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Die gespaltene Nation Das Geschichtsbewußtsein der Deutschen nach der Einheit | APuZ 31-32/1992 | bpb.de

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APuZ 31-32/1992 Artikel 1 Die gespaltene Nation Das Geschichtsbewußtsein der Deutschen nach der Einheit Vom Nutzen und Elend der Nationalismen im Leben von Völkern Europa im Aufbruch zu einer neuen Gemeinsamkeit

Die gespaltene Nation Das Geschichtsbewußtsein der Deutschen nach der Einheit

Werner Weidenfeld/Felix Philipp Lutz

/ 55 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Der Prozeß der Einigung Deutschlands wird langfristig belastet werden durch eine Spaltung der Einstellungen in der Bevölkerung in Ost und West. Das jeweilige individuelle und kollektive Geschichtsbewußtsein der Menschen unterscheidet sich tiefgreifend voneinander. Das betrifft sowohl die Inhalte als auch die Verarbeitungsmuster von Geschichte. Im Westen dominieren der Nationalsozialismus sowie die Grün-dungs- und Aufbauphase der Bundesrepublik, während im Osten vorrangig die Geschichte der DDR erinnert wird und verarbeitet werden muß. Die zukünftige Geschichtsinterpretation und Historiographie über die Ex-DDR entscheidet über die Stigmatisierung und Kriminalisierung mehr oder weniger großer Bevölkerungsgruppen in den neuen Bundesländern und erweist sich daher als politischer Faktor von großer Bedeutung. Systempatriotismus und Stolz auf den erarbeiteten Wohlstand sind hingegen wichtigste Bestandteile des Geschichtsbewußtseins der Westdeutschen. In den neuen Bundesländern ist eine positive Grundeinschätzung der Idee des Sozialismus noch tief verwurzelt. Zusammen mit dem Mythos des Antifaschismus und anderem SED-Gedankengut wird einerseits eine endgültige Aufarbeitung des Nationalsozialismus blockiert und andererseits eine Tendenz zur Verklärung des SED-Staates deutlich. Das Geschichtsverständnis der SED und das der Bevölkerung klafften weit auseinander. Die aktuellen Ängste, Vorurteile und Einstellungen der Deutschen in Ost und West zueinander aber fördern eher eine Sichtweise, in der sich die Ostdeutschen stärker mit der ehemaligen DDR identifizieren als mit der Bundesrepublik. Dies färbt ab auf das Geschichtsbewußtsein und führt zu Versuchen, in der untergegangenen DDR verstärkt Positives zu sehen. Der SED-Staat hat in den Köpfen der Menschen von der alten sozialistischen Ideologie geprägte Deutungsmuster und Begriffswelten hinterlassen, die noch lange fortwirken werden. Zusammen mit der „NichtKommunizierbarkeit der DDR“ werden sich wohl noch für die Dauer mindestens einer Generation Verständnis- und Verständigungsschwierigkeiten zwischen den Deutschen in Ost und West ergeben.

I. Geschichtsbewußtsein als politischer Faktor

Typologie der Verarbeitungsmuster

Die Vergangenheit läßt die Deutschen nicht zur Ruhe kommen. Fast 50 Jahre nach Auschwitz, 43 Jahre nach der Gründung zweier deutscher Staaten und zwei Jahre nach dem Ende der letzten deutschen Diktatur beschäftigen sich die Deutschen intensiv mit ihren Vergangenheiten. Der Nationalsozialismus und die SED-Diktatur spalten die Deutschen in Generationen, in Täter und Opfer, in Mitwisser und Aufklärer, in Väter und Söhne, in Belohnte und Bestrafte, in reiche Onkel und arme Brüder und schließlich ganz Deutschland in „Ost“ und „West“.

Die Gründe und Motivationen für die Auseinandersetzungen sind so vielfältig wie die Themen und Gebiete, auf denen diese ausgetragen werden. Doch nicht nur die Aufarbeitung der DDR-Geschichte belastet den Umgang miteinander. Auf vielen Ebenen unterscheiden sich die Einstellungen und Orientierungen der Deutschen in Ost und West deutlich voneinander. Der „europäische Mentalitätsbruch“ trennt nicht nur Ost-von Westeuropa, er verläuft vielmehr mitten durch Deutschland. In zentralen Bereichen wie Lebens-zufriedenheit Sicherheit und Ordnung und in „deutsch-deutschen Kernfragen“ gehen die Meinungen der Deutschen in Ost und West auseinander.

Der aktuelle Prozeß des Zusammenwachsens der neuen und alten Bundesländer wirkt sich in beiden Teilen Deutschlands sehr unterschiedlich aus. Die staatliche Finanzkrise und eine wirtschaftliche Rezession bedrohen die zukünftige Entwicklung, haben bis zum jetzigen Zeitpunkt aber noch keine schwerwiegenden existentiellen Auswirkungen auf die Einkommen und den Besitzstand der Westdeutschen gehabt. Die Situation in der Phase der Befragungen für diese Untersuchung in den westlichen Bundesländern vom Sommer 1989 bis zum Frühjahr 1991 war vielmehr gekennzeichnet durch politische und ökonomische Stabilität, scheinbar unerschütterlich auch durch die gewaltigen finanziellen Ressourcentransfers in den Osten. Noch stabiler als die wirtschaftliche erscheint die politische Lage

Die Untersuchung fand in ihren ersten Teilen am Ende einer 40jährigen Epoche des Kalten Krieges statt, die durch die Stichworte „Nachkriegsdeutschland“ und „Zweistaatlichkeit“ charakterisiert war. Vor diesem Hintergrund ist dies auch eine Bestandsaufnahme einer historischen Phase, die unwiderruflich vorbei ist. Die alten Wahrheiten und Konzepte sind obsolet und gelten nicht mehr -im Osten, aber auch im Westen. Das Geschichtsbewußtsein der Westdeutschen hat diesen Umbruch -zumindest bis zu den vorläufig letzten Erhebungszeitpunkten im Februar und September 1991 -fast unverändert überstanden; ein Zeichen für die Stabilität der politischen Kultur der alten Bundesrepublik, aber auch vielleicht ein problematisches Signal bezüglich der in solchen Zeiten notwendigen Flexibilität und Lernfähigkeit. Ganz anders in den fünf neuen Bundesländern: Hier hat ein historischer Bruch stattgefunden; eine Neuorientierung ist allein schon aufgrund der dramatisch veränderten äußeren Umstände eine zwingende Notwendigkeit für jeden einzelnen. Dies färbt die Auseinandersetzung mit der individuellen und kollektiven Vergangenheit. Der Prozeß der Verarbeitung der allerjüngsten Geschichte, und damit auch die Einordnung der eigenen (DDR-) Vergangenheit in das Selbstkonzept der Befragten, war zum Zeitpunkt der Datenerhebung keineswegs abgeschlossen. Die Untersuchung fand bei den Bürgern der ehemaligen DDR in einer Situation tiefgreifender Verunsicherung ja sogar der Identitätskrise statt. Erhoben wurde ein Geschichtsbewußtsein im Umbruch. Die im folgenden aufgezeigten Ergebnisse stellen daher -soweit sie sich auf die neuen Bundesländer beziehen -eine Momentaufnahme dar, die einen Prozeß der Bewußtseinsänderung abbildet. Der Prozeß der Umorientierung, die Verunsicherung und Widersprüchlichkeit sowie die vorhandenen ambivalenten Gefühle der Befragten werden auch in dem erhobenen Material deutlich.

Datenlage und Forschungsziele: Im Rahmen des Projekts „Geschichtsbewußtsein in Deutschland als politischer Faktor“ werden die relevanten Strukturen und Inhalte individueller historischer Verarbeitungsmuster der Bevölkerung in den alten und neuen Bundesländern erforscht. Darüber hinaus sollen Einstellungen und Orientierungen gegenüber ausgewählten historischen Ereignissen oder Epochen abgebildet werden. Ein weiteres Ziel besteht darin, die Zusammenhänge zwischen dem Geschichtsbewußtsein der Menschen und der politischen Kultur in Deutschland herauszuarbeiten, wobei besonderes Gewicht auf den Wechselwirkungen von Vergangenheitsdeutungen und Gegenwartsinterpretation sowie daraus abgeleiteten Zukunftsvorstellungen liegt.

Insgesamt wurden in den alten und neuen Bundesländern ca. 250 Personen in speziellen Gruppen und in Einzelgesprächen zum Thema interviewt. Zusätzlich haben wir in den alten Bundesländern auf der Grundlage der daraus gewonnenen qualitativen Befunde eine Repräsentativbefragung mit 2000 Personen durchgeführt. Kapitel II beschreibt stichwortartig einige Ergebnisse aus den qualitativen Untersuchungen in Ost und West. Kapitel III zeigt -stark verkürzt -eiqe empirische Landkarte des Geschichtsbewußtseins in den westlichen Bundesländern auf der Grundlage multivariater Datenanalysen des Materials aus der Repräsentativ-befragung.

Die wichtigste Auswertungsgrundlage stellen die in knapp 200 Fällen durchgeführten Explorationsgespräche oder narrativen Interviews dar Nur das offene oder narrative Interview gibt als eine Form der nachgefragten Erzählung Auskunft darüber, was aus der Sicht des Befragten zu einem Thema relevant erscheint. Die wirklichkeitsgetreue, möglichst unverfälschte Feststellung psychischer Gegebenheiten wie Vorstellungen, Meinungen, Ein-% Stellungen und Erinnerungen setzt auf seiten der Interviewten Gedächtnisleistung, Selbstbeobachtung, Introspektion und ausreichend verbale Ausdrucksgelegenheiten voraus, die nur in der offenen Interviewsituation gegeben sind. Die Exploration hat den Befragten Gelegenheit gegeben, über sich selbst, über die eigenen privaten und politischen Bedürfnisse, über spezielle Abschnitte und Aspekte der deutschen Geschichte und der Geschichte allgemein sowie über ihre Zukunftsperspektiven und eigenen Gestaltungs-und Teilhabe-möglichkeiten in Gesellschaft und Politik zu reden.

II. Die gespaltene Nation: Zwei Gesellschaften, zwei Vergangenheiten und zwei Geschichtskulturen

1. Der individuelle Zugang zu Geschichte

Geschichtsbewußtsein als Prägemuster aus dem Zusammenhang von Vergangenheitsdeutung, Gegenwartsverständnis und Zukunftsperspektive versucht, erfahrungsgesättigtes Wissen um die menschliche Vergangenheit zur Deutung dessen, was gerade geschieht und was von der Zukunft erwartet werden kann, zu mobilisieren Geschichtsbewußtsein erlaubt einer Person, „die gegenwärtige Lebenspraxis in der Zeit zu orientieren“ und ermöglicht damit historische Identitätsbildung

Geschichtsbewußtsein konstituiert sich durch soziale Interaktion, gesellschaftliche Vermittlungsprozesse und durch die psychologische Verarbeitung jeweils eigener biographischer wie auch politisch-gesellschaftlicher Erfahrungen Geschichtsbewußtsein entsteht aber nicht nur langfristig sozialisationsbedingt, sondern ist auch in sehr starkem Maße von situativen Erfahrungen abhängig. Erfahrungen, die eine Neuinterpretation oder eine Neuordnung bestehender Deutungsmuster erfordern, können zur Begründung bzw. Verfestigung von bisher nicht in der Persönlichkeit verankerten Werten, Geschichtsbildern und Orientierungen führen. Solche Erfahrungen sind „nicht nur biographisch konstruiert, sie können nur tatsächlich erlebt werden“

Karl Mannheims Generationenansatz geht davon aus, daß gemeinsame prägende historische Erfah­ rungen einer Altersgruppe zu langfristig stabilen Einstellungen und Verhaltensweisen führen. Im Verlauf des Lebensalters der derzeit in ganz Deutschland lebenden Generationen hat es eine ganze Reihe von Ereignissen oder Epochen gegeben, die nach Mannheim eine entsprechende sozialisatorische Wirkung auf die jeweiligen Altersjahrgänge gehabt haben. Solche Ereignisse -wie z. B.der Zweite Weltkrieg, das Kriegsende, die Währungsreform, die Gründung der DDR usw. -finden sich entsprechend in den Aussagen der Interviewpartner wieder.

Drei analytische Kategorien spiegeln den unterschiedlichen Grad an persönlicher Betroffenheit jedes einzelnen im Zuge des jeweils Erlebten oder Gelernten wider. Der Grad der individuellen Betroffenheit hängt ab von dem Maße, in dem die Konfrontation mit Geschichte oder mit historischen Ereignissen in die eigene Biographie eingreift. Die direkte, eigene Erfahrung hat somit entscheidende Bedeutung für das Geschichtsbewußtsein einer Person -Der existentielle Zugang zu Geschichte entsteht aus einer Veränderung der eigenen Lebenslage.

Dies kann die Erfahrung des Zweiten Weltkrieges als Frontsoldat sein, die Vertreibung aus den Ostgebieten, das Erleben von Bomben-nächten in deutschen Städten, aber auch das Erleiden von Hunger nach dem Krieg oder die Jahre des Wiederaufbaus. Entscheidend ist das eigene unmittelbare und existentielle Betroffensein. Auch der Alltag in der DDR war bestimmt durch existentielle Lebenslagen. Angefangen beim Schlangestehen und Organisieren bis hin zu den Folgen unbedachter Äußerungen oder zu -aus der Sicht des Systems -„falschen Freunden“; es gab viele wichtige und nebensächliche Dinge in der DDR, die einen Menschen in Opposition zum SED-Regime bringen konnten und die nicht nur dadurch existentielle Bedeutung erlangten. -Der emotionale Zugang entsteht aus einer Verunsicherung des Selbstkonzepts einer Person. Die Erfahrung, aus der diese Verunsicherung entsteht, hat keinen zwangsläufig verändernden Eingriff in den Lebensalltag des Betroffenen zur Folge. Die Veränderung entsteht vielmehr durch die Konsequenzen, die aufgrund einer entsprechenden Interpretation bzw. Deutung eines Ereignisses von der Person gezogen werden (können). Diese „stimulierte“ Betroffen-heit mündete bei den Befragten in Konflikte über ganz unterschiedliche Probleme. So wurde etwa ein Westdeutscher im Verlauf eines Auslandsaufenthaltes als „Nazi-Schwein“ beschimpft. Diese persönliche Kränkung „zwang“ den Betroffenen zu einer Auseinandersetzung mit einer für ihn selbst bisher nicht in dieser Form problematisierten Epoche der deutschen Geschichte. -Der intellektuelle Zugang reflektiert sowohl Neugier und Interesse, sich mit ganz bestimmten historischen Themen auseinanderzusetzen, als auch die Vermittlung und die Repräsentation von Schulwissen im Bewußtsein der Befragten. Solche Wissensbestände finden aber nur dann Eingang in das Geschichtsbewußtsein, wenn eine Betroffenheit gegeben ist, die das Individuum veranlaßt, dieses Wissen im Prozeß des reflexiven Umgangs mit Geschichte zu verarbeiten. So wurde beispielsweise für einen Befragten die Rede von Bundespräsident Richard von Weizsäcker am 8. Mai 1985 zu einer Möglichkeit, Klarheit über spezifische Aspekte des Nationalsozialismus zu erlangen und diese im eigenen Selbstkonzept einzuordnen.

