig-

Die „socits de pensee“ haben in der französischen Geschichte seit der Aufklärung große Bedeutung gehabt. Ursprünglich Zentren einer bürgerlich-demokratischen Gegenöffentlichkeit, inspirierten sie im 19. Jahrhundert erst die gegenrevolutionäre und dann die sogenannte revolutionäre Rechte. Ihre Fähigkeit zur Selbsterneuerung verdankt die französische Rechte nicht zuletzt ihren intellektuellen Zirkeln, deren Theoretiker gelegentlich auch Linke faszinierten. Die Ausstrahlungskraft der rechtsextremen Action Franaise läßt sich angesichts ihrer numerischen Schwäche und ihrer mangelnden institutioneilen Verankerung nur verstehen, wenn man ihre Rolle als Ideenlaboratorium und Initiationszirkel für junge bürgerliche Intellektuelle begreift.

Eine ähnliche Funktion haben in der Gegenwart neben dem RPR-nahen Club 89 die beiden Gruppen, die in die Medien als „Neue Rechte“ eingingen: GRECE und der Club de l’Horloge

Beide fungieren als Denkschulen und Ideenmultiplikatoren. Mit Seminaren, Colloquien, Zeitschriften und Buchpublikationen führen sie einen „ideologischen Stellungskrieg“ gegen den Egalitarismus. Während aber die Gruppe um Alain de Benoist sich strikt an ihre metapolitischen Ziele hält und parteipolitische Agitation ablehnt, tritt der Uhrenclub massiv als politischer Akteur auf. Seine 250 Mitglieder, größtenteils 35— 45jährig und in ihrer Mehrheit dem Enarchenmilieu zuzurechnen, vertreten rechtsextreme bzw. sozialdarwinistisch neoliberale Positionen. Als Treffpunkt von Entscheidungsträgern aus den Verwaltungsspitzen, der Wirtschaft und dem universitären Bereich sowie als Umschlagsplatz von Ideen bildet der Club einen intellektuellen Pol der intransigenten Opposition.

Auf einer niedrigeren Stufe als die Argumentationszellen ä la Club de l’Horloge, die sich darauf spezialisieren, den politischen Nachwuchs der Pariser Eliten ideologisch zu schulen und die Parteispitzen mit theoretischem Know-how auszustatten, sorgen die Transmissionszirkel für die Verbreitung rechter Denkmuster in der Provinz und in den verschiedenen Bereichen des kulturellen und professionellen Vereinslebens. Typisch sind die Comites d’Action Republicaine (CAR), von der linksliberalen LIBERATION als „Uhrenklub für die Mittelschichten“ bezeichnet. Die CAR wurden 1981 von Bruno Mgret — einem ehemaligen Mitglied des RPR und des Uhren-clubs, heute beim Front National — mit dem Ziel gegründet, „die schweigende Mehrheit“ politisch zu vertreten. Ideologisch sind die CAR rechts von der bürgerlichen Mehrheit einzuordnen. Gleiches gilt für die zur Jahreswende 1984/85 aus den CAR und ca. 30 anderen Clubs gebildete Federation pour l’Avenir et le Renouveau (FAR), die ein Gegengewicht bilden soll zu den „im politischen Kleinkrieg und Karrierismus verstrickten Politikern“. Die FAR arbeitet mit dem Centre national des Independants et des Paysans (CNIP) zusammen, einer konservativen Splitterpartei, die im ländlich-katholischen Bereich wie im gewerblichen Mittelstand ihre Hauptstütze hat und eine „Verbindungsbrücke zwischen dem Front National und dem Bürgerblock“ bilden möchte

