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Die Bundesrepublik Deutschland 1945— 1990. Reformen und Defizite der politischen Kultur | APuZ 1-2/1991 | bpb.de

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APuZ 1-2/1991 Kultur und Gesellschaft in der Bundesrepublik. Eine Profilskizze 1945— 1990 Die Bundesrepublik Deutschland 1945— 1990. Reformen und Defizite der politischen Kultur Die Außenpolitik Deutschlands. Alte Herausforderungen und neue Probleme

Die Bundesrepublik Deutschland 1945— 1990. Reformen und Defizite der politischen Kultur

Martin Greiffenhagen

/ 28 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Entgegen den düsteren Prognosen amerikanischer Sozialwissenschaftler, welche Mitte der fünfziger Jahre meinten, die Westdeutschen brauchten hundert Jahre, um zuverlässige Demokraten zu werden, hat sich die Bundesrepublik in wenigen Jahrzehnten zu einer stabilen Demokratie westlichen Musters entwickelt. Grund dafür ist u. a. die seltene Kombination von zwei Faktoren: der Schock einer katastrophalen militärischen Niederlage, verbunden mit wirtschaftlicher Hilfe ausgerechnet von Seiten der ehemaligen Feind-mächte. Hinzu kamen allgemeine Trends in der westlichen Welt: Rückgang autoritärer Familienstrukturen. Anstieg des Bildungsniveaus, Vermehrung der Freizeit, Einfluß des Fernsehens, das die Verbindung von Eliten und Öffentlichkeit veränderte. In Westdeutschland führte der enorme Wirtschaftsaufschwung zur Bildung einer neuen Mittelklasse. Diese wohlhabende Schicht initiierte zwei Entwicklungen, die für weitere Demokratisierung sorgten: bessere und längere Schulbildung und berufliche Positionen, die wiederum von sich her demokratische Wrte stützten und förderten. Die Westdeutschen öffneten sich auch zunehmend Einflüssen von außen, durch Exportverbindungen. Tourismus, internationalen Jugendaustausch. Dieser Verkehr förderte eine Weltoffenheit, die Handels-und Seenationen schon für demokratische Ideen empfänglich gemacht hatten, weil sie sich „auszahlten“: als Sinn für Innovation, Pluralität. Toleranz. Die politischen Resultate dieser ökonomischen, sozialen und kulturellen Veränderungen: Anstieg des politischen Interesses, der Partizipation, des sozialen Vertrauens, schließlich auch der affektiven Bindung an das demokratische Regierungssystem. Im Blick auf die neue gemeinsame politische Kultur der ehemals getrennten deutschen Staaten wird man fragen müssen, welchen Einfluß die lange autoritär-totalitäre Politikgeschichte Ostdeutschlands auf die westdeutsche Kultur haben wird, und weiter: ob es — wie damals — gelingen wird, über wirtschaftliche Stabilisierung einen raschen und nachhaltigen politischen wie gesellschaftlichen Wandel in den neuen Bundesländern zu bewirken.

„Wer versuchen wollte, aus Deutschland eine bürgerliche Demokratie im westlichen Sinn und Geiste zu machen, der würde ihm sein Bestes und Schwerstes, seine Problematik nehmen, der würde es langweilig. klar, dumm und undeutsch machen.“ Diesen Satz schrieb Thomas Mann 1918. Er meinte damals, westliche Demokratie passe nicht auf deutsche Verhältnisse. Inzwischen haben wir sie, diese langweilige und dumme demokratische Kultur westlichen Musters. Und immer noch gibt es Leute, die meinen, wir sollten eine spezifisch deutsche politische Kultur ausbilden. So meinte 1978 Thomas Schmid, damals ein Linker der Protestbewegung: „Ich will hier eine Linke, die nicht nur ,. *kosmopolitisch sondern auch . *deutsch ist. Die den Mangel an politischer Kultur nicht dadurch aufheben will, daß sie auf den Zug der anderen Länder aufspringt, sondern dadurch, daß sie eine spezifisch deutsche politische Kultur entwickelt.“

Wie stellt sich die politische Kultur des deutschen Weststaates heute dar: als ein Ableger angelsächsischen Demokratieverständnisses, als Fortsetzung deutscher Politiktraditionen, als eine Mischung von beidem — und welcher Art dann?

Nationen lassen sich nach der Bedeutung unterscheiden, die Herkunft oder Zukunft für ihre Identität haben: Die alten Nationen leben aus der Substanz, die jungen auf Kredit. Glücklich, wer beides verbinden kann, wie die Schweizer Eidgenossen in ihrem Rütlischwur: „Wir wollen sein ein einzig Volk von Brüdern, In keiner Noth uns trennen und Gefahr.

Wir wollen frei sein, wie die Väter waren . .

Bei uns ist das alles nicht so einfach. Nicht nur Historiker streiten um die Frage, was für die Identität unseres schwierigen Vaterlandes mehr zählt — ihre nationale Vergangenheit oder ihr Wille zur Demokratie.

Wer politische Identität aus Herkunft ableiten will, muß nicht nur eine Nationalgeschichte haben, er muß auch auf sie stolz sein können. Das Erbe sollte makellos sein. Das ist es nicht; das ist es nie. Aber man wird doch verstehen und vergessen dürfen? Oder mindestens aufrechnen, wie Franz Josef Strauß, als er sagte: „Ein Volk, das ein solches Wirtschaftswunder geschaffen hat, hat ein Recht, nicht ständig an Auschwitz erinnert zu werden.“

Die Frage ist, ob wir am Nationalsozialismus historisch und moralisch vorbeikommen. Er hat in zwölf Jahren Deutschland, Europa und viele politische Verhältnisse auf der Erde so verändert, daß wenig Aussicht bleibt, man könne ihn vergessen wie Frankreich den Algerienkrieg oder die USA Vietnam. Vor allem hat er Deutschland selber verändert und die deutsche Geschichte in eine Spaltung getrieben, deren Überwindung nun rechtlich gelungen ist, uns aber mit der Frage unserer politischen Identität aufs Neue konfrontiert.

Das soll im folgenden geschehen, im Blick auf die Ausbildung der politischen Kultur in der Bundesrepublik Deutschland und mit Seitenblicken auf die Einflüsse, die durch die neue Vereinigung zu erwarten sind.

I. Neubeginn?

Als der Hitlerstaat unter den Schlägen der alliierten Armeen zusammenbrach, konnte der verlorene Krieg nicht wie 1918 als Ergebnis des Dolchstoßes revolutionärer Wühler in der Heimat umgedeutet werden. Im Blick auf das Ende dieses Reiches sprach man von „Tragödie“ und „Katastrophe“. Gleichwohl zeigten noch Mitte der fünfziger Jahre die Westdeutschen ihre Verbundenheit mit dem längst abgelösten Regime. Die Hälfte der neuen Bundesbürger meinte zehn Jahre nach Ende des Krieges, der Nationalsozialismus sei im Grunde eine gute Idee, die nur schlecht ausgeführt worden sei. und ohne den verlorenen Krieg wäre Hitler einer der größten deutschen Staatsmänner gewesen. Trotzdem hatte man sich von Anfang an auf den politischen Regimewechsel eingestellt. Das entB sprach der Logik der deutschen Politikgeschichte: Kriege verändern Regime.

