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Im Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand. Beschäftigungsperspektiven älterer Arbeitnehmer zwischen demographischem Wandel und anhaltender Arbeitslosigkeit | APuZ 44/1993 | bpb.de

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APuZ 44/1993 Die demographische Entwicklung Deutschlands: Risiken, Chancen, politische Optionen Im Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand. Beschäftigungsperspektiven älterer Arbeitnehmer zwischen demographischem Wandel und anhaltender Arbeitslosigkeit Latente Macht und neue Produktivität der Älteren Alte Menschen in den neuen Bundesländern Das andere deutsche Alter

Im Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand. Beschäftigungsperspektiven älterer Arbeitnehmer zwischen demographischem Wandel und anhaltender Arbeitslosigkeit

Gerhard Bäcker

/ 28 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Während in der aktuellen Diskussion gefordert wird, die Beschäftigung älterer Arbeitnehmer zu fördern und das Rentenalter möglichst bald heraufzusetzen, um die anstehenden demographischen Belastungen bewältigen zu können, wird in der Praxis nach wie vor die Frühverrentung als Mittel zum Personalabbau und -umbau eingesetzt. Die Analyse der hinter diesem Widerspruch stehenden unterschiedlichen Entwicklung des demographischen Wandels und des Arbeitsmarktes ergibt, daß die Strukturverschiebung in der Alterszusammensetzung der Erwerbspersonen in den nächsten 20 Jahren zunächst noch langsam verlaufen wird und daß zugleich ein anhaltendes Arbeitsmarktungleichgewicht zu erwarten ist. Unter diesen Voraussetzungen ist auf mittlere Sicht nicht mit einer substantiellen Verlängerung der Lebensarbeitszeit zu rechnen. Allerdings wird mit dieser Krisenbewältigungsstrategie den längerfristigen Problemen und Herausforderungen des demographischen Umbruchs nur unzureichend Rechnung getragen, weshalb für eine präventive Politik der Beschäftigungs-und Qualifikationsförderung älterer Arbeitnehmer plädiert wird.

I. Lebensarbeitszeitverlängerung oder Frühverrentung?

Der Widerspruch könnte kaum größer sein: Während die Bundesregierung in ihren programmatischen Aussagen und Dokumenten -so zuletzt in dem Papier „Zukunftssicherung des Wirtschaftsstandorts Deutschland“ -dafür plädiert, die Lebensarbeitszeit möglichst bald und nachhaltig heraufzusetzen, will dieselbe Bundesregierung den anstehenden Personalabbau in den drei Postunternehmen und bei der Bahn durch Vorruhestandsregelungen für Beamte ab dem 55. Lebensjahr bewältigen.

Hinter diesem Widerspruch stehen zwei unterschiedliche Problemanalysen und Betrachtungsweisen: Es geht einerseits um den demographischen Wandel, andererseits um die durch Massenarbeitslosigkeit geprägte Arbeitsmarktlage in Ost-wie Westdeutschland und die verschiedenen Reaktionen darauf. Die Aufforderung, wieder länger zu arbeiten und die Altersgrenzen in den Alterssicherungssystemen heraufzusetzen, bezieht sich auf die Folgen des bereits wirksamen und sich ab der Jahrtausendwende verschärfenden demographischen Umbruchs: Durch die Doppelwirkung der weiter steigenden Lebenserwartung und der anhaltend niedrigen Geburtenrate wird nicht nur die inländische Bevölkerung sinken, sondern es wird sich -folgenreicher noch -auch die Alters-struktur zu Lasten der jüngeren Jahrgänge verschieben. Immer mehr älteren Menschen werden immer weniger Menschen im erwerbsfähigen Alter gegenüberstehen. Die Rentenversicherung gerät in Finanzierungsprobleme; starke Beitragssatzsteigerungen sind absehbar. Wird nun die Erwerbsphase zeitlich verlängert und die Ruhestandsphase verkürzt, läßt sich der demographisch bedingte Anstieg des Altersquotienten (Verhältnis der 20-bis 60jährigen zu den über 60jährigen) zumindest ein Stück weit ausgleichen. Denn wenn sich durch den späteren Rentenbeginn die Bezugsdauer der Rente und die Zahl der Rentner verringern, während gleichzeitig durch den verlängerten Verbleib im Beruf die Zahl der Beitragszahler zunimmt und die Einnahmen entsprechend steigen, errechnet sich eine positive finanzielle Entwicklung sowohl auf der Ausgaben-als auch auf der Einnahmenseite der Rentenversicherung Die demographischen Belastungen werden also nicht allein (durch höhere Beiträge) den Jüngeren aufgebürdet, sondern den Älteren wird zugemutet, durch eine verlängerte Erwerbstätigkeit ihren Teil zur Problem-bewältigung beizutragen.

Diese Perspektive hat mit der aktuellen Situation auf dem Arbeitsmarkt und der betrieblichen Beschäftigungspolitik allerdings nichts gemein. Von einem (langsam) beginnenden Trend hin zu einer Verlängerung der Lebensarbeitszeit und einer betrieblichen wie beruflichen Förderung älterer Arbeitnehmer kann keine Rede sein. Im Gegenteil: Der die letzten Jahrzehnte prägende Trend einer „Entberuflichung des Alters“ hält bis heute unvermindert an. Die Definitionsgrenze „ältere Arbeitnehmer“ hat sich nach unten verlagert. Die sogenannten „alterstypischen“ Beschäftigungsprobleme setzen früh ein, vor allem dann, wenn das Qualifikationsniveau gering, der Grad der physischen und psychischen Anforderungen am Arbeitsplatz sehr hoch ist, wenig individuelle Handlungsmöglichkeiten vorhanden sind und sich am Arbeitsplatz und im Betrieb ein rascher technologischer sowie organisatorischer Wandel vollzieht. Dann kumulieren sich schon ab dem 50. Lebensjahr die Probleme im Beruf und auf dem Arbeitsmarkt. Zu reden ist von der gesundheitlichen Beeinträchtigung, der Gefahr des beruflichen Abstiegs und der Dequalifizierung und schließlich von Frühinvalidität, Arbeitslosigkeit und Frühverrentung.

In der Bundesrepublik ist der frühe Ausstieg aus dem Berufsleben zur Normalität geworden; ältere Arbeitnehmer werden auf dem Arbeitsmarkt nur noch wenig nachgefragt. So hat sich die Erwerbs-quote jenseits des 60. Lebensjahres (in Westdeutschland) im Jahr 1991 gegenüber 1970 in etwa halbiert! Nur jeder dritte Mann (32, 9 Prozent) und nur etwa jede zehnte Frau (11, 5 Prozent) dieser Altersgruppe stehen mittlerweile noch im Erwerbsleben 63jährige oder gar 65jährige Beschäftigte im Angestellten-, vor allem Prozent) dieser Altersgruppe stehen mittlerweile noch im Erwerbsleben 3. 63jährige oder gar 65jährige Beschäftigte im Angestellten-, vor allem aber im Arbeiter-bereich sind zu einer raren Spezies geworden. In den Großbetrieben der Industrie findet man sie gar nicht mehr. Damit ist nun kein deutsches Spezifikum beschrieben, der Prozeß der Frühausgliederung ist, zwar in den Formen und Wegen unterschiedlich geregelt, in allen westeuropäischen Industriegesellschaften zu beobachten 4.

Bei einer Auswertung der Rentenstatistik wird sichtbar, daß der Rückgang der Alterserwerbstätigkeit zu einem großen Teil ein Spiegelbild der hohen und wachsenden Inanspruchnahme der vorgezogenen Altersrenten ist 5. Insgesamt, d. h. einschließlich der Berufs-und Erwerbsunfähigkeitsrenten, muß heute mit e Prozent) und nur etwa jede zehnte Frau (11, 5 Prozent) dieser Altersgruppe stehen mittlerweile noch im Erwerbsleben 3. 63jährige oder gar 65jährige Beschäftigte im Angestellten-, vor allem aber im Arbeiter-bereich sind zu einer raren Spezies geworden. In den Großbetrieben der Industrie findet man sie gar nicht mehr. Damit ist nun kein deutsches Spezifikum beschrieben, der Prozeß der Frühausgliederung ist, zwar in den Formen und Wegen unterschiedlich geregelt, in allen westeuropäischen Industriegesellschaften zu beobachten 4.

