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Das Ende des Bombenkriegs Ein militärgeschichtlicher Rückblick | APuZ 18-19/1995 | bpb.de

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APuZ 18-19/1995 Die Relativität historischer Epochen: Das Jahr 1945 in der Perspektive des Jahres 1989 Das Ende des Bombenkriegs Ein militärgeschichtlicher Rückblick Trümmergesellschaft im Wiederaufbau Die Wiederentstehung politischer Parteien in Deutschland nach 1945

Das Ende des Bombenkriegs Ein militärgeschichtlicher Rückblick

Horst Boog

/ 32 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Auf der Grundlage von neuen Forschungsergebnissen, nicht zuletzt aus England und Amerika, kann der deutsche und anglo-amerikanische Bombenkrieg in Europa 1939-1945 heute nicht mehr aus der früheren Sicht der beiderseitigen Kriegspropaganda gewertet werden. Aber ausgehend von der Tatsache, daß Deutschland den Krieg entfesselte und Hitler damit die Judenvernichtung verband, ferner weil Verbrechen nicht gegeneinander aufrechenbar sind, verbietet sich eine Verrechnung des anglo-amerikanischen unterschiedslosen Terrorbombenkriegs im Zweiten Weltkrieg mit dem Holocaust. Das entbindet die Geschichtswissenschaft nicht davon, die Luftkriegsoperationen kritisch und differenzierend zu untersuchen. Im Ergebnis erweisen sich bisher gängige Klischeevorstellungen über den deutschen Bombenkrieg wie auch die These, die Luftwaffe habe mit dem strategischen Terrorbombardement begonnen und Deutschland somit nur geerntet, was es gesät habe, als falsch. Dabei ist die Frage, wer damit begonnen hat, zumindest historisch ziemlich belanglos, weil alle Luftmächte diese Variante militärischer Machtprojektion in ihren strategischen Planungen und Konzeptionen im Blick hatten. Anhand seiner drei Hauptträger England, Deutschland und USA wird der unterschiedslose strategische Bombenkrieg im Hinblick auf die jeweiligen Erfahrungen des Ersten Weltkrieges und die daraus entwickelten Doktrinen, auf seine praktische Durchführung, seine Wirkung in Deutschland wie schließlich hinsichtlich seiner mentalen Auswirkungen in den Nachkriegsjahrzehnten untersucht. Der alliierte Bombenkrieg war viel wirksamer als bisher angenommen und hat trotz relativ geringer Schädigung der deutschen Rüstungswirtschaft mit seinen direkten und indirekten Auswirkungen auf die Kriegsschauplätze, die Treibstoffversorgung und die Verkehrsverbindungen entscheidend dazu beigetragen, den Krieg schneller zu beenden. Waren die direkten Wirkungen amerikanischer Tagesangriffe auf Industrieanlagen von größerer Bedeutung, so waren die indirekten der nächtlichen britischen Städteangriffe mit ihren Zerstörungen von Wohngebieten und jahrhundertealten Stadtzentren sowie der damit verbundenen Terrorisierung des Alltagslebens nicht weniger erheblich. Je länger der Krieg dauerte und je erbitterter er geführt wurde, desto tiefer senkte sich die Schwelle zur Inhumanität, bis sich schließlich alle Parteien auf dem untersten gemeinsamen Nenner trafen: dem unterschiedslosen Bombenkrieg. Noch heute gehen die Meinungen hierüber in den einzelnen Ländern auseinander; sie reichen von der Rechtfertigung -aus welchen Gründen auch immer -bis zur Reue. Um so erfreulicher ist der überall erkennbare Wille, sich über diese dunkle Vergangenheit hinweg die Hand zu reichen.

In den vielen persönlichen Erinnerungen zum Kriegsende, die in den vergangenen fünfzig Jahren, aber zumal auch in der letzten Zeit veröffentlicht wurden, ist immer wieder ein Eindruck vorherrschend: Für die Bewohner von Städten war das Kriegsende stets gleichbedeutend mit dem Ende des Bombenkriegs. Die Schrecken der Tagesangriffe und Bombennächte, die fortwährende Angst um das Überleben in den Luftschutzkellern hatten endlich aufgehört. Dieser Bomben-krieg war zugleich ein schauriges Symbol der Nemesis einer verbrecherischen Diktatur wie auch dafür, daß mit dem Zweiten Weltkrieg die bisherige Unterscheidung zwischen Front und Heimat, zwischen kämpfender Truppe und „Zivilbevölkerung“ aufgehoben war. Dies galt sowohl für die deutsche wie für die alliierte Krieg-führung.

Die Zerstörung der deutschen Städte mit ihren Folgen für den Verlust an kulturgeschichtlicher Substanz wie an historischer Identität scheint erst allmählich stärker ins Bewußtsein zu treten. Die Erinnerungen an die jeweiligen fünfzigsten Jahrestage der Zerstörungen kurz vor dem Kriegsende -wer erinnerte sich bisher oder gedachte etwa des Luftangriffs auf Swinemünde am 12. März 1945 mit 23000 Toten, hauptsächlich geflüchteten Frauen, Kindern und älteren Menschen? -, diese nur sehr allmähliche Bewußtwerdung einer Katastrophe verweist darauf, daß dieses dunkle Kapitel des Zweiten Weltkriegs bzw.des alliierten Bombenkriegs bis heute eher dem Bereich zwischen Trauma und Tabuisierung zuzuordnen war, denn daß hier -auf welcher Seite auch immer -ein Interesse an objektiver Darstellung der Fakten bestand.

Im folgenden sollen daher die unterschiedlichen strategischen Konzeptionen wie auch die Praxis des Bombemkriegs beschrieben werden; der Beitrag schließt mit einer Zusammenfassung der noch heute anhaltenden Diskussion über das Für und Wider einer Rechtfertigung des Bomben-kriegs.

I. Strategische Konzeptionen

Großbritannien Der Bombenkrieg des Zweiten Weltkrieges ist ohne die Erfahrungen des außerordentlich verlustreichen Stellungskrieges 1914-1918 nicht zu verstehen 1. Dieser sollte in Zukunft durch Umfassung der Erdfront -und sinngemäß auch der Seefront -mit Hilfe des Bombers in der dritten Dimension vermieden werden. Man glaubte, so leichter an die Kraftzentren des Gegners herankommen und unter Umgehung des zeitraubenden, blutigen Erdkampfes Kriege kürzer und blutsparender führen zu können. In England gab es eine breite Welle des „never again“ im Rückblick auf die Schrecken des Schützengrabenkrieges in Flandern und auch Churchills Kriegspolitik und Strategie im Zweiten Weltkrieg beruhte z. T. auf diesen Erfahrungen. In England lösten außerdem die deutschen Zeppelin-und Riesenbomberangriffe der Jahre 1915 bis 1917 einen Schock aus, der stärker war als umgekehrt die deutsche Reaktion auf alliierte Bomben-angriffe, denn das Ende der „splendid isolation“ war nun sichtbar.

Der in England weilende südafrikanische General und Staatsmann Jan Smuts entwarf schon 1917 im Auftrage der britischen Regierung eine offensive Luftkriegsdoktrin und wies darauf hin, daß „der Tag nicht fern sei, wenn Luftoperationen mit ihren Verwüstungen im Feindesland und den im gewaltigen Maßstab betriebenen Zerstörungen industrieller und Bevölkerungszentren zu Hauptkriegsoperationen werden, denen gegenüber die älteren Formen des Land-und Seekrieges zurücktretenlürften“ Nachhaltig geprägt wurde die britische uftkriegsdoktrin vom Stabschef der 1918 gegrünleten Royal Air Force, Trenchard. In ihrem ittelpunkt stand der Bomber, der dem Gegner uerst und möglichst in einem „knock-out blow" ufügen sollte, was er sonst umgekehrt einem seler zufügen würde. Bei der militärischen , Befrielung‘ der Kolonien und Mandatsgebiete in den wanziger und dreißiger Jahren, dem sogenannten , air policing“ gegen einen „semi-civilised enemy“ iatte er sich als effektiver erwiesen als Bodentrupen. Der Bomber war im Kriegsfall das einzige ittel, um direkt gegen einen Kontinentalgegner : urückzuschlagen. Die Bomberoffensive wurde iuch als Fortsetzung bzw. als Alternative zu der vegen der U-Boot-Gefahr zu kostspielig gewordeien Seeblockade gesehen, die immer schon unterchiedslos gegen Kombattanten und Nichtkombatanten gewirkt hatte

