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Islam und Modernität im politischen Leben Ägyptens und der Länder des Maghreb | APuZ 22/1990 | bpb.de

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APuZ 22/1990 Religion und Politik im Islam Der Islam im „Thermidor“. Zur Lage des Islams im Nahen Osten Islam und Modernität im politischen Leben Ägyptens und der Länder des Maghreb Der Islam im europäischen Umfeld Islamischer Fundamentalismus gegen den Westen

Islam und Modernität im politischen Leben Ägyptens und der Länder des Maghreb

Jamil M. Abun-Nasr

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Zusammenfassung

Seit den zwanziger Jahren unseres Jahrhunderts wurde unverkennbar, daß das nationalistische Bewußtsein über das fromme Ideal von der Einheit der Muslime als eine unteilbare religiös-politische Gemeinschaft in den islamischen Ländern siegen würde. Deshalb konnten die politischen Führer Ägyptens und des Maghreb die religiösen Nonnen des Islam viel mehr als früher den Erfordernissen der Entwicklung und des Aufbaus der nationalen Kräfte ihrer Lander unterordnen. Verletzungen islamischer Normen durch modernistische politische Führer wurden in den Jahren, nachdem die Länder Nordafrikas ihre Unabhängigkeit erlangt hatten, geduldet, wenn diese Verletzungen unter Berufung auf das nationale Interesse gerechtfertigt wurden. Eine religiöse Rechtfertigung dieser Einstellung ist in der reformistischen Lehre der Salafiyya enthalten, deren Vertreter viel dazu beigetragen haben, eine Verknüpfung zwischen dem seit den zwanziger Jahren sich konsolidierenden nationalistischen Bewußtsein in islamischen Ländern und dem Islam herbeizuführen. Insbesondere durch den Sieg Israels im Sechstagekrieg im Juni 1967 wurde das Scheitern der Hoffnung der Muslime deutlich, daß ihre Länder durch die Wirkung modernistischer Führer wie Abdel Nasser von Ägypten und Bourguiba von Tunesien wohlhabend und militärisch stark würden. Islamistische Gruppen, die sich für die Schaffung einer islamischen Ordnung in ihren Ländern einsetzen, gab es in Ägypten z. B. schon seit den zwanziger Jahren. Bis 1967 konnten diese Gruppen unter Kontrolle gehalten werden. Danach jedoch vermehrten sie sich, und ihre Anhängerschaft wuchs. Die Islamisten sind keine Anachronisten. Trotz unterschiedlicher Programme fordern doch alle gemeinsam eine Islamisierung der Modernität. Sie stellen vor allem Protestbewegungen dar und artikulieren durch ihre Ideologie das sozialpolitische Bewußtsein der städtischen Massen, deren Leben sich nach der Unabhängigkeit durch die nach europäischen Mustern konzipierten Pläne ihrer Regierungen kaum verbesserte.

I.

Im Jahre 1924 wurde das Kalifat durch eine Entscheidung der türkischen Nationalversammlung abgeschafft. Zwar löste die Abschaffung des Kalifats einen großen Schock unter den Muslimen aus, und nach 1924 wurden mehrere Kongresse in der arabischen Welt mit dem Ziel veranstaltet, das Kalifat wiederherzustellen. Dennoch konnte keine Einigung in dieser Frage erzielt werden, weil in den arabischen Ländern, wie auch in der Türkei, das nationale Bewußtsein die religiöse, multinationale Konzeption von der islamischen politischen Identität bereits verdrängt hatte. Diese Konzeption drückte sich in dem Begriff „umma“ aus.der die unteilbare, religiös-politische Gemeinschaft der Muslime bedeutete, deren legitimites Ober-haupt der Stellvertreter des Propheten, der Kalif, sei. Der Begriff „umma“ wurde zwar nicht aufgegeben, nunmehr aber im Sinne einer Nation verwendet.

Das Ideal der Einheit der Muslime in einer religiös-politischen Gemeinschaft hing mit einem anderen Ideal zusammen, nämlich dem Supremat der Religion in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens der Muslime. Weil der Versuch, das Kalifat wiederherzustellen, gescheitert war, und das nationale Bewußtsein sich in der islamischen Welt durchgesetzt hatte, konnten die politischen Führer in islamischen Ländern, insbesondere in den Jahren nach der Unabhängigkeit, es wagen, die islamischen religiösen Normen den Erfordernissen des Ausbaus der wirtschaftlichen und militärischen Stärke ihrer Nationen unterzuordnen. Diejenigen unter den prominenten ‘Ulama (Religionsgelehrten), die wichtige religiöse Ämter bekleideten, wurden auf unterschiedliche Weise dazu gebracht, sich den modernistischen und nationalistischen Entwicklungsplänen der nationalen Führer ihrer Länder zu fügen. Heute besitzen die islamistischen Bewegungen, die sich für die Schaffung religiöser Grundlagen für ihre Staaten einsetzen, einen so großen Einfluß, daß man sich über das Ausmaß der Verletzungen islamischer Normen wundern muß, die sich Führer wie Habib Bourguiba von Tunesien und Gamal Abdel Nasser von Ägypten in den fünfziger und sechziger Jahren erlauben konnten. Verständlich wird dies aus der damals noch bestehenden Hoffnung der Muslime, daß ihre Nationen unter der Führung solcher modernistischer Führer wohl-B habend und militärisch stark würden. Deshalb war die Mehrheit der Muslime damals bereit, Abweichungen von den islamischen Normen mindestens stillschweigend zu dulden, wenn diese von ihren politischen Führern unter Berufung auf das nationalistische Ziel der gesellschaftlichen Entwicklung begründet wurden.

Gamal Abdel Nasser verkörperte mehr als alle anderen Führer der islamischen Welt in den fünfziger und sechziger Jahren den Drang zur nationalen Bestätigung. Er stellte ein ehrgeiziges Programm für die ökonomische Entwicklung auf, gab jedoch einen großen Teil des ägyptischen Nationaleinkommens für den Aufbau einer gigantischen modernen Armee aus. Seine Entwicklungspläne wurden nach marxistischen Mustern konzipiert, und bei ihrer Verwirklichung wurde er finanziell und mit technischem Wissen von kommunistischen Ländern, vor allem von der Sowjetunion unterstützt. Dennoch galt er für die Muslime als Held des Islam, der nicht mit Lenin oder Mao Tse Tung verglichen wurde, sondern mit Saladin, dem ägyptischen Herrscher, der die Kreuzfahrer im Jahre 1187 aus Jerusalem vertrieb. Der Sieg Israels im Sechstagekrieg (Juni 1967) zerstörte in der arabisch-islamischen Welt die Hoffnung auf Wohlstand und nationale Bestätigung, die die heranwachsenden neuen Generationen in ihre modernistischen Führer gesetzt hatten. Der Erfolg der islamistischen Ideologie seit den siebziger Jahren ist vor allem in dem Scheitern dieser Hoffnung zu suchen.

