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Sozialstaat und Zuwanderung | APuZ 7/1993 | bpb.de

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APuZ 7/1993 Impresssum Armutswanderung, Asyl und Abwehrverhalten Globale und nationale Dilemmata Ost-West-Wanderung nach Deutschland Wirtschafts-und sozialpolitische Aspekte der Zuwanderung in die Bundesrepublik* Sozialstaat und Zuwanderung Die Städte sind überfordert Kommunale Erfahrungen mit Asylbewerbern

Sozialstaat und Zuwanderung

Horst Afheldt

/ 29 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Das Grundgesetz verpflichtet die Bundesrepublik auf das Sozialstaatsprinzip. Die strukturell bedingte Rezession der Wirtschaft der „westlichen“ Industriestaaten wie vor allem die Massenwanderung der Armut aus der verarmten Zweiten und Dritten Welt in die reicheren Staaten können beide jeweils allein schon die europäischen Sozialstaaten zerstören. Dieser Aufsatz befaßt sich mit der zweiten Hälfte dieser Bedrohung: der Armut um uns. Die Bekämpfung der Armut von Milliarden Menschen in der Dritten Welt kann selbst bei Einsatz aller verfügbaren Mittel nicht in absehbarer Zeit gelingen. Es ist vielmehr davon auszugehen, daß sich die Probleme weiter drastisch verschlimmern werden. Die Armut in der Welt wird deshalb die Politik der nächsten Generation bestimmen: Müssen sich die Länder Europas gegen den Zustrom von Armut abschließen, wenn sie als Sozialstaat überleben wollen? Die Aufnahmemöglichkeiten eines Sozialstaates bestimmen sich danach, wie viele Menschen in das soziale Leben integriert werden können. Die EG-Kommission schätzt das Immigrationspotential um das Jahr 2000 allein aus den nordafrikanischen Ländern auf 100 Millionen. Weltweit rechnet das Internationale Komitee vom Roten Kreuz nach der Jahrtausendwende mit einer Milliarde potentieller Flüchtlinge. Dabei wird der Zuzug bei offenen Grenzen nicht eher von allein aufhören, als bis das Wohlstandsgefälle ausgeglichen ist. Bei grundsätzlich offenen Grenzen ist das Endbild daher das weltweite Elend unmittelbar um kleine Reichtumsinseln herum. Offene Grenzen und Sozialstaat in Europa sind angesichts dieser Entwicklung unvereinbar. Das uneingeschränkte Asylrecht steht deshalb im Widerspruch zum Sozialstaatsgebot. Die Frage, was Vorrang hat: das Privileg (!) eines europäischen Sozialstaates oder „gleiches Recht für alle Menschen der Welt“, ist letztlich eine Entscheidung über die in beiden Fällen entstehenden Chancen und Leiden der betroffenen Menschen.

I. Das Grundgesetz verpflichtet die Bundesrepublik auf das Sozialstaatsprinzip

Nach Art. 20 Abs. 1 GG ist die Bundesrepublik ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. Das Sozialstaatgebot ist ein Elementarprinzip unserer Verfassung, auch wenn es im Grundgesetz nicht spezifiziert wurde. Sozialstaat nennt man einen Staat, der dafür sorgt, daß jedermann ein menschenwürdiges Leben ermöglicht und niemand aus sozialen Gründen von der Teilnahme am gesellschaftlichen Leben ausgegrenzt wird. Sozialstaatlichkeit fordert daher vom Staat, daß er alle seine Bürger wirtschaftlich integriert, ihnen eine gewisse Chancengleichheit bietet und Wohlstandsunterschiede verringert

Konsens in der Gesellschaft setzt heute zumindest in Europa einen solchen Sozialstaat voraus. Und nur ein Staat, in dem ein Konsens zwischen den Bürgern herrscht, kommt ohne Unterdrückung aus. Nur ein sozialer Staat kann deshalb auch ein liberaler Staat sein. Ein Staat, der kein Sozialstaat ist, dessen soziale Ordnung nicht akzeptiert ist, wird bald entweder ein Polizeistaat zur Erhaltung der unsozialen Gesetze und Ordnungen oder ein kriminell geprägter Staat, in dem nach italienischem oder kolumbianischem Beispiel mafiose Verbrecherorganisationen für sich einen großen und für ihre Hilfskräfte einen kleinen Teil des Wohlstandes herausschneiden. Am Ende steht ein krimineller Polizeistaat (Chile der Militärdiktatur), der Zerfall des Staates in Volksgruppen (Jugoslawien und ehemalige Sowjetunion) oder die allgemeine Anarchie: Somalia.

Die Frage nach dem Überleben des Sozialstaates ist damit gleichzeitig die Frage nach den Chancen einer liberalen Ordnung in Europa, ja nach den Chancen Europas überhaupt. Doch die Zeit der gesichert erscheinenden Sozialstaaten ist vorbei.

Die Minen, die die Sozialstaaten zu sprengen drohen, wurden dabei von demselben System gelegt, das die europäischen Wohlfahrts-und Sozialstaaten überhaupt erst ermöglichte: dem liberalen („kapitalistischen“) Welthandelssystem. Sie tragen die Aufschrift: Strukturell bedingte Rezession der Wirtschaft der alten, „westlichen“ Industriestaaten und Massenwanderung der Armut aus der im Kalten Krieg verarmten Zweiten und Dritten Welt in die reicheren Staaten. Jedes dieser Probleme allein kann die europäischen Sozialstaaten zerstören. Die Multiplikation beider Problemfelder macht Politik so hilflos, wie sie heute erscheint.

Abhilfe ist schwierig. Wie sie aussehen könnte, ist noch nicht einmal in groben Zügen erkennbar. Denn wer den liberalen Sozialstaat in Europa retten will, -muß zeigen, wie die wirtschaftlichen Bedingungen in Europa so gestaltet werden können, daß der Trend zu wachsender Verarmung eines Teiles der Bevölkerung bei gleichzeitig wachsendem Reichtum einer relativ kleinen Gruppe gestoppt, die Teilnahme am wirtschaftlichen und sozialen Leben sowie soziale Sicherheit für alle wieder erreicht werden können. -Er muß darüber hinaus aber auch entweder zeigen, wie das Europa der EG die aus den armen Staaten hereinströmenden Menschen in die europäischen Sozialstaaten integrieren kann, ohne diesen Zustrom zu begrenzen, oder zeigen, daß und wie man die Wanderungsbewegungen in die europäischen Staaten so begrenzen kann, daß nicht mehr Fremde kommen, als sozial integriert werden können. -Er muß schließlich auch zeigen, wie die Menschen in der sich so oder so entwickelnden multikulturellen Gesellschaft mit einem mehr oder weniger großen Anteil „Fremder“ Zusammenleben können, ohne jugoslawische oder aus den Ballungszentren von Metropolen anderer Staaten bekannte Verhältnisse zu provozieren. Trotz langjährigen Wachstums des Sozialproduktes nimmt seit Beginn der achtziger Jahre die Arbeitslosigkeit in den Gründungsstaaten der EG zu und kann selbst in Zeiten der Hochkonjunktur nicht wesentlich abgebaut werden. Gleichzeitig erreichen die Staatsschulden nie gekannte Höhen. Die Nettoeinkommen der abhängig Beschäftigten bleiben -zumal in der nahen Zukunft -etwa konstant oder sinken. Diese Probleme sind offensichtlich dem Einfluß der klassischen Wirtschaftspolitik weitgehend entzogen. Ob „Rechts-Mitte-Regierungen“ oder sozialistische Regierungen verschiedenster Richtung -die Resultate gleichen sich. Nur Einkommen aus Unternehmen und Vermögen steigen.