Bei einer Auswertung der Rentenstatistik wird sichtbar, daß der Rückgang der Alterserwerbstätigkeit zu einem großen Teil ein Spiegelbild der hohen und wachsenden Inanspruchnahme der vorgezogenen Altersrenten ist 5. Insgesamt, d. h. einschließlich der Berufs-und Erwerbsunfähigkeitsrenten, muß heute mit einem mittleren Rentenzugangsalter von 59 Jahren in der Arbeiterrentenversicherung und von 61 Jahren in der Angestelltenversicherung gerechnet werden 6.

Damit ist aber die Beschäftigungssituation älterer Arbeitnehmer nur unzureichend beschrieben. Das durchschnittliche Berufsaustrittsalter liegt noch deutlich niedriger. Zwischen Rentenbeginn und Ende der Berufstätigkeit werden häufig unterschiedliche „Zwischen-und Wartephasen“ durchlaufen. Dazu zählen vor allem betriebliche und gesetzliche Vorruhestandsregelungen sowie die Arbeitslosigkeit. Unter allen registrierten Arbeitslosen machen die 55-bis 59jährigen 1992 einen Anteil von 16, 2 Prozent aus -bei einem Beschäftigtenanteil dieser Altersgruppe von 9 Prozent. Das heißt, daß die altersspezifische Arbeitslosenquote mit 12, 4 Prozent deutlich über dem Durchschnitt von 6, 6 Prozent liegt 7. Da ältere Arbeitslose faktisch nicht mehr zu vermitteln sind, also keine Chance zur Wiedereingliederung in Arbeit mehr besteht, ist Erwerbslosigkeit im fortgeschrittenen Alter nahezu gleichbedeutend mit einem endgültigen Ausscheiden aus dem Erwerbsleben. Indikator dafür ist das hohe Ausmaß der Dauerarbeitslosigkeit älterer Arbeitsloser. So betrug 1992 die durchschnittliche Verbleibsdauer in Arbeitslosigkeit für ältere Arbeitslose auch ohne gesundheitliche Einschränkungen 65 Wochen 8.

Noch krasser als in Westdeutschland wird der Gegensatz zwischen der Perspektive einer Lebensarbeitszeitverlängerung und der realen Beschäftigungssituation der Älteren in Ostdeutschland sichtbar. Dort, wo die Alterserwerbstätigkeit „normal“ war und damit auch zur Normalbiographie der Erwerbsbevölkerung zählte, wo also die nunmehr im Westen verfolgte neue Zielperspektive schon immer Realität war 9, ist innerhalb kürzester Zeit, d. h. innerhalb weniger Monate (!), die westdeutsche Entwicklung, die sich über zwei Jahrzehnte vollzogen hat, nicht nur nachgeholt, sondern überholt worden. Ohne die massive Inanspruchnahme von Vorruhestands-und Altersübergangsgeld (ab 55 Jahren) läge die Zahl der registrierten Arbeitslosen im Juli 1993 in den neuen Bundesländern um 850000 Personen höher Die Älteren haben -wie es schon bei den Vorruhestandsregelungen in Westdeutschland hieß -ihre Arbeitsplätze im Sinne des sogenannten Generationenvertrags für ihre Kinder und Enkel „freigemacht“ und damit ganz maßgeblich zur Kanalisierung der dramatischen Arbeitsmarktkrise beigetragen.

II. Der frühe Übergang in den Ruhestand -Eine Interessenkoalition zwischen Betrieben und Arbeitnehmern

Es sind vor allem die Betriebe, die der frühzeitigen Beendigung der Berufstätigkeit positiv gegenüberstehen. Die Technologieschübe und Rationalisie-rungswellen der letzten Jahre sind weitgehend mit jungen Belegschaften bewältigt worden, und für ihre altersselektive, jugendzentrierte Personalpolitik haben die Betriebe die verschiedenen gesetzlichen Regelungen zur Frühverrentung genutzt und weit unterhalb der ohnehin schon vorgezogenen gesetzlichen neue betriebliche Altersgrenzen etabliert. Wie einleitend skizziert, dominiert diese Strategie bis heute: Um den Personalabbau sozial-verträglich zu gestalten und direkte Entlassungen zu vermeiden oder zu minimieren, werden Maßnahmen zur Frühverrentung angeboten. Beispiele dafür liefern nicht nur die Automobilindustrie, deren Zulieferfirmen, die chemische Industrie, der Maschinenbau und der öffentliche Dienst Am häufigsten wird von der folgenden Regelung Gebrauch gemacht: Ältere Beschäftigte verlassen per einvernehmlich vereinbartem Aufhebungsvertrag den Betrieb, werden arbeitslos, beziehen Arbeitslosengeld (bei einer maximalen Bezugsdauer von 832 Tagen) und können dann mit Erreichen des 60. Lebensjahrs eine vorgezogene Rente beantragen. Das Arbeitslosengeld bzw. die Arbeitslosen-hilfe werden durch Ausgleichszahlungen des Betriebes in je nach Vereinbarung unterschiedlicher Höhe aufgestockt, so daß der Netto-Einkommensverlust begrenzt bleibt.

Eine etwas genauere Betrachtung der Entwicklung in den vergangenen Jahren ergibt, daß die Frühverrentung nicht allein auf den Personalabbau in Struktur-und Konjunkturkrisen sowie in schrumpfenden Betrieben und Branchen zielt, sondern auch auf eine altersstrukturelle Personalumschichtung. Denn selbst in Wachstums-und beschäftigungsexpansiven Branchen und Betrieben, wie etwa im Dienstleistungssektor, besteht ein erheblicher formeller und informeller vorzeitiger Ausgliederungsdruck

Dieser drastische Abbau der Alterserwerbstätigkeit wäre in den letzten Jahren wohl kaum so reibungslos und konfliktfrei vonstatten gegangen, wenn er nicht zu großen Teilen zugleich den Interessen der davon betroffenen Arbeitnehmer entsprochen hätte. Alle empirischen Untersuchungen zeigen übereinstimmend, daß trotz steigender Lebenserwartung und möglicher sozialer Folgerisiken von Frühverrentungen auch heute noch überwiegend ein frühes Ende der Erwerbstätigkeit angestrebt wird; und dies häufig nach dem Motto: „Je früher, desto besser“ Das Motiv, möglichst früh aufzuhören, setzt sich dabei aus einer Mischung von „Push-“ und „Pull-Faktoren“ zusammen. Zu den wichtigsten „Fluchtmotiven“ zählen gesundheitliche Gründe vor allem bei Arbeitern, Unzufriedenheit und Enttäuschung mit den Arbeitsbedingungen speziell in der Spätphase des Erwerbslebens, Resignation und konkrete Zukunftsängste z. B. vor neuen Technologien oder dem drohenden Arbeitsplatzverlust. Es sind also vielfach Motive, die sich auch als „Urteilsspruch“ über insgesamt als verschlechtert wahrgenommene Arbeits-und Beschäftigungsbedingungen interpretieren lassen Auffällig ist bei der Verrentung, daß nahezu ausschließlich der abrupte, d. h. stufenlose Übergang vom Arbeitsleben in die nachberufliche Phase gewählt und daß dieses traditionelle Austrittsmuster von den Betroffenen auch weitgehend gewünscht und akzeptiert wird

Viele Frühverrentungen sind zugleich Ausdruck und Folge der besonderen gesundheitlichen Probleme älterer Arbeitnehmer. Mit steigendem Alter wachsen die Gesundheitsrisiken und -gefährdungen: Dies betrifft (chronische und schwerwiegende) Krankheiten, längerfristige Arbeitsunfähigkeit (Krankenstand), Behinderungen und Frühinvalidität Immerhin mußte 1991 mehr als die Hälfte der männlichen Arbeiter (56, 2 Prozent) aus gesundheitlichen Gründen eine vorgezogene Rente beziehen (wegen Berufs-oder Erwerbsunfähigkeit zu 43, 2 Prozent, wegen Schwerbehinderung zu 9, 3 Prozent); bei den männlichen Angestellten lagen die entsprechenden Quoten bei 34, 6 Prozent insgesamt (bzw. 22, 1 Prozent bei Berufs-und Erwerbsunfähigkeit und 11, 5 Prozent bei Altersrente an Schwerbehinderte wegen Vollendung des 60. Lebensjahrs)

Allerdings ist bei diesen Zahlen zu berücksichtigen, daß die Frühinvaliditätsverrentung sich nicht ausschließlich auf Gesundheitsbeeinträchtigungen zurückführen läßt, sondern deren Niveau und Entwicklung spiegelt neben der geänderten Rechtslage („konkrete Betrachtungsweise“) auch deren betriebliche, arbeitsmarktabhängige Instrumentierung zur Förderung vorzeitiger Berufsaufgabe wider. Schließlich ist zu betonen, daß von den gesundheitlichen Problemen nur ein Teil der Beschäftigten betroffen ist. Keineswegs alle älteren Arbeitnehmer sind krank, behindert oder in ihrer physisch-psychischen Leistungsfähigkeit gemindert. Eine derartige Dramatisierung wäre unangebracht; sie läßt sich weder empirisch bestätigen, noch ist sie geeignet, Vorurteile über die berufliche Leistungsfähigkeit Älterer abzubauen.