Heute sind in allen arabisch-islamischen Staaten islamistische Gruppen zu finden, die in unterschiedlichem Maße als Herausforderung und Bedrohung von den Machthabern empfunden werden. Die Ideologie dieser Gruppen ist implizit auf der Grundlage der Aufrechterhaltung der vorhandenen islamischen Nationalstaaten konzipiert. Die verschiedenen Varianten dieser Ideologie haben zwei Grundzüge gemeinsam. Der erste ist die Zurückweisung der sozialpolitischen Strukturen, die in ihren Ländern unter dem Einfluß Europas entstanden sind, egal ob er aus dem marxistischen Osten oder dem liberalen Westen kam. Sie alle verlangen den Aufbau einer islamischen sozialpolitischen Ordnung, ohne sich allerdings über die wichtigen Elemente dieser Ordnung einig zu sein. Der zweite Grundzug ist die Auflehnung gegen die Einstellung, daß Entwicklung erfordert, daß der Islam der Modernität weichen muß. Diese Einstellung trat zunächst in der Kolonialzeit auf, prägte aber die Politik der herrschenden Schichten in den meisten islamischen Ländern auch nach Erlangen der Unabhängigkeit. Die Islamisten lehnen die Modernität nicht ab. sondern verlangen, wie Bruno Etienne ihre Einstellung zutreffend beschreibt, eine Islamisierung der Modernität

Seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts stand die Frage der Vereinbarkeit des Islam mit der Modernität im Mittelpunkt des religiösen wie auch des allgemein intellektuellen Diskurses in der islamischen Welt. Zu dieser Zeit bildete sich unter den ‘Ulama Ägyptens die reformistische religiöse Bewegung der Salafiyya heraus, die eine Erklärung für die ökonomische und militärische Schwäche der Muslime im Vergleich zu den Europäern anbot. Bei der ersten Formulierung der Salafiyya-Lehre hatten Muhammad ‘Abduh, Lehrer an der Azhar-Moschee in Kairo, und aml ad-Dm al-Afgänl, ein in vielen islamischen Ländern einflußreicher, aber verfolgter Gelehrter, der in den siebziger und achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts in Kairo lebte, die Schlüsselstellung inne. Ihre Lehre geht davon aus, daß der wahre Islam aus der einfachen Glaubenslehre der ersten Generation von Muslimen (asSalaf as-Sälih: die rechtschaffenen Altvorderen) besteht, und daß dieser wahre Islam eine rationale Religion ist. Daher eignet er sich als Grundlage für die Bildung fortschrittlicher Gesellschaften, die sich modernes technisches Wissen wie auch neue Formen sozialpolitischer Organisation zu eigen machen. Die sozialökonomische Rückständigkeit der Muslime lag demnach nicht am Islam an sich, sondern an der Verbreitung des Aberglaubens, der mit dem wahren Islam unvereinbar ist, sowie an der Erstarrung der religiösen Institutionen, die dem gesellschaftlichen Leben der Muslime zugrunde liegen. Im Namen des wahren Islam lehnten die Salafiyya-’Ulama soziale Normen und religiös-rechtliche Praktiken ab, die bis dahin als Grundlagen der islamischen gesellschaftlichen Ordnung galten. Die ara (das heilige Recht des Islam) war seit Ende des 10. Jahrhunderts in den Bestimmungen und Rechtsprinzipien von vier als orthodox anerkannten Madähib (Rechtsschulen) festgeschrieben. Der Glaube an die Endgültigkeit und Unveränderlichkeit der ar’a wurde die Basis der islamischen Orthodoxie und fand seinen Ausdruck in der Erkenntnis, daß Igtihäd, d. h. die selbständige Entscheidung über Rechtsfragen aufgrund der Interpretation der heiligen Quellen, für alle Zeiten beendet sei. Bis zur Entstehung der Salafiyya fühlten sich die ‘Ulama verpflichtet, TaqEd (Nachahmung) aus-zuüben, was bedeutete, daß sie nur die in den Büchern der vier Madähib niedergelegten Bestimmungen auslegen oder sie auf neue Situationen übertragen durften. Die Salafiyya-'Ulama wiesen den Glauben an die Unveränderlichkeit der ar'a zurück und riefen zur Wiederaufnahme des Igtihäd auf, um so die Entwicklung der ar'a im Sinne der neuen Bedürfnisse der islamischen Gesellschaften voranzutreiben

Die Herausbildung der Salafiyya-Lehre stellt einen Wendepunkt in der Geistesgeschichte der islamischen Welt dar. Dennoch ist es falsch, diese Lehre einfach als eine intellektuelle islamische Antwort auf die Herausforderung, die die europäische Kultur für die Muslime seit dem 19. Jahrhundert darstellt, auszulegen, wie Islamisten in Anlehnung an die Schriften der Verfechter dieser Lehre üblicherweise tun. Die europäische Kultur trat für die Muslime seit der Invasion Ägyptens durch Napoleon im Jahre 1798 vor allem in der Form einer auf technischem Wissen basierenden militärischen und wirtschaftlichen Macht in Erscheinung. Die sich aus der Konfrontation mit der Macht der Europäer ergebende Verzweiflung veranlaßte muslimische Herrscher, wie Sultan Selim III (1789— 1807) und Mahmüd II (1808— 1839) im osmanischen Reich, Muhammad ‘Ali in Ägypten (1805 — 1848) und Ahmad Bey in Tunesien (1837— 1855), moderne Armeen nach europäischem Muster mit Hilfe europäischer Offiziere aufzustellen. Damit wurde ein Umwandlungsprozeß in Gang gesetzt, der zu tief-greifenden Änderungen im Staat und im Schulwesen führte und Auswirkungen auf andere Bereiche des gesellschaftlichen Lebens in diesen Ländern hatte. Die Macht der Europäer gab den europäischen Konsulen die Möglichkeit, durch die Drohung mit dem Einsatz ihrer nationalen Flotten die muslimischen Herrscher zu Konzessionen zu zwingen, die den Weg für die europäische ökonomische Infiltration ebneten und zur Änderung der Rechtssysteme der islamischen Länder führten. Die dadurch bedingten strukturellen Änderungen in den islamischen Gesellschaften hatten direkt oder indirekt negative Auswirkungen auf die Stellung der ‘Ulama als Berufsstand.

Die Herausbildung der Salafiyya-Lehre in Ägypten läßt sich als eine Reaktion der ‘Ulama auf die strukturellen Änderungen erklären, die die ägyptische Gesellschaft durch die Reformen von Muhammad ‘Ali und die Ausdehnung des wirtschaftlichen und politischen Einflusses der Europäer erfuhr. Die Salafiyya-Lehre war den Gelehrten von Marokko, Algerien und Tunesien seit den achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts bekannt. Zur Grundlage einer reformistischen religiös-politischen Bewegung ent2) wickelte sie sich allerdings erst in den zwanziger Jahren dieses Jahrhunderts, nachdem die von den französischen Kolonialherren eingeführten strukturellen Änderungen in Wirtschaft, Justiz und Schulwesen den Berufsstand der ‘Ulama weitgehend marginalisierten. Deshalb muß die Salafiyya-Lehre als ein Versuch seitens der ‘Ulama gewertet werden, die Kluft zwischen den religiösen Institutionen des Islam und den neu entstandenen dominanten wirtschaftlichen und politischen Kräften durch religiöse Reform zu überwinden, um dadurch ihre frühere regulierende Funktion im Leben ihrer Gesellschaften zurückzugewinnen.

