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Alternative Ökonomie in der Bundesrepublik. Entstehungsanlässe, wirtschaftliche Bedeutung und Probleme | APuZ 32/1985 | bpb.de

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APuZ 32/1985 Arbeit und Umwelt. Ansatzpunkte für eine integrierte Beschäftigungs-und Umweltpolitik Die Soziale Marktwirtschaft in der umweltpolitischen Bewährungsprobe Alternative Ökonomie in der Bundesrepublik. Entstehungsanlässe, wirtschaftliche Bedeutung und Probleme

Alternative Ökonomie in der Bundesrepublik. Entstehungsanlässe, wirtschaftliche Bedeutung und Probleme

Marlene Kück

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Zusammenfassung

Eine veränderte Präferenzordnung von Werten und das ungelöste Beschäftigungsproblem haben in den letzten Jahren zur vermehrten Entstehung von selbstverwalteten Betrieben geführt. Insgesamt gibt es in der Bundesrepublik und in Berlin einer ersten groben Schätzung zufolge rund 4 000 selbstverwaltete Unternehmen mit ca. 24 000 Arbeitsplätzen. Trotz dieser beachtlichen Zahlen darf nicht übersehen werden, daß die neugegründeten selbstverwalteten Betriebe mit zahlreichen internen und externen Problemen konfrontiert sind, die ihre Existenzfähigkeit gefährden. Besonders nachteilig wirken sich Finanzierungs-, Absatz-, Verteilungs-, Rechtsform-, Management-und Organisationsprobleme aus. Zur Lösung dieser Schwierigkeiten sind die selbstverwalteten Unternehmen auf Hilfen von außen angewiesen. Als externe Unterstützungsmodelle wurden bisher konzipiert bzw. umgesetzt: Kreditgarantiegemeinschaften („Haftungsassoziation"), Beteiligungsgesellschaften und Direktkreditvermittlungen zur Lösung finanzieller Probleme; Beratungseinrichtungen (= Schaffung eines externen Beratungs-und Informationsangebotes) zur Linderung von Management-, Verteilungs-und Organisationsproblemen.

In Berlin-Kreuzberg, Oranienstr. & — 9, arbeitet seit 1983 die Rasant Siebdruckerei GmbH. Rasant") stellt Jn Selbstverwaltung“, so der Hinweis auf dem Firmenschild, großformatige Plakate her, produziert Aufkleber, bedruckt Schilder, Planen und T-Shirts und arbeitet daneben als Zulieferant im Bereich der Druckformherstellung. Die Rasant-GmbH wird von zwei Frauen und zwei Männern betrieben, die, bis auf einen gelernten Siebdrucker, bei Gründung des Betriebs alle über branchenfremde Erstqualifikationen (als Betriebswirt, Soziologin, Sozialarbeiterin) verfügten und sich, so eine Formulierung aus der schriftlichen Selbstdarstellung, zusammengetan haben, um „demokratische und ökologische Arbeitsplätze für sich und andere zu schaffen“. Heute, wie immer montags abends, sitzen die vier Kollegen und Kolleginnen zum Wochen-plenum im Büro zusammen. Die Tagesordnung ist lang und spiegelt die Schwierigkeiten wider, mit denen das Unternehmen zur Zeit konfrontiert ist. Im einzelnen geht es um die Frage, ob eine neue Siebdruckmaschine angeschafft werden soll und ob diese finanzierbar ist, sowie um den Komplex „Organisationsverbesserung in der Produktion“. Zunächst allerdings wird eine Formalie abgehandelt. Eine Mitarbeiterin, die erst vor einem halben Jahr dem Betrieb beigetreten ist, wird offziell als Gesellschafterin aufgenommen. Damit verfügt sie über den gleichen Status, den die anderen drei Mitarbeiter/Mitarbeiterinnen bereits innehaben. Rasant verwirklicht damit das auch im Gesellschaftsvertrag vorgesehene Einheitsprinzip, mit dem gemeint ist, daß jeder Mitarbeiter über die gleichen — nach dem Unternehmensrecht vorgeschriebenen — formalen Rechte und Pflichten verfügen soll. Beim Tagesordnungspunkt 2 bzw. bei der Herbeiführung einer Entscheidung über das Investitionsvorhaben tun sich die Rasant-Mitarbeiter viel schwerer— und in der Tat ist die Investitionsentscheidung eine Sache mit vielen Ecken und Kanten: Einerseits braucht das Unternehmen die neue Maschine, um die — auch von den Nachfragern geforderten — Produktqualitäten zu erhöhen und den Ausstoß zu vergrößern. Andererseits fehlt aber das Geld, um die Investition zu finanzieren. In der Mitarbeiterrunde wird ein Briefder Deutschen Bank herumgereicht, der die Ablehnung des Kreditgesuches enthält. Für die Rasant-Mitarbeiter ist der Inhalt des Briefes nicht überraschend, zumal sie ähnliche Ablehnungen auch schon von anderen Banken erhalten haben. Als Grund für die Ablehnung wurde von den Financiers immer wieder die zu geringe Eigenkapitaldecke des Betriebes angeführt. Vorerst bleibt dem Betrieb daher nichts anderes übrig, als die Realisierung der Investition auf ungewisse Zeit zu vertagen.

Allerdings hat das zur Folge, daß endgültig über eine Neuorganisation des Produktionsbereiches nachgedacht werden muß. In letzter Zeit hat es hier allerlei Engpässe gegeben. Die Ursache ist, daß ein die Existenz des Betriebes sicherndes Produktionsvolumen mit dem vorhandenen Maschinenpark nur durch Vergrößerung des Arbeitseinsatzes erzielt werden kann. Deshalb wird überlegt, ob zur Erreichung dieses Zieles die betriebliche Arbeitszeit um eine Stunde verlängert werden soll. Dieses Ansinnen stößt bei einigen Mitarbeitern aufheftige Kritik. Sie fordern, daß zunächst das betriebliche Organisationssystem, das erhebliche Ineffizienzen aufweise, verbessert werden müßte, bevor über eine Arbeitszeitverlängerung nachzudenken sei. Weiterhin wird beklagt, daß im Betrieb eine Un-gleichverteilung der Arbeitslasten vorliege, die dazu führe, daß einige Mitarbeiter zu sehr im betrieblichen Prozeß eingebunden seien, während andere über ein relativ distanziertes Verhältnis verfügten. An diesem Punkt entbrannte noch eine längere Diskussion, die hier nicht weiter dargestellt werden soll.

Aufgabe der vorstehenden Zeilen ist, einen ersten Eindruck von dem Alltag selbstverwalteter Betriebe und ihren Schwierigkeiten zu vermitteln. Bevor hier aber noch näher daraui eingegangen wird, sollen einige Bemerkungen zu der Größe des selbstverwalteten Betriebssektors bzw.der Alternativen Ökonomie, zur Begrifflichkeit und zu den Entstehungsanlässen gegeben werden. ") Name verändert

I. Quantitatives: Zur Grösse der Alternativen Ökonomie in der Bundesrepublik Deutschland

Tabelle 1: Größe des alternativ-ökonomischen Sektors in Hamburg

Für das gesamte Bundesgebiet (einschließlich Berlin) wird die Größe des alternativ-ökonomischen Sektors bzw. die Zahl der selbstverwalteten Betriebe (ohne soziale Projekte) auf 4 000 und die Zahl der hier bestehenden Arbeitsplätze auf 24 000 beziffert

Eine Aufgliederung dieser Schätzdaten in Branchen bzw. Sektoren erfolgte bisher nicht Lediglich für einige Regionen liegen differenziertere Daten vor. So für Hamburg und Berlin

Die bevorzugten Wirtschaftsbranchen, in denen sich die Unternehmen ansiedeln, sind der Dienstleistungs-, Handels-und Handwerksbereich (siehe Tabellen). Die Dominanz dieser Branchen resultiert wahrscheinlich aus zweierlei: Einmal ist der Kapitalbedarf zur Errichtung von Betrieben in den genannten Teilbereichen relativ gering (im Gegensatz zur kleinindustriellen Produktion usw.), zum anderen sind auch die personellen Anforderungsprofile (Qualifikationsniveau) zum Betreiben solcher Einheiten nicht allzu hoch. Vermutlich sind es also diese Faktoren, die das Entstehen einer Monostruktur im Alternativ-und Selbstverwaltungssektor begünstigt haben.

Insgesamt ist — das zeigen die erwähnten Zahlen — die volkswirtschaftliche Bedeutung des alternativ-ökonomischen Sektors (z. B. im Verhältnis zur Gesamtzahl der Beschäftigten im Umfang von rund 25 Mio.) zur Zeit noch sehr bescheiden.

II. Entstehungsanlässe

Tabelle 2: Größe des alternativ-ökonomischen Sektors in Berlin 1983 (Schätzung) Quelle: Peter Grottian/Marlene Kück, Modell Berlin: 10 000 neue Arbeitsplätze im Selbsthilfe-und Alternativsektor, in: Michael Bolle/Peter Grottian (Hrsg.), Arbeit schaffen — jetztl, Reinbek 1983, S. 134.

Trotz der marginalen Bedeutung der Alternativen Ökonomie drängt sich die Frage nach den Entstehungsursachen auf, d. h, warum sind in den letzten Jahren so viele selbstver-waltete Betriebe entstanden? Zur Beantwortung dieser Frage werden — insbesondere in der sozialwissenschaftlichen Literatur — ganz unterschiedliche Antworten angeboten.