Das bedeutet: Wie schon seit langem in den USA wurden auch in Europa die Reichen reicher, immer größere Teile der Bevölkerung -neben einem breiten wohlhabenden Mittelstand -aber arm und die Armen ärmer. Das Faktum selbst ist unbestritten; die Daten für die USA, Frankreich und die Bundesrepublik Deutschland belegen seine Beschleunigung. Arbeitslosigkeit, vor allem aber die schnell zunehmende Dauer-arbeitslosigkeit werfen immer mehr Menschen ins „Soziale Netz“. Der Versuch, die steigende Zahl der Empfänger von staatlichen Sozialleistungen dadurch aufzufangen, daß man die Bedürfnisse niedriger definiert, also Sozialleistungen kürzt, führt schnell zur Ausgrenzung. Die so noch einmal verkürzte Nachfrage kann darüber hinaus die derzeitige Rezessionsneigung in eine volle Rezession umwandeln

Damit sind zwei Gebote der Sozialstaatlichkeit verletzt: das Gebot, jedermann die Teilnahme am wirtschaftlichen Leben zu ermöglichen, und das Gebot, eine gleichmäßigere Verteilung des erarbeiteten Reichtums sicherzustellen. Gleichzeitig aber reduziert die hohe Staatsverschuldung die Handlungsmöglichkeiten des Staates, die Sozial-staatlichkeit wiederherzustellen.

II. Der erste Problemkreis: Der Sozialstaat in der wirtschaftlichen Krise

III. Der zweite Problemkreis: Die Armut um uns

1. Die Armut in den ehemaligen kommunistischen Staaten

Die Situation in der „Zweiten Welt“, den ehemals kommunistischen Staaten Europas, ist bedrohlich. Der Glaube an die magische Sofortwirkung von Demokratie und liberaler Marktwirtschaft beherrscht dort das Denken. In Westeuropa entwikkelte sich die kapitalistische Gesellschaft langsam aus der feudalistischen, und erst mit dem Entstehen eines Mittelstandes einerseits und andererseits der Organisation des Proletariats durch die Linke konnten sich Demokratie und Marktwirtschaft gleichzeitig festigen. In diesem Zusammenhang sollte man sich daran erinnern, daß auch der liberale Sozialstaat in der Bundesrepublik keineswegs dadurch entstand, daß von heute auf morgen Demokratie und liberale Wirtschaft die alten Strukturen ersetzten. Das soziale System wurde bis weit nach der Währungsreform durch ein Bezugscheinsystem für die Grundbedürfnisse mit festen niedrigen Preisen abgefedert. Die Mieten waren durch Mietpreisstopp und Kündigungsschutz bis weit in die sechziger Jahre für jedermann erschwinglich. Das ökonomische System war darüber hinaus vor der Weltmarktkonkurrenz durch den Dollarkurs von 4, 50 DM/Dollar geschützt, der Importe außerordentlich verteuerte, den deutschen Export aber gerade in der Anfangsphase begünstigte. Die Kapitalbedürfnisse für konkurrenzfähige Industrien waren zudem ungleich niedriger als heute. Da aber selbst die relativ geringen Kapitalbedürfnisse damals nicht befriedigt werden konnten, führte Wirtschaftsminister Ludwig Erhard eine „Investitionshilfeabgabe“ ein, die alle Selbständigen zur Mitfinanzierung des Aufbaus zwang.

Der heute geforderte unmittelbare Übergang der Staaten jener Region von autoritären Regimen mit zentral geplanter Ökonomie zu parlamentarischen Demokratien mit Marktökonomie erlaubt in der gegenwärtigen Phase weder soziale Gerechtigkeit noch offenbar die Befriedigung der menschlichen Grundbedürfnisse. Neue Regionen extremer Armut entstehen; der Lebensstandard sinkt weiter; Gesundheitsfürsorge, Erziehung, Kultur und Wissenschaft liegen darnieder. Es verstärken sich bestehende ethnische und religiöse Spannungen; ein Rückfall in totalitäre Strukturen (wahrscheinlich nationalistisch-militaristischer Art) wird möglich. Die mittel-und osteuropäischen Staaten könnten einer ökonomischen und sozialen Katastrophe entgegengehen, die gefährliche Rückwirkungen auf das übrige Europa hätte.

Selbst wenn hoffentlich solche Katastrophen vermieden werden können -eine rasche wirtschaftliche Erholung ist leider nicht zu erwarten. Das Wohlstandsgefälle zu Westeuropa und der daraus folgende Immigrationsdruck bleiben zumindest für die nähere Zukunft bestehen.

2. Die Armut der Dritten Welt

Die Situation der Entwicklungsländer ist noch dramatischer. Die Bekämpfung der Armut von Milliarden Menschen kann selbst bei Einsatz aller verfügbaren Mittel nicht in einer Generation oder überhaupt in absehbarer Zeit gelingen. Die Schwierigkeiten, die die Bundesrepublik mit nur 16 Millionen Ost-Bürgern der ehemaligen, keineswegs zu den armen Ländern der Erde zählenden DDR hat, beleuchten dieses Faktum. Zudem wird die Weltbevölkerung bis zum Jahre 2020 -also noch nicht einmal innerhalb der Zeitspanne einer Generation! -von heute ca. fünf Milliarden auf mindestens acht Milliarden ansteigen. Die meisten dieser zusätzlichen Milliarden Menschen werden in den heute armen Ländern wohnen. Gleichzeitig wird der Lebensraum in der Welt durch die gestiegene landwirtschaftliche und industrielle Nutzung schrumpfen. Die Armut in der Welt bleibt so für die Zukunft nicht nur eine unabänderliche Tatsache, sie wird sogar noch drastisch zunehmen. Somalia ist schon heute kein Einzelfall mehr.

3. Die Verteilung der Armut: Mauerstaaten der Reichen oder Mauern in den Städten?

Muß die Welt also mit der Tatsache äußersten Reichtums und äußerster Armut leben, so stellt sich unausweichlich die Frage: Wie wird die Armut in Zukunft verteilt?

Das erste Grundmuster: Die reichen Nationen separieren sich weiterhin von den armen Nationen -wie EG-Europa bis in die siebziger Jahre von den Armen Afrikas. Diese Lösung bedingt einen Mauer-staat der reichen Nationen. Allein ihre Voraussetzung ist somit schon eine Kapitulation unserer im Kalten Krieg durchgefochtenen Wertvorstellungen. Wobei dahingestellt bleibt, ob und mit welchen Mitteln ein solcher „Mauerbau“ für Europa oder die USA überhaupt möglich ist. In der Diskussion dieser Frage wird früher oder später unvermeidlich das schlimme Wort „Schießbefehl“ -als Metapher für notfalls gewaltsame Abwehr und Absperrung -wieder auftauchen.

Das zweite Muster: Mauern in den Städten. Kann die Armut der Welt die Ländergrenzen überwinden, wird sie sich in die Städte der Reichen begeben -wie in die Favelas der Großstädte Südamerikas, die Slums der USA, aber eben auch schon in die Vorstädte von Paris. Die Wanderung der Armut wird bei offenen Grenzen solange andauern, bis die Armutsverteilung über die Welt etwa gleichförmig ist.

