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Geschichte und politische Bildung | APuZ 40-41/1983 | bpb.de

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APuZ 40-41/1983 Leseförderung als Aufgabe der Erwachsenenbildung Vom . Pazifismus'der dreißiger Jahre. Der Aktivismus deutscher Intellektueller im Exil (1933— 1945) Geschichte und politische Bildung

Geschichte und politische Bildung

Werner Weidenfeld

/ 19 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Das Thema . Geschichte und politische Bildung'umfaßt mehr, als es die politisierten Stichworte der jüngsten Zeit vermuten lassen. Alle Dinge, die Geschichte geworden sind, treffen heute auf ein außerordentlich großes Interesse. Dahinter steht letztlich die Frage nach uns selbst, die Suche nach unserer Identität. Dieser analytische Ansatz läßt sich in vier Grundgedanken entfalten: 1. Die Sehnsucht nach Geschichte stellt den Versuch dar, den Vertrautheitsschwund zu kompensieren. 2. Die Bewahrung von Kontinuität und Fähigkeit zum Wandel stellt sich als Verbindung von Geschichte und Politik jeder Gesellschaft als Problem. 3. Die wechselvolle Geschichte hat es den Deutschen schwer gemacht, ihre Identität eindeutig zu erfahren. 4. Zu den elementarsten Formen unseres Lebens gehört es, ein Herkunftsbewußtsein zu besitzen und in politischen Bezügen zu leben. Politische Bildung darf den Weg zu dieser Erkenntnis nicht verstellen. Politik als eine elementare Modalität personaler Existenz — in einen solchen Gegenstand muß dann politische Bildungsarbeit nicht einführen wie in eine komplizierte Fremdsprache. Politische Bildung muß vielmehr begreifbar und erlebbar machen, daß es nicht heißt, in eine „ferne, düstere, versumpfte Welt“ überzutreten, wenn man politisch denken und handeln will.

Jeder Mensch erfindet sich früher oder später eine Geschichte, die er für sein Leben hält.“ So heißt es bei Max Frisch in dem Roman . Mein Name sei Gantenbein Der Titel-held ist ein Mann, der eines Tages auf die Idee kommt, einen Blinden zu spielen. Gantenbein legt sich so eine zweite Identität zu. Bald weiß er nicht mehr, was seine wirkliche Identität denn eigentlich ausmacht: Jeder Mensch erfindet sich früher oder später eine Geschichte, die er für sein Leben hält"

Eine andere Facette beleuchtet Elias Canetti in „Das Gewissen der Worte': „Zu den unheimlichsten Phänomenen menschlicher Geistesgeschichte gehört das Ausweichen vor dem Konkreten. Es besteht eine auffallende Tendenz, erst auf das Fernste loszugehen und alles zu übersehen, woran man sich in nächster Nähe unaufhörlich stößt."

In „Aladins Problem', dem neuen Roman von Ernst Jünger, spielt das Verhältnis zur Geschichte ebenfalls eine Rolle. Der ehemalige Offizier der polnischen Volksarmee und ehemalige Student einer deutschen Hochschule, Friedrich Baroh äußert seine Abscheu: „Schizophrenie war Trumpf. Die Naturwissenschaften waren verziffert, Geschichte und Geistes-wissenschaften politisiert.“

Das Thema . Geschichte und politische Bildung'umfaßt offenbar mehr, als es die politisierten Stichworte der jüngsten Zeit ahnen lassen mehr als Streit um Rahmenrichtlinien, um Lernziele und Curricula, mehr als das Für und Wider einer problemorientierten Geschichte nach sozialwissenschaftlichen Kategorien, mehr als die Kontroverse um die angemessene Berücksichtigung des Geschichtsunterrichts und des Sozialkundeunterrichts in der Schule. Das Thema besitzt zweifellos eine aktuelle Brisanz; und dies verleitet zu Verkürzungen; Gedankenfragmente werden zu handlichen Argumentationswaffen. Die Klage über das geschwundene Geschichtsbewußtsein wird zum Gemeinplatz der politischen Konversation.

Die hohe öffentliche Aufmerksamkeit, die das Thema seit geraumer Zeit bei uns findet, legt die Vermutung nahe: Wir streiten uns zwar auf der Oberfläche unserer Erfahrungen; dahinter aber stehen offenbar ganz elementare Anfragen. Solange es kulturelle Regungen der Menschheit gibt, solange denkt sie über Geschichte und Politik nach. Darin unterscheidet sich das 20. Jahrhundert nicht von der Antike. Das Thema löst sich offenbar nicht in aktuellen Streitfragen der Tagespolitik auf. Das Thema löst sich auch nicht in der aktuellen Methodendiskussion von Geschichtswissenschaft und Politikwissenschaft auf; etwa ob die Person oder das System, ob das Individuum oder die Struktur das angemessene Objekt der Untersuchung sein solle Die Entscheidung über diese wissenschaftstheoretische Auseinandersetzung ist gefällt mit der Wahl der Abstraktionshöhe einer Untersuchung: Je niedriger die Abstraktion, desto unmittelbarer die persönliche Intention der Entscheidungsträger — je höher die Abstraktion, desto bedeutsamer die Stabilisierung der individuellen Intentionen im System und in der Struktur Die wissenschaftstheoretische Frage ist also beantwortet, wenn die Prämisse der Analyseebene formuliert ist.