Diese strategische Konzeption des Bombenkriegs ils Rettung der Insel und Verhinderung feindlicher Bombenangriffe wurde von einer breiten Öffentichkeit getragen dies fand seinen Ausdruck in len Worten des Premierministers Stanley Baldwin /on 1932: „Der Bomber kommt immer durch. Die inzige Verteidigung ist der Angriff, und das bedeutet, daß man mehr Frauen und Kinder ichneller töten muß als der Feind, um sich selbst zu •etten.“ Die britische Strategie bemühte sich daher relativ venig um die schwierige und nie befriedigend gelöste Differenzierung zwischen zivilen und miliärischen Zielen. Für Trenchard war der Rüstungsirbeiter in seinem Häuschen ein ebenso lohnendes Ziel wie die daneben stehende Fabrik. Außerdem sei bei solchen Objekten die Gegenwehr nicht so stark wie bei direkten Angriffen auf die bewaffnete Macht des Gegners. Army und Navy lehnten diese Doktrin 1928 als inhuman ab Der Herausgeber Jes Daily Telegraph, Max Hastings, hob -wie schon das Royal Air Force War Manual, Part I: Dperations von 1928/40 -in seinem Buch „Bomber Command" den demoralisierenden Effekt des Bombenkrieges gegen zivile Ziele in der britischen Luftstrategie als „ulterior purpose“ hervor: „Der Glaube der Royal Air Force an die Wirksamkeit des Bombardements von Industriegebieten beruhte nicht auf einer realistischen Analyse des Anteils ausreichender industrieller Zerstörungen an einem Zusammenbruch der deutschen Wirtschaft, ... sondern auf der Überzeugung, daß der Durchhaltewille der Industriearbeiter zusammenbrechen würde, wenn Bomben auf ihre Fabriken und Wohnsiedlungen herabregneten. Die Royal Air Force der Vorkriegszeit war auf den strategischen Terrorbombenkrieg ausgerichtet, und dies war der Kern der Trenchard-Doktrin.“ 2. USA Die Luftstreitkräfte der Amerikaner besaßen aus dem Ersten Weltkrieg lediglich geringe Erfahrungen in der Heeresunterstützung. Ein strategisches Konzept hatten sie später mangels mächtiger Feinde in ihrer Hemisphäre nicht nötig. Sie blieben daher Heeresluftstreitkräfte -bis 1947. Erst nachdem Präsident Franklin D. Roosevelt durch das Münchner Abkommen 1938 von der Unausweichlichkeit einer Auseinandersetzung mit Deutschland -und mit Japan -überzeugt war, forcierte er den Bau von Langstreckenbombern. Ähnlich wie die Engländer dachten auch die Amerikaner modern im Sinne der Verzahnung der Funktionen in hochindustrialisierten Gesellschaften und sprachen von der „enemy national structure“, die es zu paralysieren gelte Im Mittelpunkt stand die Ausschaltung der wichtigsten Teile in einem militärisch-industriell-wirtschaftlichen System, nicht aber die Brechung der Moral der Zivilbevölkerung. Diese sollte erst dann Bomben-ziel werden, wenn ein solches System schon am Zusammenbrechen war 3. Deutschland Die deutsche Reichswehr zog aus der von General Hans von Seeckt veranlaßten Analyse der deutschen Luftkriegserfahrungen im Ersten Weltkrieg den Schluß, daß strategische Bombenangriffe nicht sehr effektiv seien und deutsche Luftstreitkräfte schon wegen der zentraleuropäischen Lage Deutschlands am effektivsten im Zusammenwirken mit dem Heer eingesetzt werden sollten, also eher taktisch-operativ als strategisch 12. Zwar machte sich Ende der zwanziger und Anfang der dreißiger Jahre der Einfluß des italienischen Generals und Luftkriegstheoretikers Giulio Douhet bemerkbar, der der radikalste Verfechter des strategischen Bombenkrieges auch gegen Zivilisten und nationale Kraftzentren war und Kriege allein durch schwere Bomber gewinnen zu können glaubte. Aber die Wehrmachtführung lehnte ein solches Konzept, wie es auch von Robert Knauss in seiner Denkschrift über die Risiko-Luftflotte vom Mai 1933 vorgeschlagen wurde, ab. Nötig seien vor allem Jäger zur Reichsverteidigung und Heeresunterstützung.

Anfang Mai 1936, noch kurz vor seinem Tode, legte der erste Generalstabschef der Luftwaffe, Walter Wever, den Schwerpunkt der Luftrüstung vom viermotorigen auf den mittleren zweimotorigen Bomber Daß nicht die Jäger, sondern die taktischen Bomber im Mittelpunkt des Aufbaus der Luftwaffe standen, lag an der damals so gesehenen strategischen Notwendigkeit, den Luftkrieg vom allseits luftgefährdeten Reich durch offensives Verlagern der Kriegshandlungen auf gegnerisches Gebiet in Zusammenarbeit mit dem Heer fernzuhalten. Die drei der Luftwaffe in der grundlegenden Druckvorschrift „Luftkriegführung“ von 1935/40 zugewiesenen Hauptaufgaben waren 1. die Erringung und Bewahrung der Luftüberlegenheit, 2. darauf folgend die Unterstützung der beiden anderen Wehrmachtteile, vor allem des Heeres, und 3.der strategische Bombenkrieg gegen die feindlichen Kraftquellen. Dieser nahm deshalb den letzten Rang ein, weil er im allgemeinen starke Kräfte zu lange band, ohne daß sich dies umgehend vorteilhaft an der wichtigsten Front, der Landfront, auswirkte.

Sicher auch aus humanitären Gründen, in der Hauptsache aber wohl aus Gründen der Wirtschaftlichkeit, die zusammen mit den „Kriegsnotwendigkeiten“ in allen Luftstreitkräften Vorrang hatte, weitete allein die deutsche Luftwaffe das zielgenauere, in Amerika entwickelte Sturz-angriffs-oder Punktzielwurfverfahren auf alle Bomber, zum eigenen Nachteil sogar auf die viermotorigen, aus und entwickelte Funknavigationsverfahren zur genauen Zielfindung für die Bomber. Dabei wurde die bereits weit fortgeschrittene, im Wesen defensive Radartechnik unaufholbar vernachlässigt. Wie in allen anderen Luftstäben auch, wurden in der deutschen Luftwaffenführung vor dem Kriege Terrorbombardements erwogen, aber vom Generalstab ebenso verworfen wie die Entwicklung flächendeckender Waffen. Man wolle Punktziele militärisch-wirtschaftlicher Art, nicht ganze Städte treffen. In der Vorschrift „Luftkriegführung“ (L. Dv. 16) hieß es sicher nicht im Sinne der NS-Ideologen und Theoretiker des totalen Krieges: „Die feindliche Wehrmacht niederzuringen ist... vornehmstes Ziel im Kriege.“

II. Praxis des Bombenkriegs

Je länger der Krieg dauerte, je erbitterter er wurde und je mehr er den Charakter einer ideologischen Auseinandersetzung annahm, desto tiefer sank bei den kriegführenden Hauptluftmächten früher oder später und aus den verschiedensten Gründen die Schwelle zur Inhumanität, bis sich alle auf dem untersten gemeinsamen Nenner trafen, dem Terrorbombenkrieg. 1. Großbritannien Die Engländer stellten in der Luftschlacht über der Deutschen Bucht am 18. Dezember 1939 fest, daß Tagbomber ohne Begleitjäger, die sie nicht für möglich und daher nicht für nötig hielten, wegen zu hoher Verluste ihre Aufgaben nicht erfüllen konnten. Sie verlegten daher ab Frühjahr 1940 ihre Bombenangriffe in die Nacht, worauf sie gar nicht vorbereitet waren. Noch versuchten sie, nur militärisch-industrielle Ziele anzugreifen, z. B. Treibstoffwerke im Rheinland. Aber die trafen sie meist nicht nennenswert. Noch auch wurden die Bom -berbesatzungen angewiesen, ihre Bomben zurückzubringen, falls die Ziele nicht gefunden wurden. Mangels ausreichender Navigations-und Zielverfahren sowie Luftbildkameras wurde sich man der Wirkungslosigkeit der Nachtbombardements erst spät bewußt. Dafür hatte allerdings die bisherige breite Streuung der britischen Bomben Goebbels schon genügend Stoff geliefert, die englischen Bombenangriffe als Terror zu brandmarken, was sie der Intention des Bomber Command nach noch gar nicht sein sollten. [m Verlauf des Jahres 1941 nahmen dann die britischen Nachtangriffe fortschreitend Terrorcharakter an, bis dies mit der Direktive vom 14. Februar 1942 zur Regel wurde, weil man nachts nur ganze Städte, aber keine kleineren Ziele fand oder zu finden glaubte. Luftmarschall Arthur Harris, der als Oberbefehlshaber des Bomber Command zum Exekutor dieses vom Air Staff und den Chiefs of Staff unter Mitwirkung Churchills entworfenen Konzeptes bestellt wurde, war auf Grund seiner früheren Erfahrungen beim „air policing“ im Nahen Osten und in Indien sicher mentalitätsmäßig hierfür prädestiniert, wie auch manche Bomber-piloten Eine Studie über diesen noch nicht erforschten Zusammenhang wäre ein verdienstvolles Unternehmen militärischer Mentalitätsgeschichtsschreibung.