Stärker konzentriert auf den eigentlichen Kultur-bereich ist die Association des elus pour la liberte de la culture (AELC), die von dem 37jährigen RPR-Bürgermeister von Saumur, Jean-Paul Hugot, ins Leben gerufen wurde mit der Aufgabe, „der Linken das Kulturmonopol zu entreißen“. Zu diesem Zwecke hat er die Bürgermeister von fast 40 Gemeinden dazu gebracht, sich seiner Organisation anzuschließen, deren Leitung er übrigens mit dem ehemaligen Generalsekretär und Chefdenker des Uhrenklubs und jetzigem Front National-Mitglied Le Gallou sowie einem Vertreter des CNIP teilt. Die AELC ist dabei, eine kommunikative Infrastruktur aufzubauen, die von der Publikation eines monatlichen Bulletins bis zur Einrichtung eines „Kulturdienstes“ reicht. Verglichen mit der Gesamtzahl der französischen Kommunen (36 433) scheint der Einflußbereich der AELC klein. Man muß aber bedenken, daß so bedeutende Städte wie Toulouse, Bordeaux, Aix-en-Provence und Narbonne der Vereinigung angehören, und z. B.der neugewählte RPR-Bürgermeister von Toulouse, Dominique Baudis, der gleichzeitig das Amt des Regionalratspräsidenten von Midi-Pyrenees innehat, wegen seiner Dynamik bei der traditionell eher sozialistisch orientierten Bevölkerung so beliebt ist, daß man ihm eine überregionale politische Zukunft voraussagt.

Zum Einflußbereich der metapolitischen Aktion der Rechten gehören ebenfalls eine Reihe von Interessengruppen, die in sensiblen Bereichen wie Universität, Gesundheitswesen, öffentliche Sicherheit, Medien, Landwirtschaft und Industrie wirken. Da gibt es z. B. die Gruppe Solidarite medicale, die für die ständischen Privilegien der Ärzte und eine Privatisierung des Gesundheitswesens eintritt. Sie unterhält Kontakte zu dem gaullistischen Centre feminin d’Etudes et d’Information (CFEI), das Konferenzen und Seminare zu Frauenfragen aus der Sicht der Konservativen veranstaltet. Die Vereinigung Legitime defense, in der RPR und Front National um die Gunst der Justizbeamten und Polizisten wetteifern, kämpft für eine Verschärfung des Strafrechts. Von Europa-Abgeordneten des Front National wurde 1985 die Assoziation „Modernes Unternehmen und Freiheiten“ gegründet, die der Verbreitung rechtsextremen Gedankenguts in Kreisen des Handels, des Handwerks und des kleinen Unternehmertums dient.

Angesichts der vielfältigen personellen Kontakte und Doppelmitgliedschaften zwischen der „klassischen“ Rechten und den Gruppierungen der „droite-carrefour“, die vom Club de l'Horloge über Kulturvereine bis zu poujadistischen Syndikaten reicht, muß man mit Alain Rollat von einem „reseau“ sprechen. Dieses Beziehungsnetz erreicht zwar zunächst nur geringe Teile der Bevölkerung, aber es wirkt als Verstärker und Multiplikator konservativer Ideen.

V. Regierungswechsel oder kulturelle Hegemonie?

Der Soziologe Francois Bourricaud vermutet, daß „die Rückkehr der Rechten“ mehr ist als ein Regierungswechsel, nämlich die politische Manifestation einer geistigen Wende, die eine langfristige kulturelle Hegemonie einleitet. Seiner Meinung nach ist die neue Epoche allerdings gekennzeichnet durch das Nebeneinander von progressiven und konservativen Ideen. Zwar sei die Linke ihres ideologischen Monopols verlustig gegangen, ihre Werte behielten indessen weiterhin Geltung Ähnlich argumentiert Jean-Marie Colombani, wenn er der Regierung Chirac vorwirft, sie habe den spektakulären Rechtsruck vom März 1986 als globale ideologische Kehrtwende mißverstanden. Die studentische Protestbewegung und (so muß man hinzufügen) die daran anschließenden Arbeitskämpfe zeigten, daß die Franzosen unter allen Umständen an den Systemen sozialer Sicherheit festhielten. Ein Vergleich mit den Demonstrationen gegen die sozialistische Schulreform mache deutlich, daß die Bevölkerung sich gegen egalitäre Exzesse auf das Prinzip der Freiheit und gegen einen überzogenen Liberalismus auf das Postulat der Gleichheit berufe. Zum Beweis zitiert Colombani die Ergebnisse einer SO-FRES-Umfrage vom 10. November 1986 über „die ideologischen Präferenzen der Franzosen“.

