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Die unvollendete Revolution in Osteuropa: Charakter und Ziele des politischen Umbruchs von 1989 | APuZ 10/1993 | bpb.de

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APuZ 10/1993 Die politischen Kulturen Ostmitteleuropas im Umbruch Die unvollendete Revolution in Osteuropa: Charakter und Ziele des politischen Umbruchs von 1989 Die Rolle der Intellektuellen im Prozeß des osteuropäischen Systemwandels Auswirkungen des Nationalismus in Osteuropa Die EG, die osteuropäische Herausforderung und die Sicherheit Europas

Die unvollendete Revolution in Osteuropa: Charakter und Ziele des politischen Umbruchs von 1989

Helmut L. Müller

/ 22 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Exakt 200 Jahre nach der Französischen Revolution ging es der demokratischen Revolution in Osteuropa nicht um neue Utopien, sondern um Ziele, die im Westen längst verwirklicht waren: die Achtung der grundlegenden Menschen-und Bürgerrechte. In diesem Sinne läßt sich von einer „nachholenden Revolution“ (Jürgen Habermas) sprechen. Die „Rückkehr nach Europa“ wird lange dauern. Osteuropa wird noch geraume Zeit mit den Überbleibseln der kommunistischen Ära leben müssen. Die Revolution von 1989 ist noch nicht abgeschlossen. „Erst wenn eine neue Generation in das politische Leben eintritt, wird man sagen können, daß wir alles hinter uns haben.“ (Vaclav Havel).

I. Vorbemerkung

„Diese Revolution ist ein Prozeß, der -obwohl im Ausklingen begriffen -sich immer noch in Bewegung befindet. Erst wenn eine neue Generation in das politische Leben eintritt, wird man sagen können, daß wir alles hinter uns haben. Die Revolution ist tatsächlich noch nicht beendet.“

Vaclav Havel hält zwar eine Wiederkehr des Kommunismus in Osteuropa für ausgeschlossen; das Rad der Geschichte läßt sich nach seiner Über-zeugung nicht mehr zurückdrehen. Doch in einem Gespräch mit dem polnischen Intellektuellen Adam Michnik machte der frühere Staatschef der ÖSFR und heutige Präsident der Tschechischen Republik darauf aufmerksam, daß der mit der demokratischen Revolution von 1989 begonnene Umbruch bis jetzt andauere und der Systemwandel im Osten weiterhin gefährdet bleibe.

Havel nannte in dem Gespräch zwei Beispiele, um das Prozessuale, das Andauern des Umbruchs in seinem (mittlerweile zerfallenen) Lande zu beschreiben: Noch seien 95 Prozent aller Unternehmen in der Tschechoslowakei Staatsbetriebe; und noch stammten 95 Prozent aller Gesetze aus der Zeit der kommunistischen Diktatur

Die „sanfte Revolution“ von 1989 bedeutete keinen völligen Bruch mit der Vergangenheit. Sie ließ einen Teil der Machtstrukturen des Ancien rgime unangetastet. Diese Relikte der alten Zeit machen den Wegbereitern der neuen Verhältnisse schwer zu schaffen. Das betrifft die maroden Staatsbetriebe der mißratenen Planwirtschaft ebenso wie die Aufarbeitung von vier Jahrzehnten Unrechts-regime, aber auch den Kampf gegen die alten Gewohnheiten bei den einfachen Bürgern -denen das kommunistische System etwa jede Privatinitiative systematisch ausgetrieben hat.

Gewiß hat die Revolution von 1989 die kommunistischen Despotien in Osteuropa hinweggefegt. Das System der „Nomenklatura“ dürfte ein für allemal dahin sein. Diese Revolution hat definitiv eine alte Ordnung beseitigt und war daher von Erfolg gekrönt. Wenn man den Begriff „Revolution“ allein auf jene Volkserhebungen anwendet, die die totalitären KP-Regime in Osteuropa zum Nachgeben gezwungen haben, läßt sich durchaus sagen, daß der politische Umbruch von 1989 bereits abgeschlossen ist

In Polen hat der erste demokratische Ministerpräsident Tadeusz Mazowiecki dafür plädiert, einen „Schlußstrich“ unter die Vergangenheit zu ziehen und mit der Zukunft zu beginnen. Doch so einfach werden die Länder Osteuropas mit dem bedrükkenden Erbe des totalitären Systems nicht fertig. Das Alte überlagert noch zu sehr das Neue. Wenn man sich den Sinn der Umwälzungen von 1989 vor Augen hält, dann kann man nicht guten Gewissens behaupten, daß das Werk der demokratischen Erneuerung im Osten schon vollendet ist

Darauf verweist nicht nur der „Sonderfall“ Rumänien, wo es keinen so radikalen Einschnitt gegeben hat wie in Polen, Ungarn oder der ehemaligen ÖSFR. In Bukarest regieren mit dem Staatschef Iliescu und der „Nationalen Rettungsfront“ heute „gewendete“ Kommunisten, die in gewisser Weise das alte Regime fortführen. Die Revolution ist hier auf halbem Wege steckengeblieben In den anderen Ländern Osteuropas hat sich im Gegensatz dazu in Parlament und Regierung wohl der Wechsel hin zu den demokratischen Kräften längst vollzogen. Doch in Verwaltung und Wirtschaft sehen die Menschen vielfach alte „Seilschaften“ am Werk, die schon zu den Stützen des früheren KP-Regimes gezählt haben. Fast überall stehen neue Verfassungen, die die Errungenschaften der demokratischen Revolution von 1989 festschreiben, noch immer aus. Und die schier endlose Stasi-De-batte etwa zeigt, daß der (Un) Geist des alten Regimes noch Jahre, ja Jahrzehnte fortwirken wird.

