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Ortung und Ordnung Carl Schmitt im Nationalsozialismus | APuZ 51/1996 | bpb.de

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APuZ 51/1996 Die Weimarer Staatsrechtsdebatte zwischen Legendenbildung und Neubesinnung Parlamentarismuskritik im Zeichen politischer Theologie. Carl Schmitts „Sakralisierung“ der Demokratie zum totalen Staat Bataille statt Debatte Zu Carl Schmitts „Metaphysik“ des Politischen und des Liberalen Ortung und Ordnung Carl Schmitt im Nationalsozialismus

Ortung und Ordnung Carl Schmitt im Nationalsozialismus

Mathias Schmoeckel

/ 45 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Die Person Carl Schmitts schillert durch die Vielzahl von Interpretationen ebenso wie sein Werk, das durch seine Komplexität reichlich Anlaß dazu gibt. Hier wird die Auffassung vertreten, daß Schmitts Werk während des Dritten Reiches bruchlos an sein früheres Schaffen anknüpfte und auch nach seiner „Entmachtung“ 1936 kein wesentlicher Umschwung zu erkennen ist. Nach dem Ermächtigungsgesetz vom 24. März 1933 erkannte Schmitt, daß Hitler definitiv die Macht an sich gerissen hatte. Damit bot sich für ihn die Chance, seine abstrakten Ideen zu einem autoritären Staat durch wissenschaftliche Anleitung in die Tat umzusetzen und dabei insbesondere die widersprüchlichen Elemente des Führerstaats, nämlich den Vorrang des charismatisch legitimierten Führerprinzips und die Notwendigkeit rechtlicher Ordnung, systematisch miteinander auszugleichen. Dies leistete er hauptsächlich im Staatsrecht und in den allgemeinen Fheorien des Rechts, später auch im Strafrecht und vermehrt im Völkerrecht.

I. Einleitung

Die Haltung von Carl Schmitt zum Nationalsozialismus wird ausgesprochen kontrovers beurteilt Während er allgemein als Kronjurist des Dritten Reiches bezeichnet wird, deuten ihn einige in die Richtung eines oppositionellen Denkers. Solche Kontroversen und die Grabenkämpfe der Schmitt-Jünger gegen ihre „Feinde“ sagen längst mehr aus zur mentalen und politischen Situation der Bundesrepublik als zu ihrem Objekt. Es überrascht somit nicht, daß zum Thema „Carl Schmitt im Nationalsozialismus“ bereits seit Jahren von einigen Autoren ein Überdruß empfunden wird. Dennoch wachsen Anzahl und Größe der Publikationen Daher ist es gerade in dieser Situation erforderlich, ausgehend von Schmitts Werken sich einen kurzen Überblick über sein Engagement im Nationalsozialismus zu verschaffen. Dies erfordert Akzentsetzungen deren Diskussion es dann hoffentlich ermöglichen wird, der Komplexität von Person und Werk gerecht zu werden.

II. Im Licht der Öffentlichkeit

1. Gleichschaltung

Die Ernennung Hitlers zum Reichskanzler soll auf Schmitt deprimierend gewirkt haben. Bis Anfang 1933 hatte er keinen Kontakt zu Nationalsozialisten gehabt. Als Freund des Generals von Schleicher, mit dem er Putschpläne gehegt hatte betonte er Recht und Ordnung, und die braunen Horden stießen ihn wohl einfach ab. Zunächst rechnete Schmitt auch mit der Möglichkeit einer Abberufung Hitlers In der Zeit bis März war er dem neuen Regime gegenüber eher skeptisch eingestellt Nach eigenem Bekunden wandelte sich seine Auffassung erst mit dem Ermächtigungsgesetz vom 24. März 1933 in dem Hitler die Verfassung außer Kraft setzte und die vollständige Macht an sich riß. Eine Woche später bezeichnete Schmitt das Ermächtigungsgesetz als die neue vorläufige Verfassung des Deutschen Reiches. Der damit hinfällig gewordenen Weimarer Reichsver-fassung sollte nur noch subsidiäre Bedeutung zukommen Diese Machtergreifung setzte den Prozeß in die Tat um, vor der Schmitt noch ein Jahr zuvor gewarnt hatte, daß eine Partei auf legalem Weg die Macht erreichen und die Tür dazu hinter sich verschließen könnte

Mit dem „vorläufigen Gesetz zur Gleichschaltung der Länder mit dem Reich“ vom 31. März 1933 beseitigte Hitler die föderale Gliederung des Reichs. Vizekanzler Franz von Papen erhielt den Auftrag zur Erarbeitung der endgültigen gesetzlichen Ausgestaltung der Beziehungen zwischen dem Reich und seinen gleichgeschalteten Ländern. Noch am gleichen Tag forderte von Papen Schmitt telegraphisch auf, an diesem Gesetz mitzuwirken Ohne erkennbares inneres Ringen entschloß sich Schmitt zur Mitwirkung. Zu diesem Zeitpunkt war er also bereits zur Kollaboration bereit Schmitts Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit dem Regime ist unterschiedlich interpretiert worden Abwegig ist die These von der äußeren Bedrohung Schmitts, die ihn zur Mitarbeit zwang. Er war weder vorher als besonderer Feind der Nationalsozialisten hervorgetreten, noch könnte sonst erklärt werden, warum sich Schmitt ausgerechnet bis zur Spitze der juristischen Bewegung verarbeiten mußte. Ein gewisses intellektuelles Abenteurertum insbesondere bei der Mitarbeit am Reichsstatthaltergesetz kommt eher in Betracht.

So schwierig es im allgemeinen ist, die Ursachen für die nationalsozialistische Verstrickung festzustellen, so kann man bei Schmitt jedoch die Gründe weitgehend klären, wenn man sein früheres Schrifttum berücksichtigt Die Kontinuität im Schaffen Schmitts wird in den letzten Jahren häufiger betont. Bereits Karl Graf Ballestrem hat an Hand von Schmitts grundlegenden Schriften vor 1933 gezeigt, daß seine Mitwirkung am Dritten Reich nur konsequent war

Schmitts früh bekundete Faszination für die katholische Kirche galt nicht dem Glauben, sondern der durch ihn gebildeten politischen Macht. Die Kirche sei aufgrund ihrer unendlichen Vieldeutigkeit in der Lage, Menschen unterschiedlicher Überzeugungen im Glauben an Christus zu vereinen Dadurch erhalte sie die Kraft, sogar die gesamte menschliche Gesellschaft zu repräsentieren. Darin, genauer in der verabsolutierenden Wirkung des religiösen Bereiches, nicht in ihrem Staatsgebiet oder ihrer wirtschaftlichen Potenz, liege die politische Macht der Kirche begründet Nach diesem Vorbild schuf sich Schmitt sein Staatsbild.

Dieses wandte sich gegen Liberalismus, Parlamentarismus und Demokratie, da eine solche Gesellschaft nur diskutieren und zu keinem Entschluß kommen könne und letztlich im Bürgerkrieg ende. Nach seiner Auffassung war nur der durch vollständige politische, wirtschaftliche wie kulturelle Homogenität gestärkte Staat in der Lage, Ordnung sowie inneren und äußeren Frieden zu gewährleisten und die Verfolgung konkreter Werte durchzusetzen. Dies ermögliche erst „ethische“ Politik und erhebe damit jeden Einzelnen innerhalb dieser politischen Einheit des Volkes in einen höheren Zustand. Grundlegend ist dabei die Vorstellung eines Vorrangs theologisch motivierter Ziele, denen die Politik zu dienen hat und die das Individuum nur im Gehorsam des Glaubens annehmen kann Die politische Homogenität in allen Bereichen gab dem Volk nur noch das Recht der Akklamation und der Staatsspitze die Macht, alle Entscheidungen ohne jede formale Anbin-düng, normativ „aus dem Nichts geboren“ zu treffen. Immer wieder, bis zu seinem noch vor der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler geschriebenen Artikel „Die Weiterentwicklung des totalen Staates in Deutschland“ in dem er den Begriff des „totalen Staates“ prägte, hat Schmitt diese vollständige Einheit des Volkes gefordert.

