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Tarifrunde '84 — kein Einstieg in eine andere Arbeitsethik und Arbeitspolitik | APuZ 4/1985 | bpb.de

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APuZ 4/1985 Artikel 1 Tarifrunde 1984 — Einstieg in eine andere Arbeitsethik und Arbeitspolitik? - Tarifrunde '84 — kein Einstieg in eine andere Arbeitsethik und Arbeitspolitik Bewältigung der Arbeitsmarktkrise? Die Neuen Technologien

Tarifrunde '84 — kein Einstieg in eine andere Arbeitsethik und Arbeitspolitik

Rüdiger Soltwedel

/ 27 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

1. Die Tarifrunde 1984 hat keine beschäftigungsfördernden Ergebnisse gebracht. Das einzige positive Element, die Chance für mehr individuelle Flexibilität, gerät durch das Drängen vor allem der Gewerkschaften auf kollektivistische Regelungen in Gefahr. 2. Die Notwendigkeit, die Arbeitszeit zu verkürzen, wird oft auch damit begründet, daß sich die Einstellung der Individuen zur Erwerbsarbeit verändert habe. — Soweit ein solcher Wandel nicht bewußte Selbstbescheidung ist, sondern Ausdruck der Vorstellung, der gegenwärtige Lebensstandard werde gleichsam automatisch reproduziert, herrscht eine Wohlstandsillusion. Ohne zusätzliche Anstrengungen ist selbst das Erreichte in einer dynamischen Weltwirtschaft schnell verspielt. — Abwegig ist auch die Vorstellung, Umweltschutz erfordere eine Abkehr von der Erwerbsarbeit. Die Umweltprobleme lassen sich mit marktwirtschaftlichen Instrumenten erfolgreich lösen, nicht mit der Rückkehr ins vorindustrielle Leben. — Auch veränderte Arbeitsethik ist kaum ein überzeugendes Motiv für kollektive Arbeitszeitverkürzungen. Verstärktes Engagement in der Schattenwirtschaft ist eher ein Indiz für ungebrochene Leistungsbereitschaft als das Gegenteil. Zwar alimentiert der Wohlfahrtsstaat die Wünsche nach Selbstverwirklichung außerhalb der Erwerbsarbeit und trübt das Bewußtsein um wirtschaftliche Zwänge; die Kehrseite aber ist, daß durch staatlich verminderte Arbeitsanreize und bürokratische Verkrustung sowie starre institutioneile Reglementierungen viele Leistungswillige in die Schattenwirtschaft getrieben werden. 3. Vielfach herrscht die Angst vor, der Industriegeseilschäft gehe die Arbeit aus. Nichts daran ist zwangsläufig; Arbeitsplätze werden durch falsche Preise am Arbeitsmarkt künstlich zu knappen Gütern gemacht. 4. Individuelle Leistungsbereitschaft bricht sich Bahn in neuen flexiblen Formen der Arbeitsorganisation. Diese Tendenz wird verstärkt durch technologische und demographische Entwicklungen — beides Sprengsätze für verkrustete Strukturen.

I. Die Tarifrunde 84 — Ausgangspositionen und Ergebnisse Die Tarifauseinandersetzungen des Jahres 1984 fanden vor dem Hintergrund einer Arbeitslosenzahl von deutlich mehr als zwei Millionen statt. Einschließlich der Arbeitnehmer, für die Kurzarbeit angeordnet wurde, und jener Personen, die als sogenannte Stille Reserve zwar nicht bei den Arbeitsämtern registriert, aber arbeitswillig waren, überstieg die Zahl jener, die ihre Arbeitsleistung zu den herrschenden Löhnen am Markt nicht erfolgreich absetzen konnten, mit großer Wahrscheinlichkeit drei Millionen.

In dieser Situation nun führten die Kartell-parteien des Arbeitsmarktes, Unternehmens-verbände und Gewerkschaften, Verhandlungen über den Preis der Arbeitsleistungen der beschäftigten Arbeitskräfte. Sowohl die Arbeitgeberverbände als auch die Gewerkschaften fühlten sich — wie sie in öffentlichen Verlautbarungen stets betonten — gleichermaßen dem Ziel verpflichtet, die Arbeitslosigkeit zu vermindern. Hinsichtlich der Instrumente aber, wie dies zu bewerkstelligen sei, gab es fundamentale Meinungsunterschiede.

Auf Seiten der Gewerkschaften stand fest: „Arbeitszeitverkürzungen sind auch und gerade in der gegenwärtigen ökonomischen Situation zwingend notwendig und möglich

Demgegenüber äußerten die Arbeitgeberverbände immer wieder die Auffassung: . Arbeitslosigkeit kann dagegen nicht mit Maßnahmen verringert werden, die den Unternehmen und der Volkswirtschaft zusätzliche Belastungen bringen. Deshalb führen defensive Strategien, die wie kollektiv ausgerichtete Modelle zur Verkürzung der Arbeitszeit die Betriebe kostenmäßig stark belasten und nur den Mangel verteilen, nicht zu beschäftigungspolitischen Erfolgen."

Das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft unterstützte diese Ansicht: „Eine Arbeitszeitverkürzung, ob mit oder ohne Lohnausgleich, eignet sich in Zeiten schwachen Wirtschaftswachstums oder gar einer Stagnation weder als Konjunkturstütze noch als Instrument zum Abbau der Arbeitslosigkeit." Der Widerstand der Arbeitgeberverbände bezog sich dabei freilich nicht auf jegliche Form der Arbeitszeitverkürzung, sondern nur auf die Verkürzung der Wochenarbeitszeit. Von flexiblen Arbeitszeitformen, Teilzeitarbeit und einem vorgezogenen Ruhestand erwarteten sie mehr Beschäftigung. Entscheidend für den Abbau der Arbeitslosigkeit seien aber eine offensive Wachstumspolitik und eine beschäftigungsgerechte Verteilungspolitik

Deutlich andere Akzente setzten hier die Gewerkschaften: „Jeder Versuch, die Arbeitsmarktproblematik allein durch Wachstum zu entschärfen, (muß) von vornherein als gescheitert angesehen werden. Eine nachhaltige Arbeitszeitverkürzung muß notwendigerweise hinzukommen." In diesem Arbeitskampf ging es mithin nicht, wie Starbatty zutreffend feststellte um die Verteilung eines „Kuchens" — dem Streit um die Verteilung dessen, was zusätzlich erwirtschaftet wird —, sondern um die Frage, ob die Verkürzung der Wochenarbeitszeit ein geeignetes Mittel zum Abbau der Arbeitslosigkeit sei, im Kern also um die volkswirtschaftliche Beurteilung einer beschäftigungspolitischen Maßnahme.

Der Kompromiß, den die Tarifpartner in der Metallindustrie nach dem außerordentlich langen und harten Arbeitskampf letztlich akzeptierten, der auch in andere Tarifbereiche hineinwirkte, setzte sich aus mehreren Elementen zusammen:

1. Er sieht zum 1. April 1985 eine kollektive Arbeitszeitverkürzung für alle Betriebe von 40 auf 38, 5 Stunden in der Woche vor. Die individuelle Arbeitszeit kann zwischen 37 bis 40 Stunden betragen. Die individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit kann gleichmäßig oder ungleichmäßig innerhalb von zwei Monaten (Ausgleichszeitraum) verteilt werden. Im Betriebsdurchschnitt muß sich gleichwohl eine Wochenarbeitszeit von 38, 5 Stunden im Monatsdurchschnitt ergeben.