Aufschlußreicher als die wissenschaftstheoretische Reflexion kann die konkrete Alltagserfahrung sein: Der Flohmarkt wird zum städtischen Ereignis. Die historischen Ausstellungen — gleichgültig, ob den Staufern oder Preußen gewidmet — locken hunderttausende Besucher an. Gedenktage wie das Hambacher Fest, Luthers Geburtstag, das Goethe-Jubiläum —, aber auch Museen, Denkmalpflege, Antiquitäten — alle Dinge, die Geschichte geworden sind, finden eine außerordentliche Anteilnahme. Diese Form des historischen Rückblicks, ja geradezu der Sehnsucht nach Geschichte birgt in sich nicht nur Chancen, sondern auch Gefahren.

Drei Gefahren sind nicht zu übersehen:

1. Das breite Interesse an Geschichte beseitigt nicht automatisch den Mangel an kritisch-systematisch fundiertem historischen Bewußtsein. Sentimentale Vergangenheitsschwärmerei, die Pflege liebgewonnener Klischees, die Orientierung am Wunschbild einer Vergangenheit wird zum entlarvenden Ausdruck politischer Unreife.

2. Das breite Interesse an Geschichte konzentriert sich oftmals auf wenige, besonders spektakuläre Ereignisse oder Epochen. In der Konsequenz steht dann ein punktuell reduziertes historisches Bewußtsein. Ein historisches Bewußtsein aber, das strikt punktuell reduziert ist, läßt weite Bereiche der Geschichte nicht einfach verschwinden; es wuchert weiter; es öffnet sich für Legenden, Mythen und Illusionen aller Art. Wir kennen ja den Zusammenhang von falschen Geschichtsbildern und inhumaner Politik; beispielsweise im Extremfall, wenn Diktaturen ihre Geschichte neu interpretieren und damit Geschichte als Herrschaftsinstrument einsetzen.

3. Das breite Interesse an Geschichte speist sich zu einem nicht geringen Teil aus willkürlich-spekulativen Betrachtungsweisen. Das willkürlich-spekulative -Denken abstrahiert von der vollen geschichtlichen Wirklichkeit, in dem es aus der Gesamtheit der Faktoren, die auf eine Entscheidung einwirken, einige wenige herauslöst und verabsolutiert. Alle Aspekte konzentrieren sich dabei auf den einen Aspekt. Die Geschichte dient/als Stoff, mit dem man das jeweilige Prinzip demonstrieren kann. Für die Auseinandersetzung mit unserer Geschichte fehlen uns offenbar weder der gute Wille noch der sittliche Eifer — eher der historische und politische Realitätssinn. Aber die eigentliche Frage erschöpft sich natürlich nicht in der Betrachtung der Gefahren verkürzter Geschichtsbilder oder der Beobachtung des diffusen Eifers unserer Zeitgenossen nach allem, was Geschichte ist. Sondern die entscheidende Frage lautet doch: Was treibt uns eigentlich um, wenn wir immer wieder mit dem Thema . Geschichte und Politik konfrontiert werden? Wieso kann keine Epoche und keine Generation dem Sog einer solchen historischen Reflexion entgehen? Warum gewinnt diese Frage für die Menschen quer durch die Jahrhunderte immer wieder solch große geistige Bedeutung? Die Antwort lautet: Weil es die Frage nach uns selbst ist, die Frage nach unserer Identität, individuell und kollektiv Wie in einem Brennglas bündeln sich vielfältige Dimensionen von Geschichte und Politik in diesem einen Punkt: in der Suche nach Identität. Diesen Grundgedanken gilt es nun in vier Thesen näher zu veranschaulichen:

These 1:

Die Sehnsucht nach Geschichte stellt den Versuch dar, den Vertrautheitsschwund zu kompensieren.

These 2:

Die Bewahrung von Kontinuität und die Fähigkeit zum Wandel stellt sich als Verbindung von Geschichte und Politik jeder Gesellschaft als Problem.

These 3:

Die wechselvolle Geschichte hat es den Deutschen schwer gemacht, ihre Identität eindeutig zu erfahren.

These 4:

Zu den elementaren Formen unseres Lebens gehört es, ein Herkunftsbewußtsein zu besitzen und in politischen Bezügen zu leben. Politische Bildung darf den Weg zu dieser Erkenntnis nicht verstellen.

Zu These 1:

Der atemberaubende Wandel der modernen Gesellschaft hat zu einem Vertrautheitsschwund geführt. Die Sehnsucht nach Geschichte resultiert aus dem Versuch, diesen Schwund an Vertrautheit mit . unserer Gegenwartsgesellschaft zu kompensieren.

Einige Anmerkungen dazu:

Identität ist — ganz allgemein gesprochen — die Summe unseres Orientierungswissens Orientierungen — das sind Ordnungsrahmen für die eingehenden Informationen. Sie sind allgemeine Umweltbeschreibungen, Bestandsaufnahmen, Selektionshilfen. Identität und Orientierung sind gewissermaßen zwei Seiten der gleichen Medaille.