Aber wie sollte ein Staat eine solche starke, Ordnung gewährende Macht erhalten, ohne als Tyrann empfunden zu werden und sich so Gegner zu schaffen? Seine Kraft sollte durch kollektive Vorstellungen, sogenannte „Mythen“ entstehen, die auf das Unbewußte des Menschen wirken und so wirkungsmächtig in der Lage sind, die Bevölkerung zu vereinheitlichen. Sie traten an die Stelle der Religionen und schufen das im Staatsglauben geeinte und beherrschbare Volk. Das Bild dieses autoritär geführten, mittels Mythen in das Unbewußte eingreifenden Staates hatte Schmitt spätestens mit seinem erstmals 1927 veröffentlichten „Begriff des Politischen“ entwickelt Die zunehmenden politischen Unruhen der folgenden Jahre schienen seine demokratiekritischen Annahmen zu bestätigen. Insoweit er die Weimarer Reichsverfassung zu verteidigen suchte, betonte er gerade die autoritären und plebiszitären Elemente, um so die Ordnung zu wahren Nicht als gewissenloser Opportunist, sondern aus voller Überzeugung konnte er sich Hitlers Regime anschließen und für dieses System werben, nachdem Hitler die längst von Schmitt geforderte charismatische Führerdiktatur Wirklichkeit hatte werden lassen. Darüber hinaus konnte er hoffen, durch seine Sachkenntnis das eigentliche Problem dieses neuen Staates zu lösen, nämlich die Verbindung der beiden essentiell notwendigen, aber sich widersprechenden Elemente Charisma und Ordnung herzustellen.

Das Charisma war die Grundlage der Macht des Führers; nur der Glaube an ihn begründete seine besondere Stellung, die ihn über das Recht setzte. Gleichzeitig waren Recht und Ordnung zur Verwaltung des Staates notwendig, wie gerade Schmitt immer wieder betont hatte. Wie war aber die Freiheit des Führers vom Recht mit der Wahrung des Rechts in Einklang zu bringen? Eine Beschränkung des Charismas würde dieses zerstören, da es keinen halben Glauben geben kann. Aber was blieb vom Recht und von der Ordnung übrig, wenn beides den Staat unter der Leitung des Führers nicht mehr band? Schmitt entschied sich zur Mitarbeit nicht als durch Mythen Verführter sondern aus seiner vollen, für ihn wissenschaftlich hergeleiteten Überzeugung von der Notwendigkeit von Mythen. Damit wollte er an der Verwirklichung seiner Vision des Nationalsozialismus arbeiten eine ähnliche Intention bekundeten viele seiner Kollegen. Viel zu unbekannt ist heute noch die allgemeine geistige Aufbruchsstimmung dieser Zeit, die viele Intellektuelle erfaßte. Sie meinten, ungeahnte Möglichkeiten neu zu erkennen und selbst verwirklichen zu können

2. Die Kölner Zeit

Bereits am 11. November 1932 hatte Schmitt einen Ruf auf einen staatsrechtlichen Lehrstuhl der Universität Köln angenommen; zum Sommersemester 1933 wechselte er an den Rhein. Dort war er zu diesem Zeitpunkt bereits als ein Mann des neuen Regimes bekannt In seiner Antrittsrede forderte er mit Hinweis auf die mythischen Kräfte die Ersetzung des Begriffs „Staat“ durch „Reich“ und schuf damit einen wesentlichen Ansatzpunkt zur Ersetzung der alten „Staatslehre“ mit den Elementen der neuen Weltanschauung In der Affäre um die Absetzung und Beurlaubung seines weltberühmten jüdischen Kollegen Hans Kelsen zeigte sich alsbald auch seine antisemitische Einstellung. Auch insoweit war er offensichtlich bereit, das Regime zu unterstützen. Als einziges Fakultätsmitglied weigerte er sich, eine gegen die Absetzung gerichtete Eingabe der Fakultät zu unterstüt-zen 31. Dieser Antisemitismus war nicht aufgesetzt, entsprechende Äußerungen Schmitts finden sich auch im privaten Rahmen

Die Mitarbeit eines ebenso klugen wie rührigen Mannes kam dem jungen Regime, das noch um die Demonstration seiner Legalität besorgt war, äußerst recht. Der „Reichsrechtsführer“ Hans Frank sowie Göring erkannten die Bedeutung dieses Gewinns und förderten Schmitt. Durch die Vermittlung von Schmitts Freund Johannes Popitz, der 1933 unter Göring preußischer Finanzminister geworden war, wurde Schmitt am 11. Juli 1933 zum Preußischen Staatsrat ernannt. In dieser Funktion nahm Schmitt noch an der Entstehung der neuen Gemeindeordnung teil

Dazu mehrten sich weitere Funktionen. Er wurde Mitglied der Hochschulkommission des Stellvertreters des Führers, welche für Berufungsfragen zuständig war. Im November 1933 ernannte Hans Frank ihn zum Leiter der Fachgruppe Hochschullehrer im NS-Rechtswahrerbund, genauer zum „Reichsgruppenwalter der Reichsgruppe Hochschullehrer im BNSDJ In dieser Funktion übertrug ihm Frank ab 1. Januar 1934 die Herausgabe der Deutschen Juristen-Zeitung Frank machte ihn ebenso zu einem Mitglied der Akademie für deutsches Recht und sogar zum Vorsitzenden des Ausschusses für Staats-und Verwaltungsrecht 1935 und 1936 war er zudem Leiter des wissenschaftlichen Amtes des NS-Juristenbundes. Dadurch erlangte er insgesamt eine außergewöhnliche publizistische und personalpolitische Macht, die er auch ausgenutzt hat. Sein wachsender Einfluß wird auch in den Rufen der Universitäten Leipzig, Heidelberg, München und Berlin deutlich, die noch im Jahr 1933 an ihn ergingen. Bereits im September nahm Schmitt den Ruf auf einen neu geschaffenen Lehrstuhl der Berliner Kaiser-Wilhelm-Universität an. Damit entschloß sich Schmitt zu einer Rückkehr in das Zentrum der Politik.