2. Lohn-und Gehaltserhöhungen zum l. Juli 1984 um 3, 3 vH, Pauschalzahlung von DM 250 für die Monate Februar bis Juni; für den 1. April 1985 wurde eine Erhöhung der Verdienste um 2, 0 vH vereinbart, zum gleichen Zeitpunkt wird ein Lohnausgleich von 3, 9 vH gezahlt. Auf jährliche Zuwachsraten umgerechnet ergibt sich für die Metallindustrie ein Anstieg der Stundenverdienste um 2, vH für 1984 und 5, 3 vH für 1985 7). 3. Arbeitnehmer ab dem 58. Lebensjahr können bei einer fünfjährigen ununterbrochenen Betriebszugehörigkeit in den Vorruhestand treten, wenn sie mit dem Arbeitgeber darüber eine Vereinbarung erzielen können. Sie erhalten dann 65 vH des letzten Bruttoarbeitsentgelts (ohne Sonderzahlungen) als Vorruhestandsgeld

Insgesamt wurden in den Tarifverhandlungen des Jahres 1984 für Tarifbereiche mit 5, 9 Millionen Arbeitnehmern Vorruhestandsregelungen vereinbart. Etwa 14 vH der 700 000 Arbeitnehmer, die jetzt 58 Jahre und älter sind, haben damit einen tarifvertraglich fixierten Anspruch auf Vorruhestandsgeld; in manchen Bereichen und unter bestimmten Umständen (Überforderungsklausel) haben Arbeitgeber ein Widerspruchsrecht. Für rund vier Millionen Arbeitnehmer wurde die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit verkürzt. Im gesamtwirtschaftlichen Durchschnitt entspricht dies einer Verkürzung der tariflichen Arbeitszeit um fast 1 vH.

II. Zur ökonomischen Bewertung der Tarifrunde 1984

Arbeitsethik in drei Ländern — Anteile in vH — 1) 2) 3) 4) 5) USA 50 20 9 17 4 Schweden 45 39 5 7 4 Bundes-Antwort republik 25 44 11 15 5 Quelle: E. Noelle-Neumann/B. S. 62. Strümpel (Anm. 24),

Die Ergebnisse der Tarifrunde haben bei der Mehrheit der wirtschaftswissenschaftlichen Forschungsinstitute und des Sachverständigenrats eine sehr kritische Stellungnahme hervorgerufen Ihre Kritik an den Tarifver-tragsparteien läßt sich pointiert so zusammenfassen: Die Tarifabschlüsse über die Verkürzung der Arbeitszeit und über die Lohnerhöhungen laufen dem Ziel der Wachstumsförderung zuwider und entsprechen nicht der schwierigen Arbeitsmarktlage. Damit beschritten die Tarifpartner den Weg einer resignativen Umverteilungsstrategie. Arbeitszeit-verkürzung ist immer gleichbedeutend mit einem Verzicht auf an sich mögliche Leistung. Steigendes Realeinkommen bei gleichen individuellen Arbeitsleistungen tauschen die Arbeitnehmer gegen eine geringere Realeinkommenserhöhung und mehr Freizeit. Selbst Kostenneutralität einer kollektiven Arbeitszeitverkürzung führt zu einem niedrigeren Wachstumspfad, „also zu weniger Produktion und zu weniger Einkommen sowie zu weniger Einnahmen des Staates und der Sozialversicherungen" Ob die mit der Arbeitszeitver-kürzung gewonnene Freizeit unter der Bedingung nachhaltig verminderter Realeinkommen überhaupt gewünscht wird und ob die kollektive betriebliche Arbeitszeitverkürzung dann das adäquate Instrument wäre, erscheint mehr als zweifelhaft. Auf eine kräftige Einkommenssteigerung kann man dann leichten Herzens in Zeiten der Prosperität verzichten, aber wohl kaum dann, wenn der Lebensstandard abzusinken droht.

Die Kritiker der Tarifrunde 1984 weisen mit Nachdruck darauf hin, daß eine nennenswerte relative Verbilligung des Einsatzes von Arbeitskräften nötig gewesen wäre, um den Arbeitnehmern, insbesondere den Arbeitslosen, verbesserte Wettbewerbschancen im Vergleich zum Kapitaleinsatz zu geben. Vor allem bei jenen, deren Arbeitsplätze dadurch gefährdet werden, daß neue Produktionstechniken und Nachfrageverschiebungen auftreten, ist eine merkliche Lohnzurückhaltung erforderlich. Zwei Aspekte sind in diesem Zusammenhang bedeutsam: Zum einen würde den Unternehmen die Möglichkeit gegeben, sich bei verbesserter Rentabilität der Sachkapitalbildung durch verstärkte Investitionstätigkeit an die veränderten Marktverhältnisse anzupassen; zu einer verbesserten Sachkapitalrentabilität tragen verringerte Beschäftigungskosten in starkem Maße bei. Zum anderen würde durch differenzierte Arbeitsverdienste entsprechend der wirtschaftlichen Lage verschiedener Branchen und einzelner Unternehmen für die Arbeitnehmer ein zunehmender Anreiz geschaffen, sich rechtzeitig nach einer neuen, attraktiveren Beschäftigung umzusehen; eine stärkere innerbetriebliche Differenzierung der Löhne würde insbesondere für die weniger qualifizierten Arbeitskräfte die Anreize erhöhen, durch Aus-und Fortbildung ihre Marktchancen zu verbessern und so gleichzeitig auch den veränderten Anforderungen auf dem Arbeitsmarkt eher zu entsprechen.

Die Tarifabschlüsse des Jahres 1984 entsprechen solchen Erfordernissen nicht. Weder erlauben sie in bezug auf die Arbeitszeit noch in bezug auf die Lohnhöhe jene Flexibilität, die zur Lösung der Probleme auf dem Arbeitsmarkt erforderlich wäre. Die Kosten des Arbeitseinsatzes werden im Jahr 1985 wegen des Lohnausgleichs sprunghaft ansteigen. Dabei mögen die Arbeitgeber einer erst im nächsten Jahr zu verkraftenden Kostensteigerung geringeres Gewicht beigemessen haben. Fraglich bleibt allerdings, ob die Märkte dann diese Lohnsteigerung so vollständig im Preis vergüten werden, wie man es sich vorgestellt und kalkuliert haben mag. Eine solche Skepsis hegt selbst der Sachverständigenrat trotz seiner im Vergleich zu den Prognosen anderer Institute optimistischen Einschätzung der konjunkturellen Entwicklung im Jahr 1985.

Es mag sein, daß die Arbeitgeberverbände die kollektive Arbeitszeitverkürzung und die Kostensteigerung als Preis für die vertraglich vorgesehene Flexibilisierung der individuellen Arbeitszeit angesehen haben Eine solche Einschätzung mag ihnen auch deswegen nicht schwer gefallen sein, weil dieser Preis zum Teil nicht von jenen zu entrichten sein wird, die Arbeitszeitverkürzungen vereinbart haben: „Die Kosten der Arbeitszeitverkürzung in Form des Vorruhestandes werden zu einem erheblichen Teil aber auf die Beitragszahler der Sozialversicherung und letztlich auch die Steuerzahler übertragen." Zweifel bestehen auch daran, ob die formal mögliche individuelle Flexibilität durch betriebliche Vereinbarungen in die Realität umgesetzt werden kann. Die IG Metall drängt jedenfalls darauf, die 38, 5-Stunden-Woche für alle Beschäftigten festzuschreiben und sie scheint hierin durchaus erfolgreich zu sein.

Sollte dies tatsächlich gelingen, so würde das einzig Positive an den Tarifabschlüssen verspielt, nämlich die Chance, mehr individuelle Flexibilität in der Arbeitszeitgestaltung zu realisieren.

Es ist äußerst unwahrscheinlich, daß eine starre Regulierung der Lebens-, Jahres-, Wochen-und Tagesarbeitszeit mit den Wünschen der Individuen übereinstimmt So-wohl für den einzelnen als auch für die Unternehmen können liberale Arbeitszeitregelungen nutzbringend sein. Dieser Aspekt wird auch vom Sachverständigenrat hervorgehoben: „Die Regelungen zur Flexibilität der Arbeitszeit enthalten Möglichkeiten, die Belastungen aus der Arbeitszeitverkürzung geringer zu halten, als es ohne solche Regelungen möglich wäre. In Grenzen eröffnet sie auch Chancen, individuelle oder gruppenspezifische Arbeitszeitwünsche besser als zuvor zu berücksichtigen. Im ganzen ist der Rahmen für eine flexiblere und differenziertere Arbeitszeitgetaltung für die Gesamtbelegschaft, wie sie der Tarifvertrag für die Metallindustrie vorsieht, zwar noch vergleichsweise eng gezogen. Aber die Regelungen zur Flexibilität sind doch ein wichtiger Schritt in tarifpolitisches Neuland."