Damit aber sind wir bei der Frage: Welche Teile der Bevölkerung tragen die Lasten der Immigration, welche ziehen daraus den Nutzen? Die Antwort ist: Die Lasten tragen die, die ohnehin immer mehr an den unteren Rand gedrängt werden. Sie sind es, mit denen die Einwanderer um Arbeit und Wohnung konkurrieren. Sie sind es, die aufgrund der durch die höhere Nachfrage schnell steigenden Mieten einfacherer Wohnungen zum Sozialamt gezwungen werden. Sie sind es, für die die Verteilung des maximal erwirtschaftbaren Sozialetats auf immer mehr Köpfe das Leben im Sozialen Netz zunehmend deprimierender macht. Wohnungsvermieter und Arbeitgeber können sich dagegen durchaus zumindest kurzfristige Vorteile von der Zuwanderung von Millionen Menschen versprechen.

Besonders betroffen aber sind die schon heute im EG-Europa lebenden Immigranten, die sehr oft durch Armut, Sprach-und Ausbildungsmängel von der Teilhabe am Wohlstand weitgehend ausgeschlossen sind. Ihre Chancen reduzieren sich durch die neue Konkurrenz noch einmal drastisch.

Durch Hoffnungslosigkeit entsteht Gewaltkriminalität. Breitet sie sich aus, beherrschen schließlich kriminelle Banden die Szene. Stadtteile werden für die Polizei praktisch unzugänglich. Das Resultat ist in den Slums der großen Städte der USA für jedermann sichtbar. Hier wird ohne „Schießbefehl“ geschossen. Reiche leben dagegen mit Hilfe eigener Sicherheitskräfte selbst in Südamerika gut, verdienen oft sogar am Zustrom der Armut, wie die Großgrundbesitzer in Süditalien an den illegalen Billigstarbeitem aus Schwarzafrika.

Die Reaktion der Gesellschaft auf diesen Zerfall der sozialen Ordnung ist vorhersehbar: Rechtsradikalismus, Rassismus, Forderung nach dem Polizeistaat. Bleibt bei zunehmender Kriminalität der Polizeistaat aber aus, tritt Selbstjustiz an seine Stelle -zunächst von einzelnen Betroffenen, schließlich organisiert als Bürgerwehr. Privat-armeen für die Reichen wie in den Amazonas-staaten oder „Todesschwadronen“, die nach brasilianischem Vorbild „kriminelle“ Straßenkinder wahllos töten, demonstrieren eine mögliche weltweite Entwicklung. In der Bundesrepublik ist die Zahl der privaten „Schutzleute“ bereits heute fast so hoch wie die der staatlichen. Damit aber werden die Folgen der Verbrechen: Angst, Eigentumsverlust oder gar Tod, noch mehr auf die Armen abgelenkt.

IV. Sozialstaat und Einwanderung -die Kontroverse

Offen für weitere Einwanderung oder mehr oder weniger Abschließen -das ist die Frage, die neben Arbeitslosigkeit, Gewalt und Extremismus heute im Vordergrund des Interesses unserer Gesellschaft steht. Die Argumente in dieser Debatte kann man in drei Hauptgruppen einteilen: ökonomische (Kosten und Nutzen der Einwanderung), moralische (Asylrecht) und praktisch-politische (kann man Europa gegen weitere Einwanderung überhaupt abschotten bzw. wie sieht die Gesellschaft aus, wenn man die Grenzen mehr oder weniger offenläßt?). Dabei müssen die sehr unterschiedlichen wirtschaftlichen Effekte auseinander-gehalten werden, die von den verschiedenen Zuwanderergruppen ausgehen: 1.den ausländischen Mitbürgern, die bereits in den sozialen und wirtschaftlichen Prozeß integriert sind; 2. Asylbewerbern und anderen, die heute auf ihre Aufnahme in die Gesellschaft der Bundesrepublik warten; 3.den voraussichtlich noch sehr viel größeren Strömen von Zuwanderungssuchenden, die in naher Zukunft erwartet werden.

1. Die Ausländer, die heute in der Bundesrepublik leben -ihre Integration und deren Grenzen

Über sechs Millionen Ausländer lebten 1990 in der Bundesrepublik. Die meisten von ihnen sind in das soziale und wirtschaftliche Leben der Bundesrepublik integriert. Mit dem Anwachsen des Zustroms der Aussiedler, Bürgerkriegsflüchtlinge und Asyl-bewerber aus aller Welt in den letzten Jahren entstanden bis dahin nicht gekannte Probleme. Am Streit über die Frage, wie viele Menschen die Bundesrepublik noch aufnehmen könne oder solle („Asyldebatte“), entzündete sich die Diskussion über das Pro und Contra der Immigration überhaupt. Kernpunkt des Streits über den Einfluß der „Ausländer“ auf das wirtschaftliche und soziale Leben der Bundesrepublik sind dabei die drei Schwachpunkte unseres Sozialstaates: die unzureichende Bereitstellung billigen Wohnraumes, die Arbeitslosigkeit und das gefährdete System der sozialen Sicherung. Der sich formierende Rechtsextremismus hat sich die Probleme, die auf diesen Gebieten für die ärmeren Teile der Bevölkerung bestehen, zunutze gemacht. Die Ausländer wurden zu Sündenböcken für alle drei Schwachstellen und die Parole: „Ausländer raus, Deutschland den Deutschen“ als Heilmittel angeboten.

Um der Fremdenfeindlichkeit entgegenzuwirken, entwickelte sich in Presse, Rundfurik und Fernsehen eine Gegenkampagne. Das war nötig und richtig. Doch es besteht die Tendenz, die sozialen Probleme, die der Zuzug von Millionen von Ausländern speziell für die unteren Schichten der Bevölkerung tatsächlich produziert, zu verleugnen. Diese Neigung zeigt sich insbesondere bei der „Linken“, die ein Interessengegensatz zwischen ihrer alten Klientel -den unteren Schichten -und weltweiter Solidarität mit allen Armen und Verfolgten in einen Gewissenskonflikt stürzen muß Damit verschwinden aber weder die Probleme noch die Ängste der Betroffenen, noch kommt man so auch nur einen Schritt näher an eventuelle Lösungsansätze heran. Deshalb sollen hier die drei genannten Streitpunkte noch einmal betrachtet werden:

Erster Streitpunkt: Nehmen Ausländer Wohnungen weg?

Der These, daß Ausländer Wohnungen wegnehmen, steht die These entgegen: Wohnungen werden dadurch weggenommen, daß die Deutschen sich immer weiter ausbreiten, immer mehr Wohnraum beanspruchen.

Es stimmt, daß Deutsche immer größere Wohnungen nehmen. Es stimmt auch, daß Deutsche immer mehr Wohnungen für Angehörige, z. B. Studenten, die früher bei ihren Eltern wohnten, belegen. Zudem breiten sich die Reicheren auch in der unteren Wohnungsklasse aus, indem sie Luxussanierung betreiben. Aber: Sechs Millionen Menschen, die seit Anfang der siebziger Jahre zugezogen sind, leben zum Glück nicht in Zelten oder unter Brükken. Sie haben eine Wohnung gefunden und sich so in das soziale Leben integrieren können. Das ist nicht nur für die Immigranten gut, sondern für die Stabilität unserer Gesellschaft insgesamt. Hätten sie keine Wohnung gefunden, hätten wir Zustände wie in Brasilien, wo die Menschen, die zum Überleben vom Land in die Städte gezogen sind, in den Wellblechhütten der Favelas vegetieren.