3. Berlin bis 1936

Bis 1936 hat Schmitt mehr als 40 Aufsätze in Fachzeitschriften und Zeitungen sowie zwei Broschüren verfaßt. In ihnen dokumentiert sich Schmitts publizistische Unterstützung des neuen Regimes Dabei handelt es sich zum einen um erstaunlich schnell erschienene juristische Stellungnahmen zum Tagesgeschehen, zum anderen um Forderungen zur Erneuerung der gesamten Rechtswissenschaft. Vordringlich mußte die herausgehobene Stellung des Führers juristisch beschrieben werden, dies hat Schmitt mit anderen maßgeblich geleistet Der Vorrang des Führers sei so wesentlich, daß der Staat nur noch ein „Organ des Führers der Bewegung“ sei Das Führertum beruhe auf der Artgleichheit von Führer und Gefolgschaft und dem dadurch ermöglichten gegenseitigen Kontakt, es werde durch das Vertrauen der Gefolgschaft zum Führer gekennzeichnet. Die Übereinstimmung der Willen von Führer und Geführten verhindere, daß aus der Führung Tyrannei werde. Die Artgleichheit erhob er dabei zum Grundbegriff des nationalsozialistischen Rechts Zu überlegen ist, ob Schmitt nicht gerade mit der Ungeklärtheit und Widersprüchlichkeit des Begriffs der Artgleichheit bewußt den nationalsozialistischen Mythos der rassischen Homogenität pflegen wollte Nachdem Schmitt den Rang des Charismas etabliert hatte, mußte der verbleibende Rest an gesetzmäßiger Ordnung, an festen juristischen Strukturen untersucht werden. Was blieb vom Rechtsstaat noch übrig? Dessen aus dem 19. Jahrhundert stammenden Begriff, der die Bindung der Exekutive an das Gesetz bezeichnete, konnte man nach Schmitt nicht mehr auf das Dritte Reich anwenden. Vielmehr gelte es, für den konkreten Fall den „deutschen Rechtsstaat Adolf Hitlers“ vom Nationalsozialismus her zu bestimmen Man könne nicht erwarten, daß der neue Staat sich den Berechnungen und Erwartungen seiner Gegner unterwerfen werde Das Dritte Reich sei aber schon deswegen ein Rechtsstaat, da es in ihm streng und unverbrüchlich nach Recht und Ordnung zugehe Als Beispiel des nationalsozialistischen Rechtsstaats nannte er den von ihm neu gebildeten Satz „nullum crimen sine poena“. Danach sollte dieser Satz „kein Verbrechen ohne Strafe“ den alten Satz „nullum crimen, nulla poena sine lege“, also „kein Verbrechen, keine Strafe ohne Gesetz“ ablösen Damit wurde jede Tat nach Belieben des obersten Gerichtsherrn strafbar. Da der Begriff des Rechtsstaats für Schmitt auf dem Unterschied zwischen Staat und Gesellschaft beruhte, sollte er nach seiner Auffassung künftig überflüssig werden und entfallen, wenn durch die Dominanz der Weltanschauung Staat und Gesellschaft im Dritten Reich eins geworden seien

Der Vorrang des Führerwillens vor der gesetzten Rechtsordnung verlangte, daß die traditionellen juristischen Konzepte für ihn durchlässig gestaltet wurden. Daher propagierte Schmitt eine grundlegende Erneuerung der juristischen Begriffe, Methoden, Auslegungsregeln, der Rechtsquellenlehre, des Amtsverständnisses aller „Rechtswahrer“ bis hin zu einem neuen Staatsverständnis. Die Begriffe waren gleichzuschalten und damit neu zu definieren Dies kann am Beispiel des „Gesetzes“ verdeutlicht werden: „Gesetz ist für uns nicht mehr eine abstrakte, auf einen vergangenen Willen bezogene Norm; Gesetz ist Plan und Wille des Führers.“

Gesetz war damit keine feste Regel mehr, welche für Schmitt als in der Vergangenheit konzipiert notwendig immer zu spät zur Lösung aktueller Probleme kam, sondern der momentane Führer-wille. Alte Gesetzestexte waren nur noch insoweit „Gesetz“, wie sie mit dem momentanen Führerwillen übereinstimmten. Dabei handelt es sich um eine vollständige Perversion des klassischen Gesetzesbegriffes. Was sollte aber mit den alten Gesetzestexten geschehen? Zur Verwaltung blieben sie unerläßlich. Hierfür entwickelte Schmitt eine neue Rechtsquellen-sowie Interpretationslehre. Das „gesamte heutige deutsche Recht“ müsse „ausschließlich und allein vom Geist des Nationalsozialismus beherrscht sein. Das ist das erste Auslegungsprinzip . .. Jede Auslegung muß eine Auslegung im nationalsozialistischen Sinne sein.“

Oberste Rechtsquelle für den Rechtsanwender wurde damit die nationalsozialistische Weltanschauung, also das Parteiprogramm der NSDAP Auf diese Weise sollte der neue Geist in die alten Gesetze aufgenommen werden, so daß es keinen Unterschied mehr machen sollte, ob etwas nach den alten Gesetzen zulässig war (de lege lata) oder an sich neue Gesetze erfordere (de lege ferenda). Denn nunmehr sollte kein noch so eindeutiger Wortlaut der bestehenden Gesetze dem nationalsozialistisch gewollten Rechtsziel im Wege stehen könnerf Dies galt nicht nur für Generalklauseln und unbestimmte Rechtsbegriffe, in die am einfachsten die neue Weltanschauung hineininterpretiert werden konnte sondern für alle Normen. Letztlich galt es auch, die „Trennung von Gesetzgebung und Regierung ... grundsätzlich zu überwinden“ Legislative und Exekutive konnten nur noch in der Übereinstimmung mit dem Führerwillen ihre Legitimität finden. Für die Rechts-praxis entwickelte Schmitt praktische Faustformeln, die dieses Auslegungsergebnis sicherstellen sollten Diese Auflösung der bisherigen Ordnung reichte Schmitt noch nicht aus. Mit dem „Konkreten Ordnungsdenken“ propagierte er eine Form rechtswissenschaftlicher Betrachtung, die das Recht nach den in der Gesellschaft praktizierten Institutionen konstruieren will. Sie sichert der tatsächlichen Ordnung den Vorrang vor dem Gesetz Übrig blieb das Problem, die Richter trotz der richterlichen Unabhängigkeit auf die neue Handhabung der Gesetze zu verpflichten. In Anlehnung an Hans Frank betonte Schmitt, daß der Richter nicht nur Diener des Rechts, sondern auch Diener des Staates sei „Der deutsche Rechtswahrer ist heute der Mitarbeiter des Führers.“ Mit diesen Ideen schuf Schmitt das Instrumentarium, das den Führerwillen flexibel als Recht bezeichnen und in die Tat umsetzen konnte. Es kann kein Zweifel daran bestehen, daß diese Deutungsmuster dazu beigetragen haben, den Juristen den Weg zur Umsetzung der Diktatur im Alltag zu zeigen.

4. „Der Führer schützt das Recht“

Schmitt beschränkte sich nicht nur auf wissenschaftliche Ausarbeitungen. Durch seine Beiträge half Schmitt auch, das Zeitgeschehen im nationalsozialistischen Sinne zu deuten und zu überhöhen Von besonderer Bedeutung ist Schmitts Artikel „Der Führer schützt das Recht“, der seine Reaktion auf die Ermordung verschiedener Regimegegner anläßlich des von Hitler unterstellten Röhmputsches darstellt Der Aufsatz wird als Schlüsselwerk Höhepunkt im Kampf gegen den Rechtsstaat und als so bekannt bezeichnet, daß es keinen mehr aufregen könne Während man lange Zeit darin eine Rechtfertigung von Hitlers Morden sah, mehren sich in den letzten Jahren die Stimmen, die diesen Aufsatz verteidigen oder ihn sogar als einen Akt des Widerstandes bewerten. Es handelt sich mithin um ein Beispiel für die behauptete Mehrdeutigkeit des Autors Es wird sich allerdings zeigen, daß sich auch dieser Artikel fast nahtlos in Schmitts übriges Schaffen einfügen läßt.