Das Veränderungspotential eines Kontakts mit Geschichte oder das Ausmaß, in welchem ein historisches Ereignis oder veränderte Lebensbedingungen in die Biographie eingreifen, bestimmt den Zugang einer Person zur Vergangenheit. Erlebte und tradierte Geschichte ist dabei zuerst nicht mehr als das Rohmaterial, das im Zuge einer selektiven und situationsbezogenen Aneignung verarbeitet wird. Die Vergangenheit wird aus der Sicht der Gegenwart gesehen, erzählt und durch die Art des Erzählens interpretiert. Damit können Werte und Einstellungen, über die der Befragte vor vielen Jahren noch nicht verfügte, in die eigene Vergangenheit hineingelegt werden. Gravierende Einschnitte und Veränderungen in der eigenen Biographie können aber -als reine Fakten -nicht interpretiert werden.

Obwohl alle drei Zugangskategorien bei allen Altersgruppen möglich sind, zeigt die Analyse, daß nur die beiden ältesten Generationen im Westen -in Einzelfällen auch die Generation der „ 68er“ -über alle drei Zugänge verfügen. Diese Erkenntnis ist auf den ersten Blick trivial, da es seit 1945 keine mit der Epoche des Dritten Reiches vergleichbaren Ereignisse mehr gegeben hat. Doch überrascht gleichzeitig, daß die Geschichte der Bundesrepublik -mit Ausnahme der Nachkriegs-und der Auf-baujahre -für die Befragten nur schwer in Beziehung zu setzen ist mit dem eigenen Leben. Es sind also nicht so sehr Ereignisse, die Orientierungspunkte zum Geschichtsbewußtsein liefern, sondern vielmehr die alltäglichen Lebensumstände, welche die Vermittlung und die Internalisierung von Ereignissen, von Werten und Einstellungen unterstützen. Oder anders formuliert: Den „erfahrenen“ Wertsystemen der Alten stehen die „erlernten“ Wertsysteme der Jungen gegenüber. Für die Ostdeutschen trifft diese Unterscheidung nicht zu. Die Lebensumstände in der DDR waren für alle gleichermaßen existentiell.

Neben den herkömmlichen Arten der Sozialisation bzw.der Tradierung von gesellschaftlichen Wert-systemen hat sich das kollektive Wertsystem der Alt-Bundesbürger in herausragendem Maße durch die existentiellen „Erfahrungen“ im Nationalsozialismus begründet, während die Ex-DDR-Bürger ihre Sozialisation und ihr Geschichtsbewußtsein vorwiegend aus der DDR-Geschichte und dem DDR-Alltag ableiten.

2. Gegenwerts-und Vergangenheitsorientierung

Vor dem Hintergrund der geschilderten aktuellen Situation, die für Ost-und Westdeutsche jeweils verschiedene Alltagsrealitäten und Lebensumstände bedeuten, ist auch die grundlegende Orientierung des Geschichtsbewußtseins jeweils eine andere. In den alten Bundesländern ist der Nationalsozialismus die Epoche, mit der man sich vorrangig auseinandersetzt. Die Geschichte der Bundesrepublik dagegen ist eine „Erfolgsstory“, die nicht psychologisch verarbeitet werden muß. Hier liegen Identifikationsmöglichkeiten, und hier ist die Quelle für den Stolz und die Zufriedenheit mit den gegenwärtigen Lebensumständen. Diese Zufriedenheit und die Tatsache, daß das Thema Nationalsozialismus für viele keine individuellen psychologischen Probleme mehr verursacht, ermöglicht auch die Heranziehung von weiter zurückliegender Geschichte zur Erklärung und Verortung der gesellschaftlichen und individuellen Gegenwart.

Für die Ostdeutschen gilt dies nicht Die Vergangenheit, die hier vorrangig zu verarbeiten ist, weil sie in das Selbstkonzept eingeordnet werden muß, ist die DDR-Geschichte. Der Umbruch stellt einen weiten Bereich alltäglicher Sachverhalte in Frage, die Verhaltenssicherheit und Schutz garantierten. Aber auch das Selbst muß jeweils neu verortet werden. Die Wahrung der eigenen Identität ist sogar für diejenigen schwierig, die sich bezüglichihrer politisch-gesellschaftlichen Vergangenheit nichts vorzuwerfen haben. Die alten Wertstrukturen, Glaubenssätze und Wahrheiten gelten nicht mehr. Die neuen Regeln werden importiert von den Westdeutschen und erfordern Anpassung und Initiative, wenn man nicht Gefahr laufen will, ökonomisch an den Rand gedrängt zu werden. Die Verarbeitung dieser Situation orientiert sich an ihrem ideologischen und historischen Rahmen, der durch die Geschichte der DDR und der eigenen Lebensgeschichte in der DDR vorgegeben ist.

3. Antifaschismus und Nationalsozialismus

Der Nationalsozialismus dient den Westdeutschen quer durch alle Altersgruppen und politischen Lager als Negativfolie und als Herleitungsinstanz des jeweiligen Gegenwartsverständnisses. Die Existenz der die Gegenwart und den Alltag bestimmenden Bundesrepublik muß im Gegensatz zur DDR nicht gerechtfertigt werden. Der Nationalsozialismus ist daher primär Referenzpunkt im Sinne von: „Am Anfang war der Krieg, das Dritte Reich“. Die Bundesrepublik als Antithese und Lehre aus der Geschichte ist vor allem mit den fünfziger Aufbaujahren zum Bestandteil des Geschichtsbewußtseins geworden, als Quelle von Stolz und Zufriedenheit mit dem Erreichten.

Das Geschichtsbewußtsein der Menschen in den neuen Bundesländern ist hingegen stärker prozeßhaft orientiert. Hier muß gerechtfertigt und erklärt werden, was für die Westdeutschen nicht so stark zutrifft. Um zumindest Teile der eigenen Biographie und Identität über den Zusammenbruch hinaus zu retten, werden positive Elemente in der Geschichte der DDR gesucht. Dies sind vor allem der Antifaschismus und die Idee des Sozialismus. Nationalsozialismus und Judenvernichtung spielen nicht annähernd die gleiche Rolle wie im Westen, als Referenzpunkt zur Gegenwart haben sie nur geringe Bedeutung Der Antifaschismus ist der legitimatorische Steinbruch, aus dessen Reservoir der Glaube an das prinzipiell Gute in der DDR abgeleitet wird. Die DDR wird als das Land betrachtet, das aus der Widerstandsbewegung hervorgegangen ist und einen konsequenten Bruch mit der NS-Vergangenheit vollzogen hat, was für die Bundesrepublik so nicht zutreffe. Das andere, das bessere Deutschland, das der Widerstand symbolisiert, sei mit der Gründung der DDR Realität geworden. In diesen Zusammenhang werden -in bewußter Abgrenzung zur „BRD“ -die gründliche Entnazifizierung, die ständige Aufklärungsarbeit über den Faschismus und seine Ursachen sowie die antifaschistische Erziehung der Kinder gestellt.

Obwohl sich viele Befragte auch enttäuscht darüber äußern, wie stark der Antifaschismus als Aushängeschild instrumentalisiert wurde, wie weit sich die Staatsführung von den selbst propagierten Idealen des Antifaschismus entfernt habe und wie unglaubwürdig dies im Laufe der Zeit wurde, halten viele trotzdem an dem positiven Gründungsmythos Antifaschismus fest. Der Antifaschismus hat damit gleichzeitig auch einer tiefreichenden Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus im Wege gestanden

4. Wende und Einheit

Die Veränderungen auf der internationalen Ebene im Zuge der Politik Gorbatschows gaben Anlaß zu Hoffnungen, daß auch in der DDR Wandel möglich sein würde. Die Schnelligkeit der Ereignisse und die Wende selbst kamen überraschend, man fühlte sich überrollt von den Entwicklungen. Die überwiegende Zahl der Ostdeutschen begrüßte zwar den Zusammenbruch des alten Systems, nicht alle aber waren uneingeschränkt für die Wiedervereinigung mit der Bundesrepublik; umgekehrt gab es eine beträchtliche Zahl von Westdeutschen, die sagten, daß die Einheit Deutschlands sie nicht interessiere. Fast einstimmig wird als Ursache für das Scheitern der DDR die Mißwirtschaft angesehen. Andere Gründe werden in der Entwicklung in der Sowjetunion und in Ungarn und Polen gesehen. Außerdem wurde auch das neue Verhältnis zwischen den USA und der Sowjetunion seit den Treffen von Gorbatschow mit Präsident Reagan hinzugerechnet. Vor diesem Hintergrund „konnte man riskieren, zu Demonstrationen zu gehen und mußte nicht das Eingreifen der Sowjet-Armee befürchten“.

Diejenigen, die sich eine reformierte DDR vorstellen konnten, sahen die Einheit als Zwangsjacke an; für sie war Modrows Konzept einer Föderation die bessere Alternative. Die Einheit wird von vielen auch als Übernahme empfunden und als Rückfall in einen Kapitalismus, wie man ihn für überwunden hielt. Eine Frau aus der Kriegsgeneration „Daß ich in meinem Leben nochmal zufrieden werde, glaube ich nicht. Weil, ich habe ja im Kapitalismus gelebt und gehe ja nun in den Kapitalismus zurück und weiß, daß das Leben für die Masse der Menschen im Kapitalismus nicht zufriedenstellend ist. Von der jetzigen Regierung erwarte ich nicht das, was zum Wohle des Volkes ist, sondern daß es eben zur Klassengesellschaft wieder kommt, und so wie ich das eben schon als Kind erlebt habe, daß der Baron mit der Kutsche an uns vorbeifuhr und grüßte. Und jetzt ist der Baron ein anderer Baron, und so kommen wir wieder zurück. Es ist anders, weil wir was mit einbringen, aber es ist vieles wieder da. “

Hier wird die Geschichte als Kreislauf interpretiert, wobei der End-und Anfangspunkt die Rückkehr in feudale Zustände ist. Auch bei vielen Menschen, die nicht zu den Anhängern der alten DDR gezählt werden können, war Enttäuschung darüber festzustellen, wie schnell und „sang-und klanglos“ der alte Staat unterging und nichts hinterlassen hatte. Insgesamt aber wird die Einheit positiv gesehen, weil auch die Bundesrepublik positiv beurteilt wird. Ein Mann aus der Nachkriegsgeneration: „Das Charakteristische an der BRD ist, daß sie, ich glaube schon, Lehren aus der deutschen Vergangenheit, ich meine Weimarer Republik und Faschismus, gezogen hat, einen bürgerlichen Parlamentarismus entwickelt hat, dem es gelang, auf föderativem Wege selbständige Länder sich entwickeln zu lassen und dennoch ... in einem Ganzen zusammenzuhalten. Charakteristisch ist, daß die BRD in der Lage war, zunehmend Mittel in den sozialen Bereich einfließen zu lassen, so daß sich hier ein Lebensstandard entwickelt hat, der auch auf der Grundlage des Fleißes der Menschen (fußte)..., aber die Menschen sind bei uns nicht fauler gewesen, bei weitem nicht... trotz gleicher Startposition hatten es die Westdeutschen seit 1945 leichter. Die Stärke der BRD ist zweifelsfrei die Wirtschaft. Was mir nicht gefällt, das ist dieses oft parlamentarische Scheingefecht um bestimmte Dinge. Das ist... formales Gezänk der Parteien. Aber wie sie bei allen Unterschieden doch den sozialen Status der Menschen gehoben hat, ist für sie Stärke und auch Aushängeschild im Ausland. “

5. Generationen in Ost und West

Generationen in den neuen Bundesländern Die jeweiligen Altersgruppen der ehemaligen DDR haben unterschiedliche Muster der Vergangenheitsaufarbeitung und daraus folgend unterschiedliche Zukunftsorientierungen. Die Kriegs-generation fühlt sich von den Veränderungen der Geschichte des 20. Jahrhunderts im Übermaß getroffen; die Bilanz des eigenen Lebens läßt Resignation erkennen, bei vielen fehlt der Wille, sich nochmals gänzlich neu zu orientieren. Rückblikkend erinnert man sich, drei oder sogar vier ganz unterschiedliche Epochen der deutschen Geschichte miterlebt zu haben: die Weimarer Republik, den Nationalsozialismus, die DDR und nun noch das wiedervereinigte Deutschland. Dieser Blick auf die Geschichte ist sehr stark von den jüngsten Ereignissen geprägt: Frühere Umstellungsprozesse kommen ins Bewußtsein, wenn man ein weiteres Mal einen solchen Umbruch erlebt. Die aktuelle Entwicklung macht ein weiteres Mal eine Umstellung erforderlich, jedoch fehlt die Perspektive eines wirklichen Neubeginns, weil man sich für zu alt dafür hält. Man weiß, der gesellschaftliche Wandel wird auch das eigene Leben tangieren; man bemüht sich jedoch gleichzeitig, die neuen Entwicklungen möglichst auf Distanz zu halten.

