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Gemeinden und Gemeinderecht im Regimewandel. Von der DDR zu den neuen Bundesländern | APuZ 36/1993 | bpb.de

Archiv Ausgaben ab 1953

APuZ 36/1993 Kommunale Gebietsreform in den neuen Bundesländern Der Aufbau der Kommunalverwaltung und der kommunalen Selbstverwaltung in den neuen Bundesländern Gemeinden und Gemeinderecht im Regimewandel. Von der DDR zu den neuen Bundesländern

Gemeinden und Gemeinderecht im Regimewandel. Von der DDR zu den neuen Bundesländern

Wolfgang Bernet

/ 28 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Der Beitrag untersucht ein wichtiges Kapitel des Wandels vom realsozialistischen Einheitsstaat in die Demokratie. Dabei werden die Grundlagen aufgezeigt, auf denen in der SBZ in den Jahren nach 1945 die Stellung der Gemeinden basierte. Bereits in dieser Zeit zeigen sich systemverändernde Vorgänge, die den Weg zum späteren zentralistischen System gelegt haben. Die kommunale Selbstverwaltung wurde zwar gesetzlich eingeführt, war aber in Wirklichkeit durch die Politik ausgehöhlt. Im Realsozialismus bedurfte es keiner selbständigen, eigenverantwortlichen Gemeinden. Sie mußten vielmehr am kurzen Kommandoband der allgewaltigen Verwaltungszentrale gehalten werden. Das hat auch die Fähigkeit des Verwaltungspersonals nach selbständigem, effizientem Verwaltungshandeln weitgehend verschütten lassen. Während des Überganges von der DDR zu den neuen Bundesländern ist die Kommunalverfassung mit tradierten Grundsätzen der kommunalen Selbstverwaltung ausgestattet worden. Sie ist ein relativ stabiles Vermittlungsglied dafür, daß der Transformationsprozeß jedenfalls auf dem Gebiet der Kommunalpolitik und -Verwaltung verhältnismäßig harmonisch verlaufen ist. Es werden einige schwierige Prozesse beschrieben, die weitgehend noch im Fluß sind, um in den Gemeinden der neuen Länder bessere Strukturen und mit ihnen eine effizientere Verwaltung zu schaffen. Bei allen Ähnlichkeiten mit den Modellen aus alten Ländern gibt es doch fein konturierte Besonderheiten, die sich beim Neubau der kommunalen Selbstverwaltung auf der Gemeindeebene zeigen.

I. Gebietsreform im Zwielicht

In den Transformationsprozessen von einer realsozialistischen hyperzentralisierten Staatsverwaltung in das System einer dezentralen Demokratie kommt sowohl der Gemeindestruktur als auch der Gestaltung des Gemeinderechts besondere Aufmerksamkeit zu. Die Gemeinden haben in Deutschland gemäß Art. 8 Abs. 2 GG das Recht, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln.

Die neuen Länder und ihre staatlichen Verwaltungen sind im Grunde genommen -von häufig beschworenen, aber nahezu völlig verschütteten Elementen abgesehen 2 -Neuschöpfungen, die sich überwiegend in der Hand von Politikern und Verwaltungspersonal aus den alten Bundesländern befinden. Dadurch wird wesentlich die Neugestaltung von Landes-und Gemeindestrukturen sowie des entsprechenden Rechts bestimmt.

In den Landkreisen, noch mehr aber in den Gemeinden, ist eine solche Personalsituation nicht gegeben. Ostdeutsches Verwaltungspersonal, aus DDR-Staatsverwaltungen übernommen (ca. 60 Prozent), Seiteneinsteiger aus Kirchenverwaltungen, aus den Unternehmen, neuen Parteien und Verbänden (ca. 40 Prozent) bestimmen dort die personelle Zusammensetzung der öffentlichen Verwaltungen. Westdeutsches Verwaltungspersonal besetzt hier nur gelegentlich Bürgermeisterämter, Dezernatsstellen oder Leitungen von Ämtern (typischerweise das Rechtsamt). Das kann zu Konfliktsituationen auf den Verwaltungsebenen verschiedener Stufen führen. Besonders wirkte sich dieser Befund bei der nunmehr durchgängig abgeschlossenen Kreisgebietsreform aus Verwaltungsfachleute aus den alten Ländern agierten, wie sie es in ihrem System gelernt und auch häufig geübt haben, in funktionellen Kategorien.

Die Größe eines Landkreises oder eines Gemeindegebietes, seine Bevölkerungszahl, die Anlage infrastruktureller Einrichtungen, Zentralität des Verwaltungssitzes, vielleicht noch naturräumliche Gegebenheiten sind es vor allem gewesen, die als Denkansatz für die Kreisgebietsreformen sowie die Gemeindeverwaltungsreformen eine dominante Rolle gespielt haben. Das Gefühl für historische Zusammenhänge, ethnische Besonderheiten in Form landsmannschaftlicher Spezifika u. a. wurde für die Reformen zu wenig beachtet. Audi das urwüchsig aufgebrochene, häufig in Populismus und staatlicher Ungebundenheit bestehende Demokratieverständnis vieler Menschen in den neuen Ländern traf häufig auf Unverständnis bei westdeutschen Verwaltungshelfern auf Staats-und Kommunalebene.

Die Neugestaltung der Gemeindegebiete ist hingegen im größeren Umfang nicht möglich gewesen. Die meisten Menschen in den neuen Ländern (Funktionsträger und betroffene Bürger) widersetzten sich erfolgreich der versuchten „Rasenmähermethode“ zur Eingemeindung oder Zusammenlegung ihrer Gemeinde mit einer anderen. Schließlich sollten spätestens auf der Gemeinde-ebene neue Gemeindegebiete und -Verwaltungen in einem organischen Prozeß entstehen, damit die Transformation durch demokratische Integration mit den Menschen zustande kommt. Die Gemeinden sind schließlich die letzten Nischen, das einzige vertraute Umfeld, das die neuen Bundesbürger in ihrer zerbrochenen und weiter im Abwärtstrend befindlichen Existenz gerettet haben. Die differenziert zu wertende Vergangenheit der weggebrochenen DDR-Staatsverwaltungen auf Gemeindeebene hat Konturen hinterlassen, die nicht im forschen Siegesschritt zu tilgen sind, sondern die nur behutsam und mit sichbarem Blick auf Neues überwunden werden können.

II. Entwicklung in der SBZ/DDR

Nach dem Kriegsende 1945 wurden in der SBZ im wesentlichen die Gemeindestrukturen erhalten, die im Kaiserreich, in der Weimarer Republik und in der Nazizeit existierten. An großflächige gebietliche Gemeindeneuordnungen war kein Regime herangegangen. Dies hat im Regelfall eine lebenslange innere Bindung der Menschen mit ihrer Heimatgemeinde erzeugt. Größere Eingemeindungen waren nur dort zu verzeichnen, wo eine dynamische Industrialisierung mit verbesserter Infrastruktur im Ballungsraum der Großstädte (Ruhrgebiet, Frankfurter Raum, mitteldeutsches und sächsisches Industriegebiet, Berlin und Umgebung) stattfand. Die ländlichen Gebiete waren in den Gemeindestrukturen zumeist sehr zersplittert, kleinräumig und mit geringer Bevölkerungszahl besetzt. Die Gemeinde-klasse bis 500 Einwohner dominierte in den deutschen Ländern. In den fünf Ländern der SBZ betrug die Gemeindezahl nach dem Krieg etwa 12 000, die bis zum Jahr 1952 auf rund 9 800 verringert wurde. In der Endphase der DDR im Jahre 1989/90 gab es 7 640 Gemeinden, über 48 Prozent davon in der Gemeindeklasse bis zu 500 Einwohnern Damit dürfte unmittelbar nach Kriegsende in den Ländern der SBZ annähernd die gleiche Situation wie in den Ländern der westlichen Besatzungszonen geherrscht haben. Nur scheinbar begann in der SBZ der Neuaufbau der Gemeinden dezentral.

640 Gemeinden, über 48 Prozent davon in der Gemeindeklasse bis zu 500 Einwohnern 4. Damit dürfte unmittelbar nach Kriegsende in den Ländern der SBZ annähernd die gleiche Situation wie in den Ländern der westlichen Besatzungszonen geherrscht haben. Nur scheinbar begann in der SBZ der Neuaufbau der Gemeinden dezentral.