Schmitt erinnerte zunächst an die Aufstände der Matrosen 1917 und spielte damit auf die Dolchstoßlegende an, wenn er meinte, daß die Nation noch 1934 darunter leiden würde, daß eine „durch die Denkweise des liberalen Rechtsstaats gelähmte Zivilbürokratie“ damals nicht den Mut gefunden habe, die Meuterer und Staatsfeinde nach verdientem Recht zu behandeln Hitler habe aus dieser Geschichte gelernt und mache nun Ernst mit der Schaffung eines neuen Staates, der sich gegen seine Feinde wehren könne. Nun hatte Hitler die Planung eines SA-Putsches behauptet und damit seine Taten gerechtfertigt. Schmitt nahm entsprechend einen Reichsnotstand an Auffällig ist aber, wie Schmitt mit keinem Wort die vorgefallenen Straftaten erwähnte und das darin liegende Rechtfertigungspotential nicht ausnutzte. Es liegt nahe, daß Schmitt als ehemaliger Vertrauter von Schleichers und anderer Ermordeter wohl wissen mußte, daß nicht, wie von Hitler behauptet, eine geschlossene Gruppe von Hochverrätern liquidiert, sondern eine willkürliche Auswahl aus verschiedenen Kreisen vorgenommen worden war Nicht aber ein bloßer konkreter Notfall rechtfertigte nach Schmitt die Aktionen, welche nur notgedrungen von der Staatsspitze durchgeführt wurden. Schmitts Begründung ging noch weiter: „Der Führer schützt das Recht vor dem schlimmsten Mißbrauch, wenn er im Augenblick der Gefahr kraft seines Führertums als oberster Gerichtsherr unmittelbar Recht schafft.“

Schmitt sah Hitler in der Rolle des obersten Richters, dessen Vollstreckung gleichzeitig das ohne jedes Verfahren ergangene Urteil, nämlich den Schuldspruch mit Anordnung der Kapitalstrafe, enthalte. Diese Aktion schuf demnach insofern Recht, als sie gleichzeitig Verfahren, Verurteilung und Vollstreckung ersetzte. Angesichts der supremen Stellung des Führers ist es wenig überraschend, daß er auch judikative Gewalt ausüben konnte Jeden Juristen mußte jedoch erstaunen, daß dies auch ohne jede Form möglich war und noch als Recht bezeichnet wurde. Wozu diente noch das gesetzte Recht, wenn sich der Staat nicht daran hielt? Auch wenn man dem charismatischen Führerwillen Vorrang einräumen wollte, so schien hier jede Ordnung verletzt. Um dies zu rechtfertigen, erweiterte Schmitt das Notstandsargument. Jedes Gesetz und jedes Urteil sei nur insoweit Recht, als es das Lebensrecht des Volkes sichere. Genau daraus speisten sich aber die Vollstreckungen Hitlers: „Das Richtertum des Führers entspringt derselben Rechtsquelle, der alles Recht jedes Volkes entspringt. In der höchsten Not bewährt sich das höchste Recht und erscheint der höchste Grad richterlich rächender Verwirklichung dieses Rechts.“

Die Not gebot also die Tat, ihre Ausführung bewies nur wieder den wahren Führer, der dem Übel zu wehren wußte. Aber wer entschied über Not und Notwendigkeit? Es ergibt sich fast von selbst, daß dies allein dem Führer zustehen konnte: „Inhalt und Umfang seines Vorgehens bestimmt der Führer selbst.“ Handlung und Zeitpunkt dessen, was notwendig war, hatte der Führer allein zu bestimmen. Was er tat, war notwendig. Dieser logische Zirkel -tatsächlich ein Circulus vitiosus -wirkte freilich auch dann, wenn keine objektive oder subjektive Notsituation vorlag. Das Vorgehen Hitlers wurde damit nicht nur auf Situationen besonderer Not begrenzt gerade in dem Definitionsrecht für den Ausnahmezustand lag nach Schmitts Verständnis die Souveränität begründet Dies war konsequent, damit der Führerwille nicht selbst zu einem, für den Verbrecher im voraus zu berechnenden, Teil des „positiven Zwangsnormengeflechts“ werden, sich damit nicht mehr vom Lebensrecht des Volkes speisen und seine Rechtsqualität verlieren würde. Auch handelt es sich wieder um eine Folge Schmitts dezisionistischen Denkens, wonach die Dezision „normativ aus dem Nichts geboren“ sei

Das „Gesetz über Maßnahmen der Staatsnotwehr“ vom 3. Juli 1934 hatte die im Zusammenhang mit dem behaupteten Hoch-und Landesverrat stehenden und zwischen dem 30. Juni und 2. Juli 1934 erfolgten Morde für Rechtens erklärt Dies gab Schmitt Gelegenheit, die Verwerflichkeit der dadurch nicht gedeckten Morde zu betonen Göring und Reichsjustizminister Gürtner hatten sogar eine besonders strenge Strafverfolgung dieser ungedeckten Morde angeordnet. Insoweit stimmt Schmitts Hinweis nur mit der offiziellen Sprachregelung überein. Schmitts Forderung konnte dem Regime auch deswegen nicht gefährlich werden, da, wie Schmitt ausführte, Hitler selbst den Zusammenhang zu seinen Absichten ohne jede Kontrollmöglichkeit definieren konnte. Lag darin nun ein hilfloser Appell an den Führer, die angeblich aus Schmitts Sicht ungerechten Morde zu ahnden

Hier gilt es, den zeitgeschichtlichen Kontext zu beachten. Die Aktion hatte weite Teile der Bevölkerung erschüttert, v. a. in ihrem Glauben an die Wahrung von Recht und Ordnung durch den Staat Nur die im Gesetz genannte Frist milderte den verheerenden Eindruck, indem sie die Aktion zu einer auf drei Tage befristeten Ausnahme reduzierte. Dies war auch der Grund gewesen, weshalb Gürtner zum Erlaß dieses Gesetzes gedrängt hatte. Im Sinne seiner Funktionsfähigkeit mußte das Dritte Reich bestrebt sein, seine ordnungsstaatliche Seite zu wahren Die Betonung des Unrechts durch Schmitt förderte die Wiederherstellung der Balance zwischen charismatischer Willkür und Ordnungsstaat. Indem Schmitt auch Unrecht innerhalb der Frist zuließ, kam er denjenigen entgegen, die konkrete Einzelfälle als Unrecht empfanden. Gleichzeitig verwies er sie auf die Entscheidungsgewalt Hitlers über Recht und Unrecht. Wenn er damit hier den Führer zur Bestrafung des Unrechts aufrief, so war es der Führer, dessen Freiheit von formalen Bindungen als oberster Gerichtsherr Schmitt eben bestätigt hatte. Welche Morde nun als nicht mehr gedeckt zu betrachten waren, konnte selbst die Staatsspitze kaum ermitteln. Nur ganz ausnahmsweise wurden solche Taten bestraft, wenn dies aus den genannten propagandistischen Gründen für notwendig gehalten wurde

Zu Schmitts Verteidigung wurde eingewandt, daß Schmitt aufgrund seiner Position als führender Jurist zu solch einem Artikel verpflichtet gewesen sei Hier führt ein Blick auf die dem Aufsatz zugrundeliegenden Kontroversen weiter. Die Lehre von Hitler als oberstem Richter, die Schmitt vertrat, war keineswegs die offizielle Version. Sie wurde insbesondere vom Reichsjustizminister Gürtner bekämpft; in seinem Ministerium vertrat nur noch Roland Freisler diese Auffassung. Gürtner konnte sich durchsetzen: Das „Gesetz über die Maßnahmen der Staatsnotwehr“ nahm schon in seinem Titel Bezug auf die außergewöhnliche Situation als Rechtfertigung der Aktionen. Durch die zeitliche Begrenzung wurde gleichzeitig deutlich gemacht, daß es sich um eine Ausnahme handelte und keineswegs ein neues ständiges Mittel der Justiz eingeführt werden sollte. Gürtner konnte sich bis zu seinem Tod in diesem Punkt behaupten; erst im Krieg setzte sich die Auffassung vom Führer als obersten Richter durch

Nachhaltig wandte sich Schmitt gegen diese Auffassung Gürtners Da sich Hitler in dem Gesetz auch als oberster Gerichtsherr bezeichnet hatte, wies er darauf hin, daß eine solche Äußerung mit „dieser Art von Jurisprudenz“, die nur im äußersten Notfall apokryphe Notausgänge zugestehe, nicht in Einklang bringen ließe Schmitt entpuppt sich hier weniger als linientreu sondern eher als Scharfmacher, der die offiziellen juristischen Positionen noch zu überbieten suchte. Weder zum Artikel selbst noch zu dessen maßlosem Inhalt ist Schmitt verpflichtet gewesen. Vielmehr war Schmitt so stolz auf diesen Aufsatz, daß er ihn noch im Schlußwort des Herausgebers der „Deutschen Juristen-Zeitung“ als besondere Leistung dieser Zeitschrift erwähnte welcher weithin gewirkt habe. Offensichtlich kam es ihm auch darauf an.