Aus Sicht der Mehrzahl der Beschäftigten ist ein früher „Ruhestand“ kein Stigma, er wird vielfach eher als „Befreiung“ verstanden. Begrenzte Perspektiven in der Arbeit kontrastieren mit gewachsenen Handlungsmöglichkeiten, verbesserten Einkommensverhältnissen und neuen kulturellen Orientierungen nach und außerhalb der Arbeit. Auch wenn diese positive Einschätzung eines frühen Beginns der nachberuflichen Phase selbst wiederum nicht unabhängig von der Arbeitsmarktlage zu interpretieren ist und vor dem Hintergrund möglicher (schlechterer) Entscheidungs-und Lebensalternativen, die der Arbeitsmarkt allgemein und die Betriebe im besonderen den Betroffenen offenlassen, gesehen werden muß, so kann dies doch nicht darüber hinwegtäuschen, daß der „Run“ auf die verschiedenen vorgezogenen Verrentungsmöglichkeiten zugleich ein „gewandeltes Ruhestandsbewußtsein“ erkennen läßt

Das durch eine ausreichende Rente materiell abgesicherte Leben im Alter hat sich als eine eigenständige, vom Arbeitsleben abgegrenzte Lebensphase institutionalisiert, die nach den erbrachten Leistungen und Entbehrungen im Arbeitsleben als eine „verdiente“ Gegenleistung angesehen wird, auf die ein „Rechts“ anspruch besteht. Der frühe Ruhestand gilt gleichsam als „gerechtfertigte Wiedergutmachungsleistung“ nach der Pflichterbringung im Erwerbsleben. Hinzu kommt ein vielfältiger Nachholbedarf bei der Verwirklichung solcher privater Interessen, wozu früher keine Zeit und Gelegenheit bestanden. Entscheidend dabei ist, daß sich diese überwiegend positiven Erwartungen weitgehend auch später im Ruhestand selbst bestätigen. Nach übereinstimmenden Untersuchungsbefunden aus den alten Bundesländern sind große Teile der (Früh-) Rentner mit ihrer Situation zufrieden

Vor diesem Hintergrund der Interessen-und Bewußtseinslage der Mehrzahl der betroffenen älteren Beschäftigten kann die breite Zustimmung der betrieblichen und gewerkschaftlichen Interessenvertretungen zur Frühverrentung kaum überraschen. Von allen personalpolitischen Abbau-und Anpassungsstrategien, die eine Beteiligung der Gewerkschaften vorsehen und voraussetzen, ist die Lebensarbeitszeitverkürzung die konfliktfreieste. Sie ermöglicht im Unterschied zur offenen Entlassung einen individuell wie gesellschaftlich legitimierten Abgang vom Arbeitsmarkt, der nicht zum als diskriminierend empfundenen Status „Arbeitsloser“, sondern zum Status „Rentner“ oder „Vorruheständler“ führt, in dem die Betroffenen in der Regel finanziell und sozial besser abgesichert sind.

Demgegenüber haben die Folgeprobleme von Frühverrentungen in der öffentlichen Diskussion eine eher nachrangige Rolle gespielt, wie z. B. die faktische Unterminierung des Rechts auf Arbeit auch im Alter durch die Bevorzugung der Jüngeren bei der Arbeitsplatzzuteilung, die mögliche Steigerung der Arbeitsintensität bei den in den Betrieben verbleibenden Beschäftigten oder die Folgen der generellen Verengung der auf die Humankapitalnutzung bezogenen Zeitperspektive bei den Betrieben. In dem Maße nämlich, wie die zeitliche Beschäftigungserwartung immer kürzer wird, etwa nur noch bis zum 58. oder 60. Lebensjahr „geplant“ wird, entfällt bei den Betrieben die Einsicht in die Notwendigkeit einer längerfristig angelegten Politik der Humankapitalerhaltung z. B. über Gesundheitsschutz und Qualifizierung. Auch ist nicht von der Hand zu weisen, daß frühe (innerbetriebliche) Altersgrenzen die berufliche Wiedereingliederung von älteren Arbeitslosen und/oder von Frauen nach Ablauf ihrer Familienphase zusätzlich erschweren können.

III. Zukünftige Rahmenbedingungen

1. Demographischer Umbruch Nun läßt sich von der skizzierten Ist-Situation der Alterserwerbstätigkeit nicht ohne weiteres auf die mittlere und fernere Zukunft schließen. Die aktuellen Bedingungen sind nicht statisch; vor dem Hintergrund der zu erwartenden demographischen, ökonomischen und sozialstrukturellen Verschiebungen unterliegen sie vielmehr einem dynamischen Anpassungsprozeß. Die Frage ist also, ob die Annahmen und Begründungen, die für den die zukünftigen Perspektivenwechsel in der Alters-politik in Richtung auf eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit und eine Heraufsetzung der gesetzlichen Altersgrenzen vorgebracht werden, stimmig sind. Dabei handelt es sich nicht um unverbindliche Debatten. Mit der Rentenreform 1992 sind die gesetzgeberischen Schritte zu einer Anhebung der Altersgrenzen in der Rentenversicherung festgelegt worden. In gut sieben Jahren, ab dem Jahre 2001, werden die bisherigen vorgezogenen Altersgrenzen schrittweise auf die neue Regelaltersgrenze von 65 Jahren heraufgesetzt. Langjährig Versicherte, die bislang ihre Altersrente mit 63 Jahren in Anspruch nehmen können, müssen dann, wenn die Anhebung vollständig wirksam geworden ist, zwei Jahre länger auf ihre (ungekürzte) Altersrente warten. Und um immerhin fünf Jahre verlängert sich die Frist für Frauen und Arbeitslose, die nach geltendem Rechtsstand bereits mit 60 Jahren eine Altersrente beziehen können. Ausgenommen von dieser Altersgrenzenanhebung bleibt allein der Bezug einer Berufs-oder Erwerbsunfähigkeitsrente sowie der vorgezogenen Altersrente (ab 60 Jahren) für Schwerbehinderte.

Soll beurteilt werden, ob diese rechtlichen Vorgaben tatsächlich wirksam werden, ist zweierlei zu klären: erstens, welchen Verlauf der demographische Umbruch nehmen wird, und zweitens, wie sich vor diesem Hintergrund die Arbeitsmarktlage allgemein und für die Älteren im besonderen entwickeln wird. a) Zur demographischen Entwicklung Wir wissen, daß demographische Prognosen mit großen Unsicherheiten behaftet sind. Während bei den Modellrechnungen die Entwicklung von Lebenserwartung und Geburtenhäufigkeit vergleichsweise gut abzuschätzen ist, bestehen erhebliche Unwägbarkeiten hinsichtlich der Größenordnung und der Struktur der Wanderungsbewegung. Die Annahmen über Niveau und strukturelle Zusammensetzung (insbesondere hinsichtlich Geschlecht und Alter) der Nettozuwanderung beeinflussen hierbei nicht nur die Aussagen über die zu erwartende Entwicklung der Bevölkerungszahl, sondern auch über deren Altersstruktur Die vorliegenden Szenarien und Modellrechnungen lassen nur erkennen, daß bei einer weiter andauernden Zuwanderung die Bevölkerungszahl bis um das Jahr 2010 herum weiter steigen, danach aber -selbst bei hohen Zuwanderungen -rückläufig sein wird.

