Meine Merkliste Geteilte Merkliste PDF oder EPUB erstellen

Kultur und Gesellschaft in der Bundesrepublik. Eine Profilskizze 1945— 1990 | APuZ 1-2/1991 | bpb.de

Archiv Ausgaben ab 1953

APuZ 1-2/1991 Kultur und Gesellschaft in der Bundesrepublik. Eine Profilskizze 1945— 1990 Die Bundesrepublik Deutschland 1945— 1990. Reformen und Defizite der politischen Kultur Die Außenpolitik Deutschlands. Alte Herausforderungen und neue Probleme

Kultur und Gesellschaft in der Bundesrepublik. Eine Profilskizze 1945— 1990

Hermann Glaser

/ 35 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Der Sturm, der vom Paradiese her wehe, treibe den Engel der Geschichte unaufhaltsam in die Zukunft — eine Zukunft, „der er den Rücken kehrt, während der Trümmerhaufen vor ihm zum Himmel wächst. Das, was wir Fortschritt nennen, ist dieser Sturm.“ So Walter Benjamin in seiner wohl letzten Arbeit („Über den Begriff der Geschichte“), ehe er sich 1940 auf der Flucht vor den Nationalsozialisten in Spanien das Leben nahm. Damit war visionär-apokalyptisch die Stimmungslage vorweggenommen, in der man 1945, angesichts der totalen Niederlage, „Abschied von der Geschichte“ nahm. Bald stellte sich freilich heraus, daß die Stunde Null eine solche nicht war, sondern die fatale Vergangenheit, vor allem die affirmative Kultur, durchaus weiterwirkte. Die Inventur, bei der man den „großen Worten“ den „Stuck abschlug“, wurde zwar gewagt; die skeptische Generation erwies sich als pragmatisch-nüchtern und ideologie-resistent. Doch zeigte sich auch eine weitverbreitete „Unfähigkeit zu trauern“, die jedoch — da sie kollektive Melancholie verhinderte — sich als Basis für wirtschaftliche Aktivität erwies. Das Wirtschaftswunder, das auf der einen Seite durch Oberflächenglanz bestach, auf der anderen den dumpfen Provinzialismus von ehedem überwinden half, entwickelte eine erfolgreiche Extrovertiertheit, die den Weg nach innen, wie er die Trümmerzeit bestimmt hatte, abbrach. Die Sehnsucht nach dem „schöneren Leben" wurde erfüllt; ästhetische Farbigkeit charakterisierte den „schrägen Geschmack“ der Nierentisch-Periode. Die studentische Jugend begann gegen die überkommenen Gesellschafts-und Politikstrukturen zu rebellieren; die erstarrten Verhältnisse wollte man zum Tanzen bringen, doch erstarrte man selbst bald in der Stereotypie des Jargons der Dialektik. Die Wendezeit gipfelte in der Postmoderne, deren „Beliebigkeitskult“ Dogmatiken auflockerte, aber auch — bei Verzicht auf Realutopien — eine „neue Unübersichtlichkeit“ bewirkte. Posthistoire implizierte das Gefühl, daß von Geschichte eigentlich nichts mehr zu erwarten sei; da erbrachte die friedliche Revolution im Osten unter dem Motto „Wir sind das Volk“ eine neue, gewaltige Herausforderung, die den Weg ins 21. Jahrhundert bestimmen wird. „Soviel Anfang war nie“ — was sich 1945 als eine aus der Verzweiflung geborene Hoffnung erwies, charakterisiert in umfassender, durch Optimismus geprägter Weise die Perspektive des vereinten Deutschland. Die Bundesrepublik in ihrer neuen Phase hat die Chance, zum Bindeglied zwischen West und Ost und zum stabilisierenden Faktor in Europa zu werden, wenn sie Hybris vermeidet und Verfassungspatriotismus als oberstes Gebot begreift. Der Engel der Geschichte mag dann, in der Windstille des Friedens, auch wieder den Blick nach vorne richten können.

I.

In seiner wohl letzten Arbeit („Über den Begriff der Geschichte“), ehe er sich 1940 auf der Flucht vor den Nationalsozialisten in Spanien das Leben nahm, entwarf Walter Benjamin, anknüpfend an ein Bild von Paul Klee („Angelus Novus“), ein Bild vom Engel der Geschichte — ein Text, der zum Größten gehört, „was unser Jahrhundert an deutschsprachiger Prosa hervorgebracht hat“ Er scheint im Begriff, sich von etwas zu entfernen, worauf er starrt. Seine Augen sind aufgerissen, sein Mund steht offen und seine Flügel sind ausgespannt. „Er hat das Antlitz der Vergangenheit zugewendet. Wo eine Kette von Begebenheiten vor uns erscheint, da sieht er eine einzige Katastrophe, die unablässig Trümmer auf Trümmer häuft und sie ihm vor die Füße schleudert. Er möchte wohl verweilen, die Toten wecken und das Zerschlagene zusammenfügen. Aber ein Sturm weht vom Paradiese her, der sich in seinen Flügeln verfangen hat und so stark ist, daß der Engel sie nicht mehr schließen kann. Dieser Sturm treibt ihn unaufhaltsam in die Zukunft, der er den Rücken kehrt, während der Trümmerhaufen vor ihm zum Himmel wächst. Das, was wir Fortschritt nennen, ist dieser Sturm.“ 2). 1946 veröffentlichte der Historiker Friedrich Meinecke „Betrachtungen und Erinnerungen“, die er „Die deutsche Katastrophe“ nannte. Indem man.

Diesem Überblick liegen folgende Darstellungen des Verf. zugrunde: Kulturgeschichte der Bundesrepublik Deutschland, Band 1: Zwischen Kapitulation und Währungsreform 1945— 1948; Band Zwischen Grundgesetz und Großer Koalition 1949— 1967; Band Zwischen Protest und Anpassung 1986— 1989, München 1985, 1986, 1989; als Taschenbuchkassette Frankfurt 1990. Eine „Kleine Kulturgeschichte der Bundesrepublik Deutschland“ erscheint im Frühjahr 1991. und zwar mit Recht, die bisherige deutsche Geschichte Grau in Grau male, ihre Irrwege, Holz-wege, Sackgassen aufzeige, ergebe sich bei Einkehr und Umkehr die Möglichkeit, ein „neues, zwar gebeugtes, aber seelisch reineres Dasein zu beginnen und den Entschluß zu stärken, für die Rettung des uns verbliebenen Restes deutscher Volk-und Kultursubstanz den uns verbliebenen Rest der eignen Kraft einzusetzen“. Dem hätte auch die Verwirklichung eines Wunschbildes zu dienen, das dem Autor „in den furchtbaren Wochen nach dem Zusammenbruch in den Sinn kam“: In jeder deutschen Stadt und größeren Ortschaft sollten sich gleichgerichtete Kulturfreunde zu einer Gemeinschaft im Namen Goethes zusammenfinden; diesen „Goethegemeinden“ würde die Aufgabe zufallen, „die lebendigsten Zeugnisse des großen deutschen Geistes durch den Klang der Stimme den Hörern ins Herz zu tragen — edelste deutsche Musik und Poesie zugleich ihnen immer zu bieten“ 3).

Walter Benjamin beschwor als apokalyptische Vision geschichtliche Endzeit. Die tiefe Ratlosigkeit, die den aller bürgerlicher Sicherheit beraubten, in die gesellschaftliche und individuelle Einsamkeit verstoßenen Denker erfaßt hatte, wurde wenig später, im Herbst 1944, „weit vom Schuß“ (also aus der Distanz des Emigranten, was Reflexion ermöglichte), von Theodor W. Adorno auf den Begriff gebracht und auf die aktuelle Situation bezogen: „Der Gedanke, daß nach diesem Krieg das Leben normal’ weitergehen oder gar die Kultur , wiederaufgebaut’ werden könnte — als wäre nicht der Wiederaufbau von Kultur allein schon deren Negation — , ist idiotisch. Millionen Juden sind ermordet worden, und das soll ein Zwischenspiel sein und nicht die Katastrophe selbst. Worauf wartet diese Kultur eigentlich noch?“ Selbst wenn Ungezählten Wartezeit bliebe, könnte man sich nicht vorstellen, daß das, was in Europa geschah, keine Konsequenz hätte, daß nicht die Quantität der Opfer in eine neue Qualität der gesamten Gesellschaft, die Barbarei, umschlüge. „Solange es Zug um Zug weiter-geht, ist-die Katastrophe perpetuiert. Man muß nur an die Rache für die Ermordeten denken. Werden ebenso viele von den anderen umgebracht, so wird das Grauen zur Einrichtung und das vorkapitalistische Schema der Blutrache, das seit undenklichen Zeiten bloß noch in abgelegenen Gebirgsgegenden waltete, erweitert wieder eingeführt, mit ganzen Nationen als subjektlosem Subjekt. Werden jedoch die Toten nicht gerächt und Gnade geübt, so hat der ungestrafte Faschismus trotz allem seinen Sieg weg, und nachdem er einmal zeigte, wie leicht es geht, wird es an anderen Stellen sich fortsetzen.“

Die destruktive Logik der Geschichte war damit umrissen, ein Denk-Mal gesetzt, das die spätere Bundesrepublik als Notwendigkeit zu trauern hätte markieren müssen. Solche ethische Fundierung war freilich, wie die mangelnde Auseinandersetzung mit Schuld und Sühne zeigte, nur schwach ausgeprägt — wenn überhaupt, dann dank des Wirkens vieler Künstler und Intellektueller; der Blick in den Abgrund wurde bei diesen nicht verdrängt oder verschleiert.