Der algerische Schriftsteller Malek Bennabi schrieb, daß die Muslime kolonisierbar waren, ehe sie tatsächlich kolonisiert wurden Die Kolonisierbarkeit der Muslime, so Bennabi, ist an der blinden Annahme überkommener Institutionen und Werte ebenso zu erkennen, wie an dem Glauben, daß sie, weil sie Muslime sind, den Nicht-Muslimen moralisch überlegen seien. Bennabi hält die Beherrschung der Muslime durch die Europäer für eine historische Notwendigkeit, weil der dadurch erlittene kulturelle Schock die Muslime zwang, die Überwindung ihrer moralischen Paralyse anzugehen. Obwohl die Salafiyya-Lehre für die ‘Ulama ein ideologisches Mittel war, ihre Rolle als regulierende Kräfte im gesellschaftlichen Leben ihrer Gesellschaften zurückzugewinnen, stellte sie auch den Anfang in einem Prozeß dar, der den Muslimen ermöglicht hätte, ihre moralische Paralyse in der Entwicklung ihrer Gesellschaften in einem islamischen Rahmen zu überwinden, hätten sie dies ohne direkte Einmischung fremder Kräfte vollziehen können. Diese Möglichkeit aber hatten die Muslime unter kolonialer Herrschaft nicht. Nachdem Algerien von den Franzosen im Jahre 1830 erobert worden war, fielen alle anderen Länder Nordafrikas in den dreißig Jahren nach 1881 unter koloniale Herrschaft: die Franzosen eroberten Tunesien (1881) und Marokko (1912). die Engländer eroberten Ägypten (1882) und die Italiener Libyen (1911). So konnte die Salafiyya ihr Potential als eine Kraft der Integration der islamischen Gesellschaften auf der Grundlage einer modernistischen Auslegung der islamischen Lehre nicht verwirklichen. Sie trug jedoch viel dazu bei, daß das sich seit den zwanziger Jahren konsolidierende nationalistische Bewußtsein mit dem Islam verknüpfte.

II.

Die Entstehung nationalistischer Ideologien in außereuropäischen Ländern wird üblicherweise auf die Übertragung von europäischem politischen Gedankengut zurückgeführt. Auch in bezug auf die Länder Nordafrikas scheint viel für diese Betrachtungsweise zu sprechen. Es waren die in den europäischen Schulen und Universitäten gebildeten muslimischen Führer, die organisierte nationalistische Parteien gründeten und den Kampf für die Unabhängigkeit führten. Es waren dieselben Führer, an die die europäischen Mächte die Regierungsgewalt in ihren ehemaligen Kolonien übergaben. Darüber hinaus schien die Annahme logisch, daß das nationalistische Bewußtsein der Muslime seine Wurzeln außerhalb des religiösen Glaubens haben muß, weil es im Gegensatz zur klassischen Konzeption von der islamischen religiös-politischen Identität steht.

Die Verknüpfung der modernen nationalistischen Konzeption mit dem Islam stellt eine neue Entwicklung im religiös-politischen Gedankengut der Muslime dar, die sich seit den zwanziger Jahren vollzog. Dies geschah in der Kolonialzeit im Zusammenhang mit zwei Faktoren: Der erste war, daß die europäischen Kolonialherren ihre kulturelle Überlegenheit als ideologisches Mittel der Kolonialherrschaft betonten, aber den Muslimen nur in sehr geringem Umfang die Möglichkeit gaben, von dem Vorteil dieser Kultur zu profitieren. Der zweite Faktor war das rapide Wachstum der Städte in den islamischen Ländern und das Eindringen der städtischen Massen in das politische Leben. Die städtischen Massen vergrößerten sich durch Landflucht. Aus der Vermischung der Zuwanderer mit den städtischen Armen entstand eine Masse orientierungsloser Individuen, die am Rande einer neuen Welt lebten, deren ökonomische und politische Strukturen in der Kolonialzeit entstanden waren. Die Vorteile dieser Welt waren für die städtischen Muslime am Lebensstil der Europäer und einer kleinen europäisierten muslimischen Minderheit ersichtlich. Der Eintritt in diese Welt war allerdings der Mehrheit der Muslime versagt, da ihnen die dazu erforderlichen Ausbildungs-und Beschäftigungsmöglichkeiten fehlten. Das Kolonialsystem brachte also die städtischen Muslime in Berührung mit den Vorteilen der neuen Welt, erwartete aber von ihnen, sich mit einer Randexistenz zu begnügen. Aufgrund dieser widersprüchlichen Situation gewann die reformistische islamische Lehre als Symbol der kulturellen Erneuerung Bedeutung für die muslimischen städtischen Massen.

Als reformistische, religiöse Bewegung kannte die Salafiyya keine nationalen Grenzen. Ihre Lehre entwickelte sich dennoch zur Grundlage örtlich bedingter nationalistischer Bestrebungen gerade weil sie nicht nur als abstrakte intellektuelle Antwort auf die Herausforderung der europäischen Kultur im allgemeinen, sondern sich auch als eine Reaktion auf das Eindringen der Macht der Europäer in die islamischen Länder herausbildete. In den ersten Jahrzehnten dieses Jahrhunderts erfuhr die Salafiyya-Lehre eine große Ausbreitung. Eine ausschlaggebende Rolle spielte dabei die Auseinandersetzung der Muslime mit den zu dieser Zeit in ihren Ländern entstandenen Kolonialsystemen wie auch der Unermüdliche, auf hohem Niveau geführte intellektuelle Diskurs Rad Ridäs. Dieser Gelehrte stammte aus Tripolis im Libanon, lebte jedoch von 1897 bis zu seinem Tod im Jahre 1935 in Kairo. Er war ein Schüler Muhammad Abduhs, dessen Biographie er auch schrieb. Im Jahre 1898 gründete Ridä die Zeitschrift al-Manär (der Leuchtturm), die als Sprachrohr der reformistischen Lehre auftrat. Die islamischen reformistischen Bewegungen in Marokko, Algerien, Tunesien, Mali und Kenia in der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts standen unter dem Einfluß der Salafiyya-Lehre, und zwar in der durch Rad Ridä etablierten und in al-Manär dargelegten Form.