Entscheidender aber noch ist die Aussage, daß die Wanderung die Verschiebungen in der Alters-struktur nicht grundsätzlich aufhalten wird, sondern nur abbremsen und modifizieren kann. Angesichts der dominanten Wirkung der drastisch schrumpfenden Nachwuchsjahrgänge und der steigenden Lebenserwartung muß davon ausgegangen werden, daß die vereinigte Bundesrepublik zu einer alternden Gesellschaft wird, in der die ältere Generation absolut und relativ ein immer höheres Gewicht erhält. Während die Zahl der Bevölkerung im jüngeren Alter (unter 20 Jahre) und im mittleren Alter (20 bis unter 60 Jahre) in den nächsten Jahren sinkt -bis zum Jahr 2010 noch langsam, dann aber schnell -, nimmt die Zahl der Älteren (60 Jahre und älter) ebenso beständig zu. Der Anteil dieser Altersgruppe an der Gesamtbevölkerung, der 1990 bei 20, 4 Prozent lag, erhöht sich bis zum Jahr 2010 auf 25 Prozent und bis zum Jahr 2030 auf 34, 9 Prozent

Dieser kollektive Alterungsprozeß der Gesamtbevölkerung läßt keinen gesellschaftlichen Teilbereich unberührt und wirkt sich natürlich auch auf die Altersstruktur der Erwerbsbevölkerung aus, deren Durchschnittsalter steigt. Innerhalb der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter (20 bis 60 Jahre) werden sich die nachwachsenden jüngeren Jahrgänge (unter 30 Jahre) in Anzahl und Anteil vermindern -zunächst zugunsten der mittleren Jahrgänge (30 bis unter 50 Jahre), etwa nach dem Jahr 2005 dann aber zugunsten der älteren Jahrgänge (50 Jahre und älter). So wird der Anteil der unter 30jährigen an allen Beschäftigten Jahre2010 noch ca. 23 bis 25 Prozent betragen, während der Anteil der über 50jährigen auf 26 Prozent steigt Für die Altersgruppe 40 und älter geht Prognos (ein weltweit tätiges Forschungs-und Beratungsunternehmen mit Sitz in Basel) davon aus, daß bis zum Jahr 2010 ein Anstieg um drei Millionen Erwerbspersonen zu erwarten ist, während die jüngeren Altersjahrgänge auf dem Arbeitsmarkt um mehr als sechs Millionen Personen zurückgehen werden

In einer absehbaren Zeitspanne wird es dann zum ersten Mal mehr ältere als jüngere Erwerbspersonen geben. Dieser Alterungsprozeß des Erwerbs-potentials verläuft allerdings nicht bruchlos, er gewinnt seine volle Dynamik erst nach 2010; etwa um 2030 dürften die Älteren rund ein Drittel der Erwerbspersonen ausmachen, während die Jüngeren auf gut 20 Prozent abfallen. 1990 war das Verhältnis mit 32 Prozent zu 23 Prozent geradezu umgekehrt. b) ZurArbeitsmarktlage Angesichts dieses Umbruchs stehen Gesellschaft, Arbeitsmarkt und Wirtschaft der Bundesrepublik vor schwerwiegenden Herausforderungen. Für die Zukunft von Wirtschaft und Arbeitsmarkt ist die Frage entscheidend, wie eine alternde Erwerbsbevölkerung den Anforderungen des ökonomischen und technologischen Wandels entsprechen kann. Die Arbeitsmarkt-und Qualifikationsforschung hat gezeigt, daß in den nächsten Dekaden mit einem forcierten Strukturwandel der Arbeitslandschaft zu rechnen ist, d. h., die Arbeits-und Qualifikationsanforderungen und der betriebliche Arbeitskräftebedarf ändern sich grundlegend: Im Über-gang zu neuen Produktionstechniken und zur Dienstleistungsgesellschaft verändern sich die Branchen-und Tätigkeitsstrukturen, unterliegen formelle Ausbildungsbeschlüsse einem schnellen Alterungsprozeß und wachsen vor allem die Anforderungen an die (fachübergreifende) Qualifikation und die Flexibilität der Beschäftigten

Das bedeutet, daß die Betriebe die notwendigen Produkt-und Verfahrensinnovationen sowie zukünftigen Technologie-und Rationalisierungsschübe mit insgesamt älteren und anders zusammengesetzten Belegschaften (steigender Frauen-undAusländeranteil) zu bewältigen haben werden. Angesichts der schwächer besetzten Nachwuchs-jahrgänge läßt sich der für die betriebliche Personal-und Arbeitswirtschaft der letzten Jahrzehnte so selbstverständliche Rückgriff auf jüngere Jahrgänge im „generationeilen Austausch“ gegen ältere immer schwerer realisieren. Die Verfügbarkeit über jüngere, gut ausgebildete deutsche Nachwuchskräfte dürfte zu einem Wettbewerbsparameter werden: Die Betriebsbelegschaften insgesamt altern, aber die Altersstruktur der Beschäftigten wird -wie derzeit bereits -nach Branchen, Betriebsgrößenklassen, Geschlecht, Tätigkeitsprofilen usw. variieren. 2. Entwicklung des Arbeitsmarktes in mittelfristiger Sicht Nun besagen diese demographischen Trends noch nicht, daß sich auch der Verbleib der Älteren im Beruf entsprechend verlängert, daß also die Betriebe bereit sind, für eine längere Beschäftigung älterer Arbeitnehmer Arbeitsplätze in entsprechender Quantität und Qualität bereitzustellen. Auch eine Anhebung der Altersgrenzen in der Rentenversicherung garantiert dies nicht. Wie die Ergebnisse sowohl der nationalen als auch der internationalen Forschung zeigen, lassen sich Kurskorrekturen in der Alterserwerbstätigkeit nicht allein durch eine rentenrechtliche „Außensteuerung“ erreichen Vielmehr muß die Frage, wie und unter welchen konkreten betrieblichen Beschäftigungsbedingungen und individuellen Voraussetzungen der betroffenen Beschäftigten Berufstätigkeit im höheren Alter stattfindet und wann und wie Arbeitnehmer aus dem Arbeitsleben ausscheiden und eine Rente beziehen, im Kontext vor allem der Arbeitsmarktlage diskutiert werden.

Zu fragen ist, wie lange es den Betrieben möglich ist, für die älteren Beschäftigten trotz des demographischen Umbruchs einen gleichermaßen produktiven „Ersatz“ unter relativ geringem Aufwand auf dem externen Arbeitsmarkt zu rekrutieren. Anders herum formuliert: Wann und in welchem Maße führt der demographisch bedingte Rückgang des inländischen Arbeitskräfteangebots zu einem Rückgang des Erwerbspersonenpotentials insgesamt und -in Kombination mit der Entwicklung des Arbeitskräftebedarfs -zu einer Verbesserung der Beschäftigungschancen vor allem der älteren Arbeitnehmer, so daß sich die geplante Trendwende in der Alterserwerbstätigkeit auch realisieren läßt?Die vorliegenden mittelfristigen Arbeitsmarktprognosen machen einmal mehr deutlich, daß die entlastende demographische Komponente in den nächsten Jahren durch die zunehmende Frauenerwerbsbeteiligung, die Ausschöpfung der stillen Reserve und vor allem durch die Zuwanderung mehr als kompensiert wird und erst nach der Jahrtausendwende mit einer deutlichen Entlastung auf der Angebotsseite des Arbeitsmarktes zu rechnen ist Erst dann dürfte der Geburtenrückgang deutlich auf das Erwerbspersonenpotential durchschlagen. Bis um das Jahr 2010 jedoch, so die Berechnungen, wird die Zahl der Erwerbsuchenden noch über dem 1990 erreichten Niveau von rund 41 Millionen Personen liegen. Diese Trends über die wahrscheinliche Entwicklung der Angebots-komponente auf dem Arbeitsmarkt müssen mit der Nachfragekomponente, d. h. der Nachfrage nach Arbeitskräften durch die Betriebe, bilanziert werden, um Aussagen über die Entwicklung von realisiertem Beschäftigungsniveau und Arbeitslosigkeit treffen zu können. Unterstellt man einen moderaten Verlauf von Wachstum, Produktivität und Arbeitszeitverkürzung, ergeben sich bei der Bilanzierung negative Aussichten. Nach Prognos könnte die Arbeitsplatzlücke von 5, 2 Millionen im Jahr 1992 auf 5, 9 Millionen im Jahr 2000 anwachsen und sich erst ab dann langsam verringern