Nur: Jeder, der eine Wohnung bewohnt, nimmt die Wohnung vom Markt, nimmt sie damit anderen weg. Das gilt für Inländer, aber eben auch für Ausländer, denen die wundersame Fähigkeit, Wohnungen zu nutzen, ohne die Wohnung für andere unzugänglich zu machen, ebenso fehlt wie Inländern. Also nehmen auch Ausländer Wohnungen „weg“ (vom Wohnungsmarkt). Die Zahl der so vom Markt genommenen Wohnungen beträgt ca. 1-1, 5 Millionen. Das aber ist eben die Hälfte des Fehlbestandes. Ursache der Mietmisere sind also neben einer verfehlten staatlichen Wohnungspolitik wachsende Ansprüche der Wohlhabenderen an Wohnraum und die Immigration. Wieder einmal geraten die unteren Schichten unserer Bevölkerung in die Schere zwischen Immigration und den Ansprüchen und wirtschaftlichen Möglichkeiten der Reichen. Und zu diesen unteren Schichten gehören insbesondere -was gerne verschwiegen wird, weil es nicht in das Bild der Verteidigung der Menschlichkeit via Asylrecht paßt -die Ausländer, die teilweise schon in der zweiten Generation inmitten unserer Gesellschaft leben und arbeiten.

Zweiter Streitpunkt: Nehmen Ausländer Arbeitsplätze weg?

These: Ausländer nehmen nur Arbeitsplätze, die die Deutschen nicht wollen. Diese These führt zu einem Kernproblem der Wettbewerbswirtschaft mit offenen Grenzen: Die Anwerbung von Ausländem begann in großem Umfang in den sechziger Jahren und spezifizierte sich auf Arbeiten, die unangenehm und schlecht bezahlt waren und für die sich deutsche Arbeitnehmer angesichts der guten Beschäftigungslage nur schwer, wenn überhaupt finden ließen (Beispiel Müllabfuhr). Prinzipiell wären auch zwei andere Lösungen möglich gewesen: 1. höhere Bezahlung; 2. Modernisierung und Mechanisierung zur Erleichterung und Effizienzsteigerung der Arbeit.

Beide Wege hätten wirtschaftliche und soziale Aufstiegschancen für angelernte Arbeiter ergeben. Diese Aufstiegschancen werden zerstört, wenn eine Volkswirtschaft wie die der Bundesrepublik das Problem durch „Ausländer rein“ löst. Dabei ist die Müllabfuhr nur ein Beispiel für andere schwere und schlecht bezahlte Berufe. Angebot und Nachfrage regeln nun einmal auch den für Arbeit bezahlten Preis, den Lohn. Steigt das Angebot an Arbeit durch Immigration, sinkt früher oder später unvermeidlich der erzielbare Lohn, oder es steigen bei gleichem Lohn die Ansprüche der Arbeitgeber, besteht man auf jüngerem Lebensalter, bester Gesundheit und dem „richtigen“ (männlichen) Geschlecht. Andererseits: Wenn die Löhne für einfache Arbeiten tatsächlich überall gestiegen wären, hätten manche deutsche Industrien schon früher ihre Konkurrenzfähigkeit verloren und damit auch die Deutschen in den höheren Lohngruppen ihren Arbeitsplatz.

So kann man theoretisch trefflich streiten, ob nun Ausländer Arbeitsplätze wegnehmen oder im Gegenteil gerade erhalten; doch in der Erfahrungswelt der Betroffenen sieht das ganz anders aus. Das wird sich in naher Zukunft sehr drastisch zeigen: Die Automobilindustrie z. B. beabsichtigt Massenentlassungen. Man spricht von 15 bis 25 Prozent der Arbeitsplätze, die abgebaut werden müssen. 15 Prozent entsprechen etwa dem Anteil der in der Fahrzeugindustrie beschäftigten Ausländer. Also wird man ganz einfach nur alle Ausländer entlassen und so beweisen, daß Ausländer keine Arbeitsplätze wegnehmen, weil man sie ja bei Bedarf entlassen kann?

Das wird man nicht tun. Und wenn man es täte, wäre das eine unverantwortliche Diskriminierung. Wieso soll es gerecht sein, einen Türken, der seit Jahren zur Zufriedenheit von Betrieb und Kollegen gearbeitet hat, zu entlassen und einen Deutschen, der erst seit kurzem im Betrieb ist, weiterzubeschäftigen? Oder einen türkischen Familienvater zu entlassen und einen gleich tüchtigen Deutschen, dessen Frau Arbeit hat, zu behalten?

Man kann das Problem der Konkurrenz um Arbeitsplätze kaum deutlicher formulieren, als dies in den Standardbegründungen für einen angeblichen andauernden Zuzugsbedarf geschieht: So zitiert Helmut Maier-Mannhart in seinem Plädoyer für die wirtschaftliche Notwendigkeit weiteren Ausländerzuzugs eine Studie des RWI, nach der „durch die Beschäftigung von Ausländern eine Nachfrage befriedigt wurde, für die etwa Arbeitslose aufgrund struktureller Probleme (47 Prozent aller Arbeitslosen haben keine abgeschlossene Ausbildung, 27 Prozent sind länger als ein Jahr arbeitslos), gesundheitlicher Probleme (25 Prozent aller Arbeitslosen weisen gesundheitliche Einschränkungen auf), altersbedingter Nachteile (30 Prozent sind älter als 50 Jahre) oder geschlechtsspezifischer Merkmale (47 Prozent sind Frauen) häufig nicht in Frage kamen“ Wenn das eine allgemeingültige Aussage ist, so mag eine solche Handlungsweise von den einzelnen Arbeitgebern her gesehen richtig sein. Aber dann verdammt man Frauen, gesundheitlich angeschlagene Menschen, Menschen ohne abgeschlossene Berufsausbildung, längere Zeit Arbeitslose und die über Fünfzigjährigen zum sozialen Abstieg und belastet so das soziale Netz. „Frische Ware“ wird dafür hereingeholt, bis auch diese Menschen eines Tages zum „Arbeitsschrott“ der Industriegesellschaft gerechnet werden.

Arbeitnehmer, die so in die Überlebensprobleme der weltweiten Konkurrenzgesellschaft gestoßen werden und in dieser Konkurrenz „verlieren“, sprich: ihren Arbeitsplatz abgeben müssen, können daher mit einigem Recht von Verdrängung vom Arbeitsplatz durch Zuwanderung reden. Es ist deshalb unzulässig, ihnen Fremdenfeindlichkeit oder gar Rassismus vorzuwerfen. Eine solche Verfälschung der Realität kann auf die Betroffenen, denen nicht die Femsehkanäle oder Feuilletons zur Erwiderung zur Verfügung stehen, nur wie Hohn wirken. Mangels anderer Möglichkeiten zur Konfliktregelung steigt in der Ohnmacht die Neigung zur Gewalt.

Dritter Streitpunkt: Belasten Ausländer unser Sozialsystem?

These: Nur wenige der Ausländer sind alt, beziehen daher Renten. Aber viele zahlen in die Kassen ein, die nur so überhaupt leistungsfähig sein können. So retten die Ausländer unser Sozialversicherungssystem.