Die Salafiyya-Lehre trat als Katalysator örtlich bedingter Nationalismen auf, weil muslimische Gelehrte aus verschiedenen Ländern sich auf diese Lehre beriefen, als sie nach islamischen Lösungen für spezifische Probleme ihrer Länder suchten, die durch das Kolonialsystem entstanden. Die Salafiyya-Lehre hatte aktive Verfechter in Tunesien, Algerien und Marokko seit den zwanziger Jahren dieses Jahrhunderts. Die Gelehrten der Zaytna-Moschee in Tunis übten einen gewissen Einfluß bei der Konsolidierung des reformistischen Bewußtseins unter den Gelehrten Algeriens aus, und die Vertreter der Salafiyya in allen drei Ländern unterhielten enge persönliche Beziehungen zueinander. Dennoch traten sie jeweils als Sprachrohr eines religiös-nationalistischen Bewußtseins der Muslime ihres eigenen Landes in Erscheinung und nicht eines Bewußtseins, das die gesamte islamische Welt oder wenigstens das ganze Nordwestafrika einschloß. ‘Abdul-Hamid b. Bädis, die führende Persönlichkeit unter den algerischen Reformern, schrieb 1936 einen Artikel in seiner Zeitung aä-Sihäb, in dem er die Bedeutung des Islam für die Vereinigung der Berber und Araber in einer islamischen algerischen Nation unterstrich. Im Jahre 1937 schrieb er in aSihäb, daß seine politische Loyalität an erster Stelle seinem algerischen Vaterland gelte, an zweiter Stelle dem Maghreb und nur an dritter Stelle der allgemeinen islamischen Gemeinschaft

Drei Faktoren scheinen verantwortlich dafür zu sein, daß die Führer der Salafiyya in den Maghreb-Ländern als Vertreter des nationalen Bewußtseins ihrer eigenen Länder und nicht der Muslime im allgemeinen auftraten: Erstens, die Salafiyya-'Ulama betrieben ihre religiös-politischen Tätigkeiten nicht im Rahmen von im voraus auf intellektueller Basis definierten Zielsetzungen. Vielmehr lieferten sie religiöse Antworten auf spezifische Maßnahmen der Kolonialbehörden, um die öffentliche Meinung in ihren Ländern gegen diese Maßnahmen zu mobilisieren. Obwohl die drei Länder des Maghreb von der gleichen französischen Kolonialpolitik betroffen waren, führte diese Politik doch in jedem dieser Länder zu unterschiedlichen Herausforderungen, auf die die Reformer reagierten. In Marokko begann die Metamorphose der Salafiyya-Lehre zu einer nationalistischen religiösen Ideologie im Rahmen der Kampagne der Salafiyya-Führer gegen die Anerkennung des Gewohnheitsrechts der Berber im Jahre 1930 als ein vom islamischen Recht unabhängiges Recht

In Algerien bildete dagegen die Kontrolle der französischen Behörden über die islamischen religiösen Ämter eine besondere Herausforderung für die Reformer. Seit 1851 wurden in Algerien diese Ämter von den französischen Behörden hierarchisch organisiert und deren Vertreter ernannt, bezahlt und bei der Ausübung ihrer Aufgaben kontrolliert. Die Anwärter auf islamische religiöse Ämter sowie auch die qädis wurden in staatlichen Madrasa-s (religiösen Hochschulen) ausgebildet, die von französischen Rektoren geleitet und deren Lehrpläne von diesen bestimmt wurden. Die Anerkennung dieser offiziellen Geistlichen sowie der großen muslimischen Feudalherren als Sprecher der algerischen Muslime durch die Franzosen wurde von den Salafiyya-'Ulama als ein Versuch angegriffen, den erstarrten Islam sich nur in eine von den Franzosen bestimmten Richtung entwickeln zu lassen

Die Tradition der Reform reicht in Tunesien bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts zurück. Nach der französischen Eroberung im Jahre 1881 versuchte eine Gruppe tunesischer Intellektueller, diese Tradition mit Hilfe der französischen Behörden weiter zu entwickeln. Erst nachdem dieser Versuch in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg scheiterte, bildete sich eine nationalistische Partei, die Destour (Verfassungs-) Partei im Jahre 1920 heraus, die sich für die Befreiung des Landes einsetzte. Die Schlüssel-rolle bei der Gründung dieser Partei spielte * Abdul‘Aziz al-Ta’lib, ein Vertreter der Salafiyya, der wegen seiner reformistischen Ideen von den konservativen ‘Ulama angegriffen wurde Die Beschäftigung der Salafiyya-'Ulama in Marokko, Algerien und Tunesien mit den unterschiedlichen spezifi-sehen Herausforderungen, mit denen das Kolonial-system die Muslime in diesen Ländern konfrontierte, engte ihren Gesichtskreis auf ihre eigenen Gesellschaften und deren Probleme ein.

Zweitens fehlte den Salafiyya-’Ulama die Fähigkeit, die Massen für einen effektiven Kampf gegen die koloniale Herrschaft zu organisieren. Es waren die an den europäischen Schulen und Universitäten ausgebildeten Führer, die organisierte politische Parteien gründeten, entweder gemeinsam mit den reformistischen ‘Ulama. wie in Marokko, oder ganz ohne diese, wie in Algerien und Tunesien nach 1934. Die reformistischen ‘Ulama motivierten die Massen durch den symbolisch bedeutungsvollen Gebrauch der islamischen Glaubenssätze für diesen Kampf, mußten aber ihre religiöse Einstellung seinen, von den europäisierten Eliten bestimmten Erfordernissen anpassen.

Drittens war das Kalifat tot. Die Autorität der alten Rechtsschulen des Islam wurde durch den Aufruf der Vertreter der Salafiyya zur Neuformulierung des islamischen Rechts in Frage gestellt, ohne daß die Reformer diese Neuformulierung auch tatsächlich geleistet hätten. Damit fehlte eine allgemein anerkannte religiöse Basis für die politische Gemeinsamkeit aller Muslime, zu einer Zeit als praktische Überlegungen und die Interessen der muslimischen politischen Führer zur Anerkennung der in der Kolonialzeit gefestigten Grenzen zwangen.

Die reformistischen ‘Ulama entwickelten in ihrer Auseinandersetzung mit dem Kolonialsystem eine religiös-nationalistische Ideologie, die bei der politischen Mobilisierung der städtischen Massen gegen die koloniale Herrschaft auch von den politischen Führern eingesetzt wurde. Damit bahnten sie den Übergang zum Nationalstaat. Der Metamorphose der Salafiyya-Lehre zu einer religiös-nationalistischen Ideologie lag die Ablehnung der Gleichsetzung von Fortschritt und europäischer Kultur zugrunde, durch die das Kolonialsystem sich rechtfertigte. Im Mittelpunkt dieser Ideologie stand die Hoffnung sowie die Verpflichtung, daß die unabhängigen islamischen Nationalstaaten nicht nur islamisch, sondern auch progressiv und wohlhabend sein könnten und sollten. Dennoch entwickelten die reformistischen ‘Ulama in den Ländern des Maghreb kein konkretes Programm für den Aufbau einer neuen islamischen Ordnung für ihre Gesellschaften, und der organisatorische Rahmen ihrer Tätigkeiten blieb schwach. Sie gründeten Schulen, in denen die Unterweisung in der islamischen Lehre und der arabischen Sprache betont wurde, organisierten Kongresse, und sie nahmen durch ihre Schriften, insbesondere durch Zeitungsartikel, Stellung zu wichtigen politischen Fragen. Sie behielten jedoch den Charakter religiöser Intellektueller bei, die vor allem durch ihre moralische Wirkung das politische Geschehen beeinflußten. Direkten Einfluß auf die Politik konnten sie daher nur ausüben, wenn sie gemeinsam mit an europäischen Schulen ausgebildeten Persönlichkeiten eine politische Organisation gründeten. Dies geschah in Marokko und führte 1944 zur Gründung der Istiqlal (Unabhängigkeits-) Partei.

III.