Für eine Gruppe von Autoren sind die selbst-verwalteten Betriebe und Projekte als Teil der Alternativbewegung Ausdruck einer postma-terialistischen Orientierung. Sie sind Kennzeichen des „Unbehagens in der Modernität" bzw., wie Raschke meint, Beispiele für den epochalen Wechsel vom „Verteilungsparadigma" zum „Paradigma der Lebensweise“ Andere widersprechen dieser Auffassung. Sie bringen das Entstehen der Projekte (Alternativbewegung) primär mit Entwicklungen im gesellschaftlichen Zentrum in Zusammenhang (wie der zunehmenden „Automatisierung und Computerisierung der Lebensbereiche“). „Das, was mit den . neuen sozialen Bewegungen'(der Alternativbewegung) entsteht, entsteht als krisenhafter Wandlungs-, ja Mutationsprozeß nicht an den Rändern, sondern im Zentrum der entwickelten Industriegesellschaften" Eine dritte Position geht davon aus, daß gegenwärtige und zukünftige Bedrohungen dazu führen, daß kollektive Widerstände und Alternativen, eben neuartige Projekte und Betriebe, in Gang gesetzt werden. Bahro vertritt diesen Ansatz, indem er annimmt, daß die ökologische Katastrophe bzw. eine umfassende Gattungsbedrohung durch Zunahme der Kriegsgefahr zu einer Alter-nativbewegung/neuen sozialen Bewegung führt

Welcher Auffassung man auch im einzelnen folgen mag, gemeinsam ist allen hier angeführten Erklärungsansätzen, „daß sie die Spezifika der neuen sozialen Bewegung (bzw. Betriebe und Projekte) vor allem in einem Wertewandel sehen, der in unterschiedlicher Weise aus den veränderten sozio-ökonomischen Bedingungen theoretisch abgeleitet wird"

Aber nicht nur eine veränderte Präferenzordnung von Werten ist verantwortlich für das Entstehen von selbstverwalteten Betrieben und Projekten, auch die verstärkt ab 1973/74 einsetzende Unterbeschäftigung hat ihren Anteil daran, d. h„ viele versuchen durch die Gründung oder Mitarbeit in einem selbstverwalteten Betrieb sich eine berufliche Überlebensperspektive zu eröffnen. Insofern lassen sich selbstverwaltete Betriebe heute, ebenso wie die früheren Genossenschaften, treffend als „Kinder der Not“ charakterisieren

III. Anmerkungen zur Begrifflichkeit

Bisher war die Rede von selbstverwalteten Betrieben, ohne daß geklärt wurde, was unter diesem Betriebstypus eigentlich zu verstehen ist. Eine genaue Abgrenzung und Charakterisierung scheint, betrachtet man die Vielzahl der in der Literatur verwendeten Definitionen, immer noch auf erhebliche Schwierigkeiten zu stoßen. Abweichungen entstehen besonders an der Stelle, wo es um die Frage geht, ob selbstverwaltete Betriebe eher zum formellen oder informellen Wirtschaftssektor (= Haushaltssektor) gehören.

Für Berger und Gretschmann sind die selbst-verwalteten Betriebe in ihrer Mehrzahl Teil der informellen Ökonomie bzw.der Schatten-wirtschaft Das zentrale Abgrenzungskriterium bei Berger ist der Arbeitsmarkt: Alle diejenigen Tätigkeiten, die nicht über den Arbeitsmarkt vermittelt werden, sind dem informellen Sektor zuzurechnen Im Verständnis von Berger erhalten die selbstverwalteten Betriebe ihren „Produktionsfaktor Arbeit“ nicht über den Arbeitsmarkt — sie sind daher Bestandteil der informellen Ökonomie

Gretschmann erblickt bei selbstverwalteten Betrieben eine hohe Autonomie und Selbständigkeit gegenüber dem Markt wie dem Staat — die Betriebe können deshalb nicht Teil der regulären Ökonomie sein

Demgegenüber kommt Teichert zu dem Resultat, daß „alternative Projekte und Betriebe... in einem Zwischenbereich von formellem und informellem Sektor, dem sogenannten intermediären Sektor, angesiedelt werden (müssen)“ Als Begründung führt er Markt-aktivitäten der Betriebe an.

Hier wird nun, in Abweichung zu den bisher vorgetragenen Positionen, die entgegengesetzte Auffassung vertreten: Selbstverwaltete Betriebe sind, wie andere Wirtschaftseinheiten auch, dem formellen Sektor zuzuordnen. Dafür spricht zunächst die Tatsache, daß die Betriebe marktbezogen arbeiten, d. h., sie beziehen die für die Produktion notwendigen Vorleistungen als Nachfrager am Markt (von fremden Wirtschaftseinheiten) und setzen ihre Güter ebenfalls über die jeweils relevanten Teilmärkte ab. Daraus resultiert: Ihr Angebot besteht ausschließlich aus privaten Gütern und Dienstleistungen. Es handelt sich demnach nicht um „den Bereich einer Volkswirtschaft, in dem Güter und Dienstleistungen, die aus subjektiver Sicht oder objektiven Gründen vom Markt und/oder Staat qualitativ, quantitativ ... nicht angemessen bereitgestellt werden, mit dem Ziel, bedarfs-oder erwerbswirtschaftliche Einkommens-und Nutzungseffekte für die Produzenten selbst oder für andere produziert und transferiert werden, ohne daß sie in die offizielle Wertschöpfung eingehen und somit dem Steuerzugriff unterliegen." Anders formuliert: Die wirtschaftlichen Aktivitäten der selbstverwalteten Betriebe werden vom Sozialprodukt erfaßt, sie liegen nicht außerhalb des formellen Wirtschaftssektors. Dieser Bereich gehört also im Sinne von Shankland zu den Cash-Sektoren in dem die „Leistungen nur gegen Bezahlung erbracht (und) auf dem Markt verkauft (werden)" und für den das Merkmal „working for money" durchaus zutrifft

Als Resultat läßt sich daher festhalten, daß die Aktivitäten der Betriebe nicht in den informellen bzw. Haushaltssektor fallen. Die Betriebe stellen vielmehr Stätten einer „ausgegliederten Hausproduktion“ dar. Insofern sind in einer solchen Perspektive auch keine Unterschiede zwischen traditionellen Betrieben und selbstverwalteten Betrieben auszumachen.

Differenzen werden an anderer Stelle sichtbar. So gehört im allgemeinen die „ökologische Orientierung" zum Zielsystem der Betriebe, d. h., die Betriebe beabsichtigen ihre Ertragssituation nicht dadurch zu verbessern, daß sie bestimmte Aufwendungen durch die kostenlose Inanspruchnahme der Umwelt externalisieren. Vielmehr liegt ihnen daran, die Umwelt als mögliches Aufnahmemedium für im Produktionsprozeß anfallende Kuppelprojekte (z. B. Abfälle) nicht zu benutzen. Mit einer solchen Zielvorgabe weichen die Betriebe von dem gängigen Zielsystem traditioneller Unternehmen ab Im Ümkehrschluß heißt dies jedoch nicht, daß schon alle selbstverwalteten Betriebe dieses „Ziel" erreicht hätten.

Neben diesen „Eigenarten" im Zielsystem unterscheiden sich die Betriebe von den traditionellen Einheiten hauptsächlich durch spezifische Formen des Arbeitens und Wirtschaftens. Dazu gehört einmal die Selbstverwaltung, d. h., die Betriebe sind bemüht, demokratische Entscheidungs-und Mitwirkungsstrukturen zu etablieren, und versuchen, jede formale Betriebshierarchie zu verhindern

Mit der Selbstverwaltung sind einige weitere Merkmale verbunden, mit deren Hilfe sich selbstverwaltete Betriebe treffend beschreiben lassen. Darunter fällt einmal die neutralisierte Eigentumsform. Entsprechend der Auffassung der Betriebe, daß jedes Selbstverwaltungssystem die Aufhebung des Privateigentums an dem Produktivkapital verlangt, sind sie bemüht, durch vertragliche Vereinbarungen das Verfügungsrecht über das Kapital zu neutralisieren Unter Neutralisierung des Kapitals wird in diesem Zusammenhang verstanden, daß es überhaupt keine Eigentumstitel an den Produktionsmitteln geben soll, weder individuell noch kollektiv, sondern daß sich der Betrieb gewissermaßen selbst gehört und die jeweilige Belegschaft treuhänderisch und verantwortlich darüber verfügt Beabsichtigt ist mit der Kapitalneutralisierung, daß „den individuellen Genußerwartungen des Kapitaleigentümers ein Schnippchen geschlagen (wird)" bzw. daß die Gewinn-und Macht-interesseneinzelner ausgeschlossen werden

Zum anderen versuchen sich die Betriebe am Rotationsprinzip zu orientieren. Mit der Rotation wird in erster Linie der regelmäßig stattfindende Personalaustausch innerhalb der Geschäftsführerebene (Ämterrotation) angestrebt Schließlich streben die Betriebe aus Gründen der Selbstverwaltungsfähigkeit und der Gewährleistung der Transparenz betrieblicher Prozesse an, eine bestimmte Größe nicht zu überschreiten (Primat der Dezentralität) Für sie ist also Selbstverwaltung mit der Beachtung bestimmter „sozialkritischer Grenzen" verbunden Zwei weitere, nicht direkt mit der Selbstverwaltung gekoppelte Unterscheidungsmerkmale sind erstens das Wirtschaften nach dem Kostendeckungsprinzip, d. h., die Betriebe erstreben keine Gewinne zur Maximierung der individuellen Einkommen der Mitarbeiter und zweitens das Bemühen, die geschlechtsspezifische und rollenbezogene Arbeitsteilung aufzuheben. Frauen sollen in den Betrieben die Möglichkeit erhalten, aus der Enge typischer Frauen-tätigkeiten auszubrechen; sie sollen gleichberechtigt an allen betrieblichen Funktionen partizipieren