Als populärer erwies sich freilich die naiv-kulturelle Position, wie sie Meinecke einnahm. Sein Vorschlag macht deutlich, wie wenig offensichtlich der totale Zusammenbruch das bürgerliche Kulturbewußtsein verändert hatte, nicht einmal bei einem Autor von liberal-aufgeklärtem Standpunkt. Das Unfaßbar-Furchtbare wird mit Hilfe affirmativer Kultur „aufgefangen“; auf die Not des nach der totalen Niederlage isolierten Individuums antwortete sie wie eh und je mit idealistischem Illusionismus, mit dem Gebot allgemeiner Menschlichkeit; dem leiblichen Elend wird die Schönheit der Seele entgegengesetzt, brutalem Egoismus mit dem Hinweis auf das Tugendreich der Pflicht begegnet

II.

Zwischen diesen beiden Polen kultureller Befindlichkeit — symbolisiert im scheiternden Engel der Geschichte und in Goethes alles versöhnender Menschlichkeit — entwickelte sich der Spannungsbogen eines Kulturbewußtseins, das sich seinen Standort zwischen Desolation und Biedersinn, Überlieferung und Neuanfang, Provinzialismus und Urbanität erst suchen mußte. Immer wieder Bekenntnis zu den Klassikern, die, in ihrem Ideenhimmel angesiedelt, gepriesen werden — als Vermittler zeitloser, ewig gültiger Werte fungierend, Lebenshilfe spendend. Daneben besinnliche Feuilletons aus literarischen Cafes, die es schon lange nicht mehr gab. Es rührt aus heutiger Sicht die Beflissenheit, mit der man daran ging, Kultur nach einer barbarischen Zeit wieder zu etablieren. Die Neurezeption von Goethes „Iphigenie“ war signifikant; viele Bühnen eröffneten mit diesem Drama ihre erste Spielzeit nach dem Krieg oder begriffen das Stück (neben Lessings „Nathan“) als Kern ihres Trümmerzeit-Spielplans. Daß jeder die Stimme der Wahrheit und Menschlichkeit höre, hatte das Dritte Reich zwar auf ungeheuerliche Weise widerlegt; man wollte diesen Sachverhalt als „Kulturwesen“ jedoch nicht zur Kenntnis nehmen. Selbst die Emigranten, zumindest in ihrer Mehrzahl, überwölbten den Kahlschlag, den sie antrafen, mit dem Glauben an die unzerstörbaren Werte deutscher Geist-und Gemüthaftigkeit.

Wolfgang Langhoff, vor den Nationalsozialisten in die Schweiz emigriert, in Zürich als Schauspieler tätig, einer der ersten, die nach der Besetzung Deutschlands wieder zurückkehrten — als Intendant nach Düsseldorf (1946 übernahm er dann das Deutsche Theater in Ost-Berlin) — schrieb in einem „Deutschland-Brief“, am 18. Februar 1946 in der „Neuen Zeitung“ veröffentlicht, an die in Zürich verbliebenen Freunde und Kollegen: „Wenn ich zum Fenster hinausblicke, starren mich auf der anderen Straßenseite die leeren Löcher und zerbrochenen Fassaden der ausgebrannten Häuser an: ein Anblick, der dem Rückwanderer in den ersten zwei Wochen das Herz stillstehen läßt, an den er sich aber bald wie alle anderen so sehr gewöhnt, daß sein Auge darüber hinweggeht, als wäre alles in bester Ordnung. Was will man machen, wenn die Zerstörung das Normale, die Unversehrtheit das Anormale ist? Übertragt getrost dieses Bild des äußeren Zerfalls und die Gewöhnung daran auf den seelisch-sittlichen Zustand der Mehrheit der Bevölkerung, dann habt Ihr einen ungefähren Begriff von den Aufgaben, die sich mit den Worten Wiederaufbau', . Erneuerung', . geistige Gesundung'und so weiter verbinden. Die Gewöhnung ist die furchtbarste Kraft und Fessel jeder Aufwärtsentwicklung.“

Trotz solcher pessimistisch-realistischen Einschätzung des Bewußtseinszustandes der Gesellschaft nach der Stunde Null erhebt sich Langhoff am Ende seines Briefes ganz in den Überbau affirmativer Kultur, die er bei den anderen, schuldverdrängend, am Werke sieht: „Es ist herrlich, wieder in der Heimat zu sein. Was liebe ich also? Die Landschaft? Die Sprache? Die Literatur? Den Rhein? Einen Traum — ? Ich habe einmal in der Schweiz in einem Interniertenheim für Mädchen Gedichte gesprochen. Es waren Mädchen aller Nationen. Nach dem Vortrag waren wir noch lustig zusammen. Die Mädchen sangen Lieder in allen Sprachen, weniger schön, aber frisch und laut. Sie nickten den Takt mit den Köpfen. Dann sangen sie ein paar allein: Schlager, Spottverse, auch revolutionäre Lieder. Schließlich sang eine Fünfzehnjährige hell, dünn, glockenrein, ohne jede Sentimentalität, Dehnung oder Färbung: , Sah ein Knab’ ein Röslein stehn . . Das ist es, glaube ich, was ich liebe und was mir den Glauben an Deutschlands Auferstehung erhält.“

Auferstehung Deutschlands aus dem Geiste einer Tradition, die verschüttet gewesen war und nun wieder aus der Tiefe emporstieg. Verwüstete Gefilde, doch erste grünende Hoffnung; freilich Zweifel an dem, was da blieb: „Horch hinein in den Tumult deiner Abgründe. Erschrickst du? Hörst du den Chaos-Choral aus Mozartmelodien und Herms Niel-Kantaten? Hörst du Hölderlin noch? Kennst du ihn wieder, blutberauscht, kostümiert und Arm in Arm mit Baldur von Schirach? Hörst du das Landserlied? Hörst du den Jazz und den Luthergesang?“

Wolfgang Borchert, 1921 geboren, schwerkrank aus dem Krieg heimgekehrt und 1947 verstorben, stellte solche „Anfragen“ an ein fragwürdig gewordenes Kulturbewußtsein mit der Expressivität eines Vertreters der verlorenen Generation. In seinem Stationen-Drama „Draußen vor der Tür“ (1947) kommt der frühere Unteroffizier Beckmann, nachdem er vergeblich versucht hat, seinem früheren Oberst die „Verantwortung“ zurückzubringen, zum Direktor eines Kabaretts. „Sehen Sie“, sagt dieser, „gerade in der Kunst brauchen wir wieder eine Jugend, die zu allen Problemen aktiv Stellung nimmt. Eine mutige, nüchtern-revolutionäre Jugend. Wir brauchen einen Geist wie Schiller, der mit zwanzig seine Räuber machte. Wir brauchen einen Grabbe, einen Heinrich Heine! So einen genial angreifenden Geist haben wir nötig! Eine unromantische, wirklichkeitsnahe und handfeste Jugend, die den dunklen Zeiten des Lebens gefaßt ins Auge sieht, unsentimental, objektiv, überlegen. Junge Menschen brauchen wir, eine Generation, die die Welt sieht und liebt wie sie ist. Die die Wahrheit hochhält, Pläne hat, Ideen hat . . . Jung muß diese Jugend sein, leidenschaftlich und mutig. Gerade in der Kunst.“

Was der Dichter in ironischer Brechung dem Kabarettdirektor in den Mund legt und dann durch die „Vogelscheuchengestalt“ des geschundenen, ekstatisch zerrissenen, verzweifelten Kriegsheimkehrers mit der Gasmaskenbrille ad absurdum führen läßt, trifft in der Stimmungslage den Oberflächenglanz des damaligen Kulturbewußtseins, das oft genug in ein idealistisches Imponiergehabe pervertierte — unterstützt von den alliierten Umerziehungsmaßnahmen, die den Opportunismus mit seinen Mund-bekenntnissen förderten. In den Worten des Kabarettdirektors: „Positiv! Positiv, mein Lieber! Denken Sie an Goethe! Denken Sie an Mozart! Die Jungfrau von Orleans, Richard Wagner, Schmeling, Shirley Temple!“

Unterhalb der Ebene kulturellem Gartenlaubenglücks entwickelte sich freilich auch ein unromantischer und handfester Wirklichkeitssinn. Den dunklen Seiten des Lebens sah man gefaßt ins Auge, naiv-staunend oder überlegen-abgebrüht oder mit einer Mischung aus beidem. Helmut Schelsky hat rückblickend 1957 die Nachkriegsjugend als „skeptische Generation“ bezeichnet: nüchtern, ideologiefem und propagandaresistent. Die in Kriegs-und Nachkriegszeit erfahrene Not und Gefährdung der eigenen Familie durch Flucht, Ausbombung, Deklassierung, Besitzverlust, Wohnungsschwierigkeiten, Schul-und Ausbildungsmängel oder gar durch den Verlust der Eltern oder eines Elternteils hätten einen sehr großen Teil dieser Jugend frühzeitig gezwungen, für den Aufbau und die Stabilisierung ihres eigenen Daseins Verantwortung oder Mitverantwortung zu übernehmen. Die Gefährdung der vitalen materiellen Lebensgrundlagen und die damit verbundenen Erschütterungen der Beziehungen innerhalb der Familie, im Bereich der Schule und beruflichen Ausbildung hätten eine den anderen Jugendgenerationen in diesem Ausmaß und dieser Eindringlichkeit nicht zugängliche neue Bedürfnisgrundlage (als Streben nach sozialer Verhaltenssicherheit) geschaffen: „Sie sah und sieht sich heute vor die Notwendigkeit und die Aufgabe gestellt, diese persönliche und private Welt des Alltags, vom Materiellen her angefangen, selbst stabilisieren und sichern zu müssen.“ Für Schelsky bedeutete der jugendliche Skeptizismus bzw. Konkretismus eine Absage an romantische Freiheits-und Naturschwärmereien, an einen vagen Idealismus, aber auch an intellektuelle Planungs-und Ord-nungsschemata, die das Ganze in einem Griff zu erfassen und zu erklären glaubten

Die pragmatisch sich entwickelnde Skepsis korrespondierte mit einer wirklichkeitsbezogenen, das Realitätsprinzip jedoch auch transzendierenden Kultur der Ernüchterung. Günter Eich etwa war ein Dichter, der „Inventur“ machte, affirmativer Sprache den Stuck abschlug und mit seiner lyrischen Reduktionstechnik die „Lage“ blank und schmucklos, tapfer und schutzlos beschrieb: „Dies ist meine Mütze, dies ist mein Mantel, hier mein Rasierzeug im Beutel aus Leinen.