Neben dieser Distanzierung wird aber gleichzeitig versucht, etwas Feststehendes, Bleibendes aufzuzeigen, womit die eigene Identität in eine zeitliche Kontinuität und einen sinngebenden zeitlich-historischen Zusammenhang gestellt wird. Hingewiesen wird beispielsweise auf antifaschistische Einstellungen, die man bereis in der Weimarer Republik erworben habe, die dann zu Verfolgung und Repressalien durch die Nazis geführt und schließlich in der Gründung der DDR ihre Bestätigung erfahren hätten. Oder man verweist auf demokratische und marktwirtschaftliche Überzeugungen, die man -der Realität in der DDR zum Trotz -immer aufrechterhalten habe und in denen man sich nun durch die jüngste Entwicklung bestätigt sieht.

Die Nachkriegsgeneration hat als prägende Erfahrung die Gründung der DDR erlebt. Die bewußte Wahrnehmung von Geschichte beginnt in der unmittelbaren Nachkriegszeit. Daneben gibt es Kindheitserinnerungen an den Krieg: Die Bomben-nächte in Dresden oder der Einmarsch der sowjetischen Truppen sind z. B. Erlebnisse, an die sich die Befragten heute noch erinnern.

Die eigene Aufbauleistung und die der DDR-Gründung zugestandene gute Absicht, damit etwas Besseres zu schaffen, erzeugten ursprünglich Vertrauen in die neue Gesellschaftsordnung. Die DDR-Gründung wird rückblickend auch als Vorhaben gesehen, Lehren aus dem Nationalsozialismus zu ziehen und Verhältnisse zu etablieren, „die eine Wiederholung von Krieg und Faschismus für die Zukunft unmöglich machen“. Negative Erinnerungen beziehen sich vor allem auf die Anwesenheit der Sowjettruppen, denen vielfach die Schuld dafür gegeben wird, daß es bei den ursprünglichen positiven Ansätzen nicht geblieben sei. Fast alle Befragten betonen den eigenen Beitrag beim Aufbau der DDR, die Schwierigkeiten, die dabei zu bewältigen, und die Anstrengungen, Opfer und den Verzicht, die dafür nötig waren.

Besonders nachdrücklich verweist diese Altersgruppe darauf, daß die DDR den Wiederaufbau ohne auswärtige Hilfe bewerkstelligen und zusätzlich Reparationen an die Sowjetunion leisten mußte -während die Bundesrepublik, so die Interviewten, nichts zu bezahlen hatte und obendrein noch mit Marschallplan-Geldem „aufgepäppelt“ wurde. Daraus folgt vielfach die Feststellung, die DDR-Bürger hätten allein für die von den Nationalsozialisten begangenen Verbrechen bezahlen müssen.

Das Scheitern der DDR führte schließlich dazu, daß man einer „verlorenen Generation“ anzugehören glaubt. Diese Generation ist mit der DDR groß geworden, viele sind -z. B. als „Arbeiter-und Bauemkinder“ -gefördert worden, haben eine Ausbildung erhalten, Karriere gemacht und einflußreiche Positionen in der Gesellschaft inne-gehabt. Andere wiederum haben sich mit dem SED-Regime abgefunden, sich in einer privaten „Idylle“ arrangiert oder sich auf einen bescheidenen, aber scheinbar gesicherten Lebensstandard in der DDR -mit Reiseerlaubnis in den Westen -eingerichtet. Diese Generation empfindet sowohl die Umstellung auf die neuen Gegebenheiten in der Bundesrepublik als auch die Verarbeitung der Vergangenheit in der DDR als besonders schmerzlich und schwierig.

Die DDR-Generaüon ist die erste, die vollständig in der damaligen DDR aufgewachsen ist. Im Mittelpunkt ihrer Auseinandersetzung mit der Geschichte stehen die bislang in der DDR gemachten Erfahrungen. „Ich bin ein Kind der DDR“ ist hier eine charakteristische Aussage, diö gleichermaßen einen Rest der früheren DDR-Identität wahren und um Verständnis für die noch bestehenden Orientierungs-und Anpassungsschwierigkeiten werben will. Mit den Erinnerungen an das Aufwachsen in der DDR geht bei dieser Generation häufig die Rekonstruktion einer allmählichen Entfremdung von der DDR einher. Man erinnert sich an die Normalität des DDR-Alltags, an die jungen Pioniere und an die FDJ. Man erinnert sich aber auch an Erfahrungen der Bevormundung, an das Gefühl, „von oben gelenkt“ und „manipuliert“ worden zu sein. Die Möglichkeiten der Berufswahl waren durch staatliche Vorgaben und politisch motivierte Entscheidungen beeinflußt. Die Karriere konnte durch eine ideologisch nicht erwünschte Äußerung einenjähen Knick erfahren.

Die Schilderung einer Frau: „Meine Einstellung hat sich totalgeändert. Ich bin mit 19Jahren in die Partei eingetreten... durch meinen Vater... durch die Erziehung. Ich bin sozusagen ein richtiger DDR-Bürger, so wie es sein sollte. Guter Pionier, guter FDJler und dann Parteieintritt... Mein erster Mann hat mir die Augen geöffnet. Ich habe das erste Mal Westfernsehen geschaut. Das gab es ja bei uns nicht, in der Nähe von Leipzig, und ich bin das erste Mal damit konfrontiert worden, als ich meinen Mann besuchte. Das war an der Grenze. Und da habe ich damals schon gemerkt, daß es ein Fehler war, daß ich in die Partei eingetreten bin. Die ganze Sache wurde noch bestärkt durch die Mitarbeit in der Studentengemeinde. Da hab’ ich das erste Mal überhaupt gemerkt, daß es was anderes gibt ... Ich wollteja schon während des Studiums aus der Partei austreten, und da habe ich aber sofort gemerkt: Wenn ich aus der Partei ausgetreten wäre, wäre mein Studium passd gewesen, meine Zukunft. Und so habe ich weiterhin... in einem Zwiespalt gelebt... (das) war manchmal unerträglich. Das ging soweit, daß ich sogar gesundheitliche Schäden davongetragen habe. “

Man hat erlebt, wie Engagement -z. B. Verbesserungsvorschläge am Arbeitsplatz -sich totlief und nichts als „Unannehmlichkeiten einbrachte“; man lernte, Kritik zu verschweigen. Vor allem im Zusammenhang mit der Entspannungsperiode, der Ostpolitik der Bundesrepublik und dem KSZE-Prozeß kam bei vielen neue Hoffnung auf, die Lage in der DDR könnte angenehmer, offener und freizügiger werden. Die diplomatische Anerkennungswelle hat bei einigen zeitweise auch Stolz und Identifikation mit dem zweiten deutschen Staat hervorgerufen. Dies sind einige der Ursachen dafür, daß die aktuellen Entwicklungen mit gemischten Gefühlen gesehen werden. Man trauert dem alten System kaum nach, ist aber gleichzeitig stark verunsichert. Für diese Generation ist der aktuelle Umorientierungsprozeß am schwierigsten, da ihre Biographien zwangsläufig engmaschig mit dem SED-Staat verwoben waren und sich daraus erhebliche Probleme für die eigene Identität ergeben.Zumal die junge Generation fühlt sich verraten -von ihren Eltern, von den Lehrern, vom System. Auch diese Generation ist deutlich verunsichert. Die Ereignisse im Zuge der Einheit bringen die Notwendigkeit mit sich, sich völlig neu zu orientieren; alles, womit man bislang aufgewachsen ist, hat sich als große Lüge herausgestellt. Man hat ein wenig das Gefühl, aus einer zwar „vormundschaftlichen“, aber eben auch „behüteten“ Situation her-ausgefallen und nun völlig auf sich selbst gestellt zu sein.

Gleichzeitig aber wird der Zusammenbruch des alten Regimes positiv erlebt. Er bedeutet das Ende der „Bevormundung“, das Ende staatlicher Eingriffe und Lenkungsversuche bei der Ausbildung und Berufswahl. Und er bedeutet schließlich auch ein Ende der aufdringlichen, aber gerade von dieser Generation als besonders unglaubwürdig und heuchlerisch empfundenen ideologischen Indoktrination. In dieser Generation überwiegt eindeutig die Wahrnehmung der „Wende“ als Befreiung. Man ist neugierig, die Welt jetzt erst richtig kennenzulernen, zu reisen, neue Erfahrungen zu machen, und man ist zuversichtlich: Schließlich hegt das Leben noch vor einem.

Generationen in den alten Bundesländern Von der Kriegsgeneration in den alten Bundesländern wird vor allem auf Ereignisse verwiesen, die das eigene Leben einschneidend -existentiell -verändert haben. Einige wenige ambivalent beurteilte Aspekte des Nationalsozialismus wie die Beseitigung der Arbeitslosigkeit, der Bau der Reichsautobahnen und das angebüch herrschende Gemeinschaftsgefühl werden zwar als positiv dargestellt, insgesamt überwiegen jedoch negative Erfahrungen und Beurteilungen. Dieser negative Rückblick beginnt bei der Endphase der Weimarer Republik und endet in der Nachkriegszeit mit dem Beginn des Wiederaufbaus. Öfters haben Befragte Erfahrungen im Dritten Reich als „die beste Zeit meines Lebens“ bezeichnet. Dies waren Erlebnisse in der Hitlerjugend, die Zeit im Bund Deutscher Mädel, als man zum ersten Mal weg war vom Elternhaus, aber auch die Phase als Luftwaffensoldat im besetzten Paris. Trotzdem müssen solche Erfahrungen nicht zu einer Verklärung des Nationalsozialismus führen. Die Lehren aus der Erfahrung mit der NS-Zeit werden mit Sätzen wie „Nie wieder Krieg“ und „Nie wieder Diktatur“ beschrieben. Das Jahr 1945 wird in der Retrospektive mit gemischten Gefühlen gesehen. Einerseits war man froh darüber, daß alles ein Ende hatte, daß man überlebt hatte. Andererseits war das Kriegsende oftmals mit dem Verlust aller persönlichen Habe verbunden, mit Vertreibung, mit dem Zusammenbruch der Gesellschaft und von allem, was vorher gültig war.

Die späten vierziger Jahre sowie die fünfziger Jahre werden als die Zeit des Wiederaufbaus grundsätzlich positiv, wenn auch als entbehrungsreich und nicht immer leicht angesehen. Diese Leistung begründet in dieser Generation bis heute einen spezifischen Stolz auf das Erreichte; man sieht darin die Grundlagen des Erfolgs der Bundesrepublik Deutschland. Die Identifikation mit dem politischen System rührt zu einem beträchtlichen Teil aus dem Bewußtsein der eigenen Teilhabe am Aufbau her. Nach den fünfziger Jahren hat sich aus der Sicht dieser Generation nichts Einschneidendes mehr ereignet. Vereinzelt werden noch die politischen Ereignisse der späten sechziger Jahren angeführt, sie hatten aber für das eigene Leben keine herausragende -existentielle -Bedeutung mehr.

Die Nachkriegsgeneration wurde geprägt durch die Besatzungszeit und die empfundenen Opfer, die jeder bringen mußte in seiner Jugendzeit in Form von Verzicht, Mangel und harter Arbeit. Man hat die demokratische Lektion aus den Erfahrungen mit den historischen Auswirkungen des Nationalsozialismus gelernt, da man zum Teil selbst die Folgen dessen tragen mußte, was die Elterngeneration verursacht hatte. Ausschnitt aus einem Interview mit einem 55jährigen Mann: Was aus der Geschichte war für Sie persönlich wichtig? „Der Zusammenbruch 1945. Ich war damals 9Jahre alt und habe das voll mitgekriegt, besonders als mein Elternhaus in Flammen aufging, ebenso die Bombenangriffe ... ich habe mich schon damals gefragt, was Krieg überhaupt soll und wie man damit politische Ziele erreichen will. Z. B.der Krieg Iran-Irak ... Es geht nur um die Machtinteressen einzelner Persönlichkeiten ... Ich habe damals Scham und Demütigung empfunden. Das empfinde ich auch heute noch. Ich glaube nicht, daß ich als Vierzehn-jähriger kapiert habe, was in Auschwitz passiert ist; das kam später. Die Folgen des Krieges bis ’ 49 habe ich aber körperlich erlebt. Ich habe gehungert, mußte mit acht Leuten in zwei Zimmern liegen, habe jahrelang kein Bett gehabt etc. Ich habe es als demütigend empfunden, daß man betteln mußte. “

Viele leben in dem Bewußtsein, etwas versäumt zu haben in ihrer Jugend, gerade im Vergleich mit den jüngeren Generationen heute. Allerdings erwächst daraus auch ein spezifisches Selbstbewußtsein, daß man auch mit weniger im materiellen Bereich auskommen kann als dem, was heute üblich ist. Die eigenen Aufbauleistungen in den fünfzigerJahren in Verbindung mit den negativen Erfahrungen aus dem Nationalsozialismus bzw.dem Krieg begründen den spezifischen und sehr stark ausgeprägten Stolz auf die Bundesrepublik Deutschland in dieser Altersgruppe. Der Systempatriotismus ist nicht gebunden an ein parteipolitisches Weltbild, sondern gegründet auf gewachsene Alltagserfahrungen in der alten Bundesrepublik. Die neue Ost-politik der sozialliberalen Koalition Ende der sechziger Jahre wird -nach der Gründung der Bundesrepublik -als die erste wichtige politische Entwicklung der Nachkriegszeit gesehen. Dies resultiert auch aus der häufig geäußerten Ablehnung, die man bei dem Eintritt der Bundesrepublik in die NATO bzw.der Gründung der Bundeswehr empfand. Die unmittelbare Nachkriegszeit endet für diese Generation -von der Einheit Deutschlands abgesehen -mit den deutschlandpolitischen Verträgen Anfang der siebziger Jahre, als die Bundesrepublik ihre Handlungsfähigkeit nach Osten hin wiedererlangte.