Die moderne Massengesellschaft stellt nun besonders hohe Anforderungen an diese not-* wendige Orientierungsleistung: Mit der Auflösung vorgefundener Interpretationsordnungen für die Lebenswelt, mit dem hohen Maß an Mobilität, Pluralität und Differenzierung sind auch Möglichkeiten der Identifikation zerbrochen. Der Heimatverlust des modernen Menschen — um mit der Wissenssoziologie zu sprechen — hat inzwischen dramatische Züge angenommen:

— die steil ansteigende Geschwindigkeit des technologischen Wandels, bis hin zur Gefahr der Selbstvernichtung der Menschheit, — die wachsende Arbeitsteiligkeit und Differenzierung der Organisationen, — die arbeitsteilige Spezialisierung im Wissen, die bei einem jeden von uns zu intensivem Ausschnittswissen führt, das neben breiten Feldern des Nichtwissens steht.

Die Vielfalt und die Fülle der Informationen übersteigt die Fähigkeit des Menschen zu bewußter Erlebnisverarbeitung. Denn die Menge der Informationen wächst schneller als die Hilfen zu ihrer Selektion Schwierigkeiten der Selektion führen zu Defekten der Identität — und umgekehrt. Die Pathologie des modernen Menschen rührt daher nicht zuletzt aus dem unbefriedigten Verlangen nach verläßlicher Orientierung.

Extreme Beispiele zeigen die ganz handfesten Konsequenzen dieses abstrakten Befundes: In den Industriegesellschaften mehren sich die Versuche, aus der Kompliziertheit der Welt gewissermaßen auszusteigen. Die Anziehungskraft von Drogen, der Hang zum Okkultismus, zu immer neuen romantischen Aufständen gegen die komplizierte Industriegesellschaft — dies alles ist nicht mehr zu übersehen. Wir kennen heute ja auch extreme Formen der Entsolidarisierung, verbunden mit dem Pathos der Selbstaufopferung, etwa im Terrorismus. Viele suchen inzwischen Zuflucht bei alternativen Hoffnungsangeboten: im Rückzug zur Innerlichkeit, in den Ausflügen in Subkulturen, in der Sehnsucht nach der einfachen Gesellschaft.

Aber unabhängig von solchen spektakulären Erscheinungen tritt das Problem der Orientierung auch im oft unscheinbaren, alltäglichen Funktionieren einer industriellen Massengesellschaft auf. Der Ausgleich unerfüllbarer, widerstreitender Ansprüche, die Integration unterschiedlicher Interessen, die Regelung von politischen Konflikten — dies alles ist oftmals nicht aus sich selbst heraus begründbar, sondern man benötigt als Kriterium den Bezug auf eine gemeinsame Lebensgrundlage.

Das Gemeinschaftsbewußtsein wird damit zu einem wesentlichen Fundament politischer Problemlösung.

Dieses Gemeinschaftsbewußtsein spiegelt nicht zuletzt unser Verhältnis zur Vergangenheit wider. Unser Gedächtnis speichert erinnerungswürdige Ereignisse. Geschichte begründet Identität Geschichte leistet einen unverzichtbaren Beitrag zur Orientierung.

Die historisch fundierte Suche nach Identität und Orientierung ist die Antwort auf das, was heute in der Psychotherapie das . Sinnlosigkeitssyndrom'oder das . Überforderungssyndrom'genannt wird. Zur Illustration sollen drei Fälle aus der psychotherapeutischen Praxis dienen

— Zwei Männer sitzen in einem Restaurant und wollen ihr Essen bestellen: „Lieber kein Rindfleisch, es enthält zuviel Cholesterin", sagt der eine zum anderen. „Warum dann nicht lieber Fisch bestellen?“ . Aber der Fisch ist wahrscheinlich voller Quecksilber". „Und die Krabben enthalten zuviel Cholesterin, Schmutzpartikel und Quecksilber." „Nun, dann ist das Gemüse wohl unsere Rettung." „Du meinst mit seiner hohen Konzentration an Giftstoffen?" Dieses Gespräch könnte ins Unendliche fortgesetzt werden. Die Vielzahl widersprüchlicher Informationen macht die Auswahl zum schier unlösbaren Problem.

— Ein amerikanischer Student formulierte in einem Brief an seinen Arzt sein Leiden an der Überflußgesellschaft: „Ich bin 22 Jahre alt. Ich besitze einen akademischen Grad, besitze einen luxuriösen Wagen, bin überhaupt finanziell unabhängig, und es steht mir mehr Sex und Prestige zur Verfügung, als ich verkraften kann. Was ich mich frage, ist nur, was das alles für einen Sinn haben soll."