Konservenbüchse:

Mein Teller, mein Becher, ich hab in das Weißblech den Namen geritzt.

Geritzt hier mit diesem kostbaren Nagel, den vor begehrlichen ..." Augen ich berge Die schöpferische Kraft war zwar verdorrt, aber nicht erstorben. Die Bleistiftmine wird dem im Gefangenenlager isolierten Dichter zum Instrument der Hoffnung; sie liebt er am meisten: „Tags schreibt sie mir Verse, /die nachts ich erdacht.“

III.

Als die Welt endete, fing sie auch wieder an. Später wurde klar, daß die Stunde Null gar kein wirklicher neuer Anfang gewesen war; aber angesichts des totalen Zusammenbruchs empfand man sie so: Formel der Hoffnung, Synonym für Erwartung.

Eich gehörte zur „Gruppe 47“, die 1947 im Haus der Schriftstellerin Ilse Schneider-Lengyel im Allgäu zum ersten Mal zusammengekommen war und einen neuen Sprach-und Schreibstil zu kreieren suchte, der sich im finstersten Deutschland den Verlockungen des inneren Deutschland — also dem eskapistischen Innerlichkeitskult — entzog. „Der Ton der kritischen Äußerungen ist rauh, die Sätze kurz, knapp, unmißverständlich. Niemand nimmt ein Blatt vor den Mund. Jedes vorgelesene Wort wird gewogen, ob es noch verwendbar ist, oder vielleicht veraltet, verbraucht in den Jahren der Diktatur, der Zeit der großen Sprachabnutzung. Jeder Satz wird, wie man sagt, abgeklopft. Jeder unnötige Schnörkel wird gerügt, Verworfen werden die großen Worte, die nichts besagen und nach Ansicht der Kritisierenden ihren Inhalt verloren haben: Herz. Schmerz, Lust, Leid. Was Bestand hat vor den Ohren der Teilnehmer sind die knappen Aussagesätze. Gertrude Stein und Ernest Hemingway sind gleichsam unbemerkt im Raum. Der Dialog, der Sprechstil dominiert. , Ja‘, sagt er, oder auch , nein‘, und das „Nein’ und „Ja’ hat Bestand, aber schon die nächste Wortzusammensetzung , Ja, du Gute* wird hohnlachend verworfen. Wer sagt schon noch , du Gute , und wenn er es sagt, kann er es noch lange nicht schreiben, es sei denn ironisch, aber die Ironie ist abwesend in dieser ersten Zeit des Neubeginns.“

Wolfgang Weyrauch nannte wenige Monate später in einem Kurzgeschichtenband neuer Erzähler („Tausend Gramm“) die Literatur, die bei diesem so privaten und intimen Treffen am Bannwaldsee sichtbar geworden war, „Kahlschlagliteratur“. Verpönt war die gepflegte, zur „Schönschreibekunst“ stilisierte bürgerliche Sprache in allen ihren Varianten; sie erschien veraltet, verrostet, verlogen. „Nichts hatte mehr Bestand vor der Wirklichkeit, in der wir lebten. Eine neue Sprache war notwendig, um diese Wirklichkeit transparent zu machen, eine Sprache der direkten Aussage, klar, eindeutig, präzise.“

Den physisch darbenden, mental depravierten und kulturell orientierungslos gewordenen Menschen bot sich „Kultur“ als „Überlebensmittel“ an, das begierig, aber auch pathetisch ergriffen wurde. Der dumpfe Provinzialismus, der das „Dritte Reich“ bestimmt hatte, konnte nun, nachdem die westlichen Alliierten die kulturellen Fenster für den Blick nach draußen wieder öffneten, schrittweise überwunden werden. Die Erbschaft der Zeit war schwer genug. „Ein Volk in der Masse ohne bestimmte Form des Geschmacks, im ganzen unberührt von der moralischen und ästhetischen Verfeinerung benachbarter Kulturländer, philosophisch von konfuser idealistischer Begrifflichkeit, prosaistisch dumpf und unpointiert, ein Volk der Praxis mit dem — wie seine Entwicklung lehrt — alleinigen biologischen Ausweg zur Vergeistigung durch das Mittel der Romantisierung oder der Universalierung, läßt eine antisemitische Bewegung hoch, die ihm seine niedrigsten Ideale phraseologisch verzaubert, nämlich Kleinbausiedlungen, darin subventionierten, durch Steuergesetze vergünstigten Geschlechtsverkehr; in der Küche selbstgezogenes Rapsöl, selbstbebrütete Eierkuchen, Eigengraupen; am Leibe Heimatkurkein, Gauflanell und als Kunst und Innenleben funkisch gegrölte Sturmbannlieder. Darin erkennt sich ein Volk. Ein Turnreck im Garten und auf den Höhen Johannisfeuer — das ist der Vollgermane. Ein Schützenplatz und der zinnerne Humpen voll Bock, das sei sein Element. Und nun blicken sie fragend die gebildeten Nationen an und erwarten mit einer kindlich anmutenden Naivität deren bewunderndes Erstaunen.“

Gottfried Benn, der auf diese Weise das vorausgegangene NS-Unkulturbewußtsein charakterisierte, wurde insofern zur geistigen Schlüsselfigur der Trümmerzeit, als seine Dichtung Weltflucht und Weltsucht in sich verschmolz. Auf der einen Seite sah er im Gehirn einen Irrweg, was dem weiterwirkenden Irrationalismus entsprach; auf der anderen wies er den Weg ins gelobte Land urbaner Freiheit und rationaler Welt-Anschauung. Der Lyriker, für Benn die wichtigste Spezies unter den Künstlern, könne gar nicht genug wissen, er könne gar nicht genug arbeiten; er müsse an allem nahe dran sein, er müsse sich orientieren, wo die Welt heute halte, welche Stunde an diesem Mittag über der Erde stehe. „Er muß Nüstern haben — mein Genie sitzt in meinen Nüstern, sagte Nietzsche —, Nüstern auf allen Start-und Sattelplätzen, auf dem intellektuellen, da wo die materielle und die ideelle Dialektik sich voneinander fortbewegen wie zwei Seeungeheuer, sich bespeiend mit Geist und Gift, mit Büchern und Streiks — und da, wo die neueste Schöpfung von Schiaparelli einen Kurswechsel in der Mode andeutet mit dem Modell aus aschgrauem Leinen und mit ananasgelbem Organdy. Aus allem kommen die Farben, die unwägbaren Nuancen, die Valeurs — aus allem kommt das Gedicht.“

Mit Benns Ambivalenz identifizierte sich die junge Generation, die nicht so recht wußte, ob sie aus der Not eine Tugend machen und „innerlich“ bleiben sollte, oder ob sie die Trutzburgen der Seele verlassen, die Mauern metaphorischen Hochmuts schleifen und sich in den Strudel großstädtischer Modernität stürzen sollte. Benn artikulierte die Widersprüchlichkeiten des der Trümmerzeit immanenten mentalen Strukturmusters: — Absage an die Eitelkeit der Welt, wobei die Introspektion durchaus auch kokette Züge trägt; — Fernweh nach einem besseren Leben (das sich z. B. an den goldenen Jahren der Weimarer Republik orientiert und die Verdumpfung durch den nationalsozialistischen Provinzialismus beklagt); — Unterwegssein in Richtung Zukunft, das die Hoffnung auf Ankunft bald rhapsodisch, bald ironisch, bald skeptisch, bald konkretistisch durchspielt.

IV.