Die 68er-oder „BRD“ -Generation sieht die Zeit ab Mitte der sechziger Jahre als Aufbruchs-und Umbruchsphase mit gesellschaftlichen Veränderungen, die heute noch Auswirkungen haben. Diese einen selbst prägende Epoche wird charakterisiert durch Ereignisse und Begriffe wie Existenzialismus, Beatles, Vietnam-Krieg, Studenten-und Frauenbewegung, Neue Ostpolitik. Die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus spielt auch heute noch eine wichtige Rolle im eigenen Geschichtsbewußtsein, gerade weil sie sich auch in der eigenen Familie abgespielt hat. Man versucht, das Verhältnis der eigenen Generation zu dieser Epoche zu bestimmen und hat auch die meisten Probleme aller Altersgruppen damit, sein Selbstverständnis als Deutscher zu finden. Das Verantwortungsbewußtsein als Deutscher wird gerade vor dem Hintergrund der Geschichte besonders betont. Darin wird eine Verpflichtung gesehen, die gleichermaßen alle Deutschen betrifft. Der Umgang mit der NS-Vergangenheit wirkt sich auch sehr stark auf die kollektive Identität aus. Die ehemalige DDR bzw. die Zweitstaatlichkeit Deutschlands wurde vor der Wende als konsequente Folge des verlorenen Krieges angesehen. Eine Wiedervereinigung aufgrund der 40jährigen getrennten Entwicklung war daher auch von vielen Personen in dieser Generation nicht als notwendig oder unbedingt wünschenswert angesehen worden.

Erstaunlich für diese Generation ist die häufige Nennung der Landung der ersten Menschen auf dem Mond 1969 als besonders wichtiges Ereignis und verbunden damit eine Faszination durch die Technik. Gerade in dieser Alterskategorie finden sich gleichzeitig auch die heftigsten Kritiker einer überindustrialisierten und vergifteten Welt. Die Mondlandung stand als Symbol der Möglichkeit, nicht nur -im geographischen Sinn -diese Welt zu verlassen, sondern bei vielen war damit auch die soziale Utopie verbunden, neue Gesellschaftsformen zu leben. Die Gründung der Bundesrepublik wird ambivalent beurteilt. Einerseits als Voraussetzung, nach Diktatur und Krieg in Freiheit, Wohlstand und Frieden zu leben, andererseits auch als Wurzel vieler Mißstände. Bis zum Zusammenbruch der ehemaligen Ostblockstaaten waren dies die Systemkonfrontation der beiden Militärblöcke, die Abhängigkeit der Bundesrepublik von den Supermächten, aber auch die Umweltzerstörung und die als unzureichend verwirklicht empfundene soziale Gerechtigkeit. In dieser Generation finden sich auch die meisten Zukunftspessimisten. Dieser Pessimismus speist sich vorwiegend aus der als bedrohlich empfundenen Entwicklung der Ökologie und steht häufig in Verbindung mit einem negativen Geschichtsbild, das die Lernfähigkeit der Menschen -oder besser der Deutschen -in Frage stellt.

Die jüngste Generation der Westdeutschen bezieht sich in ihrem politischen Weltbild ebenso wie alle anderen Altersgruppen in großem Umfange auf die NS-Zeit und den Zweiten Weltkrieg. Diese Epoche, zusammen mit der als Erfolgsgeschichte angesehenen Nachkriegs-und Aufbauzeit, ist der wichtigste Referenzpunkt im Geschichtsbewußtsein. Persönliche Schuldzuweisungen werden allerdings nicht akzeptiert, z. T. herrscht ein gewisser Überdruß am Thema „NS“. Vielfach werden Ausländserfahrungen berichtet, wo man mit der deutschen Vergangenheit konfrontiert wurde, wobei man sich selbst persönlich eigentlich nicht „zuständig“ fühlt für solche Schuldzuweisungen. Der Zusammenbruch der DDR hat das vorher schon vorhandene Gefühl, im richtigen System zu leben, noch verstärkt, wobei die aktuellen ökologischen und gesellschaftlichen Probleme ebenfalls pointiert thematisiert werden.

Insgesamt ist das Spektrum der als wichtig für das eigene Leben genannten historischen Ereignisse breiter als das der anderen Generationen. Kein Ereignis der bundesrepublikanischen Geschichte war existentiell für diese Generation. Die Nennungen als wichtig und prägend empfundener Ereignisse reicht daher von der Französischen Revolution über den Nationalsozialismus bis hin zu Tschernobyl; ferner werden genannt die Barschel-Affäre, die Flick-Affäre, die Ölkrise der frühen siebziger Jahre und auch die Wende 1982, als die sozial-liberale Koalition zerbrach.Die Einheit Deutschlands verändert die Prioritätenskala prägender Ereignisse gerade dieser Generation ganz erheblich. Für diese Altersgruppe kann die Einheit viele neue Erfahrungen bringen; sie beinhaltet für sie viel mehr Veränderungspotential als für alle anderen Generationen, dies auch, weil diese Entwicklungen in der prägenden Sozialisationsphase dieser Generation stattfinden.

Fazit: Die Bürger der alten Bundesrepublik Deutschland unterscheiden sich intergenerationell nicht so sehr in ihren Einstellungen und Werten, als vielmehr in der Art der kontextbezogenen Aneignung dieser Werte. Die Generationsunterschiede in den Bereichen der politischen Kultur und der Geschichtsbilder beziehen sich weniger auf die Inhalte, als auf die dramatisch unterschiedlichen Erfahrungssituationen der jeweiligen Altersjahrgänge Vor allem die folgenden Werte spielen im Bewußtsein der Bundesdeutschen eine Rolle: der Wunsch nach einer friedlichen Welt; familiäre Geborgenheit; Glück im Sinne von Zufriedenheit; Freiheit der Person und der eigenen Wahlmöglichkeiten; das Gefühl, etwas erreicht zu haben; ein angenehmes Leben, Wohlstand und Selbstachtung, die vorwiegend auf dem Stolz über die ökonomische Leistungsfähigkeit und die soziale Sicherheit der Bundesrepublik beruht. Dahinter finden sich instrumentelle Werte wie Ehrgeiz im Sinne von Fleiß, Persönlichkeitseigenschaften wie: effektiv, sau^er/ordentlich; verantwortlich/aufstiegsorientiert.

Diese Werte münden in eine Einstellungs-bzw. Wertelandschaft in der Bundesrepublik Deutschland, die deutliche Veränderungen gegenüber den von Almond und Verba festgestellten Ergebnissen aus den fünfziger Jahren zeigen. Dominierend ist nicht mehr Output-Orientierung, sondern der Stolz auf den inzwischen erarbeiteten wirtschaftlichen Erfolg in Verbindung mit dem Bewußtsein der individuellen Freiheiten und Wahlmöglichkeiten, die in der Bundesrepublik zur Verfügung stehen.

6. Geschichte der DDR

Weitgehend unabhängig von der sonstigen Beurteilung ist bei den Befragten fast immer eine Zweiteilung der DDR-Geschichte festzustellen: in eine Anfangs-oder Gründungsphase, in der einige Momente durchaus positiv beurteilt werden, und eine End-oder Stagnationsphase, die meist durchgehend negativ beurteilt wird Ein Mann erläutert die guten Absichten bei der Gründung der DDR: „Für die DDR war erst mal charakteristisch,... die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen abzuschaffen ... Volkseigentum zu schaffen.. was dominierend wurde für das ganze Wirtschaftsgeschehen. Was dann dermaßen überzogen wurde im Prozeß der Entwicklung, daß (es) dann zu anderen Problemen führte... Aber so hat man das, was eigentlich in den neuen, aber doch überlegenswerten und gangbaren Vorsätzen begonnen hat, verlassen. “

Ein anderer Befragter: „Es war im ersten Moment einleuchtend oder einfach nicht in Frage gestellt, daß es möglich sein muß, auch in einem Betrieb, der dem Staat gehört, dem Volk gehört, effektiv zu wirtschaften. Hier hätten Staaten sich entwickeln können, weil natürlich auch eindeutig klar ist, daß ein Staat, der eine sozialistische Gesellschaftsordnung hat, am Kriege nicht interessiert sein kann, weil es auch niemanden gibt, der daran verdient. “

Der DDR wird unmittelbar nach ihrer Gründung eine gewisse Zeit der Aufwärtsentwicklung zugestanden; erst ab einem gewissen Zeitpunkt -der individuell und subjektiv unterschiedlich angesiedelt wird -beginnt dann die Wahrnehmung von Fehlentwicklungen, der Erstarrung und des beginnenden Zusammenbruchs. Die Perspektive der Geschichtsbetrachtung geht damit von der Wende und dem Zusammenbruch der DDR aus und orientiert sich rückblickend an diesem Ereignis.

Frage: Was war für die DDR charakteristisch bei ihrer Gründung? „Die Begeisterung. Also die Begeisterung, mit der die Menschen in unserem Lande in den ersten Jahren gearbeitet haben. Die war herzerfrischend und das hat auch wirklich unwahrscheinlich viel Spaß gemacht. Und ich wehre mich dagegen, wenn von 40 Jahren Mißwirtschaft geredet wird. Es ist in unserem Lande mit soviel Idealismus gearbeitet worden. Unter viel größeren Schwierigkeiten als in der BRD, die ja von Anfang an die Unterstützung der USA und ihrer Besatzungsmächte hatte, das war ja bei uns nicht möglich. Im Gegenteil, wir mußten ja noch der Sowjetunion Reparationen zahlen. Und wir haben für die BRD mitbezahlt. “ Ein anderer Mann aus der Kriegsgeneration: „Also wichtig warfür mich der Aufbau der Deutschen Demokratischen Republik, den wir mit ganzer Begeisterung gemacht haben. Da gibt es überhaupt keine Abstriche, denn wir haben dieses Land aufgebaut mit einer so hohen Selbstlosigkeit, mit so viel persönlichem Einsatz und Verzicht auf persönliches Glück, Verzicht auf Geld... das war eine schöne Zeit, daran hängen wir auch heute noch. “

Dabei wird deutlich, daß besonders bei den beiden älteren Generationen die Ursachen für die positive Einschätzung der Anfangsphase der DDR und für die z. T. rückhaltlose Zustimmung zum Versuch, ein anderes Deutschland aufzubauen, in ganz persönlichen Beweggründen zu suchen sind. Die eigene Leistung und das eigene Engagement beim Aufbau der DDR unter den Idealen von Sozialismus und Antifaschismus kann nun nicht einfach vergessen oder in Frage gestellt werden. Die Anfangszeit der DDR sei von Opferbereitschaft und der Überzeugung, etwas besseres zu schaffen, geprägt gewesen, und man sei damals überzeugt gewesen, einer guten Idee zu dienen.

Der häufig erwähnte Umstand, die DDR habe sich -im Gegensatz zur Bundesrepublik -aus eigener Kraft hochgearbeitet, deutet auf einen spezifischen DDR-Wirtschaftspatriotismus hin. Dieses Bewußtsein, unter extrem ungünstigen Rahmenbedingungen ein doch -wenn auch nur leidlich -funktionierendes Staatswesen mit einigen sozialen Errungenschaften aufgebaut zu haben, war und ist Anlaß zu einem gewissen Grad von Stolz. Die ungünstigen Rahmenbedingungen waren eine beginnende und später ausufernde Mißwirtschaft, die an die Russen bis 1955 zu zahlenden Reparationen, ein sich vom Osten Deutschlands abwendender Westen und die grundsätzliche Bevormundung durch die Sowjetunion.

Ein Mann beschreibt die Fehlentwicklungen: „... die Zeiten nach 1963, wo das mit den Wirtschaftsveränderungen in unserem Staat losging, mit den Kombinatsbildungen, mit diesen Riesenköpfen, ... da sind solche Dinge gewesen... wir wurden gezwungen, diese Bahn zu bauen. Da mußten wir von dem Kontingent des Bezirks Dresden sämtlichen Mörtel und Zement und was weiß ich nicht alles, mußte alles für die Bahn genommen werden. Und das Kombinat, das sie gebaut hat, denen haben ja auch die Haare zu Berge gestanden, und dieser Druck..., das ist diese zentralistische Wirtschaftsführung, die istja in solchen Dingen zum Ausdruck gekommen, daß das zum Schaden der Bevölkerung sein mußte. “

Der Einfluß der Russen wird immer wieder betont: „Was ist DDR-spezifisch? Das ist eine DDR-Mentalität. Ich würde sagen: eine typisch russische. Die ist uns sozusagen anerzogen worden. Wir sind ja Deutsche, genetisch gesehen, und fähig, was zu leisten, zu arbeiten... jetzt ist das so: Dieses russische System hat uns zu Faulenzern erzogen, die gesamten DDR-Bürger. Selbst die, die gerne was machen wollten. Wir wurden ja manchmal zur Passivität gezwungen. “

Der 17. Juni hat im Geschichtsbewußtsein der Ostdeutschen nicht die Bedeutung, die man gemeinhin vermuten würde. Das Datum wird zwar von zahlreichen Befragten als ein wichtiges Ereignis genannt, eine Ich-bezogene und eindeutige Stellungnahme ist aber oft nicht erkennbar. Mitunter wird der 17. Juni als der Zeitpunkt gesehen, an welchem die gute DDR beginnt, zu dem autoritärrepressiven Regime zu werden, das sie bis zum Ende dann geblieben war. Oder er gilt als ein Beispiel, an dem sich der schädliche Einfluß der Sowjetunion auf die DDR offenbart. Der Bau der Mauer wird in der Regel als das zentrale Ereignis in der Geschichte der DDR eingestuft. Die Befragten verbinden damit die endgültige Teilung Deutschlands, den Beginn der internationalen Isolierung und Abkapselung und die Phase der Unfreiheit. Andererseits wird die Mauer rückblickend von vielen auch als Notwendigkeit gesehen, die Existenz der DDR zu sichern, trotz menschlicher und familiärer Härten. Die Bewertung der Ära Ulbricht ist zwiespältig. Einerseits fällt in diese Phase der wirtschaftliche Aufschwung in der DDR, und insofern wird diese Zeit positiv bewertet. Meist wird jedoch die günstige wirtschaftliche Entwicklung nicht als Verdienst Ulbrichts angesehen.

Die Anfangsphase der Regierungszeit Honeckers wird häufig durchaus positiv beurteilt, letztlich aber wird der wirtschaftliche Niedergang der DDR direkt auf Honecker zurückgeführt. Die tatsächliche schlechte Situation sei von der Führung vor dem Volk geheimgehalten worden. Besonders kritisiert werden die Verstaatlichung der letzten Privatbetriebe und die Beschlüsse des 8. Parteitages. Um die Unruhe in der Bevölkerung in Grenzen zu halten, habe das Regime den Sozialstaat immer weiter aufgebläht, was die Wirtschaft der DDR überfordern mußte. Die Überalterung der politischen Führung, die verbreitete Korruption und eine zunehmende Isolation vom westlichen Ausland beschleunigten das Ende der DDR.