Für eine Strategie, das starre Arbeitszeitmuster den individuellen Neigungen und betrieblichen Möglichkeiten anzupassen, muß gelten, daß dies in flexiblen Regelungen der unmittelbar Betroffenen — Unternehmen und Belegschaften — geschehen soll und nicht in starren kollektiven Regelungen Diesem Postulat — und damit auch dem Text des Tarifvertrages — wirkt das Drängen der Gewerkschaft auf einheitliche Lösungen diametral entgegen.

Der Grund für die entschiedene Ablehnung einer dem ordnungspolitischen Konzept einer Marktwirtschaft entsprechenden Liberalisierung der Arbeitszeiten — die natürlich auch die Möglichkeit einer Verlängerung der individuellen Arbeitszeit einschließen müßte — mag darin liegen, daß es bei diesem zukunftsweisenden Organisationsprinzip des Arbeitsprozesses den Gewerkschaften schwerer fallen dürfte als im jetzigen kollektivistischen System, wirksam Kontrolle über das Arbeitsangebot auszuüben. Diese Vermutung wirft die Frage auf, ob es bei dem Streit um die Arbeitszeitverkürzung gar nicht in erster Linie um die Frage nach einem wirksamen Mittel gegen die Arbeitslosigkeit, sondern um einen präventiven Schutzwall gegen eine sich für die Zukunft abzeichnende stärker individualistisch geprägte Arbeitszeitform gegangen ist

Als Fazit der ökonomischen Beurteilung der Tarifrunde bleibt festzuhalten: Ihre Ergebnisse tragen nicht dazu bei, mehr Arbeitsplätze rentabel zu machen und die Arbeitslosigkeit abzubauen; einen Beitrag, das Wachstum zu beschleunigen, leisten diese Ergebnisse nicht. Kurz, sie tragen den ökonomischen Notwendigkeiten nicht Rechnung.

Tarifrunde '84 und Arbeitsethik

Gegen die Kritik, daß die Arbeitszeitverkürzung kein Element einer Strategie sein könne, die wirtschaftlichen Probleme der achtziger Jahre zu lösen führen Befürworter zum Teil außerökonomische Argumente ins Feld, vor allem aber bezweifeln sie die Relevanz und Rationalität leistungsorientierter marktwirtschaftlicher Ansätze. Ernst Breit etwa betont, daß die Arbeitszeitverkürzung ein wichtiges Instrument zur Humanisierung der Arbeit sei, daß sie einen bedeutenden Beitrag zur Verbesserung der Lebensqualität liefere Eine große Bedeutung hat in der gesellschaftspolitischen und ökonomischen Diskussion desweiteren die Behauptung, daß in der Gesellschaft der Wille zum Wachstum erlahme, daß sich in dem Wunsch nach Arbeitszeitverkürzung eine veränderte Arbeitsethik niederschlage. Wenn das richtig wäre, dann würde sich nicht nur in einem kollektivistisch verfaßten Arbeitsmarkt, sondern auch in einem individualistisch geprägten System in der Tat der gesamtwirtschaftliche Wachstumsprozeß als Ergebnis der Wahlentscheidungen der Individuen verlangsamen.

Fraglich aber ist, ob die Individuen dies wirklich wollen. Hierzu ist es sinnvoll, drei — miteinander verwobene — Aspekte auseinander-zuhalten: die Wohlstandsillusion, die Umweltrevolte und den Wandel in der Arbeitsethik. 1. Die Wohlstandsillusion Nach der nahezu drei Dekaden währenden außergewöhnlich starken Steigerung des Wohlstands ist es nicht von der Hand zu weisen, daß sich Illusionen darüber entwickelt haben, wie Wohlstand zustande kommt; das gegenwärtig herrschende Wohlstandsniveau wird vielfach gleichsam als gegeben, als automatisch reproduzierbar erachtet. Ausdruck einer solchen Wohlstandsillusion ist es, daß nunmehr offenbar nicht mehr das Produktionsproblem, sondern das Verteilungsproblem im Vordergrund der politischen Überlegungen steht.

Ein solches Herausbilden einer Wohlfahrtsstaat-Mentalität reflektiert einen „paradiseapproach", dessen Apologeten verkennen, daß „Wohlstand durch Freiheit den Willen zum Wohlstand (voraussetzt), die Kenntnis der Tatsache, daß Wohlstand nur durch Arbeit und Sparsamkeit erlangt werden kann, ein soziales Milieu, in dem der Strebsame Achtung genießt und Vorbild ist.. ."

In einer Welt, in der Angebots-und Nachfragebedingungen sich permanent verändern, in der internationaler Wettbewerb fortwährend Druck ausübt, setzt schon der Wunsch, das Wohlstandsniveau zu erhalten, Selbstbehauptungswillen, Leistungs-und Anpassungsbereitschaft der Individuen voraus. Dies sind die gleichen Kräfte, die auch den Wachstumsprozeß in Gang halten. Ob sich aufgrund der individuellen Aktivitäten im Ergebnis Wachstum einstellt oder nicht, hängt dann wiederum sehr stark ab von den Zielen, die sich die Mitglieder einer freien Gesellschaft setzen. Die Diskussion dieser Frage sei zunächst noch aufgeschoben. Hier bleibt nur festzuhalten, daß selbst das herrschende Wohlstandsniveau nicht als dauerhaft gegeben angesehen werden kann. 2. Die Umweltrevolte Eine Abkehr vom Wirtschaftswachstum wird auch deswegen propagiert, weil die Menschheit Raubbau an den erschöpfbaren natürlichen Ressourcen getrieben habe und weiterhin betreibe und sich damit auf längere Sicht selbst in existenzielle Gefahr begebe; ein herausragendes Beispiel sei die Umweltverschmutzung. Diese Befürchtung setzte sich zu Beginn der siebziger Jahre in eine Null-Wachstumseuphorie um, zu der die Veröffentlichung der „Grenzen des Wachstums" des „Club of Rome"

maßgeblich beigetragen hat. Aus dieser Trieb-kraft hat sich eine bedeutende politische Bewegung formiert (z. B. in Gestalt einer neuen politischen Partei sowie zahlreicher „alternativer" Zusammenschlüsse und Gruppierungen in den etablierten Parteien). Wenn Wachstum im Rahmen solcher Überlegungen überhaupt noch akzeptiert wird, dann in einer demokratisch — will sagen: staatlich — legitimierten und kontrollierten „qualifizierten" Form, wie es z. B. in dem von der SPD vorgeschlagenen „Sondervermögen Arbeit und Umwelt" zum Ausdruck kommt.

Bei einer so begründeten Kritik am Wachstumsprozeß wird indes oft übersehen, daß sich Wachstum und sparsame Verwendung natürlicher Ressourcen nicht gegenseitig ausschließen. Auch gibt es nicht notwendig einen Dissens in den Zielen zwischen Staatsinterventionisten und Marktwirtschaftlern in der Frage des Umweltschutzes, sondern in erster Linie einen Streit um die richtigen Instrumente. Aus marktwirtschaftlicher Sicht wird betont, daß sich ein Markt, der automatisch sparsamen Umgang mit den auf ihm gehandelten Gütern erzwingt, nur bildet, wenn Eigentumsrechte klar definiert sind und Tauschvorgänge möglich werden. Auf die Umweltproblematik bezogen heißt dies, daß Instrumente entwickelt werden müssen, die es zulassen, daß — anders als früher — Umwelt nicht mehr zum Nulltarif in den Produktionsprozeß einbezogen werden kann.