1948/49 war man an einem Ziel angelangt, das man 1945 angesichts der totalen Niederlage mit verheerender Zerstörung und Verwahrlosung nicht mehr glaubte anvisieren zu können. Mit der Währungsreform wurde ein materieller Unterbau geschaffen, der sich im Laufe der Zeit als so tragfähig erwies, daß der kulturelle Überbau, wie er im Grundgesetz mit den Grundrechten geradezu idealtypisch geschaffen wurde, nicht mehr ins Wanken kam. Der Staat sei um des Menschen willen da, nicht der Mensch um des Staates willen, hat es im Verfassungsentwurf des Beratenden Konvents von Herrenchiemsee geheißen. Gerechtigkeit als überwöl-bendes Prinzip schloß Sozialstaatlichkeit (mit der Sozialpflicht des Staates) ein. Freiheit und Gleichheit wurden vielfältig aufgefächert — als Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit, als Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit, als Gleichheit vor dem Gesetz, als Gleichberechtigung von Mann und Frau, als Freiheit des Glaubens und des Gewissens, als Recht auf Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründen, als Freiheit von Kunst, Wissenschaft, Forschung und Lehre, als Organisationsund Versammlungsfreiheit, als Recht auf Freizügigkeit, Berufswahl und Wahl der Ausbildungsstätte; das Eigentum sollte verpflichten, sein Gebrauch dem Wohle der Allgemeinheit dienen. „Bewegt von der Hoffnung aller Deutschen“ — diese Formulierung, wie sie der Grundsatzausschuß im Parlamentarischen Rat für die Präambel vorgeschlagen hatte, war zwar in der endgültigen Fassung nicht mehr anzutreffen; doch spiegelte das Verfas7 sungswerk den festen Willen der demokratischen Kräfte, vereint das staatliche Schicksal zu meistern. Der deklamatorische Charakter des „Vorspruchs“ verstand sich als Option auf einen nationalen Zustand politischer Sittlichkeit, der endgültig den Un-rechtsstaat des Nationalsozialismus überwinden sollte: „Im Bewußtsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen, von dem Willen beseelt, seine nationale und staatliche Einheit zu wahren und als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen . . 15)

Die kulturelle Entwicklung vollzog sich freilich nicht nur „verfassungskonform“. Theodor W. Adorno konstatierte zwar in seinem Aufsatz „Auferstehung der Kultur in Deutschland?“ im Mai 1950, daß er von dem hier herrschenden geistigen Klima positiv überrascht sei. Man erwartete, daß der nackte Zwang zur Selbsterhaltung während des Krieges und der ersten Jahre danach dem Bewußtsein das gleiche angetan hätte, was den Städten durch die Bomben widerfuhr. Man setzte Stumpfheit, Unbildung, zynisches Mißtrauen gegenüber jeglichem Geistigen voraus; man rechnete mit dem Abbau von Kultur, dem Verschwinden der Teilnahme an dem, was über die tägliche Sorge hinausgehe. Davon könne aber keine Rede sein. Die Beziehung zu den geistigen Dingen sei stark. Allerdings wirkten — und damit wandte sich Adorno der dunklen Seite des sich formierenden deutschen Wirtschaftswunders zu — „Bilder“ aus dem autoritären Bereich weiter: „Die Welt ist aus den Fugen, aber die Fugen sind mit träger Masse ausgefüllt; die Kultur ist in Trümmern, aber die Trümmer sind weggeräumt, — wo sie noch stehen, sehen sie aus, als wären sie ehrwürdige Ruinen.“ In einem Augenblick, da die neugegründete „Bundesrepublik Deutschland“ den Versuch unternahm, wieder zum politischen Subjekt zu werden, stellte Adorno fest, daß der Begriff der Nation angesichts der geistigen und materiellen Produktivkräfte der Menschheit sich überlebt habe: „Der Geist wird lebendig sein in dem Augenblick, indem er nicht länger sich bei sich selber verhärtet, sondern der Härte der Welt widersteht.“

Statt dessen drohte der Geist zu verhärten, weil er sich der Härte der Welt unterwarf. Das bedeutete („positiv“ empfunden, der Notwendigkeit zu trauern sich entziehend): „Der Wohlstand steht auf!“ Diesen Satz in der „tragischen Komödie“ von Friedrich Dürrenmatt „Der Besuch der alten Dame“ — im Schauspielhaus Zürich Januar 1956 uraufgeführt (deutsche Erstaufführung im Mai 1956 in den Münchner Kammerspielen) — empfand der Münchner Kritiker Hanns Braun als den „flehendsten, bestürzendsten, zentralsten Satz des Werkes“ Mit der Verwandlung der durchlittenen grauen Welt in etwas technisch Blitzblankes, inmitten „stampfender, rollender Zeit“, entwickelte sich das Glücksgefühl, den Anschluß an die Weltzivilisation wieder erreicht zu haben: „DIE FRAUEN: Ziemende Kleidung umschließt den zierlichen Leib nun DER SOHN: Es steuert der Bursch den sportlichen Wagen DIE MÄNNER: Die Limousine der Kaufmann DIE TOCHTER: Das Mädchen jagt nach dem Ball auf roter Fläche DER ARZT: Im neuen, grüngekachelten Operationssaal operiert freudig der Arzt ALLE: Das Abendessen Dampft im Haus. Zufrieden Wohlbeschuht Schmaucht ein jeglicher besseres Kraut DER LEHRER: Lernbegierig lernen die Lernbegierigen. DER ZWEITE: Schätze auf Schätze türmt der emsige Industrielle ALLE: Rembrandt auf Rubens DER MALER: Die Kunst ernähret den Künstler vollauf.

DER PFARRER: Es berstet an Weihnachten, Ostern und Pfingsten Vom Andrang der Christen das Münster ALLE: Und die Züge Die blitzenden hehren Eilend auf eisernen Gleisen Von Nachbarstadt zu Nachbarstadt, völkerverbindend. Halten wieder.“

Im Rückblick auf die Epoche des Wirtschaftswunders haben Alexander und Margarete Mitscherlich in ihrem Buch „Die Unfähigkeit zu trauern. Grundlagen kollektiven Verhaltens“ (1967) davon gesprochen, daß die Bundesdeutschen, indem sie sich der Auseinandersetzung mit der eigenen nationalsozialistischen Vergangenheit entzogen, zur materialistischen Expansion erst fähig wurden. Der Verlust des historischen Gewissens entband von der melancholischen Selbstanklage (der Selbstzerfleischung wie dem Selbsthaß der Melancholie). Unbekümmert von der Notwendigkeit der „Bewältigung“ von Vergangenheit im Sinne des Freudschens Erinnerns, Wiederholens, Durcharbeitens, empfand die große Majorität der Deutschen die Periode der nationalsozialistischen Herrschaft retrospektiv wie eine Infektionskrankheit in Kinderjahren. Die Regression, die man unter der Obhut des „Führers“ kollektiv vollzogen hatte, war von vielen zwar lustvoll erlebt worden: Es war herrlich, ein Volk der Auserwählten zu sein; doch mit der Stunde Null, vor allem aber nach der Währungsreform und der Gründung der Bundesrepublik, ging man rasch, mit großer Verdrängungsenergie, zur Normalität über; als habe sich Auschwitz nicht ereignet. „Alle Vorgänge, in die wir schuldhaft verflochten sind, werden verleugnet, in ihrer Bedeutung umgewertet, der Verantwortung anderer zugeschoben, jedenfalls nicht im Nacherleben mit unserer Identität verknüpft. Die siegreichen Vormärsche werden glorifiziert.der Verantwortungslosigkeit, mit der auch Millionen Deutscher in einem Größenrausch geopfert wurden, wird selten gedacht.“ Alle Energie wurde vielmehr mit einem Bewunderung und Neid erweckenden Unternehmungsgeist „auf die Wiederherstellung des Zerstörten, auf Ausbau und Modernisierung unseres industriellen Potentials bis zur Kücheneinrichtung hin konzentriert“. Die Restitution der Wirtschaft wurde zum Lieblingskind; man widmete sich ihr mit „monomanischer Ausschließlichkeit“

V.

Das Anpassungspotential, über das die „skeptische Generation“ verfügte, und das sich mit dem Elan und Opportunismus der anderen Generationen verband, wollte sich in den fünfziger und sechziger Jahren durchaus auch kulturell legitimieren. Der Schönheitskult als verdinglichte Form ästhetischer Entschlossenheit, Wohlstand als Teil eines sublimierten Lebensdesigns zu begreifen, gab dem restaurativen Charakter der Epoche einen kreativen Glanz. Die erfolgreichen Macher waren auch Freunde der schönen Künste.

Der große Erfolg der seit Oktober 1955 erscheinenden Zeitschrift „Das Schönste“ kann die gepflegte Geistigkeit der in der „nivellierten Mittelstandsgesellschaft“ (Schelsky) nach oben drängenden Schicht verdeutlichen. Die „Monatsschrift für alle Freunde der schönen Künste“ (Theater, Filmkunst. Fernsehen. Tanz, Musik. Dichtung, Malerei. Plastik. Baukunst. Wohnkultur) appellierte an alle, die nach „echten Werten“ suchten. Das Schöpferische und Unvergängliche aufzuspüren, über die künstlerischen Ereignisse und ihre Repräsentanten in Bild und Wort zu berichten, also eine Kulturchronik der Zeit zu bieten, war das Anliegen — übrigens bis in den Anzeigenteil hinein, denn es handelte sich dort um die „Ankündigung von Unternehmen, die sich mit ihren Erzeugnissen zum Qualitätsbegriffbekennen“. Zielgruppe war eine gutgelaunte Elite, die nicht nur sich schöner kleidete, schöner wohnte, schöner speiste, schöner reiste, sondern auch die Schönheiten der Kultur explorieren wollte und somit „allmonatlich das neue Heft mit Ungeduld“ erwartete.