Harris blieb auch noch 1944/45 bei seinen Städtebombardements, obwohl inzwischen genaue Navigations-und Zielverfahren für wirkliche Präzisionsangriffe zur Verfügung standen und sein Vorgesetzter Peter Portal, Stabschef der Royal Air Force, ihn drängte, ausgewählte und militärisch relevante Ziele anzugreifen. Bei seiner Popularität wagte man ihn aber nicht wegen Ungehorsams abzulösen. Der sich versteifende deutsche Widerstand im Westen nach der Invasion, der deutsche V-Waffenbeschuß Englands als bewußte Terrorisierungsmaßnahme, die Überzahl an verfügbaren Bombern und Kriegsmaterialien, deren Transport zum ostasiatischen Kriegsschauplatz angesichts der wiederauflebenden U-Boot-Gefahr zu teuer schien die Hoffnung auf den baldigen deutschen Zusammenbruch, die Aussicht, auch noch Japan niederringen zu müssen, und vielleicht auch die Absicht, die zu Lande weit überlegene Sowjetunion vor einem zu weiten Vordringen nach Westen zu warnen und sie von der Überlegenheit der Westalliierten in der Luft zu überzeugen, erzeugten den Plan „Thunderclap", d. h. die Absicht, unter großem Donnerschlag und mit Schrecken ein baldiges Kriegsende herbeizuführen. Ausdruck davon sind die hauptsächlich gegen die Zivilbevölkerung gerichteten Vernichtungsangriffe auf Berlin und Dresden im Februar 1945 wie auch diejenigen auf Darmstadt, Freiburg", Pforzheim, Freiburg und viele andere kleinere Städte in den letzten Kriegsmonaten, in denen der britische Terrorbombenkrieg seinen Höhepunkt erreichte 2. USA Die Amerikaner hatten sich aus humanitären und praktischen Gründen lange gegen ein Hereingezogenwerden in die britische Praxis nächtlicher Flächenbombardements auf Städte gesträubt; sie blieben zunächst bei ihren vereinzelten Luftangriffen auf militärisch-industrielle Zielobjekte. Nachdem im Winter 1943/44 Langstreckenbegleitjäger verfügbar wurden und mit ihnen im Frühjahr 1944 die Luftherrschaft über Europa bei Tage errungen wurde, suchten auch sie aus den für die Royal Air Force genannten Gründen und gemäß ihrer eigenen Doktrin dem Krieg in Europa mit allen Mitteln ein schnelles Ende zu bereiten. Die Amerikaner griffen nun gelegentlich mit ihren Bombern auch Städte an und mit ihren Jagdbombern Eisenbahnzüge und Zivilisten. Erst in Ostasien entfaltete sich die ganze Furchtbarkeit der schweren amerikanischen Bomber in den Brandbombenangriffen auf japanische Städte. Allein in Tokio wurden am 10. März 1945 über 80000 Menschen getötet -eine Zahl, die derjenigen der Atombombenopfer von Hiroshima kaum nachstand 3. Deutschland Die Luftwaffe wurde anfangs nur taktisch eingesetzt -wofür sie in erster Linie geschaffen war -und hielt sich strategisch zurück Wenn Hitler auch am 4. September 1940 -nachdem Churchill auf Grund versehentlicher einzelner deutscher Bombenabwürfe am 24. /25. August auf London Angriffe auf Berlin befohlen hatte -die englischen Städte „auszuradieren“ ankündigte, so verbot er zehn Tage später dem Generalstabschef der Luftwaffe, Terrorangriffe zu führen Gleiches tat er noch einmal in seiner Weisung Nr. 23 vom 6. Februar 1941, in der es hieß, von „planmäßigen Terrorangriffen auf Wohnviertel“ sei „kein kriegs-entscheidender Erfolg zu erwarten“ Solange es rüstungswirtschaftlich oder militärisch relevante Ziele gebe, solle man diese angreifen. Noch Mitte März 1942 sagte er einen ursprünglich befohlenen Vergeltungsangriff auf London wieder ab -nicht aus Humanität, sondern weil er „einen Angriff auf deutsche Städte... nicht provozieren“ wollte, solange „keine vernichtenden Schläge im Westen“ geführt werden konnten Die Luftwaffe war ja 1941 und 1942 größtenteils in Rußland und Nordafrika gebunden.

Die relative Zurückhaltung der deutschen Luftwaffe und ihr Bemühen, in der Luftoffensive gegen England 1940/41 vornehmlich militärisch-rüstungswirtschaftlich relevante Ziele zu treffen, wurden nach dem Kriege -im Gegensatz sowohl zu aller anderslautenden Kriegspropaganda wie auch der deutschen veröffentlichten Meinung -sogar von der amtlichen britischen Militärgeschichtsschreibung bestätigt Sir Basil Collier, der Verfasser des offiziellen Werkes über die Luftverteidigung Großbritanniens im Zweiten Weltkrieg, schrieb: „Obwohl in dem von der Luftwaffe Anfang September 194Q gefaßten Plan auch Angriffe gegen die Zivilbevölkerung in größeren Städten erwähnt sind, weisen eingehende Unterlagen, die über diese Angriffe im Herbst und Winter 1940/41 angefertigt wurden, nicht darauf hin, daß ein unterschiedsloser Bombenkrieg gegen die Zivilbevölkerung beabsichtigt war. Zielpunkte waren meist Fabriken und Hafenanlagen.“ Ähnlich urteilte der Chef der amerikanischen Heeresluftstreitkräfte, General Henry A. Arnold

Wurden Wohngebiete bombardiert, so war dies nicht nur die Folge der Ungenauigkeit des Bombenwurfs, sondern auch der Tatsache, daß die Luftwaffe damals einige ihrer Bombenangriffe als Repressalien-, also als bewußte Terrorangriffe deklariert hatte, um die Engländer von der Bombardierung deutscher Städte abzubringen. Mit der britischen Regierungserklärung vom 18. April 194128, daß man selber keine Repressalienangriffe führe, sondern deutsche Städte auch dann angreifen werde, wenn die Luftwaffe dies umgekehrt nicht mehr tue, hatte allerdings das Instrument der Repressalie seine Wirksamkeit und seinen Sinn verloren.

Erst nach den vernichtenden britischen Brand-angriffen auf die historischen Innenstädte von Lübeck und Rostock Ende März und April 1942 befahl Hitler gegen die Einwände des General-stabschefs der Luftwaffe nun auch der Intention nach und als Regel Terrorangriffe gegen englische Städte zu führen, insbesondere gegen kulturträchtige kleine und nicht verteidigte Land-städte wie York, Bath usw. Dies waren die deshalb nach dem Baedeker-Reiseführer benannten Angriffe, die im Frühjahr und Sommer 1942 einige Monate lang ohne Erfolg mit schwachen und immer geringer werdenden Kräften geführt wurden und bald eingestellt werden mußten, weil die deutsche Bomberwaffe im Mittelmeer und an der Ostfront dringender benötigt wurde. 1944/45 lebte der unterschiedslose Luftkrieg mit dem V-Waffenbeschuß Londons und anderer Städte wieder auf, nachdem Hitler seit Beginn der alliierten Combined Bomber Offensive im März 1943 immer wieder darauf gedrängt hatte, Terror durch Gegenterror zu vergelten Er besaß allerdings nicht mehr genügend Mittel und Kräfte, um seine Drohungen auch nur annäherungsweise zu verwirklichen.

Dieser tatsächliche Ablauf des von deutscher Seite geführten Luftkrieges gegen England ist dort naturgemäß besser bekannt als in Deutschland heute, wo ein objektiver Zugang zu diesem Geschehen immer noch durch die Begriffe Guernica, Warschau, Rotterdam und Coventry -die in Schulbüchern und in der öffentlichen Meinung als bewußte Terrorangriffe perpetuiert werden -überlagert ist und damit auch blockiert wird. Der Luftwaffe haftete seit Guernica das Odium einer Terrorluftwaffe an, das nicht nur von der gegnerischen Propaganda, sondern auch von der Goebbels-Propaganda verstärkt wurde, die sie -entgegen den Tatsachen,wie der englische Historiker Geoffrey Best bemerkte -als erbarmungslose Vollstreckerin der Hitlerschen Gewaltpolitik hinstellten

III. Wer begann den Bombenkrieg?

Eine weitere, häufig gestellte Frage zur Bombardierungspraxis der Luftmächte ist die nach dem Beginn des Bombenkrieges, mit anderen Worten: Wer hat zuerst damit begonnen? Der Verfasser hält diese Frage historisch für ziemlich irrelevant, wenn auch nicht im juristischen Sinne. Alle Luft-mächte waren sich der Ungenauigkeit des Bombenwurfs mehr oder weniger bewußt, gingen aber trotzdem mit übertriebenen Hoffnungen an die Vorbereitung der verschiedenen Möglichkeiten des Bombenkrieges heran. Natürlich wollte sich keine Kriegspartei mit dem Odium belasten, als erste damit begonnen zu haben. Was der Stabschef der Royal Air Force, Cyril L. Newall, schon 1938 schrieb -„wir sollten nicht die ersten sein, die die Handschuhe ausziehen“ -galt sicher auch für die Luftwaffe. Bei dieser Zurückhaltung hatte das eigene „image“ in der Welt und die Furcht vor Vergeltung sicher einen höheren Stellenwert als die Humanität.