Eine Frau beschreibt das Gefühl der Hoffnung nach Ulbrichts Sturz: „Es gab einen Versuch, dieEntwicklungen zu verändern, mit dem Wechsel von Walter Ulbricht zu Erich Honecker... die Hauptaufgabe zu lösen. Das hieß, das materielle und geistig kulturelle Lebensniveau des Volkes zu entwikkeln. Dort wurde ein sehr massierter Angriffauf die Entwicklung der Konsumgüterproduktion (gestartet), die Entwicklung der Leichtindustrie gefördert, das war der Versuch, in eine richtige Richtung zu gehen. Aber aus heutiger Sicht eben eine Sache,... die im Versuch stecken blieb. “

Ein Vergleich der Bewertung der Ulbricht-und der Honecker-Ära zeigt in eindrucksvoller Weise, daß subjektiv nicht so sehr der tatsächliche Lebensstandard für die Zufriedenheit mit den gesellschaftlichen Verhältnissen ausschlaggebend ist, als vielmehr die Erwartungen und Perspektiven der zukünftigen Entwicklung. Die Anfangsphase der DDR wird trotz objektiv niedrigerem Lebensstandard deswegen als die positivere Epoche wahrgenommen, weil in ihr noch Hoffnung bestand, die eigenen oder vorgegebenen Ideale zu verwirklichen, und auf ökonomischem Gebiet, daß es aufwärts gehen würde und die Bundesrepublik noch eingeholt werden könne. In die Regierungszeit Honeckers fällt dann die wirtschaftliche Stagnation mit immer weiter steigenden Erwartungen zusammen, wobei immer deutlicher wird, daß die DDR nie in der Lage sein würde, diese Bedürfnisse zu erfüllen.

Als ausschlaggebend für den Zusammenbruch der DDR wird die politische Entwicklung in der Sowjetunion angesehen -was wiederum die verbreitete Meinung, alles hänge von den Russen ab, auch für das Ende des Sozialismus wieder bestätigt. Die Idee des Sozialismus an sich ist durch die Geschichte der DDR weit weniger diskreditiert, als im Westen vermutet wird. Die Intellektuellen und alten Eliten der DDR hängen allerdings noch wesentlich stärker sozialistischen Ideen und Utopien nach als der Durchschnitt der Bevölkerung

III. Geschichtsbewußtsein im Westen. Eine Typologie der Verarbeitungsmuster von Geschichte

Nach der Durchführung und Auswertung der qualitativen Untersuchungen wurde nur in den alten Bundesländern eine Repräsentativbefragung mit 2000 Personen durchgeführt. Diese Beschränkung erschien -neben anderen forschungspraktischen Gründen und Umständen -sinnvoll, da zum Befragungszeitpunkt im Januar 1991 die Einstellungslandschaft in den neuen Bundesländern noch nicht das gleiche Maß an Stabilität erreicht haben konnte, wie das für die alte Bundesrepublik galt. Die qualitativen Untersuchungen in den alten Bundesländern seit 1989 zeigten eine erstaunliche Stabilität und Kontinuität im Geschichtsbewußtsein der Menschen über den Zusammenbruch der DDR und die Vereinigung der beiden deutschen Staaten hinaus. Für die ehemalige DDR konnte dies jedoch nicht angenommen werden, da die Umbruchsituation für jeden existentiell eine Rolle spielte und die Lebenssituation jedes einzelnen veränderte.

Im Rahmen dieser Erhebung kamen Fragen zur Anwendung, die aus den narrativen Interviews gewonnen wurden und in Form von Statements mit Hilfe einer Sechserskala den Befragten zur Zustimmung oder Ablehnung vorgelegt wurden. Auf der Grundlage dieser Instrumente wurden Faktoren-und Clusteranalysen durchgeführt, die in der folgenden Typologie beschrieben werden.

Danach können in den westlichen Bundesländern fünf deutlich voneinander abgrenzbare Bevölkerungsgruppen nach ihrer jeweiligen Form der Verarbeitung von Vergangenheit unterschieden werden. Die Benennung der Typen erfolgt nach dem dominierenden Verarbeitungsmuster von Vergangenheit in Verbindung mit der jeweiligen Gegenwartsorientierung auf der Grundlage der am stärksten ladenden Faktoren. Die Typologie wurde außerdem durch zusätzliche Korrelationen mit passiven Variablen überprüft. Dadurch konnte auch ein höheres Maß an Profiliertheit erreicht werden. Wichtig für die Beurteilung der hier gemachten Aussagen ist die komplexe und vielfältige Datenlage, welche letztlich jeden einzelnen Typ repräsentiert. Insgesamt beruhen die fünf Cluster, wie sie im folgenden gezeigt und beschrieben werden, auf ca. 100 inhaltlichen Aussagen zu Geschichte und Gegenwart, Demokratieeinstellungen, Europapolitik, Wertorientierungen, Zukunftserwartungen u. a.. Der Umgang mit der Geschichte des Nationalsozialismus bestimmt aufgrund seiner Dominanz als Herleitungsinstanz im Geschichtsbewußtsein der Westdeutschen auch die folgende Typologie. Die Graphik zeigt die Verteilung der dominierenden Verarbeitungsmuster in der westdeutschen Bevölkerung (in Prozent). 1. Verdrängung Der Umgang mit der Vergangenheit in der ersten Gruppe wird dominiert von dem Muster „Verdrängung“ Die Personen dieses Clusters -die immerhin 23, 4 Prozent der Gesamtstichprobe repräsentieren -wollen von der NS-Vergangenheit nichts mehr hören und „ärgern sich, wenn man uns Deutschen heute noch die Verbrechen der Nazis vorwirft“ Der Nationalsozialismus sollte weder überbewertet werden, noch soll man sich heute damit unnötigerweise auseinandersetzen. Auch besteht eine Tendenz zur Relativierung der Naziverbrechen und des Judenmordes, was jedoch nicht zu einer positiven Einstellung gegenüber dem Nationalsozialismus führt. Die Ablehnung von Verantwortung für die Geschichte wird sowohl kollektiv als auch individuell verstanden. Deshalb wird auch die Aussage, „gerade wir Deutschen sollten politisch verfolgten Menschen Asyl gewähren“, sehr stark verneint. Nur in dieser und in der zweiten Gruppe erfährt die „Verführungstheorie“ so große Zustimmung: „Durch Hitlers Auftreten und seine Begabung als Redner haben sich die meisten über seine wahren Ziele täuschen lassen.“ Warum sollten die Verführten sich heute noch verantwortlich oder gar schuldig fühlen? Die verführten Deutschen sind aus der Sicht dieser Menschen „prima Kerle“ und ein Volk, „das trotz aller Kriege und Niederlagen in kürzester Zeit immer wieder hochkommt“. Auch in den narrativen Interviews in den neuen Bundesländern wurde häufig das Verführungsmotiv als Ursache für die Machtergreifung Hitlers beschrieben.

Jegliche Verklärung des Nationalsozialismus erfährt in dieser Gruppe deutliche Ablehnung. Das heißt, daß die folgenden Aussagen keine Zustimmung finden: „Der Nationalsozialismus hat dazu geführt, daß es Deutschland nach 1933 wieder besser ging“ oder „Die Menschen waren unter Hitler zufriedener als heute, weil sie damals ein klares Ziel vor Augen hatten.“

Das Bewußtsein der Leistungsfähigkeit der Deutschen begründet einen starken Stolz auf die wirtschaftlichen Leistungen vor allem nach dem Krieg. Der Systempatriotismus der Verdränger bezieht sich auf zwei untrennbar miteinander verbundene Elemente: auf die Gewißheit, im „freiesten Staat, den es in der deutschen Geschichte je gab, zu leben“, und auf die Erkenntnis: „Bei uns geht es den Bürgern besser als den Leuten in den meisten anderen Ländern.“ Den hart erarbeiteten Wohlstand und die Freiheiten will man jedoch nicht unbedingt mit anderen teilen, denn: „Wir sind der Prügelknabe und Zahlmeister Europas.“ Die europäische Integration wird so stark wie von keiner anderen Grupppe abgelehnt, was sich auch auf das Zusammenleben mit Ausländem bezieht.

Der Begriff „Verdrängung“ allein erklärt den Typ nur unzureichend. Innerhalb dieser Gruppe können ganz unterschiedliche Motive ausschlaggebend sein für die Weigerung, sich mit dem Thema Drittes Reich oder Judenverfolgung auseinanderzusetzen. Hierzu gehören beispielsweise ältere Menschen, die aufgrund eigener Erlebnisse, aufgrund von Mitwisserschaft an bestimmten Entwicklungen oder Verbrechen oder einfach nur Mitläufertum darüber nicht mehr reden wollen. Die individuellen und kollektiven psychologischen Mechanismen dieser Verdrängung oder Verweigerung wurden in der Literatur ausführlich beschrieben Verdrängung kann aber auch aus einem Gefühl des Überdrusses am Thema Nationalsozialismus herrühren. In vielen Explorationsgesprächen mit jüngeren Westdeutschen erwähnten die Jugendlichen, daß sie weder vom Zweiten Weltkrieg noch von den Verbrechen an den Juden mehr etwas hören wollten, weil sie in der Schule damit im Übermaß konfrontiert worden seien. Dieser Überdruß steht gleichzeitig aber in keinerlei Widerspruch zu einem verantwortungsbewußten Umgang mit diesem Teil der Vergangenheit.

2. Konformismus

Die zweite Gruppe sieht die Deutschen in der Geschichte zunächst schicksalhaft als Opfer: „Wir Deutschen haben in der Geschichte eigentlich immer Pech gehabt“ und: „Unter der Nazi-Herrschaft hatten die Deutschen selbst am meisten zu leiden.“ Ebenso wie in der ersten Gruppe glaubt man, daß die Deutschen von Hitler verführt worden seien, zeigt aber eine leichte Zustimmung beim Faktor Verantwortung für Geschichte. Das heißt, die NS-Verbrechen werden nicht in dem Maße verdrängt wie für die erste Gruppe beschrie-ben. Auffallend ist in dieser Gruppe die Einstellung zum Nationalsozialismus. Der entsprechende Faktor Verklärung beinhaltet eine grundsätzliche Tendenz, den Nationalsozialismus zu relativieren und eindeutig positiv zu sehen: „Ich glaube, nicht alles am Nationalsozialismus war schlecht“ oder: „Der Nationalsozialismus hat dazu geführt, daß es Deutschland nach 1933 wieder besser ging.“ Doch die Befragten in dieser Gruppe sind weder Nazis noch Rechtsradikale. Einzelne sind dabei, die positive Erfahrungen im Dritten Reich hatten. Die vielen Älteren in der Gruppe haben sowieso eine andere Einstellung zum Nationalsozialismus als die Jungen.

Insgesamt sind diese Befragten sehr konservativ und stolz darauf, Deutsche zu sein. Gleichzeitig zeigen sie einen starken Systempatriotismus bezüglich der Bundesrepublik: „Unser Land garantiert seinen Bürgern ein Höchstmaß an persönlicher Freiheit.“ Aus dem Antwortverhalten dieser Gruppe wird ein starkes Verlangen nach Harmonie und Übereinstimmung deutlich, was zu Widersprüchen in den Aussagen und Einstellungen führt. Aus diesem Grund wird hier auch der Begriff „Konformismus“ verwendet. Es ist fraglich und erfordert noch genauere Untersuchungen, inwieweit diese Gruppe in ihrer Mehrheit die Fragestellungen richtig verstanden hat und auch einen Überblick über die Komplexität des politischen Systems und der Geschichte besitzt.

3. Geschichtspessismismus

Die dritte Gruppe repräsentiert ein anderes Deutschland. Ihre Einstellungen zum Nationalsozialismus und ihr Umgang mit der jüngsten Vergangenheit sind geprägt von Verantwortungsbewußtsein und damit dem dominierenden Verarbeitungsmuster der vierten Gruppe sehr ähnlich. Die Anerkennung einer individuellen wie kollektiven Verantwortung für die problematische deutsche Geschichte beinhaltet auch die entsprechenden Konsequenzen in den aktuellen politischen Einstellungen. Das Grundrecht auf politisches Asyl und eine offene Gesellschaft, in der Ausländer, Übersiedler, Flüchtlinge aus der Dritten Welt usw. mit Deutschen harmonisch und friedlich Zusammenleben, sind für diese Gruppe selbstverständlich. Eine überdeutlich klare Absage erhält jede Art von Wohlstandschauvinismus, der sogenannte deutsche Tugenden propagiert und den von den Deutschen erarbeiteten Reichtum nur den Deutschen zugute kommen lassen will.