Auch wenn man sich strikt nur auf die Immigranten beschränkt, die hier bereits in das Arbeitsleben integriert sind, und die Aufwendungen für Asylbewerber und andere Aufenthaltsuchende unberücksichtigt läßt, so ist die These wieder nur genauso eine Halbwahrheit, wie die gegenteilige Behauptung, Ausländer belasteten unser Sozialsystem. Zwar stimmt es, daß die ausländischen Arbeitnehmer mehr einzahlen, als sie an Renten entnehmen. Doch daraus einen Überschuß zu errechnen, ist problematisch, da ja mit den Zahlungen spätere Rentenansprüche erworben werden. Abzuziehen von den eingezahlten Summen wäre außer dem Kapitalwert dieser Rentenansprüche auch noch das relativ hohe Kindergeld sowie andere Sozialleistungen. Abzuziehen wären auch die Kosten für Verwaltung und Justüz, die notwendigen Investitionen für den so erhöhten Wohn-, Verkehrs-und Energiebedarf usw. Das, was von vielen in 40 Jahren aufgebaut worden ist, stellt einen Wert dar, den der neu Hinzugezogene gratis nutzt. Er muß sehr lange arbeiten, sehr lange mehr einzahlen, als entnehmen, bis sein Beitrag als finanziell gleichwertig angesehen werden kann. Genau dieses Faktum ist nun aber der großen Mehrheit der Bevölkerung sehr deutlich, wenn sie davon spricht, die Immigranten „wollten nur von dem von uns erarbeiteten Wohlstand profitieren“. Ebensowenig sollte man auch übersehen, daß es sich hier wiederum nicht um ein Ausländer/Inländerproblem handelt, sondern um ein Problem alter und neu hinzuziehender Bürger.

Entscheidend für die positive oder negative Bewertung des Beitrages eines in-oder ausländischen Bürgers ist letztlich, ob er Arbeit hat, die ihn und seine Familie ernährt. Wer solche Arbeit hat, zahlt in das Sozialversicherungssystem ein. Ob Zuwanderer das Sozialsystem belasten, hängt also außer von der Qualifikation des Zuwanderers davon ab, ob das Wirtschaftssystem Arbeitsplätze für den Zuwanderer schaffen kann, ohne arbeitslose Alt-Bürger deutscher oder ausländischer Nationalität aus der Arbeitswelt abzuschieben. Denn Verdrängung eines einheimischen Arbeitslosen durch einen Zuwanderer ist kein Beitrag zum Sozial-system sondern eine Belastung.

Es gibt also eine Konkurrenz um Wohnung, Arbeitsplatz und soziale Sicherung zwischen „Einheimischen“ und Zuwanderern. Eine Asyldebatte, die diese Konkurrenz leugnet, ist nicht hilfreich. Die Frustration über die eigene Hoffnungslosigkeit die sich wie überall auf der Welt am „Fremden“ manifestiert, ist kein originärer Fremdenhaß. Wenn man in einer solchen Situation die realen Gründe für Frustration und Hoffnungslosigkeit -die Realität des harten Konkurrenzkampfes mit seinen vielen Verlierern in beiden Lagern -zu leugnen sucht, treibt man die Menschen noch mehr in Verzweiflung und Aggression. Und man treibt sie schließlich zu denjenigen, die anscheinend die Wahrheit sagen, weil sie die erkennbar unwahren Behauptungen über die Konkurrenzsituation als Lüge darstellen -und gleichzeitig ihre eigenen, verlogenen nationalistischen Parolen verkaufen.

2. Die Fremden, die zur Zeit in die Bundesrepublik drängen -können wir sie integrieren? Die Frage nach den Aufnahmekapazitäten eines Sozialstaates

Das Aufnehmen eines Fremden heißt für einen Sozialstaat, Verantwortung für seine Integration zu übernehmen; heißt also, ihm -wie jedem anderem Mitbürger -einen menschenwürdigen Platz zum Leben und Mitarbeiten in der Gesellschaft zu bieten. Bei der Frage nach den Aufnahmemöglichkeiten eines Sozialstaates geht es deshalb nicht darum, wie viele Menschen man noch in Containern aufbewahren kann. Wäre dies das Kriterium, könnten in der Bundesrepublik sicherlich noch viele Millionen Menschen untergebracht werden. Für den Sozialstaat geht es vielmehr darum, wie viele Menschen in das Leben der Bundesrepublik integriert werden können. Soziale Integration heißt dabei nicht Assimilation, Aufgabe der kulturellen Eigenheiten der alten oder neuen Zuwanderer, sondern deren gleichberechtigte Aufnahme mit dem Recht, ihre kulturellen Eigenheiten zu bewahren. Zwar erleichtert Assimilation, Angleichung an Aussehen, Auftreten, Sprache, Kultur und Gebräuche des Gastlandes stets die Integration in den gesellschaftlichen Prozeß. Doch sollte Assimilation nicht gefordert werden, denn nur ohne Assimilationszwang kann eine multikulturelle Gesellschaft in Europa gewaltfrei leben.

Das Schlimme ist, daß nach dem Kriterium „Möglichkeit sozialer Integration“ das „Boot“ Bundesrepublik bereits gefährlich überladen ist. Ende 1992 waren im früheren Bundesgebiet etwa zwei Millionen Inländer und 300 000 Ausländer arbeitslos. Bis zur Jahresmitte 1993 rechnet man insgesamt mit vier bis fünf Millionen arbeitslosen Inländern und Ausländem. Die Arbeitslosenquote ist bei den ausländischen Mitbürgern mehr als doppelt so hoch wie bei Inländern. Dasselbe Phänomen wird auch in Frankreich beobachtet. Schon heute ist also die Integration für viel zu viele in beiden Ländern nur ein unerfüllter Wunsch.

Zudem: Nahezu eine Million Menschen sind bereits heute obdachlos oder wohnen unter nicht zumutbaren Bedingungen. Was immer das auch im Einzelfall bedeuten mag -es ist offensichtlich, daß die Bundesrepublik schon jetzt auch auf dem Gebiet des Wohnungswesens ihre Integrationsaufgabe für die hier lebenden Menschen -welcher Herkunft auch immer -nicht erfüllen kann.

Die Integration von Menschen in unseren Sozialstaat fordert darüber hinaus auch die Integration der Kinder der Einwanderer in das Aufstiegs-und Verdienstsystem unserer Republik. Doch auch daran hapert es. Sehr richtig schreibt Jürgen Miksch in seinem Plädoyer für die (zuwanderungsoffene) Gesellschaft: „Wenn es nicht gelingt, ein anderes Verständnis für die Zuwanderer und unsere politische Verantwortung zu entwickeln, müssen tägliche Aggressionen in der Bevölkerung und bürgerkriegsähnliche Situationen die Folge sein. Denn die ethnischen Minderheiten der zweiten und dritten Generation werden sich im Falle ihrer weiteren Ablehnung selbst zur Wehr setzen, wie das in London, Zürich oder Paris schon jetzt zu beobachten ist.“

Nur, auch dieses Problem ist eben keineswegs ein Problem der Erziehung oder des guten Willens, sondern der harten wirtschaftlichen Fakten, die die Hoffnungslosigkeit in den Ghettos etwa der banlieues von Paris entstehen lassen. Man muß ganz klar sehen, daß Einwanderer -wie alle anderen Menschen auch -eine Familie haben oder gründen werden. Daß ihre Kinder mit einheimischen Kindern in die Schule gehen werden und meist schon wegen ihrer Sprache höchstens dann konkurrieren können, wenn man ihnen mit speziellen Kursen hilft, daß sie auch im späteren Berufsleben nicht einfach auf die „Drecksarbeit“ verwiesen werden können, derentwegen man ihre Väter vielleicht geholt hat, ohne sie zu diskriminieren. Daß man also für sie auch ganz spezielle Berufsförderungen einrichten muß, um alle möglichen Nachteile im Berufswettkampf auszugleichen. Kurz, man wird all das tun müssen, was die Menschenrechtsorganisationen und „Pro Asyl“ für die Integration der Fremden fordern. Nur: Je intensiver, umfangreicher und weitgehender die notwendigen Maßnahmen zur Integration sind, um so früher muß der Sozialstaat vor dem ungehemmten Zustrom kapitulieren und neue Fremde zurückweisen.