Ausgehend von einem 1986 gehaltenen Referat hat Schmitts Nachlaßverwalter Joseph H. Kaiser eine weitere Kontroverse um die Deutung dieses Aufsatzes entfacht. Er sieht ihn nur als reflexartige Reaktion auf eine dem Autor drohende Gefahr. Peter Römer hat dagegen zu Recht eingewandt, daß in dieser Zeit keine Schmitt persönlich drohende Gefahr bekannt ist Auch als er über zwei Jahre später in die Schußlinie der SS geriet, führte dies in keinem Moment zu einer Leib und Leben bedrohenden Gefahr. Den im Präsens Indikativ gehaltenen Titel des Aufsatzes deutete Kaiser weiter nicht als Feststellung, sondern als besonders strengen Imperativ, was nach der deutschen Grammatik möglich ist. Dementsprechend stellt die Betonung des Lebensrechts des Volkes als Rechtsquelle eine Mahnung dar, mit der Schmitt Hitler die notwendige Wahrung von Recht und Ordnung vorgehalten habe Ähnlich steht für Maschke im Zentrum des Artikels „eindeutig der Appell an Hitler, jetzt Träger und Beschützer des Rechts zu sein und die erreichte politische Einheit im Inneren zu sichern“. Wahrscheinlich habe Schmitt aber nur seine Ansicht dokumentieren wollen und sei, wie üblich, nicht verstanden worden. Dies deshalb nicht, so weiter Maschke, weil man nirgendwo begriff, daß die Niederschlagung der SA immerhin noch eine Chance zum -politisch homogenen -Staate war. Wer den Artikel Schmitts mißbilligte, billigte, ja wünschte einen Bürgerkrieg in Deutschland, dessen Sieger die demokratischen Kräfte gar nicht sein konnten

Eine solche Deutung überschätzt aber nicht nur die Lesefähigkeit von Schmitts Zeitgenossen und der Nachgeborenen, die ein Autor wohl einplant Sie ist auch, wie dargestellt, völlig anachronistisch, indem es die eigentliche Intention Schmitts verkennt, dem es auch um die Bekämpfung der gemäßigteren Position Gürtners und seines Ministeriums ging. Schließlich werden Satzfetzen isoliert, um den Zusammenhang des Textes vergessen zu machen. Hier werden die Grenzen der möglichen Interpretation des Textes überschritten, und es entsteht unwillkürlich der Verdacht einer vorsätzlichen Geschichtsfälschung.

Maschkes Hinweis auf die Bürgerkriegsgefahr, die Schmitt immer besonders betont hat, gibt jedoch zu denken. Dabei ist insbesondere Schmitts politisches Denken zu berücksichtigen, das möglicherweise diesen Artikel weniger unverständlich erscheinen läßt. Aus jeder Opposition konnte sich nach Schmitts Auffassung ein zum Bürgerkrieg führender Gegensatz entwickeln, wenn der Staat nicht einschritt und seine politische Homogenität sicherstellte. Damit diente er nur der Verwirklichung einer ethischen Politik und war insoweit dazu verpflichtet Die Bedeutung der politischen Homogenität war daher für Schmitt dermaßen groß, daß nicht ausgeschlossen werden kann, daß sie auch seiner Auffassung nach durch politische

Morde hergestellt werden durfte. Der Vergleich mit Schmitts politischer Theorie spricht nicht dafür, daß Schmitt die Rächung von Unrecht einforderte. Das Gegenteil erscheint möglich, daß Schmitt die Ausübung der höchsten Staatsgewalt bis hin zu politischen Morden an politischen Feinden auch praktisch billigte.

In diesem Artikel beschrieb Schmitt exemplarisch die Reichweite der charismatischen Führergewalt im Bereich der Jurisdiktion und leistete wieder eine Definition des Führerstaates. Dies erklärt, warum Schmitt auch später immer wieder dem Neuabdruck dieses Artikels zustimmte An den Interpretationen dieses berüchtigten Artikels „Der Führer schützt das Recht“ läßt sich also auch demonstrieren, daß die berühmte Mehrdeutigkeit oft nur ein Ergebnis gezielter Fehlinformationen des Meisters und von Fehldeutungen seiner Jünger ist.

5. Strafrecht

Schmitt beschäftigte sich aber nicht nur mit dem Staatsrecht. In der Kritik eines Neuentwurfs des Strafverfahrensrechts bemängelte er 1936 die mangelnde Umsetzung des Führerprinzips im Strafverfahren, womit er eine stärkere Stellung des Vorsitzenden Richters meinte. Auch wollte er die Anrufung der politischen Führung bei öffentlichen Rechtsverletzungen zulassen Der Schmitt mißgünstig beobachtende Sicherheitsdienst (SD) wertete dies als Versuch Schmitts, sich wieder einmal als Vorkämpfer des neuen Rechts zu profilieren Aber auch dem SD entging die Stringenz, mit der Schmitt weiter arbeitete. 1936 war das NS-Staatsrecht weitgehend ausgebildet und ausdiskutiert. Nun galt es, auf anderen Gebieten die neuen Ideen umzusetzen, und Schmitt beschäftigte sich mit dem Strafverfahren als einer den Begriff des Rechtsstaats konkretisierenden Rechtsmaterie und weiteren Rechtsmaterien 6. Der Kongreß zum Einfluß jüdischen Rechtsdenkens und Schmitts „Sturz“

Die Blutschutzgesetze, d. h. die antisemitische Gesetzgebung, hatte Schmitt in einer Steigerung seines auch sonst geäußerten Antisemitismus als die „Verfassung der Freiheit“ für das deutsche Volk bezeichnet Aufgrund seiner Initiative und Organisation fand dann am 3. und 4. Oktober 1936 in München ein Kongreß zum Einfluß des jüdischen Rechtsdenkens auf das deutsche Recht statt Das Motto dieses Zusammentreffens verkündete Hans Frank: „Möge diese Tagung das völlige Ende des Judentums in der deutschen Rechtswissenschaft ... bedeuten.“ Carl Schmitt hielt die Eröffnungs-und die Schlußansprache Letztere wurde als eine der traurigsten Verwirrungen des deutschen Geistes bezeichnet In der Tat sind seine Ausfälle gegen die jüdischen Autoren an Gehässigkeit kaum zu überbieten, wenn er sie als „Parasiten des deutschen Rechtsdenkens“ bezeichnete deren „Meinungen in ihrem gedanklichen Inhalt grundsätzlich nicht mit Meinungen deutscher oder sonstiger nichtjüdischer Autoren auf eine Ebene gestellt werden“ könnten Ferner formulierte er die Forderungen, 1. die juristischen Autoren jüdischer Abstammung in einem Katalog zu erfassen, 2. die Bibliotheken und die neuen Schriften von solchen Autoren zu säubern, 3. die notwendigen Zitierungen nur mit Kenntlichmachung der Abstammung des Autors vorzunehmen und 4. in Dissertationen die schädigenden Einflüsse des Judentums untersuchen zu lassen