Zwei Charakteristika unterscheiden diese Gruppe von allen anderen Befragten: Erstens der tiefe Pessimismus, der die Einstellung zu Geschichte und Politik kennzeichnet: „Ich glaube nicht, daß die Menschen jemals aus der Geschichte lernen werden.“ Bezogen auf die Deutschen wird die folgende Aussage daher abgelehnt: „Inzwischen haben die Deutschen bewiesen, daß sie aus der Geschichte gelernt haben.“

Historisch begründet ist auch das zweite Charakteristikum: das eines deutlichen Identitätsbruchs bezogen auf das Selbstbild als Deutscher und bezogen auf das politische System der alten und jetzt vergrößerten Bundesrepublik Deutschland Der bei den Gruppen 1, 2 und 4 feststellbare, stark ausgeprägte Systempatriotismus mit den beiden Säulen Wohlstands-und Freiheitsstolz fehlt dieser Gruppe völlig. Allerdings teilen die Pessimisten das Wertesystem der anderen demokratisch orientierten Gruppen, also aller Gruppen bis auf Typus 5. Die Kritik richtet sich gegen die Ausgestaltung der im Grundgesetz niedergelegten Werte und Freiheiten in Form des parlamentarischen Systems, der politischen Institutionen und der politischen Alltagswirklichkeit. Man sieht die Ideale auf denkbar schlechte Weise realisiert und stimmt daher den positiven Einschätzungen der anderen Befragten: „Bei uns wird niemand aufgrund seiner politischen Überzeugung verfolgt oder benachteiligt“ nicht zu. Deutlich mehr Personen in Gruppe 3 als im Durchschnitt lehnen diese Aussage ab. Die Ablehnung ist doppelt so hoch wie im Durchschnitt bei der Aussage: „Bei uns halten sich Polizei und Justiz streng an die Gesetze.“

In der Werteforschung würde man diese Gruppe mit dem Begriff „Postmaterialismus“ charakterisieren: Das Wertesystem ist an individueller Freiheit, Chancengleichheit und Selbstverwirklichung des einzelnen orientiert. Die Ausgestaltung dieser Ideale auf der Ebene des politischen Systems wird allerdings als mangelhaft angesehen und daher in Frage gestellt. Das führt dazu, daß die Frage nach dem Nationalstolz nicht nur die geringsten Prozentzahlen und die größte Ablehnung überhaupt ergibt, vielmehr wird auch die Fragestellung als solche schon als Zumutung empfunden. Gleiches gilt -wenn auch nicht im selben Maße -für die Frage nach dem Stolz, Europäer zu sein. Die Zustimmung zur weiteren Integration Europas fällt aber relativ hoch aus.

Das kollektive Selbstbildnis in dieser Gruppe ist denkbar negativ. Danach sind die Deutschen zum Befragungszeitpunkt fremdenfeindlich, bereit, sich unterzuordnen, ohne Selbstbewußtsein und ohne Lebensfreude, außerdem autoritätsgläubig und rechthaberisch. Befragt, welche dieser Eigenschaften sich in der deutschen Geschichte negativ ausgewirkt hätten, werden fast alle Eigenschaften noch einmal genannt: Die Deutschen haben sich also nicht geändert, daher ist Pessimismus angesagt. Ein Befragter aus der 68er Generation: „Zu der Frage, was ist eigentlich deutsch, fallen mir Klischees ein wie: überkorrekt, obrigkeitshörig, kleinkariert, teilweise aufdringlich im Ausland. Deutschland ist die Bundesrepublik Deutschland, Deutscher ist jemand, der die deutsche Staatsangehörigkeit hat. Ich habe keinen besonderen Patriotismus, von mir aus können auch Ausländer Deutsche werden. Es ist eine reine Definition. Manchmal empfinde ich , Deutscher'direkt als ein Schimpfwort ... ich identifiziere mich wenig damit. “

4. Verantwortung

Verantwortungsbewußtsein und Wertwandel charakterisieren die vierte Gruppe der entscheidende Unterschied zur dritten Gruppe besteht in den systemtragenden politischen Einstellungen, die auch eine hohe Identifikation mit dem Staat Bundesrepublik bewirken. Verantwortung für Geschichte beinhaltet hier Elemente, die sich sowohl auf den Nationalsozialismus als auch auf die Ost-politik der sozialliberalen Koalition beziehen, die als richtig angesehen wird. „Wir Deutsche haben wegen der Verbrechen des Nationalsozialismus eine besondere politische Verantwortung“ und: „Wir sollten uns offen mit unserer nationalsoziali­ stischen Vergangenheit auseinandersetzen -auch wenn es schwerfällt.“

Eine Frau: „Wir sollten erkennen, was in der Weimarer Republik und im Dritten Reich passiert ist. Was das für Strukturen waren, und ob es bei uns zu Parallelen kommt. Das ständige Wachsen der Republikaner, das Wachsen der Resonanz der Republikaner in der Bevölkerung: Man sollte daraufachten, ob es Parallelen gibt, wenn ja, ob man im Vergleich zu damals etwas anders machen müßte... Mir ist wichtig, daß die Menschlichkeit in der Bundesrepublik gefördert wird. Ich sehe dunkle Wolken aufziehen, wenn ich an die Republikaner denke, Ausländerhaß."

Die Einstellungen zum Nationalsozialismus und die entsprechenden Verarbeitungsmuster sind denen der Pessimisten sehr ähnlich, in einigen Bereichen allerdings noch kritischer und negativer gegenüber dem Nationalsozialismus als bei diesen.

Das Bewußtsein, in einem wirtschaftlich erfolgreichen und freiheitlichen Staat zu leben, sowie die Zustimmung zu dieser Gesellschafts-und Politik-form wurden in dem entsprechenden Faktor der Datenanalyse als „Systempatriotismus“ bezeichnet. Bei der vierten Gruppe jedoch wäre der Begriff „Verfassungspatriotismus“ zutreffender, weil gleichzeitig der Grad der Beteiligung am politischen System sehr hoch ist und die Partizipationsformen konventionell sind. Der überdurchschnittliche Bildungsgrad und das starke Engagement für diesen Staat sind herausragend aus allen anderen Gruppen.

Stärker noch als die Zustimmung zu den Aussagen, die unter dem Begriff des Systempatriotismus zusammengefaßt werden können, fällt die Zustimmung zu Europa und zu einer offenen Gesellschaft aus: „Zur weiteren Vereinigung Europas gibt es für mich keine Alternative“ und: „Ich finde es gut, wenn Angehörige vieler Nationen in einem Land Zusammenleben.“ Diese Gruppe ist auch die einzige, die in der deutschen Einheit keinen Widerspruch zur europäischen Integration sieht. Die Pessimisten haben damit Schwierigkeiten, weil ihr Selbstbild so problematisch ist. Die Verantwortungsbewußten stellen die systemtragenden Wert-konservativen in der Gesamtstichprobe dar. Der Stolz darauf, Deutscher zu sein, ist sehr hoch ausgeprägt (64, 8 Prozent) und gründet sich auf ein starkes bundesrepublikanisches Selbstbewußtsein. In dieser Gruppe ist auch nichts von der Angst zu spüren -die in der fünften Gruppe relativ stark ausgeprägt ist -, daß das, was Deutschland ausmacht, im Zuge einer weitergehenden Vereinigung Europas verlorengehen könnte. Die Einstellungen zu den aktuellen Entwicklungen in Deutschland und Europa sind in der vierten Gruppe grundsätzlich positiv. Jeglicher (Geschichts-) Pessimismus findet keinerlei Zustimmung.

5. Verklärung

Die letzte Gruppe verfügt über ein eindeutig positives NS-Bild und steht der Bundesrepublik -oder besser: dem Alltag in der Bundesrepublik -sehr kritisch gegenüber. Verantwortung für die deutsche Geschichte wird weder auf der individuellen noch auf der kollektiven Ebene anerkannt. Mit den NS-Verbrechen will man nichts mehr zu tun haben, man will auch nicht mehr darüber reden. Ganz im Gegensatz zu allen anderen Befragten haben die „Verklärer“ ein durchweg positives Bild vom Nationalsozialismus: „Ich glaube, nicht alles am Nationalsozialismus war schlecht“ oder: „Ohne den Krieg wäre Hitler einer der größten deutschen Staatsmänner gewesen“ und: „Der Nationalsozialismus hat dazu geführt, daß es Deutschland nach 1933 wieder besser ging.“ Konsequenterweise finden sich in dieser Gruppe auch die wenigsten Anhänger der Aussage „Durch Hitlers Auftreten und seine Begabung als Redner haben sich die meisten über seine wahren Absichten täuschen lassen.“

Die Brisanz in den Einstellungen dieser Personen und der entscheidende Unterschied zur zweiten Gruppe („Konformismus“) liegt in der Kombination bzw. in dem Zusammenfallen von einem nahe an Rassismus grenzenden Wohlstandschauvinismus („Wir Deutsche sollten darauf achten, daß wir unsere Rasse reinhalten“ und: „Die vielen Flüchtlinge aus der Dritten Welt entwickeln sich zu einer ernsten Bedrohung für unser Land“) mit einer zumindest sehr kritischen, wenn nicht gar ablehnenden Einstellung zum politischen System der Bundesrepublik. Hinzu kommen jeweils die höchsten Prozentzahlen aller Gruppen bei Fragen nach der Regierungsform Demokratie oder Diktatur für die autoritäre Variante. Gefragt nach den Erziehungszielen wollten in Gruppe 5 beispielsweise nur 51 Prozent ihre Kinder lehren, Andersdenkende zu achten, gegenüber 77 Prozent im Gesamtdurch­ schnitt. Ähnlich niedrigere Zahlen als im Durchschnitt gab es für die Vorgaben „Interesse für Politik“ und „Wissensdurst“. Dagegen sahen überdurchschnittlich viele das Erziehungsziel „sich in eine Ordnung einfügen, sich anpassen“ als erstrebenswert an.

Das Deutschenbild der Verklärer fällt insgesamt negativ aus, allerdings auf anderer Ebene als bei den Pessimisten. Danach befragt, was im Alltag als typisch deutsch angesehen werden kann, bzw. was bei den Deutschen besonders häufig zu finden sei, werden in dieser Gruppe immer deutlich weniger als im Durchschnitt genannt: Disziplin, Fleiß, Ordnungsliebe, Leistungsfähigkeit und Sauberkeit. All diese Tugenden vermissen die Verklärer bei den Deutschen stärker als die anderen Befragten.

Die Kritik und die Unzufriedenheit dieser Gruppe mit der Politik und dem politischen System der Bundesrepublik sowie ihre problematischen Einstellungen zur NS-Vergangenheit zeigen nur einen Teil des Denkens des Wählerreservoirs der rechtsradikalen Parteien. Die hier vorfindbaren Denkstrukturen müssen nicht zwangsläufig in die Unterstützung nichtdemokratischer oder extremer Parteien und Strömungen münden. Die Angst, daß die Deutschen in der EG nur Nachteile erfahren und daß Deutschland an Identität und Eigenständigkeit verliert, ist nicht nur auf diese Gruppe beschränkt.

6. Zusammenfassung der Ergebnisse

Mit der Typologie der Verarbeitungsmuster von Geschichte wird die Bevölkerung der alten Bundesrepublik entlang der Linien des jeweiligen Geschichtsbewußtseins und des Gegenwartsverständnisses strukturiert. Dabei zeigen sich gravierende Unterschiede in den auf die Vergangenheit -hier vor allem den Nationalsozialismus -und die aktuellen politischen Entwicklungen bezogenen Einstellungen. Die fünf Verarbeitungsmuster von Geschichte stellen dabei Bezeichnungen dar, die jeweils einen Aspekt dieses gruppenspezifischen Umgangs mit Geschichte hervorheben. Jede Gruppe repräsentiert eine spezifische Kombination von miteinander zusammenhängenden historischen Deutungsmustern (Faktoren), allgemeinen Wertstrukturen und Einstellungen zum politischen System.

Die überwiegende Mehrheit der Befragten sieht den Nationalsozialismus als Diktatur mit spezifischen Merkmalen, deren Qualität eindeutig negativ beurteilt wird. Es gibt Tendenzen zur Relativierung der NS-Verbrechen und zur Verklärung des Dritten Reichs, die aber nicht unbedingt in ent-sprechenden Handlungsmustem -beispielsweise im Wahlverhalten -ihren Widerhall finden. Bedeutsam ist weiterhin der positive un^ starke Zusammenhang zwischen einem Verantwortungsbewußtsein als Deutscher für die NS-Verbrechen und der Befürwortung einer offenen und liberalen Gesellschaft, verbunden mit einer hohen Zustimmung zur europäischen Integration. Bildungseffekte spielen hierbei sicherlich eine große Rolle.

Weiterhin ist ein tiefer Identitätsbruch zwischen den Pessimisten (Gruppe 3) und den anderen Befragten feststellbar. Bedeutend daran ist, daß mehr als 54 Prozent dieser Gruppe jünger als 34 Jahre sind und über einen weit überdurchschnittlichen Bildungsgrad verfügen. Die politische Partizipation in dieser Gruppe ist überdurchschnittlich hoch und eher unkonventionell, im Gegensatz zu allen anderen Gruppen.

Die Typologie der Verarbeitungsmuster trennt die Westdeutschen nach den Unterschieden im jeweiligen Umgang mit Vergangenheit und der damit zusammenhängenden aktuellen Gegenwartsdeutung. Parteipolitische, altersmäßige und andere Unterschiede und Gegensätze werden dabei zu sekundären Merkmalen; mit einer Ausnahme: die dritte Gruppe, die Geschichtspessimisten, stellt eine relativ homogene Gruppe dar.

Trotz aller Probleme, die bei der Betrachtung des Geschichtsbewußtseins der (West) Deutschen deutlich werden, und obwohl sich die Frage stellt, inwieweit die z. T. hochproblematischen Einstellungsmuster bei Konformisten und Verklärem sich auf den politischen (Wahl) Alltag der vergrößerten Bundesrepublik auswirken, steht die politische Kultur Deutschlands insgesamt auf einem soliden, demokratisch orientierten und durchaus belastungsfähigen Fundament. Über die -trennenden-Grenzen der Verarbeitungsmuster hinweg herrscht ein weitgehender Konsens darüber, daß das politische System der Bundesrepublik den Wohlstand und die individuellen Freiheiten der Bürger garantiert und somit breit legitimiert ist.

Der Faktor Wohlstandschauvinismus, der eine Mischung aus Angst um den Wohlstand und latentem Rassismus repräsentiert, taucht bei zwei der Gruppen auf: den Konformisten und den Verklärem. Dieses Deutungsmuster spiegelt ziemlich genau die aktuellen politischen Problemlagen deijenigen wider, die bei den Landtagswahlen für die rechtsradikalen Parteien gestimmt haben. Bei weitem nicht alle Befragten der Gruppen 2 und 5 zeigen Wohlstandschauvinismus in Reinform; es gibt viele Mischtypen und Personen, die im unteren Zustimmungsbereich liegen. Trotzdem ist hier das rechtsradikale und das Protestwählerpotential zu finden, das wieder einmal die Öffentlichkeit in Deutschland in Aufregung versetzt.