IV. Arbeitsplatzeffekte der Alternativen Ökonomie

Entsprechend der o. a. Schätzdaten wurden von selbstverwalteten Betrieben in der Bundesrepublik bereits ca. 24. 000 Arbeitsplätze, zumeist in größeren Städten, geschaffen. Diese Zahl macht zwar deutlich, wie bescheiden der Arbeitsplatzeffekt des alternativ-ökonomischen Sektors ist — eben nicht mehr als der berühmte Tropfen auf den heißen Stein. Allerdings, so wirkungslos sind die Betriebe nun auch wieder nicht In einer Zeit wo sich die Arbeitslosenzahl in der Bundesrepublik hartnäckig über der Zwei-Millionen-Grenze hält und nicht mit einem „Durchschlagen der Selbstheilungskräfte des Marktes“ zu rechnen ist, hat jeder neue Arbeitsplatz seine beschäftigungspolitische Bedeutung — also auch die beschäftigungspolitischen „Tröpfchen" des alternativ-ökonomischen Sektors auf den überaus erhitzten Stein der Unterbeschäftigung. Hinzu kommt, daß eine allein den quantitativen Aspekt berücksichtigende Analyse dem tatsächlichen — qualitativen — Beschäftigungseffekt nicht gerecht wird. Dazu einige Bemerkungen:

Selbstverwaltete Betriebe haben bisher häufig Problemgruppen des Arbeitsmarktes aufgenommen, z. B. jüngere, für die vorgesehene Tätigkeit fachlich nicht ausgebildete Männer und Frauen (besonders auch Akademiker)

Damit leisteten die Betriebe einen — zahlenmäßig zwar bescheidenen — strukturellen Beitrag zur Verkleinerung eines viel beklagten Arbeitslosensegments: Sie schufen Arbeitsplätze für Leute, die entweder überhaupt noch keine Berufsausbildung absolviert haben oder über Erstqualifikationen verfügen, die in dieser Form zur Zeit aber nicht mehr oder nur in geringerem Umfang vom Beschäftigungssystem nachgefragt werden. Dabei kann angenommen werden, daß die zuletzt genannte Gruppe den wesentlich größeren Anteil in den Betrieben ausmacht. In gewissem Sinn sind selbstverwaltete Betriebe — wählt man eine saloppe Formulierung — „eigeninitiierte Berufsausbildungseinrichtungen", die über eine relativ hohe Ausbildungsintensität verfügen. Zuweilen befinden sich bis zu 90 % der Mitarbeiter in einer „betrieblichen Bildungsmaßnahme“, genauer: müssen noch für den jeweiligen Arbeitsbereich qualifiziert werden Dieser Tatbestand ist für den Arbeitsmarkt — besonders auch den kommunalen — nicht ganz ohne Bedeutung, ermöglicht er doch, daß seine Flexibilität ein wenig verbessert wird.

Abschließend ein letzter qualitativer Aspekt: Betriebe aus dem alternativ-ökonomischen Sektor wenden sich oftmals unmittelbar an das am Ort ansässige Arbeitskräftepotential. Das hängt auch damit zusammen, daß diese Betriebe überwiegend regional bezogen sind und sich zumeist aus lokalen Initiativen rekrutieren. Deshalb gilt: Nur ausnahmsweise werden hier Mitarbeiter aus dem Umland „importiert". Nachteilige Spill-over-Effekte für den (lokalen) Arbeitsmarkt werden im allgemeinen von selbstverwalteten Betrieben vermieden Trotz aller positiven Signalwirkungen der selbstverwalteten Betriebe für den Arbeits-markt darf nicht übersehen werden, daß diese mit allerlei (einzelwirtschaftlichen)

Problemen und Schwierigkeiten konfrontiert sind, die in Frage stellen, ob dieser neuartige Unternehmensbereich dauerhaft als innovatiBetriebe Arbeitsplatzbeschaffer fungieren kann.

V. Probleme der Alternativen Ökonomie

Im folgenden soll, trotz starker interdependenter Beziehungen, zwischen internen und externen betrieblichen Problemfeldern unterschieden werden. 1. Externe Problemfelder Von Bedeutung sind hier vor allem Finanzierungs-und Absatz-(Konkurrenz-) probleme.

Finanzierungsprobleme

Selbstverwaltete Betriebe haben erhebliche Schwierigkeiten, sich die für ihren Produktions-und Dienstleistungsprozeß erforderlichen Geldmittel zu beschaffen. Hierbei scheint es sich um ein altes Phänomen zu handeln; bereits die erste Generation von selbstverwalteten Betrieben — die frühgenossenschaftlichen Unternehmen — waren Opfer eines äußerst selektierenden Geld-und Kapitalmarktes. So kann man in dem Bericht einer Arbeiterproduktivgenossenschaft, die 1905 in Zürich gegründet wurde, lesen, daß „der Mangel an Kapital auch die Anschaffung moderner Maschinen (verhinderte), so daß man zu unrentabler, unrationeller Arbeitsweise gezwungen war“

Die Ursachen für die Defizite im Finanzierungsbereich sind vorwiegend, wenn auch nicht ausschließlich, das Resultat von Eigenkapitalmangel, einer ungenügenden persönlichen Kreditwürdigkeit und eines sogenannten Risikokapitalbedarfs. Der Eigenkapital-mangel ist sowohl auf die Schwierigkeiten der Betriebe bei der Selbstfinanzierung als auch auf die Unmöglichkeit der Beteiligungsfinanzierung zurückzuführen. Selbstfinanzierung bedeutet dabei immer eine Finanzierung aus Profiten. Gerade diese Profite werden aber aufgrund zahlreicher Ineffizienzen und Benachteiligungen — siehe auch die folgenden Punkte — gegenwärtig nur selten von den Betrieben erwirtschaftet.

Die Beteiligungsfinanzierung wendet sich dagegen an die Unternehmer bzw. bei einem kooperativ geführten Betrieb an die einzelnen Kollektivmitarbeiter Sie sollen hier durch die (zusätzliche) Übernahme von Beteiligungen das Eigenkapital erhöhen. Voraussetzung für ein solches Verfahren sind Ersparnisse der Mitarbeiter. Diese sind jedoch nur ausnahmsweise vorhanden. Das liegt daran, daß Mitarbeiter aufgrund durch Ar die der häufig -beitslosigkeit gekennzeichneten Situation vor ihrer Betriebszugehörigkeit und infolge geringer Lohn-und Gehaltszahlungen während ihrer Betriebszugehörigkeit fast keine Sparmöglichkeiten besitzen und von daher auch kein Kapital in die Unternehmung einbringen können.

Schwierigkeiten bei der Eigenkapitalbeschaffung können nun aber nicht isoliert betrachtet werden; von ihnen gehen bekanntlich Wirkungen auf die Fremdfinanzierung aus, d. h., geringe Eigenkapitalanteile (im Verhältnis zum Gesamtkapital) verringern den Fremdfinanzierungsspielraum, hohe Anteile erhöhen diesen. Damit ist schon angedeutet, daß wie bei der Selbst-und Beteiligungsfinanzierung auch bei der Fremdfinanzierung mit erheblichen Restriktionen zu rechnen ist Neben der mangelnden Eigenkapitalausstattung sind es aber vor allem die persönliche Kredit-prüfung der Geldgeber/Banken und die Prüfung des Risikokapitalbedarfs, die hier „finanzierungshemmend“ wirken.

Im Rahmen der persönlichen Kreditprüfung zweifeln die Banken an der ökonomischen Seriosität der selbstverwalteten Betriebe. Verantwortlich für diese Einschätzung sind weit-gehend die unter dem Stichwort Selbstverwaltung genannten demokratischen Entscheidungsstrukturen der Betriebe. Damit verfügen diese Betriebe über ein innerbetriebliches Organisationssystem, das den Vetretern von Banken ungewohnt ist Ergebnis ist hier, daß selbstverwaltete Betriebe zur Zeit nur ungern als Kreditnehmer akzeptiert werden.

Erschwerend kommt bei der Fremdfinanzierung noch der Tatbestand hinzu, daß die Betriebe häufig sogenanntes Risikokapital benötigen. Das folgt schon aus dem Zusammenhang, daß zahlreiche Betriebe der Alternativen Ökonomie versuchen, in Marktlücken zu stoßen, um so die Erfolgschancen zu erhöhen und um der Konkurrenz mit traditionellen Anbietern zu entgehen. Marktlücken beinhalten aber auch große Unsicherheiten — es ist nicht absehbar, ob sich das neue Produkt bzw. die Dienstleistung durchsetzen wird. Insofern ist auch das von den Betrieben eingesetzte Kapital mit einem Verlustrisiko behaftet. Dieses Risiko schreckt die Kapitalgeber/Banken ab.