Die neue Völkerwanderung um das Jahr 2000

Jährlich werden in den kommenden Jahren etwa eine halbe Million Menschen aus den ehemaligen Ostblockländem in die Länder der EG drängen, wie das Auswärtige Amt in einer Studie errechnen ließ. Die EG-Kommission schätzt darüber hinaus das Immigrationspotential bis zum Jahre 2000 allein aus den nordafrikanischen Ländern auf 100 Millionen. „An Deutschland, das schon die Hauptlast der Ost-West-Migration trägt, werden auch die aus dem Süden künftig immer weniger vorübergehen.“ Weltweit rechnet das Internationale Komitee vom Roten Kreuz nach der Jahrtausendwende mit einer Milliarde Flüchtlinge. Ändern sich die Lebensbedingungen in den armen Ländern nicht drastisch und schnell zum Besseren -wofür nichts spricht ist das Flüchtlings-potential letztlich unbegrenzt. Denn die Bevölkerung der Welt wird von heute 5, 5 Milliarden nach den Schätzungen der UNO bis zum Jahr 2025 auf 5 Milliarden und bis zum Jahr 2050 auf zehn Milliarden ansteigen. Der weitaus größte Teil dieses Bevölkerungswachstums wird sich in den Megapolen, den Städten mit über acht Millionen Bewohnern, zusammenballen. Afrika wird seine Bevölkerung bis zum Jahr 2050 verdreifachen und dann 34 Prozent der Weltbevölkerung stellen (etwa 3, 4 Milliarden Menschen). „Da sind die 1, 5 bis 2 Millionen Schwarzafrikaner in Italien und die mindestens eine Million in Spanien nur die Vorhut.“ 8 Der Zuzug wird nicht eher von allein aufhören, bis das Wohlstandsgefälle ausgeglichen ist. Bei grundsätzlich offenen Grenzen ist das Endbild daher das weltweite Elend unmittelbar um kleine Reichtumsinseln herum.

V. Asylrecht und Sozialstaat

Das explosive Problemszenario macht deutlich: Ungehemmte Zuwanderung über offene Grenzen und Sozialstaat in Europa sind unvereinbar. Wo die Chancen zum Erhalt oder zur Wiederherstellung des Sozialstaates enden -ob heute, morgen oder nach dem Zuzug von noch einigen Millionen Menschen darüber kann man streiten. Aber nicht darüber, daß wir keinen Sozialstaat mit all den Millionen Menschen in Europa bauen können, die absehbarerweise zu immigrieren versuchen werden, wenn die Grenzen Europas offen sind.

Man könnte einwenden: Die Einwanderung von sehr vielen Menschen könnte einen neuen „Wachstumsschub“ für die Ökonomie auslösen, der die Integration aller in den Sozialstaat erlaubt. Die historischen Erfahrungen stützen diese These nicht. Die klassischen Wachstumsjahre der Wirtschaft der Bundesrepublik lagen nach der Integration der Ostvertriebenen und kannten nur noch eine damit verglichen geringe Bevölkerungszunahme Überdies war wegen der hohen Arbeitsintensität der damaligen Produktion auch ein mit der Produktion schnell wachsender Arbeitskräftebedarf vorhanden. Jetzt aber kennen wir einen offenbar vollständig resistenten Kern von Massenarbeitslosigkeit bei deutschen und ausländischen Arbeitnehmern.

Nein, man muß alles tun, um das Millionenheer der Arbeitslosen in der EG wieder zu integrieren. Dazu gehört voraussichtlich auch die Organisation eines zweiten, unterstützenden Arbeitsmarktes. Gelingt das, dann kann man auch wieder verantworten, Menschen einwandern zu lassen, weil man sie voraussichtlich integrieren kann. Vorher ist das Hoffen auf ein Marktwunder durch Massenimmigration ohne Kapital ein russisches Roulette mit dem Sozialstaat.

Soweit die Fakten; sie sind kaum umstritten -die Reaktionen darauf dagegen sehr. Resignation liegt nahe: „Der Traum der Sozialdemokratie, der Wohlfahrtsstaat, erstickt allmählich an seinem Erfolg. Je mehr die Sozialleistungen wachsen, desto mehr auch die Attraktivität des Landes für Einwanderer. Die Kosten werden unvermeidlich weiter eskalieren und den »nationalen Wohlfahrtsstaat'in einem Land des Zentrums genauso unmöglich machen, wie die nationale Entwicklung eines peripheren Landes... Die Dritte Welt unter uns wird zur gewichtigen Realität werden mit bis zu 50 oder gar mehr Prozent der Bevölkerung.“ Am anderen Ende der Reaktions-Skala steht die nackte Gewalt gegen die sich zuziehende Schlinge der Verschlechterung der Lebensbedingungen. Gewalt, die sich angesichts der Vielfalt oft verborgener Fakten heute überall auf der Welt als Gewalt gegen „die anderen“ manifestiert.

Dazwischen steht die große Masse derjenigen, die Gewalt und Mord an Unschuldigen nicht hinnehmen wollen. 1992 hat diese große Mehrheit gegen Gewalt und Fremdenfeindlichkeit in Frankreich und in der Bundesrepublik ihren Willen durch eindrucksvolle Demonstrationen bekundet. Und es wäre sehr zu hoffen, daß angesichts des Kerzenmeeres in vielen deutschen Städten den Gewalttätern aufgegangen ist, daß sie für ihre Taten keine Basis in der Gesellschaft finden. Und das ist gut so. Demonstrieren gegen Gewalt heißt aber nicht, als unabänderlich zu akzeptieren, daß im Zeitraum einer Generation in Hamburg, München und Berlin Verhältnisse herrschen, wie heute in der Bronx von New York, in Mexico-City oder gar Kalkutta. Die Demonstration gegen Gewalt fällt überdies in eine Zeit, in der die Parteien anscheinend ernsthafte Versuche zur Eindämmung des Zustroms machen. Scheitern diese Versuche, dürfte sich das Interesse schnell wieder von der Verhinderung von Gewalt auf die Verhinderung weiterer Zuwanderung verlagern. Man sollte sich deshalb nicht täuschen und in die Kerzendemonstrationen ein Engagement für freie Einwanderung hineininterpretieren

Sind unbeschränkte Einwanderung und Sozialstaat offensichtlich unvereinbar, stellt sich für den Sozialstaat die Aufgabe, die Einwanderung so zu beschränken, daß nur diejenigen kommen, für die er die Verantwortung für die Integration auch übernehmen kann. Doch damit tritt diese politische Aufgabe in Widerspruch zu dem allgemeinen Grundrecht auf Asyl in Artikel 16 GG. Das Problem lautet letztlich: Was hat Vorrang? Der europäische Sozialstaat oder internationale Solidarität mit den Ärmsten der Armen?