Die Weimarer Republik wurde von vielen gehaßt und von den meisten als ein notwendiges Übel -hin genommen: „Vernunftrepublikaner“. Die Bonner Republik hingegen erfreute sich bald hoher Wertschätzung. Und heute stehen die Westdeutschen mit ihrer Zufriedenheit über ihr Regime im internationalen Vergleich auf einem der vordersten Plätze. Das ist überraschend, wenn man bedenkt, daß amerikanische Sozialwissenschaftler Mitte der fünfziger Jahre meinten, es könne wohl hundert Jahre dauern, bis das deutsche Volk seine vordemokratische politische Kultur überwunden hätte. Heute nennen dieselben Forscher die Bundesrepublik eine der stabilsten Demokratien westlichen Musters.

Eine Erklärung dafür liefert der amerikanische Sozialwissenschaftler Almond. Er gibt sie in zwei Richtungen. Erstens: „Nur Katastrophen scheinen in der Lage zu sein, Einstellungen in kurzer Zeit zu ändern; ansonsten geht der Wandel relativ langsam vor sich.“ Wenn solche Katastrophen sich mit einer geschickten Verfassungsgebung und einer günstigen ökonomischen Leistungsbilanz verbinden, kann man einen kurzfristigen und gleichzeitig tief-greifenden Wandel erwarten. Für beides war in Westdeutschland gesorgt. Zweitens: In allen Industrieländern haben die Autoritätsstrukturen in der Familie sich im Hinblick auf eher partizipatorische Formen verändert. Außerdem gibt es Anhaltspunkte dafür, daß der allgemeine Anstieg im Bildungsniveau in den fortgeschrittenen Industriegesellschaften den Anteil der politisch aktiven Bürger erhöht hat und damit die politischen Kulturen in diesen Gesellschaften in eine partizipatorische Richtung verändert worden sind. Schließlich müsse man überall einen großen Einfluß des Fernsehens annehmen. Es habe die Bedeutung der alten Meinungsführer abgeschwächt und die Verbindung von Elite und Öffentlichkeit verändert. Zusammen mit einer steigenden Bildung sorge es für neue Maßstäbe und einen neuen Stil in der Politik.

Immer wieder hat man die Situation nach den beiden verlorenen Kriegen 1918 und 1945 verglichen, vor allem im Blick auf die Chancen der durch die militärische Niederlage möglich gewordenen neuen republikanischen Staatsform. Die Unterschiede springen ins Auge und bleiben bedeutsam auch dann, wenn Almond mit seiner Vermutung recht haben sollte, der eigentliche Grund dafür, daß das deutsche Volk 1945 nicht wie 1918 mit Klauen und Zähnen an der alten politischen Kultur festgehalten habe, liege in dem Schock der evidenten militärischen Niederlage. Hier die wichtigsten Punkte: 1. Die beiden Eliten, welche die politische Geschichte Preußen-Deutschlands bestimmt hatten — der landbesitzende Adel Osteibiens und das Militär waren nach er — 1945 verschwunden. Zum -sten Mal gab es eine Chance für bürgerliche Werte und Normen. Sie wurde ergriffen. 2. Das innenpolitische Klima des neuen Weststaates und sein Verhältnis zu den Siegermächten wurde nach Rückkehr des Saarlandes nicht durch territoriale Ansprüche und regionale Konflikte belastet: Übersteigerter Nationalismus hatte keine Chance mehr. 3. Statt Reparationslasten, Inflation, Wirtschaftskrisen und Arbeitslosigkeit gab es ökonomische Hilfe mit dem Marshall-Plan und einen märchenhaften Wirtschaftsaufschwung: Die Demokratie galt bald als eine Staatsform, die „Wirtschaftswunder“ vollbringt oder ermöglicht. 4. Die allgemeine Wohlfahrtssteigerung führte zum Abklingen von Klassenspannungen. Obwohl die Ungleichheit von Vermögen und Einkommen eher zunahm, verschwand durch die Angleichung von Konsumgewohnheiten das Klassenbewußtsein. Die kapitalistischen Rahmenbedingungen einer bürgerlichen Demokratie fanden breite Zustimmung. 5. Der enorme Wirtschaftsaufschwung führte zur Bildung einer neuen Mittelklasse. Diese wohlhabende Schicht produzierte zwei Faktoren, welche für Demokratisierung sorgten: bessere und längere Schulbildung und berufliche Positionen, die von sich her demokratische Werte stützten und förderten. Hinzu kamen noch zwei Bedingungen, die gleichfalls Ergebnis des Wirtschaftsaufschwungs waren und in Richtung Demokratisierung wirkten: mehr soziale Sicherheit und mehr Freizeit. 6. Die Westdeutschen öffneten sich zunehmend Einflüssen von außen, durch Exportverbindungen. Tourismus, internationalen Jugendaustausch. Dieser Verkehr förderte eine Weltoffenheit, die Handels-und Seenationen schon früher für demokratische Ideen empfänglich gemacht hatten, weil sie sich auszahlten’, als Sinn für Innovation. Pluralität. Toleranz.

Die letzten drei Punkte betreffen einen Kausalzusammenhang, der erklärungsbedürftig ist. Er bildet den Kern einer sozialwissenschaftlichen Theorie der Entstehung von Demokratien, welche wirtschaftlichen Wohlstand — besonders wenn er durch Handel erworben ist — in Zusammenhang mit demokratischen Verhaltensweisen bringt, die sich entweder direkt oder indirekt . auszahlen'. Diese Theorie ist nicht unbestritten und hat durchaus ihre Ambivalenzen. Es sieht aber so aus. als ob jedenfalls in unserer Epoche — wie früher schon in den griechischen und italienischen Stadtrepubliken, später in der Entwicklung Hollands, Britanniens und den USA — Beziehungen bestehen zwischen Markt und Meinungsfreiheit, Export und Toleranz, wirtschaftlicher und politischer Freiheit, Offenheit des Warenverkehrs und Angstfreiheit gegenüber politischer Macht, technisch-ökonomischer Innovation und Sinn für neue politische Ideen, unternehmerischer Initiative und politischer Partizipation. Das ist zugleich die Logik, nach der die neue deutsche Einheit sich vollzog und sich in Zukunft bewähren soll: Die wirtschaftliche Gesundung zahlt sich nicht nur ökonomisch, sondern auch politisch aus: durch die Herausbildung von politischen Werten und Normen, Einstellungen und Verhaltensweisen, die der autoritären politischen Kultur des realen Sozialismus den Abschied geben zugunsten einer pluralen und liberalen Kultur westlichen Musters. Die Wirtschaftsentwicklung nach 1945 war die erste Modernisierung in Deutschland, die sich mit Demokratie verband. Hier liegt zugleich ein Einwand gegen die Theorie ihrer gegenseitigen Bedingtheit: sie ist nicht zwingend. Die wilhelminische Modernisierung der deutschen Gründerjahre nämlich führte zu dem, was Ralf Dahrendorf die „industrielle Feudalgesellschaft“ genannt hat. Sie verband hohe technische Innovation und enorme wirtschaftliche Expansion nicht mit demokratischen Verhaltensweisen, sondern mit politischer Repression und einer Wohlfahrtspolitik, welche die politische Abstinenz des Bürgers mit sozialer Sicherheit belohnte.

