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Der Trilateralismus als internationales Politikmanagement | APuZ 6/1981 | bpb.de

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APuZ 6/1981 Artikel 1 Präsident Ronald Reagan Konturen seines außenpolitischen Profils 200 Jahre Außenpolitik der Vereinigten Staaten von Amerika Entwicklungslinien und Erklärungsversuche Der Trilateralismus als internationales Politikmanagement

Der Trilateralismus als internationales Politikmanagement

Albrecht Rothacher

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Zusammenfassung

Vor acht Jahren, nahezu unbeachtet von einer breiteren Öffentlichkeit, wurde die Trilaterale Kommission gegründet. Sie stellt das bisher ehrgeizigste Projekt der globalen Koordination der Wirtschafts-, Entwicklungs-und Sicherheitspolitiken der führenden westlichen Regionen, nämlich der USA, Japans und Westeuropas, dar. Die Trilaterale Kommission ist als Konsequenz der Furcht der amerikanischen multinationalen Konzerne vor protektionistischen Politiken in den entwickelten westlichen Industrieländern entstanden. Methodisch verfolgt der Trilateralismus eine „internationalistische Sozialisation“ der politischen Eliten Nordamerikas, Westeuropas und Japans. Sein Hauptziel ist dabei, eine stabile, freihändlerisch organisierte Weltwirtschaft zu erhalten und sie durch möglichst weitgehende trilaterale Politikkoordination und -beratung noch krisensicherer zu machen. Trotz widriger Entwicklungen in der Weltwirtschaft konnte die Trilaterale Kommission während der siebziger Jahre Erfolge erzielen: In der innenpolitischen Szene der USA waren diese vor allem personalpolitischer Natur. Gleichzeitig war eine effektive Versachlichung in den wichtigsten handelspolitischen Verhandlungen zwischen den westlichen Industrieländern zu beobachten. Trilaterale Aktionen bewirkten auch eine Verstärkung der Westintegration der politischen Eliten Japans. Als gewichtigste Hindernisse für eine effektive trilaterale Politikkoordination stellten sich neben der schwerfälligen außenpolitischen Entscheidungsfindung in Japan vor allem die Integrationsdefizite der EG heraus, die auf europäischer Seite alle signifikanten trilateralen Initiativen schon im Ansatz zu Fall brachten.

I. Die weltwirtschaftlichen Beziehungen der Industrieländer in der Krise

Noch immer beherrscht die Problematik der Nord-Süd Beziehungen in Deutschland die politische und wissenschaftliche Diskussion um die Struktur und das Management des internationalen Wirtschaftssystems. Diese einseitige Orientierung an Austauschbeziehungen unter fundamentalen Ungleichheitsbedingungen verleitet dann häufig zu übersehen, daß 80 Prozent des Welthandels zwischen entwikkelten Industrieländern stattfindet, unter Bedingungen weitgehender struktureller Gleichheit — mit dem Rückgang der imperialen Rolle der USA — und (noch) effektiver Nutzung komparativer Vorteile, die durch das freihändlerische System des GATT und seiner Zollsenkungsverhandlungen ermöglicht wurden.

Mit der Nachkriegserfahrung einer konsistent wachstumsstimulierenden Auslandsnachfrage gehörte damit das Freihandelspostulat zu den Gemeinplätzen der außenwirtschaftspolitischen Debatte in der Bundesrepublik. Positive Zahlungsbilanzen bis einschließlich 1978 ließen jene unbefragte freihändlerische Selbstgewißheit entstehen, bei der ideologische Über-zeugung mit nationalem Eigeninteresse auf das vortrefflichste korrelierten. In der Folge der frustrierenden UNCTAD-Verhandlungen führte die Dissoziationsdebatte der Entwicklungsländer in der Bundesrepublik Deutschland wie in den meisten anderen Industrieländern lediglich zu akademisch-moralischen Zweifeln am Nutzen weltwirtschaftsorientierter Entwicklungsstrategien für die Dritte Welt.