Weder gibt es ein Grundrecht auf Arbeit, noch auf Wohnung für („nur“) 80 Millionen Bürger dieser Republik. Doch protestiert man gegen „menschenunwürdige Unterkünfte“ für Asylbewerber -oft wirklich schlimme Einrichtungen. Gleichzeitig sammelt man in Frankreich für eine Hilfsaktion: Schlafsäcke für die Obdachlosen nach dem Motto: „Das ist zwar kein Dach überm Kopf, aber doch oft der Unterschied zwischen Leben und Tod.“

Das Sonderrecht auf Asyl, das heißt Unterkunft und Versorgung, für eine potentiell unbegrenzte Zahl von „Anspruchsinhabern“ überall in der Welt überragt so das Niveau der sonst bewilligten Grundrechte. Ist es wirklich selbstverständlich, daß die ärmsten Inländer -welcher Nationalität auch immer -zurücktreten müssen für noch Ärmere aus aller Welt, wie die Befürworter eines „unverletzlichen Asylrechtsanspruches“ unterstellen? Mir scheint, nein. '

Sibylle Tönnies schreibt: „Das Asyl ist eine qualifizierte Form des Gastrechts... Genauso aber, wie das sogenannte , Gastrecht 4 als Recht undenkbar ist, ist es das Asyl. Die auf Recht gegründete Beanspruchung von Gastlichkeit ist Einquartierung, als solche verhaßt und der Gastfreundschaft denkbar unähnlich... Das rechtlich erzwungene Asyl löst ganz andere Impulse aus, als das freiwillig gewährte: Es löst die Angst aus, die Menschen natürlicherweise vor einer Invasion von außen haben... Das Recht auf Asyl wirkt sich (insbesondere für die Unterschichten) als Aufkündigung des Gesellschaftsvertrages aus... (der) Fiktion, die Grundlage der Demokratie ist. Das Volk gibt das Recht auf Gewaltausübung an eine Zentrale ab und erwartet im Austausch gewisse Gegenleistungen, zu denen von alters her und hauptsächlich der Schutz vor eindringenden Fremden gehört. Die prinzipielle Frage ist, ob der Staat entsprechend dem Gesellschaftsvertrag seinen Bürgern sagen kann: Wir nehmen nur so viele Ausländer ins Land, wie wir sozialpolitisch verantworten können. Das kann der Staat nicht, weil er alle Ausländer hereinnehmen muß, die imstande sind, das Wort , Asyl‘ zu artikulieren.“

Das schrankenlose Asylrecht steht danach im Widerspruch zum Sozialstaatsgebot und bedeutet die Aufkündigung des Gesellschaftsvertrags.

Wird der Staat mit den vorgesehenen Asylrechtsänderungen nun die Handlungsfreiheit wiedergewinnen, „nur so viele Ausländer ins Land zu nehmen, wie wir sozialpolitisch verantworten können“? Endgültig wird diese Frage erst nach einigen Monaten entschieden sein; doch größte Skepsis ist angesagt. Eine Änderung des Art. 16 GG, die nicht das individuelle Asylrecht und die Rechtsweggarantie abschafft, ändert wahrscheinlich nichts, denn es bleibt ein individuelles Klagerecht. Notfalls bis zum Verfassungsgericht kann der Rechtsstreit geführt werden, um z. B. zu klären, ob das gesetzlich neu gewählte Verfahren grundgesetzlich zulässig ist, ob nicht doch die Rechte des Klägers verletzt sind, weil das weiterbestehende Grundrecht auf Asyl in seinem Wesensgehalt beeinträchtigt ist. So werden die Anwälte, die heute für die Asylanten arbeiten, nicht arbeitslos und die Zeit bis zu einer eventuellen Abschiebung nicht kürzer.

Nur wenn man den Forderungen aus Teilen der CDU, der CSU und von einzelnen aus der SPD folgen würde und den grundgesetzlichen Anspruch auf Asyl und das zugehörige Klagerecht abschaffte, würde die Gewährung von Asyl derpolitischen Ent-Scheidung zugänglich. Aber auch dann bleibt ein Problem: Die weiterhin aufrechterhaltene Unterscheidung zwischen „echten“ und „Scheinasylanten“ (Wirtschaftsflüchtlingen“) ist weder moralisch noch praktisch brauchbar. Wieso es moralisch sein soll, denjenigen aufzunehmen, dem im Heimatland aus politischen Gründen Gefängnis oder Folter droht, den aber abzuweisen, der „nur“ verhungert, weil seine wirtschaftlichen Lebensgrundlagen von denselben politischen Verantwortlichen zerstört wurden, ist und bleibt unerfindlich.

Als „pragmatisches“ Kriterium, um die Zahl der Aufzunehmenden so zu begrenzen, daß sie das „Boot der Reichen“ nicht zum Sinken bringen, ist der Begriff der politischen Verfolgung zwar kurzfristig vielleicht nützlich, auf die Dauer aber untauglich. Schon heute sieht man in allen Elendsländem, daß die herrschenden Gruppen den Minderheiten die Schuld am Elend zuschieben und diese Minderheiten verfolgen. So wächst die „Produktion“ von politisch Verfolgten und wird mit zunehmender Armut immer schneller wachsen. Wer Verfolgung oder Folter zur Vorbedingung für die Aufnahme in das „Boot der Reichen“ machen will, wird deshalb letztlich nichts erreichen, als Verfolgung und Folter zu fördern. Schon vertreiben die Serben Moslems und Kroaten mit Terror aus den „Großserbischen Gebieten“ -und bedienen sich dabei der UN-Hilfsorganisationen, die die Flüchtlinge -wie allen Terrorisierenden bekannt -aufnehmen und versorgen. Erst recht werden die verzweifelt armen Staaten sich dieses Eintrittsschlüssels (Aufnahme als Asylant in Europa) bedienen, um unbequeme Minderheiten, die an den kargen Ressourcen des Landes teilhaben wollen, loszuwerden.

Die Entscheidung darüber, ob das Privileg (!) eines europäischen Sozialstaates oder „gleiches Recht für alle Menschen der Welt“ Vorrang haben soll, entscheidet nicht nur eine abstrakte Frage nach dem Vorrang von Werten, sondern auch über die in beiden Fällen entstehenden Chancen und Leiden für die betroffenen Menschen. Diese Folgen müssen bei der Entscheidungsfindung deshalb berücksichtigt werden. Dazu gehört auch die Frage: Wie kann sich der europäische Sozialstaat überhaupt gegen Überschwemmung durch die Armut abschließen, ohne dem Mauerstaat DDR mit Minengürtel und Schießbefehl zu gleichen?

Europa ist eine Region mit vielen Kulturen, und so soll es bleiben. Wie kann aber aus dem Nebeneinander der Kulturen ein Miteinander werden? Daß das enge Miteinanderleben verschiedener Kulturen problematisch ist, sollte man nicht verdrängen -warnende bis abschreckende internationale Beispiele gibt es genug. Helfen können hier sicher viele Konzepte, die die Vertreter einer grundsätzlich offenen Gesellschaft entwickelt haben Fest steht aber jedenfalls: Ein Europa, das nur so viele Menschen aufnimmt, wie es in seine sozialstaatlichen Gesellschaften integrieren kann, hat sehr viel größere Chancen, ein harmonisches Miteinander zuwege zu bringen, als eine grundsätzlich offene Gesellschaft, in der wegen andauernder Zuwanderung schließlich alle Gruppen tiefe Furcht vor der Überwältigung durch die Übermacht der „anderen“ und entsprechende Aggressionen entwickeln.