IV. Fazit: Geschichtsbewußtsein in Ost und West -die doppelte Spaltung Deutschlands

Der Prozeß der Einheit Deutschlands wird auf lange Sicht hinaus belastet werden durch eine doppelte Spaltung der Einstellungslandschaft in der Bevölkerung in Ost und West. Die Menschen in den neuen und alten Bundesländern unterscheiden sich nicht nur in ihren politischen Einstellungen und Wertorientierungen, sondern auch tiefgreifend im jeweiligen Geschichtsbewußtsein: -Während im Westen der Nationalsozialismus und die Gründungs-und Aufbauphase der Bundesrepublik die dominanten historischen Epochen im Geschichtsbewußtsein der Menschen darstellen, ist dies im Osten vorrangig die Geschichte der DDR. -Daher ist das Geschichtsbewußtsein im Osten eher gegenwartsorientiert: Der Grund dafür liegt u. a. auch in der aktuellen Umbruchphase, die entsprechende Ängste verursacht und Neuorientierungen verlangt. -Eine positive Grundeinschätzung der Idee des Sozialismus ist in den neuen Bundesländern noch tief verwurzelt. Zusammen mit dem Mythos des Antifaschismus und anderem SED-Gedankengut wird einerseits eine endgültige Aufarbeitung des Nationalsozialismus blockiert und andererseits eine Tendenz zur Verklärung des SED-Staates deutlich. -Das Geschichtsverständnis der SED und das Geschichtsbewußtsein der Bürger in der ehemaligen DDR klafften weit auseinander. Die aktuellen Ängste, Vorurteile und Einstellungen der Deutschen in Ost und West zueinander fördern aber eher eine Sichtweise, in der sich die Ostdeutschen stärker mit der alten DDR identifizieren als mit der Bundesrepublik. Dies färbt ab auf das Geschichtsbewußtsein und führt zu Versuchen, in der untergegangenen DDR verstärkt Positives zu sehen. -Zu den unterschiedlichen Inhalten kommen gegensätzliche Bewertungen historischer Ereignisse und Personen in Ost und West. Am Beispiel Konrad Adenauers wird dies besonders deutlich. Im Westen als Synonym für Wiederaufbau, Westbindung und Wirtschaftswunder stehend, ist er für die Ostdeutschen eher ein vaterlandsloser Geselle, der für den Kapitalismus die Einheit geopfert hat -ein wohl noch lange nachwirkender Triumph der SED-Propaganda und eines ideologisierten Geschichtsunterrichts. -Der SED-Staat hat von der alten sozialistischen Ideologie geprägte Deutungsmuster und Begriffswelten in den Köpfen der Menschen hinterlassen, die noch lange ihre Folgen für eine gesamtdeutsche politische Kultur haben werden. Zusammen mit der „Nicht-Kommunizierbarkeit der ehemaligen DDR“ werden sich noch mindestens für die Dauer einer Generation Verständnis-und Verständigungsschwierigkeiten zwischen den Deutschen in Ost und West ergeben.

Die Kluft zwischen Ost und West wird zusätzlich vertieft durch den Generationsbruch im Westen zwischen den Kriegs-und Nachkriegsgenerationen und den Altersgruppen, die in der Bundesrepublik aufgewachsen sind. Am deutlichsten wird dies sichtbar am Beispiel der von uns genannten „Pessimisten“, die sich nicht nur im Geschichtsbewußtsein von den Älteren unterscheiden, sondern vor allem in ihrem problematischen Verhältnis zum politischen System der Bundesrepublik Deutschland. Auch im Osten existiert ein deutlicher Einstellungsunterschied zwischen den Generationen. Die beiden mittleren Altersgruppen haben aufgrund der engen Verwobenheit ihrer Biographien mit der DDR eine hohe Affinität zu dem alten System. Hier finden sich die meisten derjenigen Personen, die eine sozialistisch-demokratisch reformierte DDR einer Einheit mit der Bundesrepublik vorgezogen hätten. Diese Altersgruppen haben auch am meisten im Zuge der Einigung zu verlieren. Daher ist das größte Konfliktpotential im Zuge der Integration der alten und neuen Bundesländer in diesen beiden Gruppen zu finden.

Das Geschichtsbewußtsein der Menschen allgemein in Ost und West wird dominiert von der Zeit-geschichte und von den biographischen Erfahrungen jedes einzelnen. Entscheidend aber für die Ausprägung individuellen Geschichtsbewußtseins ist letztlich die Wechselwirkung zwischen der gesellschaftlichen Selbstdefinition auf der einen Seite und den je eigenen Erfahrungen und individuellen Bedürfnissen auf der anderen Seite. Diese Wechselwirkung wird erlebt als Spannung zwischen abstrakten Ideologien und offiziellen Geschichtsbildern gegenüber dem eigenen Alltag und der selbst erlebten Geschichte.

Die Darstellung der Ergebnisse der durchgeführten Erhebungen auf wenig Raum muß sich notwendigerweise mit dem Kompromiß des Weglassens und der plakativen Verkürzungen arrangieren. Auch bleiben viele Fragen offen. So spielte z. B. in den Interviews mit den Bürgern der ehemaligen DDR das Thema „Stasi“ so gut wie keine Rolle. Für Zeitungsleser und Fernsehzuschauer eigentlich unfaßbar. Im Gesprächsleitfaden war es als Befragungskomplex nicht vorgesehen: Bei der Konstruktion des Fragebogens wurde nämlich davon ausgegangen, daß -aufgrund der entsprechenden Erfahrungen im Westen -wichtige, die Menschen beschäftigende und bewegende Sachverhalte in den jeweiligen offenen Teilen von sich aus thematisiert würden. Dies war aber in diesem Punkt nicht der Fall. Gibt es das Stasi-Problem deshalb nur für Joachim Gauck oder für die Medien? Oder passiert hier etwas Ähnliches wie nach 1945, daß dieser schuldbeladene und problematische Teil der Geschichte und der Erinnerung nun kollektiv verdrängt wird? Wahrscheinlicher ist, daß der Stasi-Komplex noch keinen Eingang in das Geschichtsbewußtsein gefunden hat, aber das muß vorerst reine Spekulation bleiben.

Einige Lektionen haben sich die Deutschen in Ost und West zu Herzen genommen: Krieg als Mittel der Politik ist für eine überragende Mehrheit der Menschen kein Thema. Dies hat sich beispielsweise im Verlauf des Golfkrieges gezeigt, als in der Bundesrepublik die stärkste Kritik an dem militärischen Einsatz der Vereinten Nationen zu hören war. Die Ablehnung von militärischer Gewalt ist Kemelement des Geschichtsbewußtseins aller Deutschen, unabhängig von Alter, Parteisympathie oder Bildung.

Die Freude über die friedliche Umwälzung in der DDR, der Stolz auf den erreichten Wohlstand und der verbreitete Systempatriotismus in Deutschland dürfen nach der Einheit nicht verwechselt werden mit einem wiedererwachten Nationalismus -den es in bestimmten Formen und Gruppen am Rande sicherlich auch gibt. Die Wahlerfolge der rechtsradikalen Parteien haben nichts zu tun mit Nazismus; das entsprechende Einstellungspotential war den Sozialforschem inhaltlich und größenmäßig bekannt, in dieser Untersuchung ist es mit dem Begriff „Wohlstandschauvinismus“ beschrieben worden. Die Zeitenwende der beginnenden neunziger Jahre stellt sich dar als offene Situation, als Phase mit ungeheurer Prägekraft und Wandlungsfähigkeit, gerade in Europa. Die Geschichte ist nicht zu Ende -höchstens die Geschichte einiger Diktaturen und ihrer Ideologien. Wenn der Sieg des westlichen Modells allerdings nicht zum ökologischen Pyrrhussieg werden soll, dann sind gerade jetzt vermittelbare und realisierbare Visionen gefragt.

In Deutschland befindet sich die politische Kultur in den westlichen Bundesländern in einem Über-gang von einer abgeschlossenen Phase, deren ideologische Leitbilder historisch legitimiert wurden, in eine Zukunft, die die Festigung, den Ausbau und die Entwicklung neuer kollektiver Lebensentwürfe erfordert. Die neuen Bundesländer hingegen sind im Übergang und Umbruch, wobei für viele die Zielrichtung noch nicht klar ist.

Eine in die Zukunft weisende Politik kann in vielen Bereichen auf dem Fundament des Geschichtsbewußtseins der Deutschen aufbauen, das tragfähig ist für die Fortführung einiger bereits eingeleiteter Entwicklungen. Dies trifft zu für die Bereiche der Europapolitik, die Bündnispolitik innerhalb der NATO, für eine Sicherheits-und Friedenspolitik, die internationales Engagement nicht ausschließt, sowie für eine offene und demokratische Gesellschafts-und Ordnungspolitik. Die entsprechenden Grundlagen im Geschichtsbewußtsein der Menschen, wie sie aus dieser Untersuchung deutlich wurden, sind in den alten Bundesländern u. a. eine positive Grundhaltung zur europäischen Integration, die Lehre „Nie wieder Krieg“, die häufige Nennung der deutsch-französischen Freundschaft als wichtige Nachkriegserrungenschaft, die Betonung der Hilfe durch die Amerikaner nach dem Kriegsende und nicht zuletzt das Bewußtsein, daß erst die Demokratie Freiheit und Wohlstand ermöglicht. Für die neuen Bundesländer sind dies die mehrheitliche Anerkennung der Erfolge der sozialen Marktwirtschaft als Voraussetzung für die langfristige Identifikation mit der Bundesrepublik, der weitverbreitete Wille, es nun selbst auch zu etwas bringen zu wollen, und das Selbstbewußtsein, die Diktatur aus eigener Kraft mit friedlichen Mitteln gestürzt zu haben.

Die unterschiedlichen Erfahrungen der Menschen in Deutschland haben aber auch unterschiedliche Wertstrukturen in Ost und West entstehen lassen, die nun im Prozeß der Einheit manchmal hart aufeinanderprallen. Es gibt noch gegenseitige Vorurteile aus der Zeit vor 1989 und psychosoziale Strukturen die vor dem Hintergrund einer sich anspannenden Wirtschaftslage nicht unbedingt konfliktmildemd wirken. Die anstehenden gesellschaftspolitischen Aufgaben erfordern daher eine breite Diskussion aller relevanten Gruppen, um das Fundament für die Zukunftsfähigkeit Deutschlands zu bereiten. Dazu gehört auch die umfassende Aufarbeitung, Qualifikation und Einordnung der DDR-Geschichte. Diese Geschichtsinterpretation und Historiographie entscheidet über die Stigmatisierung und Kriminalisierung und damit über das Schicksal mehr oder weniger großer Bevölkerungsgruppen in den neuen Bundesländern und erweist sich dadurch als politischer Faktor von eminenterBedeutung.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Der Begriff stammt von Wolf Lepenies, wird hier aber in einem umfassenderen Sinne verstanden; vgl.ders., Folgen einer unerhörten Begebenheit. Die Deutschen nach der Vereinigung, Berlin 1992, S. 12.

  2. Vgl. Roland Habich/Detlef Landua/Eckhard Friller, Geringere Lebenszufriedenheit in der ehemaligen DDR, in: Informationsdienst Soziale Indikatoren, Nr. 5 vom Januar 1991, hrsg. von ZUMA-Mannheim.

  3. Vgl. Peter Meroth, Deutschland 2000. Der Staat, den wir uns wünschen, in: Magazin der Süddeutschen Zeitung, Nr. 1 vom 4. Januar 1991.

  4. Vgl. die Spiegel-Umfrage über die politische Situation im Februar, in: Der Spiegel, Nr. 8 vom 17. Februar 1992, S. 40-50. Zu den deutsch-deutschen Kernfragen zählt der Spiegel beispielsweise die Fragen, ob Bonn genug für den Osten tue und ob die Vereinigung Deutschlands den Erwartungen der Befragten entspreche.

  5. Wolf Lepenies hat die intellektuelle Ruhe im Westen, das Weitermachen und Weiterdenken nach der Einheit, so als wäre nichts geschehen, mit der Formel der „Folgenlosigkeit einer unerhörten Begebenheit“ umschrieben (Anm. 1), S. 25ff.

  6. Zu den Ängsten und Einstellungen der Ostdeutschen siehe beispielsweise die „Spiegel-Umfrage über die Einstellungen der Ost-und Westdeutschen zueinander“ (Teil II), in: Der Spiegel, Nr. 31 vom 29. Juli 1991, S. 41-49.

  7. Das Forschungsprojekt wird im Rahmen der Forschungsgruppe Deutschland unter der Leitung von Prof. Werner Weidenfeld am Institut für Politikwissenschaft der Universität Mainz durchgeführt. Projektbearbeiter ist Felix Philipp Lutz.

  8. Zur qualitativen Methodik siehe Felix Philipp Lutz, Geschichtsbewußtsein und individuelle Wertsysteme, in: Helmut Klages/Hans-Jürgen Hippler/Willi Herbert (Hrsg.), Werte und Wandel. Ergebnisse und Methoden einer Forschungstradition, Frankfurt-New York 1992, S. 269-288.

  9. In Anlehnung an Jörn Rüsen, Lebendige Geschichte. Grundzüge einer Historik III: Formen und Funktionen des historischen Wissens, Göttingen 1989, bes. S. 109ff.

  10. Vgl. Karl-Emst Jeismann, Geschichtsbewußtsein, in: Handbuch der Geschichtsdidaktik, hrsg. von Klaus Bergmann u. a., Düsseldorf 19853, S. 40-44.

  11. Vgl. Werner Weidenfeld, Geschichtsbewußtsein der Deutschen: Die Gegenwart der Vergangenheit, in: Karl Dietrich Bracher/Manfred Funke/Hans-Peter Schwarz (Hrsg.), Deutschland zwischen Krieg und Frieden. Beiträge zur Politik und Kultur im 20. Jahrhundert, Düsseldorf 1990, S. 442-453; Jörn Rüsen, Geschichtsbewußtsein und menschliche Identität, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 41/84, S. 3-10; Karl-Emst Jeismann, Verlust der Geschichte? Zur gesellschaftlichen und anthropologischen Funktion des Geschichtsbewußtseins in der gegenwärtigen Situation, in: ders., Geschichte als Horizont der Gegenwart, Paderborn 1985, S. 11-27.

  12. Jörn Rüsen, Historisch-politisches Bewußtsein -was ist das?, in: Bundesrepublik Deutschland. Geschichte. Bewußtsein, hrsg. von der Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 1989, S. 123.