Wir leben im Jahre vier der europäischen Revolution des späten 20. Jahrhunderts Der Umbruch im Osten verändert den ganzen Kontinent. Deshalb ist es kaum zu begreifen, daß Westeuropa, das 1989 den Sturz der KP-Diktaturen bejubelt hat, bis heute kein richtiges Konzept hat, um den Osteuropäern bei der schwierigen Umgestaltung zu helfen. Immerhin bemüht sich jetzt die wissenschaftliche Literatur zusehends um ein genaueres Verständnis der Epochenwende von 1989. Dazu will auch die folgende Studie beitragen, die insbesondere der Frage nachgeht, welcher Art die Revolution von 1989 war und zu welchem Ziel sie geführt hat.

II. Die Rahmenbedingungen der Revolution von 1989

1989 entledigten sich nicht nur die lange geknechteten Völker Osteuropas durch eine Revolution ihrer diktatorischen Führungen. Zugleich wurde auch das gesamte System der Weltpolitik, wie man es seit 40 Jahren kannte, „revolutioniert“. Die Auflehnung der osteuropäischen Gesellschaften gegen die kommunistische Herrschaft ging Hand in Hand mit der Transformation der internationalen Ordnung, die seit 1945 durch das „bipolare“ Modell des Ost-West-Konflikts geprägt war.

Michail Gorbatschow wurde zum großen Beweger der Weltpolitik. Dabei dachte der neue Kremlchef bei seinem Amtsantritt 1986 keineswegs daran, den Kommunismus abzuschaffen und Moskaus Satelliten in Osteuropa in die Freiheit zu entlassen. Die Politik der „Perestroika“ (Umgestaltung) und der „Glasnost“ (Offenheit) wurde vielmehr konzipiert als Rezept gegen die schwere Krankheit des kommunistischen Systems. Innerhalb des gesamten Ostblocks sollten nach dem Willen Gorbatschows reformkommunistische Regierungen das Ruder übernehmen. Kurzum: Der ganze Kurs-wechsel lief darauf hinaus, eine antikommunistische Revolution zu verhindern.

Da sich Reformen als unmöglich erwiesen, wurde der Wandel schließlich zur Revolution. Wie 1789 brach auch 1989 das alte Regime gerade in dem Augenblick zusammen, als es sich zu reformieren suchte. Tocquevilles Gesetz gilt demnach auch für das sowjetische System: Regime sind am anfälligsten dann, wenn sie sich der Veränderung öffnen

Zwar fiel in Osteuropa das kommunistische System unter dem Druck der aufbegehrenden Bürger wie ein Kartenhaus zusammen. Aber nichts wäre in Gang gekommen ohne den „Faktor Gorbatschow“. Der Kremlchef konnte 1989 nicht mehr mit Gewalt in Osteuropa eingreifen, weil er damit im Westen seinen ganzen Nimbus als Reformer zerstört hätte. Daher fand sich Gorbatschow damit ab, daß der „Große Bruder“ abzudanken hatte, und verzichtete auf die neuerliche Anwendung der berüchtigten „Breschnjew-Doktrin“ Daß Gorbatschow das Unausweichliche geschehen ließ, als es einmal ins Rollen gekommen war, macht ihn zu einem jener „Helden des Rückzugs“, von denen Hans Magnus Enzensberger gesprochen hat

Die Ereignisse des Jahres 1989 lassen sich freilich nicht auf ein Kalenderjahr beschränken. Zum einen dauerten die Umbruchsprozesse weit über jenes Jahr hinaus. Seinen (vorläufigen) Endpunkt erreichte das Jahr 1989 erst durch den Sieg der Demokraten über die Moskauer Putschisten im August 1991. Zum anderen begannen die Bewegungen des Jahres 1989 bereits viel früher; die Anfänge von 1989 gehen weit in die siebziger, ja bis in die fünfziger Jahre zurück

Sicherlich wäre die demokratische Revolution in Osteuropa ohne das Stillhalten der Sowjetunion in dieser Form nicht möglich gewesen. Daß es aber überhaupt zu diesem „Aufstand gegen Zwang und Lüge“ (Helmut Schmidt) kam, ist in erster Linie darauf zurückzuführen, daß selbst massive Einschüchterung den Geist der Freiheit nicht aus den Köpfen der Menschen hat tilgen können. Die Völker Osteuropas vermochten die KP-Regime abzuschütteln, weil sie über Jahrzehnte hinweg die Kraft zum Durchhalten und zum Widerstand aufgebracht hatten.

Der politische Aufbruch von 1989 hat daher eine lange Vorgeschichte immer neuer, immer wieder gescheiterter Rebellionen gegen die innere und die äußere Unterdrückung: 1953 in der DDR, 1956 in Ungarn und Polen, 1968 in der Tschechoslowakei, 1970, 1976 und 1980/81 in Polen. Polen wurde, spätestens seit der Gründung der unabhängigen Gewerkschaft „Solidarität“ 1979, zum Vorreiter der osteuropäischen Selbstbefreiung

Daß die polnische „Solidarität“ den „Bazillus der Freiheit“ in die kommunistische Welt tragen konnte, ist vor allem dem KSZE-Prozeß zu verdanken. Denn die „Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa“ stellte ein Forum dar, auf dem der Westen nachdrücklich auf die Einhaltung der Menschenrechte auch im Osten drängte. Die Schlußakte von Helsinki, die 1975 auch die Ostblockstaaten unterzeichnet hatten, wurde für die osteuropäischen Bürgerrechtler zu einer Berufungsinstanz, mit der sie gegenüber dem kommunistischen Regime die Grundfreiheiten des einzelnen in ihren Ländern einklagen konnten. Folgerichtig sieht Adam Michnik den entscheidenden Einschnitt, der die „Authentizität des Wandels“ in der Sowjetunion Gorbatschows unter Beweis gestellt habe, in der Rückkehr Andrej Sacharows aus der Verbannung in Gorki: „Sacharow hat uns alle gelehrt, daß die Menschenrechte die Grundfeste der zivilisierten Welt sind... Die große antitotalitäre Revolution, die die Menschenrechte auf ihre Fahnen geschrieben hatte..., nahm ihren Ausgang bei Andrej Sacharow.“

Auch die Wahl des Polen Karol Wojtyla zum Papst in Rom war ein Faktor, der zur revolutionären Situation in Osteuropa beigetragen hat. Denn Johannes Paul II. verstand es wie niemand vor ihm, den friedlichen Widerstand gegen das kommunistische Regime zu mobilisieren.