Liberalität ist schnell verloren -auch ohne das bevorstehende konfliktträchtige Miteinander unter großen sozialen Gegensätzen. Da ruft Ralph Giordano die Juden Deutschlands auf, sich zu bewaffnen. Schon zeigt das Fernsehen gemeinsame Bürgerwehrpatrouillen von Türken und Deutschen in Mölln -sicher, ein erster willkommener Schritt zu einem solidarischen Zusammenleben, aber auch einer zur Beseitigung des Gewaltmonopols des Staates. Andererseits wird der stellvertretende Vorsitzende der CDU, der sächsische Innenminister Heinz Eggert, vom Rheinischen Merkur als einer der Menschen mit besonderem Mut gelobt: „Eggert hat...den Mut, von einem . Ausländerkriminalitätsanteil von 43 Prozent in Görlitz und Zittau 4 zu sprechen und vor der vorschnellen Lobpreisung der multikulturellen Gesellschaft zu warnen.“ Überall dort, wo es Mut erfordert, eine Wahrheit zu sagen -welchen Inhalts auch immer -, ist schon ein Stück Freiheit verlorengegangen. Nein, die erbitterte Verteidigung des in seiner Maßlosigkeit zweifelhaften Sonderrechts auf Asyl bindet zu viele Kräfte, setzt in einer Zeit der wachsenden Existenzangst der unteren Schichten zu viele Emotionen frei. Der liberale Rechtsstaat öffnet so die Flanken. Die Burg wird bald gefallen sein. Lohnt das Ziel die Opfer? Kann es wirklich das höchste Ziel sein, daß die Freiheit von Verkehr, Gütern und Menschen aus den vielen Kulturen einer heute noch multikulturellen Welt letztlich die eine -dann jedoch schwer gefährdete -westlich begründete industrielle Kultur als einzige Kultur über die ganze Welt verbreitet?

Die Entscheidung zwischen beiden Leitbildern -hier der europäische Sozialstaat mit seinen kulturellen und sozialen Besonderheiten, dort die weltweite offene Wanderungsbewegung von Menschen, Gütern, Geld und Armut -ist letztlich weder eine juristische noch eine moralische, sondern eine politische Frage. Aber wer entscheidet diese Frage?

Ist es die ökonomische Führungsschicht, die kurzfristig ein Interesse an möglichst vielen billigen Arbeitskräften hat und Anfang der sechziger Jahre den Import von Arbeitskräften einleitete? Ist es die politische Klasse aller etablierten Parteien, die sich -jedenfalls in der SPD -von ihrer traditionelle len Wählerschaft weit entfernt hat oder ist es die gesamte Bevölkerung? Doch damit ist man bei der Frage nach der Demokratie in der Bundesrepublik.

Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus, sagt das Grundgesetz -doch kommt sie offenbar nie wieder zum Volk zurück (A. Mechtersheimer). Natürlich durften wir -das Volk in München und anderswo -eindrucksvolle Lichterketten bilden. Aber über Maastricht oder die für jeden mindestens ebenso existentielle Problematik Sozialstaat und Asylrecht abstimmen, das dürfen wir nicht. „Wir laufen dem Volk nicht nach“, sagte Graf Lambsdorff im Dezember 1992. Aber wo bleibt bei den „Linken“, die heute ihre eigene Moralvorstellung über das Asyl­ recht für verbindlich erklären, die alte Forderung nach direkter Demokratie und Basisorientierung?

Man mag in guten Zeiten das Volk führen, ohne es direkt zu befragen. Das Volk mag sogar zufrieden sein, wenn seine Repräsentanten es „in Ruhe lassen“ und seinen Wohlstand verwalten. Doch spätestens in stürmischen Zeiten mit zutiefst verunsichernden Problemen für jeden sollte man der Entfremdung zwischen den Politikern und der zwangsläufig enttäuschten oder sogar erbitterten Bevölkerung entgegenwirken, indem man die „mündigen Bürger“ durch Mitentscheidung in ihren eigenen Lebensfragen in den Entscheidungsprozeß einbindet. Dann wäre auch gewährleistet, daß die von der Bevölkerung immer nachdrücklicher erhobene Forderung: „Wir wollen nicht mehr und wir können nicht mehr“ nicht nur von politischen Extremisten wahrgenommen wird.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Eine Auflistung der Elemente, die den Sozialstaat bilden, findet sich bei Hans F. Zacher, Sozialpolitik und Menschenrechte in der Bundesrepublik Deutschland, München-Wien 1968.

  2. Das historische Beispiel für einen solchen „Sparversuch“ des Staates mit katastrophalem Ausgang für die Wirtschaft waren die Brüningschen Notverordnungen, mit denen die Beamtengehälter gekürzt wurden. Die dadurch beschleunigte Rezession war der Nährboden für Hitlers Machtergreifung.

  3. Vgl. Sibylle Tönnies, Das Asyl und die Wähler, in: Die Neue Gesellschaft/Frankfurter Hefte, (1992) 8, S. 733: „... daß ein Interessengegensatz zwischen Deutschen und Ausländem besteht. Das wird bisher von sozialdemokratischer Seite geleugnet und wissenschaftlich-statistisch widerlegt. Aber dieses Leugnen gehört selbst zu einem Abrücken von der traditionellen Wählerschaft...“

  4. Helmut Maier-Mannhart, „Viele Räder stünden still“, in: Süddeutsche Zeitung vom 24. Z 27. 12. 1992, S. 31.

  5. Vgl. dazu: „Fremdenhaß ist Ventil diffuser Zukunftsängste“, in: ebd. vom 5. 6. 1992, S. 8.

  6. Jürgen Miksch, Interkulturelle Politik statt Abgrenzung gegen Fremde, Frankfurt 1992, S. 79.

  7. Der Spiegel, Nr. 51/1992, S. 32. Der „islamische Bogen“ könnte sozusagen zum Mexico der EG werden: „Ein durch noch so scharfe Grenzsicherung kaum zu kontrollierendes Einfallstor.“

  8. Ebd.

  9. Insgesamt wurden etwa 14 Millionen Flüchtlinge integriert.

  10. Immanuel Wallerstein, Der Niedergang der US-Hegemonie und der Zusammenbruch des Leninismus, in: Starnberger Forschungsberichte, 1/91, S. 17.

  11. Der Münchner Demonstration lag ein Aufruf zugrunde, der ausdrücklich eine solche Interpretation ausschloß, indem er unabhängig von den sonstigen politischen Ansichten primär zur Demonstration gegen Gewalt aufrief.

  12. Sibylle Tönnies, Wer helfen will, muß Gnade vor Recht ergehen lassen, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 17. 11. 1992, S. 36.

  13. Vgl. z. B. J. Miksch (Anm. 6).

  14. Rheinischer Merkur, Nr. 1 vom 1. 1. 1993, S. 4.

  15. Zur SPD vgl. S. Tönnies (Anm. 3).

Weitere Inhalte

Horst Afheldt, Dr. jur., geb. 1924; 1960-1970 Geschäftsführer der Vereinigung deutscher Wissenschaftler, danach Studien über friedenspolitische und ökonomische Grundprobleme am Max-Planck-Institut zur Erforschung der Lebensbedingungen, Starnberg; zur Zeit Gast am Starnberger Institut zur Erforschung globaler Strukturen und Krisen. Veröffentlichungen u. a.: Verteidigung und Frieden. Politik mit militärischen Mitteln, München 1976; Defensive Verteidigung, Reinbek 1983; Der Konsens. Argumente für die Politik der Wiedervereinigung Europas, Baden-Baden 1989.