Schließlich zitierte er Hitler: „, Indem ich mich des Juden erwehre 4 sagt unser Führer Adolf Hitler, , kämpfe ich für das Werk des Herrn 4 “ Zum Abschluß der Tagung gelobten die Teilnehmer in einem Telegramm an Frank, „unter der Leitung ihres verehrten Reichsgruppenleiters, Staatsrat Prof. Dr. Carl Schmitt“ sich für die Verwirklichung seiner Forderungen einzusetzen Auch hier blieb die Theorie nicht ohne Konsequenzen; jene Vorschläge wurden bald in die Tat umgesetzt Über die Motive dieses antisemitischen Wütens wird gerätselt. Es ist falsch, darin nur einen „lipservice“ zu sehen denn, wie gezeigt, war Schmitt über das Dritte Reich hinaus antisemitisch geprägt. Aufgrund seiner besonderen Gehässigkeit ist dieses Dokument jedoch isoliert von Schmitts übrigem Schaffen Insoweit ist es nicht abwegig, hierin einen Versuch der Abwendung drohender Gefahren für seine Person zu sehen. Schon seit längerem häuften sich die Anzeichen einer allgemeinen Ablehnung Schmitts. Aus den Kreisen seiner eifersüchtigen Kollegen mehrten sich Stimmen, die auf Schmitts Bindung zum politischen Katholizismus und seinen früheren Umgang mit Juden hinwiesen, die seine späte Konversion zum Nationalsozialismus unglaubwürdig erscheinen ließen Schon 1934 hatte die Hochschulkommission der NSDAP Vorbehalte gegen Schmidt angemeldet, und seit Sommer 1936 wurde Schmitt vom SD auf Initiative von Höhn überwacht Auch das Amt Rosenberg sammelte Material gegen Schmitt. Die SS warnte Frank davor, Schmitt mit irgendeiner neuen Aufgabe zu betrauen Hintergrund dafür könnte sein, daß man mit einer Ernennung Franks zum neuen Reichsjustizminister rechnete und Schmitt sich Chancen ausrechnete, unter Frank Staatssekretär zu werden" Insgesamt hatte ihm sein Erfolg viele Neider gebracht, insbesondere im Kreis der altgedienten Aktivisten des Nationalsozialismus, die sich um den Preis ihrer Mühen geprellt sahen.

Zwar ist fraglich, inwieweit er die wachsende Gefahr wahrnehmen konnte. Immerhin mußten ihm aber die öffentlichen Vorwürfe Koellreuthers und die Verwahrung Hohns, als Schüler von Schmitt zu gelten zu denken geben. Es ist daher durchaus möglich, daß die Forcierung seines Antisemitismus eine Abwehrstrategie gegen bevorstehende Angriffe darstellte Auch die Anbiederung an den besonders brutal vorgehenden Judenhasser Julius Streicher, den Gauleiter von Mittelfranken, dessen Polemik Schmitt als großartig bezeichnete, könnte in diesem Zusammenhang stehen, da sich Streicher im Sommer 1936 bereits im Sinne Franks gegen Höhn eingesetzt hatte Diese Strategie, wenn es eine war, zahlte sich jedoch nicht aus. In mehreren, vor allem 1936 veröffentlichten Artikeln hatte der exilierte, jüdische Schüler Schmitts Waldemar Gurian Material zusammengetragen, das Schmitts frühere, wenig nationalsozialistische Verbindungen und Äußerungen dokumentierte Dies gab der SS genügend Belastungsmaterial für einen Angriff auf Schmitt. In zwei Artikeln im SS-Organ „Das Schwarze Korps“ vom 3. und 10. Dezember 1936 wurde das Material der nationalsozialistischen Öffentlichkeit dargeboten Während Göring noch Schmitt in Schutz nahm gab Frank sofort nach, da seine eigene Stellung zu schwach war, um sich der SS und Heydrich zu widersetzen. „Aus gesundheitlichen Gründen“ wurde Schmitt am 1. Januar 1937 in seiner Funktion als Reichsgruppenwart der Reichsgruppe Hochschullehrer im Nationalsozialistischen Rechtswahrerbund durch Paul Ritter-busch abgelöst Die Deutsche Juristen-Zeitung wurde zum Jahresende aufgelöst und mit der Zeitschrift der Akademie für Deutsches Recht zwangs-vereinigt. Erhalten blieb Schmitt die Mitgliedschaft in Franks Akademie für Deutsches Recht sowie in Görings preußischem Staatsrat. Beide Ämter waren aber nicht mit Einfluß verbunden, zumal der Staatsrat ohnehin seit 1936 nicht mehr zusammengerufen wurde Auch auf den Lehrstuhl mußte Schmitt nicht verzichten. Weder in der Lehre noch in den Publikationen wurde Schmitt mundtot gemacht. Auch nach 1936 hat er noch eine Fülle von Aufsätzen in Fachzeitschriften wie Zeitungen veröffentlicht. Die Folgen waren also auf den ersten Blick mäßig, allerdings persönliche Angriffe durch „Das Schwarze Korps“ keine Seltenheit Schmitt selbst jedoch hat in diesen Ereignissen einen großen Wendepunkt gesehen und die Forschung ist ihm, insoweit erstaunlich einmütig, darin gefolgt. Um die Bedeutung des „Sturzes“ zu ermessen, muß man sich die Stellung Schmitts bis Oktober 1936 vor Augen führen. Die mit der Fülle seiner Funktionen erreichte Position wird häufig als „Kronjurist des Dritten Reiches“ bezeichnet. War nun Schmitt in diesen Jahren dieser „Kronjurist“? Weder hatte Schmitt eine offizielle Position, die mit diesem Titel verbunden war, noch gab es irgendeine derartige Stellung im Dritten Reich. Der Begriff wurde durch den bereits erwähnten Waldemar Gurian erstmals in seinen Attacken auf Schmitt aus dem Exil geprägt. Es handelt sich also eher um einen polemischen Begriff. Das bedeutet, daß er nach seiner Zielrichtung zu interpretieren ist und etwa als Hinweis auf Schmitt als den für das System nach außen als maßgeblich auftretenden Juristen gedeutet werden muß.

Die Bezeichnung als „Kronjurist“ ist unabhängig davon, ob Schmitt als Nationalsozialist anzusehen ist. Die dargestellten inhaltlichen Positionen lassen jedenfalls weitgehende Übereinstimmungen mit dem Totalitarismus und der charismatischen Führerdiktatur deutlich werden Eine andere Frage ist, ob Schmitt tatsächlich je politische Macht besessen hat oder nur „Zuhälter der Gewalt“ (Christian Graf von Krockow) war. Die Häufung der oben aufgelisteten offiziellen Funktionen und der dargestellte publizistische Beitrag Schmitts zeigen aber deutlich, daß Schmitt in diesen Jahren wie wenige andere geholfen hat, die Diktatur auf dem juristischen Sektor zu etablieren. Hier hatte er durch die Kumulation der Aufgaben sicherlich auch eine gewisse Macht Das Dritte Reich als Führerdiktatur bedurfte aber zur Ausübung politischer Macht keiner Juristen und mußte feste Regeln als Hindernisse ablehnen. Eine Teilhabe Schmitts an der unmittelbaren politischen Macht in der Umgebung Hitlers oder seiner Schergen liegt nicht vor. Mit diesen Einschränkungen kann Schmitt durchaus als Kronjurist des Dritten Reiches angesehen werden Allerdings läßt sich diese Stellung nicht an einer seiner Funktionen festmachen, sondern nur an dem Gesamtzusammenhang, der Schmitt als den herausragendsten Vertreter der nationalsozialistischen Rechtslehre erscheinen läßt.