— Yehuda Bacon ist als Kind nach Auschwitz verschleppt worden. Er litt an Zwangsvorstellungen und fragte sich später immer wieder, was für einen Sinn die Jahre gehabt haben mochten, die er in Auschwitz verbracht hatte: „Als Knabe dachte ich, ich werde der Welt schon sagen, was ich in Auschwitz gesehen habe — in der Hoffnung, die Welt würde einmal eine andere werden. Aber die Welt ist nicht anders geworden, und die Welt wollte von Auschwitz nichts hören. Erst viel später habe ich wirklich verstanden, was der Sinn des Leidens ist. Das Leiden hat einen Sinn, wenn Du selbst ein anderer wirst.“

Dieses Sinnlosigkeitssyndrom oder Überforderungssyndrom, das wir in den Gesellschaften der westlichen Welt beobachten, ergibt sich aus der Störung elementarer sozialer Verhaltensmuster der modernen Industriegesellschaft: Der Mensch begegnet dem Menschen mit gemischten Gefühlen. Einerseits fürchtet er ihn, andererseits sucht er den freundschaftlichen Kontakt. Abkehr und Zuwendung beschreiben die Dialektik sozialer Beziehungen. In der Geistesgeschichte hat dieses Thema schon eine bedeutende Rolle gespielt. Immanuel Kant erklärt in seiner Schrift Idee zu einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht'diesen Antagonismus der . ungeselligen Geselligkeit'des Menschen zum Naturprinzip des Fortschritts überhaupt „Der Mensch hat eine Neigung, sich zu vergesellschaften“, so schreibt er „Er hat aber auch einen großen Hang, sich zu vereinzelnen.“ In der modernen Industriegesellschaft scheint dieses Gleichgewicht der . ungeselligen Geselligkeit’ gestört: ihre Strukturprinzipien fördern die . Ungeselligkeit', sprich: Abkehr, Isolation, Vereinsamung, Mißtrauen, und sie erschweren die . Geselligkeit', sprich: Zuwendung, Vertrauen, Verantwortung, Versöhnung.

These 2:

In der Verbindung von Geschichte und Politik stellt sich für jede Gesellschaft ein existentielles Problem: die Bewahrung von Kontinuität und die Fähigkeit zum Wandel.

Einige Anmerkungen dazu:

Alle Gesellschaften sind bestrebt, aus vielerlei Gründen — politischen, sozialen, religiösen, ökonomischen — eine Identität in der Zeit, also Kontinuität zu erhalten Bei Erreichung dieses Zieles gibt es eine Risikoschwelle: der Generationswechsel. Nicht von ungefähr investiert jede Gesellschaft einen enormen Aufwand, die Neuankömmlinge zu integrieren, oder anders ausgedrückt, die Neugeborenen zu erziehen. Jede Generation versucht, die jeweils nachfolgende Generation „an die Kontinuitätskette zu legen" Kontinuität erfordert, daß Normen und Erfahrungen über die Grenze einer Generation hinweg transportiert werden können. In dieser Kontinuität erfüllt sich auch zum Teil das Streben nach Verläßlichkeit, Vertrautheit und Einverständnis, das in allen Gesellschaften zu beobachten ist. Diese Vertrautheit ist jedoch nur möglich, wenn die Erfahrung mit gewissen Verhaltensregelmäßigkeiten rechnen läßt Luigi Pirandello faßt dies in dem Satz zusammen: „Unser Verhältnis zur Welt ist an einem einzigen Faden aufgehängt, der Regelmäßigkeit der Erfahrung." In der Tat: Jeder Mensch orientiert sein Handeln an dem erwarteten, vermuteten Verhalten des anderen. Jede Gesellschaft lebt insofern von einem Vorschuß an historisch abgesichertem Vertrauen. Wo dieses Vertrauen fehlt, oder wo dieses Vertrauen in Mißtrauen umschlagen muß, dort büßen die sozialen Beziehungen ihre Kalkulierbarkeit ein. Die Gesellschaft muß sich zwangsläufig auf minimale Aktionen beschränken — vergleichbar einer Schwarzmarktsituation: Der Eine hält die Ware fest in der rechten Hand. Der Andere umfaßt die Geldscheine mit der linken Hand. Der Eine muß die Ware solange festhalten, bis der Andere das Geld losgelassen hat und umgekehrt. Beide ziehen gleichzeitig und beide lassen gleichzeitig den festgehaltenen Gegenstand los. Eine solche Gesellschaft, organisiert nach den Normen des Schwarzmarktes, geschrumpft auf die Spielregeln des Mißtrauens, hätte ihre Vitalität eingebüßt wäre praktisch nicht handlungsfähig. Geschichtlich erfahrbare Kontinuität und die damit verbundene Erkenntnis von Verhaltens-regelmäßigkeit sind also für eine Gesellschaft unverzichtbar.

Jede Gesellschaft muß dann aber auch damit fertig werden, daß in der Kontinuität das Neue geschieht. Das Neue geschieht in jedem Augenblick und es veraltet sofort wieder, reiht sich ein in die Gleichgültigkeit des bereits Bekannten Oft genug ist dann das Neue sehr bald veraltet, und das Alte erscheint wieder neu. Damit vollzieht sich eine Relativierung von Altem und Neuem. Diese schöpferische Verbindung von Altem und Neuem vollzieht sich ja auch in unserem Geschichtsbewußtsein. Erforschung der Geschichte ist nichts anderes als Vergegenwärtigung von Vergangenem, nichts anderes als der Nachvollzug der Erfahrung der Vergangenheit in der Gegenwart Unser Geschichtsbewußtsein repräsentiert die Verknüpfung der Erfahrung der Vergangenheit mit dem Sorgehorizont der Gegenwart. Geschichtsbewußtsein ist immer Resultat eines Interpretationsprozesses, in den sich das Denken der Gegenwart mit einbringt. Unser Geschichtsbewußtsein kann geradezu als der symbolhafte Ausschnitt für die Verbindung von Kontinuität und Wandel gelten, ohne die wohl keine Gesellschaft überlebensfähig ist.