  13. Vgl. ferner zum Geschichtsbewußtsein Werner Weiden-feld (Hrsg.), Geschichtsbewußtsein der Deutschen. Materialien zur Spurensuche einer Nation, Köln 1987, darin ders., Geschichte und Politik, S. 13-35; außerdem Felix Philipp Lutz, Empirisches Datenmaterial zum historisch-politischen Bewußtsein, in: Bundesrepublik Deutschland. Geschichte. Bewußtsein (Anm. 12), S. 150-170, und ders., Geschichtsbewußtsein, in: Werner Weidenfeld/Karl-Rudolf Körte (Hrsg.), Handwörterbuch zur deutschen Einheit, Frankfurt-New York 1992, S. 348-356.

  14. Jörn Rüsen benutzt beispielsweise den Begriff der Kontingenzerfahrung: „Kontingenzerfahrung und -bewältigung ist das dominante Problem des Geschichtsbewußtseins ...“, (Anm. 12), S. 121 f.

  15. Peter Alheit/Erika Hoeming, Biographie und Erfahrung: Eine Einleitung, in: dies. (Hrsg.), Biographisches Wissen. Beiträge zu einer Theorie lebensgeschichtlicher Erfahrung, Frankfurt-New York 1989, S. 12.

  16. Vgl. Karl Mannheim, Das Problem der Generationen, in: Kölner Vierteljahreshefte für Soziologie, 7 (1928) 2-3, S. 157-185; Helmut Fogt, Politische Generationen, Opladen 1982.

  17. Vgl. Howard Schuman/Jacqueline Scott, Generations and collective memories, in: American Sociological Review, 54 (1989), S. 359-381, hier S. 360.

  18. Vgl. dazu Elisabeth Noelle-Neumann, Das Deutschen-bild der Deutschen. Typisches, Spannungen und nationale Gemeinsamkeiten, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 19. März 1991.

  19. Vgl. Antonia Grunenberg, Antifaschismus -ein deutscher Mythos. Anmerkungen zu einem verdrängten Kapitel der Linken, in: Die Zeit, Nr. 18 vom 26. April 1991.

  20. Vgl. Christiane Lemke, Die Ursachen des Umbruchs 1989. Politische Sozialisation in der ehemaligen DDR, Opladen 1991, S. 270.

  21. Vgl. Jürgen Habermas, Bemerkungen zu einer verworrenen Diskussion. Was bedeutet „Aufarbeitung der Vergangenheit“ heute?, in: Die Zeit, Nr. 15 vom 3. April 1992.

  22. Die im folgenden aufgeführten Zitate und Textstellen stammen aus den qualitativen Interviews und dienen der Unterlegung und -wie wir meinen -der Bereicherung dieses Beitrages. Außerdem können auf diese Weise die Befragten selbst zu Wort kommen. Wir haben versucht, die Zitate so wenig wie möglich aus dem jeweiligen Textzusammenhang zu reißen bzw. durch Kürzungen und grammatikalische Ausbesserungen zu verfremden. Die qualitativen Erhebungen wurden in Zusammenarbeit mit dem Sinus-Institut, Heidelberg, erhoben.

  23. Vgl. zur Entwicklung der politischen Kultur und zu den Unterschieden zwischen den Generationen Martin Greiffenhagen, Die Bundesrepublik Deutschland 1945-1990. Reformen und Defizite der politischen Kultur, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 1-2/91, S. 16-26.

  24. Vgl. Thomas Gensicke, Mentalitätsentwicklungen im Osten Deutschlands seit den siebziger Jahren, Speyerer Forschungsberichte Nr. 109 des Forschungsinstituts für öffentliche Verwaltung, Speyer 1992; Walter Friedrich, Mentalitätswandlungen der Jugend in der DDR, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 16-17/90, S. 25-37.

  25. Vgl. dazu Jan Wielgohs/Marianne Schulz, Reformbewegung und Volksbewegung. Politische und soziale Aspekte im Umbruch der DDR-Gesellschaft, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 16-17/90, S. 15-24; W. Lepenies (Anm. 1), S. 42f. Auch Kritik am politischen System der DDR und an der herrschenden Klasse wurde häufig von sozialistischen Standpunkten aus geübt, vgl. dazu Rüdiger Thomas, Realer Sozialismus und historischer Realismus. Gesellschaftskritik in der Geschichte der DDR, in: Clemens Burrichter/Günter Schödl (Hrsg.), Zur Aufarbeitung von Vergangenheit in einigen europäischen Gesellschaften unserer Tage, Köln 1991, S. 79-108.

  26. Die Repräsentativbefragung wurde vom Institut für Demoskopie Allensbach durchgeführt. Der standardisierte Fragebogen und die Datenanalysen können bei der Forschungsgruppe Deutschland eingesehen bzw. angefordert werden. Die Cluster konstituieren sich aus 75 Items und ca. 40 zusätzlichen Korrelationen der Cluster mit weiteren Variablen plus soziodemographischen Daten.

  27. Die Typologie beruht auf einem mathematisch-statistischen Modell, das notwendigerweise Informationsverluste und Verallgemeinerungen zur Folge hat. In der Realität sind alle Formen von Mischtypen zwischen den Einzelkategorien denkbar und wahrscheinlich. Das Ziel bestand darin, ein plastisches und nachvollziehbares Bild des Geschichtsbewußtseins auf der gesellschaftlichen Makroebene zu zeichnen mit Hilfe von individuellen empirischen Daten. Die dadurch erreichte Strukturierung der Stichprobe entlang der Linien der individuellen Verarbeitungsmuster von Geschichte dürfte in der sozialwissenschaftlichen Forschung bislang einmalig sein.

  28. Einige soziodemographische Daten zu Typus 1: Größe: 23, 4% der Gesamtstichprobe von 2000; Altersstruktur: durchschnittlich; Parteisympathie: 50% CDU/CSU gegenüber 42, 7% CDU/CSU im Durchschnitt; SPD und FDP: Durchschnitt, weniger GRÜNE; Bildung: weniger formal Hochgebildete; weniger leitende und freie Berufe als im Durchschnitt.

  29. Die Beschreibung eines dominierenden Verarbeitungsmusters für einen Typus schließt nicht aus, daß ein anderer Typ über sehr ähnliche, wenn nicht sogar gleiche Deutungsmuster verfügt. Der Unterschied liegt aber dann in der Faktorladung, d. h.der Stärke der Zustimmung oder Ablehnung eines Deutungsjnusters durch diese Gruppe und/oder der typusspezifischen Kombination politisch in dieselbe Richtung laufender Faktoren. Aus Platzgründen kann die Beschreibung der Typologie hier nur sehr plakativ ausfallen unter Verwendung nur weniger Einzeldaten. Eine ausführlichere Analyse und Beschreibung der Typologie erfolgt an anderer Stelle auch auf der Ebene der einzelnen Items.

  30. Vgl. dazu die Spiegel-Umfrage über die Einstellungen der Deutschen und Juden zueinander: Mehr verdrängt als bewältigt, in: Der Spiegel, Nr. 3 vom 13. Januar 1992, S. 52-66, bes. S. 53.

  31. Die Aussage repräsentiert eine Formulierung aus dem standardisierten Fragebogen, wobei der Befragte auf einer Skala von 1-6 seine Ablehnung oder Zustimmung ausdrükken konnte. Die folgenden, in Anführung stehenden Sätze repräsentieren jeweils Formulierungen aus dem standardisierten Fragebogen.

  32. Vgl. Alexander und Margarete Mitscherlich, Die Unfähigkeit zu trauern, München 1985 (zuerst 1967); Hannah Arendt, Nach Auschwitz. Essays und Kommentare 1, Berlin 1989; Gabriele von Arnim, Das große Schweigen. Von der Schwierigkeit, mit den Schatten der Vergangenheit zu leben, München 1989; Ralph Giordano, Die zweite Schuld oder Von der Last Deutscher zu sein, Hamburg-Zürich 1987.

  33. Daten zu Typus 2: Größe: 21, 4%; deutlich mehr über 60jährige als im Durchschnitt; deutlich mehr Katholiken; Parteiensympathie: 46, 7% CDU (gegen 42, 7% gesamt), sonst Durchschnitt; wesentlich mehr regelmäßige Kirchgänger als in den anderen Gruppen; niedrigster formaler Bildungsgrad aller Typen. Diese Gruppe zeigte eine generelle Tendenz, allen positiv formulierten Aussagen zuzustimmen.

  34. Daten zu Typus 3: Größe: 17 % der Bevölkerung in den westlichen Bundesländern; 54, 5% (34, 5 % gesamt) dieser Gruppe sind jünger als 34 Jahre; überdurchschnittlich viele Konfessionslose; Parteiensympathie: CDU/CSU: 11, 4%, SPD: 45, 4% und GRÜNE: 33, 4%; 73% gehen selten oder nie in die Kirche; Gruppe mit den meisten Personen mit hohen formalen Bildungsabschlüssen.

  35. Vgl. zu dieser Problematik Dirk Berg-Schlosser, Entwicklung der Politischen Kultur in der Bundesrepublik Deutschland, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 7/90, S. 30-46, bes. S. 45; Max Kaase, Bewußtseinslagen und Leitbilder in der Bundesrepublik Deutschland, in: Werner Weidenfeld/Hartmut Zimmermann (Hrsg.), Deutschland-Handbuch. Eine doppelte Bilanz 1949-1989, München 1989, S. 203-221.

  36. Typus 3 zeigt die stärkste Zustimmung zu folgender Aussage: „Für mich gibt es in der deutschen Geschichte wenig, worauf man wirklich stolz sein könnte.“

  37. Siehe dazu auch Werner Weidenfeld/Karl-Rudolf Körte, Die Deutschen -Profil einer Nation, Stuttgart 1991, hier besonders S. 139ff.

  38. Daten zu Typus 4: Größe: 22, 1%; mehr Männer als Frauen-; mehr Protestanten als Katholiken; Parteiensympathie: CDU/CSU: 49, 8%, SPD: 32, 5% (gegen 37, 4% gesamt), GRÜNE: 5, 4% (gegen-10, 4% gesamt); 28% haben leitende oder freie Berufe (gegen 18% der Gesamtstichprobe); nur Gruppe 3 hat mehr Personen mit vergleichbar hohen Bildungsabschlüssen.

  39. Daten zu Typus 5: Größe: 14%; Alter: 6% mehr über 60jährige, dafür 6% weniger unter 34jährige; Parteiensympathie: CDU/CSU: 50%, SPD: Durchschnitt, FDP und GRÜNE: unterdurchschnittlich; deutlich mehr Arbeiter innerhalb der Berufsgruppen; Bildung: 54 % ohne oder nur mit Volksschulabschluß (gegen 44% gesamt).

  40. Die Frage lautete: „Wir haben einmal eine Liste zusammengestellt mit den verschiedenen Forderungen, was man Kindern für ihr späteres Leben alles mit auf den Weg geben soll, was Kinder im Elternhaus lernen sollen. Was davon halten sie für besonders wichtig?“

  41. Vgl. beispielsweise dazu: Allensbacher Berichte, Nr. 7, Adenauer als Denkmal. Eine Allensbacher Umfrage zum 25. Todestag, hrsg. vom Institut für Demoskopie, Allensbach 1992. Die quantitative Allensbach-Studie stützt dieses Ergebnis. Die gefundenen Prozentzahlen liegen zwischen Ost-und Westdeutschen z. T. drastisch weit auseinander. Westdeutsche haben rundweg eine positivere Einschätzung Adenauers als Ostdeutsche. Anzumerken ist jedoch, daß in der Form der hier angeführten Allensbacher Befragung es gar nicht möglich war, negative Meinungen über Adenauer zu äußern. Alle Antworten waren standardisiert; in den qualitativen Erhebungen der Forschungsgruppe Deutschland hingegen konnten die Befragten völlig frei und ohne Vorgaben ihre Meinung sagen.

  42. 71 % der 17-27jährigen glaubten nach einer im Spiegel publizierten Umfrage noch, daß sich Geschichte in Form von Klassenkämpfen vollzieht, in: Der Spiegel, Nr. 48 vom 26. November 1990, S. 156.

  43. So Rainer M. Lepsius in einem Vortrag zu dem Thema: „Ein ganz normaler deutscher Staat?“ auf der 14. Tagung der Studiengruppe Deutsche Frage am 13. /14. Dezember 1990 in Schloß Auel bei Bonn.

  44. In Anlehnung an das Buch von Francis Fukuyama, Das Ende der Geschichte. Wo stehen wir?, München 1992.

  45. Zu diesen Problemen äußerten sich Hans-Joachim Maaz und Joachim Gauck auf der Tagung der Gesellschaft für Deutschlandforschung am 12. und 13. März 1992 in Berlin, siehe dazu das Thesenpapier von Maaz, außerdem ders., Psychosoziale Aspekte im deutschen Einigungsprozeß, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 19/91, S. 3-10.

Weitere Inhalte

Werner Weidenfeld, Dr. phil., geh. 1947; Professor für Politikwissenschaft an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz. Veröffentlichungen u. a.: Die Identität der Deutschen, München 1983; (Hrsg.) Geschichtsbewußtsein der Deutschen. Materialien zur Spurensuche einer Nation, Köln 1987; Der deutsche Weg, Berlin 19912; (Hrsg. zus. mit Karl-Rudolf Körte) Handwörterbuch zur deutschen Einheit, Frankfurt 1992. Felix Philipp Lutz, M. A., geb. 1958; seit 1986 wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Forschungsgruppe Deutschland am Institut für Politikwissenschaft der Universität Mainz. Veröffentlichungen u. a.: Junge Deutsche im Ausland: Vergangenheitsbewältigung und Vorurteilsabbau, in: Beiträge zur Konfliktforschung, (1989) 2; Geschichtsbewußtsein und individuelle Wertsysteme, in: Helmut Klages/Hans-Jürgen Hippier/Willi Herbert (Hrsg.), Werte und Wandel. Ergebnisse und Methoden einer Forschungstradition, Frankfurt-New York 1992; Wertewandel, in: Werner Weidenfeld/Karl-Rudolf Körte (Hrsg.), Handwörterbuch zur deutschen Einheit, Frankfurt 1992.