Es hat sich nun -und damit soll die Frage wenigstens zur Klarstellung der Fakten beantwortet werden -„eingebürgert“, der deutschen Luftwaffe den Beginn des strategischen Bombenkrieges zuzuschreiben, worauf dann die Engländer mit gleichen Mitteln reagiert hätten. Diese Behauptung ist falsch. Sie konnte offenbar entstehen, weil die britischen Angriffe zunächst schwächer waren als die deutschen. Um bei der Chronologie zu bleiben: Churchill schlug bei seinem Amtsantritt als Premierminister am 10. Mai 1940 eine schärfere Gangart ein und ließ ab dem 11. Mai, einen Tag nach Beginn der deutschen Westoffensive, Ziele in Deutschland zur Unterbrechung des Nachschubs für die Westfront bombardieren. Dies waren noch taktisch-operative Angriffe zur Unterstützung der zurückgehenden alliierten Bodentruppen. Die britische strategische Bombenoffensive gegen Deutschland wurde am 15. Mai 1940 auf Bitten Frankreichs und Druck Churchills zur Ablenkung der deutschen Luftwaffe von der eröffWestfront net und nicht, wie die alliierte Kriegspropaganda es darstellte, wegen der Bombardierung Rotterdams Hinsichtlich Rotterdams machte man sich in den Beratungen des britischen Kriegskabinetts nur Gedanken darüber, wie man dort die Treibstoffvorräte noch vor dem deutschen Zugriff vernichten könnte

Gegen das englische Mutterland selbst hatten noch keine deutschen Luftangriffe, die diese Bezeichnung verdienen, stattgefunden Erst am 13. August 1940 begann die deutsche Luftoffensive gegen England. Diese „Verspätung“ beruhte nicht auf humanitären Hemmungen, sondern darauf, daß man noch in Frankreich kämpfte bzw. die Luftwaffe sich noch von den nicht unerheblichen Verlusten erholen und die Verbände auffrischen und umgruppieren mußte Nicht nur der Völkerrechtsexperte im britischen Air Ministry, James Molony Spaight, bestätigte noch im Kriege, daß die Briten Deutschland zuerst bombardiert haben sondern auch der amerikanische Historiker Jeffrey W. Legro kommt zu dem Schluß, nicht die deutsche Luftwaffe, sondern die Royal Air Force „was the first to intentionally shirk the boundaries that restricted air warfare“ Ähnlich war es im Ersten Weltkrieg.

IV. Die strategische Bedeutung des Bombenkriegs

Die strategische Unwirksamkeit der deutschen Luftoffensiven gegen England war -gemessen an den damit verbundenen Absichten -schon während des Krieges offensichtlich. Diskutiert wird daher häufiger die Frage nach der Wirksamkeit der alliierten Bomberoffensiven gegen Deutschland. Sie wurde nach dem Kriege, als das Ausmaß der Zerstörungen in den deutschen Städten in der Weltbekannt wurde, selbst von Mitgliedern des United States Strategie Bombing Survey Teams, das diese Wirkungen in Europa in über 200 Berichten untersuchte und später insbesondere auch unter dem Eindruck des Vietnamkrieges meist negativ beantwortet. Es war der bekannte Ökonom John K. Galbraith, seinerzeit Direktor der Economic Effects Division, der -ausgehend von der Tatsache, daß der durch Bombenangriffe verursachte deutsche Produktionsausfall 1944 nur etwa 17 Prozent erreichte und in den anderen Jahren noch wesentlich niedriger war (die Engländer schätzten den Ausfall der deutschen Rüstungsproduktion im Jahre 1944 auf nur 3, 6 Prozent -die alliierte Bombenoffensive als „perhaps the greatest miscalculation of the war“ bezeichnete.

Dies trifft sicherlich zu, wenn man nur die wirtschaftliche Seite des Ganzen beachtet und von der falschen Annahme ausgeht, es habe die gesamte deutsche Rüstungswirtschaft zerstört und der Krieg allein durch Bomber gewonnen werden sollen. Natürlich waren die amerikanischen Tagesangriffe gegen Einzelziele von viel größerer direkter Wirkung als die nächtlichen britischen Städteangriffe. Deren direkte Wirkung bestand in der Zerstörung zahlreicher, auch kulturgeschichtlich bedeutsamer Städte sowie in der Tötung von Hunderttausenden Zivilpersonen. Ihre indirekte Wirkung betraf folgende Bereiche:

Langstreckenbomber hatten einen wichtigen Anteil an der vorläufigen Ausschaltung der deutschen U-Boot-Gefahr im Atlantik Mitte 1943. Dieser alliierte Erfolg erlaubte den Nachschub von Amerika nach England zum Aufbau der Invasionsstreitmacht und zur Steigerung der Luftoffensive gegen Deutschland. Die Angriffe auf die deutschen Jagd-flugzeugfabriken in der zweiten Hälfte 1943 reduzierten die Produktion von Jägern beträchtlich. Diese fehlten dann im Frühjahr 1944 zur Bekämpfung der amerikanischen Begleitjäger, die, neu eingesetzt, zu dieser Zeit die alliierte Luftherrschaft bei Tage über Deutschland errangen. Diese machte nicht nur die Invasion zu einem erfolgreichen Unternehmen, sondern ermöglichte auch relativ unbehinderte Angriffe auf die deutsche synthetische Treibstoffindustrie, die 92 Prozent des Flugbenzins produzierte, sowie auf den deutschen Eisenbahnverkehr, dessen Zusammenbruch 1944/45 das Ende der deutschen Rüstungswirtschaft besiegelte. Für die bis September 1944 noch in steigender Zahl gebauten Jagdflugzeuge gab es kaum mehr Benzin, und die wegen der Luftgefahr verlagerten und weit zerstreuten Industrien konnten ihre Einzelteile nicht mehr zum Zusammenbau transportieren. Dies behinderte u. a. die Fertigung der sektionsweise gebauten neuen Elektro-U-Boote, von denen Hitler die Wiederaufnahme des Atlantikkrieges zur Unterbrechung des alliierten Nachschubs erwartete und damit die Bereitschaft der Alliierten zu Verhandlungen. Indirekte Wirkungen sind u. a. auch in der Schwächung der deutschen Bomberwaffe durch Abzweigung eines Drittels der Ju-88-Produktion für die Nachtjagd, in der Schwächung der deutschen Jagdwaffe um mehrere zehntausend Jagdflugzeuge durch den Bau der wenig wirksamen V-Waffen, mit dem Hitler auf die britischen Städteangriffe reagierte, und im Einsatz von etwa 3, 5 Millionen Menschen für Aufräumungs-und Wiederaufbauarbeiten usw. zu sehen, die als Arbeitskräfte in der Industrie fehlten.

Wenn auch die Moral des deutschen Volkes durch das unterschiedslose Bombardement nicht gebrochen, sondern zunächst eher gestärkt wurde, so stand dahinter schließlich nicht mehr der Wille zum Sieg, sondern nur noch der zum Überleben. Man kann gewiß festhalten, daß ohne die alliierte Luftherrschaft und ohne die erst dadurch ermöglichte Intensivierung der Bomberoffensive der Krieg sicherlich länger gedauert hätte, mit der Gewißheit einer noch weit höheren Zahl von militärischen, zivilen und Verfolgungsopfern sowie der Wahrscheinlichkeit des ersten Atombombenabwurfs auf Deutschland, denn es galt bei den Alliierten die Strategie des „Germany first“.