Der Modernität dieses autoritären Wohlfahrtsstaates fehlte die „kapitalistische Anarchie“, d. h. ein bejahter Pluralismus individualistischen Wettbewerbs. für den der Staat nur den Rechtsrahmen lieferte. Statt liberaler Begriffe, welche die Werte einer bürgerlichen Wirtschaftsgesellschaft spiegelten, dominierten in Deutschland politische Wertvorstellungen. welche die autoritäre Geschichte Preußen-Deutschlands widerspiegelten. Durch seine politische Verspätung hat das deutsche Bürgertum es nur zur Ausbildung einer Modernität gebracht, die sich auf reibungslose Funktion richtete, ohne daß das Individuum sein eigenes Glück verfolgte und gleichzeitig damit die Frage nach der solches Glück ermöglichenden humanen Gesellschaft stellte. Den Lebenssinn gab der Staat vor, und nur er bestimmte die Ziele, für die technischer Verstand und wirtschaftliche Effektivität in Dienst zu nehmen waren. Daß dieser Staat strenggenommen keine Staatsidee hatte, sondern, wie Max Weber es formuliert hat. als führerloser D-Zug durch die Geschichte raste, lassen wir hier außer Betracht zugunsten einer späteren Überlegung dazu.

Zur Beschreibung dieser verkürzten Rationalität hat Dahrendorf die Unterscheidung von „Marktrationalität“ und „Planrationalität“ vorgeschlagen. Die Marktrationalität zielt auf eine optimale Befriedigung konkurrierender Interessen, die Planrationalität setzt ein Zentrum voraus, das den Plan im einzelnen entwickelt, dazu die Disziplin einer straffen Organisation, die seine Ausübung kontrolliert. Heute, nach dem wirtschaftlichen und politischen Desaster der DDR, lesen sich Dahrendorfs Sätze wie eine Kurzanalyse der politischen Kultur der DDR.

Erklärungsbedürftig ist weiterhin die Annahme, für die Ausbildung liberaldemokratischer Werte und Einstellungen bedürfe es einer Mittelklasse, deren Wohlhabenheit sowohl für sich genommen wie auch als Quelle weiterer Faktoren für Demokratisierungen sorgt. Auch diese Theorie wird bestritten und hat ihre Ambivalenzen. Im Blick auf die demokratische Entwicklung der Bundesrepublik vermutet man das Ineinandergreifen der folgenden Faktoren: Der enorme Wirtschaftsaufschwung führte zur Bildung einer neuen Mittelklasse, welche Bedingungen produzierte, die einer Demokratisierung besonders günstig waren: erstens bessere und längere Schulbildung und zweitens berufliche Positionen, die autoritären Strukturen den Abschied gaben und demokratische Werte wie Eigeninitiative und Teamarbeit forderten und stützten.

Die neue Wohlhabenheit der bundesdeutschen Gesellschaft sorgte noch für zwei weitere Faktoren, die ebenfalls der deutschen Gesellschaft den Abschied von ihrer autoritären Vergangenheit leicht machten: soziale Sicherheit und ständig wachsende Freizeit. Soziale Sicherheit schafft Angstfreiheit. Angst aber ist der ernsthafteste Feind der Demokratie. Das Bismarckreich hatte seine Sozialgesetzgebung mit politischer Repression verbunden, der Bonner Staat verband sie mit Ermunterungen zu politischer Aktivität, Partizipation und Kritik — weil diese Verhaltensweisen sich auch im Sinne der neuen Marktrationalität „auszahlten“. Für die wachsende Freizeit (täglich, wöchentlich und jährlich) gilt dasselbe, was man als Demokratisierungseffekte einer längeren Ausbildungsphase annimmt: Distanz vom Zwang notvoller Werktags-Praxis. Die Vergrößerung der Freizeiträume als Feierabend, Wochenende und Urlaub haben zu einer qualitativen Veränderung in der Nutzung freier Zeit geführt. Sie entfernt sich zunehmend von der Arbeitswelt, ist immer weniger Erholung und Wiederherstellung der Arbeitskraft, sondern öffnet Räume eigenen Sinnes, die auf Ausgestaltung nach Kriterien warB ten, die den Zwängen oder Bedürfnissen der Arbeitswelt entrückt sind.

Schließlich gibt es noch ein Argument, das zwar tautologischer Natur ist, aber trotzdem bedacht sein will: Wer von Jugend auf an dem Wirtschaftsaufschwung und den genannten Implikationen teil-hatte, der hat statt angstbesetzter Sozialisation, knapper Freizeit, knappen Geldes und autoritärer Politik das Funktionieren der neuen Institutionen und Verhaltensweisen erfahren. Demokratie ist die Welt, die er kennt. Sie wirkt somit als das ihn umgebende System verstärkend auf alle anderen Lebensgebiete ein.

Mit dem letzten ist bereits begründet, was empirische Einstellungsforschungen immer wieder herausgefunden haben: Für die im Laufe der Jahre sich durchsetzenden demokratischen Einstellungen und Verhaltensweisen sind die nachwachsenden jüngeren Generationen verantwortlich, nicht ein Sinneswandel der älteren. Die starke Bedeutung der jüngeren Jahrgänge wurde dadurch noch verstärkt, daß mit wachsendem Wohlstand, erweiterten Freizeit-räumen und Schwächung der autoritären Familien-strukturen die Jugend immer mehr Zeit außerhalb des Elternhauses verbrachte. Gleichaltrige Gruppen gewannen an Bedeutung für die Ausbildung von Einstellungen und Verhaltensweisen, die stärker partizipativ waren. Eigeninitiative voraussetzten und im politischen Bereich Konflikt-und Kompromißfähigkeit sowie Toleranz und Pluralismus förderten.

Seit 1945, mehr noch seit dem Ende der sechziger Jahre, wird in Deutschland weniger kommandiert. „Diener“ und „Knicks“ sind vergessen, die preußische Regel „keine Widerworte“ gilt nicht mehr. Stand das Wort „deutsch“ früher für Ordnung, Pünktlichkeit, Fleiß und Arbeitswut, so sind wir auch in dieser Hinsicht normaler geworden. Nicht jeder wäscht bei uns nach dem Essen gleich ab, sondern viele lassen das Geschirr auch mal stehen zugunsten eines gemütlichen Kaffees oder eines gemeinsamen Spazierganges.

In unsere Verwaltungen ist ein ziviler Ton eingezogen. Hackenknallen und schnarrender Befehlston sind in deutschen Büros nicht mehr gefragt. Polizisten werden zu einem Umgang mit den Bürgern erzogen, den man früher „schlapp“ genannt hätte, und mehr noch: Ausgerechnet unsere Ordnungshüter rangieren an der Spitze der Bürger, die in Umfragen meinen, es seien noch größere als die bisher erfahrenen Störungen durch Demonstrationen vertretbar.