Die Inhaltsverzeichnisse — exemplarisch nachfolgend dasjenige vom Oktober 1956, das mit DankesWorten an die Leser und die Inserenten den Erfolg der Zeitschriftengründung nach einem Jahr feiert —, spiegeln die wohltemperierte, um die Einholung verspäteter Aufklärung bemühte Kulturbeflissenheit einer Generation, die sich nicht mehr den Vorwurf des Banausentums machen lassen wollte, sondern den Anschluß an Weltläufigkeit suchte: „Besessen vom Theater . . . Respekt vor den kleinen Bühnen . . . Ingrid Bergmann: Zauber eines Gesichts . . . Junge Meister für den Rundfunk . . . Das Orchester der Idealisten . . . Tanz auf klassischem Boden . . . Das Lied ist die Mutter der echten Dichtung . . . Vor diesen Bildern verweilt die Welt . . . Glanz von innen . . . Landhaus im Alpenvorland . . . Kleine Wohnung ganz aus Glas . . . Mäzenatentum als persönliche Verpflichtung . . . Berichte aus London. New York. Paris und Rom . . . Umglänzter. umschatteter Genius . . . Unvergängliches.“

Ralf Dahrendorf spricht in seiner großen Studie „Gesellschaft und Demokratie in Deutschland“ davon. daß damals die Stabilität der Bundesrepublik zur Starre ausartete; es fehlte der Rhythmus des Wandels Da boten „Kunst-Produkte“ eine gute Möglichkeit für Kompensation und Projektion: Im Überbau gab man sich dynamisch, liberal, weltoffen, urban. Das statische, hierarchisch gegliederte Gesellschaftsgefüge blieb davon unberührt. Im Gegenteil: Das rege Kulturleben gab eine glitzernde Fassade ab vor einer fest „versäulten". Veränderungen und Experimente perhorreszierenden „hei-len Welt“. Am Hofe der Restauration spielte der Intellektuelle die Rolle des Hofnarren, und er tat dies mit feuilletonistischem Geschick — er war immer „dabei“, immer im Gespräch, manchmal auch im Gerede; einflußreich, was die peripheren Probleme anging, insgesamt durchschlagend wirkungslos. Dem „gemeinen Durchschnitt“ zu entkommen, war wichtiges Ziel des bundesrepublikanischen Intellektuellen. Zwar wurde deshalb der Gegenwart nicht das Interesse aufgekündigt; aber es blieb insofern esoterisch, als man ganz im geistigen und geistreichen Diskurs aufging. Man wollte schreiben, debattieren, argumentieren; bestenfalls vom Überbau auf den Unterbau einwirken, von dessen Realität man ziemlich weit entfernt war. Der Intellektuelle begriff sich als Repräsentant kritischer Theorie und nicht als Demonstrant für oder gegen politische und soziale Praxis. Die „Örtlichkeiten“ seines Wirkens waren nicht die Straße, sondern die Podiumsdiskussion, das Feuilleton, das Nachtstudio, das Buch, vor allem der verschiedene Stimmen vereinigende Sammelband, die Anthologie.

VI.

Die im Konsumtionsprozeß zutage tretende nivellierende Einheitlichkeit, die Starrheit der Etablierten und die Abgehobenheit des Feuilletonismus trieb die „Kinder von Karl Marx und Coca-Cola“ (Jean-Luc Godard) in das innere Exil, das die Weltsprache dieser Jahre „Underground“ nannte. Hier fanden sich Künstler, Bohemiens, Wehrdienstgegner, Provos, Gammler, Beatniks, Maschinenstürmer, revoltierende Schüler und Studenten, Drogen-konsumenten, Friedenskämpfer im Rahmen einer Weltanschauung zusammen, die durch einen abenteuerlich anmutenden Synkretismus charakterisiert war — eine Mischung aus christlichen, buddhistischen, marxistischen, sozialistischen, anarchistischen, astrologischen und hedonistischen Glaubensvorstellungen, mit einer besonderen Allergie gegenüber autoritären Verhaltensweisen.

Der Medienforscher Marshall McLuhan prophezeite eine völlig neue Gesellschaft, die sämtliche alte Wertekategorien, vorgeformten Lösungen, Verhaltensweisen und Institutionen ersetze. Das Motto — im besonderen dem amerikanischen Eingreifen in Vietnam entgegengesetzt — hieß: „Make love not war!“. Der moralische Bankrott des „Establishments“ wurde deklariert; die Nacktheit, im übertragenen Sinne — als seelische Entblößung — wie in konkreter Form, erwies sich als bevorzugtes Vehikel für Emanzipation; Normen, Tabus und Repressionen waren „out“, Pornographie und Obszönität „in“.

Umgeben von den „Charaktermasken“ ehrgeiziger Existenzen und inmitten der Oberflächenreize einer Konsumwelt, der die Mehrzahl fetischistisch anhing, wollte man mit neuer Sensibilität das „Eigentliche“ und „Wesentliche“ finden. Statt Horizontale Vertikale, statt Expansion Meditation, statt Aktivität Introspektion. Das bedeutete Absage an den amerikanischen Traum und den „American way of life". Aber das Ausbrechen war schwer; in den Stadtwüsten der Zivilisation, voll von Frustration und Aggressivität, ließ sich das „gute Leben“ nicht verwirklichen; man floh; probte aber auch in Form eines neuen Jugend-Stils den Aufstand.

Flankiert von diffusen künstlerischen Strömungen, die im Gegensatz zum eingeschliffenen Kulturbetrieb sich anarchischer Spontaneität überantworteten, entwickelte sich zunehmend eine Philosophie des Protests, die aus einem reichen gedanklichen Wurzelgrund Kraft sog und rasch zur Blüte gedieh. Maßgebend für diese Bewegung war der Philosoph Herbert Marcuse — mit der „Frankfurter Schule“ verbunden —, der die Eindimensionalität des technisierten, automatisierten, bürokratisierten spätkapitalistischen Staats-und Gesellschaftssystems dekuvrierte und das revolutionäre Aufbegehren gegen die Apparaturen, Systeme, Maschinerien propagierte; ferner Ernst Bloch, ein „Prophet mit Marx-und Engelszungen“, welcher der weit verbreiteten Frustration das „Prinzip Hoffnung“ entgegensetzte. Bloch vertrat eine ganz in der Diesseitigkeit verwurzelte „Theologie vom glücklichen Menschen“, der vom „Träumen nach vorwärts“ bewegt werde, aber ständig dadurch gefährdet sei, daß seine Tagträume zur Beute von Betrügern würden. Die in der „Jugendbewegung“ der sechziger Jahre zutage tretende soziale, politische und ästhetische Sensibilität blieb ohne pädagogische Resonanz. Das Versagen des Bildungssystems gerade in dieser Phase der bundesrepublikanischen Entwicklung vertiefte die Kluft zwischen der um Veränderung bemühten Jugend und der auf Beharrung versessenen Erwachsenenwelt. In einer solchen Atmosphäre des gegenseitigen Miß-wie Unverständnisses und eskalierender Gewalt konnte eine Abitur-rede wie die der Schülerin Karin Storch, 1967 in Frankfurt gehalten, als Sensation empfunden werden — weil sie, obgleich in durchaus „wohlgesetzB ten" Worten. Probleme der Schule offen und auf eine nicht-affirmative Weise ansprach. Das Schulsystem. das doch auch zum Widerstand gegen Anpassung und — um mit dem Titel der Abiturrede zu sprechen — zum „rechtverstandenen Ungehorsam“ hätte erziehen sollen, entzog sich — wie die Universitäten mit ihrem „Muff von tausend Jahren unter den Talaren“ — den Forderungen auf Veränderung; eine Demokratisierung fand nicht statt. Die von Vertretern idealistischer Pädagogik vorgelegten Reformkonzepte, wie sie im besonderen dem seit 1966 um die Zusammenarbeit von Wissenschaft und Politik bemühten Gremium des „Bildungsrats“ zu danken waren, scheiterten weitgehend am Widerstand oder der Indifferenz der Politiker.

Die sich seit 1968 immer mehr politisierende Protestbewegung war zunächst vorwiegend auf gewalt-freien Widerstand angelegt; die dann um sich greifende „Gewalt gegen Sachen“ stellte eine erste Abweichung von diesem Weg dar. Die Tabuverletzung wurde instrumentalisiert; die gesellschaftliche Doppelmoral und die sie kaschierenden Rituale sollten durch „Schocks“ verunsichert werden: Teach-ins, Sit-ins, obszöner Jargon, Verletzung der Reinlichkeits-und Kleidernormen wie der „Sekundärtugenden“ insgesamt dienten diesem Ziel und sollten „Lernprozesse“ einleiten. Kritisches und utopisches Denken wurden in einer Wissenschaftssprache vermittelt, die sich aus bislang vom Bildungsbürgertum weitgehend negierten ökonomischen, psychoanalytischen und soziologischen Denksystemen herleitete. Diese Sprache wandte sich in ihrer Abstraktion und Präzision gegen das hohle Pathos des „Jargons der Eigentlichkeit“ (Theodor W. Adorno).

Auf der anderen Seite zeigte sich bald eine Erstarrung des eigenen Sprechens, was mit der Ideologisierung der eingenommenen weltanschaulichen Position Hand in Hand ging. Der „Jargon der Dialektik“ reproduzierte — wenn auch reziprok —, was man am Establishment bekämpft hatte; die revolutionäre Auflockerungsstrategie wurde selbst Ritual. das die Gruppe zur „verschworenen Gemeinschaft“ zusammenbinden und den politischen Gegner als Feind mit Hilfe von Psychoterror lähmen sollte.