Gleichzeitig hat der Bombenkrieg die Illusion widerlegt, er könne Kriege leichter und weniger verlustreich beenden. Er verursachte den Alliierten hohe materielle Kosten, außerdem etwa 160 000 Besatzungs-und 40000 Flugzeugverluste 2, 7 Millionen „short tons“ an Bomben wurden über Europa abgeworfen, davon über 50 Prozent auf Deutschland -70 Prozent davon wiederum allein in den letzten zehn Kriegsmonaten. Auf deutscher Seite gingen etwa 57 000 Flugzeuge verloren. Mehr als 400000 Zivilisten wurden getötet, davon in Hamburg im Juli/August 1943 etwa 42000, in Dresden 35000 800000 Menschen wurden verwundet, 7, 5 Millionen wurden obdachlos. 485 000 Wohngebäude wurden zerstört, das heißt: 3, 6 Millionen Wohneinheiten oder 20 Prozent des deutschen Wohnraumes waren nicht mehr zu benutzen. In etwa 50 Städten, die Hauptangriffsziele waren, betrugen die Wohnraumverluste durchschnittlich 40 Prozent, in manchen Fällen bis zu 75 Prozent und mehr.

Damit wurden die Ziffern, die sich der Stab der Royal Air Force Ende 1942 gesetzt hatte nicht erreicht. Man wollte mit der für 1944 auf 4000 bis 6000 schwere Bomber veranschlagten alliierten Luftstreitmacht insgesamt 25 Millionen Deutsche obdachlos machen, 900000 Zivilisten töten und eine weitere Million verwunden sowie sechs Millionen Wohnungen zerstören. Jede der als Hauptziele ausgesuchten 58 Städte sollte siebzehn Angriffe von der Stärke des 1000-Bomber-Angriffs auf Köln am 30. /31. Mai 1942 erleiden und damit vollständig vernichtet werden

V. Zur Diskussion über den Bombenkrieg nach 1945

Zur militärischen wie öffentlichen Diskussion über den Bombenkrieg in den einzelnen Ländern nach dem Kriege fehlt es noch an einer zusammenfassenden Monographie So läßt sich nur punktuell einiges dazu sagen. In England zweifelten schon im Kriege viele an der Richtigkeit der Erklärungen der Regierung, wonach in Deutschland nur militärische und Rüstungsziele bombardiert würden. Besonders Lord Salisbury und Dr. George Bell, Bischof von Chichester, äußerten ihre Besorgnisse über die Verharmlosung des gegen Deutschland geführten Bombenkrieges durch die britische Regierung. Allerdings überwog in der öffentlichen Meinung entweder das Desinteresse oder aber, zumal seit Beginn der deutschen V-Waffen-Offensive, der Wunsch nach Vergeltung. Was die deutsche Zivilbevölkerung erlitt, war von daher weniger wichtig. Man hatte mit sich selbst zu tun, und Harris war populär.

Erst seit dem schweren Luftangriff auf Dresden am 13. Februar 1945 und nachdem mit dem Eindringen der alliierten Bodentruppen nach Deutschland das Ausmaß der Zerstörungen in den Städten allgemein bekannt geworden war, schwoll die öffentliche Kritik in England an der britischen Bombenkriegführung so stark an, daß sich sogar Churchill als treibende Kraft hinter diesen Terrorangriffen Ende März 1945 von den Praktiken seines Vertrauten Harris und des Bomber Command distanzierte. Er gab Anweisung, mit dem Bombardement deutscher Städte „simply for the sake of increasing the terror, though under other pretexts“, aufzuhören, weil es sonst keine Unterkünfte für die Besatzungstruppen mehr geben würde . Er ließ Harris fallen und erwähnte ihn nicht einmal in seiner Siegesansprache. Regierung und Nation distanzierten sich angesichts der vom Bomber Command angerichteten Verwüstungen. Harris wurde nicht, wie andere hohe militärische Führer, mit der Pairswürde geehrt. Er wurde lediglich um einen Dienstgrad zum höchsten Rang, dem eines Marshal of the Royal Air Force, befördert. Die Angehörigen seines Bomber Command erhielten nicht einmal eine Erinnerungsmedaille wie diejenigen anderer Verbände. 1953 wurde Harris in den einfachen Baronetsrang erhoben.

Aus der Sicht der Bomberbesatzungen war dies eine schnöde Behandlung -hatten sie doch mit Mut, in Todesangst und unter hohen Verlusten Befehle ausgeführt. Man hatte sie bei den Einweisungen vor ihren Angriffen im allgemeinen im unklaren über die tatsächlichen Absichten gelassen. Laut dem RAF War Manual hatten sich die Besatzungen nicht um den „ulterior purpose“ des Bombardements zu kümmern. Dieser „letzte Zweck“ wurde dort als die „Erzeugung von Furcht durch materiellen Schaden in den Gemütern der Menschen“ bezeichnet, „die in der Nähe der zerstörten Gebiete wohnten oder dort arbeiteten“ Die Besatzungen hatten lediglich darauf zu achten, daß sie ihre Bomben genau in die angegebenen Zielpunkte warfen.

Es war nicht nur der verletzte Stolz auf die von ihnen erbrachte und nicht anerkannte militärische Leistung, sondern wohl auch eine Art Rache für das von der Nation erlittene „Unrecht“, was die Bomber-Veteranen im Mai 1992 das Harris-Denk-mal in London aufstellen ließ Es war keine Zeremonie der britischen Regierung oder Nation, auch wenn sich die Königinmutter als Ehrenpräsidentin der Bomber Command Association ihr nicht glaubte entziehen zu können. Gewiß stand dahinter kein Stolz auf die Zerstörung deutscher Städte und die Vernichtung von Menschenleben, wie der Verfasser in Diskussionen mit Bomber-Veteranen in der Royal Air Force Historical Society und bei der wissenschaftlichen Aufarbeitung des Bomben-kriegs am Royal Air Force Staff College in Bracknell sowie in einer Fernseh-Diskussion über den Bombenkrieg in der BBC in London im Frühjahr 1993 feststellen konnte

Die meisten Bomber-Veteranen bedauerten, was sie angerichtet hatten; manche schämten sich sogar und sagten, sie würden so etwas nie wieder tun. Weniger Sensible bedauerten das Bombardement von Städten zwar auch, hielten es aber auch in der Rückschau für damals notwendig, um Hitler zu besiegen. Einige beriefen sich zur Rechtfertigung auf den Holocaust. Dies war häufig -aber nicht nur -die Projektion nachträglich erworbenen Wissens auf die Kriegszeit, als das Ausmaß der Judenvernichtung allgemein noch nicht so bekannt war. Die britische Öffentlichkeit nahm die Denkmalsenthüllung mit geteilter Meinung auf, wie ein Blick in die Zeitungen zeigt Eine nennenswerte öffentliche Diskussion über die Moralität des Bombenkrieges im Zweiten Weltkrieg hat es nach dem Bekanntwerden des Holocaust weder in Amerika, wo man den Bombenkrieg ohnehin nicht am eigenen Leib verspürt hat, noch in England -gerade weil man ihn dort selbst erlitten hatte -gegeben.

Vielleicht traf Noble Frankland, ehemals Generaldirektor des Imperial War Museum in London und einer der beiden Verfasser des amtlichen britischen vierbändigen Werkes über die strategische Bomberoffensive gegen Deutschland die öffentliche englische Meinung über den Bombenkrieg der Royal Air Force am besten, als er schrieb: „Die Engländer sind kein so friedvolles Volk, wie sie es gerne sein möchten. In die Ecke getrieben und verwundet, wurden sie sehr gefährlich und sprangen ...dem scheinbar unüberwindlichen und überlegenen Feind mit Hilfe des Bomber Command, ihrer einzigen verfügbaren Waffe, an die Kehle.“ Und: „Die große Immoralität, vor der wir 1940 und 1941 standen, war es, den Krieg gegen Hitler-Deutschland zu verlieren. Hätten wir das einzig verfügbare Mittel, direkt zurückzuschlagen, nicht genutzt, wäre das ein großer Schritt in diese Richtung gewesen.“ In anglo-amerikanisehen Fachkreisen wurde die Bomberoffensive nach dem Krieg vor allem von liberalen Intellektuellen kritisiert, weil sie, gemessen an den mit ihr verknüpften und vor allem von Harris selbst verbreiteten Erwartungen, als militärisch nicht sehr effektiv eingeschätzt wurde Dies war auch schon die erwähnte Kritik Galbraiths, und sie kommt überraschenderweise, wenn auch etwas verklausuliert, ebenfalls vor in der vierbändigen Darstellung von Webster und Frankland

Wenn es in den USA eine Diskussion über den Bombenkrieg gegeben hat, dann drehte sie sich vor allem um die Frage der Richtigkeit der Entscheidung Präsident Trumans über den Abwurf der Atombombe. Als Ergebnis kann festgehalten werden, daß diese Entscheidung allgemein gebilligt wurde, weil damit der Krieg in Ostasien schneller« und mit weniger Eigenverlusten beendet wurde. Zudem seien dadurch diplomatische und militärische Vorteile in dem schon abzusehenden Kalten Krieg mit der Sowjetunion erreicht worden. Seltener hört man in der öffentlichen Meinung, man habe damit auch auf die abschreckende Wirkung für die Zukunft gesetzt.