In der SBZ walteten frühzeitig zentralistisch orientierte Kräfte, die eine ambivalente Haltung zur kommunalen Selbstverwaltung einnahmen. Mit ihrer De-facto-Aushöhlung sowie ihrer De-jure-Liquidation durch die SED-Führung ist ein Traditionsstrang zerrissen worden, der im Verein mit der Zerschlagung einer fachmännischen Justiz (trotz ihrer Nazibelastung) und einem hochproduktiven Wirtschaftsmanagement das deutsche Gesellschafts-und Staatswesen stabil charakterisierte. Die ostdeutschen politischen Gruppierungen in Form der KPD und der SPD (ab April 1946 der SED), der CDU sowie der LDP handelten unter dem Befehl der sowjetischen Besatzungsmacht, die sich bald nach Kriegsende nur noch formell auf interalliierte Abkommen zum Wiederaufbau dezentraler deutscher Verwaltungsstrukturen stützte. Dahinter stand die strategische Absicht, in der SBZ Verhältnisse zu schaffen, die Zugkraft auf die anderen deutschen Länder haben sollten, um ein Gesamtdeutschland mit zumindest günstigen Positionen für die Sowjetunion entstehen zu lassen.

Deshalb fanden in den Ländern der SBZ auch kaum Debatten und konstruktive Auseinandersetzungen zur Schaffung eines Gemeinderechts analog zu den westlichen Ländern 5 statt, sondern dieses wurde auf Befehl der Besatzungsmacht erarbeitet. Konzentriert ist dieser Vorgang lexikalisch folgendermaßen formuliert worden: „Als Minimal-ziel der Partei (gemeint ist die SED, Anm.des Autors) wurde der Aufbau einer antifaschistisch-demokratischen Ordnung in ganz Deutschland und als Maximalziel die Errichtung des Sozialismus festgelegt.“ 6 Bezugspunkt hierfür ist der Aufruf der KPD vom 11. Juni 1945, der zum Inhalt der SED-Programmatik von 1946 wurde. Die SED erließ am 17. Juli 1946 gemäß ihrer definierten Strategie, ganz Deutschland unter ihre Hegemonie zu bringen, die Kommunalpolitischen Richtlinien. In ihnen wurden den Gemeinden die kommunale Selbstverwaltung eingeräumt. Danach ist in der damals bereits praktizierten typischen uniformen Vorgehensweise eine demokratische Gemeinde-ordnung für die ganze Besatzungszone erarbeitet worden, die von der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland (SMAD) als Wahrnehmerin der obersten Gesetzesmacht erlassen wurde. Die Gemeindeordnung ist daraufhin von den Länderorganen der SBZ in Kraft gesetzt worden 7. Oberste deutsche Länderorgane waren die Landespräsidenten, die als Landesverweser im Auftrag der Besatzungsmacht agierten.Prägend für die Grundlegung des Gemeinderechts in der SBZ waren vor allem die folgenden Faktoren: -Nach der Nazidiktatur konnte weder den Gemeinden noch der Bevölkerung ein neuer Zentralismus verordnet werden.

-Die kommunale Selbstverwaltung entsprach den komplizierten Bedingungen der Nachkriegszeit, in der die Gemeinden die dringlichsten vitalen Bedürfnisse auf allen Gebieten am besten erfüllen konnten.

-Die SED-Führung mußte auch auf eine nicht unbeträchtliche Zahl demokratischer Kräfte in den eigenen Reihen und den aus anderen Blockparteien Rücksicht nehmen, da diese den produktiven Funktionsmechanismus der kommunalen Selbstverwaltung aus der Vornazizeit noch kannten; diese strebten den Wiederaufbau eines deutschen demokratischen Staatswesens ausschließlich mit dem Konstrukt der kommunalen Selbstverwaltung an.

-Die sowjetische Besatzungsmacht hatte keinerlei theoretischen oder praktischen Bezug zur kommunalen Selbstverwaltung, da das leninistische bzw. stalinistische Konzept die Gemeinden der Sowjetunion von Anfang an zentralistisch ausrichtete. Aus der zaristischen Zeit ragten ebenfalls keine nennenswerten Ideen oder Konzepte der kommunalen Selbstverwaltung hervor.

Die Demokratische Gemeindeordnung (DGO) von 1946 ist ein Werk der SED, das der Besatzungsmacht und ihren strategischen Zielen entgegenkam. Die Kongruenz zwischen den Zielen der Besatzungsmacht, der Programmatik sowie den Kommunalpolitischen Richtlinien der SED und der DGO war gegeben. Die DGO für das Land Thüringen wurde am 22. September 1946 durch den Landespräsidenten Dr. Rudolf Paul in Kraft gesetzt Einige wesentliche Regelungen dieser DGO werden im weiteren vorgestellt.

Vom reinen Wortlaut hatte die DGO durchaus an tradiertes deutsches Kommunalrecht angeknüpft: a) Die sich selbstverwaltende Gemeinde wird als die Grundlage der demokratischen Ordnung bezeichnet (§ 1). Die Gemeinden haben auf ihrem Gebiet alle Aufgaben als Selbstverwaltungs-oder Auftragsangelegenheiten durch Gesetz zu erfüllen (§ 3). b) Die Selbstverwaltungsaufgaben sind universell definiert. Demnach sollen die Gemeinden auf wirtschaftlichem, sozialem und kulturellem Gebiet alle Aufgaben übernehmen, die geeignet sind, das Wohl ihrer Einwohner zu fördern.

Eine Selbstverwaltungsaufgabe ist auch die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit (Ortspolizei), soweit nicht nach dem Gesetz etwas anderes bestimmt ist (§ 4 Sätze 1 und 2). c) Die Gemeinden haben Vermögen (§ 43), sie können Steuern und Abgaben erheben, soweit die sonstigen Einnahmen zur Deckung der Aufgaben nicht ausreichen (§ 50). d) Die Gemeinden haben die Befugnis zur Ortsgesetzgebung in Form von Satzungen (§§ 41 und 42). Detailliert wird das Zusammenwirken von Gemeindevertretung und -Verwaltung nach demokratischem Grundmuster geregelt (§§ 9-40). e) Den Gemeinden wird ein Beschwerderecht gegen Anordnungen übergeordneter Behörden eingeräumt. Über die Beschwerde entscheidet letztlich der Landtag (§ 54). Diese Vorschrift gilt als ein Zeugnis einer frühzeitigen Ablehnung einer Verfassungsgerichtsbarkeit, aber auch einer restriktiven Haltung gegenüber einer schon teilweise wieder einsetzenden Verwaltungsgerichtsbarkeit (Land Thüringen seit dem 22. Juni 1946)

In der Realität ist die kommunale Selbstverwaltung der Gemeinden infolge des früh wuchernden Zentralismus zu keiner Zeit zum Tragen gekommen. Das auch für die spätere DDR -bis zu ihrem Ende -so typische Auseinanderklaffen von Gesetzestexten und wirklichem Zustand begann aufgrund ihrer fehlenden rechtsstaatlichen Ausprägung bereits in den ersten Nachkriegsjahren mit Rückendeckung der Besatzungsmacht seine Wurzeln zu schlagen. Auch die in den Verfassungstexten der Länder der SBZ nahezu völlig einförmigformulierte kommunale Selbstverwaltung wurde durch Beschlüsse der SED faktisch nicht wirksam. Deshalb diente die kommunale Selbstverwaltung als ein Tarnmantel, damit der („demokratische“) Zentralismus eingeführt werden konnte.

Zwei Tatbestände bewirkten vor allem, daß die kommunale Selbstverwaltung eine propagandistische Fiktion blieb: -Die Besatzungsmacht hatte für ihre Zone bereits am 27. Juli 1945 für elf Verwaltungsgebiete deutsche Zentralverwaltungen gebildet, die wichtige, den Gemeinden, Kreisen und Ländern zustehende Aufgaben zentralisierten (u. a. Handel und Versorgung, Industrie, Gesundheitswesen, später das gesamte Polizeiwesen).