Diejenigen, die im politischen Bereich am stärksten das Eingreifen des Menschen in ökologische Regelkreise verurteilen, besäßen im Prinzip die besten Voraussetzungen dafür, zu erkennen, daß sich auch der komplexe Pro-B zeß des Wirtschaftens in Systemen der Selbststeuerung durch Regelkreise mit negativer Rückkoppelung vollzieht; in diesem Prozeß der Informationsgewinnung und -Verarbeitung sowie der Koordination von Millionen wirtschaftlicher Handlungen spielen flexible relative Preise und Wettbewerb die entscheidende Rolle -Ein Ausdruck dieses Mechanismus ist beispielsweise, daß der Energie-aufwand beim Erzeugen des Sozialprodukts gegenwärtig deutlich geringer ist, als er in den frühen siebziger Jahren war. (Der gleiche Mechanismus hat bewirkt, daß die Bedeutung des Produktionsfaktors Arbeit stark abgenommen hat, weil Arbeitsleistung sich so stark verteuert hat.)

Leistungsbeschränkung und Gängelung der Umweltschäden wegen sind ökonomisch nicht gerechtfertigt. Zweifelsfrei ist in diesem Bereich dringend staatliche Rahmensetzung erforderlich; wenig erfolgversprechend aber ist es, romantisierende Vorstellungen über das wirtschaftliche Handeln als verbindliche Norm vorzuschreiben und mit Spaten und Setzholz im Gepäck den Rückweg in die vorindustrielle Welt anzutreten und nun doch noch die Idee des Morgenthau-Planes in die Realität umzusetzen. In der Literatur — und auch schon in der Politik (vor allem in den USA) — gibt es zahlreiche Ansätze marktwirtschaftlicher Problemlösungen, die berechtigt mehr Erfolg versprechen, künftig Schäden zu vermeiden, ohne gleichzeitig den Lebensstandard drastisch abzusenken 3. Der Wandel in der Arbeitsethik Insbesondere von Soziologen wird seit geraumer Zeit die Hypothese vertreten, daß sich die Einstellung zur Arbeit verändert habe. Neben das Motiv der Einkommenserzielung träten andere Faktoren wie Selbstentfaltung, Arbeitszufriedenheit, soziale Kontakte und Kommunikation; überkommene Tugenden wie Pflichtbewußtsein, Fleiß, Pünktlichkeit und Einordnungsfähigkeit hätten an Bedeutung verloren. Das Gefühl von Lebenssinn, Erfüllung, Selbstachtung und Lebensfreude werde in immer geringerem Maße in intensiver Arbeit innerhalb der Industriegesellschaft gesucht. Zunehmend gefragt seien deswegen Tätigkeiten, die dem einzelnen auch bei der Arbeit mehr Eigenverantwortung, eine höhere Flexibilität bei der Gestaltung der Arbeitszeit und eine größere Identifikation mit dem von ihm erstellten Produkt erlauben. „Die arbeitsteilige, offizielle Wirtschaft mit ihrer Normierung der Produktionsabläufe ist immer weniger in der Lage, den veränderten Präferenzen der Arbeitsanbieter zu entsprechen. Dagegen weisen die Tätigkeiten der Schattenwirtschaft, insbesondere in der Selbstversorgungswirtschaft, die genannten Eigenschaften in starkem Maße auf."

Die Hypothese von der veränderten Arbeitsethik hat in jüngster Zeit große Aktualität erhalten durch die Kontroverse zwischen Elisabeth Noelle-Neumann und Burkhard Strümpei Im Rahmen des gemeinsamen, international vergleichenden Forschungsprojekts . Jobs in the 80's" wurde die Einstellung zur Arbeit erfragt; die in mehreren Ländern Befragten konnten ihre Meinung an folgenden Alternativen festmachen 1) „Ich möchte immmer mein Bestes geben, so gut ich kann, unabhängig davon, wieviel ich verdiene."

2) Jeh finde meine Arbeit interessant, aber ich lasse es nicht soweit kommen, daß sie mein übriges Leben stört."

3) „Ich sehe die Arbeit wie ein Geschäft, je besser ich bezahlt werde, desto mehr tue ich; je schlechter ich bezahlt werde, um so weniger tue ich."

4) . Arbeiten, um zu leben, ist eine unangenehme Lebensnotwendigkeit. Wenn ich nicht arbeiten müßte, würde ich gar nicht arbeiten."

5) „Unentschieden."

Die Ergebnisse für die USA, Schweden und die Bundesrepublik weichen deutlich voneinander ab und scheinen der deutschen Arbeitsmoral ein schlechtes Zeugnis auszustellen (vgl. Übersicht). Bemerkenswert sind die unterschiedlichen Antworten jüngerer und älterer Befragter in der Bundesrepublik: Die Antwort 1) wurde von 18 vH der 16— 29jährigen Befragten genannt (50 vH bei Antwort 2)) und von 37 vH der Befragten, die 55 Jahre und älter waren (27 vH bei Antwort 2)). Diese altersspezifischen Unterschiede bestätigen das gängige (Vor-) Urteil, daß bei jenen, die noch Not kannten, ein höheres Arbeitsethos vorhanden sei als bei den Kindern des Wohlfahrtsstaates. Insofern verblüfft aber auch der hohe Anteil der Befragten in Schweden, die sich für die Alternative 1) entschieden haben; denn Schweden dürfte noch weitgehender als die Bundesrepublik wohlfahrtsstaatliche Elemente in die Gesellschaft eingeführt haben und demen vH bei Antwort 2)). Diese altersspezifischen Unterschiede bestätigen das gängige (Vor-) Urteil, daß bei jenen, die noch Not kannten, ein höheres Arbeitsethos vorhanden sei als bei den Kindern des Wohlfahrtsstaates. Insofern verblüfft aber auch der hohe Anteil der Befragten in Schweden, die sich für die Alternative 1) entschieden haben; denn Schweden dürfte noch weitgehender als die Bundesrepublik wohlfahrtsstaatliche Elemente in die Gesellschaft eingeführt haben und dementsprechend auch individuelle Arbeitsanreize vermindert haben. Möglicherweise gibt es zwischen den drei Sprachen gravierende semantische Unterschiede (Übersetzungen der Fragen wurden in dem Buch von Elisabeth Noelle-Neumann und Burkhard Strümpel nicht angegeben), die bewirkten, daß die jeweiligen Antworten in ihrem Sprachumfeld unterschiedliche Bedeutungen haben und daher miteinander nicht vergleichbar sind.

So groß die Resonanz in der Öffentlichkeit auf dieses Befragungsergebnis gewesen ist, es erscheint äußerst zweifelhaft, ob in den Antworten das individuelle Kalkül der Individuen hinsichtlich der Arbeitsbereitschaft überhaupt zutreffend abgebildet wird 26). Vor allem wurden dynamische Aspekte, die bei solchen Selbsteinschätzungen immer eine gewichtige Rolle spielen, nicht erfaßt (z. B. „ich strenge mich immer an, weil das die Bedingung dafür ist, daß ich viel verdiene"; „natürlich strenge ich mich mehr an, wenn die Aussicht besteht, daß ich mich verbessern kann").

Ohne Zweifel gewinnen für die Individuen bei einem hohen Wohlstandsniveau und noch steigendem Einkommen immaterielle Faktoren wie persönliche Entfaltungsmöglichkeiten, soziale Kontakte und der Prestigewert der Tätigkeit immer mehr an Bedeutung 27). Für die reine Existenzsicherung muß immer weniger aufgewendet werden, deshalb verbleibt den Individuen auch ein zunehmend größerer Raum für die Selbstentfaltung oder Selbstverwirklichung.

Die Unternehmen haben dem Wertewandel, so er stattgefunden hat, durchaus Rechnung getragen mit einer Stärkung des eigenverantwortlichen Handelns und anderer Maßnahmen zur Förderung der Motivation der Mitarbeiter. „Befragungen im Zeitraum 1981-82 zeigen, daß die Arbeitnehmer in der offiziellen Wirtschaft mit den immateriellen Bedingungen am Arbeitsplatz sogar zufriedener waren als mit der Einkommenshöhe. Die Arbeitszufriedenheit hat gegenüber 1973 noch deutlich zugenommen."