Erst Ende der siebziger Jahre mit dem dramatisch erscheinenden Verfall der deutschen Wettbewerbsvorteile — etwa gegenüber stärkerer japanischer Konkurrenz sowohl auf dem Weltmarkt wie auf dem deutschen Binnenmarkt — gewinnen Forderungen nach einem protektionistischen Importreglement erstmals an politischer Relevanz: Das freihändlerische System zwischen Industrienationen selbst erscheint in Frage gestellt

Dem liegen strukturelle Veränderungen zugrunde: Wachsende nationale Staatsinterventionen („Industriepolitik") verzerren die internationale Wettbewerbssituation. Der soziale Sprengstoff, der sich durch die Krise der europäischen und nordamerikanischen Schwerindustrien (bedingt durch unterlassene Modernisierungen [Unterkapitalisierung] und hohe Lohnkosten und Steuerbelastungen) akkumuliert, verlangt nach „pazifierenden" Sofortabhilfen. Am vordergründig effektivsten ist es da, unerwünschter ausländischer Konkurrenz als „Importeuren von Arbeitslosigkeit" die Tür zu weisen. Die notwendigen Restrukturierungen solcher Industriezweige sind dann so kapitalintensiv, daß sie ohne staatliche Subventionen nicht mehr vorgenommen werden. Das bürokratisch definierte Staatsinteresse wird dann identisch mit dem sektoralen Produzenteninteresse. Die Wahrscheinlichkeit protektionistischer Maßnahmen wächst damit rapide.

Die Verschärfung des internationalen Wettbewerbs wurde in den siebziger Jahren durch viererlei bewirkt

— den relativen Rückgang der Wirtschaftskraft der USA, die in der Folge des Vietnam-krieges Handelsbilanzdefizite nicht mehr absorbieren konnten; — die Verknappungs-und Kartellisierungstendenzen auf dem Rohstoff-und vor allem Energiesektor;

— den Rückgang europäischer Wettbewerbs-vorteile in kapital-und wissensintensiven Produktionen gegenüber Japan;

— den Verlust europäischer Wettbewerbs-vorteile in arbeitsintensiven Produktionen gegenüber neuen Konkurrenten auf dem Weltmarkt: ost-und südeuropäischen Produzenten und den Schwellenländern in der Dritten Welt (den „Newly Industrialized Countries“ von Korea bis Brasilien), die wegen erheblich niederer Lohn-und Sozialkosten gemeinhin des „Sozialdumpings" bezichtigt werden.

Das System des freien Welthandels und des unbehinderten Kapitalaustausches ist damit heute — zum Zeitpunkt seiner höchsten Entfaltung — in seiner ärgsten Krise seit den dreißiger Jahren.

II. Die Gründung der Trilateralen Kommission

Weltweite Strukturen des Freihandels und liberalisierte Kapitaltransaktionen führten rapide zu einer globalen Arbeitsteilung und zum Wachstum und zur raschen Vermehrung multinationaler Konzerne und internationaler Banken, die, die weltweite Liquidität des Kapitals nützend und fördernd, Großprojekte und Warenströme bisher ungekannten Ausmaßes finanzieren und organisieren konnten. Solche Großbanken und Multis haben daher ein eminentes Interesse an der Erhaltung eines Weltwirtschaftssystems, das ihrem Gewinnkalkül optimal entspricht, das internationale Kapitalanlagen in optimaler Faktorennutzung, den Absatz von Fertigprodukten und die Rohmaterialbeschaffung möglichst unbehindert von politischen und staatsbürokratischen Barrieren ermöglicht. Im Gegensatz zum öffentlichen Klischee sind die Multis jedoch nicht allmächtig und haben bei außenwirtschaftspolitischen Entscheidungen mächtige Interessengruppen als Gegenspieler, die ihnen mit dem Ruf nach protektionistischen Maßnahmen den Garaus zu machen drohen.