Damit waren die Konturen einer Zentralregierung mit umfassenden Befugnissen, die zu Lasten der Gemeinden, Kreise und Länder gehen mußten, vorgegeben.

-Im Jahre 1947 hatte die SED-Führung die Dresdner Beschlüsse des Kommunalpolitischen Beirats erlassen. In ihnen wurde bestimmt, daß in allen Angelegenheiten, bei Beschwerden, Unklarheiten und Streitfällen in Gemeinden sowie Kreisen die Ausschüsse für Kreis-und Gemeindeangelegenheiten der Landtage die letzte Entscheidung zu fällen haben

Damit griff der Staat als Schlichtungsorgan direkt in die kommunale Selbstverwaltung ein, indem er die Möglichkeit bekam, auf Länderebene kommunale Kompetenzen zunächst selbst auszuüben. Die Sanktionierung der kommunalen Selbstverwaltung in Art. 139 der Verfassung der DDR vom 7. Oktober 1949 erfolgte in Anlehnung an die Länderverfassungen der SBZ nach dem Subsidiaritätsprinzip. Auch diese Verfassungsbestimmung ist nie Realität geworden.

Nach der 2. Parteikonferenz der SED im Jahre 1952 (offizieller Startschuß für den Aufbau des Sozialismus) wurde die kommunale Selbstverwaltung endgültig aus der Terminologie der DDR verbannt. Das Gesetz über die weitere Demokratisierung des Aufbaus und der Arbeitsweise der staatlichen Organe in den Ländern der DDR vom 23. Juli 1952 stürzte die Gemeinden und ihre Verwaltungen auch formell unter Vorgabe politischer und ökonomisch progressiver Veränderungen in die leninistisch-stalinistischen Konstrukte durchgängiger Staatsverwaltung. In ihr waren die Aufgaben der (neugeschaffenen) Bezirke, der Kreise und Gemeinden nur nach Leitungsebenen geordnet, die bei Bedarf und nach freiem Ermessen auf eine höhere Ebene gezogen werden konnten. Den Gemeinden standen keine Selbstverwaltungsangelegenheiten mehr zu. Sie waren nur noch die unterste und (real) letzte Ebene der einheitlichen sozialistischen Staatsmacht (vor allem des bis zur Kreisebene die Staatsverwaltungen dominierenden hauptamtlichen Parteiapparats der SED) Seit der Zäsur für das Funktionieren und die Rechtsstellung der Gemeinden von 1952 gab es mit konservativer poststalinistischer Konsequenz keine Versuche mehr zur Modernisierung des damals geschaffenen Systems. An legislatorischen Akten sind in der Folgezeit zu nennen: 1. Am 17. Januar 1957 wurde das Gesetz über die örtlichen Organe der Staatsmacht (GöO) erlassen Es erklärte die örtlichen Volksvertretungen von der Bezirks-bis zur Gemeindeebene als „oberste Organe der Staatsmacht“ (§ 1 Abs. 1 und §§ 2 und 3). Im § 49 GöO wurden formell die Gemeindeordnungen von 1946/47 außer Kraft gesetzt. 2. Das GöO galt formell bis zum Erlaß des Gesetzes über die örtlichen Volksvertretungen und ihrer Organe (§ 74 GöV Abs. 2). 3. Infolge der Babelsberger Konferenz von 1958, in der die staatliche Verwaltungsarbeit rechts-entleert wurde (das Verwaltungsrecht wurde als Lehr-und Forschungsdisziplin verboten), sind vom Staatsrat der DDR sogenannte Ordnungen für die örtlichen Volksvertretungen jeder Stufe erlassen worden sie schalteten die örtlichen Verwaltungen auf jeder Ebene völlig gleich. 4. In der zeitlichen Reihenfolge hatte das GöV von 1973 die Funktionen und die Rechtsstellung der Gemeinden wieder in starker Anleh-nung an das GöO von 1957 und die Ordnungen von 1961 geregelt. 5. Das GöV von 1973 wurde durch das Gesetz über die örtlichen Volksvertretungen (ebenfalls GöV) am 4. Juli 1985 abgelöst Das GöV von 1985 verharrte völlig in der von der SED-Führung festgeschriebenen erstarrten Linie der vergangenen Jahrzehnte.

In den GöV von 1973 und 1985 wurde der Versuch unternommen, die Aufgaben und Befugnisse der Gemeindeebene von den übergeordneten Verwaltungsebenen abzuheben (GöV 1973, §§ 54-71; GöV 1985, §§ 61-79) Die Aufgabenstellung für die Gemeindeebene zeigt zunächst einen großen Umfang an. Hauptsächlich erstreckten sich die Aufgaben auf: Leitung und Planung, Haushalts-und Finanzwirtschaft, Preisbildung und Kontrolle, Bauwesen, Städtebau und Wohnungswesen, Handel und Versorgung, Dienstleistungen und Reparaturen, Landwirtschaft, städtischer Verkehr und stadttechnische Versorgung, Bildungswesen, Jugendfragen, Kultur, Körperkultur, Sport, Erholungswesen, Hygiene und soziale Betreuung, Sicherheit und Ordnung sowie Zivilverteidigung. Hierdurch könnte der Verdacht aufkommen, daß es sich um gemeindliche Selbstverwaltungsaufgaben nach einem Enumerationsprinzip handeln würde. In der Realität war dies die Formulierung abgestufter staatlicher Verwaltungsaufgaben, die auf der Gemeindeebene endeten. Da die Verwaltungsmacht in den Staatsverwaltungen der DDR dort am größten war, wo sich der hauptamtliche Parteiapparat der SED befand (also bis zur Kreis-ebene), wurden viele der den Gemeinden zugeordneten Aufgaben vom Rat des Kreises (der Exekutive) und seinen Fachorganen zumeist ad hoc und ohne Beachtung des GöV an sich gezogen. Dieser Mechanismus ist aus dem Gesetz nicht direkt ablesbar, sondern hat sich durch ständige jahrzehntelange Praxis ergeben.

Dem Verwaltungspersonal in den Gemeinden war ein selbständiges Arbeiten auf legaler Grundlage weitgehend unbekannt; es wartete zumeist auf Weisungen von oben, die im Regelfall im Rahmen der wöchentlichen Dienstbesprechungen der Bürgermeister beim Vorsitzenden des Rates des Kreises und in anderen Formen auch ergingen. Das hat bei vielen Bürgermeistern kein Berufsethos wachsen lassen und die Freude an der Funktion genommen. Bei den Kommunalwahlen vom 7. Mai 1989 gab es auch deshalb erhebliche Schwierigkeiten für alle Parteien, Bürgermeisterkandidaten zu rekrutieren. Die Gesamtkonstellation hatte dazu geführt, daß viele Bürgermeister angesichts ihrer Aufgabenentleerung recht offen mit den Gemeindebewohnern über die örtlichen Zustände redeten und dadurch im Regelfall einträchtig mit ihnen zusammenlebten. Der Bürgermeister, der mit anderen Einwohnern an der Errichtung einer Bushaltestelle arbeitete, erzeugte ein Solidargefühl eigenartiger Prägung, das in den Gemeinden der alten Bundesländer nicht oder schon lange nicht mehr bekannt ist. Die Menschen in den neuen Bundesländern wissen genau, daß dieser Funktionärskreis kaum Schuld am maroden Zustand der Gemeinden hatte.

Zwei Konstruktionen waren es vor allem, die die mißliche Lage der Gemeinden der DDR aufbessern sollten und zumindest partiell auch verbessert haben: Gemeindeverbände und Kommunalverträge.

Gemeindeverbände waren in Art. 41 der Verfassung von 1968 in der Fassung von 1974 geregelt. In den Gemeindeverbänden wurden, unter Federführung des Rates des Kreises, mehrere Gemeinden zum Zweck einer rationellen Ausnutzung von materiellen Ressourcen lose zusammengeschlossen. Dabei argwöhnten die meisten Menschen der betroffenen Gemeinden, daß sie ihre gemeindliche Eigenständigkeit verlieren könnten. Es konnte jedoch bei einem Teil der Verbände, vor allem bei den Paradebeispielen, eine Verbesserung der Lebensverhältnisse erzielt werden (Instandsetzung von Straßen, Bau von Verkehrseinrichtungen, Installierung eines Ringverkehrs). Die über 900 Gemeindeverbände (durchschnittliche Bevölkerungszahl 5000-7000 Einwohner) umfaßten etwa ein Drittel der Gesamtbevölkerung. Der Grund des Versagens der Gemeindeverbandsarbeit lag nicht an der juristischen Konzeption, sondern am systemimmanenten Negativzustand des DDR-Regimes insgesamt.