Möglicherweise drücken sich veränderte Wertvorstellungen in der Selbstversorgungswirtschaft aus (verstärkte do-it-yourself-Aktivitäten). Wie für die USA läßt sich jedoch auch für die Bundesrepublik eine starke finanzielle Motivation für die Tätigkeit in der Untergrundwirtschaft feststellen. Zweifelhaft erscheint es, daß der Drang nach mehr Selbständigkeit und größeren Entfaltungschancen zur verminderten Arbeitsbereitschaft in der statistisch erfaßten Wirtschaft geführt hat. „Da z. B. eine größere Eigenverantwortung auch durch eine Tätigkeit als Selbständiger in der offiziellen Wirtschaft verwirklicht werden kann, dürften finanzielle Aspekte für ein Ausweichen in die Untergrundwirtschaft die größte Bedeutung haben." Plausibel sind demgegenüber Hypothesen, daß staatlich verminderte Arbeitsanreize und bürokratische Verkrustung sowie starre institutioneile Reglementierungen die vorhandene, unverminderte Leistungsbereitschaft in Richtung Schattenwirtschaft lenken.

Arbeit hat offenbar eine Schlüsselfunktion für das Lebensglück, wie Elisabeth Noelle-Neumann in ihrer Auseinandersetzung mit Burkhard Strümpei immer wieder betont: „Die Evidenz, daß intensive Arbeit, das Gefühl von Lebenssinn, Selbstachtung und Lebensfreude langfristig Zusammenhängen, ist überwältigend." Die Idee sei falsch, daß die Menschen sich vom Arbeitsleben distanzieren, vom Beruf, und dafür ihre Fähigkeiten in der Freizeit — auch in freiwilliger Freizeitarbeit — entfalten. Dieser gespaltene Mensch, im Berufsleben distanziert, in der Freizeit voll entfaltet, kreativ, existiere nicht. „Die Sozial-forschung zeigt uns, daß jemand, der im Berufsleben aktiv ist, auch im Freizeitbereich durch Aktivität mitreißt, und wer im Berufsleben schwach und lustlos ist, neigt auch im Freizeitbereich zur Passivität."

Es dürfte mithin überzogen sein, in der zunehmenden Abkehr von dem arbeitsteiligen System in der offiziellen Wirtschaft bis hin zum Eintritt in die Alternativökonomie einen Wertewandel in der Einstellung zur Arbeit und zu den Arbeitsinhalten als entscheidenden Grund anzusehen. „Für viele Aussteiger aus den etablierten Arbeitsformen dürften handfeste ökonomische Kalküle ausschlaggebend sein. Erst die Absicherung eines als ausreichend empfundenen Lebensstandards durch den Familienverband oder den Sozialstaat ermöglicht es, neue Wertvorstellungen in den Vordergrund zu stellen."

Wenn diese Einschätzung zutrifft, dann ist es jedoch nicht eine exogen veränderte Arbeitsethik, die den Wert individueller Anstrengungen und damit auch das Wachstumsziel relativiert; vielmehr hat wohl eher die starke Expansion des Wohlfahrtsstaates dazu beigetragen, die subjektive Einschätzung von Knappheiten zu verändern und den Glauben zu nähren, daß zusätzliche individuelle Anstrengungen nicht mehr erforderlich seien, um das gegenwärtige erwünschte Wohlstandsniveau zu sichern. Dies sind Elemente der oben als Wohlstandsillusion bezeichneten Erwartungshaltung. Möglicherweise hat diese Haltung ihre Wurzel darin, daß der Versorgungsstaat immer stärker Eigenverantwortung und Selbstvorsorge als Antrieb für wirtschaftliches Handeln durch ausufernde Staatstätigkeit und Enteignung in Form von steigender Steuer-und Abgabenbelastung verdrängt hat; an die Stelle des Prinzips der hinausgeschobenen Belohnung — das sich salopp als „erst die Arbeit, dann das Vergnügen" fassen läßt — trat dann die Jugendparole „wir wollen alles und jetzt", der „Wegweiser zum unglücklichen Leben"

Setzt sich eine solche Mentalität durch, tritt das Ziel der Bedarfsgerechtigkeit mehr und mehr an die Stelle der Leistungsgerechtigkeit Damit eliminierte die Gesellschaft jedoch jeden pekuniären Anreiz, überhaupt zu arbeiten. Bedarfsgerechtigkeit ist wohl nicht damit vereinbar, ein hohes Wohlstandsniveau aufrechtzuerhalten, ohne entweder einen allgemeinen Arbeitszwang einzuführen — was kaum mit den Freiheitszielen vereinbar wäre — oder die Drückeberger dem Spott und der Verachtung preiszugeben

Soweit es sich bei dem vermuteten Werte-wandel jedoch tatsächlich in größerem Umfang um eine zunehmende Selbstbescheidung der Individuen handelt — aus welchen Gründen auch immer —, ist jedoch nicht einzusehen, wieso es, um dieser Haltung Raum zu geben, kollektiver Arbeitszeitverkürzungen bedarf. Gerade dies ist jedoch in der Tarif-runde '84 geschehen. Hierzu wäre allein erforderlich, durch ein größeres Ausmaß an Flexibilität die individuellen Optionen zu vermehren, — dagegen aber richtet sich der Wille der Gewerkschaften. Damit wird der erste zaghafte Versuch, in der Arbeitszeitgestaltung den starren tarifvertraglichen Rahmen aufzubrechen, in Gefahr gebracht. Kritisch anzumerken bleibt noch, daß in den tarifvertraglichen Regelungen nur ein Werte-wandel in Richtung „weniger arbeiten" zugelassen wird; einem Wertewandel, der sich auf eine höhere Leistungsbereitschaft erstreckt, wird dadurch keine Chance gegeben, denn die tariflichen Regelungen sind zwingendes Recht.

IV. Überlegungen zur Zukunft der Arbeit

Während bislang vor allem die individuelle Arbeitsmotivation betrachtet wurde, sollen nunmehr die Fragen a) Geht der Industriegesellschaft die Arbeit aus?

b) Welche Einflüsse sind von demographischen und technologischen Veränderungen zu erwarten?

c) Wie sehen die Reaktionen auf diese Entwicklungen aus?

diskutiert werden. 1. Knappes Gut „Arbeit“?

In der öffentlichen Diskussion über Strategien zur Verminderung der Beschäftigungsprobleme geht man mittlerweile schon davon aus (d. h. man ist geistig festgelegt auf eine solche Hypothese), daß — wie Burkhard Strümpei es ausdrückt — „das offizielle Beschäftigungssystem, die formelle Ökonomie überfordert (ist) in der Aufgabe, allen arbeitsfähigen Erwachsenen Vollzeitarbeitsplätze zu geben. Der Arbeitsgesellschaft geht die Arbeit aus"

Zu einer solchen geistigen Festlegung haben in starkem Maße die Veröffentlichungen des Instituts für Arbeitsmarkt-und Berufsforschung (IAB) beigetragen Basis der Projektion ist eine definitorische Beziehung, daß nämlich der Beschäftigungszuwachs nur so stark sein kann, wie die Differenz zwischen den Zuwachsraten bei der Produktion und dem Produktionsergebnis je Beschäftigten; dann wird eine durchschnittliche Wachstumsrate von 2 bis 2, 5 vH (im Grunde schon als optimistisch) angenommen und eine geringfügig stärkere Produktivitätssteigerung; daraus ergibt sich eine sich weit öffnende Schere zwischen Arbeitskräfteangebot und Arbeitskräftenachfrage; unter bestimmten, für realistisch erachteten Annahmen werde die Lücke zwischen Arbeitskräftepotential und Arbeitskräftebedarf auf über vier Millionen anwachsen.