III. Die Besonderheiten der Revolution von 1989

Exakt 200 Jahre nach der Französischen Revolution ging es der demokratischen Revolution in Osteuropa nicht um neue Utopien, sondern um Ziele, die im Westen längst verwirklicht waren: die Achtung der grundlegenden Menschen-und Bürgerrechte. In diesem Sinne läßt sich von einer „nachholenden“ oder „rückspulenden“ Revolution (Jürgen Habermas) sprechen. Diese Revolution machte den Weg frei, um versäumte Entwicklungen aufzuholen. Die Umwälzungen im Osten waren Volksaufstände im Namen der Herstellung oder Wiederherstellung der liberalen Demokratie

Die ursprüngliche Antriebskraft der Revolution von 1989 war das Streben nach Freiheit Da fand zu allererst eine politische Revolution, eine „Verfassungsrevolution“ statt: Die Beseitigung der diktatorischen KP-Herrschaft stand an erster Stelle; aber der politische Wandel sollte auch eine Veränderung der ökonomischen Zustände ermöglichen, d. h.freie Bahn schaffen für eine normale, funktionierende (Markt) Wirtschaft

Die nicht-utopische Revolution von 1989 hat augenscheinlich keine neuen Ideen und keine zukunftsweisenden Konzepte hervorgebracht. Joachim Fest sieht das Besondere der Revolution in Osteuropa darin, daß dieser Umsturz keine Vordenker hatte, die wie bei den Revolutionen der Vergangenheit mit dem Entwurf einer neuen, besseren Gesellschaft den Massen den Weg wiesen. Doch Fest trifft kaum ins Schwarze, wenn er konstatiert, daß ähnlich wie bei der studentischen Protestbewegung 1968 im Westen auch bei der großen Umwälzung 1989 in Osteuropa „von den Schreibtischen keine Verbindung zu den Werkbänken“ geführt habe

In Wirklichkeit war 1989 auch eine „Revolution der Intellektuellen“. Gewiß zwangen primär die streikenden Arbeiter in Polen oder die demonstrierenden Massen in der DDR und der Tschechoslowakei die kommunistischen Machthaber in die Knie. Aber „Revolutionspolitik“ machten die Intellektuellen; sie waren die Wortführer der Volkserhebung gegen das KP-Regime: Vaclav Havel, Adam Michnik, Mircea Dinescu etc. Die polnische Gewerkschaft „Solidarität“ war geradezu ein Modell für das Bündnis zwischen Intelligenz und Arbeiterschaft, ohne das der Machtwechsel in Warschau kaum möglich gewesen wäre.

In der „vorrevolutionären“ Phase der siebziger und achtziger Jahre hatten die Literaten und Intellektuellen in Osteuropa eine ähnliche Rolle gespielt wie vor 200 Jahren ihre französischen Kollegen, indem sie die „Legitimität“ des bestehenden politischen Systems erschütterten und eine Umwertung der herrschenden Werte anbahnten. Nun erlebten die osteuropäischen Intellektuellen mit dem Sieg der Revolution von 1989 ihren großen Triumph als Moralisten und Politiker: Die einst Ohnmächtigen gelangten an die Macht, die Dissidenten wurden zuPräsidenten, Parlamentariern und Stars der Massenmedien

Daß die Umwälzungen in den Ländern Osteuropas (mit Ausnahme Rumäniens) einen friedlichen und gewaltfreien Charakter hatten, war ein geschichtliches Novum. Die für die Demokratie demonstrierenden Massen wußten nämlich, daß nach der Wende durch Gorbatschow -anders als bei früheren Anlässen -diesmal keine Panzer des War-schauer Pakts rollen würden; diese Gewißheit machte den Menschen offensichtlich Mut und beflügelte ihre Zivilcourage. Daß es nicht zum Äußersten kam, war freilich auch den Reformkräften innerhalb der kommunistischen Apparate zu danken, die für einen Dialog mit den oppositionellen Gruppen eintraten -in der trügerischen Hoffnung, damit einen Teil ihrer Macht retten zu können. Ebenso trug der Einfluß der Kirchen dazu bei, daß der Systemwechsel friedlich ablief; denn sie stellten in Polen wie in der DDR der Opposition einen Schutz-und Protestraum zur Verfügung.

Entscheidend war wohl, daß nicht eine einzelne Partei oder eine einzelne Gewerkschaft zum Hauptakteur der Revolution wurde, sondern eine Bürgerbewegung, die ein breites Bündnis aller sozialen Schichten ermöglichte. Dies gilt für das „Bürgerforum“ in der SFR genauso wie für das „Neue Forum“ in der DDR. Auch die „Solidarität“ in Polen war von Anfang an mehr als eine Gewerkschaft im engeren Sinne, nämlich eine „gesellschaftliche Viel-Punkte-Bewegung“ (Adam Michnik), die der Demokratie den Weg ebnen wollte

Daß sich die Revolution in der Tschechoslowakei so „sanft“ vollzog, war auch ein sichtbarer Erfolg der ursprünglichen Mission der „Charta 77“. Denn die Kraft dieses Manifestes von Bürgerrechtlern lag darin, daß es den herkömmlichen ideologischen Gegensatz zwischen links und rechts überwand und Menschen mit unterschiedlichsten Ansichten und Biographien zusammenführte. Das Fähnlein der Aufrechten in der „Charta 77“ wußte, daß es trotz aller Differenzen Werte gab, die jeder von ihnen verteidigen mußte; und daß es nötig war, sich zur Verteidigung dieser Werte mit anderen zusammenzuschließen. Den gemeinsamen Nenner fanden die Intellektuellen der „Charta 77“ damals in den Menschenrechten