Die Arbeit der Verbände wurde in den §§ 70 und 71 des GöV von 1973 und im § 61 Abs. 2 GöV von 1985 gesetzlich geregelt. Verbände konnten demnach (1973) durch die Volksvertretungen der Gemeinden gegründet werden in Übereinstimmung mit der langfristigen staatlichen Siedlungspolitik und der Entwicklung der Industrie sowie der Landwirtschaft. Der Beschluß zur Verbandsgründungbedurfte der Bestätigung durch den Kreistag nach Zustimmung des Rates (Exekutive) des Bezirkes. Die Gemeindeverbände arbeiteten auf der Grundlage eines Statuts, das die am Verband beteiligten Volksvertretungen zu bestätigen hatten.

Im Regelfall existierte als Organ des Gemeinde-verbands ein Verbandsrat, der paritätisch aus den Bürgermeistern der Gemeinden sowie je einem oder mehreren Abgeordneten bestand. Der Verband konnte Beschlüsse fassen, die als Wirksamkeitsvoraussetzung der Zustimmung jeder Gemeindevertretung bedurften. Der Verbandsrat wurde von einem Vorsitzenden geleitet, der in der Regel der Bürgermeister der größten am Verband beteiligten Gemeinden war. Die Gemeindeverbände sind vor allem wegen des Drucks durch die Kreisräte, schwindende Ressourcen der DDR sowie durch Bevorzugung der Verbandszentralgemeinde in schlechter Erinnerung bei der Bevölkerung geblieben.

Nach dem GöV gab es ferner zahlreiche Zweckverbände (GöV 1973, § 69; GöV 1985, § 61). Diese wurden auf den Gebieten der Naherholung, des Sports oder der Abfallbeseitigung gegründet. Am Zweckverband konnten sich Gemeinden, Landkreise, Betriebe, Genossenschaften oder staatliche Einrichtungen beteiligen. Die vom Zweckverband gegründeten Betriebe (Abfallwirtschaft) oder Einrichtungen (Naherholung) waren in die Rechtsträgerschaft einer Gemeinde und nicht eines Betriebes zu stellen

Zur Herstellung einer produktiven Verbindung zwischen den Gemeinden und nichtunterstellten Betrieben, Genossenschaften und Einrichtungen konnten Kommunalverträge abgeschlossen werden (§ 4 Abs. 2 GöV 1973; detaillierter §§ 4 Abs. 1 und 63 Abs. 4 GöV 1985). Mit diesen Verträgen sollten die Arbeits-und Lebensbedingungen der Bürger durch Zusammenlegung von zweiglichen und territorialen Ressourcen gefördert werden. Kommunalverträge sind ein typisches realsozialistisches Konstrukt, weil sie von der einheitlichen Eigentümerfunktion des Staates ausgehen, der seine Untergliederung lediglich in den Stand der Rechtsträgerschaft (Fondsinhaberschaft) von staatlichem Eigentum setzt. Gesetzliche Grundlage für die Arbeit mit Kommunalverträgen war die Kommunalvertragsverordnung (KWO) von 1968 Die KWO war dem neuen ökonomischen System der Planung und Leitung der Volkswirtschaft geschuldet, sie ging von funktionierenden Ware-Geld-Beziehungen aus. Mit dem Untergang dieses interessanten Konzepts wurde auch die KWO totes Recht; sie ist jedoch bis zum 9. November 1989 nicht aufgehoben worden.

Nach der KWO konnten Betriebe, Genossenschaften und Einrichtungen sowie Räte der Gemeinden Kommunalverträge abschließen. Im Regelfall hatten die Vertragspartner Geldleistungen zu erbringen, durch die eine kommunale oder betriebliche Einrichtung errichtet wurde (Kindergarten, Sporthalle), die vom Vertragspartner mit zu nutzen war. Bei Vertragsverletzungen konnten von den Vertragspartnern Sanktionen in Geldform geltend gemacht werden. Infolge der durchgängigen staatlichen Bilanzierung wurde die Geldleistung sofort nutzlos. Die Kommunalverträge reduzierten sich auf Sachleistungen von Betrieben u. a. für Gemeinden in Form von Baustoffen, Arbeitskräften oder Maschinen. Ein dem Autor dieses Beitrags bekannter Bürgermeister einer Kleinstadt bekam vom Direktor des ortsansässigen Porzellan-werkes aus sogenannten Überplanbeständen eine Anzahl guten Porzellans zur Verfügung gestellt. Der thüringische Bürgermeister reiste mit diesem Geschirr durch den Bezirk Magdeburg, bis er mit dem Tausch des Porzellans ein begehrtes Gegen-produkt erhielt, das den ruinösen Zustand seiner Stadt übertünchen half -Farben. Das real-sozialistische Regime denaturierte zur Naturalwirtschaft.

III. Gemeinden und Gemeindeverwaltungen der DDR im Übergang

Die staatlichen Verwaltungen der DDR begannen sich mit dem 9. November 1989 immer mehr aufzulösen; die Gemeinden des Landes existierten weiter. Obwohl zu diesem Zeitpunkt wenige Deutsche in Ost und West ahnten, daß die DDR mit dem Beitritt zur Bundesrepublik nicht einmal ein Jahr später ihre Existenz auch formell aufgeben würde, gab es eine nahezu totale Lähmung der zentralen Staatsverwaltung. Diese wurde verstärkt nach dem Rücktritt des SED-Zentralkomitees am 6. Dezember 1989 sowie des hauptamtlichen Führungsapparats dieser Partei auf der Bezirks-und Kreisebene. Die im Mai 1989 mit dem Stigma umfangreicher Wahlmanipulationen gewählten örtlichen Volksvertretungen und ihre Organe blieben, bis auf Ausnahmen, im Amt. Die Bürgermeister (auch neu gewählte) versuchten, den vitalen Problemen und den Tageserfordernissen ihrer Gemeinde gerecht zu werden. Die Orientierung und Anweisung durch die SED-Leitungen hatte aufgehört, die geltenden DDR-Gesetze zur Regelung der Gemeindeverwaltung erwiesen sich nunmehr als völlig ungeeignet, dem Handeln der Gemeindeorgane Halt und Hilfe zu geben. Die Gemeindeverwaltung wurde instinktiv, ohne wesentliche fachliche Bildung, häufig durch Solidargemeinschaft von Amtswaltern und Bürgern, im großen und ganzen bewältigt. Jedenfalls ist es nicht zum totalen Chaos gekommen.

Noch Ende 1989 wurde ein Buch zur Herausbildung der kommunalen Selbstverwaltung in der DDR verfaßt, das in den ersten Monaten 1990 erschien Aus dieser Publikation kann heute kaum mehr entnommen werden, inwieweit die Verfasser ehrlich die kommunale Selbstverwaltung einführen wollten. Dennoch zeigt dieser Band, daß DDR-Autoren recht früh erkannt hatten, daß die alten örtlichen Staatsverwaltungen auf Gemeindeebene den geschichtlichen Anforderungen nicht entsprachen und verändert werden mußten. Die Tragweite des Unternehmens dürfte schon deshalb nebulös geblieben sein, weil nahezu alle Autoren von einer Erneuerung der DDR ausgingen, die aber die Mehrzahl der Menschen nicht mehr wollte.