Der Plausibilität dieses mittlerweile allseits bekannten Schaubildes sind viele erlegen Gleichwohl beruhen seine Aussagen eher auf den Gesetzen des Dreisatzes als auf Überlegungen über das ökonomische Handeln der Menschen. Es ist wichtig, sich klarzumachen, daß die „Scherenprojektion" des IAB implizit annimmt, daß die marktwidrige Verteuerung des Faktors Arbeit aufrechterhalten bleibt; bei diesen — zu hohen — Löhnen (für bestimmte Gruppen, Unternehmen, Branchen und Regionen) sind dann aber zu wenig (rentable) Arbeitsmöglichkeiten vorhanden. Das IAB geht davon aus, daß der Produktivitätszuwachs weitgehend exogen vorgegeben sei; der — aus der Sicht des Beschäftigungsziels — ohnehin zu starke Anstieg der Produktivität während der letzten zehn Jahre werde sich angesichts der Revolution in der Kommunikationstechnologie kaum vermindern. Der Produktivitätsanstieg ist aber zu einem großen Teil die Konsequenz aus dem Bemühen der Unternehmen, teurer werdende Arbeit durch Kapital zu ersetzen; die Rationalisierungspeitsche „Lohndruck" ist es, die Arbeitsplätze vernichtet. „Können Reallohnsteigerungen nicht aus dem Produktivitätsfortschritt je Arbeitsplatz finanziert werden, so werden die Lohnsteigerungen durch Konzentration auf die rentabelsten Arbeitsplätze finanziert. Dieser Produktivitätsanstieg ist also Folge des Rationalisierungsdrucks, der wiederum Konsequenz der Reallohnentwicklung ist." Daß der Industriegesellschaft die Fähigkeit genommen wurde, rentable Arbeitsplätze für alle Arbeitswilligen zu schaffen, beruht mithin im wesentlichen darauf, daß den Handelnden am Arbeitsmarkt fortwährend falsche Preissignale gegeben wurden. Vier Thesen seien dazu abschließend formuliert 1. Die Sachkapitalrendite ist seit den frühen siebziger Jahren gesunken, so daß Investieren sich nicht mehr so lohnt wie früher. Es entstehen daher weniger Arbeitsplätze als früher.

2. Von der Lohnpolitik gehen keine Impulse aus, Arbeit billiger zu machen. Der Arbeitskräfteüberschuß bleibt bestehen, ja nimmt mit wachsendem Arbeitskräfteangebot sogar zu.

3. Die Lohnunterschiede zwischen qualifizierter und unqualifizierter Arbeit entsprechen nicht den tatsächlichen Knappheitsrelationen; sie signalisieren vielmehr Facharbeiterfülle und Hilfsarbeitermangel. Es werden daher zu wenig unqualifizierte Arbeitskräfte beschäftigt. Eine analoge Argumentation gilt für Branchen und Regionen.

4. Die Reglementierungen des Arbeitsmarktes behindern den Marktausgleich und erhöhen die Fixkosten der Beschäftigung.

Das Niveau der Beschäftigung sinkt und der Arbeitsmarkt wird durch Segmentierungsprozesse in voneinander getrennte Teilarbeitsmärkte zergliedert.

Als Fazit bleibt festzuhalten: Arbeit wird künstlich zu einem knappen Gut gemacht. . Arbeitslosigkeit braucht nicht unser Schicksal zu sein. Wir haben sie selbst durch maßlose Lohnsteigerungen verschuldet." Der Gesellschaft geht die Arbeit nicht aus. 2. Demographie und Technologie — Sprengsätze für verkrustete Strukturen Für die nächsten Dekaden ist ein Schrumpfen der Bevölkerung zu erwarten; sinkende Geburtenziffern sind hierfür der Indikator. Da die Lebenserwartung aber weiter steigt, wird es zu einer merklichen Überalterung der Bevölkerung kommen. Dies geht einher mit starken Verwerfungen der Altersstruktur, die mit dem Eintritt in die neunziger Jahre eine Tendenzwende auch beim Arbeitskräftepotential auslösen wird; die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter wird sinken.

Diese demographischen Faktoren haben markante Implikationen insbesondere für die Struktur der Güternachfrage, von der Herstellung von Babynahrung bis hin zum Wohnungsbau, von den Kindergärten bis zu den Pflegeheimen. Daraus und aus den Veränderungen der Größe und der Struktur des Arbeitsangebots resultieren wiederum Veränderungen in den gesellschaftlichen Problemlagen, Veränderungen in den Machtpositionen der einzelnen gesellschaftlichen Gruppen und schließlich Korrekturen der Verhaltensweisen. Die raschen Veränderungen der Nachfragestruktur erfordern Flexibilität sowohl der Güterproduzenten und mit Sicherheit auch der Arbeitnehmer.

Neben den demographischen Veränderungen wird die rasante Entwicklung der Technologie tiefgreifende Veränderungen im Arbeitsleben auslösen. Die neue Technik hilft, das, was am Markt — also in Preissignalen ausgedrückt — knapp ist, sparsamer zu verwenden. Sie ist kapital-und umweit-, aber auch arbeitssparend; vor allem der Bedarf an Industriearbeitern wird sich vermindern.

Die neue Technik wird den „Gleichschritt“ der Arbeit aufheben, den gleichzeitigen Arbeitsbeginn, das synchrone Essenfassen, den gemeinsamen Weg aus dem Werktor. Die monotone, am Fließband in starren Rhythmen geleistete Arbeit wird von Robotern übernommen — ein von vielen lang ersehnter Beitrag zur Humanisierung des Arbeitslebens.

Freiheit wird gewonnen, wenn sich der Zwang vermindert, in Kollektiven zu arbeiten. Freilich wird der Zwang verstärkt, sich rasch neuen Fertigungsmethoden und neuen Qualifikationsanforderungen anzupassen. Damit wird am Arbeitsmarkt neben die Freiheiten der stärker entzerrten, individuellen Gestaltung des Arbeitslebens der fortwährende Druck treten, ständig hinzulernen zu müssen. Insbesondere diejenigen Arbeitskräfte, die dem erwarteten Strukturwandel mit hoher räumlicher, zeitlicher und beruflicher Mobilität entsprechen, werden ihre Marktchancen vergrößern. Die Probleme für die Arbeitskräfte, deren Fähigkeiten nicht über eine bestimmte Qualifikation hinaus entwickelt und gefördert werden können, werden sich möglicherweise verschärfen. Das ohnehin jetzt schon bestehende Außenseiterproblem wird noch schärfere Konturen gewinnen. Das „Drinnen-draußenProblem" erfordert, daß die Kartellparteien am Arbeitsmarkt und der Gesetzgeber die Barrieren zum Marktzutritt beseitigen. In der Tarifrunde 1984 wurde noch Starrsinn demonstriert; der Gesetzgeber geht langsam daran, die Verkrustungen in dem rechtlichen Rahmen des Arbeitsmarktes aufzuweichen.

In den nächsten Jahren werden sowohl jüngere als auch ältere Arbeitskräfte noch mehr als bisher zu den Problemfällen des Arbeitsmarktes werden; auch die hohe und noch zunehmende Bereitschaft von Frauen, am Erwerbsleben teilzunehmen, dürfte sich kaum problemlos in die Tat umsetzen lassen. Für die Jungen zeichnen sich Schwierigkeiten bei der Eingliederung in das Erwerbsleben ab, für die Älteren hat sich — wenn sie arbeitslos werden — durch die Vorruhestandsregelung die Marktzutrittsbarriere erhöht « und der Abschied der beschäftigten älteren Arbeitskräfte vom Arbeitsleben kann sich kaum in kleinen Schritten vollziehen. Die Gesellschaft, die den beamtenähnlichen Dauerarbeitsplatz zur Norm erhoben hat und daran auch — gegen die Wünsche gerade auch der Frauen — festhält, wird unter erheblichen Druck geraten; es werden sich neben der Norm und gegen sie andere Arbeitsformen herausbilden.