Anders war die Lage in Ägypten, wo die Salafiyya-Lehre seit 1928 Grundlage des religiös-politischen Programms der Organisation der Muslimbrüder war. Hasan al-Bannä, der Gründer dieser Organisation, der bis zu seiner Ermordung im Jahre 1949 deren al-Murid (der Unterweiser bzw. Führer) war. gehörte dem Kreis muslimischer Reformer an, der sich um Rad Ridä gebildet hatte. Er wandelte die reformistische Lehre zu einer revolutionären Ideologie um, die ihre Anhänger verpflichtet, sowohl ihr eigenes Leben wie auch das Leben ihrer Gesellschaften im Sinne des Islam neu zu gestalten. Die Muslimbrüder beharren zwar darauf, daß der Islam in seiner alles umfassenden Ganzheit zu leben ist, sind jedoch keine Anachronisten. Auch sie erkennen die Notwendigkeit einer Neugestaltung der ar’a an, unterscheiden sich aber von den Salafiyya-Reformern dadurch, daß sie meinen, daß die Basis der Neugestaltung nicht die Herausbildung neuer theologisch bedingter Lehrmeinungen sein darf, sondern daß sie sich aus der Konfrontation der den wahren Islam lebenden Muslime mit neuen Situationen ergeben müßte. Diese Einstellung bedeutet implizit eine Befreiung von der Zwangsjacke, die das klassische islamische Recht für die islamischen Gesellschaften darstellte. Während die Salafiyya-‘Ulama in den Ländern des Maghreb in den zwanziger und dreißiger Jahren als Gemeinschaften gleichgesinnter Intellektueller in ihren jeweiligen Gesellschaften in Erscheinung traten, wurde die Organisation der Muslimbrüder straff strukturiert. Sie operierte zwar wie eine Geheimpartei, propagierte aber offen ein Programm für die Umgestaltung der islamischen Gesellschaften. In diesem Programm zeigt sich der teils islamische, teils modernistische Charakter der Organisation der Muslimbrüder. Modernistisch ist die Betonung des kooperativen Wesens sowie der Arbeit als einer religiösen Pflicht Als Muslime konnten auch die modernistischen politischen Führer Ägyptens und der Länder des Maghreb die islamische Grundlage der politischen Identität ihrer Länder nicht verleugnen. In der Kolonialzeit erkannten sie das Potential des Islam als Mittel der Massenmobilisierung gegen das Kolonialsystem. Sogar ein ausgeprägter Modemist und Rationalist wie Habib Bourguiba von Tunesien benutzte Symbole der islamischen kulturellen Identität bei der Festigung seiner Stellung als nationalistischer Führer: Im Jahre 1929 veröffentlichte er einen Artikel, in dem er die Verschleierung der Frau als Teil der islamischen kulturellen Identität seines Landes verteidigte Drei Jahre später unterstützte er den Standpunkt des Mufti von Bizerte.der den Erwerb der französischen Staatsbürgerschaft durch tunesische Muslime als Abfall vom Islam verurteilte Als Folge dieser Verurteilung durften diese Muslime nicht auf islamischen Friedhöfen begraben werden, was zu heftigen Auseinandersetzungen mit den Kolonialbehörden führte. Nach der Unabhängigkeit ihrer Länder rechtfertigten Habib Bourguiba und die Herrscher der anderen Länder des Maghreb, ebenso wie Abdel Nasser in Ägypten, ihre uneingeschränkte politische Macht mit der Durchsetzung des in der reformistischen islamischen Lehre implizierten Ziels, dem Aufbau starker islamischer Nationen durch gesellschaftliche und ökonomische Entwicklung den Vorrang in der Politik einzuräumen.

Die reformistische Lehre enthielt nicht nur dieses Ziel, sondern auch die religiöse Rechtfertigung dafür. Diese bestand in der Erhebung des Prinzips der Maslaha (des öffentlichen Interesses) durch Rad Ridä zu einem Grundprinzip der ar’a. Bis zu seiner Zeit hatte Maslaha als ein sekundäres Prinzip der ar’a gegolten, das lediglich dem muslimischen Herrscher erlaubte, aus den in bezug auf ein spezifisches Problem möglichen Interpretationen der ar’a diejenigen auszuwählen, die ihm am ehesten dem öffentlichen Interesse zu entsprechen schienen. Ridä stellte eine Verbindung zwischen diesem Prinzip und einem anderen sekundären Prinzip der ar’a, nämlich „Notwendigkeit macht legal, was verboten ist“ her. Auf diesen beiden Prinzipien stützte er seine Meinung, daß die muslimischen Herrscher berechtigt seien, alle sich bietenden Mittel der modernen Zivilisation auszuschöpfen, um die Macht des Islam wiederherzustellen

Es wäre naiv zu glauben, daß so entschlossene Führer wie Abdel Nasser und Bourguiba, oder auch der weniger charismatische aber dafür frömmere Houari Boumediene von Algerien, sich durch die unter den Religionsgelehrten herrschende Meinung bei der Gestaltung ihrer Entwicklungspläne viel beeinflussen ließen. Das Prinzip der Maslaha erklärt jedoch, warum Abweichungen dieser Herrscher von den Normen der ar’a von den Frommen und Gelehrten ihrer Länder geduldet wurden. Diese Haltung führte jedoch nicht zur Säkularisierung des Nationalstaates, denn sie forderte nicht eine Trennung zwischen Religion und Staat, sondern vielmehr daß „the ‘ulama and religious bodies are denied not only political influence but even autonomy in religion itself“ wie der amerikanische Soziologe Morroe Berger über die religiöse Lage in Ägypten während der Regierungszeit von Abdel Nasser schrieb. Der Staat nahm sich einfach das Recht, den institutionalisierten religiösen Bereich ebenso wie die anderen Bereiche des öffentlichen Lebens zu kontrollieren und sie alle im Interesse der Entwicklung zu lenken.

IV.

Mechanismen und Umfang der Kontrolle des religiösen Bereichs durch den Staat unterscheiden sich von einem Land zum anderen. In Algerien z. B. wurde die in der Kolonialzeit entstandene Kontrolle des Staates über die religiösen Ämter unter Hourai Boumediene (1965— 1978) so entwickelt, daß die religiösen Amtsträger weisungsgebundene Staatsbedienstete wurden. Sie wurden vom Ministerium für Religiöse Angelegenheiten beschäftigt und dermaßen kontrolliert, daß es die Themen, die von den Imäms (Vorbetern) in den Freitagspredigten zu behandeln waren, vorschrieb. Im Jahre 1966 entstand in Algerien ein Oberster Islamischer Rat, dessen Hauptaufgabe darin bestand, auf das islamische Recht gegründete Gutachten über die Entwicklungspläne der Regierung zu erlassen. Das Staatsoberhaupt ernannte die Mitglieder dieses Rates direkt und bestimmte, daß zwischen 1966 und 1978 jeweils beide Vorsitzende dieses Rates Schüler des Reformers Ibn Badis waren. Allerdings führte die Existenz dieses Rates nicht dazu, daß der reformistische Islam die Entwicklungspläne des sozialistischen algerischen Staates bestimmte. Vielmehr bestand sein Zweck darin, einen religiösen Konsens für diese Pläne herzustellen. Die staatliche Kontrolle des religiösen Bereichs war weder in den anderen Ländern des Maghreb noch in Ägypten so ausgeprägt wie in Algerien, dennoch ermöglichte sie den Herrschern auch in diesen Ländern, die Inhaber wichtiger Kult-und religiöser Lehrämter zu Handlangern ihrer Politik zu degradieren. Nur selten verweigerten diese Würdenträger der politischen Führung die Unterstützung der im Namen des nationalen Interesses entworfenen Pläne, obwohl sie bei deren Formulierung nicht gefragt worden waren. So bildet die Haltung des Mufti von Tunis, ‘ayyit, der im Jahre 1960 den Wunsch Bourguibas ablehnte, die arbeitende Bevölkerung in Tunesien vom Fasten im Ramadan zu dispensieren, eine Ausnahme. Allerdings mußte ‘ayyit für seine religiöse Integrität mit dem Verlust seines Amtes bezahlen