Verbindung Daß eine solche von Kontinuität und Wandel zu manifesten politischen Problemen führt, beweist sich nicht in der zuletzt Permanenz des Generationenkonflikts -Wer das Regime einer Diktatur erfahren hat, weiß um die Leistung demokratischer Institutionen. Wer Hunger und Not erlebt hat, weiß um die humane Qualität des Wohlstandes. Die nächste Generation fragt dann: Sind wir frei, eingezwängt in verpflichtenden Institutionen? Sind wir froh, nur weil wir im Wohlstand leben? Sind wir glücklich im erbarmungslosen Konkurrenzkampf unserer Gesellschaft? Beide historischen Erfahrungen besitzen prinzipiell die gleiche Legitimation. Sie zeigen, wie groß Differenzen sein können, selbst wenn man sich zu gleichen Werten bekennen sollte. Denn selbst gleichlautende Werte werden von verschiedenen Generationen mit unterschiedlichen Inhalten und unterschiedlichen historischen Erfahrungen konkretisiert.

Vor diesem Hintergrund von Kontinuität und Wandel kommt Geschichte und politischer Bildung die elementare Aufgabe zu, die Anderen von ihren Voraussetzungen her verstehen zu lernen, ihre Erfahrungen, Hoffnungen, Ängste zu rekonstruieren; auch wenn solches Verstehen tiefgreifende Konflikte nicht erspart. Dieser Konflikt bleibt als Dauerthema bestehen, weil demokratische Politik ja die Anfrage institutionalisiert hat: . Nach welchen Regeln wollen wir leben? Das wechselseitige Verstehen erspart also nicht den Konflikt; aber das wechselseitige Verstehen hält diesen Konflikt in humanen Grenzen.

These 3:

Die wechselvolle Geschichte hat es den Deutschen schwer gemacht, ihre Identität eindeutig zu erfahren.

Einige Anmerkungen dazu:

der Einheit in der Das Problem deutschen ist deutschen Geschichte in zahlreichen Varianten Es gab das Deutschland des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation; es gab das Ringen um die Alternative Groß-oder Kleindeutschland; es gab das Reich Bismarckscher Deutsche Prägung und die allgemeine Empfindung seiner Verstümmelung mit dem Friedensvertrag von 1919; es gab das Großdeutsche Reich der Nationalsozialisten, seine Niederlage und schließlich die Teilung Deutschlands und die Schaffung von Bundesrepublik Deutschland und Deutscher Demokratischer Republik.

Es geht hier nicht um ein Nachzeichnen aller Stationen und Facetten der Geschichte, sondern nur darum, wie sich unser kollektives Herkunftsbewußtsein heute in politisch relevanter Form äußert.

In Deutschland ist die nationalstaatliche Einheit — im Unterschied zu den anderen großen Staaten Westeuropas — erst spät, unter Bismarck, gewonnen und schon wenige Jahrzehnte danach, unter Hitler, wieder verspielt worden. Aber in der kurzen Epoche des deutschen Nationalstaates Bismarckscher Prägung haben die Deutschen ein bis heute nachwirkendes Raumbild ihres Nationalbewußtseins erhalten. Die verspätete Entwicklung Deutschlands zu einem Nationalstaat mag eine der Ursachen für das besonders hektische und intensive Empfinden des National-gedankens gewesen sein.

Nach der viel diskutierten These des Philosophen Helmuth Plessner von Der verspäteten Nation sind die Deutschen in erster Linie zu begreifen als die Zuspätgekommenen, die im Unterschied zu den anderen Völkern ihre nationalstaatliche Basis nicht im 16. und 17. Jahrhundert gefunden haben. Die Deutsche Nation könne diese geschichtliche Verzögerung nicht einholen; daraus erkläre sich auch die Kultivierung des nationalen Gedächtnisverlustes, die Stabilisierung der Unentschiedenheit zwischen Gestern und Morgen in Deutschland nach Ende des Zweiten Weltkrieges.

Unabhängig, wie man im einzelnen diese These beurteilt, signifikant ist für die deut- sehe Geschichte auf jeden Fall ihr außerordentlicher Mangel an Kontinuität Dieser Mangel an Kontinuität zeigt sich im Fehlen der staatlichen Kontinuität, im Fehlen der räumlichen Kontinuität, im Fehlen einer einheitlichen Rechtstradition und im Fehlen der religiösen Einheit seit der Reformation. Dieser Mangel an Kontinuität manifestiert sich nicht zuletzt in der Erfahrung von drei Brüchen (1918, 1933, 1945), die allein eine Generation im Deutschland des 20. Jahrhunderts hat sammeln müssen.