Vorsichtig näherten sich Staats-und Kommunalrechtler aus West-und Ostdeutschland an, um Möglichkeiten zur Einführung der kommunalen Selbstverwaltung in der DDR zu erkunden. Im Februar 1990 wurde der erste Entwurf für eine Kommunalverfassung der DDR abgeschlossen Am 20. /21. März 1990 (also unmittelbar nach den Volkskammerwahlen vom 18. März) diskutierten Vertreter aus Ost-und Westdeutschland auf einem Seminar Probleme der neuen Kommunalverfassung. Wesentliches Anliegen dieser Kommunalverfassung war, daß den Gemeinden ihre originären Rechte zurückgegeben wurden, um kompatible Strukturen mit der Bundesrepublik zu errichten, was einem nun offensichtlich gewordenen Trend zu einer raschen Vereinigung beider deutschen Staaten entsprach. In den Diskussionen wurde auch die Stärkung des Kommunalvermögens durch die Entflechtung des Volks-eigentums gefordert

Im Vorfeld der Kommunalwahlen der DDR vom 6. Mai 1990 wurde vom 18. bis 20. April 1990 ein Expertenseminar zum Entwurf einer vorläufigen DDR-Kommunalverfassung veranstaltet. Das Forum stand schon unter dem Zeichen weiter gewandelter Machtverhältnisse in der DDR und den Verhandlungen zum Staatsvertrag über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts-und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR vom 18. Mai 1990.

Im Kurzbericht über das Seminar vom 20. 721. März 1990 gibt es eine bemerkenswerte Formulierung: „Nicht deutlich geworden ist freilich der von allen Seiten immer wieder betonte Charakter der Übergangsregelung dieser Kommunalverfassung, die das Gesetz über die örtlichen Volksvertretungen von 1985 ablösen und gleichzeitig einen Teil der Verfassung der DDR außer Kraft setzen soll.“ Ein Teil der Seminardiskutanten sah offensichtlich nicht die tiefe Wirkung der Kommunalverfassung als erstes bedeutsames Strukturanpassungsgesetz an die Bundesrepublik, sondern beabsichtigte mit ihr, die DDR zu erneuern, also bestehen zu lassen -eine Rechnung, die nicht aufgehen konnte.

Mit dem Inkrafttreten des 1. Staatsvertrages am l. Juli 1990 wurden die Gemeinden an den Finanztropf des Bundes gehängt. Völlig absurd war die Situation bis zum Tag der Herstellung der Einheit Deutschlands am 3. Oktober 1990. Die Gemeinden gehörten zum Besitzstand der DDR. Das Ländereinführungsgesetz der Volkskammer der DDR vom 22. Juli 1990 sah vor, daß die fünf neuen Länder erst am 14. Oktober 1990 gebildet werden sollten, ein Termin, der später auf den 3. Oktober vorgezogen wurde Die noch existierende, wenn auch schon in Agonie liegende DDR hatte nach dem l. Juli 1990 keinerlei Mittel mehr, die Gemeinden am Leben zu erhalten, so daß allein die Finanzkraft des Bundes die Existenz der Gemeinden garantierte. Dieser gewährleistete auch die Bereitstellung der Gehälter für die Gemeindebediensteten. Formell hatte der Bund jedoch keine Berechtigung zur Steuerung der DDR-Gemeinden. In dieser Situation über-nahmen die ebenfalls am 6. Mai 1990 gewählten Landräte Funktionen gegenüber den Gemeinden, die eigentlich den Landesregierungen zukommen.

Im Anhang zum Kurzbericht des Seminars vom April 1990 sind 15 Fragen formuliert worden, die auch Zeugnis geben von typischen Fragestellungen der alten DDR. Als zwei Beispiele hieraus sind zu benennen: a) Soll den Gemeinden eine „gesamtgesellschaftliche Mitverantwortung“ im Gesetz ausdrücklich zuerkannt werden? b) Sollte zwischen der Gemeindevertretung und der Verwaltung ein „Bürgergremium“ installiert werden?

Die Gemeindeverfassung der DDR wurde von der Volkskammer am 17. Mai 1990 verabschiedet. Sie steht im engen Zusammenhang mit dem Kommunalvermögensgesetz vom 6. Juli 1990. Kommunal Verfassung und Kommunalvermögensgesetz sind mit dem Einigungsvertrag in Kraft geblieben Die Kommunalverfassung gliedert sich in einen ersten Teil (Gemeindeordnung), einen zweiten Teil (Landkreisordnung) und einen dritten Teil (Über-gangs- und Schlußbestimmungen). Die Gemeinde-ordnung umfaßt die §§ 1-70.

Mit der Gemeindeordnung sind den Gemeinden der DDR bzw.der neuen Länder sämtliche originären Rechte der tradierten Grundsätze deutscher kommunaler Selbstverwaltung zurückgegeben worden. Die Kommunalverfassung hat gleichzeitig die Art. 41 und 43 sowie die Art. 81-85 der DDR-Verfassung und das GöV von 1985 aufgehoben (§§ 101 und 102), womit sie ein verfassungsänderndes Gesetz war, das das gesamte System der örtlichen Staatsorgane liquidierte. Die Gemeinden wurden wieder Grundlage und Glieder des demokratischen Staates. Sie sind eine Bürgergemeinschaft, die das Wohl und das gemeinschaftliche Zusammenleben ihrer Einwohner in bürgerschaftlicher Stellung fördert. Die Gemeinde ist Gebiets-körperschaft (§ 1 Abs. 1-3).

Im § 82 der Kommunalverfassung sind mit dem Anspruch der Universalität in der Aufgabenerledigung die Gemeindeangelegenheiten im breiten Umfang aufgezählt, aber nicht ausschließlich genannt. Bauleitplanung, Wirtschafts-und Gewerbeförderung, Öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV), Versorgung mit Energie und Wasser gehören ebenso zu diesem Katalog wie die Entwicklung der Freizeit sowie des kulturellen Lebens oder die Aufrechterhaltung der öffentlichen Reinlichkeit (§ 2 Abs. 2). Den Gemeinden steht ein Satzungsrecht zu (§ 4 und 5). Sie haben das Recht zur kommunalen Gemeinschaftsarbeit (§ 6). Das auch in diesem Paragraphen formulierte Recht zum Abschluß von Kommunalverträgen dürfte aus DDR-Denken stammen. Die Gemeinden führen ihren bisherigen Namen, sie haben das Recht zur Führung von Wappen, Flaggen und einem Dienstsiegel (§ 9 Abs. 1 und § 10 Abs. 1 und 2). Die Gemeinden führen eine eigene Haushalts-und Finanzwirtschaft durch (§§ 34ff.).

Im § 31 der Gemeindeverfassung ist die Verwaltungsgemeinschaft geregelt. Hiernach können benachbarte Gemeinden desselben Landkreises zur Stärkung ihrer Selbstverwaltungs-und Leistungskraft eine Verwaltungsgemeinschaft bilden oder die Schaffung eines gemeinsamen Verwaltungsamtes vereinbaren, die für die beteiligten Gemeinden Aufgaben des eigenen oder des übertragenen Wirkungskreises durchführen. Mit dieser Formulierung ist an bestimmte Normen des DDR-Rechts über Gemeindeverbände angeknüpft, real aber darüber hinausgegangen worden. Gemäß der Kommunalverfassung hatte die Gemeinde nunmehr eine ganz andere Funktion im Staat; sie war nicht mehr Gemeinde des Staates. Die Verwaltungsgemeinschaften erlangten in den Folgejahren eine überragende Bedeutung.

Insgesamt ist mit der Kommunalverfassung ein Gesetzeswerk gelungen, das einen verträglichen Übergang ermöglicht hat. Sie entspricht auch den Interessen der Menschen.

IV. Zur Neuordnung des Gemeinderechts in den neuen Bundesländern

Anfängliche Bestrebungen, nach der Wiedervereinigung eine Änderung des Gemeinderechts mit dem Ziel einer Gemeindegebietsreform durchzuführen, wurden von den Landesregierungen bald aufgegeben. Eine solche wäre in der Kürze der Legislaturperiode nicht seriös durchführbar gewesen und hätte härteste Proteste großer Teile der Bevölkerung hervorgerufen. Auch Vertreter des Kommunalrechts warnten vor einer solchen Reform Verwaltungsgemeinschaften nach § 31 der Kommunalverfassung hatten sich seit Ende 1990 in allen fünf neuen Ländern in großer Zahl gebildet. Die Länder haben sic der Kommunalverfassung hatten sich seit Ende 1990 in allen fünf neuen Ländern in großer Zahl gebildet. Die Länder haben sich deshalb mit unterschiedlichen Konzeptionen entschlossen, auf der Grundlage der Kommunalverfassung das Gemeinderecht neu zu ordnen. Zunächst sollen die Amtsordnungen in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg vorgestellt werden 30.