Wie sehr sich das offizielle England, Amerika und die NATO (aber auch Sowjetrußland) mit der Atombombe als Macht-und Abschreckungsmittel identifiziert haben -gleichsam als Vollendung des unterschiedslosen Bombenkrieges (Atombomben waren und sind „indiscriminate weapons“) -, geht aus zwei Tatsachen hervor: Die Royal Air Force ergänzte im Dezember 1947 ihr War Manual von 1928/40, in dem als nationales Kriegsziel ganz allgemein die Ausschaltung feindlicher Ressourcen angegeben wurde, durch die sehr viel deutlichere Aussage, daß das Ziel nun die Paralysierung der „civil and military organisations" sei In der NATO-Doktrin wurde die Strategie der „massive retaliation" zur Richtschnur, die 1967 durch die„flexible response“ ersetzt wurde. Die in Amerika affenbar noch geringe Sensibilisierung gegenüber dem nicht selbst erlebten Bombenkrieg ist heute an der inzwischen auf japanischen Protest hin zurückgezogenen Absicht des US Postal Service zu erkennen, 1995 eine Briefmarke mit einem Atompilz und der Bildunterschrift „Atomic bombs hasten war’s end, August 1945“, herauszugeben.

In den achtziger Jahren sorgten zwei Bücher und kürzlich zwei Fernsehsendungen im anglo-amerikanischen Bereich für eine erneute, teils fachliche und teils öffentliche Diskussion über den Bomben-krieg. Ronald Schaffer und Michael S. Sherry befaßten sich kritisch mit ihm und förderten dabei Fakten zutage, die in der Geschichtsschreibung, wenigstens der offiziellen, bis dahin so gut wie keine Erwähnung gefunden hatten. Schaffer dokumentiert in seinem Buch das häufige und lange Schwanken der politischen und militärischen Führung der Amerikaner zwischen moralischen Bedenken hinsichtlich der Angriffe auf Zivilisten und dem, was sie zunehmend unter Hintanstellung der Bedenken für kriegsnotwendig hielten -nämlich den Krieg schnellstens zu beenden, und sei es mit Schrecken. Sherry geht in seinem Buch u. a. auf die rassistischen Vorurteile der Amerikaner gegen die Japaner ein, die bis in die Vorkriegszeit zurückreichen und die umgekehrt auch bei den Japanern vorhanden waren.

In Kanada erregte die 1994 ausgestrahlte Fernseh-Dokumentation „The Valour and the Horror“ (Der Heldenmut und das Grauen) die gegen Deutschland eingesetzten Veteranen der Royal Canadian Air Force, weil sie die Sinnlosigkeit und das Grauen der Zerstörungen, aber auch die Angstgefühle und Gewissensbisse von Besatzungen zeigt. Die Veteranen sahen sich dadurch in die Nähe von kriminellen Tätern gerückt und in ihrer Ehre gekränkt. Im übrigen haben BBC und Channel — letzterer mit seiner TV-Sendung über die relativ militärisch wirkungslosen, aber zahlreiche zivile Opfer verursachenden Tiefangriffe auf die Sauerland-Talsperren im Mai 1943 -viel dazu beigetragen, die Sublimierung des Bombenkrieges ins Heldenhafte auf ein realistisches Maß herabzuschrauben. In Australien, das ebenfalls im Rahmen der Royal Air Force an der Bombardierung Deutschlands teilgenommen hat, erregte die Fernseh-Dokumentation „Birds of Death“ Argwohn an der Praxis des RAF Bomber Command. Gleichsam als Vorstufe zum Zweiten Weltkrieg wird hier die Geschichte des erwähnten „air policing“ in Afrika, Kurdistan und Nordwestindien an Hand von Originalfilmen und -aufnahmen aus den zwanziger und dreißiger Jahren rekonstruiert, ergänzt durch Interviews mit einheimischen Überlebenden solcher Aktionen. Die Ausstrahlung wurde zunächst verboten, obwohl die englische Geschichtsschreibung diese Phase in der Entwicklung der Royal Air Force nicht verschweigt

Die mentalen Nachwirkungen des Bombenkrieges in Deutschland ähneln -aber nur zum Teil -denjenigen in Japan. Beide Völker fühlen sich schuldig an der Entfesselung des europäischen bzw. fernöstlichen Krieges, die dann zum Zweiten Weltkrieg zusammenwuchsen. Hier der Überfall auf Polen, dort auf Pearl Harbour. Sie halten den Bombenkrieg -bei aller berechtigten Kritik insbesondere in Deutschland an der Inhumanität der Flächenangriffe auf Städte, wie sie durch das Harris-Denkmal neu entfacht wurde -für die Ernte dessen, was man selbst gesät habe. Aber in Japan wird die Auslösung des Krieges lediglich als „Fehler“ angesehen und ist nicht mit den moralischen Kategorien belastet wie in Deutschland. Für die Fehler habe man gebüßt und fühle sich entlastet durch die Einmaligkeit der Opfer von Hiroshima und Nagasaki, deren Atomtod die ganze Welt zum Frieden gemahne und bisher auch ähnliche Katastrophen verhindert habe Neuerdings gibt es ein Infragestellen dieser Position, was sich an den -zwar wenigen -öffentlichen, wenn auch noch zurückhaltenden, Entschuldigungen von höchster Stelle sowie an einigen Unschuldserklärungen zeigt, die für die Betreffenden negative Folgen hatten.

Die Deutschen reagierten anders; allerdings ist auch ihre Ausgangspositionen eine andere. Hier kann der Bombenkrieg -der eigene wie der alliierte -nicht nur unter dem Aspekt deutscher Leiden oder unter militärischen Gesichtspunkten gesehen werden, sondern muß als Teil eines vom damaligen Deutschland entfesselten Krieges verstanden werden, dessen Ziel auch die Vernichtung der Juden und „rassisch Minderwertigen“ im europäischen Machtbereich war. Selbst wo die deutsche Luftkriegsführung sich in „normalen“ Bahnen bewegte -wie etwa bis Anfang 1942 -, diente sie doch immer letztlich, direkt oder indirekt, diesem Ziel, auch wenn ihre Operationen in keinem Zusammenhang damit standen und den Flugzeugbesatzungen und höheren Führern der Luftwaffe dies nicht bekannt war und sie keine persönliche Schuld daran hatten. In diesem Sinne hat die in Deutschland oft gebrauchte Formel, man habe geerntet, was man gesät habe, ihre Berechtigung. Sie wird aber falsch, wenn man diese Kausalität auf den Bombenkrieg bezieht denn hier haben die Deutschen nicht als erste mit bewußten Terrorangriffen begonnen, wie oben nicht zuletzt anhand britischer Dokumente und wissenschaftlicher Analysen angedeutet. Außerdem muß man etwa den Spanischen Bürgerkrieg, in dem Deutsche, Russen und Italiener ihre Flugzeuge und Waffen „testeten“, im Zusammenhang sehen mit dem „air policing“ und dem Einsatz von Flugzeugen und Gas durch andere Kolonialmächte in Afrika in den zwanziger und dreißiger Jahren.

Die deutsche öffentliche Meinung hat die schon gar nicht mehr neuen ausländischen Forschungsergebnisse zum Bombenkrieg der Deutschen in den ersten Kriegsjahren bisher, wie erwähnt, kaum oder gar nicht zur Kenntnis genommen. Sie steht daher zum großen Teil noch unter dem Einfluß der beiderseitigen einstigen Kriegspropaganda. Die selbst geprägten Begriffe des „Ausradierens“ und „Coventrierens“ sind als Beweis ausschließlicher eigener Schuld noch in unseren Köpfen. Zudem hat das Picasso-Gemälde „Guernica“, das eine Anklage gegen den Luftkrieg und den Krieg überhaupt ist, auf Grund seiner Entstehung die Luftwaffe mit dem Makel als Nazi-Terrorluftwaffe belastet. Dies alles verschmolz mit der Erinnerung durchlebter Bombennächte und Feuerstürme und mit dem Bewußtsein der deutschen Schuld am Zweiten Weltkrieg mit allen seinen Folgen zu einer geradezu traumatischen, fast unerschütterlichen öffentlichen Meinungsfront, die entgegenstehende oder zumindest objektiv relativierende Fakten zur eigenen Luftkriegführung gar nicht zur Kenntnis nehmen will.