Absatzprobleme Ein weiteres betriebliches Problemfeld stellt die Absatzschwäche und die damit einhergehende Konkurrenzschwäcbe dar. Allerdings ist es an dieser Stelle notwendig, zwischen zwei Typen von selbstverwalteten Betrieben zu differenzieren: Da sind zunächst einmal Unternehmen, die sich — wie schon oben erwähnt — in einer Marktlücke angesiedelt haben und — jedenfalls vorübergehend — über eine lokal beschränkte Monopolposition auf dem relevanten Teilmarkt verfügen Beispiele für Marktsegmente, die von selbstverwalteten Betrieben erschlossen bzw. wieder erschlossen wurden, sind solche Bereiche wie Naturkostwaren (Biobäckereien, Bioläden), Altwarenmärkte (Textilien, Möbel, Papier, Glas etc.), Naturtextilien (Lederschneidereien, Naturwolle, Wollspinnereien, Färbereien), Möbelaufarbeitung (Restauration), Holzbearbeitung (Drechslereien, Kunsttischlereien), kleinindustrielle Produktion (wie Herstellung von Windkraftanlagen, neuartigen Behindertenfahrstühlen, biologischen Dämmaterialien) usw.

Die Tatsache, daß sich eine Gruppe von selbstverwalteten Betrieben in einer lokal beschränkten Monopolposition befand bzw. noch befindet, lockte natürlich andere Anbieter an. So ist zu beobachten, daß in den vergangenen zwei bis drei Jahren sich verstärkt traditionelle Unternehmen bemüht haben, Teilmärkte zu erobern, auf denen bisher vorwiegend selbstverwaltete Betriebe als Anbieter auftraten. Insbesondere in den Marktsegmenten Naturkostwaren, Naturwolle und -Stoffe findet gegenwärtig ein Verdrängungswettbewerb statt. Dadurch haben sich natürlich für die selbstverwalteten Betriebe (hauptsächlich aus dem Handelsbereich) die Markt-und Konkurrenzbedingungen verschlechtert. Davon zu trennen ist eine andere Gruppe von selbstverwalteten Unternehmen: Sie bieten Produkte und Dienstleistungen an, die meist flächendeckend auf dem Markt eingeführt sind, wie bestimmte handwerkliche Dienstleistungen (z. B. Kfz-Reparatur, Installation, Elektro-und Malerarbeiten), sonstige Dienstleistungen (z. B. Entrümpelungen, Schreib-dienste, Architektur-und Ingenieurbüros), Druckereierzeugnisse etc. Betriebe mit einem solchen Angebot haben von Anfang an im Absatzbereich Probleme; es fällt ihnen schwer, sich gegenüber der Konkurrenz am Markt zu behaupten. „Politisches Marketing“

Allerdings haben diese Unternehmen in der Vergangenheit zum Teil erfolgreich versucht, die Absatzschwäche mit Hilfe der Produktdifferenzierung und des „politischen Marketings“ zu beseitigen. Die Produktdifferenzierung wurde dabei zumeist über eine Modifizierung der Produktqualitäten mit Hilfe eines neuartigen Serviceangebotes realisiert. Ein typisches Beispiel stellt hier die Einführung von Selbsthilfetagen durch selbstverwaltete Handwerksbetriebe dar Bedeutender als die Produktdifferenzierung ist aber das „politische Marketing“. Am erfolgreichsten hat sich diese absatzpolitische Strategie bei den Dritte-Welt-Läden bzw. bei der flächendekkend geführten Kampagne „Kaffee aus Nicaragua" bewährt. Aber auch die in jüngster Zeit unternommenen Bemühungen, ein Markenzeichen für selbstverwaltete Betriebe zu schaffen, laufen in diese Richtung Insgesamt ist aber zu beachten, daß das erwähnte absatzpolitische Instrumentarium für die Betriebe nicht nur Mittel zum Zweck ist, sondern sich sachlogisch aus den von ihnen verfolgten Arbeits-und Wirtschaftsgrundsätzen (wie ökologische Orientierung, Selbstverwaltung, Selbsthilfe etc.) ergibt 2. Interne Problemfelder Erhebliche Beeinträchtigungen resultieren aus Verteilungs-, Management-, Rechtsform-und Organisationsproblemen.

Verteilungsprobleme Bei dieser Restriktion handelt es sich um eine interne Hürde mit viel Explosivkraft. Sie resultiert einerseits aus den heterogenen Kooperationsbeiträgen, die naturgemäß von den Mitgliedern geleistet werden, und andererseits aus dem damit einhergehenden Problem, das Betriebs-bzw. Kooperationsergebnis — in Form monetärer und nicht-monetärer Leistungen konsensfähig verteilen. — zu

Diese Schwierigkeiten treten in ganz unterschiedlichen Varianten zutage. Von nahezu „klassischem Zuschnitt" ist in diesem Zusammenhang der Verteilungskonflikt zwischen qualifizierten und weniger qualifizierten Mitarbeitern. Ein Kollektivmitglied faßt seine Erfahrungen so zusammen: „Wie ich es erlebt habe, bedeutet Kollektivarbeit... ein wesentlich höheres Auspowern der höher Qualifizierten und ein Kaputtmachen. Umgekehrt: je unqualifizierter jemand ist, um so besser ist jemand dran. Wenn etwas passiert, dann sind die regelrecht privilegiert. Die, die nur Hilfsarbeit leisten, die haben einen geregelten Arbeitstag. Dagegen haben die Qualifizierten, die sich möglicherweise noch in verschiedenen Arbeitsbereichen engagieren, ihre 60 bis 70 Stunden wöchentliche Arbeitszeit Alles unter dem Anspruch Gleichheit und Einheitslohn.“ Der geschilderte Konflikt zeigt, daß in puncto Leistungsbeitrag und Leistungsentgelt kein angemessener Ausgleich stattfindet, über kurz oder lang wird das Problem wohl nur so zu lösen sein, daß man vom Modell der Einheitslohnvergütung Abstand nimmt und zu anderen — leistungsgerechte-ren — Entlohnungsformen kommt

Eine andere Ebene des Verteilungskonfliktes läßt sich treffend mit den divergierenden „Persönlichkeitsinteressen" (Letschert) der Mitarbeiter umschreiben. In den Betrieben gibt es zunächst einmal eine Gruppe von Mitarbeitern, die „nur repressionsfrei arbeiten (wollen), möglichst keinen Chef. Die haben ganz negative Erfahrungen aus normalen Betrieben. Die wissen genau, was sie nicht wollen — aber auch nur wissen, was sie nicht wollen“ Auf der anderen Seite ist eine Gruppe von Mitarbeitern, die danach streben, anspruchsvollere und verantwortungsvollere Arbeiten zu verrichten. Das sind „die Leute mit politischen Vorstellungen über Kollektive, Leute mit Ideen und Träumen Daß diese heterogenen Gruppen bzw. ihre unterschiedlichen Persönlichkeitsinteressen aufeinanderprallen müssen, ist auch den Mitarbeitern von selbstverwalteten Betrieben klar: „... diese beiden Typen treffen im Kollektiv aufeinander. Und das klappt nicht“

Die hier nur grob angeschnittenen Verteilungsprobleme machen deutlich, daß die Betriebe noch weit von „gleichberechtigten Kooperationsbeziehungen“ entfernt sind.

Kollektives Management Neben diesen Verteilungskonflikten existieren Schwierigkeiten mit der kollektiven Betriebsführung. Oft wird darüber geklagt, „daß die Meinungsbildung (im Betrieb) durch die Vielfalt der Standpunkte zu langwierig, konflikterzeugend und zu wenig sachbezogen war (und) daß Entscheidungen mehrdeutig und ohne Gesamtüberblick zustande kamen oder verschoben wurden" In der Tat ist es so, daß die Betriebe beim Aufbau einer funk-, tionstüchtigen gemeinschaftlichen Leitung mit zahlreichen Problemen konfrontiert sind. Dazu gehören einmal inner-und außerbetriebliche Informationsrestriktionen.

Jede kollektive Leitung ist auf ein Höchstmaß an Kommunikation angewiesen, also auf einen reibungslosen Informationszufluß. Allerdings wird dieser hohe Informationsgrad bisher nur selten in den Betrieben erreicht (innerbetriebliche Restriktion). Außerdem können die Betriebe bei Lenkungsproblemen nur beschränkt auf externe Informationsquellen zurückgreifen, da es nur wenige qualifizierte Informations-und Beratungsangebote für diese Einheiten gibt (externe Restriktion). Zum anderen fehlt den Mitarbeitern von selbstverwalteten Betrieben die Qualifikation und Erfahrung für die kollektive Leitung.

Zunächst gibt es für die zu installierende gemeinschaftliche Führungsstruktur nur wenige Vorbilder, die noch keine verallgemeinerbaren Aussagen für das Ziel „kollektives Management" bzw.den Weg dorthin enthalten. Außerdem widersprechen die gelernten Verhaltens-und Entscheidungsweisen der Mitarbeiter dem Wert-und Normensystem kollektiver Unternehmen so daß die Defizite im Lenkungsbereich auch zum großen Teil „sozialisationsbedingt" sind.

Rechtsformspezifische Probleme Selbstverwaltete Betriebe wollen sämtliche internen Betriebsprozesse demokratisieren (Selbstverwaltung) und ihr Kapital neutralisieren. Bei dem Versuch, dieses unternehmenspolitische Konzept juristisch abzusichern, stoßen die Betriebe auf zahlreiche rechtsformspezifische Probleme.