Diese Gefahr eskalierte dramatisch zu Beginn der siebziger Jahre in den USA, die sich mit einem kontinuierlichen Schwund ihrer Devisen-reserven konfrontiert sahen. Gleichzeitig fühlte sich Nixon wesentlich stärker den Interessen der „nationalen“ Industrien — wie etwa der Textil-und Stahlindustrie — verpflichtet als den US-Multis.

1969/71 kam es deshalb zu einer heftigen US-japanischen Konfrontation über japanische Textilexporte nach den USA, die die bilateralen Beziehungen erheblich belastete Mit den „Nixon shocks“ 1971 brachen die USA dann gleich so ziemlich alle ihre handels-und währungspolitischen Verpflichtungen: Sie werteten ohne vorherige Konsultationen den Dollar drastisch ab, kündigten dessen Goldkonvertibilität auf, verhängten Importsonderzölle von 15 Prozent und blockierten später alle Soyaexporte (von deren Import Japan abhängt). Später versuchte Kissinger dann mit seinem Programm „ 1973 — Jahr Europas“ amerikanische militärische Leistungen von massiven europäischen Wirtschaftskonzessionen abhängig zu machen Binnen kurzem herrschte auf den Währungsmärkten ein solches Fluktuationschaos, das die störungsfreie Abwicklung von internationalem Handel und Auslandsinvestitionen, die beide von vorhersehbaren Wechselkursen abhängen, zu gefährden schien.

In dieser Situation (1972) unterbreitete Brzezinski, damals Professor an der Columbia University, David Rockefeller, dem Chef der Chase Manhattan Bank, den Vorschlag intensiver trilateraler Elitenkooperation zur Prävention und Eindämmung solcher dysfunktionalen Konflikte. Auf einer ähnlich erlesen zusammengesetzten Bilderberg-Konferenz machte Rockefeller 1973 sein trilaterales Projekt publik Etwa 300 der führenden Finanz-und Großindustriemanager und -Besitzer, der systemkonformen politischen und akademischen Eliten und Medienfürsten in Japan, Westeuropa und Nordamerika würden sich alljährlich zu einer mehrtägigen Konferenz versammeln, um dort mit sorgsam vorbereiteten Papieren über die Weltwirtschafts-und -gesellschaftsprobleme intensiv und ungestört gemeinsam nachdenken und diskutieren zu können. Zweck der Übung ist, dabei gemeinsame, konfliktfreie Lösungen zu finden und im heimatlichen Politikbetrieb dann auch möglichst noch praktisch umzusetzen

Ein 32köpfiges Exekutivkomitee trifft sich unter dem Vorsitz des Direktors der Trilateralen Kommission (bis 1976: Brzezinski) häufiger und bestimmt die „Task forces" (Unterkommissionen), in denen vor allem Vertreter der „Think tanks“ (wissenschaftlicher Politikberatungszentren) der trilateralen Regionen (Westeuropas, der USA und Japans) die zu diskutierenden Problembereiche inhaltlich durch Arbeitspapiere und Politikempfehlungen vor-strukturieren.

III. Inhalt und Methode des Trilateralismus

Lieblingsthemen der Trilateralen sind: die Reform des Weltwährungssystems, die Beziehungen mit den Entwicklungsländern, mit OPEC und mit Comecon, die Ausarbeitung einer gemeinsamen Energiepolitik, die Gefahren für die Freihandelspolitik, Vorschläge zur Verbesserung trilateraler Konsultation und zu institutionalisierter Politikkoordination und seit 1979 auch Themen der Sicherheitspolitik (vor allem in bezug auf SALT II und den Nahen und Mittleren Osten).