Es ist daher viel einfacher, sich sachlich über das Thema mit einem Angelsachsen zu unterhalten als mit einem Deutschen -Historiker nicht ausgenommen. Das Positive daran ist die erhöhte Sensibilität in Deutschland gegenüber Unrecht und Gewalt sowie der Wille, durch Hilfe für die Notleidenden der Welt einen Teil der Schuld abzutragen wie auch zu verhindern, daß Ähnliches noch einmal passiert. Teilweise ist daraus aber eine neurotische Hypersensibilität geworden, die nicht zuletzt auch unter dem Einfluß des in unserer Wohlstandsgesellschaft dominierenden Lustprinzips jede legitime und notwendige Gewalt ablehnt (außer der eigenen, als „autonom“ bezeichneten), seine Polizisten „Bullen“ nennt und seine Soldaten „Mörder“ vor allem aber die eigenen Kräfte und Möglichkeiten in gewiß wohlmeinender Absicht „sündenstolz“ (H. M. Broder) überschätzt. So ist eine der Folgen des Krieges der Verlust an Augenmaß und Nüchternheit für gegenwärtige Realitäten, was bei unseren Partnern eher Mißtrauen als Vertrauen erzeugt.

Meinungsunterschiede bezüglich der Notwendigkeit oder Rechtmäßigkeit des strategischen Bombenkrieges im Zweiten Weltkrieg bestehen nach wie vor in den meisten Ländern. Dies gilt auch für das Völkerrecht, das es ja hinsichtlich des Luftkrieges vor dem Zweiten Weltkrieg nur als Völker-gewohnheitsrecht und nicht auch als internationales Vertragsrecht gegeben hat, weil sich die Staaten über eine Limitierung des Bombenkrieges nicht hatten einigen können. Keiner wollte sich im Gebrauch des neuen, Vorteile versprechenden Kriegsmittels einschränken lassen. So war es, wie die Antworten Deutschlands, Englands und Frankreichs auf den Appell Roosevelts vom 1. September 1939 zur Schonung der Zivilbevölkerung zeigen, allen Parteien klar, daß bewußte Luftangriffe auf die Zivilbevölkerung unzulässig seien. Alle machten sie aber die Einhaltung der Grundsätze des humanitären Völkergewohnheitsrechts vom Verhalten des Gegners abhängig, das zu beurteilen sie in ihr eigenes Ermessen stellten. Damit war der Weg zur späteren Eskalation des Bomben-krieges bereitet.

In Nürnberg wurden weder deutsche noch alliierte Luftbefehlshaber wegen ihrer Luftkriegführung verurteilt, weil, wie der amerikanische Chefankläger Telford Taylor schrieb, „das Luftbombardement von Städten und Fabriken ein anerkannter Teil moderner Kriegführung sei, der alle Nationen anhingen“ Um zu dieser die Inhumanisierung des Gewohnheitsrechts akzeptierenden Anschauung zu kommen, wurden im Wesen und vor allem in den Folgen so extrem unterschiedliche Luftangriffe wie der deutsche auf Coventry und der britische auf Dresden einander gleichgestellt. Obwohldie Charta des Internationalen Militärtribunals in Nürnberg das absichtliche Terrorbombardement zu den Kriegsverbrechen zählte, wurden alle entspechenden Anträge abgewiesen, wenn die bombardierten Städte irgendwelche militärisch relevanten Objekte aufwiesen, was in einer hochindustrialisierten Gesellschaft wohl immer der Fall ist. So kam es, daß sich bei einer internationalen Historikertagung in Freiburg 1988 mit Luftkriegsund Völkerrechtsexperten aus der westlichen Welt zwei fundamental voneinander verschiedene Positionen herausbildeten: eine pragmatische angloamerikanische, die von der Nichtexistenz verbindlicher internationaler Vertragsregelungen zum Luftkrieg ausging, und eine moralisch-prinzipielle deutsche oder vielleicht kontinentaleuropäische, die die humanitären Grundsätze des Gewohnheitsund Landkriegsvölkerrechts auch für den Luft-krieg geltend machte. Beide Positionen blieben unverbunden 69.

Um so erfreulicher ist es, daß gerade von der Kriegsgeneration Brücken des Verständnisses und der freundschaftlichen Begegnung geschlagen worden sind. Es sei hier an die internationale Anteilnahme bei den Gedenken für Coventry, Dresden und Hiroshima erinnert wie auch an die Zusammenkünfte von ehemaligen Gegnern. Besonders hinzuweisen ist auf das deutsche Engagement in Coventry und umgekehrt auf die Hilfe aus Coventry für den Wiederaufbau der Frauenkirche in Dresden sowie auf die Gesten der Versöhnung bei den Besuchen des Bundespräsidenten von Weizsäcker in Coventry im Herbst 1990 und der englischen Königin in Dresden im Jahre 1992. Die Meinungen lassen sich dadurch kaum ändern, die Fakten erst recht nicht, und sie sollen es auch gar nicht. Letztlich war der strategische Bombenkrieg gegen die Zivilbevölkerung -von den Kriegsparteien bei Kriegsbeginn zunächst als inhuman abgelehnt, mit wachsender Verhärtung und Ideologisierung des Krieges jedoch akzeptiert -einer der schwersten Sündenfälle hochindustrialisierter Nationen in diesem Jahrhundert.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Vgl. Malcolm Smith, A Matter of Faith. British Strategie Air Doctrine Before 1939, in: Journal of Contemporary History, 15 (1980), S. 432; Horst Boog (Hrsg.), Luftkriegführung im Zweiten Weltkrieg. Ein internationaler Vergleich (= Vorträge zur Militärgeschichte, Bd. 12, hrsg. vom Militär-geschichtlichen Forschungsamt), Herford-Bonn 1993.

  2. Vgl. Lee Kennett, A History of Strategie Bombing, New York 1982. S. 8; John Terraine, The Right of the Line. The Royal Air Force in the Europeän War, London 1985, S. 62ff., 73f., 144.

  3. Zit. nach Montgomery Hyde, British Air Policy Between he Wars 1918-1939, London 1976, S. 31.

  4. Royal Air Force War Manual, Part I: Operations, Air Publication 1300, London 1928, Chapter XIII, Ziff. 4ff.

  5. Vgl. Noble Frankland, The Bombing Offensive Against Germany. Outlines and Perspectives, London 1965, S. 21-26; Malcolm Smith, British Air Strategy Between the Wars, Oxford 1984, S. 63.

  6. Vgl. Barry D. Powers, Strategy Without Slide-Rule. British Air Strategy 1914-1939, London 1976.

  7. Zit. nach J. Terraine (Anm. 2), S. 13.

  8. Vgl. Charles Webster/Noble Frankland, The Strategie Air Offensive Against Germany 1939-1945, 4Bde., London 1961.

  9. Max Hastings, Bomber Command, London 19802*, 31S. 48.

  10. Vgl. Horst Boog, Der strategische Bombenkrieg. Luftwaffe, Royal Air Force und US Army Air Force im Vergleich bis 1945, in: Militärgeschichtliche Beiträge, Sammelband der Zeitschrift Militärgeschichte, 6 (1992).

  11. Vgl. Horst Boog u. a., Der globale Krieg. Die Ausweitung zum Weltkrieg und der Wechsel der Initiative 1941-1943 (= Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg, Bd. 6, hrsg. vom Militärgeschichtlichen Forschungsamt), Stuttgart 1990.

  12. Abgedr. in: Bernhard Heimann/Joachim Schunke, Eine geheime Denkschrift zur Luftkriegskonzeption Hitler-Deutschlands vom 1933, in: für Militärge -Mai Zeitschrift schichte, (1964) 3, S. 78-86.

  13. Vgl. Horst Boog, Die deutsche Luftwaffenführung. 1935-1945. Führungsprobleme -Spitzengliederung -Generalstabsausbildung, (= Beiträge zur Militär-und Kriegsgeschichte, Bd. 21, hrsg. vom Militärgeschichtlichen Forschungsamt), Stuttgart 1982, S. 166.

  14. Luftwaffendruckvorschrift L. Dv. 16.

  15. Vgl. Operative Zielsetzung für die Luftwaffe im Fall eines Krieges gegen England im Jahre 1939, Generalstab l. Abt. (Chef) Nr. 5894/39 g. Kdos., Chefsache, 22. Mai 1939, Militärgeschichtliches Forschungsamt (MGFA), Sammlung Greffrath, G IV/1.

  16. Vgl. Ch. Webster/N. Frankland (Anm. 8), Bd. 4, S. 143ff.

  17. Vgl. Henry Probert, High Commanders of the Royal Air Force, London 1991, S. 27-30, 112ff.

  18. Vgl. Schreiben Gunnar Sunden vom 6. 12. 1994 an die DAMALS-Redaktion, Stuttgart. Sunden war schwedischer Unterhändler für Waffen-und Kugellagerverkäufe in England und Deutschland in den letzten Kriegsjahren.