Bei diesen Arbeitsmarktbilanzen ist allerdings zu berücksichtigen, daß sie auf den aggregierten Angebots-und Nachfrageentwicklungen des Arbeitsmarktes basieren und keine Aussagen über mögliche Diskrepanzen zwischen den Anforderungsprofilen der Betriebe einerseits und dem Leistungs-und Qualifikationspotential der Arbeitskräfte andererseits erlauben. Wenn es richtig ist, daß im Arbeitsleben gerade die qualifikatorischen Anforderungen steigen, dann dürfte für die schlecht ausgebildeten Zuwanderer aus den Nicht-EG-Ländem nur ein begrenztes Arbeitsmarktsegment offenstehen. Es gilt also, bei den Arbeitsmarktszenarien nach berufsfachlichen, qualifikatorischen und regionalen Teilarbeitsmärkten zu differenzieren und zu berücksichtigen, daß es trotz eines generellen Arbeitskräfteüberhangs in einzelnen Bereichen zu Knappheitssituationen kommen kann. Verläßt man allerdings die kurze Sicht, sollte weder die Durchlässigkeit zwischen den Teilarbeitsmärkten noch die Flexibilität von Betrieben wie Beschäftigten unterschätzt werden.

Aus der Sicht des gesamten Arbeitsmarktes betrachtet ist damit zu rechnen, daß die im Rentenreformgesetz vorgesehene Heraufsetzung der Altersgrenzen in eine Phase anhaltend hoher Arbeitslosigkeit fällt. Wenn der Zeitpunkt der Anhebung nicht verschoben und/oder die Anhebungsschritte nicht gestreckt werden dürfte der durch den späteren Rentenbezug ausgelöste Potential-anstieg auf dem Arbeitsmarkt zur Gefahr weiter wachsender Arbeitslosigkeit führen. Lediglich diejenigen „produktiven“ Älteren werden auch tatsächlich länger im Beruf verbleiben, die über ein überdurchschnittlich hohes Qualifikations-und Flexibilitätspotential sowie eine gute physische und psychische Konstitution verfügen und zugleich für den Betrieb unentbehrlich sind. Für die anderen müssen alternative Ausgliederungspfade und Ausweichmöglichkeiten gesucht und gefunden werden, um ihre Beschäftigung bis zur neuen Regelaltersgrenze zu vermeiden. Die Ausgliederung wird dann über solche Wege -z. B. über Arbeitslosigkeit oder spezielle Vorruhestandsregelungen -erfolgen, die die Betroffenen finanziell und sozial sowie hinsichtlich ihrer Rechtsposition wesentlich schlechter als derzeit stellen.

Die älteren Arbeitnehmer werden sich also auf den späteren Beginn der ungeschmälerten Zahlung von Altersrenten, nicht aber auf einen durchgängig verlängerten Verbleib an ihrem Arbeitsplatz einzustellen haben! So lassen sich auch die versicherungstechnischen Abschläge bei vorzeitigem Rentenbezug interpretieren. Denn der Weg in den vorgezogenen Ruhestand ist mit dem Rentenreformgesetz nicht grundsätzlich verbaut worden, sondern soll künftig weiterhin möglich sein. Er ist jedoch auf maximal drei Jahre begrenzt (d. h.frühestens ab dem 62. Lebensjahr möglich, so daß Männer sogar ein Jahr früher als derzeit eine Altersrente beziehen können) und kann nur unter Inkaufnahme von dauerhaften, über die gesamte Rentenbezugszeit hinweg reichenden Renteneinbußen von 0, 3 Prozent pro Monat des vorgezogenen Rentenbezugs erfolgen. Diese Abschläge machen eine vorzeitige Verrentung zum finanziellen Risiko. Es dürften gleichwohl die Arbeitslosen und die gesundheitlich beeinträchtigten Beschäftigten sowie die Frauen sein, die mit 62 Jahren den vorzeitigen Rentenbezug beantragen. Im Unterschied zu den besser bezahlten (zusätzlich noch durch Betriebsrenten abgesicherten), qualifizierteren und auch gesünderen Angestellten können sie sich zwar die Abschläge von rund 12 Prozent am wenigsten leisten, aber aufgrund ihrer sozialen und gesundheitlichen Situation haben sie kaum eine Alternative.

Daneben ist zu vermuten, daß die rentenrechtlichen „Ausweichalternativen" -Frühverrentungen über Berufs-und Erwerbsunfähigkeit sowie über die Inanspruchnahme der Altersgrenze mit 60 Jahren bei Schwerbehinderung -noch stärker genutzt werden. Vor dem Hintergrund der absehbaren ökonomischen und technologischen Entwicklung könnte zwar davon ausgegangen werden, daß sich die Arbeitsbelastungen verringern und der Gesundheitszustand verbessern werden mit der Folge, daß der Kreis der Beschäftigten mit vorzeitigem gesundheitlichen Verschleiß geringer wird. Nach heutigem Wissensstand läßt sich über diese optimistische These aber kein abschließendes Urteil sprechen Zu widersprüchlich sind die Ausgangsdaten: Auf der einen Seite lassen sich durch die Verschiebung der Beschäftigungsschwerpunkte auf den Dienstleistungssektor durchaus verbesserte, d. h. belastungsärmere Arbeitsbedingungen (zum Beispiel durch die Abnahme körperlicher Schwerarbeit) sowie kürzere Arbeitszeiten (vor allem durch Wochenarbeitszeitverkürzung und Urlaubsverlängerung) feststellen. Auf der anderen Seite steht jedoch eine Zunahme der sogenannten psychischen Belastungsfaktoren (Streß, Zeit-und Termindruck, Verantwortungszunahme, burn-outSyndrom etc.), eine Ausweitung von Nacht-und Schichtarbeit sowie die Persistenz körperlicher Belastungen (Schwerarbeit, einseitige Belastungen des Stütz-und Bewegungsapparats) in Teilbereichen der Wirtschaft. Solche „Verschleißarbeitsplätze“ -entsprechende Tätigkeiten können nur für eine begrenzte Zeit bzw. nur bis zu einem bestimmten Lebensalter ausgeübt werden -finden sich nicht nur im industriellen Bereich, sondern auch in manchen der vermeintlich „leichten“, frauentypischen Dienstleistungsbranchen, was sich am Beispiel der Kranken-und Altenpflege zeigen läßt.