Von entscheidender Bedeutung war die Bildungsreform. Jeder gesellschaftliche Umbau verlangt beides: Veränderung der Institutionen und Veränderung des Bewußtseins. Die Weimarer Republik hatte zwar eine neue Verfassung, aber die führenden Schichten hielten nichts vom Parteienstaat. Auch in der Bundesrepublik stand eine grundlegende politisch-gesellschaftliche Umorientierung für Jahrzehnte noch aus. Das befand ein OECD-Gutachten, das die Bildungspolitik europäischer Länder verglich. Die Bildungsreform der sechziger und siebziger Jahre schaffte hier auf breiter Front Wandel: Öffnung der Bildungswege für breite Schichten durch Einführung des neunten und zehnten Schuljahres, Fremdsprachen auch in der Hauptschule, Gründung von Gesamtschulen, Durchlässigkeit von Bildungswegen, finanzielle Hilfe für sozial schwache, aber begabte Schüler und Studenten. Die organisatorischen Reformen wurden durch eine geistige Neuorientierung ergänzt: Modernisierung der Lehrpläne im Wege der Durchforstung der Schulbücher auf vordemokratische Ideale, neue pädagogische Konzepte mit Schwerpunkt auf Selbsttätigkeit und Kooperation. Einrichtung des Fachs Sozialwissenschaft. Im Schulbetrieb gab es Korrekturen obrigkeitlicher Traditionen durch Einführung von Mitbestimmungsmodellen auf Lehrer-, Eltern-und Schülerebene.

Reformen des Strafrechts und der Strafprozeßordnung sorgten für Angleichungen an die neue Verfassung. An die Seite des Schutzes der öffentlichen Ordnung trat das Rechtsgut der Wahrnehmung persönlicher Grundrechte. Die Rechtsposition des Beschuldigten mit seiner Verteidigung wurde gestärkt, die Verhängung der Untersuchungshaft wurde erschwert.

Reformen im sexuellen Bereich führten zur Abschaffung des Kuppeleiparagraphen und der Kriminalisierung männlicher Homosexualität. Man duldete freizügige Darstellungen erotischer Themen in Bild und Schrift. Manche Reformen wurden später wieder zurückgenommen. Trotzdem ließ sich das Rad nicht ganz zurückdrehen. Ein Beispiel ist das Städtebauförderungsgesetz. Als es 1971 beschlossen wurde, gab es drei völlig neue Aspekte, die das veränderte politische Klima kennzeichneten: erstens wurde jede Planung auf soziale Gesichtspunkte verpflichtet; zweitens bekamen Mieter und Pächter Beteiligungsrechte bei der Planung; drittens wurde die Mitwirkung aller sonstigen Betroffenen verankert. Auch als spätere Novellen 1977 und 1979 viele der ursprünglichen Impulse zurücknahmen und Hoffnungen auf Ausweitung der drei Ansätze technokratischen Tendenzen weichen mußten. gab es keinen völligen Rückfall in die früheren Zustände. Bürgernähe war kein Fremdwort mehr, sondern wurde eine immer stärkere Forderung gegenüber der Politik auf allen Ebenen. Dasselbe läßt sich im Blick auf die Frauenemanzipation sagen. Ohne die damaligen Impulse gäbe es heute keine Frauenbeauftragte, keine Frauenhäuser, keine Quotierung.

Kein Zweifel, die Westdeutschen sind demokratischer geworden. Die Daten, welche die Meinungs-, Einstellungs-und Werteforscher dafür vorlegen, sind überzeugend, wenn man die Kriterien akzeptiert, nach denen eine international verwandte „Demokratieskala“ einen guten Demokraten westlichen Musters definiert: Sinn für Meinungsfreiheit, Pluralität, Kritik und Opposition; Eintreten für Grundrechte; Toleranz gegenüber Andersdenkenden; Achtung von Minderheiten; Vertrauen in den Erfolg politischer Beteiligung — um nur einige zu nennen. Auf die Problematik dieser von amerikanischen Forschern begonnenen Messungen und Bewertungen gehe ich später ein. Zunächst einige Ergebnisse zu den veränderten gesellschaftlichen und politischen Einstellungen: — Das Interesse an Politik ist erheblich gestiegen.

— Ihre Meinung frei zu sagen, scheuen sich inzwischen weniger Westdeutsche als früher.

— Der politische Partizipationsgrad ist gestiegen. Das gilt sowohl für die „konventionelle“ Partizipation (Zeitung lesen und zur Wahl gehen) wie auch für die „unkonventionelle“ (Petitionen schreiben, an Demonstrationen teilnehmen). — Auch das Gefühl, man könne durch Partizipation etwas bewirken, ist. zusammen mit dem Partizipationsgrad. gestiegen. Das ist wichtig: Nur eine Partizipation, die mit diesem Gefühl verbunden ist, taugt etwas. — Das soziale Vertrauen ist gestiegen. Es handelt sich hier um eine Kategorie der Demokratieskala, die in der amerikanischen Forschung unter dem Begriff „open Ego“ läuft: Ich öffne mich meinen Mitmenschen, habe das Gefühl, daß ich in Kooperation mit ihnen mehr bewirke als allein, und weiß mich ihrer Hilfe in schwierigen Lagen sicher. Auf diese Weise entstehen Teamgeist und Hilfsbereitschaft. Ein wichtiges Kriterium für die Stärke der Verwurzelung demokratischer Einstellungen und Werthaltungen ist die sogenannte „affektive Bindung“: Man bejaht die liberale Demokratie nicht nur mit dem Kopf, als „Vernunftrepublikaner“, sondern fühlt sich den Werten seiner politischen Kultur als Herzenssache verbunden. Man konnte nicht annehmen. daß solche affektive Bindung sich rasch entwickelte, und wieder sind es nur die jüngeren Jahrgänge, die sie ausgebildet haben, allerdings mit einer die Forscher überraschenden Intensität.

Wir bleiben einen Augenblick bei diesem Punkt, weil zusammen mit ihm eine Eigenheit zu besprechen ist, die zum ersten Mal das Thema einer spezifisch deutschen demokratischen Kultur in den Blick bringt: der starke Sinn der Deutschen für wirtschaftliche Effektivität. Man hat die affektive Bindung an die demokratische Kultur unter anderem mit der Frage erkundet, worauf man in seinem Lande besonders stolz sei. Ende der fünfziger Jahre waren die Westdeutschen vor allem auf ihre Wirtschaftserfolge stolz, dazu auf eine Kategorie, die sich „Volkseigenschaften“ nannte. Das neue politische System der Deutschen hingegen brachte es damals nur auf sieben Punkte gegenüber 85 Punkten in den USA. Heute hat das politische System im Bevölkerungsdurchschnitt über 30 Punkte erreicht und bei den jüngeren Altersgruppen den Stolz auf die Wirtschaft überholt. Es steht an erster Stelle, während „Volkseigenschaften“ weit abgeschlagen sind.