Auch Jens Reich, einer der Mitbegründer des „Neuen Forums“, betont das Prinzip der strikten Gewaltfreiheit, das die Bürgerbewegung in der DDR auf ihr Panier geschrieben habe: „Wir wollten in die legale Öffentlichkeit, alles sollte streng nach Vorschrift geschehen. Wir pochten auf unsere Rechte. Genau dieser Aspekt hat schließlich bewirkt, daß wir von den Bürgern der DDR unterstützt wurden ... Die Revolution hat die Ziele, über die sich alle einig waren, erreicht: Einführung der Bürgerrechte und demokratischer Strukturen, Abschaffung der Gewaltjustiz und der politischen Justiz.“

Der Schriftsteller Michael Schneider weist zu Recht darauf hin, daß die osteuropäischen Massenbewegungen in ihrem Auftreten dem Verhalten rebellierender Menschen ähnelten, wie es Albert Camus in den fünfziger Jahren in seinem Buch „Der Mensch in der Revolte“ beschrieben hatte. Rebellen geht es im Gegensatz zu Revolutionären nicht um die Eroberung der Macht, sondern in erster Linie um die Zurückweisung eines als unerträglich empfundenen Zustandes. Der Rebell im Sinne von Camus ist eher ein Moralist, der die herrschende Gewalt verneint, ohne ihr eine organisierte Gegengewalt entgegensetzen zu wollen. Vor allem diese Absage an jede Gewalt sicherte den osteuropäischen Bürgerbewegungen die Sympathien der Bevölkerung

Zu den Eigentümlichkeiten der osteuropäischen Emanzipationsbewegungen zählt auch, daß nationale Werte und Symbole in ihnen eine zentrale Rolle spielten. Dies war vor allem Ausdruck der nationalen Selbstbehauptung gegen ein System, das die osteuropäischen Völker nicht nur als Tyrannei, sondern zugleich als Fremdherrschaft erlebten und empfanden. Die Volkserhebungen erhielten dadurch besondere Wucht, daß sich die Massenproteste nicht gegen einen hausgemachten, sondern einen importierten Totalitarismus richteten Gerade die Tatsache, daß die Befreiung vom Kommunismus eng verknüpft war mit der Frage der nationalen Souveränität, wirkte in den Ländem Osteuropas einheitsstiftend.

Es gibt eine deutliche Parallele zwischen den Umbruchsprozessen in Osteuropa und der Revolution von 1848: Auch im damaligen „Völkerfrühling“ hatten sich Aspirationen nach nationaler Souveränität und Nationalstaatsbildung mit Bestrebungen und Forderungen nach Volkssouveränität, bürgerlicher Demokratie und Öffentlichkeit verbunden Die demokratische Revolution von 1989 entlehnte ihre Mittel zwar dem bekannten Repertoire der neuzeitlichen Revolution: Die Präsenz der auf Plätzen und Straßen versammelten Massen entmachtete die kommunistischen Despoten. Aber diese spontane Massenaktion spielte sich erstmals unter den Bedingungen der modernen Massenmediengesellschaft ab Besonders das Fernsehen wurde zu einem Multiplikator der Losungen der Massenproteste -am deutlichsten in Rumänien, wo das staatliche Fernsehen zur politischen Drehscheibe der Revolution gegen den Diktator Ceausescu umgewandelt wurde

Im Zeitalter der grenzüberschreitenden elektronischen Medien kann es weitaus weniger als zuvor geschlossene Gesellschaften geben. In der Epoche des Fernsehens wird allein der zeitliche Ablauf der im doppelten Wortsinne revolutionären Übertragung der Ereignisse enorm beschleunigt. Nachrichten(vermittler) lösen internationale Revolutionsketten aus Die Menschen, die im Dezember 1989 in Temesvar gegen den rumänischen Despoten protestierten, folgten „televisonären Modellen“: Sie ahmten die Demonstranten in Prag und Leipzig nach, über die das jugoslawische Fernsehen berichtet hatte. Die Demonstranten in Prag wiederum waren durch die TV-Informationen über die politische Wende in der DDR mobilisiert worden Der britische Zeithistoriker Timothy Gar-ton Ash resümiert: „Alle Revolutionen in Europa am Ende des 20. Jahrhunderts sind Telerevolutionen.“

IV. Die unterschiedlichen Wege zur Freiheit

Charakteristisch für den Umbruch in Polen und Ungarn war der „paktierte“ Systemwechsel, die zwischen Vertretern der alten Herrschaftseliten und der oppositionellen Kräfte „ausgehandelte Revolution“ Das, was in Polen und Ungarn geschah, war folglich eine Mischung aus Revolution und Reform, die Timothy Garton Ash als „Refolution“ bezeichnet. Einerseits gab es da ein wichtiges Element des Wandels „von oben“, angeführt von einer aufgeklärten Minderheit in den noch immer herrschenden kommunistischen Parteien, andererseits aber auch ein starkes Element des Drucks „von unten“. Das Zusammenspiel beider Elemente -durch Verhandlungen zwischen den herrschenden und den oppositionellen Eliten -führte zu den Vereinbarungen am „Runden Tisch“

In Polen überwog der Druck „von unten“. Immerhin hatten sich nur in diesem Land Arbeiter und Intellektuelle schon Ende der siebziger Jahre zu einer wirksamen Massenbewegung, der Gewerkschaft „Solidarität“, zusammengefunden. Damit stellte sich für Polen die grundlegende Frage, inwiefern sich eine echte Opposition in das kommunistische System einbauen ließ. Die Wortführer der „Solidarität“ kannten sehr genau die Grenzen des Möglichen; sie strebten nicht sogleich die Machtübernahme an, sondern verfolgten eine Strategie der evolutionären Veränderung, ja der stufenweisen Überwindung des Systems. Es war eine „sich selbst beschränkende Revolution“

In Ungarn hingegen setzte der Umbau der Gesellschaft „von oben“ ein. Am Ende paukten die Reformkommunisten um Nemeth, Horn, Poszgay -unter dem Druck der Dissidenten -die entscheidenden Veränderungen durch.