Vor diesem Hintergrund mangelnder Kontinuität wurde die geistige Verheißung geradezu zur Kompensation des politischen Scheiterns. Es gab ja schon im 19. Jahrhundert die Neigung, Defizite an politischer Realität durch Flucht in die Geschichte auszugleichen So konnte z. B. nach dem Ersten Weltkrieg für viele Bürger die . Schmach von Versailles'nur das konkrete politische System, nicht aber das geistige Reich der Deutschen treffen. So konnten die Deutschen die Erfahrung ihrer Unterlegenheit im Ersten Weltkrieg wettmachen durch den geistigen Zweifel am Wertsystem der Sieger. Die moralisierenden Vorbehalte gegenüber den konkreten Erscheinungsformen der Politik, gegenüber der demokratisch organisierten Industriegesellschaft bestimmten die folgenschwere Distanz gegenüber der Republik von gibt in Weimar. Es Deutschland seit langem eine Traditionsströmung der geistigen Auflehnung gegen die arbeitsteilige, auf Verträgen gründende, durch eine Rechtsordnung gesicherte bürgerliche Gesellschaft und ihre Institutionen. . Romantischer — auf Rückfall diesen Nenner hat Richard Löwenthal dieses schillernde politische Denken gebracht Faktische Gegensätze werden ihres pragmatischen Charakters entkleidet, ins Prinzipielle erhoben und zur kompromißunfähigen Absolutheit von Wesenskämpfen emporgesteigert. Wer die politische Kultur unseres Landes nun sorgsam analysiert, der wird feststellen, daß dieses geschichtliche Syndrom unseres politischen Denkens — moralisierende Vorbehalte gegen die konkreten Erscheinungsformen der Politik zu haben — bis heute nicht untergegangen ist.

These 4:

Ein Herkunftsbewußtsein zu besitzen und in politischen Bezügen zu leben — dies ist ein elementarer Bestandteil menschlichen Daseins. Politische Bildung darf den Weg zu dieser Erkenntnis nicht verstellen.

Einige Anmerkungen dazu: Menschliches Handeln ist Austausch mit Anderen, ist Einbezug der Perspektive des Gegenüber; menschliches Handeln ist gelenkt von Intentionen; es ist Träger von Bedeutungen und damit Austausch von Symbolen. Alles das gilt für den unscheinbaren Alltag, wie für die große Politik; das gilt für die große Geschichte wie für die kleinen Geschichten am Rande der Zeitläufe.

Die Bedeutung der Symbolik menschlichen Handelns bleibt ohne den historischen Horizont weitgehend verborgen. Diese Symbole kondensieren Erfahrungen der Vergangenheit, auch von scheinbar Unnützem und Nebensächlichem, Erfahrungen von zeitlicher Begrenztheit der Dinge, Erfahrungen von Zwecken, Spielräumen und Nebenfolgen. Auch die scheinbar entferntesten Phänomene erhalten hier ihr Gewicht: der Bau der ägyptischen Pyramiden, die Klagemauer in Jerusalem, die Kreuzzüge, die Französische Revolution und vieles anderes mehr.

Politik als Modalität elementare personaler Existenz — in einen solchen Gegenstand muß dann politische Bildungsarbeit nicht einführen wie in eine Geheimwissenschaft, eine komplizierte Fremdsprache oder eine schwierige Computerkunde. Politische Bildung muß vielmehr begreifbar und erlebbar machen, daß es nicht heißt, eine ferne, in düstere, versumpfte Welt überzutreten, wenn man politisch denken und handeln will.

Ein solcher Zugang lenkt dann auch den Blick auf die Tiefendimensionen von Geschichte und Politik; er bleibt nicht hängen an der Oberfläche spektakulärer Ereignisse Der politische Wandelt bereitet sich ja gewissermaßen in unterirdischen Veränderungen vor: im Wandel der subjektiven Befindlichkeit, in der Veränderung der Haltungen, der Wünsche, der Hoffnungen und Ängste. Die schleichende Veränderung der Gesellschaften vollzieht sich in so mikroskopisch kleinen Einheiten wie das Wachsen einer Pflanze oder das Vorrücken des kleinen Stundenzeigers an der Uhr: Er scheint stillzustehen, wenn man ihn fixiert. Erst wenn er in größeren Zeitabständen oder mit feinerem Beobachtungsinstrument geprüft wird, zeigt es sich, daß er vorgerückt ist.

Politik als elementare Modalität personaler Existenz: Wer die politische Kultur in unserem Land aufmerksam beobachtet, dem kann nicht entgehen, daß die eigentlichen Anfragen — insbesondere aus der jungen Generation — auch wieder hier, an diesem Punkt ganz elementar ansetzen. Wozu Politik? Wozu Demokratie? Wozu Institutionen? Wozu eine Rechtsordnung? Warum Loyalität — und nicht nur Egoismus? Warum Initiative und Risiko — und nicht nur Ansprüche und Sicherheiten? Warum Regeln und Formen — und nicht nur gefühlsbetonte Spontaneität und subjektive Willkür? So werden scheinbare Selbstverständlichkeiten, die politisch konsumiert sind, wieder zum schwerwiegenden Thema. Sind Politik und politische Bildung mit solchen Anfragen nicht doch überfordert? — So könnte man fragen. Denn Politik politische Bildung müssen ja in der und modernen Gesellschaft selbst Begründungsleistungen und Interpretationsleistungen erbringen, die in früheren Zeiten vorgegebene, meist transzendenzorientierte Interpretationsordnungen vorweg erbrachten Man fühlt sich an Max Horkheimer erinnert, der kurz vor seinem Tode die Summe seiner Erfahrungen auf das Gewicht dieser Interpretationslast des modernen Menschen gelegt hat: «Wenn es keinen Gott gibt, warum soll ich dann Gutes tun, statt das, was mir nützt."