Diejenigen „Liberalen“, die in Sorge um die bundesrepublikanische Demokratie mit der linken Bewegung sympathisiert oder sie unterstützt hatten, erkannten bald die aufgetretenen Gefahren. Auch Jürgen Habermas, maßgeblicher Vertreter der „Frankfurter Schule“, der die philosophischen Grundlagen der linken Bewegung mitgeschaffen hatte, warnte auf dem Höhepunkt des Protests bereits vor einer „linksfaschistischen“ Entartung: „Die alte Neue Linke hat das Geschäft der nachträglichen Legitimationshilfe für Aktionen, auf deren Planung und Verlauf sie immer weniger Einfluß hatte, gelegentlich bis an die Grenze einer von Skrupeln nicht freien Preisgabe besserer Einsichten betrieben — und sich dabei verbraucht. Heute ist sie ohnehin überflüssig geworden für den verzweifelten Aktionismus derer, die sich auf Handstreiche spezialisieren und neuer Begründungen nicht mehr bedürfen.“

Die junge Neue Linke kam auf dem propagierten langen Marsch durch die Institutionen nicht wirklich voran. Sieht man von der kleinen Gruppe derjenigen ab, die in den Terrorismus abtrieben, so war die Sogkraft des ursprünglich verhaßten Systems mit seinen Karriereanreizen so stark, daß man sich bald in das Establishment integriert sah („Links schreiben — rechts dinieren.“) Auf den „Schattenseiten der Utopie“ (Günter Grass) zu wohnen, war nicht besonders attraktiv; so zog man sich über verschiedene Zwischenstationen aus dem Engagement zurück, kultivierte Innerlichkeit und rhapsodierte in linken Kneipen über die verflossene große Revolution.

Mit dem Ende der Ära Brandt (1974) und in der Regierungszeit Helmut Schmidts (bis 1982) drehte sich der Wind: „Die Mehrheit der Wähler wollte nichts mehr von Reformen wissen. Vieles hatte sich allem ungestümen emanzipatorischen und partizipatorischen Drang zum Trotz als Dirigismus des Staates entpuppt, der über die Bedürfnisse der betroffenen Bürger hinweg seine technokratischen Ziele verfolgte. Anderes zerstob in Illusionen, als Politiker und Bürokraten an die Grenzen menschlichen Handelns stießen. Erschöpfung und Ernüchterung griffen um sich. Vor allem aber versiegten die Finanzquellen. Der Beginn der größten Wirtschaftskrise in der Geschichte der Bundesrepublik setzte der zumeist kostenintensiven Reformpolitik ein Ende — ob man sie in ihren Gehalten nun fortsetzen wollte oder nicht.“

Poetisch kommentierte die „linke Malaise“ der 1976 aus der DDR ausgebürgerte und seitdem in der Bundesrepublik lebende Liedermacher Wolfgang Biermann in seinem „Hölderlin-Lied“: In diesem Lande leben wir wie Fremdlinge im eigenen Haus Ausgebrannt sind die Öfen der Revolution früherer Feuer Asche liegt uns auf den Lippen kälter, immer kältre Kälten sinken in uns Über uns ist hereingebrochen solcher Friede! solcher Friede Solcher Friede.“

VII.

Hatten in der Zeit der Studentenrevolte Kunst und Ästhetik nur eine geringe Rolle gespielt — die Zeit der „schönen Selbsttäuschungen“ habe ein Ende, meinte Hans Magnus Enzensberger 1967 —, so wurde im Zeichen der Wende Kultur wieder zu einem wichtigen Element der Selbstfindung, was den Innerlichkeitskult der Trümmerzeit in anderer Form erneut erstehen ließ. Kommunikation und Sozialisation wurden gewissermaßen privatisiert. „Beziehungskisten“ und Orgasmusschwierigkeiten beschäftigten junge Menschen mehr als politische und gesellschaftliche Fragestellungen. „Wie auf einer endlosen Wendeltreppe jagen sie im Gebäude der eigenen und fremden Konflikte hinauf und hinunter. Sie sind in einer Hetze, die kaputtmacht. Sie sind Jäger und Gejagte in einem. Besonders aktiv werden sie, wenn ihnen jemand zu nahe kommt, emotional oder körperlich. Dann fangen sie nervös und ängstlich an. ihre Schwierigkeiten herunterzuleiern, als ob sie eine tibetanische Gebetsmühle drehten.“ „Tunix“ wurde zur beliebten Parole. Man klammerte sich an den objektiven Faktor Subjektivität, wobei Narziß als neuer Sozialisationstyp entdeckt wurde -

Hartmut von Hentig sprach von einem tiefgreifenden Mentalitätswandel, den er der „entmutigten Republik“ anlastete (so im Titelessay einer Sammlung von Aufsätzen) Der Misere traten freilich in zunehmendem Maße auch Bewegungen entgegen, die durch ein aktives alternatives Kulturbe -wußtsein bestimmt waren und sind und sich in „Nischen“ (Kommunikationszentren, Jugendzentren, Kulturläden, Selbsthilfe-Werkstätten etc.) „lokalisierten“. Vor allem die Öko-und Friedensbewegung haben dazu beigetragen, daß angesichts der Grenzen des Wachstums ein neues, „nachmodernes“ (postmaterielles) Wertebewußtsein sich entwickeln konnte.

Die Ambivalenz der gegenwärtigen kulturellen Situation, der Postmoderne, hat Jürgen Habermas als „neue Unübersichtlichkeit“ charakterisiert. Das Potential des utopischen Denkens, das Gegenwart wie Zukunft auf humane Ziele hin zu strukturieren vermag, sei zurückgegangen. „Der Horizont der Zukunft hat sich zusammengezogen und den Zeitgeist wie die Politik gründlich verändert. Die Zukunft ist negativ besetzt; an der Schwelle zum 21. Jahrhundert zeichnet sich das Schreckenspanorama der weltweiten Gefährdung allgemeiner Lebensinteressen ab: die Spirale des Wettrüstens, die unkontrollierte Verbreitung von Kernwaffen, die strukturelle Verarmung der Entwicklungsländer, Arbeitslosigkeit und wachsende soziale Ungleich-gewichte in den entwickelten Ländern, Probleme der Umweltbelastung, katastrophennah operierende Großtechnologien geben die Stichworte, die über Massenmedien ins öffentliche Bewußtsein eingedrungen sind.“ Die Antworten der Intellektuellen würden nicht weniger als die der Politiker Ratlosigkeit spiegeln. Es sei keineswegs nur Realismus, wenn eine forsch akzeptierte Ratlosigkeit mehr und mehr an die Stelle von zukunftsgerichteten Orientierungsversuchen träte. Vor allem wirke sich die „neue Unübersichtlichkeit“ dahingehend aus, daß man sich immer mehr im Hier und Heute einzurichten trachte, wobei der Augen-BIick Selbstzweck wird; „apokalyptische Blindheit“ (Günther Anders) ist die Folge.

Postmoderner Beliebigkeitskult durchwirbelt die Misere und kreiert bewußtloses Glück. Nach Georg Hensel würde Luthers Verweigerung des Widerrufs heute — im Gefolge der inzwischen weltberühmten Parole des Philosophen Paul Feyerabend: „Anything goes“ — lauten: „Hier stehe ich, ich kann auch anders.“ Gedankliche Anstrengung ist degoutant. Geliebt wird wieder der Dandy, dessen mokanter Charme vor allem darin begründet liegt, daß er an nichts glaubt, sich über nichts aufregt und nichts bewegen will. Zum Dandy paßt stets ein Fin de siede. Nur die Topoi wechseln; im Rokoko der Park mit Rotunde, Ende des 19. Jahrhunderts das Boudoir, heute die Boutique. Das Gemeinsame: Die Unterordnung der Wahrheit unter den Reiz. Plaisir. „Als Plaisir ist der Mensch Subjekt. Das heißt: So wenig wie das Faktum des Denkens kann das Faktum des Plaisir bestritten werden, ob es nun mit richtigen oder mit unrichtigen Vorstellungen, mit lauteren oder mit unlauteren Mitteln operiert. Plaisir ist Plaisir.“ „Behübschung“ heißt die Parole. Und: „Nach uns die Sintflut!“ Diese aufzuhalten hat man keinen besonderen Bock. Theorie ist out, Praxis ist in; erkenntnisleitendes Interesse — was soll’s . . . Die postmoderne Jugendkultur, so Bernd Guggenberger, ist geprägt durch die Absage an alles Visionäre und Utopische, an alles Ferne und Hehre, an Ordnung und Sinn, an Ziel und Zukunft, an Idyllen und Ideen. Man ist, weil man ißt; und man ißt, was schmeckt. Und wem der „Big Mac“ näher ist, als die „Große Verweigerung“ (Herbert Marcuse), der scheut sich nicht, dies auszusprechen: „, Wir sagen ja zur modernen Welt"", tönt die Freiwillige Selbstkontrolle, . hebt, was Euch kaputtmacht'. . . Wenn man Plastik und Beton eh’ nicht wegkriegt (und Denver und Dallas und McDonalds und Mickymaus) — dann ist es am besten, man fährt darauf ab!“

Nun würde man dem postmodernen Zeitgeist Unrecht tun, sähe man ihn nur auf libidinösem Grund, parterre, angesiedelt. Er schwebt auch ganz oben, dort, wo die azurnen Meta-Ebenen sich ausbreiten und die professionellen Begriffsjongleure sich tummeln. Die Geisteswissenschaftler an den Universitäten etwa verfallen zunehmend einem radikalen Konstruktivismus, den man auch Arrieregarde der Scholastik nennen könnte. Sprach-und Begriffs-spiele ersetzen die Analyse der Welt, von der man sich geistig abwendet.