Nun ist es auch einfach, das Ausmaß seines „Sturzes“ zu ermessen. Nicht physische Gefahr, kein bürgerlicher Tod oder sonstige Mißachtung hatten ihn getroffen. Die öffentliche Diffamierung desavouierte Schmitt bereits ausreichend. Allein die Tatsache, daß er so angegriffen werden konnte, sowie der in diesem Zusammenhang stehende Verlust einiger Ämter zerstörten unwiederbringlich jeden Anschein seiner Kompetenz zur authentischen juristischen Interpretation des Nationalsozialismus. Es wurde deutlich, daß auch er sich vor den Schergen der SS in acht nehmen mußte und wie seine Kollegen einmal mehr, einmal weniger von oben favorisierte Privatmeinungen vertrat. Schmitt hatte den Nimbus der Unangreifbarkeit verloren, und es war auch künftig einfach, seine Schriften z. B. als „vatikanisch“ zu brandmarken. Hinzu kommt, daß Schmitt tatsächlich nach 1936 kaum noch Kontakt zu Göring und Frank hatte. Die Ereignisse Ende 1936 verdecken jedoch fast eher die eigentlichen Gründe jenes Vorgangs. Zu diesem Zeitpunkt war das Dritte Reich in allen Lebensbereichen und auch im Rechtsleben fest etabliert. Das System benötigte zu seiner Durchsetzung keine juristische Autorität mehr, die die Umsetzung der Weltanschauung in das Rechtsleben ermöglichte. Der „Mohr“ Schmitt hatte seine Schuldigkeit getan Viel eher war das Regime daran interessiert, keine unabhängigen und denkerisch eigenständigen Autoritäten neben der des Führers zu dulden. Gerade der durch Unsicherheit geförderte Wettbewerb um die Gunst der Partei auch unter den Intellektuellen gab dem System die gewünschte Unabhängigkeit und Macht, die nunmehr wichtiger war. Zudem entwickelte Schmitt das System einer Führerdiktatur, deren Grundlage, der charismatische Führerwille, sich jeder Systematisierung entzog

III. Im Schatten der Macht

1. Der Leviathan

Die Ansicht von Schmitts erstem Biographen, Joseph W. Bendersky, daß Schmitts antisemitische Ausfälle sein letzter Versuch waren, sich die Gunst der Partei zu verschaffen, wurde häufig akzeptiert. „To avoid further complications, he never again dealt with domestic or party politics, but turned his attention to the study of international relations, and soon passed into obscurity“ Schmitt hat dieser Auffassung Vorschub geleistet, indem er seine Werke bis 1936 als „einfach schauerlich“ bezeichnete, im übrigen aber danach dem „Teufel“ abgeschworen haben wollte Aber hatte er dem NS-Regime abgeschworen oder nur dem hetzerischen, propagandistischen Ton, mit dem er dem System gedient hatte?

Hervorgetreten ist Schmitt ab 1937 durch seine rechtsphilosophische Beschäftigung mit Hobbes (1588-1679). Dieser hatte zur Verhinderung der Bürgerkriege, die ihn selbst aus England vertrieben hatten, dem Souverän die unumschränkte kirchliche und weltliche Macht zugebilligt. Es wundert nicht, daß er insoweit Schmitts Zustimmung fand. Schmitt kritisierte jedoch die Nüchternheit, mit der Hobbes seinen Staatsaufbau nur nach dem Kriterium des allgemeinen Nutzens konstruiert habe. Insbesondere hatte Hobbes nicht vom Bürger verlangt, an den Souverän und seine Wundertätigkeit zu glauben; dieser hatte zwar auch die kirchliche Macht, religiöse Qualität maß ihm Hobbes jedoch nicht zu. Schmitt sah hierin wohl zu Recht den Bruch zwischen privatem und öffentlichem Bereich und den Ansatz einer Gedankenfreiheit Dieser Staat hatte seine Bürger nur aus rationalen Gründen in der Hand, kein Staatsglaube schmiedete das Volk zusammen. Der Staat Hobbes war damit also zur Totalität unfähig keine politische Theologie hob die Staatsgemeinschaft auf ein höheres ethisches Niveau.

Es wird deutlich, daß Schmitt weiterhin die vollständige ideologische Vereinheitlichung des Volkes predigte und kein Bruch mit seinen früheren Lehren zu erkennen ist. Aber welche Funktion sollte diesem Aufsatz dann zukommen? Trennte sich das Regime von seinem Juristen, blieb ein unabhängiger Denker zurück, der diese Abwendung auch als Unverständnis und letztlich als Geistlosigkeit der Führung verstehen mußte. Nicht auszuschließen ist daher eine verborgene Kritik am Regime, welches gemäß Schmitts Auffassung aufgrund der insuffizienten Staatsideen, d. h. aufgrund fehlender oder unzureichender Mythen, zum bloßen Mechanismus zu verkommen drohte Wo aber sollten passende Mythen herkommen, die den Glauben neu entfachen könnten?

2. Die Großraumtheorie

Nach 1936 wandte sich Schmitt stärker dem Völkerrecht zu. 1938 stellte er die rechtliche Struktur des Völkerbunds als einseitig auf anglo-amerikanische Interessen zugeschnitten dar; das Völkerrecht garantiere den Seemächten die weltumspannende Herrschaft, während es die Macht der Landmächte einseitig begrenze Wesentlich stärker verbreitet wurden aber seine Thesen, die er zuerst in einem Vortrag am 1. April 1939 vortrug Darin sah er eine neue Weltordnung herannahen, die er in einer geschickten Mischung von juristischen und historischen Argumenten als bereits fast eingetretene Realität darstellte. In dieser Ordnung würden wenige Reiche, also Imperien, die Welt möglichst nach Kontinenten getrennt unter sich aufteilen. Zu den Reichen würde nicht nur ihr eigentliches Staatsgebiet gehören, sondern auch die von ihnen „durch die Kraft ihrer Staatsidee“ dominierten Großraum-Staaten, in die keine andere Macht politisch, wirtschaftlich oder kulturell auf irgendeine Weise hineinwirken durfte Diesen abhängigen Staaten sollte nur noch eine eingeschränkte völkerrechtliche Rechtsfähigkeit zukommen, der Rest ihrer Staatlichkeit diente nur noch der Selbstverwaltung ähnlich den Zuständigkeiten der gleichgeschalteten deutschen Länder. Diese neue Weltordnung sah Schmitt begründet durch „die Tat des Führers“, die „dem Gedanken unseres Reiches politische Wirklichkeit, geschichtliche Wahrheit und eine große völkerrechtliche Zukunft gegeben“ habe Das bezog sich auf das Schutz-versprechen Hitlers für die deutschen Volksrechte in Osteuropa Nach der Zerschlagung der „RestTschechei“ und der Errichtung des Protektorats Böhmen und Mähren sowie im Vorfeld des Zweiten Weltkrieges bewies Schmitt erneut ein unglaubliches Gespür für neue politische Themen. Das nahm auch die SS wiederum mit Unmut wahr

Das Ausland sah hierin eine vorweggenommene theoretische Rechtfertigung der Eroberungspolitik ab September 1939 und ermittelte deswegen nach dem Krieg strafrechtlich gegen Schmitt. Dieser hat demgegenüber gerade in den Verhören mehrfach auf die eigenständige wissenschaftliche Natur seiner Lehre hingewiesen Auffällig ist jedoch die völlige Unbestimmtheit des Rests an Rechten, die kleineren Staaten (!) noch zustehen sollten, und die unbestimmte Gestaltung der Großräume, insbesondere der Frage, ob Italien einen eigenen europäischen Großraum errichten könnte. Hierin zeigt sich die große Flexibilität dieser Großraum-theorie, die offen für jede weitere expansionistische Politik war, was eher auf eine politische Funktion hinweist

Auch mit dieser Theorie erreichte Schmitt wieder eine Balance zwischen der Erhaltung einer rechtlichen Ordnung, die, wie er erkannte, für den totalen Machtvorrang des Dritten Reichs und zur Verwaltung des Riesenraumes notwendig sein würde Die Führerentscheidung nannte er nun “ um das fundamentale Positioniert-Werden des Volkes durch den Führer in räumlicher -man denke an die osteuropäischen Eroberungsfeldzüge -wie psychologischer Hinsicht anzudeuten. Wiederum versuchte er, durch seine Theorie und die von ihm geprägten Begriffe die Wahrnehmung der Wirklichkeit in seinem Sinne zu steuern.