Danach sprach sich zwar eine Mehrheit der Befragten für die Durchsetzung liberaler Grundsätze im Bereich der Wirtschaft aus, favorisierte aber gleichzeitig „in der Politik“ den Sozialismus gegenüber dem Gaullismus

Was die Mehrzahl der Franzosen umtreibt, ist nicht die Privatisierung staatlicher Betriebe und Gefängnisse, auch nicht der Nationalitätsstatus der Immigranten (obwohl keineswegs nur Le Pen-Wähler für eine rigorose Immigrationspolitik eintreten), sondern die Furcht vor Arbeitslosigkeit, die Sorge um ein ausreichendes Einkommen und die Angst vor Kriminalität und Terrorismus. In seiner „Francoscopie“ hat Gerard Mermet die widersprüchlichen Aspirationen der Franzosen zusammengestellt Sie reichen von dem Bedürfnis nach materieller Sicherheit und familiärem Glück bis hin zu dem Verlangen nach einem „charismatischen Führer“, der die Geschicke des Landes „aufrichtig in der Sprache und realistisch im Handeln“ lenkt. Wenn die Regierung reüssieren will, muß sie einen mittleren Weg steuern zwischen den beiden Polen gesellschaftlicher Wunschvorstellungen: dem zentrifugalen Streben der Bürger nach individueller Selbstverwirklichung und ihrem Festhalten an einem sozialintegrativen „nationalen Konsens“. Hinzu kommt, daß Chirac gleichzeitig den harten Kern seiner bonapartistischen Klientel und eine breite zentristische Wählerschaft befriedigen muß. Er darf weder zu offensichtlich korporativen Interessen nachgeben noch eine ideologische Monokultur betreiben, sollte aber nichtsdestoweniger ein unverwechselbares, mobilisierungsmächtiges konservatives „Zukunftsprojekt“ präsentieren; er muß dem Verlangen nach Sicherheit entsprechen, aber die autoritären Kräfte in seiner „Mannschaft“ von repressivem Übereifer abhalten; die Wirtschaftskrise meistern, ohne das soziale Netz zu gefährden oder Privilegien anzutasten.

Ob dem Premierminister dieser Balanceakt gelingt, ist ungewiß. Die „Reformpause“, die er der Regierungsmehrheit verordnet hat, könnte seinem Image als Krisenmanager auf die Dauer eher nutzen als schaden, ungeachtet einer vorübergehenden (?) Popularitätseinbuße Allerdings ist nicht nur sein koalitionspolitischer, sondern auch sein konstitutioneller Spielraum begrenzt. Zwar hat er bisher alle legalen Mittel voll ausgeschöpft, um das Regierungsprogramm durchzusetzen — teils, indem er per Ermächtigungsgesetz und Verordnungen regierte, teils, indem er parlamentarische Debatten mit Hilfe der Vertrauensfrage abwürgte. Aber sowohl der Verfassungsrat wie der Staatspräsident wachen darüber, daß die Regierung den Rahmen ihrer verfassungsmäßigen Kompetenzen nicht überschreitet und die gesamtgesellschaftlichen Belange nicht zugunsten von Parteiinteressen vernachlässigt.

So hat der Verfassungsrat, der sich im letzten Jahrzehnt, von einem gefügigen Instrument der Exekutive zu einer echten Dritten Gewalt entwikkelte, mehrfach sein Einspruchsrecht geltend gemacht. U. a. hat er zwei wesentliche Bestimmungen des neuen Pressegesetzes annulliert und der Regierung bei der Neufestsetzung der Wahlkreise sowie für die Privatisierung nationalisierter Betriebe Auflagen gemacht. Es ist denkbar, daß er seine Unabhängigkeit erneut unter Beweis stellt, wenn er die nachträgliche legislative Durchsetzung der von Mitterrand abgelehnten Arbeitszeit-verordnung für verfassungswidrig erklärt. Auch das Veto des Staatspräsidenten muß Chirac einkalkulieren. Auf die erste Phase der Kohabitation, in der beide Männer ihre Gemeinsamkeiten herausstellten, folgte eine zweite, in der sie ihre gegensätzlichen Auffassungen betonten. Die gegenwärtige dritte Phase ist durch einen wesentlich schärferen Ton der Auseinandersetzung gekennzeichnet. Mehr und mehr stilisiert sich der Präsident zum Hüter sozialer Gerechtigkeit, zum obersten Sachwalter der nationalen Belange und zum Chefinterpreten der Verfassung Daß die Franzosen seine Schiedsrichterrolle akzeptieren, zeigen die Umfrageergebnisse. Im Mai 1986 glaubten 39% der Befragten an eine Fortsetzung der Kohabitation, im Juli waren es 54% und im Dezember 1986 72%. Im gleichen Monat erklär-ten sich 62% mit dem Verhalten Mitterrands einverstanden Zwar wünschten 63%, daß 1988 Premier und Präsident wieder der gleichen politischen Familie angehören sollten, aber offenbar hat sich die Öffentlichkeit mit der neuen „Gewaltenteilung“ besser abgefunden als das politische Establishment.