Die Politikempfehlungen der Trilateralen schlossen ein

— den weltweiten Schutz von Auslandsinvestitionen, — Zollsenkungen für Fertigprodukte, — die Einführung flexibler Wechselkurse, — Maßnahmen zur Integration der Entwicklungsländer in die westlich dominierte Weltwirtschaft, — Sonderkredite der Weltbank („Drittes Fenster“) für Entwicklungsländer, die mit mehr als 50 Mrd. US-Dollar bei den internationalen Großbanken verschuldet sind, — die Schaffung von Nahrungsmittellagersystemen in der Dritten Welt, — entspannungsorientierte Kooperation mit den Comecon-Staaten, — Industrie-und Ausbildungspolitiken, um eine konfliktreduzierte Restrukturierung der westlichen Volkswirtschaften zu ermöglichen, — Energiesparpolitiken und den Ausbau der Kernenergie, — recht vage Forderungen nach Friedenslösungen in Palästina und (seit 1979) geteilte Einschätzungen der Rolle der Sowjetunion.

Allen diesen Politikempfehlungen ist die Annahme gemein, daß die langfristigen Interessen Japans, Westeuropas und der USA (und der multinationalen Konzerne) letztlich identisch sind. Damit wird die konfliktfreie Regelung der trilateralen Beziehungen zu einem reinen Management-und Kommunikationsproblem, das durch entsprechend institutionalisierte Politikkooperation und intensive Interaktionen der trilateralen Eliten koordinationsfördernd gelöst werden kann. Gerald Smith, der ehemalige Vorsitzende der Sektion Nordamerika der Trilateralen Kommission, drückte dies so aus: „The Commission will seek to educate attentive audiences in the three regions, so that public policy in Japan, North America, and Europe will come to reflect the private consensus.“ Auf theoretischer Ebene lehnen die Trilateralen denn auch strikt die „Power-politics" -Postulate Morgenthaus und Kennans ab, die von der unbeschränkten Maximierung des Nationalinteresses auf Kosten anderer als Prinzip internationaler Beziehungen ausgehen

Im Marxismus wird seit langem eine analoge Diskussion zwischen den Positionen des „Ultraimperialismus" (Kautsky) und des „Imperialismus" (Lenin) geführt. Während Lenin noch von — im Streit um Einflußphären und Absatzmärkte notwendig werdenden — unversöhnlichen zwischenimperialistischen Krisen und Kriegen ausgeht beschreibt die Theorie vom Ultraimperialismus eine umgekehrte konvergente Tendenz: die Entwicklung der kapitalistischen Systeme zu immer stärkerer weltwirtschaftlicher Integration und Kartellierung bis hin zum „World trust" in einer dominierenden „Metropole"

Dieser letzte Gedanke scheint den trilateralen „brain trusts" nicht einmal so abwegig zu sein: Nicht umsonst ist die Trilaterale Kommission bewußt Jean Monnets „Committee dAction" der fünfziger Jahre nachgebildet. Ihre Vorschläge sehen eine wesentliche Intensivierung der Politikkoordination zwischen den westlichen Industriestaaten vor, über den Grad hinaus, wie sie schon von den jährlich stattfindenden Weltwirtschaftsgipfeln der OECD und auf Weltbankkonferenzen betrieben wird. Neben einer aktiveren Rolle der OECD soll eine „Trilaterale Stabsgruppe" von hochgestellten Regierungsberatern die trilateralen Beziehungen beobachten, rechtzeitig Konfliktbereiche identifizieren und über einen aktiven Konsultationsmechanismus entschärfen. Ein weiteres „Trilaterales Politisches Kommitee" soll ähnlich der Europäischen Politischen Zusammenarbeit (EPZ) trilaterale Außenpolitik koordinieren

Brzezinskis ursprüngliche Ziele waren noch ehrgeiziger: Die Schaffung gemeinsamer USA-EG-Japanischer Politikplanungen durch jährliche gemeinsame Kabinettssitzungen, Treffen der Regierungschefs, ein gemeinsames Planungssekretariat mit einem Arbeitsstab, häufigere OECD-Ministersitzungen und trilaterale Parlamentariertreffen Nichts Geringeres als die organisierte Welt-„community" der entwickelten westlichen Industrieländer war seine Vision.