Die Entwicklung in Polen und Ungarn hatte im übrigen Osteuropa einen politischen Zugzwang zur Folge. Die Wiederzulassung der „Solidarität“ und die Wahl Mazowieckis zum ersten nichtkommunistischen Premier in Polen, aber auch die Öffnung der ungarischen Westgrenze für die ostdeutschen Flüchtlinge gaben die Impulse für die schnellen, vor allem von friedfertigen Demonstranten erzwungenen Umstürze in der DDR und in der Tschechoslowakei, denen die blutige Revolution in Rumänien und der gewaltlose, eher „von oben“ initiierte Machtwechsel in Bulgarien folgten. Timothy Garton Ash hat die enorme Beschleunigung der Ketten-Revolutionen von 1989 plastisch beschrieben: „In Polen dauerte es zehn Jahre, in Ungarn zehn Monate, in der DDR zehn Wochen; vielleicht wird es in der Tschechoslowakei nur zehn Tage dauern!“

V. Der „Sonderfall“ DDR

In der DDR brachte erst die Massenflucht, dann der Massenprotest die Zwingburg der SED zum Einsturz. Diese Reihenfolge ist nicht zufällig, sondern entspricht dem tatsächlichen Ablauf der „deutschen Revolution“: Der eigentliche Motor der „Wende“ war die Flüchtlingsbewegung; die spektakulären Demonstrationen in Leipzig oder Ost-Berlin sind als Folgeerscheinungen einzustufen

Nur in der DDR gab es einen Richtungswechsel der Revolution, der sich in der Ablösung der Parole „Wir sind das Volk!“ durch das Motto „Wir sind ein Volk!“ ausdrückte. Nur hier konnte durch die zunehmende Orientierung auf die Bundesrepublik eine „Wende in der Wende“ einsetzen. Und nur hier schaffte die revolutionäre Gesellschaft mit dem Beitritt zur Bundesrepublik sogleich die „Rückkehr nach Europa“, die die osteuropäischen Demokratiebewegungen allesamt als ihr Hauptziel proklamiert hatten

Im Falle der DDR läßt sich daher, wie es Gert-Joachim Glaeßner tut, von einer wiederherstellenden und zugleich von einer abgebrochenen Revolution sprechen: Einerseits wollte sie wieder an die freiheitlichen Traditionen der westlichen Demokratien anknüpfen; andererseits kam der Prozeß der Neukonstituierung der Gesellschaft nicht wirklich in Gang, weil er schon wenige Wochen nach dem Sturz der SED-Herrschaft durch den Ruf nach der Vereinigung der beiden deutschen Staaten überlagert wurde Da dies der offenkundige Wunsch der großen Mehrheit der DDR-Bürger war, trifft die Klage der ostdeutschen Intellektuellen nicht zu, daß die DDR-Revolution „verraten“ worden sei. Zwar blieb von den Impulsen der DDR-Bürgerbewegung im politischen Alltag der deutschen Einheit wenig übrig. Doch setzt sich im Grunde die DDR-Revolution bis heute durch den Prozeß der deutschen Vereinigung fort

Nur in der DDR tat sich im Herbst 1989 eine tiefe Kluft zwischen den Intellektuellen und dem Volk auf. Nichts demonstrierte dies deutlicher als der Aufruf „Für unser Land!“, in dem führende Schriftsteller und Künstler Ostdeutschlands nach dem Fall der Mauer noch für eine eigenständige, sozialistische und demokratisch erneuerte DDR eintraten, als die meisten DDR-Bürger von sozialistischen Experimenten längst nichts mehr wissen wollten. Während etwa in der Tschechoslowakei Vaclav Havel zur Symbolfigur der „samtenen Revolution“ wurde, fiel in der DDR den Vertretern der Intelligenz kaum mehr als die Rolle von Zaungästen zu. In der DDR fand, pointiert gesagt, eine „Revolution ohne Intellektuelle“ statt.

Die Pauschalkritik an den führenden ostdeutschen Schriftstellern wie Christa Wolf übersieht freilich zweierlei: Zum einen hat auch die kritische DDR-Literatur -nicht die Parteiliteratur -einen Anteil an den umwälzenden Ereignissen des Jahres 1989. Die Autoren haben insofern wichtige Vorarbeit für die DDR-Revolution geleistet, da sie mit ihren Büchern ein kritisches Bewußtsein geweckt und wachgehalten haben Zum anderen war es in der DDR von Anfang an außerordentlich schwierig, eine wirksame Opposition gegen die SED-Herrschaft auf die Beine zu stellen, weil die Regime-gegner durch die Abwanderung von Verfolgten und Flüchtlingen in die Bundesrepublik immer wieder geschwächt wurden. Wenn die kritischen Köpfe im Lande geblieben wären oder im Lande hätten bleiben können, „hätte es mit der DDR-Opposition anders ausgesehen“