Das gilt auch für die Bedingungen, unter denen die Regierung zur Zurücknahme ihres Hochschulgesetzes gezwungen wurde. Während die politische Klasse und die Medien von einer „erdbebengleichen“ Erschütterung der Institutionen sprachen und die Gefahr beschworen, daß sich „die Straße“ als gesetzwidrige Vierte Gewalt etabliere, überwiegt in der Bevölkerung allem Anschein nach die Genugtuung über den Protest der Studenten und Schüler. Deren Weigerung, „sich von autoritären Technobürokraten nach Belieben gängeln zu lassen“ kommt dem antigouvernementalen Affekt vieler Franzosen entgegen.

Zu Recht sprach die Presse anläßlich der Dezember-„Ereignisse“ von einem „politischen Knick“. Neun Monate nach ihrem Machtantritt erlebte die Regierung erstmals einen massiven und offenbar völlig unerwarteten Angriff auf ihre Politik. Diese Erfahrung wird möglicherweise ihre Reformeuphorie dämpfen und Chirac auf den Weg der „gestion“ zurückführen oder ihn vielleicht sogar zu einem vorzeitigen Rücktritt veranlassen, um sich — von Mißerfolgen unbehelligt — dem Präsidentschaftswahlkampf zu widmen. Die Frage ist, ob die zutagegetretenen Spannungen innerhalb der Koalition sich zu einem Bruch ausweiten und neue Bündniskonstellationen ermutigen oder ob die Rechtsunion sich wieder stabilisieren wird. Im ersten Fall wäre es denkbar, daß zentristische Kräfte aus dem konservativen Block ausbrechen und sich einer pragmatisch geläuterten und von ihrer Oppositionsrolle profitierenden Sozialistischen Partei nähern Wahl-analysen zeigen, daß die geographischen Verschiebungen im Rechts-Links-Kräfteverhältnis und eine verminderte Stimmenthaltung sich zugunsten der Sozialisten auswirken könnten

Eine solche Entwicklung würde allerdings voraussetzen, daß das durch die anhaltende Wirtschaftskrise verstärkte Protestpotential in der Wählerschaft wenigstens teilweise der (nichtkommunistischen) Linken zugutekäme, und es den Sozialisten gleichzeitig gelänge, sich als Partei der linken Mitte und eines sozialtemperierten Fortschritts zu profilieren.

Bourricaud ist überzeugt, daß „Zeitgeist“ und Sozialstruktur die gemäßigte Rechte begünstigen; daß sie prädestiniert ist, einen „moralischen Konsens“ über die Bedingungen des Zusammenlebens herzustellen im Sinne von Tocquevilles Ideal einer zwischen Freiheit und Gleichheit, individuellen und kollektiven Werten ausgependelten Gesellschaft