Am Beispiel des zum postmodernen Modephilosophen gewordenen Dietmar Kamper spricht Klaus Laermann vom „rasenden Gefasel der Gegenaufklärung“. Es sei durch geringste begriffliche Anstrengung gekennzeichnet. Die Texte wirkten, als schielten sie. Kaum je setze ein Satz den vorigen fort; meist erscheine er verdreht oder beantworte eine Frage, die der vorherige Satz so nicht gestellt habe. „Dadurch gerät die Diskursivität der Texte ins Rutschen, sie münden in Begriffstrance. Die Verstiegenheit und Verquastheit gegenwärtiger Moden in den Sozial-und Geisteswissenschaften beruht auf der Entrückungsstrategie einer Sprache, die ihre Inhalte nicht mehr bis zur Kenntlichkeit entwickeln will, sondern sie lieber im schiefen Irgendwie beläßt.“

Postmoderne Kunst: Die Konservativen sind richtig glücklich, daß nun überall drauflos erzählt, gemalt, musiziert wird, und Botschaften nicht mehr „gefragt“ sind. Die Taube bei Patrick Süskind ist keine Friedenstaube, die ein Manifest im Schnabel trägt; sie entspricht voll den narrativen Erwartungen: Sie ist eine Taube. Die Ästhetisierung der Kunst kompensiere als spezifisch moderne Ersatzverzauberung die moderne Entzauberung der Welt, meinte schon Max Weber. Dieser Trend erreicht offensichtlich im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts seinen Höhepunkt.

Die Lust an der Verantwortungs-losigkeit und die Absage an die Bemühung, den Menschen „weiterzubringen“ (durch geistige Herausforderung), macht postmoderne Kunst zu einem wichtigen Faktor kapitalistischer Vermarktungsstrategien. Andy Warhols Losung: „All is pretty“ schließt ein. daß alles verkäuflich ist. „Die Kunst der Postmoderne in der Rolle des Handlangers bei der affirmativen Zurschaustellung dessen, was ohnehin so und nicht anders ist. Kunst als PR-Agentur des Bestehenden, zuständig für dessen Putz, Reklame, Zierat, Kosmetik.“ So ist es durchaus signifikant, daß land-auf landab, souffliert von geschickten Galeristen, die extensive Subventionierung bildender Kunst mit dem Argument gefordert wird, daß ihre Präsentation in Kunstsammlungen, Kunsthäusern, Kunst-museen einen wichtigen Standortvorteil bei der Ansiedlung wirtschaftlicher Unternehmen verheiße. High Tech umgibt sich mit Soft Art; eine Ökonomie, die in Richtung Zweidrittelgesellschaft zunehmend auf Sozialdarwinismus rekurriert, baut sich mit Hilfe postmoderner Kunst eine abschirmende Fassade, die Transparenz durch Blendwerk ersetzt.

Posthistoire impliziert das Gefühl bzw. die Über-zeugung, daß von Geschichte eigentlich nichts mehr zu erwarten sei. In sich geschlossene Kreisläufe funktionierten weiter, Veränderungen aber erscheinen unwahrscheinlich, man richtet sich im Festgefügtem, Gegebenem ein. Otto K. Werckmeister spricht von „Zitadellenkultur“: Grandiose Darstellungen der Selbstempfindung erfüllten die katastrophenträchtige Szenerie eines geschichtsvergessenen Bewußtseins, in dem ästhetischer Jammer und politische Apathie einander bedingten und steigerten

VIII.

Die These von der Zitadellenkultur als Rückzugsort entscheidungsloser, wirkungsloser Informationsund Meinungsfreiheit, die in den demokratischen Industriestaaten erreicht sei, erwies sich freilich als falsch; die erstarrte, schon Geschichte gewordene Situation des Ost-West-Gegensatzes geriet im letzten Drittel des Jahres 1989 gerade deshalb ins Tanzen, weil die westliche Informations-und Meinungsfreiheit den Willen zur politischen und kulturellen Selbstbestimmung im Osten inspirierte. Mit einer sich geradezu Überschlagenden Rasanz, bewirkt von Michail Gorbatschows antistalinistischem Umbau der sowjetischen Gesellschaft und seinem außenpolitischen Nichteinmischungsprinzip, eingeleitet von einer seit längerem in Polen vor sich gehenden Umstellung, befreiten sich die osteuropäischen Völker, bislang von nach-oder neostalinistischen kommunistischen Führungskadern unterdrückt, von der Gewaltherrschaft.

Mit dem Fall der Mauer am 9. November 1989, der Öffnung des Brandenburger Tores und schließlich der Vereinigung der beiden Deutschland am 3. Oktober 1990 ist die Kulturgeschichte der (bisherigen) Bundesrepublik zu Ende gegangen. In Zukunft wird eine getrennte Betrachtung der beiden Kulturen weder möglich noch notwendig sein; zudem besteht die Hoffnung, daß das gemeinsame Nachdenken über die durch höchst unterschiedliche Genealogien geprägte, nun wieder gemeinsame Kultur als deutsch-deutscher Diskurs politischer Einseitigkeit entgegenzutreten vermag.

„Wenn ich von deutscher Kultumation rede“, so der DDR-Schriftsteller Günter de Bruyn, „drücke ich damit aus, daß ich erstens kulturelle Bindungen für stabiler als staatliche halte, und zweitens, daß mir Kultur verehrungswürdiger und wichtiger ist als der Staat“. Der Begriff der Kultumation verdeutliche, daß die Deutschen, durch Kultur und Geschichte bedingt, zusammengehörten Auf das deutsch-deutsche Verhältnis übertragen, gilt mehr denn je die Feststellung von Jürgen Habermas, daß komplexe Gesellschaften eine kollektive Identität vor allem via Kultur herzustellen vermögen.

Die unzweifelhaft großen demokratischen und kulturellen Errungenschaften der Bundesrepublik, vor allem was die Freiheit wie Autonomie des Geistes und die Verwirklichung des Pluralismus betrifft, ist nicht nur auf die neuen Bundesländer übertragbar, sondern für jeden Kulturstaat lebenswichtig. Dabei ist jedoch jede missionarische Überheblichkeit unangebracht; es besteht dafür allein schon deshalb kein Grund, weil die positive Entwicklung im Westen Deutschlands unmittelbar nach 1945 einen glücklichen Zufall darstellt, weitgehend nicht aus eigener Kraft entwickelt wurde, sondern dem Wohlwollen und der Klugheit der allierten westlichen Besatzungsmächte zu danken war, was die demokratische Aufbauleistung der Emigranten, Verfolgten und Widerstandskämpfer, auch der Angehörigen der inneren Emigration und all jener, die dazulernten, erst ermöglichte. Westliche Bescheidenheit ist ferner angebracht, da hier das freiheitlich Erreichte immer wieder durch Opportunismus, durch vorauseilenden Gehorsam (bei manchen Linken durch nachhinkenden Gratismut) und durch die Unfähigkeit zu trauern gefährdet gewesen ist.

Mit Recht betont Günter de Bruyn, daß das östliche Deutschland als Ganzes zur kulturellen Vielfalt einen nicht unbeträchtlichen Beitrag leisten könne; denn die vierzig Jahre andersgearteten politischen Lebens in Unterdrückung und Mangel, in sozialer Sicherheit, aber Unmündigkeit hätten das sich als beständig erwiesene Nationale doch in spezieller, nicht nur unguter Weise geprägt. „Literatur. Musik oder Sozialempfinden haben in dieser Zeit eigene Töne bekommen, deren Mitwirkung in einem künftigen deutschen Konzert man sich wünscht. Dieses sollte aber, da alles Kulturelle Zeit braucht zum Reifen, nicht zu früh und zu heftig einsetzen, damit leise Töne darin nicht verloren gehen. Denn so günstig auch einheitliche Märkte und Verkehrsordnungen sein mögen, so schlecht sind Einebnungen im Kulturellen — eine Regel, die natürlich nicht nur für Deutschland, sondern auch für ein einheitliches Europa gilt.“

Dazu kommt, daß die DDR-Kultur in hohem Maße, wenn auch lange Zeit vergeblich (was zu immer neuem Exodus führte), dazu beitrug, daß das geist-und menschenverachtende Regime schließlich gestürzt werden konnte. Im Gegensatz zur postmodernen, in die „Zitadelle“ flüchtenden, bald sich egozentrischer Larmoyanz, bald entleertem Ästhetizismus hingebenden, vor den Marktgesetzen der Kulturindustrie moralischen Widerstand aufgebenden „Westkultur“ hat die „Ostkultur“, neben der Qualität des Handwerklichen, durch ihre Existenz freiheitliche Essenz bewahrt. Daß schließlich die „Wir-sind-das-Volk“ -Bewegung zum Durchbruch kam. ist auch den beharrlichen, vielfach freilich nur kleinen, sich aber summierenden „Abweichungen“ von der Parteilinie vieler Künstler und Intellektueller zu danken. Die Geschichte der DDR-Kultur verweist allerdings auch erneut auf die Verführbarkeit des Geistes und die Korruptionsanfälligkeit ästhetischer Moral. Dieses heuchlerische und obrigkeitsfromme Verhalten deutscher Künstler und Intellektueller ist aus dem Dritten Reich hinreichend bekannt. Die Grenzen zwischen zynischem Aktionismus, perfidem Opportunismus, tumbem Mitläufertum und zwielichtigem Doppelleben sind dabei fließend.