VI. Die Leitmotive der osteuropäischen Revolution

Insgesamt zielten die Ketten-Revolutionen von 1989 auf die Durchsetzung der „civil society“, d. h.der Bürger-oder Zivilgesellschaft. Dies war seit den siebziger Jahren das Stichwort für das zentrale politische Konzept der osteuropäischen Opposition gewesen. Da die klassischen politischen Institutionen (Parlament, Regierung, etc.) von der Kommunistischen Partei dominiert waren, konnten Veränderungen nicht durch Teilnahme am politischen Prozeß, sondern nur durch Aufbau einer „alternativen“ Gesellschaft außerhalb der Domäne des Parteistaates bewirkt werden Der Pole Bronislaw Geremek hat die Wiederherstellung der Zivilgesellschaft in den osteuropäischen Ländern als ein „Programm der Freiheit“ bezeichnet. In der Praxis bedeutete dies die Literatur des „zweiten Umlaufs“ (Samisdat), die „fliegende Universität“ neben der offiziellen, die „Schattenwirtschaft“ und die unabhängige Gewerkschaft -wie die „Solidarität“ in Polen Bezeichnend für das Konzept der „civil society“ als Gegenbild zur repressiven KP-Macht war, daß der Vorläufer der „Solidarität“, das 1976 gegründete „Komitee zur Verteidigung der Arbeiter“, bald zum „Komitee für gesellschaftliche Selbstverteidigung“ (KOR) wurde; es richtete damit eine erste Grenze zwischen kommunistischer Macht und ziviler Gesellschaft auf

Auch Vaclav Havel verstand das Projekt einer „parallelen Polis“ als Keimzelle für den friedlichen Wandel der gesamten Gesellschaft. Mit der „Charta 77“ bildete sich inmitten einer Welt politischer Unterdrückung eine antitotalitäre Gemeinschaft, die mit ihrem öffentlichen Bekenntnis zum Gerechten und Guten den Bürgern ein Beispiel geben wollte. Dem „Leben in Lüge“ sollten immer mehr Menschen ein „Leben in Wahrheit“ entgegensetzen, so hoffte Havel, und auf diese Weise das ganze Land grundlegend verändern Im Kommunismus gewann diese moralische Forderung sofort eine politische Dimension. Denn der totalitäre Staat duldete niemanden, der sich seiner Vereinnahmung demonstrativ entzog. Für die demokratische Opposition in Osteuropa aber gehörten Politik und Moral untrennbar zusammen

Die Politik des Widerstands wurde unter kommunistischen Bedingungen somit fast überall und fast programmatisch zur „Antipolitik“ 49. „Der Antipolitiker“, sagte der ungarische Schriftsteller György Konrad, „möchte den Wirkungsbereich der Regierungspolitik (besonders den ihres militärischen Apparats) unter der Kontrolle der Zivilgesellschaft halten.“ Dieses „antipolitische“ Verständnis der Politik erweiterte noch die bedeutsame Rolle der Literaten und Intellektuellen im gesellschaftlichen Leben der letzten Phase des Kommunismus; denn sie wurden zu Trägern des politischen Programms und ersetzten gewissermaßen politische Institutionen

Gleichzeitig propagierten die osteuropäischen; Dissidenten „Mitteleuropa“ als Hoffnungsbegriff gegen das Blockdenken. Er war ein Signal dafür, daß man sich dem demokratischen Westen, nicht dem „Ostblock“, zugehörig fühlte. Jiri Dienstbier notierte, die Menschen im Osten empfänden sich als Europäer und lehnten die „absurde Situation“ ab, „in der sie sich nicht frei zwischen Preßburg und Wien bewegen können, wo einst eine Straßenbahn fuhr“. Die Intellektuellen Osteuropas seien deshalb heute „die führenden Kämpfer für die Erhaltung und Erneuerung der europäischen Einheit, gemeinsame kulturelle und zivilisatorische Traditionen“

VII. Die schwierige „Rückkehr nach Europa“

Vier Hauptziele können zusammenfassend die Intentionen der Revolution von 1989 umreißen: Nationale Unabhängigkeit, Demokratie und Rechtsstaat, Wechsel des Wirtschaftssystems, Integration in Europa. Von diesen Zielen haben die Osteuropäer überraschenderweise jenes der nationalen Souveränität am schnellsten und am leichtesten erreicht. Der Warschauer Pakt hat sich aufgelöst, die Rote Armee ist abgezogen, der „Große Bruder“ Sowjetunion ist selbst zerfallen. Allerdings leben die Osteuropäer weiterhin im Schatten der prekären Lage in Rußland und anderen Nachfolgestaaten der ehemaligen UdSSR. In den Ländern Osteuropas sind zwar die Weichen für die Freiheit gestellt worden, doch die Zukunft der Demokratie bleibt unsicher. So erschwert die Vielzahl ständig neu entstehender Parteien die Bildung regierungsfähiger Mehrheiten. So sind die Bürger, der Politik entfremdet und durch den sozialen Umbruch erschüttert, anfällig für die Parolen von Demagogen jeder Couleur.

Denn der wirtschaftliche Transformationsprozeß in den postkommunistischen Ländern muß ungeheure Schwierigkeiten überwinden. Die Reform-Staaten gehen den Weg zur Marktwirtschaft entweder mit mutigen Schritten (wie die Tschechische Republik des Ministerpräsidenten Klaus) oder zögernd (wie die Slowakei unter Premier Meciar). Das wirtschaftliche „Tal der Tränen“, das in jedem Falle durchschritten werden muß, lasten jetzt immer mehr Menschen in Osteuropa nicht dem gescheiterten kommunistischen System, sondern der neu errungenen Demokratie an. Hinzu kommt, daß die gesamteuropäische Einheit längst nicht so rasch Wirklichkeit werden dürfte, wie von den Völkern im Osten erhofft worden ist. Wirtschaftspolitisch befinden sich die Osteuropäer im Wartezimmer der EG; sicherheitspolitisch haben sie zwar im Nordatlantischen Kooperationsrat Anschluß gefunden, aber der Beitritt zur NATO bleibt ihnen vorerst verwehrt. An die Stelle der politischen Teilung Europas durch den „Eisernen Vorhang“ ist eine soziale Teilung des Kontinents getreten.