Eine Reihe von Indizien im kulturellen Bereich bestätigen seine Hypothese von der anhaltenden Dominanz eines aufgeklärten Konservatismus: die Abwendung der Intellektuellen von globalen Modellen der Weltdeutung und Gesellschaftsveränderung unter Berufung auf die ihnen immanente Gefahr totalitärer Entgleisung; ihr Rückzug auf einen humanitären und professionellen Pragmatismus; der Ersatz ideologischer Gewißheiten durch moralische Überzeugungen; die Rehabilitierung des Individuums und die Skepsis gegenüber kollektivistischen Konzepten; die verbreitete Wertschätzung des Liberalismus als einer Theorie gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Freiheit, verbunden mit einem unterschiedlich ausgeprägten Anti-Egalitarismus; die zunehmende Ablehnung der Rechts-Links-Dichotomie zugunsten einer interessengeleiteten politischen ad hoc-Orientierung; und schließlich der Verzicht auf parteipolitische Militanz zugunsten einer breitgefächerten Partizipation im gesellschaftlichen und kulturellen Bereich. Schon unter der sozialistischen Regierung begann der Spalt zwischen der „zivilen“ und der „politischen“ Gesellschaft sich zu vertiefen. Die Folge war eine wachsende Abneigung in der Bevölkerung gegen alles, was im Verdacht stand, „politisiert“ zu sein. Die französische Gesellschaft scheint immer mehr zu einem Konglomerat gegeneinander abgeschotteter Interessengruppen zu zerfallen. Bernard Cathelat spricht von einem „Mosaik unterschiedlicher Wertsysteme und gegensätzlicher Lebensstile“. Die positive Folge ist ein Anwachsen individueller Freiheiten und gesellschaftlicher Toleranz; die negative Folge eine Ghettoisierung der sozialen Gruppen, die die Gefahr xenophober und rassistischer Ausbrüche in sich birgt, sowie eine vielfach beklagte mangelnde Be-reitschaft, sich „für ein Gemeinschaftsprojekt zu engagieren“.

Man wird abwarten müssen, ob Bourricauds Vision einer von „demokratischen (nicht „revolutionären“) Leidenschaften“ und „sozialem Konsens“ getragenen, liberalkonservativen Gesellschaft eine Chance hat, oder ob rechtsextreme Positionen, die einen rabiaten Neoliberalismus mit reaktionärem Autoritarismus verbinden, an Bedeutung gewinnen

Fussnoten

Fußnoten

  1. SOFRES, Opinion publique 1984, S. 11.

  2. Stephan Rials, La droite ou l’horreur de la vrit, in: Le Debat, (1985) 33, S. 37.

  3. SOFRES, Opinion publique 1985, S. 190.

  4. Guy Rossi-Landi, Le chasse-croise. La droite et la gauche en France de 1789 ä nos jours, Paris 1978, S. 13f.; SOFRES 1985, S. 9 of.

  5. Alain Duhamel, Le complexe d’Asterix, Paris 1985, S. lOf.

  6. Rene Remond, Les droites en France, Paris 1982 (4. neubearb. Aufl.)

  7. Jacques Fremontier, Les cadets de la droite, Paris 1984, S. 205.

  8. Alain Rollat, Les hommes de l’extreme droite, Paris 1985, S. 7. Graphischer Überblick über die Entwicklung des Rechtsextremismus bei Monica Charlot, in: Revue de Science politique, 36 (1986), S. 31 f.

  9. Alle Angaben nach: Le Monde, 11. Dezember 1986, S. 9.

  10. Udo Kempf, Die bürgerlichen Parteien Frankreichs, in: H. -J. Veen (Hrsg.), Christlich-demokratische und konservative Parteien in Westeuropa, Bd. 2, Paderborn 1983, S. 178 f., 185f.

  11. Colette Ysmal, Demain la droite, Paris 1984, S. 57, 65.

  12. SOFRES 1985, S. 173.

  13. L'Evenement du jeudi, 18. /23. Dezember 1986, S. 9.

  14. Guy Birenbaum, Front National: Les mutations d’un groupuscule, in: Intervention, (1986) 15, S. 26f.

  15. Le Monde, 25. Dezember 1986, S. 8.

  16. Jean-Christian Petitfils, L’extreme droite en France, Paris 1983, S. 123.

  17. Le Monde, 18. März 1986, S. 5.

  18. Pascal Perrineau, Quel avenir pour le Front National?, in: Intervention, (1986) 15, S. 35.

  19. G. Birenbaum (Anm. 13), S. 31.

  20. Roland Höhne, Die Strategie der französischen Rechten nach dem Sieg der Linken von 1981, in: Zeitschrift für Parlamentsfragen, Juni 1983, S. 209.