1. Die Amtsordnungen in den Ländern Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg

Die Amtsordnung für Mecklenburg-Vorpommern wurde am 11. März 1992 verabschiedet 31. Die Amtsordnung entspricht den zersplitterten Gemeindestrukturen des Landes und den oft großen räumlichen Entfernungen der Gemeinden; sie beläßt deren Selbständigkeit, reduziert nicht die Zahl der kommunalen Mandatsträger und gibt kleinen Gemeinden die Möglichkeit, kostenintensive Aufgaben auf das Amt zu übertragen In den Gemeinden wird keine Verwaltung mehr durchgeführt; das Amt wird zur Schreibstube der Gemeinden. Die Gefahr, daß sich das Amt infolge der Verwaltung einer hohen Zahl von Gemeinden in der Arbeit zersplittert, wird erkannt.

Zu den Kernpunkten der Amtsordnung gehören: -Die Ämter sind Körperschaften des öffentlichen Rechts mit Dienstherrenfähigkeit.

-Die Ämter stehen unter ehrenamtlicher Leitung und sollen nicht weniger als 5 000 Einwohner haben.

-Verzichtet das Amt auf eine eigene Verwaltung, dann muß es die Verwaltung einer größeren amtsangehörigen Gemeinde in Anspruch nehmen oder eine Verwaltungsgemeinschaft nach § 31 Kommunalverfassung mit einer außerhalb des Amts liegenden Gemeinde oder einem anderen Amt vereinbaren; etwas über 90 Prozent der Gemeinden haben sich für die Errichtung einer eigenen Amtsverwaltung entschieden. -Organe des Amts sind der Amtsausschuß und der ehrenamtliche Amtsvorsteher; der Amtsausschuß besteht aus den Bürgermeistern der amtsangehörigen Gemeinden und den weiteren Mitgliedern (in Mecklenburg-Vorpommern sind die weiteren Mitglieder nach der Gemeindegröße gestaffelt).

-Der Amtsausschuß bestellt einen leitenden Verwaltungsbeamten oder -angestellten.

Die Amtsordnung ist am 19. März 1992 in Kraft getreten. Durch drei Landesverordnungen sind über 120 Ämter gebildet worden, die zwischen vier und 22 Gemeinden umfassen; etwa 55 Gemeinden -zumeist Städte -blieben amtsfrei.

Auch in Brandenburg ist die Amtsordnung eingeführt worden Gravierende Unterschiede zur Amtsordnung in Mecklenburg-Vorpommern sind: -Im Amtsausschuß sind der Bürgermeister der Gemeinde und je ein Mitglied der Gemeindevertretung präsent. -Der Amtsausschuß wählt den hauptamtlichen Amtsdirektor.

Auch die brandenburgische Regelung hat den Gemeinden mehrere Formen der Amtsverwaltung angeboten Die Gemeinden haben in der Hauptsache ebenfalls die Errichtung eines Verwaltungsamts gewählt. Durch eine Vielzahl von Einzelverordnungen sind die Ämter durch den Minister des Innern im wesentlichen im Jahr 1992 gebildet worden. Ein Amt umfaßt in Brandenburg durchschnittlich 8000 Einwohner. Es gibt zirka 160 Ämter und 53 amtsfreie kreisangehörige Gemeinden. Durch Gemeindegliederungsgesetze sind die rechtlichen Grundlagen geschaffen worden, um auf freiwilliger Basis Gemeindezusammenschlüsse bzw. Eingemeindungen zu befördern. Insgesamt sind die amtsangehörigen Gemeinden in eine Verwaltungsstruktur eingefügt worden, die das Gesichl der Gemeinden wahrt, die für sie und nach ihrer Beschlüssen die Verwaltung fachgerecht ausführer soll. Das wird zur gegebenen Zeit in der Praxis zu analysieren sein. In den Innenministerien der beiden Länder wird damit gerechnet, daß sich in einem länger dauernden Prozeß aus den Ämtern größere Gemeindestrukturen bilden. 2. Die Verwaltungsgemeinschaften in den Ländern Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen

Auch in Sachsen-Anhalt ist nicht auf die Gestaltung der Gemeindestrukturen entsprechend dem Beraterland Niedersachsen zurückgegriffen worden (Samtgemeinden). Mit dem Gesetz über die kommunale Gemeinschaftsarbeit vom 17. Juli/9. Oktober 1992 ist die verbesserte Verwaltungseffizienz der Gemeinden auf eine rechtsnormative Grundlage gestellt worden Die Lösung ist hierbei die Verwaltungsgemeinschaft, die dem Verwaltungsamt sehr ähnlich ist.

In einer Kommentierung des Ministeriums des Innern in Sachsen-Anhalt ist der Funktionsmechanismus der Verwaltungsgemeinschaft dargestellt Die Verwaltungsgemeinschaft erfüllt gemeindliche Aufgaben; sie ist keine neue Verwaltungsebene. Die Geschäftsstelle der Verwaltungsgemeinschaft hat Dienstherrenfähigkeit, gewährleistet den Gang der Geschäfte und stellt die Bürgemähe der örtlichen Verwaltung sicher. Die Verwaltungsgemeinschaft geht der Bildung eines Zweckverbandes und einer Zweckvereinbarung vor. Als Mindesteinwohnerzahl einer Verwaltungsgemeinschaft wird die Zahl 5000 angegeben. Im Regelfall soll es außerhalb der Verwaltungsgemeinschaften eine Verwaltung in den Mitgliedsgemeinden nicht mehr geben. Das ist eine im Verhältnis zu den Amtsordnungen von Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg unklare Formulierung. Es bleibt abzuwarten, inwieweit Gemeinden örtliche Selbstverwaltungsaufgaben zur Erledigung nicht auf die Verwaltungsgemeinschaften übertragen. Eine Steuerung über die öffentlichen Finanzen für die Bediensteten in Gemeindeverwaltungen wird die Möglichkeit zur Wahrnehmung von Selbstverwaltungsaufgaben wahrscheinlich gering halten bzw. völlig ausschließen. Oberstes Organ der Verwaltungsgemeinschaft ist der Gemeinschaftsausschuß. Dieser wird durch einen Vorsitzepden geleitet. Die operative Leitung des Verwaltungsamtes hat ein Leiter. Im übrigen bietet der Gesetzgeber zwei Modelle für die Verwaltungsgemeinschaften an: 1. die Errichtung eines gemeinsamen neuen Verwaltungsamtes der Verwaltungsgemeinschaft;

2. die Möglichkeit des Anschlusses der Mitglieds-gemeinden an eine Trägergemeinde, wenn diese bereits eine leistungsfähige Verwaltung hat.

Die neue Gemeindeordnung, deren Entwurf im Frühsommer 1993 vorgelegt wurde, definiert die Funktion und Rechtsstellung sehr genau. Die Verwaltungsgemeinschaft wird ein Bestandteil des gemeindlichen Selbstverwaltungsrechts bleiben. Das Land fördert auf der Grundlage der Freiwilligkeit Gemeindezusammenschlüsse und Eingemeindungen. Im Freistaat Sachsen hat die Gemeindeordnung vom 21. April 1991 die Kommunalverfassung beseitigt Die Gemeindeordnung ist am 1. Mai 1993 in Kraft getreten. Sie ist ein ausgereiftes Dokument, das sich an die Gemeindeordnungen von Baden-Württemberg und Bayern anschließt. Die Urwahl des Bürgermeisters ist im § 48 GO geregelt.

Im Freistaat Sachsen ist im April 1993 der Gesetz-entwurf über die kommunale Zusammenarbeit durch die Staatsregierung vorgelegt worden Formen der kommunalen Zusammenarbeit sollen demnach sein: Bildung von Verwaltungs-und Zweckverbänden, Vereinbarungen über den Abschluß von Verwaltungsgemeinschaften und Zweckvereinbarungen. Mit diesen Formen will der Freistaat die Verwaltungseffizienz erhöhen und (zunächst) die Selbständigkeit der Gemeinden nicht antasten (Eingemeindungen und Gemeinde-zusammenschlüsse sind zulässig).