Wirtschaftliche Effektivität war in der deutschen Politikgeschichte stets auch ein Kriterium politischer Leistungsfähigkeit. Das galt schon für den preußischen Staat, das galt für das wilhelminische Deutschland, das galt für Hitler, das hat auch dem demokratischen Regime nach 1945 viel Sympathie eingetragen. Aber der Gesichtspunkt wirtschaftlichen Wohlstandes und ökonomischer Stabilität hat sich in der deutschen Politikgeschichte häufig verselbständigt und lieferte auf diese Weise den einzigen Gradmesser für ein wünschbares politisches Regime. In diesem Sinne waren viele Westdeutsche besonders der älteren Jahrgänge noch über Jahrzehnte bereit, Verletzungen demokratischer Spielregeln um den Preis wirtschaftlichen Aufschwunges hinzunehmen. Der Zusammenhang von Wirtschaftskrisen und Rechtsextremismus ist in Deutschland seit der Weimarer Republik bekannt. Heute ist das Bild günstiger, und man kann hoffen, daß die Deutschen sich von dem Trauma einer Wirtschaftskrise und der mit ihr verbundenen Reaktion des Rufs nach dem „starken Mann“ zu befreien beginnen. Trotzdem muß man vermuten, daß die Bundesrepublik im Vergleich zu den alten Demokratien Wirtschaftskrisen gegenüber anfälliger ist.

II. Was heißt „demokratisch“?

In der bisherigen Darstellung zeigte sich die Bundesrepublik Deutschland als eine politische Kultur, die im Laufe der Jahrzehnte den Anschluß an die demokratische Kultur westlichen Musters gefunden hat. Als Kriterien galten Normen, Werte und Einstellungen, die vor allem von amerikanischen Forschern entwickelt wurden. Diese Beurteilung wirft eine Fülle von Fragen auf, von denen ich einige behandeln will unter der eingangs gestellten kritischen Anfrage, ob sich Deutschland eigentlich nach Kriterien beurteilen lassen kann, die nicht aus seiner eigenen Politikgeschichte stammen, sondern von anderen Nationen unter anderen Bedingungen in einer anderen Tradition über Jahrhunderte herausgebildet wurden. Diese Frage wird immer wieder gestellt und ist berechtigt. Verschärft stellt sie sich jetzt, wo zwei deutsche Staaten nach fast einem halben Jahrhundert wieder zusammenkommen. Dabei lasse ich theoretische und methodische Probleme, welche die politische Kulturforschung als solche betreffen, außer Betracht. Ihre Behandlung würde inzwischen ein eigenes Buch erfordern. Sie kommen nur da zur Sprache, wo es um Implikationen geht, die für unser Thema von Belang sind. Das gilt gleich für das erste Beispiel.

In der ersten großen vergleichenden Untersuchung Mitte der fünfziger Jahre trafen die amerikanischen Forscher auf eine Ungereimtheit, die sie irritierte. Zeigten die Westdeutschen im ganzen die Umrisse einer durch ihre Geschichte geprägten autoritären politischen Kultur, so verdarben zwei Resultate das Bild: Die Westdeutschen wiesen den besten politischen Kenntnisstand der verglichenen Länder auf, und sie zeigten eine ungewöhnlich hohe Wahlbeteiligung. Diese beiden Ergebnisse ließen sich auf den ersten Blick schlecht mit dem übrigen Bild in Einklang bringen. Welchen Sinn sollte es haben, politisch gut informiert zu sein und zur Wahl zu gehen, wenn man gleichzeitig der Meinung war, auf die Politik habe der einfache Mann keinen Einfluß, solle auch keinen nehmen; über Politik zu sprechen führe nur zu Nachteilen im Beruf und zu Streit in der Familie; eine Partei sei besser als ein Vielparteiensystem; die Opposition habe die Regierung zu unterstützen; der starke Mann sei der wichtigste Faktor in der Politik, und Kompromisse seien schwächlich?

Die Widersprüche klärten sich sehr einfach auf: Eine gute Kenntnis des politischen Regimes und seiner Anforderungen hatte jedes autoritäre Regime in Deutschland stets von seinen Untertanen verlangt: damit sie den Willen der Regierung kannten und ausführen konnten, denn „Unkenntnis schützt vor Strafe nicht“. Und was die Beteiligung an der Wahl angeht, so war die nun und neuerdings geforderte politische Aktivität der Bürger die demokratische Wahl, nach Hitlergruß im nationalsozialistischen Deutschland und dem Strammstehen im kaiserlichen. Man ging zur Wahl, nicht um auf die Politik Einfluß zu nehmen, sondern um der Pflicht eines guten Staatsbürgers auf neue Weise zu genügen.

Handelte es sich bei diesem Beispiel noch um ein Mißverständnis, das durch historisch reflektierte Interpretation rasch aufzuklären war, so zeigt das folgende Beispiel eine Schwierigkeit ernsthafterer Natur: Es gibt westdeutsche Sozialwissenschaftler, welche die Wehrdienstverweigerung aus Gewissensgründen den sogenannten Anomiefaktoren zurechnen (zusammen mit Drogensucht, Kriminalität, Streikneigung, Selbstmordrate, politischer Apathie und allen möglichen Entfremdungserscheinungen). Nun weiß man aber, daß Wehrdienstverweigerer auf der Demokratieskala signifikant hohe Werte für das liefern, was man eine demokratische Persönlichkeit nennen mag (Partizipation, Toleranz, Sinn für Minderheiten und Opposition). Wehrdienstverweigerer müßten demnach dem Demokratiepotential zugerechnet werden. Solange die Armee aber zum unverzichtbaren Bestand der Sicherheitspolitik einer Demokratie gehört, kann man Wehrdienstverweigerung sehr wohl zu den Anomiefaktoren zählen, insofern sie einer der wichtigsten Institutionen des Landes ihre Unterstützungentzieht. Eine paradoxe Situation: die Gefährdung des demokratischen Staates durch Demokraten. Man sieht, wie politische Kulturforscher unmittelbar im politisch heißen Feld operieren.

Das umstrittenste Thema solcher ambivalenten Beurteilung der westdeutschen Nachkriegsgeschichte ist die Studentenbewegung der späten sechziger und frühen siebziger Jahre. Die Studenten wiesen in Untersuchungen eine höhere Bejahung des Konfliktes als Wesenselement der Demokratie auf. Das trug ihnen in der Bewertung eines westdeutschen Sozialforschers das Urteil ein, die Studentenschaft sei die mit Abstand demokratischste Gruppe. Die Treffsicherheit dieses Urteils bestreitet u. a. Peter Graf Kielmansegg: Konfliktbereitschaft und Konflikttoleranz seien zwei verschiedene Dinge: „Konfliktbereitschaft für sich genommen ist kein sehr sicherer Indikator demokratischer Kultur. Auf die Konflikttoleranz im Sinne der Bereitschaft, im Konflikt das Recht des Konfliktgegners auf eine andere Meinung zu respektieren, kommt es an. So wäre denn auch jene Affinität zum politischen Kon21 flikt, die Kaase in seiner Untersuchung von 1973 bei den Studenten in so hohem Maße festgestellt hat und die vor allem seiner Einschätzung, die Studentenschaft sei die „bei weitem demokratischste Gruppe 1. zugrundelag, zu befragen: Handelte es sich da wirklich um Konflikttoleranz oder nicht doch — die tatsächlichen Verhältnisse an den deutschen Universitäten zu Ende der sechziger Jahre legen diese Deutung näher — lediglich um Konfliktbereitschaft, um die Bereitschaft, für die eigenen Überzeugungen auf die Straße zu gehen und sich selbst das Recht zuzusprechen, ohne allzuviel Rücksicht auf die öffentliche Ordnung zu demonstrieren? Wenn es sich so verhielte, könnte es bei dem Urteil , die bei weitem demokratischste Gruppe 1 wohl nicht einfach bleiben.“

Trotz mancher Bedenklichkeiten gibt es Gründe, die für die Vernunft einer universalen Demokratieskala sprechen. In dem Maße, in dem unsere Erde immer kleiner wird, die Märkte zusammenwachsen.der Reiseverkehr die Menschen zusammenbringt und die Kommunikationssysteme die politischen Informationsmöglichkeiten weiten, ergibt sich die praktische Notwendigkeit, auch die politischen Kulturen aufeinander zu beziehen. Früher ging man von der Verschiedenheit politischer Kulturen aus. Als Reisender stellte man sich auf die verschiedenen „Nationalcharaktere“. „Temperamente“ und „Philosophien“ ein, rechnete mit den unterschiedlichsten Funktionsweisen der Regierungen, Verwaltungen, Gerichte. Im übrigen verfuhr man strikt nach dem Grundsatz der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten eines fremden Landes. Militärbündnisse und Handelsbeziehungen wurden von der Frage der politischen Kultur nicht betroffen.