Jedes politische Gemeinwesen braucht einen breiten politischen Konsens über die Grundlagen des Zusammenlebens. Dieser Konsens uns Risse, verliert Bindewirkung. zeigt bei an Die selbstverständliche Übereinstimmung der Demokraten wird zum politischen Thema. Ziel und Sinn des demokratischen Zusammenlebens gerät zum Objekt von Experten-streit. Wenn sich eines Tages nur noch hochqualifizierte Spezialisten über das gemeinsame Allgemeine in unserer Demokratie austauschen sollten, dann wäre die Tragfähigkeit des Konsenses wohl vollends dahin.

Dies alles läßt sich in einem einfachen Satz bündeln, der so einfach ist, daß er schon fast zu einer Platitüde zu werden droht: Niemand entkommt seiner Zeit. Man könnte auch sagen: Niemand entkommt der Geschichte und niemand entkommt der Politik. In Geschichte und Politik ist keine Frage endgültig beantwortet, aber auch kein Konflikt, keine Idee, keine Illusion, keine Legende endgültig verlorengegangen. Das Wissen darum ist unwichtig und wichtig zugleich: Unwichtig, weil sich die Geschichte nicht einförmig wiederholt und weil sie keine Rezeptblätter für Morgen bietet. Wichtig, weil nichts dafür spricht, daß infantil jede Generation beginnt und die alten Fehler wiederholt. Wichtig auch, damit wir nicht einem Mythos von Identität nachjagen, der die Idylle und Harmonie des Ganzen verspricht. Wir werden auch in Zukunft mit einer Vielfalt von Teil-Identitäten leben, anders ausgedrückt: mit einer geschichteten Identität, die vielfältige Gemeinschaftsbezüge kennt und aus dieser relativierenden Vielfalt eine Hypostasierung einzelner Ansprüche verhindern kann. Aus diesen Schichtungen ergeben sich Spannungen: die Teile müssen ausbalanciert werden; dies auszuhalten und demokratisch produktiv werden zu lassen, gewissermaßen in eine gelassene Normallage zu bringen, ist bedeutsamer für die Fundamente der Identität, als vergeblich Ganzheitsidealen nachzujagen.

Das Bewußtsein der eigenen Geschichte verspricht nur die Chance zur Identität, mehr nicht Ob wir diese Chance ignorieren, mitleidig belächeln, arrogant verdrängen oder aber annehmen: Das ist letztlich eine Frage der Mündigkeit. Um mit Jacob Burckhardt zu reden: Ob wir in der Lage sind das, „Was Jubel und Jammer war", nun „Erkenntnis werden zu lassen“, oder ob unser Denken und Handeln „pathologisch sein wird" — das hängt von uns selbst ab .

Fussnoten

Fußnoten

  1. M. Frisch, Mein Name sei Gantenbein, Frankfurt 1964, S. 74.

  2. E. Canetti, Das Gewissen der Worte, Frankfurt 1981, S. 25.

  3. E. Jünger, Aladins Problem, Stuttgart 1983, S. 42.

  4. Zu dieser Diskussion vgl. u. a. Deutsche Geschichte und politische Bildung, öffentliche Anhörungen des Ausschusses für innerdeutsche Beziehungen des Deutschen Bundestages, Bonn 1981; M. Hättich, Rationalität als Ziel der politischen Bildung, München-Wien 1977; ders., Geschichtsbild und Demokratieverständnis, in: R. Löwenthal/H. P. Schwarz (Hrsg.), Die zweite Republik, Stuttgart 1974, S. 905— 926; H. Lödige, Das Elend der politischen Pädagogik, Diss., Marburg 1981; E. Kosthorst, Zeitgeschichte und Zeitperspektive, Paderborn 1981, zahlreiche Aufsätze dazu auch in . Aus Politik und Zeitgeschichte', insbesondere B 10/72, B 30/72, 55/73, B 41/73, B 41/74, B 22/75, B 33/75, B 10/76, B 4/78, B 34-35/79, B 41/79, B 45/79, B 44/82.

  5. Vgl. als Überblick zu dieser Fragestellung K. -G. Faber, Theorie der Geschichtswissenschaft, München 1971; H. Seiffert, Einführung in die Wissenschaftstheorie, 2 Bde., München 19714 R. G. Collingwood, Philosophie der Geschichte, Stuttgart 1955; E. Topitsch (Hrsg.), Logik der Sozialwissenschäften, Köln-Berlin 1971L

  6. Ausführlicher bei W. Weidenfeld, Konrad Adenauer und Europa, Bonn 1976, S. 15 f.

  7. Als grundsätzlichen Überblick siehe dazu O. Marquard/K. Stierle (Hrsg.), Identität, München 1979.

  8. Vgl. H. Lübbe u. a., Der Mensch als Orientierungswaise?, Freiburg-München 1982.

  9. Ebd„ S. 19.

  10. Vgl. ausführlicher W. Weidenfeld (Hrsg.), Die Identität der Deutschen, München 1983.

  11. Aus: L Bellak, Was zuviel ist, ist zuviel. Diagnose und Therapie unserer überforderten Gesellschaft, Düsseldorf-Wien 1981, S. 10 f.; V. E. Frankl, Das Leiden am sinnlosen Leben, Freiburg 1978, S. 32 u. 34; vgl. auch ders., Die Sinnfrage in der Psychotherapie, München 1981.