Die Unterordnung der Bestimmungen der ar’a unter die Erfordernisse der wirtschaftlichen Entwicklung geschah nicht in der Form, daß die hinderlich erscheinenden Bestimmungen abgelehnt worden wären. Dies wäre einem Abfall vom Islam gleichzusetzen und war deshalb politisch nicht vertretbar. Vielmehr wurden diese Bestimmungen entweder neu ausgelegt oder durch neue Bestimmungen ersetzt, die im Rahmen eines neuen Itihd unter Berufung auf den Koran entstanden sind. Der neue Itihd ist aus frommer islamischer Sicht insofern problematisch, als er nicht von den ‘Ulama anhand der hierfür anerkannten Prinzipien vorgenommen wurde, sondern häufig von den Herrschern selbst oder von modernistischen Intellektuellen. Bei der oben erwähnten Auseinandersetzung zwischen Bourguiba und dem höchsten religiösen Amtsträger Tunesiens im Jahre 1960 handelte es sich um den Versuch des Staatsoberhaupts, seine eigene Auslegung der einschlägigen Bestimmungen der ara durchzusetzen. Demnach ist der Kampf gegen Armut als Variante des Heiligen Krieges zu betrachten, der die Muslime vom Fasten befreit. In Ägypten fanden während der Regierungszeit von Abdel Nasse. r seine sozialistischen Entwicklungspläne ihre religiöse Legitimierung durch eine große Zahl von Schriften, in denen die sozialökonomische Lehre des Islam als Sozialismus dargelegt wurde.

Die Ausübung des neuen Itihds durch die modernistischen Führer zeigt sich auch in Personenstandsgesetzen, die in den islamischen Ländern in den fünfziger und sechziger Jahren erlassen wurden. Durch diese Gesetze versuchten die modernistischen Führer das Familienleben ihrer Gesellschaften nach rechtlichen Normen neu zu ordnen, die den Vorstellungen der gebildeten Schichten, deren Töchter damals schon studierten und Berufe ausübten, entsprachen.

Die Untersuchung dieser Gesetze durch den englischen Rechtswissenschaftler Anderson hat gezeigt, daß es ihr gemeinsames Ziel war, Polygamie und willkürliche Verstoßung der Frau durch ihren Ehemann mindestens einzuschränken, der Frau zu ermöglichen, wegen Grausamkeit oder unerträglicher Behandlung durch den Ehemann die Beendigung der Ehe zu beantragen, und die Verheiratung von Mädchen unter einem bestimmten Alter zu verhindern, ohne jedoch die ara deutlich zu widerlegen. Das tunesische Personenstandsgesetz vom Juli 1956 untersagt die polygame Ehe ganz. Diese Entscheidung wurde durch einen, auf Vers IV. 3 des Koran bezogenen neuen Igtihäd gerechtfertigt. Dieser Vers lautet in der Übersetzung von Paret: „Heiratet was euch an Frauen gut ansteht, (ein jeder) zwei, drei oder vier. Wenn ihr aber fürchtet, (so viele) nicht gerecht zu behandeln, dann nur eine.“ Der tunesische Gesetzgeber übernahm eine Interpretation des Verses IV. 3, die 1899 von dem ägyptischen reformistischen Gelehrten Qasim Amin in seinem Buch Tahrlr al-Mar’a (Die Befreiung der Frau) dargelegt wurde. Demnach wird die gerechte Behandlung von mehr als einer Frau innerhalb der Ehe nicht nur als moralische Pflicht verstanden, sondern als eine Bedingung der Gültigkeit der Institution der polygamen Ehe. Weil aber ein Mann, wie Amin und nach ihm der tunesische Gesetzgeber meinte, mehrere Frauen nicht gleich gerecht behandeln kann, ist Polygamie im Islam verboten.

V.

Wie dargelegt, hielten die führenden Vertreter der Salafiyya in Ägypten am Ende des 19. Jahrhunderts die Reform der ara durch einen neuen Igtihäd, der den neuen Erfordernissen der islamischen Gesellschaften Rechnung tragen sollte, für ein Hauptziel der islamischen religiösen Reform. Nur so würde die ara nicht nur heiliges Recht bleiben, sondern auch zum Staatsrecht der modernen islamischen Staaten werden. Es ist sehr zu bezweifeln, * daß die ‘Ulama, solange sie an den heiligen Schriften des Islam (Koran und Hadite, Sprüche des Propheten) sowie an den klassischen Prinzipien ihrer Auslegung festhielten, in der Lage gewesen wären, eine für das moderne Leben geeignete Formulierung der ara erzielen zu können. Da den reformistischen ‘Ulama keine gesetzgeberische Gewalt übertragen war, blieb ihnen die unmögliche Aufgabe erspart, die ar'a so zu gestalten, daß sie gleichzeitig von den Frommen und von den Konservativen in der islamischen Welt als heiliges Recht hätte akzeptiert werden können. So blieb es, wie bei dem tunesischen Personenstandsgesetz von 1956. dabei, daß ein neuer Itihd nur dann zur Grundlage des Staatsrechts werden konnte, wenn er den modernistischen Vorstellungen der politischen Führung entsprach.

Die tunesischen Soziologen Stambouli und Zghal haben festgestellt, daß die ‘Ulama in den Ländern des Maghreb in der Vorkolonialzeit „la grande culture“, die Kultur der politisch herrschenden Schichten ihrer Gesellschaften vertraten. Die ‘Ulama erfüllten diese Rolle einmal, weil das islamische Recht im Mittelpunkt ihrer Bildung stand, und zum anderen, weil sie selbst zu den höheren Gesellschaftsschichten gehörten. Stambouli und Zghal unterscheiden zwischen dieser „grande culture" und der Kultur der kleinen Leute in den Städten, die durch eine mystische, ekstatische Variante des Islam sowie durch den Aberglauben stark geprägt war Obwohl es diesen Unterschied gab, besaßen die ‘Ulama großen moralischen Einfluß in ihren Gesellschaften, da sie, auch für die kleinen Leute, als Hüter der islamischen religiösen Normen galten. Politische Herrschaft legitimierte sich in den islamischen Ländern in der Vorkolonialzeit weniger durch das strenge Festhalten der Herrscher an den islamischen Normen als dadurch, daß sich die ‘Ulama mit der Autorität des Staates identifizierten. Dies geschah durch ihre Ernennung zu religiösen und politischen Ämtern sowie durch ihre Mitwirkung in den staatlichen beratenden Gremien. In der Kolonialzeit verloren die ‘Ulama ihren Einfluß innerhalb des Staates, stärkten dafür aber ihre moralische Autorität, indem sie als Sprecher der kulturellen Opposition zum Kolonialsystem auftraten. Nach der Unabhängigkeit ihrer Länder konnten die ‘Ulama als Hüter der islamischen Normen nicht mehr ernst genommen werden, nachdem die Herrscher ihnen nur noch eine unterstützende Funktion bei der Durchführung von Entwicklungsplänen zugestanden haben. Auch vertraten sie nicht mehr die Hochkultur ihrer Länder, deren Bastionen sich von den Moscheen auf die nach europäischen Mustern gegründeten Universitäten verlagert hatten.