Der Verwaltungsverband (als Frei-und Pflichtverband) schließt benachbarte Gemeinden eines Land-kreises auf der Grundlage ihrer Selbständigkeit zusammen. Mindestens 5 000 Einwohner sollen einen Verwaltungsverband bilden. Das Verwaltungsamt ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Es beläßt den Gemeinden -im Unterschied zu den Amtsordnungen von Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg -noch die Möglichkeit des Erhalts einer eigenen Verwaltungsentscheidungsmasse. Es wird folglich nicht die, sondern eine Schreibstube der Gemeinden. Organe des Verwaltungsverbandes sind die Verbandsversammlungen. Die Verbandsversammlung besteht aus den Bürgermeistern der Mitgliedsgemeinden und weiteren entsandten Vertretern aus den Mitgliedsgemeinden entsprechend ihrer Bevölkerungszahl. Des weite-ren hat der Verwaltungsverband Ausschüsse, einen Verbandsvorsitzenden (Amtszeit sieben Jahre) und einen oder mehrere Stellvertreter. Der Verbandsvorsitzende wird von der Verbandsversammlung gewählt. Der Vorsitzende leitet und vertritt die Verbandsverwaltung; der Verwaltungsverband hat Dienstherrenfähigkeit. Er und seine Mitgliedsgemeinden können sich zu einer kreisangehörigen Gemeinde umwandeln. Der Weg zu Einheitsgemeinden ist hierdurch vorgezeichnet.

Die Verwaltungsgemeinschaften sächsischer Prägung sind anders als die Sachsen-Anhalts. Nach sächsischem Modell können benachbarte Gemeinden desselben Landkreises vereinbaren, daß eine Gemeinde (erfüllende Gemeinde) für die anderen beteiligten Gemeinden die Aufgaben eines Verwaltungsverbandes wahmimmt. Die beteiligten Gemeinden bilden einen Gemeinschaftsausschuß. Gemeinschaftsorgan ist der Bürgermeister der erfüllenden Gemeinde.

In einem Zweckverband können sich Gemeinden, Verwaltungsverbände und Landkreise zusammenschließen. Auch Körperschaften, Anstalten und Stiftungen können Mitglied des Zweckverbandes werden. Organe des Zweckverbandes sind die Verbandsversammlung und der Verbandsvorsitzende. Ein Zweckverband kann die Dienstherrenfähigkeit besitzen. Auch die Zweck-vereinbarung ist eine Form der gemeindlichen Zusammenarbeit. Gemeinden, Verwaltungsverbände und Landkreise können vereinbaren, daß eine der beteiligten Körperschaften (beauftragte Körperschaft) bestimmte Aufgaben für alle wahrnimmt.

Der Landtag von Thüringen hat am 11. Juni 1992 mit der Vorläufigen Kommunalordnung (VKO) die Kommunalverfassung außer Kraft gesetzt Im wesentlichen lehnt sich die VKO im Aufbau und in maßgeblichen Bestimmungen an die Kommunalverfassung an. Vor allem im § 31 sind detailliertere Bestimmungen enthalten, deren Ziel darin besteht, die Bildung von Verwaltungsgemeinschaften zu fördern. Das ebenfalls am 11. Juni 1992 verabschiedete Gesetz über die kommunale Gemeinschaftsarbeit definiert die Formen der kommunalen Zusammenarbeit genauer

Zu den wesentlichen Bestimmungen der VKO gehören: -Gemeinden können aus Gründen des öffentlichen Wohls aufgelöst, neu gebildet oder in ihren Grenzen geändert werden. Das Gemeindegebiet soll so bemessen sein, daß die örtliche Verbundenheit der Einwohner und die Leistungsfähigkeit der Gemeinden zur Erfüllung ihrer Verwaltungsaufgaben gewährleistet sind (§ 12 Abs. 1). Der Innenminister kann im Einvernehmen mit den Gemeinden durch Rechtsverordnung Gemeinden auflösen oder in ihren Grenzen ändern (§ 12 Abs. 2). -Gegen ihren Willen können Gemeinden nur durch Gesetz aufgelöst, neu gebildet oder in ihren Grenzen geändert werden (die Bürger sind vor Erlaß des Gesetzes zu hören -§ 12 Abs. 3). -Eine landesweite Gemeindegebietsreform bleibt einer gesetzlichen Neuordnung Vorbehalten (§ 12 Abs. 5).

Für die Gebietsänderung der Gemeinden sind zwei Formen vorgesehen: die Eingliederung einer Gemeinde in eine andere und die Zusammenlegung mehrerer Gemeinden (§ Ila Abs. 1 und 2). Der Landtag hat sich hier ein Instrument geschaffen, das es ermöglicht, bei der Durchführung der Kreisreform in größerem Umfang Gemeinden in Stadtkreise einzugliedem. Die Ausführungen über die Verwaltungsgemeinschaften ähneln denen von Sachsen-Anhalt in starkem Maße. Hervorzuheben ist allerdings, daß § 31 Abs. 1 VKO bestimmt, daß mit der Verwaltungsgemeinschaft keine neue Thüringer Verwaltungsinstitution festgeschrieben wird. Sie bleibt vielmehr der endgültigen Neufassung der künftigen Thüringer Kommunalverfassung vorbehalten Im Gesetz über die kommunale Gemeinschaftsarbeit sind die folgenden Rechtsformen genannt: Gründung von kommunalen Arbeitsgemeinschaften, Abschluß von Zweckvereinbarungen und Bildung von Zweckverbänden (§ 2 Abs. 1). Der Prozeß der interkommunalen Kooperation ist auch in Thüringen im vollen Gange; bis zum Mai 1993 gab es zirka 200 Verwaltungsgemeinschaften. Mit diesen Ausführungen konnte nur ausschnittsweise gezeigt werden, in welcher Tiefe sich gerade die Gemeinden in den neuen Bundesländern mit Hilfe .der Rechtsumgestaltung so ändern, daß sie ihrer Stellung entsprechend demGrundgesetz gerecht werden. Dies ist ein Prozeß, der wohl zu Recht mit der schon häufig gebrauchten Formel von einem Jahrhundertereignis umrissen werden kann. Die Umwandlung vollzieht sich bei gleichzeitiger Umgestaltung von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Wirtschaftliche weltweite Rezessionen beeinträchtigen diesen Prozeß zunehmend negativ. Förderliche wie hinderliche Elemente begleiten diesen Vorgang.

Sie liegen einerseits in der Hilfe von Alt-Bundesländern, andererseits in einer zu wenig ausgeprägten Mitwirkung der ostdeutschen Bevölkerung. Dennoch geht es mit den Reformen vorwärts. Am Ende wird die Gemeinde, in dieser oder jener Form, erhalten bleiben. Sie ist die unmittelbare Lebensumwelt des Menschen, in der auch die Verwaltungsgemeinschaft verankert sein wird.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Vgl. Klaus König, Verwaltung im Übergang, in: Die öffentliche Verwaltung (DÖV), 44 (1991) 5, S. 177ff. Der Verfasser hat als einer der ersten Verwaltungswissenschaftler die Zäsur analysiert, die den Verwaltungen in den neuen Ländern auf Lahdes-und Kommunalebene gleich einer Roßkur bevorsteht. Auch die am 9. und 10. November 1990 in Jena stattgefundene Tagung „Verwaltungsreform in den ostdeutschen Bundesländern“ hat die Notwendigkeit der fundamentalen Transformation der ostdeutschen Verwaltungen erkannt und festgeschrieben; vgl. Wolfgang Seibel, in: DÖV, (1991) 5, S. 198ff. (Bericht).

  2. Vgl. Wolfgang Bemet/Hans-Jürgen Kulke, Zur Verwaltungsgeschichte und -gegenwart im Land Thüringen, in: Günter Püttner/Wolfgang Bernet (Hrsg.), Verwaltungsaufbau und Verwaltungsreform in den neuen Ländern, Köln u. a. 1992, S. 75ff.