IV. Ansatzpunkte einer präventiven Politik für ältere Arbeitnehmer

Unser Befund, daß trotz des demographischen Wandels die Alterserwerbstätigkeit auf mittlere Sicht kaum nachhaltig ansteigen wird, umschreibt die voraussichtliche Entwicklung vor dem Hintergrund eines anhaltenden Arbeitsmarktungleichgewichts und einer fortgesetzten altersselektiven Personalpolitik der Betriebe. Mit dieser Schlußfolgerung kann es allerdings nicht sein Bewenden haben, denn diese mittlere -bis etwa in die Jahre 2010 bis 2015 reichende -Perspektive kann die dramatischen Veränderungen in der Altersstruktur der Erwerbsbevölkerung, die in den Jahren danach eintreten werden, nicht einfach ausblenden. Die Tatsache, daß die Verschiebungen der Bevölkerungsstruktur zunächst nur langsam auftreten und durch die anhaltend schlechte Lage auf dem Arbeitsmarkt zunächst kompensiert werden, darf nicht zu einer auf „Entwarnung“ und „Abwarten“ gerichteten Politik führen, denn die erforderlichen Anpassungsmaßnahmen benötigen für ihre Durchsetzung und Wirksamkeit Zeit. Die nach der Überwindung der Arbeitsplatzlücke erforderliche Politik einer vollen Ausschöpfung des Erwerbspersonenpotentials läßt sich nicht „auf Knopfdruck“ realisieren. Längerfristige Orientierungen sind notwendig. Eine Schlüsselstellung kommt hierbei den Betrieben zu; sie sind gefordert, einen Perspektivenwechsel hin zu einer altersorientierten Personal-und Beschäftigungspolitik einzuleiten. Konkret heißt das, schon jetzt bei den Älteren von morgen, nämlich bei den heute 40-bis 50jährigen, Vorsorge für deren längerfristige Beschäftigung zu treffen. Die Wende hin zu einer präventiven betrieblichen Politik müßte schwerpunktmäßig bei -erstens einer Intensivierung des Arbeits-und Gesundheitsschutzes, Maßnahmen zur Humanisierung der Arbeitsbedingungen unter dem Gesichtspunkt des Alterungsprozesses, -zweitens der Verstärkung der betrieblichen wie außerbetrieblichen (AFG) Maßnahmen zur Qualifikationsanpassung und -erhaltung und -drittens der Bereitschaft zur alters-und leistungsbezogenen Anpassung von Arbeitsplätzen, zur Umstrukturierung von Arbeitsaufgaben und -tätigkeiten sowie zu einer an einer verlängerten Lebensarbeitszeit orientierten Veränderung von Leistungsnormen . ansetzen. Das ist in einer Phase von Massemarbeitslosigkeit und Personalabbau natürlich leichter gesagt als getan. In der betrieblichen Personalpolitik dominiert das kurzfristige Krisenmanagement; angesichts der wirtschaftlichen, konjunkturellen wie strukturellen Unwägbarkeiten fehlt die Bereitschaft und vielleicht auch die Fähigkeit für eine längerfristig orientierte Personalplanung.

V. Arbeitszeit, Lebenszeit und Ruhestandsalter

Bleibt der Trend zur Frühverrentung bestehen, wird dies auch gesellschaftspolitisch zunehmend problematisch, denn er steht in Widerspruch zum geänderten Lebenszeitverlauf und wirft die Frage nach der „sinnvollen Nutzung“ des frühen Alters nach und außerhalb der Erwerbsarbeit auf. Der Zusammenhang wird deutlich, wenn man bei der Analyse der Folgewirkungen des demographischen Umbruchs das Augenmerk nicht allein auf die anhaltend niedrige Geburtenquote lenkt. Gleichermaßen von Bedeutung ist der kontinuierliche Anstieg der Lebenserwartung. Sie beträgt zum Beispiel für 60jährige Männer noch 18 Lebensjahre und für 60jährige Frauen noch 22 Lebensjahre Im internationalen Vergleich liegt hier die Bundesrepublik eher im Mittelfeld, so daß viel dafür spricht, daß sich die Lebenserwartung in Zukunft noch weiter erhöhen wird. Das Zusammentreffen von rückläufigem Berufsaustrittsalter und Verlängerung der zukünftigen Lebenserwartung bedeutet, daß sich die eigentliche Altersphase im Lebenslauf zeitlich immer mehr ausdehnt. Bei einem Rentenbeginn mit 60 Jahren summiert sie sich im statistischen Schnitt auf 18 bis 22 Lebensjahre, d. h., daß die Betroffenen beim Übergang in die nachberufliche Lebensphase noch rund ein Viertel ihrer Lebenszeit vor sich haben.

Am anderen Ende des Lebenslaufs erfolgt durch die vermehrte Bildungsbeteiligung, die verlängerten Ausbildungsgänge und die sich daran anschließende berufliche „Such-und Orientierungsphase“ der eigentliche Einstieg ins Berufsleben immer später. Er liegt mittlerweile im Durchschnitt bei rund 20 Jahren; im Bereich der akademischen Ausbildung dürfte ein Berufsbeginn mit 25 Jahren keine Ausnahme, sondern eher der Regelfall sein. Durch den Doppeleffekt der divergent verlaufenden zeitlichen Verschiebungen an beiden Enden des Lebenslaufs drängt sich die Erwerbsphase auf eine immer kürzer werdende Zeitspanne, in der die Zeitnot zum Alltag zählt. Auf der anderen Seite gewinnt die Altersphase im Vergleich zur Erwerbsphase und zum gesamten Lebenslauf stetig an Gewicht. Das Leben im Ruhestand dürfte heute nahezu die Hälfte des Lebens in der Erwerbsphase ausmachen, und die in der Erwerbsphase verbrachte Zeit dürfte bereits deutlich unter der insgesamt erwerbsfrei verbrachten Zeit liegen.

Angesichts dieser Lebenszeitstrukturierung kann eine möglichst frühe Berufsaufgabe nach unserem Dafürhalten kein erstrebenswertes Ziel sein. Auch wenn sich bislang noch kein soziales Problem stellt und das Konfliktpotential zwischen den Akteuren angesichts der Arbeitsmarktlage gering ist, sollte die „Entberuflichung des Alters“ sowohl aus gesellschaftlicher als auch aus der lebensgeschichtlichen Perspektive des einzelnen nicht unbesehen akzeptiert und als „soziale Errungenschaft“ blind verteidigt werden. Erwerbsarbeit ist ja nicht nur mit Gefährdungen, Belastungen, Bedrohungen und Risiken, sondern auch mit Freude, Befriedigung, Sinnerfüllung und Persönlichkeitsentwicklung verbunden. In erwerbswirtschaftlichen Systemen ist und bleibt der Arbeitsplatz ein zentaler Ort für die Teilhabe am gesellschaftlichen und sozialen Leben. Und es erscheint nicht nur gesellschaftlich wünschenswert, sondern -im Interesse aller Altersgruppen -auch notwendig, daß die Älteren mit ihrer jeweiligen Erfahrungsperspektive daran beteiligt sein können.

Die artikulierte Hoffnung auf das Leben nach der Arbeit, auf (endlich) ausreichende Zeit und individuelle Entfaltungsmöglichkeiten, wirft zugleich ein Licht auf die gegebenen Strukturen von Lebens-und Arbeitszeit, die die Realisierung individueller Interessen und Bedürfnisse während der Erwerbs-phase nur schwer zulassen. Dies gilt auch für den Wunsch, Elternschaft und Berufstätigkeit miteinander zu vereinbaren. Die Strukturen der Erwerbsarbeit sind aber prinzipiell ebenso gestaltbar, darauf bezogene Arbeitnehmereinstellungen mithin beeinflußbar, wie die zeitliche Struktur des Lebenszyklus. Es ist also durchaus denkbar, daß bei aktiver betrieblicher Förderung der Beschäftigung Älterer sowie gleichtzeitig anderen Verteilungsmustern von Arbeitszeit, Freizeit und Reproduktionszeit in der Perspektive der Lebenszeit das Interesse der Arbeitnehmer an einer humanen und sinnvollen Berufstätigkeit auch im fortgeschrittenen Alter wieder ansteigt.

VI. Flexible Arbeitszeitgestaltung in lebenszeitlicher Perspektive

Es sollte künftig darum gehen, sozial akzeptable und sozialpolitisch abgesicherte Optionen zu eröffnen für unterschiedliche, den Bedarfs-und Lebenslagen älterer Arbeitnehmer entsprechende Entscheidungen über den Übergang vom Arbeitsleben in die nachberufliche Phase Diese müssen eine frühe Berufsaufgabe (zum Beispiel aus Krankheitsgründen oder wegen Arbeitslosigkeit) ebenso zulassen wie die Weiterarbeit (aus welchen Gründen auch immer). Die geforderte Wahlfreiheit muß sich neben der Orientierung auf den Zeitpunkt des vollständigen Übergangs auch auf optionale Modelle der Zeitraumgestaltung für einen allmählichen Übergang, der Erwerbsarbeit und nachberufliche Phase miteinander verbindet, beziehen. Der gleitende Ruhestand durch eine Verbindung von Altersteilzeitarbeit und Teilrentenzahlungen könnte ein Beitrag dazu sein. Für dieses Konzept sprechen zahlreiche gerontologische wie sozial-, humanisierungs-und selbst arbeitsmarkt-politische Gründe.