— Für viele Jugendliche besteht die Gefahr, daß sie nach der forcierten Ausdehnung der betrieblichen Ausbildung während der letzten Jahre am Ende nicht in Dauerarbeitsverhältnisse übernommen werden können; die Suche nach einem neuen Arbeitsplatz dürfte sich kaum ohne mehr oder weniger ausgedehnte Perioden der Arbeitslosigkeit vollziehen. Die Jugendlichen werden von sich aus nach alternativen Beschäftigungsformen suchen, nicht aus einer sinkenden Arbeitsmoral heraus, sondern gerade deswegen, weil ihnen bewußt werden wird, daß sie durch eigene Anstrengungen ihr Leben werden meistern müssen. Nicht diejenigen, die in der Anspruchsmentalität verharren, sondern jene, die sich selbst behaupten wollen, werden die Veränderung der Arbeitsordnung voranbringen. — Ältere Arbeitnehmer werden mit tiefer sinkender Ruhestandsgrenze in immer jüngeren Jahren als „alt" angesehen; altersbedingte Einschränkungen für die Vermittlungsfähigkeit werden schon mit einem Lebensalter von wenig über 40 Jahren vermutet Die hohe und noch steigende Lebenserwartung und die starke Zunahme der Zahl älterer Arbeitskräfte, die vor allem nach der Jahrtausendwende zu erwarten ist, sollten als Indikatoren verstanden werden, daß hier ein gravierendes Problem heranwächst. Vorliegende Informationen über die Bevölkerungsentwicklung dürften deutlich machen, daß die Gesellschaft es sich immer weniger wird leisten können, diese Personengruppe mit finanziellen Anreizen zum vorzeitigen Ruhestand — zum Teil zu Lasten der Bürger — aus dem Arbeitsmarkt zu drängen. Dieser gigantischen Verschwendung von Produktivkräften gilt es entgegenzuwirken. Die leistungsabschreckenden niedrigen Grenzen für zusätzliche Verdienste bringt gerade (Früh-) Rentner mit einer hohen Arbeitsmoral in Probleme. Viele, die den Eintritt in den Ruhestand nur in kleinen Schritten vollziehen möchten, werden mit ihrer Suche nach flexiblen Arbeitsformen zur Veränderung der Arbeitswelt beitragen.

— Die Mehrfachbelastung von Frauen durch Familie, Haushalt und Beruf macht es für viele Frauen unmöglich, Vollzeitarbeitsplätze zu akzeptieren. Nicht von ungefähr ist der Anteil der Teilzeitarbeit bei Frauen in Ländern mit höherer Erwerbsquote größer als in der Bundesrepublik. Zunehmende Teilzeitarbeit dürfte eher ein Ansteigen der Arbeitsmoral reflektieren als das Gegenteil. 3. Was ist zu tun?

Die Arbeitspolitik der Zukunft muß die gravierenden Fehler der vergangenen Dekade vermeiden, um mit den künftigen Herausforderungen fertig zu werden. Würden am Arbeitsmarkt Marktgesetze gelten, so hätten die veränderten Knappheitsbedingungen zu einer ausgeprägten Lohnzurückhaltung, der Anstieg der strukturellen Arbeitslosigkeit zu ei-B ner starken Auffächerung der Entlohnung führen müssen und damit, ähnlich der Entwicklung in den Vereinigten Staaten, zu einer deutlichen Zunahme der Beschäftigung. Die Machtposition der Arbeitsmarktkartelle und die Subventions-und Sozialpolitik, verstärkt durch eine nahezu konfiskatorische Steuer-und Abgabenpolitik, haben solche Reaktionen weitgehend verhindert.

Die wirtschafts-, sozial-und lohnpolitischen Maßnahmen des Jahres 1984 deuten nicht auf einen bereits vollzogenen Wandel der Grundhaltung bei gesellschafts-und wirtschaftspolitisch Verantwortlichen hin. „Defensivstrategien, die Bestandsrechte sichern sollen, beherrschen weiterhin das Tarifgeschehen (Wagenburgmentalität). Indizien dafür sind die Arbeitszeitverkürzungen bei weitgehendem Lohnausgleich. Indiz ist aber auch der Widerstand gegen Lohnkürzungen dort, wo Marktungleichgewichte ganz besonders offensichtlich sind (Lehrer, Auszubildende)."

Die geistig-moralische Wende bei den Verantwortlichen zu mehr Leistungsorientierung, zu mehr Marktwirtschaft ist ausgeblieben mit der Folge, daß die Zutrittsbarrieren zum offiziellen Arbeitsmarkt nicht beseitigt wurden. Da die strukturelle Anpassung am offiziellen Arbeitsmarkt aller Voraussicht nach behindert bleibt, wird sich der Anpassungsbedarf über alternative Beschäftigungsformen vollziehen. Vermehrt wird Zeitarbeit, ein zweiter Job ausgeübt, der Arbeitnehmerstatus weicht immer öfter dem Status eines freien Mitarbeiters (der Werkverträge übernimmt) oder gar dem des Subunternehmers. Auch eine Gründerwelle könnte eine Antwort der Außenseiter am Arbeitsmarkt sein.

„Vieles spricht dafür, daß die . Turnschuhgeneration'in der Lage und willig sein wird, solche Antworten auf die Herausforderung zu geben. Dies geschieht nicht gemäß des Kantschen Imperativs, sondern in Reaktion auf die fehlenden Alternativen." Je stärker sich die etablierten Institutionen dem Leistungswillen und der Arbeitsbereitschaft der Individuen entgegenstellen und an kollektivistischer Reglementierung der Arbeitswelt festhalten, um so mehr laufen sie Gefahr, sich zum Freilichtmuseum überkommener wirtschafts-und gesellschaftspolitischer Institutionen zu entwickeln.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Ernst Breit, Arbeitszeitverkürzungen: Unverzichtbar und möglich, in: Aktionsgemeinschaft Soziale Marktwirtschaft (Hrsg.), Weißbuch Arbeitszeitverkürzung, Bonn 1983, S. 26.

  2. Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeber-verbände (BDA), Strategien zum Abbau der Arbeitslosigkeit. Wachstum, flexible Arbeitsgestaltung und flankierende Maßnahmen, Köln 1983,

  3. Institut der Deutschen Wirtschaft, Auf dem Prüfstand: Die Verkürzung der Wochenarbeitszeit, Köln 1983, S. 31.

  4. BDA (Anm. 2), S. 9ff.

  5. Ernst Breit (Anm. 1), S. 13.

  6. Joachim Starbatty, Der jüngste deutsche Arbeitskampf als Lehrstück, in: Neue Zürcher Zeitung vom 1. September 1984.

  7. Arbeitskräfte, die 37 Stunden arbeiten, werden im ersten Jahr der Gültigkeit des Tarifvertrags so gestellt, als arbeiteten sie 38, 5 Stunden; die jahres-durchschnittliche Zuwachsrate würde sich für das Jahr 1985 entsprechend erhöhen.

  8. Bei Arbeitskräften ab 20jähriger Betriebszugehörigkeit belaufen sich die Vorruhestandsbezüge auf 70v. H.

  9. Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Jahresgutachten 1984/85; Bundestagsdrucksache 10/2541 vom 30. 11. 1984, Textziffer 368ff.; Gemeinschaftsdiagnose der wirtschaftswissenschaftlichen Forschungsinstitute, Die Lage der Weltwirtschaft und der westdeutschen Wirtschaft im Herbst 1984, in: Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung, Wochenbericht, 51 (1984) 43.

  10. Sachverständigenrat (Anm. 9), Textziffer 139..

  11. Zu einigen Modellbeispielen der möglichen Umsetzung des Metalltarifabschlusses in die betriebliche Realität vgl. Bernd Hof, Vorsprung durch Flexibilisierung, Köln 1984.

  12. Gemeinschaftsdiagnose (Anm. 9), S. 529.

  13. Vgl. hierzu z. B. IG Metall, Referentenleitfaden zur Umsetzung der 38, 5-Stunden-Woche, Frankfurt 1984; Ingrid Kurz-Scherf, Arbeitszeit im Umbruch, Düsseldorf 1984.