Zunächst zur Selbstverwaltung: Das deutsche Gesellschaftsrecht bietet von der offenen Handelsgesellschaft (oHG) bis zur Aktiengesellschaft (AG) keine Rechtsform an, die erlaubt, die Selbstverwaltung auf Dauer rechtsverbindlich in den Unternehmensverfassungen (Satzungen) zu verankern; alle demokratischen Elemente einer Satzung können, völlig unabhängig von der Unternehmensform, durch einen Beschluß der Gesellschafter-(Mitarbeiter-) Versammlung revidiert werden Nachteilig ist weiter, daß die speziell für demokratisch geführte Unternehmen vorgesehene Rechtsform der eingetragenen Genossenschaft weitgehend ungeeignet ist. So sieht § 27 Abs. 1 Nr. 1 GenG vor, daß der Vorstand der Genossenschaft die Geschäfte in eigener Verantwortung zu führen hat was im Umkehrschluß zur Einschränkung der Rechte der Generalversammlung und zu hierarchischen Entscheidungsstrukturen führt Aber auch bei der Kapitalneutralisierung gibt es Probleme: Das Gesellschaftsrecht kennt auch hier keine Eigentumsform, die auf neutralisiertem Eigentum aufbaut, vielmehr wird in den verschiedenen Normen zu den einzelnen Rechtsformen konsequent von den privaten Verfügungsrechten über das Produktivvermögen ausgegangen Das gilt in unverminderter Schärfe auch für die Genossenschaft. § 73 GenG schreibt zwingend vor, daß das Geschäftsguthaben bei Kündigung zurückzuzahlen ist.

Eine Durchbrechung der einzelnen Rechtsformen in Richtung Kapitalneutralisierung durch spezielle Vereinbarungen in den Gesellschaftsverträgen unter Ausnutzung der Vertragsfreiheit ist nicht unter allen Umständen dauerhaft durchzusetzen, weil diese Fixierungen — wie weiter oben schon ausgeführt — zu jedem Zeitpunkt durch einen entsprechenden Gesellschafterbeschluß rückgängig gemacht werden können . Alles in allem bleibt der Eindruck, daß es keine selbstverständliche Form für das Bedürfnis nach neutralisiertem, ausschließlich der Verwirklichung kollektiver Unternehmensinteressen dienendem Eigentum gibt."

Das Fehlen einer passenden Rechtsform für selbstverwaltete Betriebe führt zu Konflikten und ökonomischen Instabilitäten. Sehr deutlich werden diese Probleme z. B. bei Austritten, wenn Fragen nach der Rückzahlbarkeit von Geschäftsanteilen, nach der Verzinsung oder nach den evtl, noch bestehenden Mitspracherechten des Ausscheidenden usw. beantwortet werden müssen

Organisationsprobleme Schließlich haben die Betriebe erhebliche Probleme bei der Etablierung von angemessenen Organisations-und Koordinationsstrukturen-. Die äußerlichen Kennzeichen dieser Schwierigkeiten sind zur Genüge bekannt, so z. B. nicht eingehaltene Lieferfristen und Produktqualitäten, Minderung des Outputs sowie eine zunehmende Kostenbelastung. Als Erklärung für diese Defizite bietet sich folgende Überlegung an: Selbstverwaltete Betriebe sind a priori — im Gegensatz zu traditionellen Einheiten — mit sehr speziellen Schwierigkeiten konfrontiert. Zum einen sind sie gezwungen, mit der Selbstverwaltung kompatible Produktionsstrukturen zu entwikkeln, für die es keine Nachahmungsmöglichkeiten gibt, d. h„ ein Rückgriff auf Erfahrungen ist ausgeschlossen. Zum anderen befinden sich diese Betriebe häufig noch in der Startphase; die Massierung von Problemen ist also natürlich.

Zu diesen Überlegungen gehört auch, daß der Produktionsprozeß von Seiten der Personal-ausstattung speziellen Belastungen ausgesetzt ist, d. h., es existieren Qualifikationsund Erfahrungsdefizite der Mitarbeiter. Das Wirksamwerden dieser Restriktionen ist zwingender Natur: Die Betriebe werden, wie schon erwähnt, häufig von Leuten gegründet und geführt, die aufgrund von Arbeitsmarkt-problemen keine Chance hatten, eine entsprechende Fachqualifikation bzw. Berufserfahrung vor dem Eintritt in den alternativen Sektor zu erwerben, oder die über Erstqualifikationen verfügen, die abseits von den in den Betrieben geforderten und ausgeübten Berufs-und Arbeitsfeldern liegen.

VI. Problemlösungsmodelle für die Alternative Ökonomie

Nachdem die bescheidenen Entlastungswirkungen der selbstverwalteten Betriebe für den Arbeitsmarkt, aber auch deren Probleme dargestellt wurden, taucht die Frage auf, wie diesen Unternehmen mit Hilfe der Wirtschaftspolitik oder sonstigen Maßnahmen geholfen kann. Nachfolgend werden werden nun einige Lösungsstrategien erörtert, die zum Teil schon verwirklicht wurden, so daß auf realisierungsfähige Ansätze verwiesen werden kann. Zum großen Teil beziehen sich die Konzepte auf den Finanzierungsbereich hier bzw. auf die bestehenden Probleme. Der Grund für diese Schwerpunktsetzung ist betriebswirtschaftlicher Natur: Die Finanzierung hat innerhalb des gesamten Betriebsgeschehens eine zentrale Bedeutung — ohne ausreichende Geldmittel kommt keine ökonomische Aktivität zustande!

Zu den Modellen im einzelnen:

Die erörterten Finanzierungshemmnisse lassen sich zum großen Teil durch die Bereitstellung von zuverlässigen Kreditsicherheiten beheben. Allerdings können die Betriebe diese Kreditsicherheiten nicht selber zur Verfügung stellen. Es sind vielmehr Hilfen von außen notwendig. Dies kann auf unterschiedliche Weise geschehen:

Haftungsassoziation In Berlin wurde zu diesem Zweck eine Haftungsassoziation (= Kreditgarantiegemeinschaft bzw. Bürgschaftsbank für selbstverwaltete Betriebe) gegründet. Die Assoziation, die eine kooperative/genossenschaftliche Selbsthilfeeinrichtung der Betriebe ist, hat die Aufgabe, immer dann, wenn Sicherheitslücken bei den Betrieben auftreten, Bürgschaften an private und institutionelle Kapitalgeber zu vergeben. Träger der Haftungsassoziation sind die selbstverwalteten Betriebe und externe Förderer.

In Berlin haben die Evangelische Landeskirche und Berliner Senat Rolle der externen die Förderer übernommen. Dabei wurde folgende Rollenverteilung vereinbart: a) Die Evangelische Landeskirche stellt das notwendige Eigenkapital in von 1 DM Höhe Mio. zur Gründung der Haftungsassoziation bereit; b) der Berliner Senat übernimmt im Rahmen eines Modellvorhabens Rückbürgschaften zugunsten der Haftungsassoziation. Vereinbart wurde in diesem Zusammenhang ein Rückbürgschaftsvolumen von 5 Mio. DM für die ersten Geschäftsjahre.

Diese in Berlin verfolgte Strategie ist auch in anderen Regionen auf Interesse gestoßen, so in Hessen. Hier wird gegenwärtig ebenfalls an der Gründung einer Sicherungseinrichtung mit staatlicher Beteiligung gearbeitet.

Beteiligungsgesellschaften Eigenkapitalmangel und Risikokapitalbedarf als weitere typische Negativmerkmale des Finanzierungsbereichs von selbstverwalteten Betrieben führen, wie erörtert, zur Zurückhaltung der Financiers und damit zu Finanzierungsrestriktionen. Diesem auch im traditionellen Sektor nicht unbekannten Phänomen wurde in anderen europäischen Ländern (Frankreich, Belgien, Österreich) durch die Kapitalisierung von Arbeitslosengeldzahlungen an Neugründer von selbstverwalteten Betrieben (im weiteren Sinne: lokalen Beschäfti-B gungsinitiativen) begegnet Da nicht zu erwarten ist, daß in absehbarer Zeit auch in Deutschland ein vergleichbares Förderungsinstrument — auf Bundesebene — geschaffen wird sind vorerst nur private Lösungen, die u. U. von einer unteren staatlichen Ebene (z. B. Kommunen) mit unterstützt werden, denkbar. Sie könnten so aussehen, daß sich die betroffenen Betriebe zum Zwecke ihrer Eigenkapitalversorgung an die Initiierung einer sogenannten Beteiligungsgesellschaft wagen. Diese Beteilungsgesellschaft hätte die Funktion — anstelle kapitalisierter Transfer-zahlungen —, Haftungsmittel bzw. Risikokapital in Form von (stillen) Beteiligungen zur Verfügung zu stellen. Da die Beteiligungsgesellschaft ein altbekanntes Finanzierungsinstrument aus dem vielseitigen Förderungskorb der staatlichen Mittelstandsförderung ist, könnten die Initiatoren bei der Realisierung eines solchen Vorhabens u. U. auch auf die Hilfe von Bund und Ländern zählen: Sie gewähren solchen Institutionen seit Jahren zahlreiche Hilfen (auf Bundesebene: ERP-Haftungsfondsdarlehen und Refinanzierungen für Beteiligungen). Für die staatlichen Förderungsinstanzen könnte die Unterstützung einer Beteiligungsgesellschaft für den Selbstverwaltungssektor aufgrund der von ihr möglicherweise ausgehenden expansiven Beschäftigungseffekte zudem äußerst reizvoll sein.