  19. Vgl. Ch. Webster/N. Frankland (Anm. 8), Bd. 3, S. 98-103; J. Terraine (Anm. 2), S. 671-681.

  20. Vgl. Michael S. Sherry, The Rise of American Air Power. The Creation of Armageddon, New Haven-London 1987, S. 406, Fußnote 76.

  21. Vgl. Jeffrey W. Legro, Cooperation under Fire: Restraint and Escalation in World War II, University of Minnesota 1992. S. 157f.

  22. Vgl. Franz Halder, Kriegstagebuch. Tägliche Aufzeichnungen des Chefs des Generalstabes des Heeres, 1939-1943, hrsg. von Hans-Adolf Jacobsen, Bd. 2, Stuttgart 1963, S. 99f., 213.

  23. Hitlers Weisungen für die Kriegführung 19'39-1945. Dokumente des Oberkommandos der Wehrmacht, hrsg. von Walther Hubatsch, Frankfurt 1962, S. 118ff.

  24. Reichsmarschall-Besprechungsnotiz Nr. 58/42 g. Kdos., 21. 3. 1942, Bundesarchiv Militärarchiv (BA-MA) RL 3/60, Bl. 5181.

  25. Vgl. Basil Collier. The Defence of the United Kingdom, (History of the Second World War, United Kingdom Military Series, ed. by J. R. M. Butler), London 1957, S. 261.

  26. Vgl. Henry H. Arnold, Global Mission, New York 1949, S. 227f.

  27. Vgl. B. Collier (Anm. 26), S. 512; Wehrmachtführungsstab/Op(L), l. Skl. op Nr. 772/42 g. Kdos. Chefs, vom 14. 4. 1942 an Oberbefehlshaber der Luftwaffe/Führungsstab la, BA-MA RM 7/171, S. 78; Besprechung bei Generaloberst Jeschonnek, 1. 5. 1943, BA-MA RM 7/260, S. 176ff.

  28. Vgl. Hitlers Lagebesprechungen. Die Protokollfragmente seiner militärischen Konferenzen, hrsg. von Helmut Heiber, Stuttgart 1962 (= Quellen und Darstellungen zur Zeitgeschichte, Bd. 10), S. 294ff. (Mittagslage, 25. 7. 1943).

  29. Näheres über diese Luftangriffe in einem Aufsatz des Verfassers, der im Juni-Heft 1995 der „Militärgeschichte“, Beilage zur „Europäischen Wehrkunde“, veröffentlicht wird.

  30. Vgl. Geoffrey Best, Humanity in Warfare, London 1980, S. 278.

  31. Vgl. H. J. A. Wilson, The Luftwaffe as a Political Instrument, in: Eugene M. Emme (Hrsg.), The Impact of Air Power. National Security and World Politics, Princeton u. a. 1959, S. 63.

  32. Am 27. 9. 1938, PRO AIR 8/251.

  33. Vgl. N. Frankland (Anm. 5), S. 56; J. Terraine (Anm. 2), S. 143; H. Boog u. a. (Anm. 11), S. 452-457.

  34. Vgl. die entsprechenden „minutes“ und „conclusions" der Besprechungen des War Cabinet, PRO CAB 65.

  35. Vgl. Winston G. Ramsey, The Blitz Then and Now, Bd. 1, London 1987, S. 48, 67, 79.

  36. Chronologisch am übersichtlichsten Theo Weber, Die Luftschlacht Wiesbaden um England, 1956; vgl. ferner Adolf Galland, Die Ersten und die Letzten. Die Jagdflieger im Zweiten Weltkrieg, Darmstadt 1953, S. 81-97; Francis K. Mason, Battle over Britain, London 1969.

  37. Vgl. James M. Spaight, Bombing Vindicated, London 1944, S. 68.

  38. J. F. Legro (Anm. 22), S. 157f.; vgl. ferner Neville Jones, The Origins of Strategie Bombing. A Study of the Development of British Air Strategie Thought and Practice up to 1918, London 1973.

  39. Siehe hierzu die Einleitung zu Bd. 1 von David McIsaac (Hrsg.), The United States Strategie Bombing Survey, lOBde., New York-London 1976, und Ch. Webster/N. Frankland (Anm. 8), Bd. 4, S. 40-58.

  40. Vgl. Ch. Webster/N. Frankland (Anm. 8), Bd. 4, S. 49, 482 f.

  41. John Kenneth Galbraith, A Life in Our Times. Memoirs, Boston 1981, S. 206, 226.

  42. Vgl. D. MacIsaac (Anm. 58), Bd. 1, Report 2, S. 37.

  43. Vgl. Götz Bergander, Dresden im Luftkrieg. Vorgeschichte, Zerstörung, Folgen, Weimar u. a. 19942, S. 210-231.

  44. Vgl. Dokumente deutscher Kriegsschäden (hrsg. vom Bundesminister für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte), 2. Beiheft, Bonn 1962, S. 492-495; Olaf Groehler, Bombenkrieg gegen Deutschland, Berlin 1990, S. 448.

  45. Vgl. Ch. Webster/N. Frankland (Anm. 8), Bd. 4, S. 258ff.

  46. Vgl. ebd., S. 264.

  47. Es sei hier jedoch auf die internationale Historiker-tagung in Freiburg 1988 mit Luftkriegs-und Völkerrechtsexperten verwiesen. Die Referate und Kommentare sind in H. Boog (Anm. 1) enthalten. Dasselbe in Englisch: Horst Boog (Ed.), The Conduct of the Air War in the Second World War. An International Comparison, Oxford 1992.

  48. Zit. bei Ch. Webster/N. Frankland (Anm. 8), Bd. 3, S. 112, 117.

  49. Royal Air Force Manual (Anm. 4), Chapter VIII, Ziff. 38.

  50. Vgl. Günther Gillessen, Die Rache der Veteranen, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 9. 5. 1992.

  51. Die Diskussionen sind enthalten in Derek Wood (Ed.), Reaping the Whirlwind, Bracknell Paper No. 4, A Symposium on the Strategie Bomber Offensive 1939-45, 26 March 1993, RAF Historical Society 1993, S. 55-86.

  52. Ausgestrahlt am 7. 4. 1993.

  53. Vgl. u. a. The Times vom 5. 10. 1991; The Observer vom 31. 5. 1992; Guardian Weekly vom 14. 8. 1994.

  54. Vgl. Anm. 8.

  55. N. Frankland (Anm. 5), S. 100.

  56. Zitiert nach J. Terraine (Anm. 2), S. 507.

  57. Vgl. u. a. Alan J. Levine, The Strategie Bombing of Germany, 1939-1945, Westport, Conn. -London 1992, S. 191; Williamson Murray, Reflections on the Combined Bomber Offensive, in: Militärgeschichtliche Mitteilungen, (1992), S. 73-94, insbes. S. 73ff.

  58. Vgl. Ch. Webster/N. Frankland (Anm. 8), Bd. 3, S. 2834311.

  59. Royal Air Force Manual (Anm. 4), Chapter II, Ziff. 11.

  60. Vgl. Ronald Schaffer, Wings of Judgment. American Bombing in World War II, New York-Oxford 1985.

  61. Vgl. M. S. Sherry (Anm. 21).

  62. Vgl. Sir Michael Armitage, Air Chief Marshal, The Royal Air Force. An Illustrated History, London 1993, S. 31-51.

  63. Vgl. Sadao Asada, Japanes Perceptions of the A-Bomb Decision, 1945-1980, in: The American Military in the Far East. Proceedings of the Ninth Military History Symposium, USAF Academy, 1. -3. Oct. 1980, hrsg. von Joe C. Dixon, Washington 1980, S. 199-219, insbes. S. 206, 217.

  64. Wie bei O. Groehler (Anm. 46), Prolog und Kapitelüberschrift „Wer den Wind sät...“.

  65. Vgl.den vielbeachteten Artikel von Franz M. Oppenheimer, Konsumismus, ungezügelter Hedonismus, anarchische Nachgiebigkeit, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 12. 1. 1994.

  66. Zit. nach W. Hays Parks, Luftkrieg und Kriegsvölkerrecht, in: H. Boog (Anm. 1), S. 405.

Weitere Inhalte

Horst Boog, Dr. phil., B. A., geb. 1928; Leit. Wissenschaftl. Direktor a. D. beim Militärgeschichtlichen Forschungsamt Freiburg. Veröffentlichungen u. a.: Die deutsche Luftwaffenführung 1935-1945, Stuttgart 1982; Der Angriff auf die Sowjetunion, Stuttgart 1983; Der globale Krieg, Stuttgart 1990; (Hrsg.) Luftkriegführung im Zweiten Weltkrieg. Ein internationaler Vergleich, Herford-Bonn 1993 (engl. Ausgabe: The Conduct of the Air War in the Second World War. An International Comparison, Oxford 1992).