Die „Rückkehr nach Europa“, d. h. zu Zuständen wie in den EG-Staaten, wird wohl viel länger dauern, als es sich die osteuropäischen Intellektuellen in der Euphorie des Epochenjahres 1989 ausgemalt haben. Osteuropa wird noch geraume Zeit mit den Überbleibseln des alten Systems leben müssen. Es wäre aber übertrieben, von einer „Revolution ohne Revolution“ zu sprechen, weil nicht die ge-samte alte Herrschaftselite samt ihren Zuträgern und Mitläufern ausgeschaltet worden ist.

Die Osteuropäer bringen zwar die Erfahrung erkämpfter Demokratie mit. Doch die Institutionen einer „Bürgergesellschaft“ müssen erst mühsam aufgebaut werden. Die Erwartung, die Ansätze einer Selbstorganisation der Gesellschaft zu Zeiten der Opposition gegen das KP-Regime genügten bereits, um eine neue, demokratische Gesellschaft zu schaffen, hat sich als Trugschluß herausgestellt. Eine „civil society“ wird getragen vom Bürgersinn; aber die niedrige Wahlbeteiligung bei diversen Urnengängen in Osteuropa signalisiert starke politische Apathie, in der sich ein tiefer Argwohn der Bürger gegen die Politik -nach einer langen Periode verordneter Politisierung -spiegelt.

Die osteuropäischen Intellektuellen müssen den Übergang von der Situation des Widerstandes, der Dissidenz zur klassischen, „normalen“ Politik bewältigen. Das „antipolitische“ Verständnis der Politik von früher erweist sich unter den neuen Bedingungen fast als ein Hindernis. So ist Havels Traum von einer neuen, besseren Demokratie, die nicht so sehr von den Parteien, sondern mehr von den Initiativen der Bürger getragen wird, schnell zerstoben. Zugleich erleben die Intellektuellen, daß in der Phase des Übergangs moralischer Kredit weit weniger zählt als früher; professionelle Politiker erobern mehr und mehr das Terrain der Moralisten

Eine „Normalisierung“ in den postkommunistischen Ländern zeichnet sich ab. Aber noch ist die osteuropäische Revolution von 1989 unvollendet. Daß sie gelingt, daran müßte Westeuropa größtes Interesse haben.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Die unvollendete Revolution. Vaclav Havel im Gespräch mit Adam Michnik, in: Transit, (1992) 4, S. 12.

  2. Vgl. ebd. S. 12.

  3. Vgl. Ralf Dahrendorf, Müssen Revolutionen scheitern?, in: Transit, (1991/92) 3, S. 8-18.

  4. Vgl. Vaclav Havel, Wir haben zwanzig Jahre verloren, in: ders., Angst vor der Freiheit, Reinbek 1991, S. 110-115.

  5. Vgl. Walter Laqueur, Europa auf dem Weg zur Welt-macht 1945-1992, München 1992, S. 695.

  6. Vgl. Ludger Kühnhardt, Akt vier des Dramas ist völlig offen, in: Rheinischer Merkur vom 1. 1. 1993, S. 3.

  7. Vgl. Alexis de Tocqueville, Der alte Staat und die Revolution, München 1978.

  8. Jacques Rupnik/Dominique Moisi, 1989 in historischer Perspektive, in: Transit, (1991) 2, S. 6f.

  9. Hans Magnus Enzensberger, Die Helden des Rückzugs, in: Frank Schirrmacher (Hrsg.), Im Osten erwacht die Geschichte, Stuttgart 1990, S. 151-158.

  10. Vgl. Richard Wagner, Völker ohne Signale. Zum Epochenbruch in Osteuropa, Berlin 1992, S. 19.

  11. Helmut Schmidt, Ein Aufstand gegen Zwang und Lüge, in: Die Zeit vom 8. 11. 1989, S. 1.

  12. Vgl. Karl Dietrich Bracher, Revolution gegen den Totalitarismus, in: ders., Wendezeiten der Geschichte, Stuttgart 1992, S. 329-350.

  13. Adam Michnik, Der lange Abschied vom Kommunismus, Reinbek 1992, S. 108.

  14. Jürgen Habermas, Die nachholende Revolution, Frankfurt/M. 1990, S. 180.

  15. Vgl. Francois Furet, 1789-1917, Rückfahrkarte, in: Transit, (1990) 1, S. 61.

  16. Vgl. Jan T. Gross, Polen nach der Revolution, in: Transit, (1991/92) 3, S. 77.

  17. Vgl. Gustav Seibt, 1989 -Die zerbrechliche Revolution, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 29. 12. 1989.

  18. Joachim Fest, Der zerstörte Traum. Vom Ende des utopischen Zeitalters, Berlin 1991, S. 9.

  19. Vgl. Timothy Garton Ash, Ein Jahrhundert wird abgewählt, München 1990, S. 456.

  20. Vgl. Zdzislaw Krasnodebski, Einmal zur Macht und wieder zurück, in: Neue Rundschau, (1993) 1, S. 19-38.

  21. Vgl. Michael Schneider, Das Ende eines Jahrhundert-mythos. Eine Bilanz des Sozialismus, Köln 1992, S. 291-294.

  22. Vgl. Jiri Dienstbier, Träumen von Europa, Berlin 1991, S. 115.

  23. Jens Reich in: Frankfurter Allgemeine Zeitung/Magazin vom 30. 10. 1992, S. 78f.

  24. Vgl. M. Schneider (Anm. 21), S. 296f.

  25. Vgl. ebd., S. 293, 296.

  26. Vgl. Margareta Mommsen (Hrsg.), Nationalismus in Europa. Gefahrvolle Wege in die Demokratie, München 1992, S. 14.

  27. Vgl. J. Habermas (Anm. 14), S. 184f.

  28. Vgl. M. Schneider (Anm. 21), S. 298.

  29. Vgl. Michael Wolffsohn, Keine Angst vor Deutschland!, Frankfurt/M. -Berlin 1992, S. 34f.

  30. Vgl. R. Wagner (Anm. 10), S. 24f.

  31. Th. G. Ash (Anm. 19), S. 416.

  32. M. Mommsen (Hrsg.) (Anm. 26), S. 10.

  33. Vgl. Th. G. Ash (Anm. 19), S. 339f.; Ralf Dahrendorf, Betrachtungen über die Revolution in Europa, Stuttgart 1990, S. 9f.