Das Grundübel, aus dem über die Jahrzehnte hin fast alle anderen Übel des DDR-Staates hervorgegangen sind, den Stalinismus, haben allerdings auch westdeutsche Intellektuelle, nicht nur Marxisten, lange Zeit mit großem Gleichmut hingenommen, dabei auch die Erfahrungen „übersehen“, die ältere und dann abtrünnig gewordene Kommunisten einbrachten. Mit berechtigter Schärfe den westlichen Antikommunismus geißelnd, versagte ihre kritische Einstellung gegenüber dem kommunistischen Totalitarismus. Selbst der politische und gesellschaftliche Umbau in der Sowjetunion, von Michail Gorbatschow auf geschichtlich einmalige Weise eingeleitet und betrieben, führte — zumindest zunächst — keineswegs zu jener Begeisterung, die doch gerade bei Linken die Wiederherstellung von Menschenrechten hervorrufen müßte. „Für einige der bundesdeutschen Linken bricht jetzt, da in der Sowjetunion Menschen beginnen, über ihre Vergangenheit offen zu sprechen, ihr Haus aus Selbsttäuschung zusammen, denn es legt die eigenen Defizite bloß, etwa: Denken ohne Widersprüche, mangelnde Toleranz, die Vorstellung von Führern und Geführten. Es war nicht allein der Schrecken des Faschismus, der Deutschen den Mund verschloß, als ihre sowjetischen Genossinnen und Genossen „verschwanden’. Es war auch die eigene Duldsamkeit, die eigene abstrakte Sehnsucht nach disziplinierten Arbeiter-massen und nach einem durch Weisheit von oben gelenkten Staat, nach einer verstaatlichten Gesellschaft.“

Für das Erblühen einer nun das vereinte Deutschland erfassenden demokratischen Kultur ist ein ausgeprägter, sich verstärkender, im östlichen Teil erst zu schaffender Föderalismus mit kultureller Dezentralität notwendig — einschließlich der „öffentlichen Finanzierung“ von Kultur durch Städte und Gemeinden, damit staatlichen Dirigismus und wirtschaftliche Abhängigkeit vermeidend.

Die deutsche „Kulturnation“ wird sich dann nicht verfehlen, wenn sie auf eine europäische und weltweite Kultur transzendiert, also im europäischen Haus nicht Hausmeister oder gar „Hauswart“ zu spielen beabsichtigt, sondern auf „Wohngemeinschaft“ sich einrichtet — in Begegnung mit allen Einwohnern das Eigene verunsichert erfahrend, zugleich sein Eigenes, mit Freude am anderen, den Fremden als Angebot für Aneignung darbringend: Kultur-Austausch.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Matthias Rüb. Aber ein Sturm weht vom Paradiese her. Eine Gedenkausstellung zum Leben und Werk Walter Benjamins in Marbach am Neckar, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 26. September 1990.

  2. Walter Benjamin, Gesammelte Schriften, I. 2.. hrsg. von Rolf Tiedemann und Hermann Schweppenhäuser. Werkausgabe Band 2, Frankfurt 1980. S. 697 f.

  3. Friedrich Meinecke. Die deutsche Katastrophe. Betrachtungen und Erinnerungen. Wiesbaden 1946, S. 174 ff.

  4. Theodor W. Adorno. Minima Moralia. Reflexionen aus dem beschädigten Leben, Frankfurt 1984. S. 65.

  5. Vgl. Herbert Marcuse, Über den affirmativen Charakter der Kultur, in: Kultur und Gesellschaft I. Frankfurt 1965. S. 66.

  6. Wolfgang Langhoff, Ein Deutschland-Brief, in: Neue Zeitung vom 18. Februar 1946.

  7. Wolfgang Borchert, Das ist unser Manifest, zit. nach Klaus Wagenbach (Hrsg.), Lesebuch. Deutsche Literatur zwischen 1945 und 1959, Berlin 1980. S. 13.

  8. Wolfgang Borchert. Draußen vor der Tür und Ausgewählte Erzählungen. Hamburg 1956. S. 31 ff.

  9. Helmut Schelsky, Die skeptische Generation. Eine Soziologie der deutschen Jugend (1958), Düsseldorf-Köln 1963, S. 74 ff.

  10. Günter Eich, Inventur, in: Gesammelte Werke, Band 1, Frankfurt 1973, S. 35.

  11. Hans Werner Richter, Wie entstand und was war die Gruppe 47?, in: Hans A. Neunzig (Hrsg.), Hans Werner Richter und die Gruppe 47. Frankfurt 1981, S. 52 ff.

  12. H. W. Richter, ebd., S. 54.

  13. Gottfried Benn. Kunst und Drittes Reich, in: Essays. Reden. Vorträge. Gesammelte Werke in vier Bänden, hrsg. von Dieter Wellershoff. 1. Band. Wiesbaden 1965. S. 315 ff.

  14. Gottfried Benn, Probleme der Lyrik, in: Reden und Vorträge. Gesammelte Werke in acht Bänden, hrsg. von Dieter Wellershoff. 4. Band. Wiesbaden 1968. S. 1087 f.

  15. Theodor W. Adorno, Auferstehung der Kultur in Deutschland?, in: Frankfurter Hefte, (1950) 5, S. 169ff.

  16. Hanns Braun, Besuch der alten Dame. Dürrenmatt-Premiere in den Kammerspielen, in: Süddeutsche Zeitung vom 30. /31. Mai 1956.

  17. Friedrich Dürrenmatt. Der Besuch der alten Dame, in: Komödien I, Zürich 1957, S. 356.

  18. Alexander und Margarete Mitscherlich. Die Unfähigkeit zu trauern. Grundlagen kollektiven Verhaltens. München 1967. S. 24ff.. 19.

  19. Das Schönste. (1956) 10. S. 2.

  20. Ralf Dahrendorf. Gesellschaft und Demokratie in Deutschland. München 1965. S. 143.

  21. Jürgen Habermas. Protest und Hochschulreform. Frankfurt 1969. S. 40.

  22. Wolfgang Jäger. Die Regierungen Schmidt/Genscher. Pragmatismus als Regierungsprogramm. Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, hrsg. von Karl Dietrich Bracher u. a.. Band 5/11. Stuttgart-Mannheim 1987. S. 263.

  23. Hans Bender (Hrsg.). In diesem Lande leben wir. Deutsche Gedichte der Gegenwart. Eine Anthologie in zehn Kapiteln. München 1978. S. 65 f.

  24. Jörg Bopp. Wir wollen keine neuen Herren. Streitschriften zur Jugend-und Psycho-Szene. Frankfurt 1982. S. 102.

  25. Vgl. Thomas Ziehe. Pubertät und Narzißmus. Sind Jugendliche entpolitisiert?. Frankfurt-Köln 1975.

  26. Hartmut von Hentig. Die entmutigte Republik. Aufsätze zur politischen Kultur der Bundesrepublik. München 1980. Vorabdruck des Titelessays in: Süddeutsche Zeitung vom 8. /9. März 1980.

  27. Jürgen Habermas. Die Neue Unübersichtlichkeit. Kleine Politische Schriften V. Frankfurt 1985. S. 143.

  28. Niklas Luhmann. Liebe als Passion. Zur Codierung von Intimität. Frankfurt 1982. S. HO.

  29. Bernd Guggenberger. Sein oder Design. Zur Dialektik der Abklärung. Berlin 1987. S. 81.

  30. Klaus Laermann. Das Gefasel der Gegenaufklärung, in: Merkur. (1985) 3. S. 218.

  31. Peter Niebaum. „All is pretty“? — Vom Schwindel zwischen modcrn(d) en Einbahnstraßen und postmodernen Sackgassen, in: Anschläge. 1987.

  32. Otto K. Werckmeister. Zitadellenkultur. Die schöne Kunst des Untergangs in der Kultur der achtziger Jahre. München 1989. S. 18. 22.

  33. Günter de Bruyn. So viele Länder. Ströme und Sitten. Geschichte und künftige Möglichkeiten einer deutschen Kultumation. in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 3. Januar 1990.

  34. Christiane Reymann, in: Detlev Albers/Frank Deppe/Michael Stamm, Fernaufklärung, Köln 1989. Zit. nach Frankfurter Rundschau vom 21. Oktober 1989: Für manche Linke bricht ein Haus aus Selbsttäuschungen zusammen. Der demokratische Umbau in der Sowjetunion löst auch in der Bundesrepublik Diskussionen um linkes Selbstverständnis aus.

Weitere Inhalte

Hermann Glaser, Dr. phil., geb. 1928; von 1964 bis 1990 Schul-und Kulturdezernent der Stadt Nürnberg; Mitglied des PEN; Vorsitzender des Deutschen Werkbundes e. V.; Honorarprofessor an der Technischen Universität Berlin. Veröffentlichungen u. a.: Kleine Geschichte der modernen Weltliteratur, Frankfurt 1956; Das Dritte Reich — Anspruch und Wirklichkeit, Freiburg 1961/1979; Spießerideologie. Von der Zerstörung des deutschen Geistes, Freiburg 1965/1985; Eros in der Politik. Eine sozialpathologische Untersuchung, Köln 1967/1985; (Hrsg.) Bundesrepublikanisches Lesebuch. Drei Jahrzehnte geistiger Auseinandersetzung, München 1978/1980; (Hrsg.) Fluchtpunkt Jahrhundertwende. Ursprünge und Aspekte einer zukünftigen Gesellschaft, Bonn 1979/1981; Maschinenwelt und Alltagsleben. Industriekultur in Deutschland vom Biedermeier bis zur Weimarer Republik, Frankfurt 1981; (Hrsg.) Soviel Anfang war nie. Deutscher Geist im 19. Jahrhundert, München 1981/1984; (Hrsg.) Von der Kultur der Leute. Ein Lesebuch, Frankfurt-Berlin-Wien 1983; Das Verschwinden der Arbeit. Die Chancen der neuen Tätigkeitsgesellschaft, Düsseldorf 1988.