Der Verfall der moralischen Autorität der ‘Ulama sowie ihres sozialpolitischen Einflusses hatte zur Folge, daß die religiöse Solidarität der nationalen Gemeinschaft keine Stütze mehr für die Autorität des Staates war. Sie wurde im Gegenteil zu einer potentiellen Quelle der Opposition zum Staat. Denn die Entwicklung des religiös-sozialen Bewußtseins der Mehrheit der Bevölkerung des Maghrebs sowie Ägyptens in den Jahren nach der Unabhängigkeit wurde weder durch die konservative und mäßigende Religiosität der ‘Ulama noch durch die modernistischen Bestrebungen der politischen Führer maßgebend bestimmt. Die modernistische, säkulare Einstellung wurde durch eine kleine Elite von Technokraten, die im Dienst des Staates oder im modernen Wirtschaftssektor tätig waren, vertreten. Zwar hatte diese Elite politische und wirtschaftliche Macht, was das religiös-soziale Leben der Mehrheit ihrer Mitbürger betraf aber nur eine marginale Stellung. Die von den ‘Ulama an den Moscheen und an den mit ihnen assoziierten religiösen Hochschulen angebotene Ausbildung verlor ihre Attraktivität, einmal weil der gesellschaftliche Einfluß der ‘Ulama abnahm, und weil außerdem klar wurde, daß die Berufschancen für Absolventen dieser Art der Ausbildung im Schwinden begriffen waren. Das sozial-religiöse Bewußtsein der Mehrheit der städtischen Bevölkerung in den Ländern des Maghreb sowie in Ägypten siedelte sich in der Mitte zwischen der modernistischen, säkularen Einstellung der neuen Eliten und der traditionsorientierten, durch die klassische religiöse Lehre geprägten Einstellung der ‘Ulama an und ist von beiden nur oberflächlich beeinflußt. Die Vertreter der neuen religiös-sozialen Einstellung sind Intellektuelle, die aus dem einfachen Volk stammen und eine moderne Ausbildung genossen haben. Ihre Einstellung ist durch die einfache, vom Mystizismus durchdrungene Religiosität der kleinen städtischen Leute sowie durch die Hoffnung auf ein besseres Leben geprägt, die ihre Gesellschaften in die politische Befreiung und rapide wirtschaftliche Entwicklung gesetzt hatten. Potentiell ist diese Einstellung revolutionär, weil sie der Autorität der modernistischen politischen Führer die religiöse Legitimität abspricht und ihr Recht zu regieren davon abhängig macht, ob sie fähig sind, die nationale Befreiung und wirtschaftliche Entwicklung erfolgreich voranzutreiben.

Diese religiös-politische Haltung bildet eine Grundlage der islamistischen Ideologie. Soziologisch gesehen stellt diese Ideologie mit ihren verschiedenen Varianten einen Kriegsruf der unterpriviligierten städtischen Schichten gegen die politisch-wirtschaftlichen Systeme dar, die sich nach der Unabhängigkeit etablierten, und die ihnen keine Hoffnung mehr auf eine bessere Zukunft geben. Die religiösen Komponenten dieser Ideologie haben sich auf dem Boden der Salafiyya-Lehre entwickelt. Es fällt auf, daß sich die Islamisten über die sozialpolitischen Komponenten einer neuen islamischen Ordnung nicht einigen können, obwohl sie sich alle aufden gleichen „wahren“ Islam berufen. Verschiedene Aspekte einer möglichen islamischen Ordnung werden in der ausgedehnten islamistischen Literatur behandelt: wirtschaftliche Ordnung, Steuer, staatliche beratende Organe (ra), Recht. Stellung der Frau etc. Auch wenn die gleichen Koran-Stellen zitiert werden, sind doch die Schlußfolgerungen, die aus ihnen gezogen werden, häufig sehr unterschiedlich. Dies läßt sich dadurch erklären, daß die islamistische Literatur nicht von religiösen Gelehrten verfaßt wird, die sich den altbewährten Methoden der Koran-Exegese und des Itihäd verpflichtet fühlen. Die islamistische Literatur wird von modernen Intellektuellen geschrieben, die nicht mehr wie die Gelehrten der klassischen Epoche des islamischen Rechts im 8. und 9. Jahrhundert versuchen, eine für alle Zeiten gültige Verfassung für die islamische Gesellschaft festzuschreiben. Statt dessen entwerfen sie Lösungen für spezifische Probleme ihrer Länder und interpretieren die islamischen Heiligen Schriften, wie es der Kampf gegen die herrschenden sozialen, wirtschaftlichen und politischen Strukturen erfordert. Die von den Islamisten entworfenen Lösungen auch für wirtschaftliche Probleme müssen vor allem deshalb islamisch sein, weil sie das religiös-politische Bewußtsein der gesellschaftlichen Schichten vertreten, denen die nach europäischen Mustern konzipierten staatlichen und wirtschaftlichen Strukturen keine greifbaren Vorteile gebracht haben.

VI.

Wie oben dargestellt, hat das Ziel der nationalen Bestätigung große Bedeutung für die islamistischen Bewegungen. Hauptsächlich in bezug auf dieses Ziel entstehen Gemeinsamkeiten unter ihnen, weil sie alle sich mit der Macht der europäischen Länder und der USA sowie mit der Herausforderung ihrer religiös-nationalistischen Gefühle durch die Existenz des Staates Israel auseinanderzusetzen haben. Deshalb stellte der Sieg Israels im Jahre 1967 einen Wendepunkt für die Bedeutung der islamistischen Ideologie dar. Wo es vor 1967 organisierte islamistische Gruppen gab, konnten diese im Zaume gehalten werden. In Ägypten z. B. ging die Organisation der Muslimbrüder in die Opposition zum revolutionären Regime Abdel Nassere kaum ein Jahr nach seiner Entstehung, als klar wurde, daß Abdel Nasser nicht bereit war, seine Herrschaft auf der Grundlage des Islam zu errichten. Als Antwort darauf wurde die Organisation im Januar 1954 offiziell aufgelöst. Als am 26. Oktober 1954 ein Mitglied der Organisation ein Attentat auf Abdel Nasser verübte, reagierte die Regierung mit großer Härte: Ein Volksgericht sprach Todesurteile und Freiheitsstrafen gegen mehr als 1 000 Mitglieder der Organisation aus. Weitere Verhaftungen folgten später und im August 1966 wurden noch einmal sieben Mitglieder der Organisation zum Tode verurteilt. Erst nach dem Tod Abdel Nassere im Jahre 1970 erholte sich die Organisation der Muslimbrüder und prägte von da an zusammen mit neu entstandenen islamistischen Gruppen die politische Szene Ägyptens maßgebend. Änwar es-Sadat, der Nachfolger Abdel Nassere, versuchte wohl den Islamisten den Wind aus den Segeln zu nehmen, indem er demonstrativ, wenn auch selektiv, eine Politik weitgehender Identifizierung des Staates mit dem Islam verfolgte.. Trotzdem wurde er am 6. Oktober 1981 von Hälid Istanbuli, einem Mitglied der islamistischen Gruppe Tanzlm al-ihd (Organisation des Heiligen Krieges) ermordet, kurz nachdem er den Friedensvertrag mit Israel unterzeichnet hatte.