Kreditvermittlungen für selbstverwaltete Betriebe Zur Lösung der Finanzierungsprobleme der Alternativen Ökonomie wurden auch private Initiativen gestartet: Es entstanden soge-nannte Direktvermittlungen für selbstverwaltete Betriebe. Aufgabe dieser Vermittlungen ist, bei Umgehung des institutionellen Geld-und Kapitalmarktes direkt zwischen privaten Kapitalanbietern und Kapitalnachfragern ein Anlage-und Finanzierungsgeschäft zustande zu bringen. Diese Kreditvermittlungen, die zur Zeit in Berlin, Freiburg, München, Stuttgart, Nürnberg und Frankfurt (im Aufbau) existieren und die im Prinzip ihre Klientel an den Banken „vorbeifinanzieren", konnten relativ erfolgreich operieren: Allein in Berlin wurden im letzten Jahr (1984) von der Kredit-vermittlung rund 1 Mio. DM in Form kurz-und mittelfristiger Kredite (Laufzeit zwischen 2 und 6 Jahren) mit Zinssätzen zwischen 3 und 5% an selbstverwaltete Betriebe vermittelt. Externes Beratungsangebot Die Betriebe sind nicht nur mit Finanzierungsrestriktionen belastet. Beeinträchtigungen gibt es — darauf wurde hingewiesen — auch im innerbetrieblichen Bereich. Ihnen kann wahrscheinlich in der jetzigen Phase am wirkungsvollsten nur mit einem externen Beratungsangebot begegnet werden (z. B. Beratung bei Managementfragen, bei der Koordination und Organisation der Produktionsprozesse etc.), üblicherweise werden solche Angebote von diversen Förderungs-und Standesorganisationen der privaten Wirtschaft (wie Industrie-und Handelskammer, Handwerkskammer, Fachverbände), Ämtern und Gesellschaften für Wirtschaftsförderung und Unternehmensberatern zur Verfügung gestellt Dieses Angebot erreicht aber nicht den alternativen Sektor. Das hängt damit zusammen, daß selbstverwaltete Betriebe in der Regel traditionellen Beratungseinrichtungen mißtrauen — und dies weitgehend zu Recht. Nur selten verfügen diese Institutionen über detaillierte Kenntnisse einer „selbstverwalteten Betriebswirtschaft" und den ihr inhärenten Problemen; daher sind sie auch nicht in der Lage, für die verschiedenen betrieblichen Schwachstellen adäquate Lösungen anzubieten.

Auf der letzten EG-Anhörung zum Schwerpunkt „lokale Beschäftigungsinitiativen" im Februar 1985 in Bremen wurde deutlich auf diese Angebotslücke hingewiesen: Von den betroffenen Betrieben wurden Berater gefordert, die über „Selbstverwaltungswissen" verfügen, bzw. in dem zur Tagung herausgegebenen Materialienband fand sich die Formulierung, daß für solche Aufgaben nur Personen mit „spezifischer Betriebserfahrung" akzeptierbar sind Die berechtigten Vorbehalte der Betriebe gegenüber traditionellen Beratungseinrichtungen und die bereits erwähnte Beratungslücke führte in den letzten Jahren dazu, daß sich zahlreiche „alternative Beratungsgruppen und -Projekte“ im Bundesgebiet bildeten (z. B. „Wirtschaftswunder" in Frankfurt, „Stattwerke" in Berlin, Beratungsgruppen bei den regionalen Netzwerken in Bremen, Hamburg, Freiburg usw.). Allerdings sind diese Gruppen und Initiativen noch nicht in der Lage, ein umfassendes und qualifiziertes Beratungsangebot für selbstverwaltete Betriebe bereitzustellen. Dazu fehlt die personelle Ausstattung mit „heterogener Sachkompetenz", die sie aufgrund geringer Erlöse aus der Beratungstätigkeit nicht finanzieren können.

Da die fundierte und umfassende Beratung von selbstverwalteten Betrieben aber dennoch eine elementare Voraussetzung für die Stabilisierung und Verbreitung dieser Einheiten ist, sollten die staatlichen Instanzen (Kommunen, Länder usw.) hier ihre Förderungsüberlegungen anbringen, indem sie prüfen, ob sie die im alternativen Sektor errichteten Beratungsinstanzen in eine Förderungspolitik für diesen Sektor einbinden und ihnen Hilfen zur besseren Aufgabenerfüllung zur Verfügung stellen bzw. ihnen bei der Ausstattung mit heterogener Sachkompetenz finanziell und personell helfen. Sie würden damit dem Beispiel anderer Länder folgen. Exemplarisch seien hier die sehr erfolgreichen Modelle aus England und Kanada angeführt. In England beteiligen sich die öffentlichen Instanzen (insbesondere die Kommunen) an den sogenannten Enterprise Agencies (Unternehmensbüros) für lokale Beschäftigungsinitiativen bzw.der Stadtrat von London an der mittlerweile sehr bekannt gewordenen Beratungsinstanz „Greater London Enterprise Board". In Kanada unterhalten die Staatsbehörden sehr enge Beziehungen zu den „Development Boards", die ebenfalls als Beratungsinstanz für lokale Beschäftigungsinitiativen geschaffen wurden.

Selbstverwaltetes Gründerzentrum Der Staat könnte selbstverwaltete Betriebe aber auch dadurch unterstützen, indem er ihnen unentgeltlich oder zu einem geringen Mietzins Gebäude und Grundstücke bereitstellt oder/und Maßnahmen zur Verbesserung ihrer Verwaltungsinfrastruktur (EDV, Sekretariat) ergreift. Beide Förderungsinstrumente würden im Prinzip auf ein . ^Alternatives/selbstverwaltetes Gründerzentrum“ hinauslaufen (Vorteil: Verringerung der Anlauf-kosten, Reduzierung des Kapitalbedarfs für das Umlaufvermögen, Schaffung der räumlichen Kapazitäten zur Realisierung neuer Projektvorhaben).

Obwohl die Alternative Ökonomie derzeit eine geringe volkswirtschaftliche Bedeutung hat, sollte nicht übersehen werden, daß in diesem Sektor wertvolle Beschäftigungspotentiale schlummern, die durch eine adäquate Förderungspolitik bzw. durch die erwähnten Problemlösungsmaßnahmen aktiviert werden könnten. Zum Teil wurde dies in der wirtschaftswissenschaftlichen und wirtschaftspolitischen Fachdiskussion auch schon entsprechend gewürdigt. So verweist der Sachverständigenrat in seinem diesjährigen Gutachten auf die positiven Arbeitsmarkteffekte der selbstverwalteten Betriebe und einige Bundesländer — Berlin und Bremen 59) — haben diesen Sektor schon in ihren förderungspolitischen Maßnahmenkatalog miteinbezogen. Es bleibt zu hoffen, daß sich diese Bemühungen fortsetzen und verbreitern.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Vgl. Peter Grottian/Marlene Kück, 10 000 Arbeitsplätze im Selbsthilfe-und Alternativsektor sind nur durch neue Finanzierungsstrategien realistischl, in: Peter de Gijsel/Hans-Günther Seifert-Vogt (Hrsg.), Schattenwirtschaft und alternative Ökonomie, Regensburg 1984, S. 227, und Henrik Kreutz/Gerhard Fröhlich/Dieter Maly, Die Bedeutung alternativer Tätigkeitsfelder und Tätigkeitsverläüfe für den Arbeitsmarkt (IAB-Projekt 4-280-A), Nürnberg 1983.

  2. Differenzierte Daten gibt es auch für Nordrhein-Westfalen. Vgl. dazu Wollgang Beywl/Hartmut Brombach/Matthies Engelbert, Alternative Betriebe in NRW (Druckschrift des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales NRW), o. O. 1984; Johannes Berger/Volker Domeyer/Maria Funder/Lore Voigt-Weber, Informeller Sektor und Alternative Ökonomie (Arbeitsberichte und Forschungsmaterialien Nr. 7 der Fakultät für Soziologie der Uni Bielefeld), Bielefeld 1984.

  3. S. Peter Ludwig Berger u. a„ Das Unbehagen in der Modernität. Frankfurt/M. 1975.

  4. S. Joachim Raschke, Politik und Wertewandel in den westlichen Demokratien, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 30/80, S. 23 bis 45.

  5. Die These der Verstärkung von postmaterialistischen Orientierungen besonders als Folge eines steigenden materiellen Wohlstandes findet sich auch bei Ronald Inglehart, Lebensqualität: Eine Generationsfrage, in: Psychologie, (1979) 9, S. 22 bis 29.

  6. S. Adalbert Evers/Zoltan Szankay, Was entsteht mit den neuen sozialen Bewegungen? Fünf Thesen zu den Versuchen, sich davon einen Begriff zu machen, in: Peter Grottian/Wilfried Nelles (Hrsg.), Großstadt und neue soziale Bewegungen, Basel u. a. 1983, S. 25. Diese Einschätzung teilt auch Jürgen Habermas, Theorie des kommunikativen Handelns, Band 2: Zur Kritik der funktionalistischen Vernunft, Frankfurt/M. 1981.