IV. Die praktischen Ergebnisse des Trilateralismus

Die praktischen Erfolge der Trilateralen Kommission lagen wegen der politikfeindlichen Integrationsdefizite der EG weniger in Europa als in der innenpolitischen Szene der USA der Westintegration Japans und in der partiellen Entspannung internationaler Handelskonflikte in der zweiten Hälfte der siebziger Jahre.

Als Jimmy Carter als unbekannter , Jimmy Who?" 1975/76 seine Präsidentschaftsambitionen kundtat und ausschließlich mit intensiver Medienhilfe (vor allem von „Time") bekannt wurde, da vermuteten viele Beobachter die helfende Hand Rockefellers und Brzezinskis, der dem ehemaligen Gouverneur von Georgia seit 1973 trilateralen Außenpolitikunterricht gegeben hatte Wie dem auch immer war: nach gewonnener Wahl setzte Carter 18 prominente Trilaterale auf Schlüsselpositionen in seiner Administration Dem Ausbruch von Handelskriegen im Stile 4er Aktionen von Nixon und Connally war damit vorgebeugt. Wenn auch die ursprüngliche trilaterale Programmatik der Regierung Carter sich bald in Rhetorik erschöpfte, so wurde doch die Praxis der Weltgipfel weiter ausgebaut im letzten US-Wahlkampf geriet die Trilaterale Kommission als elitäre, internationalistische Organisation des liberalen „clean finger-nail"

Ostküsten-Establishments unter konservatives Feuer: Den Ausverkauf nationaler Wirtschaftsinteressen warf die amerikanische Rechte, in der noch immer eine starke isolationistische Tradition lebendig ist, den trilateralen Kandidaten John Anderson und George Bush vor, die daraufhin schleunigst für die Dauer des Wahlkampfes aus der Trilateralen Kommission austraten Obwohl Ronald Reagan kein Wunschkandidat Rockefellers war, der zum liberalen Flügel der Republikaner zählt, so kürte Reagan schließlich doch George Bush zu seinem „running mate“, zum zukünftigen Vizepräsidenten. Nichtsdestotrotz werden die künftigen Politiken der Reagan-Administration einen sicheren Rückschlag für die entspannungsfreundlichen, freihändlerischen US-Großkonzerne und Hochfinanzkreise bedeuten. Wie es Rockefeller formulierte: „I would hate to see us return to the cold war climate which prevailed prior to 1970.“

Traditionell litt Japan unter seiner geographischen und kulturellen Isolation von den westlichen Industrieländern. Jetzt war die japanische Elite zum erstenmal gleichberechtigt in einer solchen „High-status" -Gruppe maßgeblich beteiligt. Kiichi Miyazawa, ein früherer Außenminister, gab ohne Umschweife trilaterale Effekte auf die komplexe außenpolitische Entscheidungsfindung in Japan zu 1979 übernahm Saburo Okita, ein Mitglied des trila-teralen Exekutivkomitees, kurzfristig das Außenministerium; heute ist er Japans Chefunterhändler für Außenwirtschaftsfragen.

Ursprünglich hatte die Trilaterale Kommission ein . Japan-Problem": Wegen der Konsensusorientierung der japanischen Politik sperrten sich die japanischen Kommissionsmitglieder gegen den verbindlichen Charakter aller trilateralen Papiere und Abreden und bekundeten eine zunächst unüberwindliche Berührungsangst vor sicherheitspolitischen Diskussionen, aus Furcht, damit in die NATO zwangsintegriert zu werden

Auf europäischer Seite war die Begeisterung, mit Japan zusammenzuarbeiten, ursprünglich noch weniger entwickelt Letztendlich stellten sich jedoch die Europäer als das echte trilaterale Sorgenkind heraus: Die ungeklärte Führungsrolle in Westeuropa und die Integrationsdefizite der EG frustrierten regelmäßig jede substantielle trilaterale Politikkoordination mit jenem politisch amorphen Teilkontinent. Auf das wärmste empfehlen deshalb die Trilateralen eine politisch gestärkte EG mit einer europäisch integrierten Armee