  14. Schon Umfrageergebnisse aus dem Jahr 1848 im Zusammenhang mit den englischen Factory-Acts belegen diese Vermutung. Für Frauen war die maximale Arbeitszeit auf zehn Stunden täglich reduziert worden; jedoch nur wenig mehr als die Hälfte der befragten Frauen waren mit diesem partiellen Arbeitsverbot zufrieden, 10v. H. hätten lieber 11 Stunden, 36 v. H 12 Stunden vorgezogen. (Bei Männern, für die noch der 12-Stunden-Tag galt, wünschten sich 68 v. H. 10 Stunden täglich, 18 v. H. waren mit 12 Stunden zufrieden.) Zu den Zahlen vgl. Edwin G. West, Marx's Hypotheses on the Length of the Working Day, in: Journal of Political Economy, 91 (1983), S. 266— 281. Für die Gegenwart vgl. Enno Langfeldt, Die Schattenwirtschaft in der Bundesrepublik Deutschland. Kieler Studien Nr. 191, Tübingen 1984, S. 58ff.

  15. Sachverständigenrat (Anm. 9), Textziffer 131.

  16. Zu einem marktwirtschaftlichen Konzept der Flexibilisierung gehört es, daß die Kosten der Arbeitszeitverkürzung von jenen getragen werden, die sie wünschen. Dem widerspricht die Regelung im Tarifvertrag der Metallindustrie, daß jene, die die 37-Stunden-Option wählen, für die Dauer eines Jahres so entlohnt werden, als arbeiteten sie 38, 5 Stunden.

  17. Rüdiger Soltwedel, Staatliche Interventionen am Arbeitsmarkt — Eine Kritik, Kiel 1984, S. 256. Vgl. dazu auch Andreas Hoff, Vielfalt der Flexibilisierung, in: Süddeutsche Zeitung vom 28. November 1984: „Den Gewerkschaften (ist) der Vorwurf zu machen, daß sie sich bisher der Vertretung der zweifelsfrei vorhandenen Arbeitnehmerinteressen in und an flexiblen Arbeitszeitsystemen verweigert und damit die Herausbildung interessengerechter Arbeitszeiten behindert haben.“

  18. Vgl. z. B. Rüdiger Soltwedel/Norbert Walter, Arbeitszeitverkürzung — Lösung für die wirtschaftlichen Probleme der 80er Jahre? Kieler Arbeitspapier Nr. 141, Kiel 1982.

  19. Ernst Breit (Anm. 1), S. 13ff..

  20. Herbert Giersch, Allgemeine Wirtschaftspolitik — Grundlagen, Wiesbaden 1961, S. 89.

  21. Eine auch für Nicht-Ökonomen verständliche Beschreibung der Koordinationsfunktion des Marktes findet sich bei Friedrich A. v. Hayek, Der Wettbewerb als Entdeckungsverfahren, Kieler Vorträge, NF 56, Kiel 1968.

  22. Vgl. dazu z. B. Klaus-Werner Schatz, Neue Wege im Umweltschutz, in: Herbert Giersch (Hrsg.), Wie es zu schaffen ist. Agenda für die deutsche Wirtschaftspolitik, Stuttgart 1983, S. 232— 253; Holger Bonus, Marktwirtschaftliche Instrumente im Umweltschutz, in: Wirtschaftsdienst, 64 (1984), S. 169— 172.

  23. Enno Langfeldt (Anm. 14), S. 109.

  24. Elisabeth Noelle-Neumann/Burkhard Strümpei, Macht Arbeit krank? Macht Arbeit glücklich? Eine aktuelle Kontroverse, München 1984.

  25. Ebd., S. 62.

  26. Der folgende Abschnitt lehnt sich weitgehend

  27. Enno Langfeldt (Anm. 14), S. 109.

  28. Ebd.

  29. Elisabeth Noelle-Neumann/Burkhard Strümpei (Anm. 24), S. 122 f.

  30. Ebd., S. 207.

  31. Enno Langfeldt (Anm. 14), S. 110.

  32. Elisabeth Noelle-Neumann/Burkhard Strümpei (Anm. 24). Vgl. dazu auch Konrad Lorenz, Die acht Todsünden der zivilisierten Menschheit, München 1983, S. 46. Er vermutet, daß die Strategie, Anstrengungen so weit wie möglich aus dem Wege zu gehen, zur wehleidig-freudlosen, mediokeren Gesellschaft führt, die zwar „saure Zeiten" vermeidet, aber verlernt, „frohe Feste" zu feiern.

  33. Herbert Giersch (Anm. 20), S. 91.

  34. Elisabeth Noelle-Neumann/Burkhard Strümpei (Anm. 24), S. 262. ,

  35. Vgl. z. B. Institut für Arbeitsmarkt-und Berufsforschung, Wachstum und Arbeitsmarkt, Perspektiven 1980 — 2000. Quintessenzen aus der Arbeitsmarkt-und Berufsforschung, Nürnberg 1982.

  36. Die Reihe derer, die „davon ausgehen", reicht z. B. von Ernst Breit (Anm. 1), S. 12 f., bis Meinhard Miegel, Arbeitsmarktpolitik auf Irrwegen: Zur Ausländerbeschäftigung in der Bundesrepublik Deutschland, Bonn 1984, S. 120.

  37. Joachim Starbatty, Die gesamtwirtschaftlichen Folgen der Arbeitszeitverkürzung, in: Aktionsgemeinschaft Soziale Marktwirtschaft (Hrsg.), (Anm. 1), S. 48. Vgl. dazu auch Herbert Giersch, Arbeit, Lohn und Produktivität, in: Weltwirtschaftliches Archiv, 119 (1983), S. 2— 17.

  38. Ausführliche Begründungen für diese Thesen finden sich bei Hugo Dicke/Peter Trapp, Zinsen, Gewinne und Nettoinvestitionen. Zu den Bestimmungsfaktoren der Sachvermögensbildung westdeutscher Unternehmen, Kieler Diskussionsbeiträge, Nr. 99, Kiel (Juni) 1984; Rüdiger Soltwedel (Anm. 17); Rüdiger Soltwedel/Norbert Walter, Arbeitsmarkt und Zeitarbeit, Bonn 1984, S. 4— 11.

  39. Roland Vaubel, Sieben Thesen zum Arbeitsverbot für Inländer, in: Aktionsgemeinschaft Soziale Marktwirtschaft (Hrsg.), (Anm. 1), S. 94.

  40. Die Vorruhestandsregelungen sind für die Unternehmen nicht kostenlos. Diese Kosten werden sie kalkulatorisch bei jeder Neueinstellung antizipierend berücksichtigen. Ältere Arbeitslose haben wegen der kürzeren Zeitspanne, die ihnen zum Erwirtschaften dieser Zusatzkosten bleibt, einen vergleichsweise großen „Malus", der sie nahezu chancenlos macht. Vgl. zu einer detaillierten Analyse Horst M. Schellhaaß, Ein ökonomischer Vergleich finanzieller und rechtlicher Kündigungserschwernisse, in: Zeitschrift für Arbeitsrecht, 15 (1984), S. 139— 171.

  41. Rüdiger Soltwedel/Norbert Walter (Anm. 39), S. 44.

  42. Ebd., S. 45.

Weitere Inhalte

Rüdiger Soltwedel, Dr. sc. pol., geb. 1945; Studium der Volkswirtschaftslehre in Nürnberg und Saarbrücken; seit 1969 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Weltwirtschaft; Forschungsgruppenleiter in der Abteilung „Infrastruktur und Weltwirtschaft". Veröffentlichungen u. a.: Mehr Markt am Arbeitsmarkt. Ein Plädoyer für weniger Arbeitsmarktpolitik, München 1984; Staatliche Interventionen am Arbeitsmarkt. Eine Kritik, Kiel 1984; (zusammen mit Norbert Walter) Arbeitszeitverkürzung — Lösung für die wirtschaftlichen Probleme der 80er Jahre?, Kieler Arbeitspapier Nr. 141, Kiel 1982; Reform der Arbeitslosenversicherung und Neuorientierung der Arbeitsmarktpolitik, in: Herbert Giersch (Hrsg.), Wie es zu schaffen ist. Agenda für die deutsche Wirtschaftspolitik, Stuttgart 1983.