Trotz der Bedeutung der nationalen Bestätigung für die Islamisten, weisen mehrere Indizien auf einen Zusammenhang zwischen ihrem Auftreten als organisierte religiös-politische Kräfte und der wirtschaftlichen Misere der städtischen Massen hin. Grzeskowiak schreibt mit Bezug auf die in Ägypten nach 1970 entstandenen islamistischen Gruppen, daß der religiöse Extremismus dieser Gruppen vor allem bei den Millionen armer Menschen, die ohne soziale Einbindung und ohne gesicherte Existenzgrundlage in den Städten leben, auf fruchtbaren Boden fiel 15). In Tunesien führte die Wirtschaftskrise der späten siebziger Jahre zum Zusammenschluß der Islamisten in der Mouvement de la Tendance Islamique (MTI) In den Absätzen sechs und sieben ihres im Juni 1981 veröffentlichten Programms verpflichtet sich die MTI, Formen und Ursachen sozialer Ungerechtigkeit aufzudecken und islamische Lösungen für sie zu finden. Sie verpflichtet sich auch dazu, die armen Massen, seien sie Arbeiter oder Bauern, im Kampf gegen die sie dominierenden Kräfte zu unterstützenl

Die islamistischen Bewegungen sind sozialpolitisch revolutionär. Sie sind auch modernistisch, eine Tatsache die sich u. a. darin zeigt, daß die Mehrheit ihrer Anhänger jüngere Intellektuelle, häufig noch Studenten sind, sowie darin, daß die Studenten der Naturwissenschaften eine bedeutend wichtigere Rolle in diesen Bewegungen spielen, als Studenten der islamischen religiösen Fächer. Bis jetzt konnten die politischen Führer keine wirksamen Mittel zur Bekämpfung dieser Bewegungen finden. Zwar betonen die politischen Führer ihre Verpflichtungen dem Islam gegenüber sowie die Rolle des Staates bei der Pflege des islamischen religiösen Erbes ihrer Gesellschaften, aber sie wissen auch, daß sie dadurch den Einfluß der islamistischen Bewegungen nicht ausschalten können. Denn auch die politischen Führer erkennen, daß die Islamisten eine Protestbewegung u. a. gegen wirtschaftliche Umstände darstellen, für die sie keine rasch wirksamen Lösungen haben. Weder können die politischen Führer ihre Abhängigkeit von den Industrieländern im wirtschaftlichen Bereich aufgeben, noch die modernistischen, säkularisierten Eliten in ihren Ländern, auf deren Loyalität sie für das politische Überleben angewiesen sind, übergehen, um damit den Islamisten in zentralen Fragen entgegenzukommen. So spielen sie auf Zeit, offensichtlich weil sie hoffen, daß sich die wirtschaftliche Lage in ihren Ländern ohne weitgehende strukturelle Änderungen bessern wird. Zum andern hoffen sie, daß die Islamisten durch innere Streitigkeiten und durch ihre Unfähigkeit, überzeugende Lösungen für die dringenden Probleme ihrer Länder anzubieten, ihre Popularität bei den Massen verspielen werden.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Vgl. B. Etienne, L’islamisme radical, Paris 1987, S. 108.

  2. Vgl. A. Hourani. Arabic thought in the liberal age. London 1962.

  3. Vgl. M. Bennabi, Vocation de I’Islam, Paris 1954, S. 76-85.

  4. Vgl. A. at-Tälib (Hrsg.), Ibn Badis: Hayätuhu wa’ätaruhu, Bd. 3, Algier 1968, S. 233-237 und 483.

  5. Vgl. I. P. Halstead. Rebirth of a nation: the origins and rise of Moroccan nationalism, 1912— 1944, Cambridge, Mass. 1967, S. 178-190.

  6. Vgl. J. M. Abun-Nasr, Islam und die algerische National-identität, in: Die Welt des Islam, Bd. 18, 1978, S. 181 ff.

  7. Vgl. A. M. Green, The Tunisian Ulama, 1873— 1915, Leiden 1978, S. 185ff., 208.

  8. Vgl. R. P. Mitchell. The society of the Muslim Brothers. London 1969.

  9. Vgl. M. Bourguiba. Articles de presse, 1929— 1934, Tunis 1974, S. 3f.

  10. Vgl. ebd.. S. 355 ff.

  11. Vgl. A. Hourani (Anm. 2), S. 233 f.; M. Kerr, Rasid Rida and Islamic legal reform, in: The Muslim World. Bd. 10. 1960.

  12. M. Berger, Islam in Egypt today. Cambridge 1970. S. 128.

  13. Vgl. F. Hours, A Propos du Jeune du mois de Ramadan enTunisie, in: Orient. (1960) 4; J. Gentz, Tunesische Fotwas über das Fasten in Ramadan, in: Die Welt des Islams. Bd. 7, 1961.

  14. Vgl. F. Stambouli/A. Zghal. La Vie urbaine dans le Maghreb precolonial. in: Annuaire de l’Afrique du Nord. Bd. 11, 1972, S. 205-212.

  15. Vgl. M. Grzeskowiak, Extremistische islamische Gruppierungen in Ägypten nach 1970, in: Asien, Afrika und Lateinamerika, Bd. 8, 1980, S. 673.

  16. Vgl. S. Faath, Islamische Agitation und staatliche Reaktion in Tunesien, in: Wuquf: Beiträge zur Entwicklung von Staat und Gesellschaft in Nordafrika. Bd. 2, 1987, S. 21.

  17. Vgl. N. R. Keddie, The Islamist movement in Tunesia, in: The Maghrib Review, Bd. 11, 1986, S. 39.

Weitere Inhalte

Jamil M. Abun-Nasr, Dr. phil., geb. 1932 in Bassa, Palästina; Studium der Geschichte des Nahen Ostens an der Amerikanischen Universität von Beirut (1954— 1958) und der Orientalistik an der Universität Oxford (1958— 1961); Lehrtätigkeit an der Amerikanischen Universität von Beirut sowie an den Universitäten Harvard (USA), Sierra Leone, Ibadan (Nigeria) und der Freien Universität Berlin; seit 1985 Lehrstuhl für IslamWissenschaft unter besonderer Berücksichtigung Afrikas an der Universität Bayreuth. Veröffentlichungen u. a.: A History of the Maghrib, Cambridge 19752; A History of the Maghrib in the Islamic Period, Cambridge 1987; zahlreiche Artikel in Fachzeitschriften.