In den dreiseitigen Wirtschaftsbeziehungen macht Rockefeller als Resultat trilateraler Bemühungen eine merkliche Entspannung in den Beziehungen zwischen Japan und den USA aus: Entstehende Handelskonflikte würden jetzt auf beiden Seiten wesentlich geschickter und sensibler behandelt Das gleiche läßt sich von der Einstellung einzelner EG-Mitgliedsländer zu Importen aus Japan bis heute nicht sagen

V. Bilanz und Perspektive des Trilateralismus

Von links außen als „US-imperalistische Verschwörung gegen die Weltrevolution" verschrien von rechts des internationalistischen Ausverkaufs bezichtigt, diente die Trilaterale Kommission gleichzeitig als Projektionsobjekt - allerlei Konspirationstheoreti ker.

Die Wirklichkeit trilateraler Kooperation wirkt ernüchternder. Japans komplizierte und ethnozentrisch orientierte außenpolitische Entscheidungsfindung behindert jede effiziente gemeinsame Politikplanung und -koordination. Die europäische Integration hat es über die verbalen Deklamationen der EPZ bisher nicht zu nennenswerter gemeinsamer Außenpolitik gebracht. Als ernst zu nehmende politische Partner für substantielle trilaterale Außenpolitik haben sich die EG-Länder deshalb bisher stets erfolgreich disqualifiziert. über die wahrscheinlichen Entwicklungslinien Reagan/Haigscher Außen-und Außen-wirtschaftspolitiken zu spekulieren, wollen wir uns hier versagen.

Ist angesichts geschilderten der eingangs weltwirtschaftlichen Strukturprobleme der Trilateralismus damit notwendig gescheitert? Eine Veröffentlichung der Trilateralen Kommission deutet an Solche Kooperation scheitert weniger an strukturellen Faktoren als am mangelnden politischen Willen der relevanten Entscheidungsträger, das Notwendige zu tun. Wie im Bereich der europäischen Integration, so scheint auch in der trilateralen Kooperation unseren politischen Eliten die notwendige historische Perspektive ebenso zu fehlen wie die Fähigkeit, die praktische politische Umsetzung wohlklingender Rhetorik zu vollziehen. Bis auf weiteres müssen wir daher wohl mit der Erziehungsarbeit Rockefellerscher Prägung vorliebnehmen.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Vgl. die Forderung der IG Metall nach PKW-Importkontrollen, Financial Times vom 14. 10. 1980.

  2. Vgl. auch: Wolfgang Hager, European Perspectives on World Economic Order, in: Japan Center for International Exchange (Hrsg.). Proceedings of the Second Europe Japan Conference, Tokyo 1977, S. 17— 31.

  3. Siehe: I. M. Destier, Haruhiro Fukui und Hideo Sato, The Textile Wrangle Conflict in Japanese American Relations, 1969— 1971, Ithaka, N. Y. 1979.

  4. Robert McGeehan und Steven J. Warnecke, Europes Foreign Policies: Economics, Politics or Both? Orbis 17, 1974, S. 1251— 1279, S. 1254.

  5. Jeremiah Novak, The Trilateral Connection, Atlantic Monthly, Juli 1977, S. 57— 59, S. 58.

  6. Mitgliederlisten finden sich in den frühen Triangle Papers und in: Henry Coston, Dictionaire de la Politique Francaise, Band 3, Paris 1979, S. 689 ff.

  7. Siehe: Jeff Frieden, The Trilateral Commission: Economics and Politics in the 1970 s, Monthly Review 29, 1977, S. 1— 18, S. 14 ff.; Trialoque No. 14, 1977, S. 7 ff; Trialoque No. 23, 1980, S. 11 ff.