Das mit der Rentenreform 1992 eingeführte und seitdem praktizierbare Teilrentenmodell weist in diese Richtung. Es ist aber lediglich als spätes Gleitmodell konzipiert, das erst nach Erreichen der jeweils geltenden gesetzlichen Altersgrenzen greift und damit ausschließlich auf die Förderung der Weiterarbeit jenseits der (gegenwärtigen und der zukünftig heraufgesetzten) Altersgrenzen zielt. Hinzu kommt, daß die Reformen auf das Renten-recht beschränkt sind, während das Konzept der Teilrente, nämlich die Bereitstellung entsprechender Teilzeitarbeitsplätze, unberücksichtigt bleibt und der freien Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt überantwortet wird. Zwar steht der Teilrentenanspruch grundsätzlich allen Versicherten zu, wenn die Bezugsvoraussetzungen erfüllt sind. Da aber offenbleibt, ob und inwieweit die Arbeitgeber auf einen Wunsch nach einem gleitenden Ruhestand überhaupt eingehen, ist es unbestimmt, wer das Optionsrecht auf eine Teilrente auch realisieren kann.

Die Chancen zur Inanspruchnahme von Teilrenten hängen insofern ganz maßgeblich von der Bereitschaft der Unternehmen ab, Teilzeitarbeitsplätze in ausreichender Zahl sowie in der gewünschten Struktur bereitzustellen. Dabei geht es nicht um das Angebot an traditionellen „Frauen-Teilzeitarbeitsplätzen", sondern um die Möglichkeit, die Arbeitszeit am angestammten oder an einem qualitativ vergleichbaren Arbeitsplatz zu reduzieren. Die bisherigen Erfahrungen mit betrieblichen und tariflichen Regelungen zur Teilzeitarbeit älterer Arbeitnehmer haben aber erkennen lassen, daß die Betriebe die volle Ausgliederung dem gleitenden Übergang vorziehen und keine Bereitschaft zeigen, die für die Praktizierung des Gleitmodells erforderlichen arbeitsorganisatorischen und -zeitlichen Regelungen einzuführen

Ablehnende Einstellungen finden sich jedoch auch auf der Seite der Älteren selbst. Männer (um die es sich hier ja in erster Linie handelt) sind kaum bereit, gerade am Ende ihres Berufslebens in eine als statusgemindert interpretierte Teilzeittätigkeit zu wechseln, auch sie ziehen den „klaren Schnitt“ der frühzeitigen Vollverrentung dem Stufenmodell vor. Da kein einklagbarer Arbeitnehmeranspruch auf ein Teilzeitarbeitsverhältnis besteht, wird sich der Teilrentenbezug in den nächsten Jahren insofern nur sehr zögerlich entwickeln und auf absehbare Zeit von marginaler Bedeutung bleiben

Wenn Teilrenten derzeit überhaupt in Anspruch genommen werden, dann erfolgt dies nicht durch eine Reduzierung der Arbeitszeit am angestammten Arbeitsplatz oder im alten Betrieb, sondern viel eher durch Aufnahme einer Nebenerwerbstätigkeit nach Beendigung der eigentlichen Berufs-phase. Die Zahlung von Teilrenten hat unter diesen Umständen weniger mit einem gleitenden Übergang vom Berufsleben in den Ruhestand als mit der Flankierung eines Arbeitsmarktes für eher schlechtbezahlte Nebenerwerbstätigkeiten zu tun. Auch werden es „kleine“ Selbständige mit niedrigen Rentenanwartschaften sein, die neben dem Teilrentenbezug noch Weiterarbeiten.

Das begrenzte Interesse an der Altersteilzeitarbeit sollte Anlaß dafür sein, die angestrebte Arbeitszeitflexibilisierung nicht nur auf die Älteren auszurichten. Es geht um ein Gesamtkonzept zur Gestaltung von Dauer, Lage und Verteilung der Arbeitszeit bei Berücksichtigung lebenszyklisch unterschiedlicher Zeitbedürfnisse und -Präferenzen in lebensbiographischer Dimension

Warum ließe sich nicht ein „Teil“ der Ruhestandsphase auf die mittlere Lebensphase, in der die beruflichen und außerberuflichen Zeitbelastungen besonders groß sind, „vorziehen“? Wäre es nicht sinnvoll, in der Mitte des Erwerbslebens bezahlte Teilzeitphasen oder/und Familien-oder Qualifikationspausen einzulegen, mit dem Ziel, die alltägliche Zeitnot zu vermindern und dafür die Ruhestandsphase ein Stück weit hinauszuschieben? Die starre Vorzeichnung des Lebenslaufs durch die Normalbiographie, d. h. durch die schematische Abfolge der Phasen Kindheit und Jugend, Erwerbstätigkeit und Ruhestand, steht damit in der Kritik. Erforderlich wird die Suche nach einer partiellen Destandardisierung des Lebenslaufs und der Lebensarbeitszeit und nach flexiblen Übergängen und Gestaltungsspielräumen innerhalb und zwischen den Phasen.

Gerade aus gerontologischer Sicht erscheint Arbeitszeitverkürzung bereits in früheren Lebens-phasen sinnvoll. Denn Lebensbedürfnisse und -erwartungen wie das Zusammenleben mit Kindern und Partner, kulturelle, soziale und politische Interessen lassen sich nicht einfach auf die nach-berufliche Lebensphase verschieben. Die Versöhnung von Arbeitswelt und Lebenswelt vor dem Ruhestand setzt eine Arbeitszeitverkürzung sowie eine lebenslagen-und bedarfsspezifische Flexibilisierung von Lage und Verteilung der Arbeitszeit während der Berufstätigkeit voraus. Dadurch wird auch überhaupt erst das frühe Einüben und Praktizieren von solchen Interessen und Aktivitäten ermöglicht, auf die dann später im Ruhestand zurückgegriffen werden kann. Eine lebenszeitliche Arbeitszeitflexibilisierung und -Verkürzung wäre schließlich eine wichtige Voraussetzung für den Erfolg des gleitenden Ruhestandes: Es ist kaum zu erwarten, daß die plötzliche und erstmalige Flexibilisierung der Arbeitszeit am Ende der Erwerbs-biographie auf Akzeptanz stößt, wenn dazu während des gesamten früheren Berufslebens keine Gelegenheit bestand.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Vgl. Winfried Schmähl, Verkürzung oder Verlängerung der Erwerbsphase? Fragen, Ziele, Wirkungen -Ein Über-blick, in: ders. (Hrsg.), Verkürzung oder Verlängerung der Erwerbsphase, Tübingen 1988, S. 15ff.

  2. Die „Entberuflichung“ zählt zu einem der wesentlichen Merkmale des Strukturwandels des Alters. Vgl. dazu Gerhard Bäcker/Margret Dieck/Gerhard Naegele/Hans-Peter Tews, Ältere Menschen in Nordrhein-Westfalen. Gutachten zur Lage der älteren Menschen und zur Altenpolitik in NRW, Düsseldorf 1989, S. 29ff.

  3. Vgl. Stephan Lüken/Hans-Joachim Heidenreich, Erwerbsquote und Erwerbsverhalten -Ergebnisse des Mikrozensus, in: Wirtschaft und Statistik, (1991) 12, S. 791.

  4. Vgl. Udo Rehfeld, Das Rentenzugangsgeschehen im Zeitablauf, in: Deutsche Rentenversicherung, (1991) 10-11, S. 682ff. Eine vergleichbare Entwicklung zeigt sich im übrigen auch bei den Beamten. Vgl. Hans-Jürgen Stubig/Gert Wagner, Trend zum vorzeitigen Ruhestand, in: Bundesarbeitsblatt, (1991) 11.

  5. Vgl. Klaus-Peter Schwitzer, Ältere Menschen in den neuen Bundesländern, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 29-30/1992, S. 49L; s. a.den Beitrag von K. -P. Schwitzer in diesem Heft.

  6. Ende 1992 ist diese auf Ostdeutschland beschränkte Regelung ausgelaufen. Neuzugänge gibt es nicht mehr. Die Folge dürfte ein deutliches Ansteigen der Arbeitslosigkeit älterer Arbeitnehmer sein.