  3. Vgl. zum Stand der Reformen gegen Ende des Jahres 1992 das Gutachten von Wolfgang Bernet, Die Verwaltungsund Gebietsreformen in den Gemeinden und in den Landkreisen der Länder Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen, in: Kommission zur Erforschung des sozialen und politischen Wandels in den neuen Bundesländern, Graue Reihe, Nr. 108, Halle 1993; sowie zum aktuellen Stand den Beitrag von Gerd Schmidt-Eichstaedt in diesem Heft.

  4. Vgl. Albrecht Rösler, Zur Beibehaltung traditioneller Gemeindegrößen in der ehemaligen DDR, in: G. Püttner/W. Bernet (Anm. 2), S. 31.

  5. Vgl. Herwig Roggemann, Kommunalrecht und Regional-entwicklung in der DDR, Berlin 1987, S. 27f.; Autorenkollektiv, Staatsrecht der DDR, Berlin (Ost) 1977, S. 59.

  6. Vgl. Gesetzblatt (GBl.) Thüringen, I, 1946, S. 138ff. Für die anderen Länder der SBZ Mecklenburg, 20. 9. 1946, Amtsblatt (ABI.) Mecklenburg 1946, S. 113; Mark Brandenburg, 14. 9. 1946, Gesetz-und Verordnungsblatt (GVB 1.) Brandenburg, II, 1947, S. 307; Sachsen-Anhalt, 5. 10. 1946, Verordnungsblatt (VOB 1.) Sachsen-Anhalt 1946, S. 467; Sachsen, 6. 2. 1947, GVB 1. Sachsen 1947, S. 54. Der Termin der Inkraftsetzung der Demokratischen Gemeindeordnung ist identisch mit dem Genehmigungstermin dieses Dokuments durch die SMAD. Das bedeutet, daß die Gemeinde-ordnung als Muster für die anderen Länder der SBZ in Brandenburg ausgearbeitet worden war.

  7. Vgl. Wolfgang Bernet, Zur Geschichte und Rechtsprechung des Thüringischen OVG Jena, in: Heinz Mohnhaupt (Hrsg.), Rechtsgeschichte in den beiden deutschen Staaten (1988-1990), Frankfurt am Main 1991, S. 528.

  8. Die Landesverfassungen sind abgedruckt in Wilhelm Wegener, Die neuen deutschen Verfassungen, Essen 1947, S. 170 ff.

  9. Vgl. Die Dresdner Beschlüsse des kommunalpolitischen Beirats der SED, in: Richtlinien der SED für die Kommunalpolitik Deutschlands, Berlin (Ost) 1948, S. 33.

  10. Vgl. GBl.der DDR, Teil I, S. 613.

  11. Vgl. Siegfried Mampel, Die sozialistische Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik, Frankfurt am Main 1982 (Präambel); Christoph Hauschild, Die örtliche Verwaltung im Staats-und Verwaltungssystem der DDR, Berlin 1991, S. 61.

  12. Vgl. GBl.der DDR, Teil 1, 1973, S. 65.

  13. Vgl. ebd., S. 313.

  14. Ordnungen über die Aufgaben und die Arbeitsweise des Bezirkstages und seiner Organe, des Kreistages und seiner Organe, der Stadtverordnetenversammlung und ihrer Organe in den Stadtkreisen, der Stadtverordnetenversammlung und ihrer Organe in den kreisangehörigen Städten, der Gemeindevertretung und ihrer Organe vom 28. 6. 1961, GBl.der DDR, Teil I, S. 52ff.

  15. Vgl. GBl.der DDR, Teil I, S. 213.

  16. Beide Gesetze sind durch umfangreiche Autorenkollektive, jeweils unter der Leitung von Siegfried Petzold, kommentiert worden; vgl. GöV, Berlin (Ost) 1975; GöV, Berlin (Ost) 1989.

  17. Genauere Zahlen bei A. Rösler (Anm. 4), S. 51 mit Anmerkungen.

  18. Vgl. Kurt Schubert/Günther Gerlach, örtliche Staatsorgane und nichtunterstellte Betriebe, Berlin (Ost) 1973.

  19. Vgl. GBl.der DDR, Teil I, 1968, S. 661; vgl. Wolfgang Bernet, Zu Eigentum, Geld und Verträgen im kommunalen Bereich der früheren DDR und der jetzigen neuen Länder, in: Jahresschrift für Rechtspolitologie, (1992), S. 253 ff.

  20. Vgl. Auf dem Weg zur kommunalen Selbstverwaltung, Berlin (Ost) 1990.

  21. Vgl. Franz-Ludwig Knemeyer (Hrsg.), Aufbau kommunaler Selbstverwaltung in der DDR, in: Kommunalrecht -Kommunalverwaltung, (1990), S. 5 (Vorwort).

  22. Vgl. Ludwig Penig, Stärkung des Kommunalvermögens durch Entflechtung des Volkseigentums, in: F. -L. Knemeyer (Anm. 23), S. 49ff.

  23. Vgl. F. -L. Knemeyer (Anm. 23), S. 81.

  24. Vgl. GBl.der DDR, Teil I, S. 955.

  25. Vgl. Einigungsvertrag vom 31. August 1990, Bundesgesetzblatt (BGBl.), TeilII, S. 889 (Ani. II Kap. II Sachgeb. A Abschn. II).

  26. Vgl. Einigungsvertrag (Anm. 27), Ani. II Kap. II Sachgeb. B Abschn. I und Ani. II Kap. IV Abschn. III P. 2. Deutschland, in: Landes-und Kommunalverwaltung (LKV), 2 (1992) 3, S. 68ff.; Franz-Ludwig Knemeyer, Kommunale Gebietsreformen, in: LKV, 2 (1992) 6, S. 181.

  27. Vgl. Edzard Schmidt-Jortzig, Die Bedingungen der Kommunalen Selbstverwaltung im Ostteil des vereinigten

  28. Vgl. GVB 1. Mecklenburg-Vorpommern, 18. 3. 1992, S. 187.

  29. Vgl. Thomas Darsow, Verwaltungsreform in Mecklenburg-Vorpommern: Renaissance der Amtsverfassung, in: LKV, 2 (1992) 9, S. 287.

  30. Vgl. GVB 1. Brandenburg, 1991, S. 682.

  31. Vgl. Minister des Innern des Landes Brandenburg (Hrsg.), Ratgeber Amtsordnung, Potsdam 1991; Ulrici Schulze, Ämterbildung vor dem Abschluß, in: Brandenburg kommunal, (1992) 2-3, S. 5.

  32. Vgl. hierzu auch den Beitrag von Gerd Schmidt-Eichstaedt in diesem Heft: Kapitel IV, Unterpunkte 3., 4. und 5.

  33. Vgl. GVB 1. Sachsen-Anhalt, Nr. 42, 1991, S. 37.

  34. Vgl. Thomas Veil, Kommunalreform in Sachsen-Anhalt, in: LKV, 3 (1992) 2, S. 48; Veil schreibt deutlich „Ämter/Verwaltungsgemeinschaften“.

  35. Vgl. Land Sachsen-Anhalt, Ministerium des Innern, Das Gesetz über die kommunale Gemeinschaftsarbeit (ohne Jahresangabe).

  36. Vgl. GVB 1. Sachsen, Nr. 18, 1991, S. 301.

  37. Drucksache 1/13114.

  38. Vgl. GVB 1. Thüringen, Nr. 14, 1992, S. 219 und geändert GVBl. Thüringen, Nr. 20, 1992, S. 383.

  39. Vgl. GVBl. Thüringen, Nr. 14, 1992, S. 232.

  40. Wegen des Redaktionsschlusses konnte die beschlossene Gemeindeordnung für Thüringen nicht mehr ausgewertet werden; es steht jedoch fest, daß die Verwaltungsgemeinschaft in ihr verankert ist.

Weitere Inhalte

Wolfgang Bernet, Dr. jur., geb. 1941; 1987-1991 ord. Professor für Verwaltungsrecht an der Universität Jena; seitdem freiberuflich tätig (u. a. als Schriftleiter der Zeitschrift Landes-und Kommunalverwaltung, Gutachter). Veröffentlichungen: zahlreiche Beiträge zum Kommunalrecht der DDR bzw.der neuen Bundesländer; Mitautor zweier Lehrbücher zum Verwaltungsrecht der DDR.