Das ist heute anders geworden. Bei internationaler Kooperation, in bilateralen oder multilateralen Bündnissen und Militärpakten kann die Frage nicht mehr ignoriert werden, welche politischen Kulturen jeweils unter ein Dach kommen. Die politischen Werthaltungen spielen eine zunehmende Rolle; es gibt Verurteilungen der innenpolitischen Verhältnisse anderer Länder und politische Konsequenzen daraus. Die Bündnispartner der NATO müssen sich für die politischen Kulturen ihrer Vertragspartner interessieren und tun dies in der Praxis auch.

Geht man von der Möglichkeit einer gemeinsamen Skala liberaldemokratischer Einstellungen und Werthaltungen aus, lassen sich gewisse Defizite der Westdeutschen feststellen. Ich nenne die wichtigsten und frage nach den Einflüssen, mit denen wir durch das Hinzukommen der DDR rechnen müssen.

III. Defizite der politischen Kultur

1. Mangelnder Sinn für Opposition Einstellungsforscher haben immer wieder herausgefunden, daß die Westdeutschen es im Vergleich zu den Bürgern der alten Demokratien an Konflikt-fähigkeit und in der Folge an Kompromißfähigkeit fehlen lassen. Das nimmt nicht wunder, wenn man bedenkt, daß die deutsche Politikgeschichte wenig oder gar keinen Sinn für politische Opposition ausbildete. Der Parlamentarische Rat war deshalb gut beraten, der jungen deutschen Demokratie eine Form von Parlamentarismus zu verschreiben, die eine „konstruktive“ Oppositionsrolle erzwingt: durch das sogenannte Arbeitsparlament, in dessen Ausschüssen alle Parteien vertreten sind und in der Gesetzgebungsarbeit kooperieren müssen. Der Westdeutsche sieht mit Befriedigung, daß sogar die Ausschußvorsitzenden zuweilen einer Partei der Opposition angehören. Das wäre in Britannien undenkbar. und der harte Konfrontationskurs, den die Opposition im Unterhaus fährt, wäre vermutlich bei uns in hohem Maße unpopulär.

Unpopulär ist der Stil unserer Bundestagsdebatten für große Teile der DDR-Bevölkerung. Ein Beispiel für die Konfliktscheu in der früheren DDR lieferte der damalige Konsistorialpräsident und heutige Ministerpräsident Manfred Stolpe in einer Diskussion im Süddeutschen Rundfunk im Juni 1990. Er beklagte das veränderte politische Klima nach Bildung der Parteien und Auflösung des Runden Tisches: Man könne nicht mehr vertrauensvoll miteinander reden, es sei „wie in Bonn“. Hier kommt ein altes deutsches Politikmuster zum Vorschein: Politik soll Streit vermeiden, nicht schlichten. 2. Mißachtung von Minderheiten Wenn eine Opposition besonders klein ist. hat sie wenig Aussicht auf Beachtung. Nicht das Sachargument. sondern die Stärke, mit der es vertreten wird, zählt. Zu viele Westdeutsche sind immer noch der Meinung, eine Opposition, die in einer Abstimmung unterlegen sei. solle künftig den Mund in dieB ser Sache halten. Das gilt um so mehr, je kleiner die Opposition ist.

Man muß fürchten, daß in bezug auf diesen Schwachpunkt aus der ehemaligen DDR wenig Hilfe kommt. Minderheiten ging es dort schlecht, sie kamen ins Gefängnis, hatten berufliche Nachteile zu erleiden und wurden gemieden. Das vergißt sich nicht so schnell. Vermutlich bedarf es hier neuer nachwachsender Generationen. Das würde der Entwicklung in Westdeutschland entsprechen, wo es auch nicht die Älteren waren, die ihre Meinung in diesem Punkte änderten. 3. Ordnung, Ruhe und Sicherheit Ein Leitbegriff deutscher Politikgeschichte war „Ordnung“. Das Wort steht immer noch hoch im Kurs. Wer Unordnung bringt, gefährdet die öffentliche Sicherheit und ist ein potentieller Staatsfeind. Vor politischer Unruhe müssen vor allem die Staats-und Volksvertreter geschützt werden. 1955 richtete der Bundestag die Bannmeile wieder ein, aus Sorge vor dem „Druck der Straße“. In Bremen kennt man die Bannmeile nicht; das sei alte republikanische Tradition, meint der Präsident der Bremer Bürgerschaft, „der Marktplatz vor dem Rathaus ist die Stätte, wo sich die Bürger seit alters her politisch artikulieren. Dabei soll’s bleiben.“

Wer den Staat „verunglimpft“, kann dafür bis zu drei Jahre eingesperrt werden. Dieser Paragraph 90 a Strafgesetzbuch würde in Schweden lächerlich wirken: Die Demokratie kann gar nicht beleidigt werden, weil sie selbstverständlich und nichts besonders Herausgehobenes ist, zusammen mit dem Recht zur politischen Kritik. Und was ihre Repräsentanten betrifft, so müssen sie Beleidigungen dort eher dulden als einfache Bürger, weil sie ihnen an Macht überlegen sind.

In Deutschland mißtraut der Staat dem Bürger. Wer die Volkszählung boykottierte, dem drohte ein Bußgeld bis zu 10 000 DM. Die traditionelle Sicherheitsneurose schließt eine tiefsitzende Angst vor politischer Bewegung ein. Partizipationswünsche geraten auf diese Weise als solche in den Verdacht der Staatsgefährdung und des Umsturzes. Emanzipationsregungen werden mit Mißtrauen verfolgt und unter dem Gesichtspunkt geprüft, ob hier womöglich eine Einbruchstelle zur Auflösung des Staates vorliegt.

Das gilt auch für geistige Störpotentiale und für intellektuelle Störenfriede aus Profession. Man muß sie bekämpfen, als „Wegbereiter“: „Zeitgenössische deutsche Schriftsteller als Wegbereiter für Anarchismus und Gewalt.“ So lautet der Titel einer Schrift, die man 1988 sogar über die Bundeszentrale für politische Bildung in Bonn bestellen konnte. Der Verfasser wittert überall den geistigen Umsturz und ist nicht zimperlich: Kaum einer unserer bedeutenden Schriftsteller, der hier nicht vor-käme.