  7. Dazu zählen vor allem: Absenkung der Schwerbehindertenaltersgrenze; zeitliche Ausdehnung der Arbeitslosengeldbezugsdauer für Ältere (auf bis zu 32 Monate); Erleichterung des Arbeitslosengeldbezuges für Ältere (die „Verfügbarkeit“ für den Arbeitsmarkt wird hier nicht mehr gefordert); vorgezogene Altersgrenze mit 60Jahren wegen Arbeitslosigkeit; Erwerbsunfähigkeitsverrentungen aufgrund der sogenannten „konkreten Betrachtungsweise“; Einführung des Vorruhestandsgesetzes in Westdeutschland (bis Ende 1988); Einführung des Altersübergangsgeldes in Ostdeutschland (bis Ende 1992).

  8. Vgl. Cornelia Knust, „Mit knapp über 50 schon zum alten Eisen“ -Wie deutsche Unternehmen den Vorruhestand zum sanften Personalabbau nutzen, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 6. 7. 1993. Inwieweit die Neufassung des § 128 AFG, durch die der Arbeitgeber unter bestimmten Bedingungen verpflichtet ist, das Arbeitslosengeld für bis zu zwei Jahre zu erstatten, zu einer Änderung der Frühausgliederungspraxis führt, ist noch nicht abzuschätzen. Eine Fülle von Ausnahmeregelungen läßt eine lediglich begrenzte Wirksamkeit dieser Regelung erwarten.

  9. Vgl. Joachim Rosenow/Frieder Naschold, Ältere Arbeitnehmer -Produktivitätspotential oder personalwirtschaftliche Dispositionsmasse?, in: Sozialer Fortschritt, (1993) 6-7, S. 146 ff.

  10. Martin Kohli u. a., Je früher -desto besser? Die Verkürzung des Erwerbslebens am Beispiel des Vorruhestands in der chemischen Industrie, Berlin 1989. Der Wunsch nach Beendigung der Berufstätigkeit schließt nicht die Bereitschaft aus, während der Phase des Ruhestandes und Rentenbezugs einer neben-oder nachberuflichen Tätigkeit nachzugehen; vgl. Jürgen Warnken, Bislang unausgeschöpfte Potentiale, in: Bundesarbeitsblatt, (1993) 4, S. 5ff.

  11. Vgl. Martin Kohli/Jürgen Wolf, Altersgrenzen im Schnittpunkt von betrieblichen Interessen und individueller Lebensplanung, in: Soziale Welt, (1987) 1, S. 92ff.

  12. Vgl. Gerhard Bäcker/Gerhard Naegele, Alternde Gesellschaft und Erwerbstätigkeit -Modelle zum Über-gang vom Erwerbsleben in den Ruhestand, Köln 1993, S. 70ff.

  13. Vgl. Gerhard Naegele, Zwischen Arbeit und Rente, Gesellschaftliche Chancen und Risiken älterer Arbeitnehmer, Augsburg 1992, S. 227 ff.

  14. Vgl. Rentepversicherungsbericht 1992, Bundestags-drucksache 12/311, S. 77.

  15. Vgl. Gerhard Naegele (Hrsg.), Theorie und Praxis des Vorruhestandsgesetzes, Augsburg 1989.

  16. Jürgen Wolf, Die Veränderung der Altersgrenzen -Betriebliche Interessen und biographische Perspektiven, in: Sozialer Fortschritt, (1989) 4, S. 96.

  17. Vgl. G. Naegele (Anm. 17), S. 292ff.

  18. Vgl. Reiner Dinkel/Uwe Lebok, Könnten durch Zuwanderung die Alterung der Bevölkerung und die daraus resultierenden Zusatzkosten der Sozialen Sicherung aufgehalten oder verändert werden?, in: Deutsche Rentenversicherung, (1993) 6, S. 388ff.

  19. Vgl. Bettina Sommer, Entwicklung der Bevölkerung bis 2030. Ergebnis der siebten koordinierten Bevölkerungsvorausschätzung, in: Wirtschaft und Statistik, (1992) 4, S. 217ff. Die neuere Modellrechnung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) weist demgegenüber (wegen offensiverer Annahmen über die Zuwanderung) eine geringfügig schwächere Entwicklung auf. Vgl. Erika Schulz, Bevölkerungsentwicklung in Deutschland bis zum Jahr 2010 mit Ausblick auf 2040, in: DIW-Wochenbericht, (1993) 23; s. a.den Beitrag von Bert Rürup/Werner Sesselmeier in diesem Heft, insbes. Kapitel III.

  20. Vgl. Manfred Thon. Perspektiven des Erwerbspersonenpotentials in Gesamtdeutschland bis zum Jahre 2030, in: Mitteilungen aus der Arbeitsmarkt-und Berufsforschung, (1991) 4, S. 710.

  21. Vgl. Christian von Rothkirch, Langfristige Perspektiven der Arbeitsmarktentwicklung bis 2010, in: Sozialer Fortschritt, (1993) 8, S. 181.

  22. Vgl. im Überblick Wolfgang Klauder, Ausreichende Mitarbeiter für Tätigkeiten von morgen?, in: Hans-Jörg Bullinger u. a. (Hrsg.), Alter und Erwerbsarbeit der Zukunft, Berlin 1993, S. 22ff.

  23. Vgl. M. Thon (Anm. 24), S. 706ff.; vgl. auch Chr. v. Rothkirch (Anm. 25); Jens Grütz u. a., Modellrechnungen zum Erwerbspersonenpotential und zur Arbeitsmarktbilanz bis zum Jahr 2030, in: Deutsche Rentenversicherung, (1993) 7, S. 449 ff.

  24. Vgl. Chr. v. Rothkirch (Anm. 25), S. 183; s. ausführlicher den Beitrag von Bert Rürup/Werner Sesselmeier in diesem Heft, Kapitel III.

  25. Im Rentenreformgesetz ist ausdrücklich vorgesehen, daß ab 1997 im Rentenversicherungsbericht dargestellt wird, wie sich die Anhebung der Altersgrenzen auf die Arbeitsmarktlage auswirken wird.

  26. Vgl. Gerhard Naegele, Die Zukunft der älteren Arbeitnehmer in einer veränderten Arbeitslandschaft -Neue Chancen oder neue Risiken?, in: Sozialer Fortschritt, (1988) 2-3, S. 33ff.

  27. Vgl. Annegret Köchling, Arbeitsplätze der Zukunft, in: Forum Demographie und Politik, (1992) 2, S. 75ff.

  28. Statistisches Bundesamt (Hrsg.), Statistisches Jahrbuch 1992, Stuttgart 1992, S. 81.

  29. Vgl. ausführlich G. Bäcker/G. Naegele (Anm. 16), S. 142 ff.

  30. Vgl. Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung, Gutachten im Auftrag des Ministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen, Verteilungs-, sozial-und arbeitsmarktpolitische Bedeutung eines Teilrentensystems (Bearbeitet von Gert Wagner/Ellen Kimer/Jürgen Schupp), Berlin 1988.

  31. So liegen 18 Monate nach dem Inkrafttreten der Regelung bei der Bundesanstalt für Arbeit erst 1300 Anträge vor.

  32. Während vor 1992 die Rentenzahlung völlig gestrichen wurde, wenn bei einem Nebenerwerb die Hinzuverdienstgrenze überschritten wurde, können nun Teilrenten mit entsprechend höheren Hinzuverdienstgrenzen bezogen werden.

  33. Vgl. Hartmut Seifert (Hrsg.), Jenseits der Normal-arbeitszeit, Köln 1993.

Weitere Inhalte

Gerhard Bäcker, Dr. rer. pol., geb. 1947; wissenschaftlicher Referent für Sozialpolitik am Wirtschafts-und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) des DGB. Veröffentlichungen u. a.: (zus. mit Reinhard Bispinck/Klaus Hofemann/Gerhard Naegele) Sozialpolitik und soziale Lage in der Bundesrepublik Deutschland, 2Bde., Köln 1989; (zus. mit Gerhard Naegele) Alternde Gesellschaft und Erwerbstätigkeit, Köln 1993; (Hrsg. zus. mit Brigitte Stolz-Willig) Kind, Beruf, Soziale Sicherung, Köln 1993.