  7. Vgl. Rudolf Bahro, Elemente einer neuen Politik, Berlin 1980.

  8. S. Peter Grottian/Rolf Paasch, Arbeitslose: Von der gesellschaftlichen Randgruppe zum politischen Faktor? Einige Hypothesen zur zukünftigen Entwicklung der Interessenvertretung von Arbeitslosen, in: Wolfgang Bonß/Rolf G. Heinze (Hrsg.), Arbeitslosigkeit in der Arbeitsgesellschaft, Frankfurt/M. 1984, S. 341.

  9. Vgl. Georg Draheim, Die Genossenschaft als Unternehmenstyp, Göttingen 1955.

  10. Vgl. Johannes Berger, Zur Zukunft der Dual-wirtschaft, in: Frank Benseler u. a. (Hrsg.), Zukunft der Arbeit, Eigenarbeit, Alternativökonomie, Hamburg 1982, S 103.

  11. Ebenda, S. 101 ff. — Hier stellt sich aber auch die Frage, was von Berger unter Arbeitsmarkt verstanden wird. Etwa nur derjenige, bei dem die Bundesanstalt für Arbeit als Mittler eingeschaltet ist?

  12. Klaus Gretschmann, Wirtschaft im Schatten von Markt und Staat, Frankfurt/M. 1983, S. 21. Dieses Kriterium von Gretschmann kann jedoch nicht überzeugen, da die Marktverbundenheit der selbst-verwalteten Betriebe empirischen Untersuchungen zufolge relativ hoch ist. Vgl. Christian Personn/Oscar Tiefenthal, Strukturprobleme alternativer Ökonomie, in: Peter de Gijsel/Hans-Günter Seifert-Vogt (Hrsg.), (Anm. 1), S. 118; Michael Wörle, Bedeutung alternativer Betriebe in der Bundesrepublik, in: Peter de Gijsel/Hans-Günther Seifert-Vogt (Hrsg.), (Anm. 1), S. 204— 220.

  13. S. Volker Teichert, Das Modell der dualen Ökonomie. Möglichkeiten und Grenzen für ökologisch orientiertes Wirtschaften, in: Projektgruppe ökologische Wirtschaft (Hrsg.), Arbeiten im Einklang mit der Natur. Bausteine für ein ökologisches Wirtschaften, Freiburg 1985, S. 311.

  14. Damit verletzen sie im Sinne von Thiemeyer ein Kriterium von Betrieben der „Selbsthilfewirtschaft". Vgl. Theo Thiemeyer, Selbsthilfe und Selbsthilfe-betriebe aus ökonomischer Sicht, in: Bernhard Badura/Christian von Ferber (Hrsg.), Selbsthilfe und Selbstorganisation im Gesundheitswesen — Die Bedeutung nicht-professioneller Vorsorge und die Kostenentwicklung im Gesundheitswesen, München-Wien 1981, S. 20.

  15. S. Klaus Gretschmann/Rolf G. Heinze, Schatten-wirtschaft — Politischer Stellenwert und ökonomische Funktion in der Wirtschaftskrise, in: Mehrwert, Nr. 23, 1982, S. 129.

  16. Vgl. G. Shankland, Our Secret Economy (Veröffentl.der Anglo-German-Foundation for the Study of Industrial Society), Bonn, o. J„ S. 15.

  17. S. Hans E. Maier, Alternative Ökonomie als Ausweg aus der Krise?, in: Michael Lezius (Hrsg.), Fördert unsere Gesellschaft den Zerfall? Unternehmen geben in der Krise Antwort, Spardorf 1983, S. 69.

  18. Vgl. Jonathan Gershuny/P. E. Pahl, Work Outside Employment: Some Preliminary Speculations, in: New Universities Quarterly, Nr. 34, S. 128.

  19. Die Zielvorgabe „ökologische Orientierung“ hat in der Literatur große Beachtung gefunden und ist mit dem Etikett „soziale Nützlichkeit selbstverwalteter Betriebe" belegt worden. Vgl. dazu Joseph Huber, Wer soll das alles ändern, Berlin 1981, S. 126; Steven Goldner/Marianne Kokigei, Stolpernd unterwegs, Berlin 1982, S. 21; Walter Hollstein/Boris Penth, Alternativprojekte, Reinbek 1980, S. 9. Maier schreibt: „Mit Einschränkung das wichtigste Kriterium für ein . alternatives Projekt'ist, ob ein Projekt Einfluß nimmt, wie produziert wird, damit die drängenden Probleme der Industriegesellschaft bewältigt werden." Hans E. Maier, Qui sont les nouveaux entrepreneurs en Allemagne Föderale? Minorit d'exclus ou minorit d'avant-garde?, in: Futuribles, Heft 49, 1981 (deutsche Fassung), S. 8.

  20. Vgl. dazu die Volks-und betriebswirtschaftlichen Modellrechnungen in den allgemein anerkannten Lehrbüchern.

  21. Oder wie Huber formuliert: „Zwischen den festen Mitgliedern eines Projektes (besteht) eine von ihnen festgelegte bzw. bestätigte und auch von außen nachvollziehbare Kompetenz-und Entscheidungsstruktur, die allen Beteiligten gleichberechtigte Teilnahme an Entscheidungen und Mitwirkung bei ihrer Verwirklichung erlaubt" S. Joseph Huber (Anm. 19), S. 126.

  22. Vgl. Kommission für ein neues Wirtschaftskonzept der SPS: Aus den Thesen zu einem Wirtschaftskonzept der SPS, in: Toni Holenweger/Werner Mäder (Hrsg.), Inseln der Zukunft, Zürich 1979, S. 141.

  23. Vgl. Ulrich Gärtner/Peter Luder, Ziele und Wege der Demokratisierung der Wirtschaft, Band 1 und 2, Diessenhofen 1979, S. 187, 441 ff.; Arbeitsgemeinschaft demokratische Systemgestaltung: Selbstverwaltung und makroökonomische Rahmenplanung, in: Toni Holenweger/Werner Mäder (Anm. 22), S. 126— 127.

  24. S. Armin Höland, Eine Bewegung sucht ihre Form, in: Kritische Justiz, 1 (1985), S. 8.

  25. Eine Zeitlang wurde die Rotation auch so verstanden, daß die Mitarbeiter in einer bestimmten Abfolge von einer Arbeit zur anderen „flattern* (= papilloner) sollten. Vgl. Fourier, zit. n. Georg Adler, Fourier und der Fourierismus, in: Viktor Considerant (Hrsg.), Fouriers System der sozialen Reform (Exposition abrgee du Systeme Phalanstrien de Fourier), deutsch Leipzig, 1906, S. 7 bis 42. Letzten Endes soll dadurch sichergestellt werden, daß „innerhalb der Projekte ... längerfristig jede(r) für jede Tätigkeit qualifiziert (wird)". S. Joseph Huber, Bunt wie ein Regenbogen — Selbstorganisierte Projekte und alternative Ökonomie in Deutschland, in: ders. (Hrsg.), Anders arbeiten — anders wirtschaften — Dualwirtschaft: Nicht jede Arbeit muß ein Job sein, Frankfurt/M. 1979, S. 118, Die Praxis der Alternativen Ökonomie hat jedoch gezeigt, daß eine so weite Fassung des Rotationsprinzips aufgrund hoher Ausbildungs-und Einarbeitungskosten ökonomisch nicht tragbar ist; mehr und mehr wird deshalb zur sog. „Ämterrotation" nach dem Vorbild der israelischen Kibbuzim übergegangen. Vgl. auch Helmut Brüggemann/Michael Weidinger, Das israelische Kibbuz — Modell eines alternativen Sozialismus?, in: Klaus-Jürgen Scherer/Fritz Vilmar (Hrsg.), Ein alternatives Sozialismus-konzept: Perspektiven des Ökosozialismus, Berlin 1983, S. 59ff.

  26. Welche zentrale Bedeutung dem Dezentralitätsgebot teilweise von den Betrieben zugerechnet wird, verdeutlicht die Position der Arbeiterselbsthilfe in Oberursel: „Sie (die Arbeiterselbsthilfe) ist soweit wie nur irgend möglich dezentral organisiert ... Das bedeutet: soviel wie möglich Autonomie für die einzelnen Arbeitsbereiche und die Arbeitsbereiche selbst so klein wie möglich halten. Wo ein Arbeitsbereich eine Größe erreicht, an dem eine Aufteilung in zwei autonome Arbeitsgruppen möglich ist, wird diese Aufteilung auch vollzogen. Das mag nach herkömmlichen betrieblichen Effektivitätskriterien unsinnig erscheinen — wir erreichen damit aber den größtmöglichen Einfluß des Einzelnen auf die Entscheidungen im Arbeitsbereich ..." S. Arbeiterselbsthilfe Krebsmühle, Alternative Arbeitsorganisation — auch anders arbeiten und wie? (Tagungspapier — vorgelegt auf der Tagung „Strategien alternativer Produktion“ vom 25. 5. und 27. 5. 1984 in Berlin), Oberursel 1984, S. 1.

  27. Otto Ullrich, Weltniveau, Berlin 1980, S. 126.

  28. Was jedoch nicht den Ausschluß von Betriebs-gewinnen bedeutet. Profite müssen auch von selbstverwalteten Betrieben zum Zwecke der Sicherung ihrer Marktposition (— Gewinne zur Realisierung von Ersatz-und Erweiterungsinvestitionen, Marktkampagnen etc.), zur Tilgung von Krediten etc. erwirtschaftet werden.