  12. I. Kant, Idee zu einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht, in: Kants Werke, Akademie Textausgabe, Bd. VIII, Nachdruck, Berlin 1968, S. 15— 31.

  13. Ebd„ S. 20.

  14. Ebd., S. 21.

  15. Vgl. dazu die grundlegende Analyse bei H. Popitz, Die normative Konstruktion von Gesellschaft, Tübingen 1980.

  16. Ebd., S. 75.

  17. Siehe G. H. Mead, Philosophie der Sozialität Frankfurt 1969; E. Goffmann, Interaktionsrituale, Frankfurt 1973; ders., Strategische Interaktion, München 1981; H. Zehner, Sozialphilosophie, Die Kategorien der menschlichen Sozialität, Stuttgart 1979.

  18. Zitat bei H. Popitz, a. a. O. (Anm. 15), S. 4.

  19. Siehe H. G. Gadamer, Das Rätsel der Zeit 3 über Altes und Neues, in: Universitas, 38 (1983), S. 453— 460.

  20. Vgl. dazu ausführlicher R. G. Collingwood, Philosophie der Geschichte, a. a. O. (Anm. 5).

  21. Vgl. P. L. Berger u. a„ Das Unbehagen in der Modernität, Frankfurt-New York 1975.

  22. Vgl. vor allem H. Lübbe u. a., Der Mensch als rientierungswaise, a. a. O. (Anm. 8), S. 202; M. Hättich, Demokratie als Herrschaftsordnung, Köln-Opladen 1967; N. Luhmann, Legitimation durch Verlahren, Neuwied-Berlin 1969.

  23. H. Plessner, Die verspätete Nation, über die politische Verführbarkeit bürgerlichen Geistes, Frankfurt 1974.

  24. Vgl. R. v. Thadden, Das schwierige Vaterland, in: W. Weidenfeld (Hrsg.), a. a. O. (Anm. 10), S. 51- 63; Chr. Graf von Krockow, Die fehlende Selbstverständlichkeit, ebd., S. 154 bis 169; ders., Scheiterhaufen, Größe und Elend des deutschen Geistes, Berlin 1983.

  25. R. Löwenthal, Der romantische Rückfall, Stuttgart 1970.

  26. Siehe dazu als Überblick W. Weidenfeld, Wertwandel und Kulturkrise, in: V. Zsifkovits/R. Weiler (Hrsg.), Erfahrungsbezogene Ethik, Berlin 1981, S. 333— 343.

  27. Siehe dazu J. Habermas, Können komplexe Gesellschaften eine vernünftige Identität ausbilden?, in: Zwei Reden aus Anlaß der Verleihung des Hegel-Preises 1973 der Stadt Stuttgart, Frankfurt 1974, S. 23— 84, hier bes. S. 51 f.; G. Schmidtchen, Die gesellschaftlichen Folgen der Entchristlichung, in: Stimmen der Zeit, 103 (1978), S. 543— 553; P. L. Ber-ger/Th. Luckmann, Die gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit, Frankfurt 1970; A Schütz/Th. Luckmann, Strukturen der Lebenswelt, Frankfurt 1979

  28. In: Rheinischer Merkur vom 2. 1. 1976.

  29. Diesen Gedanken weiterführend siehe M. Stürmer, Deutsches Wiedersehen mit der Geschichte, in: Hessische Blätter für Volksbildung, (1983) 1, S. 3— 8.

  30. Fragmente aus Jacob Burckhardt, über das Studium der Geschichte, hrsg. v. P. Ganz, München 1982.

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Werner Weidenfeld, Dr. phil., geb. 1947; Studium der Politikwissenschaft, Geschichte und Philosophie an der Universität Bonn; 1971 Promotion und 1975 Habilitation im Fach Politikwissenschaft; seit 1975 Professor für Politikwissenschaft an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Veröffentlichungen u. a.: Jalta und die Teilung Deutschlands, 1969; Die England-Politik Gustav Stresemanns, 1972; (zus. mit Thomas Jansen) Europa — Bilanz und Perspektive, 1973; Konrad Adenauer und Europa, 1976; Europa 2000, 1980; Die Frage nach der Einheit der deutschen Nation, 1981; (Hrsg. zus. mit Joseph Rovan) Europäische Zeitzeichen, 1982; (Hrsg.) Die Identität des Deutschen, 1983; Hrsg. zus. mit Wolfgang Wessels des Jahrbuchs der Europäischen Integration 1981 ff.; Hrsg, der Schriftenreihe . Mainzer Beiträge zur Europäischen Einigung’.