An vielen Stellen unserer politischen Kultur vernimmt man noch vordemokratisches Mißtrauen gegenüber dem Bürger. Man muß ihm auf die Finger sehen, auch wenn er noch nichts angestellt hat: Es gibt „innere Feinde“, deren Bekämpfung man vorverlegen darf in den Bereich der „Gefährdung“. Hier werden nicht Straftatbestände erhoben, sondern Fakten zusammengetragen, die sich an dem Bild gesellschaftlicher Normalabweichung orientieren — einerlei, welcher Art sie sind.

Aus der ehemaligen DDR darf man keine Gegenkräfte gegen diese Tendenzen erwarten, im Gegenteil: Die westdeutsche Gesellschaft galt besonders den älteren DDR-Bürgern als in vieler Hinsicht zu lax, zu freimütig, zu bunt, zu unordentlich und, was die Jugend anging, zu aggressiv. Man nannte das „amerikanisch“ und hätte es ebenso gut „niederländisch“ nennen können: Im europäischen Vergleich finden sich die Niederländer häufig an der Spitze von Emanzipationsbewegungen und ungewöhnlichen Formen dafür, während die Österreicher in dieser Hinsicht das Schlußlicht bilden. Nun wird es wohl die Bevölkerung der DDR sein und die Bundesrepublik damit nicht nur statistisch, sondern auch in der Realität ein kräftiges Stück nach rückwärts drängen. 4. Verrechtlichung Wer in der Sache unsicher ist, hält viel von Formen. Preußen war das Land der Formen und Uniformen. Militarismus bezeichnet die durchgängige Vorbild-rolle der Armee für alle anderen Institutionen. Militärischer Ton herrschte in der Familie, und Hausmeister benahmen sich wie Polizisten. Heute ist die westdeutsche Gesellschaft nicht mehr militaristisch, aber geblieben ist die Neigung, das Leben in Gesetze und Verordnungen zu fassen.

Amerikanische Politologen nennen die Deutschen „A law-and court-minded people" (gesetzes-und gerichtsorientiert). Bei dieser Tendenz zur Verrechtlichung aller Lebensgebiete wirken zwei typisch deutsche Erwartungen zusammen: daß generelle Regeln dem sozialen Leben am ehesten entsprechen, und daß mit solchen Regeln, sobald sie erlassen sind, die Probleme erledigt sind.

Die Verrechtlichung unseres sozialen und politischen Lebens hat Folgen, die mit demokratischen Grundsätzen in Widerspruch geraten können: — Der juristische Sinn für „Einheit“ und „Durchgängigkeit“ von Gesetzen hemmt häufig eine flexible und bürgemahe Problemlösung. — Anstelle von politischen Lösungen, die auf Zeit gelten, herrschen Gesetze und Urteile, die durch nachfolgende Verordnungen. Analogien und Auslegungen Zustände auf alle Zeit festschreiben: Statik statt Dynamik.

— Das Parlament gerät an nachgeordneter Stelle politischer Macht, wenn Gerichte und Verwaltungen das Sagen haben oder es diesen politische Entscheidungen überläßt.

— Die Verrechtlichung der Politik erzwingt im Gegenzug die Politisierung des Rechts: Der Richter wird zum Politiker und die Besetzung von Richter-stellen zu politischen Entscheidungen ersten Ranges.

— Die Bürger bleiben in dem obrigkeitlichen Glauben. Gerichtsurteile seien „hoheitlicher“ als Parlamentsbeschlüsse.

Was den Einfluß der DDR auf die aus der deutschen Politik-Tradition stammende Neigung zur Verrechtlichung angeht, so kann man nicht hoffen, daß die schlimmen Erfahrungen mit dem realsozialistischen Unrechtsregime prinzipielle Zweifel in eine durchgängige justizförmige Form von Politik geweckt hätten. Erfahrene Rechtsbrüche des DDR-Regimes konnten vermutlich den aus deutscher Geschichte stammenden tiefen Respekt vor Gesetzen als den eigentlichen Motoren des politischen Prozesses nicht beseitigen. Auch der Nationalsozialismus hatte hier keinen Wandel geschaffen. sondern ehemalige Nazirichter beriefen sich im Gegenteil auf die damals geltende politische Situation als rechtlich anzuerkennende. 5. Das Verfassungshaus Als der Staat nach Hitler viel von seiner Würde eingebüßt hatte, wollte man mit der Verfassung neuen Grund legen. Auf diese Weise wurde preußische Staatsvergottung durch eine Verfassungsvergottung ersetzt, die in anderen Demokratien unbekannt ist. Dort ist die Verfassung die Satzung, nach der Konflikte ausgetragen werden, ein Spielfeld mit Linien und Linienrichtern. Vor allem aber bietet die Verfassung Schutz vor staatlichen Übergriffen. Bei uns entwickelte sich das Grundgesetz immer mehr zu einem Haus. Man spricht von „Einheit“, vom „Sinnganzen“ und natürlich wieder von „Ordnung“. 1965 hieß es dazu in einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes: „Vornehmstes Interpretationsprinzip ist die Einheit der Verfassung als eines logisch-teleologischen Sinngebildes, weil das Wesen der Verfassung darin besteht, eine einheitliche Ordnung des politischen und gesellschaftlichen Lebens der staatlichen Gemeinschaft zu sein.“

Diese Auffassung von der Verfassung als eines Hauses ist eine speziell deutsche Erfindung, zusammen mit der Rolle des Beamten als ihres Hauswarts. In einer weiteren Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (zum Extremistenbeschluß 1972) heißt es, der Staat müsse sich darauf verlassen können, daß der Beamte „sich in dem Staat, dem er dienen soll, zu Hause fühlt — jetzt und jederzeit und nicht erst, wenn die von ihm erstrebten Veränderungen durch entsprechende Verfassungsänderungen verwirklicht worden sind“.

Wenn das Verfassungshaus fertig und seine Zimmer möbliert sind, darf es keine Veränderung mehr geben. Ein solches Verfassungsverständnis ist undemokratisch: Erstens ist das Grundgesetz nur in einem sehr kleinen Teil unabänderlich, und zweitens ist die Demokratie die Staatsform gesellschaftlichen Wandels. Sie schützt gerade nicht den Staat als das unwandelbar Bestehende, sondern erlaubt Kritik an ihm und ermutigt zu Diskussionen über politische Veränderungen. Über sie entscheidet das Parlament, nicht aber das Bundesverfassungsgericht.

Auch im Blick auf diesen Punkt darf man durch die neue Vereinigung von Seiten der DDR wenig Korrekturen erwarten. Wie im Falle der Verrechtlichung muß man befürchten, daß die deutsche Politik-Tradition der Vorherrschaft rechtlicher Bestimmungen vor politischer Diskussion und Abstimmung tief in der politischen Kultur in der DDR verankert ist und es vermutlich auch hier der jüngeren Generationen bedarf, um einen Wandel herbeizuführen. 6. Technokratie Einen Staat ohne Staatsidee hat man Preußen genannt. Das Urteil gilt für alle deutschen Staaten seither, einschließlich der Bundesrepublik. Die Technokratie ist eine spezifisch deutsche Versuchung, aus der Not einer fehlenden politischen Idee die Tugend einer Politik der „Sachzwänge“ zu machen. Dabei hat die Wirtschaft stets den Vorrang gehabt. Technokratische Vorstellungen lagen der Illusion zugrunde, der preußisch-deutsche Obrigkeitsstaat sei neutral, stehe im Dienste keiner Interessen und sei nur auf das Wohl des Bürgers bedacht. Die spezifisch deutsche Unterscheidung von Staat und Gesellschaft hat technokratische Implikationen.