  21. Le Monde, 23. /24. März 1986, S. 9.

  22. Zur Neuen Rechten ausrührlich: Marieluise Christadler, Die Nouvelle Droite in Frankreich, in: Iring Fetscher (Hrsg.), Neokonservative und Neue Rechte, München 1983, S. 163f. Zum Verhältnis GRECE-FN vgl. dies., Frankreichs Konservative zwischen liberaler Vernunft und rechter Versuchung, in: Leviathan, 14 (1986) 2, S. 182 f. — P. A. Taguieff hat zu dem Thema eine Bibliographie zusammengestellt in: Mots, 12. März 1986, S. 204 f.

  23. Pierre-Andre Taguieff, Les droites radicales en France. Nationalisme revolutionnaire et national-liberalisme, in: Les Temps modernes, (1985) 4, S. 1808f.

  24. Francois Bourricaud, Le retour de la droite, Paris 1986, S. 292, 295.

  25. Jean-Marie Colombani, 1984— 1986. Liberte, galit, in: Le Monde, 12. 12. 1986. Vgl. SOFRES 1985, S. 97f.

  26. Gerard Mermet, Francoscopie. Les Franais. Qui sont-ils? Oü vont-ils?, Paris 1986, S. VIIf.

  27. Während die Presse das Nachgeben Chiracs im allgemeinen als Niederlage registriert hat, gibt die Tatsache zu denken, daß bei einer im Nouvel Observateur (5. /11. 12. 1986) veröffentlichten Umfrage 35% der Studenten mit dem „Gesetz Devaquet“ unzufrieden waren, aber nur 7% mit der Politik der Regierung im allgemeinen.

  28. In einer vielbeachteten Rede erklärte der Präsident am 19. 12. 1986: „La cohesion sociale commande la cohesion nationale ... II ne peut pas y avoir de cohesion nationale sans cohesion sociale“ (Le Monde, 20. 12. 1986).

  29. Interview Mitterrands mit Jean-Pierre Elkabbach, zusammengefaßt in: Le Point, 21. 12. 1986, S. 27. Insbesondere entwickelt Mitterrand dort seine Vorstellungen von einer „presidence partagee“.

  30. Le Point, 21. 12. 1986, S. 28.

  31. Paul Yonnet, Une eruption previsible, in: L’EXpress, 19. 12. 1986, S. 13.

  32. Gemeint ist eine von großen politischen Konzepten freie, routinierte Wahrnehmung der Amtsgeschäfte.

  33. Zwei Entwicklungen verdienen Aufmerksamkeit: 1. das Werben Barres und Chiracs, aber auch führender Sozialisten wie Joxe und Beregovoy um die Christdemokraten, deren Führer Mehaignerie von der Dezember-Krise deutlich profitiert hat, 2. die Bemühungen der Radikalen, verstärkte Kontakte mit dem linksliberalen MRG aufzunehmen (Le Monde, 9. /10. 11. 1986, 29. 11. 1986 u. 17. 1. 1987).

  34. Pierre Martin, Le rapport de forces droite/gauche en 1986, in: Revue de Science politique, Oktober 1986, S. 597 f. - Zur gegenwärtigen symptomatischen Tocqueville-Renaissance vgl. Magazine Litteraire, (1986) 236.

  35. F. Bourricaud (Anm. 23), S. 306 f.

  36. Bernard Cathelat, Styles de vie. La France en miettes, in: G. Mermet (Anm. 25), S. 409.

  37. Charakteristisch für diese Tendenz ist neben dem FN und dem Club de l’Horloge das von Louis Pauwels geleitete Figaro Magazine (Auflage: 800 000), das den protestierenden Studenten vorwarf, „geistige Aids-Träger“ zu sein.

Weitere Inhalte

Marieluise Christadler, geb. 1934; Professorin für Politische Wissenschaft an der Universität-Gesamthochschule-Duisburg. Veröffentlichungen u. a.: Kriegserziehung im Jugendbuch. Literarische Mobilmachung in Deutschland und Frankreich vor 1914, Frankfurt 1979; (Hrsg.) Deutschland-Frankreich. Alte Klischees — neue Bilder, Duisburg 1981; (Hrsg.) Die geteilte Utopie. Sozialisten in Deutschland und Frankreich. Biographische Vergleiche zur Politischen Kultur, Opladen 1985.