  29. Allerdings wird diesem emanzipatorischen Bemühen in den Betrieben noch nicht voll Rechnung getragen. Vgl. Wilma Mohr, Frauen in selbstverwalteten Betrieben, in: Wandelsblatt, Ausgabe November 1984, S. 1 und S. 6 bis 7, und Marlene Kück, Women’s Opportunities in the alternative Sector, in: Equal Opportunities International, Vol. 4, 1985 Um Erscheinen).

  30. .... daß durch die Gründung solcher Kollektive der Arbeitsmarkt insbesondere bei Jugendlichen wie auch bei den vorwiegend akademisch ausgebildeten Arbeitssuchenden eine Entlastung findet", konstatiert Werner Vauth, Konkrete Wirtschaftsförderung am Beispiel der Stadt Kassel: Chancen und Grenzen einer kommunalen Beschäftigungspolitik, Manuskript, Kassel 1984, S. 13.

  31. Auf den . Qualifizierungsaspekt" verweisen auch Henrik Kreutz/Gerhard Fröhlich/Dieter Maly, Alternative Projekte: Realistische Alternativen zur Arbeitslosigkeit, in: Mitteilungen aus der Arbeitsmarkt-und Berufsforschung, Nr. 2, 1984, S. 267 ff.

  32. Neben diesen beschäftigungspolitischen Überlegungen zum alternativ-ökonomischen Sektor lassen sich natürlich noch weitere wirtschaftspolitische Pluspunkte für die Betriebe finden. Diese gelten allerdings uneingeschränkt auch für den traditionellen Bereich des formellen Sektors, insbesondere für die hier arbeitenden Klein-und Mittelbetriebe. Dazu gehören primär die sog. Wettbewerbs-funktionen (- Erhöhung der Wettbewerbsintensität durch kleine und mittlere Betriebe), Versorgungsfunktionen, strukturpolitische Funktionen.

  33. Vgl. zum folgenden Marlene Kück, Neue Finanzierungsstrategien für selbstverwaltete Betriebe, Frankfurt/M. 1985 (im Erscheinen).

  34. S. Genossenschaftsschuhmacherei, zit nach Theo Pinkus, Selbstverwaltung und Arbeiterbewegung, in: Toni Holenweger/Werner Mäder (Hrsg.) (Anm. 22), S. 105.

  35. Unter der Bedingung, daß die Betriebe keinen Zugang zum organisierten Kapitalmarkt haben und keine externen Eigenkapitalgeber (stille Gesellschafter etc.) aktivieren können. Dies ist allerdings bei selbstverwalteten Betrieben — wie auch bei anderen Klein-und Mittelunternehmen — immer der Fall.

  36. Das durchschnittliche Lohnniveau liegt bei selbstverwalteten Betrieben zwischen 1 200 DM und 1 500 DM netto pro Monat und pro Mitarbeiter.

  37. Diese Betriebe haben sich, wie Weissei treffend formuliert, „nicht (dem) direkten Wettbewerb ... gestellt, aus dem einfachen Grund, weil sie genau gewußt haben, sie werden niedergekämpft, das können sie nicht aushalten". Erwin Weissei, Gründe für das Scheitern der Produktivgenossenschaften, in: Burghard Flieger (Hrsg.), Produktivgenossenschaften — oder der Hindernislauf zur Selbstverwaltung, München 1984, S. 101.

  38. An „Selbsthilfetagen''können die Kunden in den Betrieben unter fachlicher Anleitung und Verwendung bestimmter Teile der Werkstattausrüstung selber Reparaturen an Autos, Fahrrädern, Haushaltsgeräten usw. vornehmen.

  39. Das Markenzeichen soll in Form eines Aufklebers auf jedem Produkt den Anteil „selbstverwalteter Arbeit/Wertschöpfung" ausweisen.

  40. S. ohne Verfasserangabe: Illusionen abwerfen — Träume erkämpfen, in: Die Tageszeitung vom 16. 2. 1982, S. 9.

  41. „Oktoberdruck''in Berlin hat hier vor einiger Zeit mit der Einführung eines neuen Lohnsystems, das differenzierte Vergütungen in einzelnen Betriebsabteilungen ermöglicht, einen denkbaren Ausweg aufgezeigt.

  42. Vgl. Günter Letschert, Die Produktivgenossenschaft, Wiesbaden-Biebrich 1950.

  43. S. ohne Verfasserangabe (Anm. 40), S. 9.

  44. Ebenda.

  45. Ebenda.

  46. S. Steven Goldner/Marianne Kokigei (Anm. 19), S. 249.

  47. Vgl. Gundolf Klient, Mitbestimmung als Mittel der Konfliktregulierung in Genossenschaften, in: Gerhard Weisser (Hrsg.), Genossenschafter und Genossenschaftsforschung, Göttingen 1968, S. 84ff.

  48. Matthias Neuling, Rechtsformen für alternative Betriebe, Manuskript, Hamburg 1984, S. 34.

  49. Dieses Recht des Vorstandes geht nach herrschender Auffassung dem Weisungsrecht der Generalversammlung (§ 27 Abs. 1 Nr. 2 GenG) und dem Recht einzelner Genossen zur Führung der Geschäfte (§ 43 Abs. 1 GenG) vor.

  50. Sehr einfach wird dieser Zusammenhang in der Generalvorschrift des § 903 BGB ausgedrückt: „Der Eigentümer einer Sache kann ... mit der Sache nach Belieben verfahren und andere von jeder Einwirkung ausschließen".

  51. Wie dennoch mit Hilfe des bestehenden Gesellschaftsrechts teilweise eine Neutralisierung des Kapitals durchgesetzt werden kann, zeigt Neuling anhand zahlreicher, kombinierter Rechtsformbeispiele. S. Matthias Neuling (Anm. 48), S. 45 ff.

  52. S. Armin Höland (Anm. 24), S. 11.

  53. Diese rechtsformbedingten Schwierigkeiten lösen nicht nur im Innenverhältnis Konflikte aus. Auch die Kommunikation mit Externen kann erschwert werden, beispielsweise dann, wenn anhand der realen und vertraglichen Verhältnisse geklärt werden muß, ob die Mitarbeiter von selbstverwalteten Betrieben im Sinne des Sozialversicherungsrechts als Arbeitnehmer oder Arbeitgeber einzustufen sind.

  54. In Schweden, England und den Niederlanden existiert eine Sonderform dieser Förderung aus Transferzahlungen: Neugründer können hier während der Betriebsaufbauphase ihr Arbeitslosengeld für einen limitierten Zeitraum (im allgemeinen zwischen 6 bis 12 Wochen) weiter erhalten. Im Prinzip läuft diese Unterstützung auf eine vorübergehende Teilfinanzierung (= Subventionierung) des Umlauf-vermögens hinaus.

  55. Obwohl eine entsprechende Gesetzgebungsinitiative von der Fraktion der Grünen in den Bundestag eingebracht wurde. Vgl. Deutscher Bundestag, 10. Wahlperiode, Gesetzentwurf der Fraktion der Grünen: Entwurf eines Gesetzes zur Förderung örtlicher Beschäftigungsinitiativen, Drucksache 10/2576 vom 6. 12. 1984.

  56. Vgl. Dietrich Heck, Zur aktuellen Situation selbstverwalteter Betriebe in Bremen, in: Zentrum für europäische Rechtspolitik/Netzwerk Selbsthilfe Bremen/Angestelltenkammer Bremen (Hrsg.), Materialien — Einschätzungen, Thesen, Orientierungshilfen, Berichte, Selbstdarstellungen zur EG-Anhörung vom 13. bis 15. 2. 1985 in Bremen, Bremen 1985, S. 81.

  57. Der Rat schreibt: „weitgehend unabhängig vom Förderprogramm hat sich mit selbstverwalteten Betrieben und Arbeitsplätzen im . alternativ-ökonomischen Sektor'ein weiterer , Neben-Markf für Arbeit entwickelt“. Zwar sind, so wird ausgeführt, „die Entlastungseffekte ... (der Betriebe) für den Arbeitsmarkt bescheiden .. „ doch finden sie wegen ihrer Ansätze, soziale Neuerungen zu erproben, Beachtung". S. Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Chancen für einen langen Aufschwung (Jahresgutachten 1984/85), Stuttgart-Mainz 1984, Rd-Nr. 387.

  58. Durch die Gewährung der erwähnten Rückbürgschaften an die Haftungsassoziation (Punkt 6).

Weitere Inhalte

Marlene Kück, Dr. rer. pol, geb. 1953; Dipl. -Volkswirtin; Studium der Volks-und Betriebswirtschaftslehre in Bremen und Berlin; wiss. Mitarbeiterin am Zentralinstitut für sozialwissenschaftliche Forschung (ZI 6) der Freien Universität. Veröffentlichungen zum Thema u. a.: Zur Professionalisierung alternativer Projekte, in: Rudolf Brun (Hrsg.), Erwerb und Eigenarbeit, Frankfurt 1985; Die alternative Wirtschaft wächst — aber sie hat Probleme, in: Allgemeines Deutsches Sonntagsblatt vom 10. 2. 1985; Neue Sozialpolitik mit alten Instrumenten: Das 7, 5-Mill. -Programm des Berliner Senats für den Selbsthilfe-und Alternativsektor, in: Neue Praxis, 3 (1983); Neue Finanzierungsstrategien für selbstverwaltete Betriebe, Frankfurt 1985 (im Erscheinen).