Längst weiß man, daß die Technokratie keine politische Theorie, sondern eine Herrschaftsideologie ist, die von unterschiedlichen Gruppen und im Dienste unterschiedlicher Ziele vorgetragen wird. Deutsche scheinen ihr gleichwohl besonders viel zuzutrauen und abzugewinnen.

Wie weit die neue Vereinigung der beiden deutschen Staaten diese Tendenz steigert oder vermindert, ist schwer zu sagen. Vielleicht wirkt der in der DDR erfahrene Zusammenhang von behaupteter wirtschaftlicher Effektivität im Interesse des Volkes und der gleichzeitigen ideologischen Verschleierung von Herrschafts-und Bereicherungsabsichten einer Parteielite als ein Schock gegen die Idee eines interessenneutralen Sachverstandes. Vielleicht wirkt die Befreiung von ideologischen Zwängen aber auch umgekehrt zur Vorstellung eines scheinbar partei-und interessefreien politischen Handelns, das nur so und nicht anders gedacht sein kann. Ich habe diese Beurteilung der Technokratie in Ostblockstaaten zur Zeit des Stalinismus häufig angetroffen: Endlich soll der Sachverstand von Experten herrschen anstelle von Parteien und Ideologien!

IV. Die zukünftige Gestalt der politischen Kultur in Deutschland

Der künftige Weg der deutschen Politikgeschichte und die zukünftige Gestalt der politischen Kultur in Deutschland hängen vom Zusammenspiel verschiedener Faktoren ab, deren Bedeutung bereits bekannt sind: von der weiteren Entwicklung der Bundesrepublik Deutschland auf dem Wege zu einer liberalen Demokratie mit weiterer Abkehr von den autoritären Resten, die ihr schaden müssen; von der Abwendung der DDR-Bevölkerung von der ungebrochenen autoritär-totalitären Politik-geschichte dieses Teiles Deutschlands; vor allem aber von der Interaktion beider Entwicklungen: Werden rückwärtsorientierte Kräfte in der Bundesrepublik sich mit rückwärtsgewandten Tendenzen in der ehemaligen DDR verbinden und auf diese Weise die demokratische Kultur des neu vereinigten Deutschlands zurückwerfen? Oder wird die neue demokratische Kultur der Bundesrepublik genügend Überzeugungskraft ausstrahlen, um die Strukturen und Einstellungen in der ehemaligen DDR rasch in Richtung der westlichen demokratischen Werte zu verändern? Für die Aussichten sind folgende generellen Überlegungen wichtig: Während die Bundesrepublik Deutschland nach 1945 die bürgerlich-kapitalistische Tradition Deutschlands fortführte und sich, wie wir sahen, langsam vom autoritär-faschistischen Erbe löste zugunsten einer politischen „Marktorientierung“ westlichen Musters, blieb die DDR im autoritärtotalitären Fahrwasser der deutschen Politikgeschichte. Und schlimmer: Der sozialistische Staat verließ mit dem brutalen Umbau seiner Gesellschaft die bürgerlichen Traditionen und schuf eine kleinbürgerliche Gesellschaft, für die das Syndrom „Unterschicht-Autoritarismus“ durchgängig Bedeutung bekam; Angst, der Urfeind der Demokratie, nistete sich überall ein, und die militärisch-autoritär-totalitäre Tradition Preußen-Deutschlands fand eine moderne Fortsetzung. Erste Einstellungsforschungen des Allensbacher Institutes zeigen eine beklemmende Parallele der Werthaltungen und politischen Einstellungen in der heutigen DDR mit denen in der Bundesrepublik der fünfziger Jahre. Es könnte sein, daß die Weise des Zusammenschlusses der beiden deutschen Staaten im Sinne einer Bekräftigung der alten Politikgeschichte wirkt.

Wieder wäre es dann die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, die den ausschließlichen Gesichtspunkt für den Wert oder Unwert eines politischen Regimes ausmachte. Darin würde sich die Geschichte der Bundesrepublik zunächst wiederholen. Wichtig, ja unverzichtbar ist, daß dann auch die Konvertierung wirtschaftlicher Effektivität in demokratische Stabilität gelingt.

Worauf es ankommt, ist eine möglichst rasche Modernisierung in Verbindung mit einer möglichst rasch greifenden Demokratisierung. Hierbei kann die Wirtschaft, mehr als damals in der frühen Bundesrepublik, hilfreich sein und von sich aus der politischen Kultur auf die Beine helfen: durch ein innerbetriebliches Klima der Angstfreiheit und Freimütigkeit, durch Aktivitäten in der Region, die über rein ökonomische Interessen hinausgehen, durch Fortbildungs-und Umschulungsprogramme, durch Kooperation mit politischen Aktivitäten. Die Wirtschaft ist auf diese neue Rolle durchaus vorbereitet. Sie weiß auch, daß sie mit ihren Strategien in einem sozialen Raum agiert, für den die politische Kultur von wachsender Bedeutung ist.

Wie man weiß, hält sich die Begeisterung der Westdeutschen über die Neuvereinigung der deutschen Nation in Grenzen. Jedenfalls ist den Jüngeren diese Frage nicht so wichtig wie den Älteren. Ich denke, daß die Enttäuschung darüber nicht entmutigen muß. Man kann die Sache auch anders bewerten: Wer dem Faktor „Nation“ weniger Bedeutung zumißt, ist eher fähig, den Blick nach vorne zu wenden, das heißt in Richtung Modernisierung, Demokratisierung, Verfassungspatriotismus und Europa. Denn darauf kommt es vor allem an, daß das neue 80-Millionen-Volk der Deutschen, nachdem es seine staatliche Einheit wiedererlangt hat, von dem Willen beseelt bleibt, „als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen“, wie es in der Präambel des Grundgesetzes heißt.

Fussnoten

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Martin Greiffenhagen, Dr. phil., geb. 1928; Buchhandelslehre, Studium der Philosophie, Literatur-wissenschaft, der Wirtschafts-und Sozialwissenschaften in Heidelberg, Göttingen, Birmingham und Oxford; von 1962 bis 1965 Professor für Politikwissenschaft an der Päd. Hochschule Lüneburg; von 1965 bis 1990 Direktor am Institut für Politikwissenschaft der Universität Stuttgart; seit der Emeritierung freier Publizist und Berater in Esslingen a. N. Veröffentlichungen u. a.: Das Dilemma des Konservatismus in Deutschland, 1971; (mit Sylvia Greiffenhagen) Ein schwieriges Vaterland. Zur politischen Kultur Deutschlands, 1979; Die Aktualität Preußens, 1981; Von Potsdam nach Bonn, 1986; Propheten, Rebellen und Minister — Intellektuelle in der Politik, 1986; (mit Sylvia Greiffenhagen) Das Glück — Realitäten eines Traums, 1988.