  8. Gerald C. Smith, The Vital Triangle, The World Today 30, 1974, S. 142— 150, S. 149 f.

  9. Francois Duchene, Kinhide Mushakoji und David D. Owen, The Crisis of International Cooperation, The Trianele Papers No. 2, Brüssel, New York, Tokyo 1974, S. 16.

  10. Diese These wird auch vertreten in: Ernest Mandel, Die EWG und die Konkurrenz Europa-Amerika, Frankfurt 1968.

  11. Siehe auch: M. Nicolaus, U. S. A.: The Universal Contradiction, New Left Review No. 59, 1970, S. 3— 18, und: Nicos Poulantzes, The Internationalization of Capitalist Relations and the State, Economy und Society 3, 1974, S. 145— 179.

  12. Egidio Ortona, J. Robert Schaetzel und Nobuhiko Ushiba, The Problem of International Consultations, The Trialogue Papers No 12, New York, Tokyo, Paris 1976, S. 20 f.

  13. Zbigniew Brzezinski, U. S. Foreign Policy: The Search for Focus, Foreign Affairs 51, 1973, S. 708= 728, S. 724.

  14. Christopher Lydon, Jimmy Carter Revealed: He is a Rockefeller Republican, Atlantic Monthly, Juli 1977, S. 50— 57, S. 50 ff.

  15. Neben seinem Vizepräsidenten Walter Mondale waren dies: Cyrus Vance, Michael Blumenthal, Zbigniew Brzezinski, C. Fred Bergsten, Richard Holbrooke, Leonard Woodcock, Warren Christopher, Richard Gardner, Harold Brown, Richard Cooper, Andrew Young, Lucy Benson, Sol Linowitz, Paul Warnke, Anthony Salomon, Elliot Richardson und David Owen. Damit hielten Trilaterale so gut wie alle politischen Entscheidungsfunktionen im Department of State, im Pentagon, in der Treasury und im National Security Council inne. Siehe: Frieden, 1977, S. 13.

  16. Newsweek vom 24. 3. 1980.

  17. David Rockefeller, Trilateral '80, Trialogue No. 22, 1980, S. 43 f.

  18. Trialogue No. 20. 1979, S. 13.

  19. Herman Nickel, The Rediscovery of Japan, Foreign Policy No. 14, 1974, S. 157— 163, S. 160 ff.

  20. The Economist vom 5. 5. 1973 und vom 27. 10. 1973.

  21. Trialogue No. 22, 1980, S. 32 ff.

  22. Rockefeller, 1980.

  23. Siehe: Jenny Corbett, The European Community’s Trade with Japan — Issues and Implications. Australia-Japan economics research project, Research Paper No. 48, Camberra 1978; und: Financial Times vom 26. 11. 1980.

  24. John Pittman, Le ‘trilateralisme, un nouveau scnario de limperialisme US, La Nouvelle Revue Internationale, Mai 1978, S. 118— 131.

  25. Duchene u. a„ 1974, S. 9 ff.

Weitere Inhalte

Albrecht Rothacher M. A., geb. 1955; Studium der Sozialwissenschaften; 1979/80 Forschungsassistent an der International Christian University, Tokyo, Japan; seit 1980 , researcher‘ am Europäischen Hochschulinstitut, Florenz. Veröffentlichungen: Das Werden des Pazifischen Zeitalters, in: Merkur 1/81; The Formulation of Japanese Foreign Policies, in: Millenium, (London) 1981; Ways to New Japanese-European Relations, in: Japanisches Außenministerium, Oshu Seinen Nihon. Nyusen Ronbunshu, Bd. 3, Tokio 1980; The European Communities'Policies toward Japan, in: The Journal of Social Sciences (Tokio), No. 19/1980; Ways of Analyzing Japanese Society: Proposals for a Comparative Sociology of National Culture, in: Center News (Japanese Studies Center, The Japan Foundation, Tokyo) 1980.