  34. Adam Krzeminski, Polen im 20. Jahrhundert, München 1993, S. 163.

  35. Th. G. Ash (Anm. 19), S. 401.

  36. Insofern setzt Sigrid Meuschel falsche Akzente, wenn sie bilanziert, die Massendemonstrationen hätten das SED-Regime zu Fall gebracht; vgl. Sigrid Meuschel, Legitimation und Parteiherrschaft in der DDR, Frankfurt/M. 1992, S. 317.

  37. Vgl. ebd., S. 318/319.

  38. Vgl. Gert-Joachim Glaeßner, Der schwierige Weg zur Demokratie. Vom Ende der DDR zur deutschen Einheit, Opladen 1992, S. 13, 22.

  39. Vgl. Wolfgang Templin, Von der Opposition der ersten Stunde zur Bedeutungslosigkeit, in: Das Parlament vom 14. 9. 1990, S. 3.

  40. Gert Ueding, Revolution ohne Intellektuelle, in: Die politische Meinung, (1992) 271, S. 79-88; vgl. dazu Joachim Fest, Schweigende Wortführer, in: F. Schirrmacher (Hrsg.) (Anm. 9), S. 94-102.

  41. Vgl. Helmut L. Müller, Zwischenbilanz. Ein Gespräch mit Günter de Bruyn, in: Die politische Meinung, (1992) 276, S. 70-72; zu pauschal fällt das Urteil aus bei Paul Noack, Deutschland -deine Intellektuellen, Bonn 1991; differenzierter und mit weitaus besserer Kenntnis der literarischen Texte dagegen Helmuth Kiesel, Die Intellektuellen und die deutsche Einheit, in: Die politische Meinung, (1991) 264, S. 49-62.

  42. H. L. Müller, ebd., S. 72.

  43. Vgl. Transit, (1991/92) 3, S. 5.

  44. Bronislaw Geremek, Die Civil Society gegen den Kommunismus: Polens Botschaft, in: Krzysztof Michalski (Hrsg.), Europa und die Civil Society, Stuttgart 1991, S. 264.

  45. Vgl. Krzysztof Michalski, Von Mythen durchwachsen. Über Literaten, Intellektuelle und Politik, in: Was -Zeitschrift für Kultur und Politik, (1992) 69, S. 9.

  46. Vgl. R. Wagner (Anm. 10), S. 22.

  47. Vgl, Vaclav Havel, Versuch, in der Wahrheit zu leben, Reinbek 1989; vgl. dazu Fritz Stern, Von der Lüge befreit, in: Die Zeit vom 13. 12. 1991, S. 42.

  48. Vgl. Helga Hirsch, Philosophen gehen, Macher kommen, in: Die Zeit vom 10. 7. 1992, S. 1; Martha S. Halpert, Ein langer, schmerzvoller Weg in die Normalität, in: Die Weltwoche vom 21. 5. 1992, S. 9.

  49. Zit. nach Th. G. Ash (Anm. 19), S. 204; vgl. György Konrad, Antipolitik. 'Mitteleuropäische Meditationen, Frankfurt/M. 1985.

  50. Vgl. K. Michalski (Anm. 45), S. 9.

  51. J. Dienstbier (Anm. 22), S. 92.

  52. So der Ungar Janos Kis in: Transit, (1991/92) 3, S. 51; Glaeßner verweist richtigerweise darauf, daß die Revolution von 1989 in erster Linie Anschluß an die Verfassungsentwicklung der freiheitlichen Demokratien des Westens habe gewinnen wollen; es sei ihr zu allererst um die Neuordnung des politischen Systems und die Sicherung der individuellen Freiheiten gegangen; insofern habe sie mehr dem institutionellen Charakter der Amerikanischen als dem sozialrevolutionären der Französischen Revolution entsprochen. Vgl. G. -J. Glaeßner (Anm. 38), S. 139f.; siehe dazu auch Ulrich K. Preuß, Das Recht der Revolution, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 29. 8. 1992; sowie grundlegend Hannah Arendt, Über die Revolution, München 19743; dazu auch Joachim Fritz-Vannahme, Des Aristoteles verzweifelte Tochter. Über Hannah Arendt, in: Die Zeit vom 25. 10. 1991, S. 77.

  53. Zu den Schwierigkeiten in der Phase des Übergangs siehe Jerzy Jedlicki, Die unerträgliche Last der Geschichte, in: Transit, (1991) 2, S. 16-26; Marcin Krol, Revolution, Restauration, Amnesie, in: ebd., (1991) 2, S. 27-35; Bruce Akkermann, Von der Revolution zur Verfassung, in: ebd., (1992) 4, S. 46-61.

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Helmut L. Müller, Dr. phil., geb. 1954; 1981-1983 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Geschwister-Scholl-Institut der Universität München; jetzt außenpolitischer Redakteur der „Salzburger Nachrichten“. Veröffentlichungen u. a.: Die literarische Republik. Westdeutsche Schriftsteller und'die Politik, Wein-heim-Basel 1982; Vaterland versus Muttersprache. Deutsche Schriftsteller und deutsche Nation, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 11/82; Orwell war nicht allein. Eine literarische Totalitarismustheorie, in: Die politische Meinung, (1983) 210; Der „dritte Weg“ als deutsche Gesellschaftsidee, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 27/84; Zwischenbilanz. Gespräch mit Günter de Bruyn, in: Die politische Meinung, (1992) 276.