Aber er ging noch einen Schritt weiter. Die Verwendung von besonders schlagkräftigen, aber eigentlich unbestimmt gelassenen Begriffen der Zeit wie „Reich“, „Großraum“, „Interventionsverbot“ für „raumfremde Mächte“ sollte Faszination ausstrahlen und die verschiedensten Vorstellungen über die Neuordnung assimilieren können. Damit schuf Schmitt einen politischen Mythos.

IV. Schluß

Bei der Würdigung Schmitts wird häufig darum gestritten, ob man in ihm einen klassischen Denker der Politik sehen muß. Nun ist der Status eines Klassikers kaum definiert und wirft eher die Frage auf, ob man Schmitt in die Reihe von Machiavelli, Bodin, Rousseau und Hobbes stellen kann, in der sich Schmitt gern selbst gesehen hat. Diesen Staatsphilosophen ist gemeinsam, daß sie aufgrund ihrer großen Bekanntheit heute bestimmte Modelle repräsentieren, ohne daß es aber darauf ankommt, wie der Betrachter selbst zu diesem Staatsverständnis steht. Insofern wird rein historisch geurteilt. Wie kein zweiter hat Carl Schmitt die rechtliche Umsetzung einer Führerherrschaft durchdacht, das notwendige Zusammenspiel der sich widersprechenden Konstruktionsprinzipien Charisma und Rechtsordnung erwogen und in zentralen Rechtsmaterien zu bestimmen gesucht. Neu ist sein Versuch, die unbewußte Seite der menschlichen Psyche für den Staat dienstbar zu machen. Schließlich hat er sich selbst an die Schaffung von Mythen gewagt, d. h. an solche Vorstellungen, die wie ein starker Glaube politische Einheit stiften sollten. Durch seine einprägsamen Formeln, die in verschiedene Beziehungen zum Rest seines (Euvres oder zu Zeitfragen gestellt werden können und konträr gedeutet worden sind, bildet Schmitts Werk eine Quelle der Inspiration für alle Partei-richtungen. Da es quer zur heutigen Staatsauffassung liegt, hält es viele beunruhigende Fragen bereit. Insofern, also als Denker der faschistischen Rechts-und Staatslehre, kann Schmitt als Klassiker bezeichnet werden.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Vorab hingewiesen sei auf die Monographie von Bernd Rüthers, Carl Schmitt im Dritten Reich, München 19892, sowie die Biographien von Joseph W. Bendersky, Carl Schmitt -Theorist for the Reich, Princeton 1983; Paul Noack, Carl Schmitt, Frankfurt a. M. 1992; die biographischen Ansätze von Piet Tommissen u. a., Bausteine zu einer wissenschaftlichen Biographie, in: Helmut Quaritsch (Hrsg.), Complexio Oppositorum. Über Carl Schmitt, Berlin 1988, S. 71100; sowie die Werksübersichten bei Hasso Hofmann, Legitimität gegen Legalität. Der Weg der politischen Philosophie Carl Schmitts, Berlin 19953; Reinhard Mehring, Carl Schmitt zur Einführung, Hamburg 1992. Die Literatur zu Carl Schmitt ist nur noch in Bibliographien zu erfassen, von denen P. Tommissen bereits vier vorgelegt hat.

  2. Vgl. Volker Neumann, Carl Schmitt -und kein Ende?, in: Neue Justiz, 49 (1995), S. 393-398. Er prognostiziert eine weitere Debatte über die Bewertung Schmitts im Nationalsozialismus in Hinblick darauf, ob man ihn im Staatsrecht rezipieren darf und inwieweit dies bereits geschehen ist.

  3. Zu betonen ist dabei, daß in vielen wichtigen Einzel-punkten immer noch keine ausreichende Klärung der Chronologie, der Motivation und der Zusammenhänge erreicht worden ist. Vgl. Piet Tommissen, Neue Bausteine zu einer wissenschaftlichen Biographie Carl Schmitts, Schmittiana V, Berlin 1996, S. 151-223. Im Detail scheinen viele Widersprüche in der Literatur auf.

  4. So bezeichnete Schmitt sich selbst, vgl. B. Rüthers (Anm. 1), S. 78. Im Juli 1932 hatte Schmitt noch vor der Wahl der NSDAP gewarnt, vgl. Günter Maschke, Zum „Leviathan“ von Carl Schmitt, in: Carl Schmitt, Der Leviathan in der Staatslehre des Thomas Hobbes, Stuttgart 19952, S. 183.

  5. Vgl. Ernst Rudolf Huber, Carl Schmitt in der Reichskrise der Weimarer Endzeit, in: H. Quaritsch (Anm. 1), S. 40.

  6. Vgl. J. W. Bendersky (Anm. 1), S. 195.

  7. Vgl. Helmut Quaritsch, Positionen und Begriffe Carl Schmitts, Berlin 19953, S. 98 ff.; P. Noack (Anm. 1), S. 164 ff.; Carl Hermann Ule, Carl Schmitt, der Rechtsstaat und die Verwaltungsgerichtsbarkeit, in: VerwArch, 91 (1990), S. 1-17, hier S. 5, En. 25. Eine inhaltliche Verwandtschaft bemerkt zu Recht B. Rüthers (Anm. 1), S. 57 ff., der insbesondere auf den Aufsatz „Die Weiterentwicklung des totalen Staats in Deutschland“, in: Carl Schmitt, Positionen und Begriffe im Kampf mit Weimar -Genf -Versailles 1923-1939, Berlin 1988, Nr. 21, S. 185-190, sowie ders., Verfassungsrechtliche Aufsätze, Berlin 1958, S. 359-371, abstellte. Aber im Februar 1933 konnte Schmitt noch nicht wissen, daß der Nationalsozialismus die Form des deutschen Totalitarismus werden würde.

  8. Vgl. Carl Schmitt, Beantwortung des Vorwurfs: „Sie haben an der Vorbereitung von Angriffskriegen und der damit verbundenen Straftaten an entscheidender Stelle mitgewirkt“, Manuskript vom 28. 4. 1947, geschrieben für Robert Kempner, Institut für Zeitgeschichte (IfZ), Signatur ED 179/1, S. 6. Zur Bedeutung des Ermächtigungsgesetzes vgl. H. Quaritsch (Anm. 7), S. 96 f., 99 ff.

  9. Vgl. C. Schmitt, Die Weiterentwicklung (Anm. 7), S. 365.

  10. Vgl.ders.. Das Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Reich, in: Deutsche Juristen-Zeitung, 38 (1933), Sp. 455-458. Nach Carl Schmitt, Staat, Bewegung, Volk. Die Dreigliederung der politischen Einheit, Hamburg 1933, S. 7, hat er diesen Text bereits am 31. 3. 1933 als Vortrag gehalten. Allerdings wahrte Schmitt die Rechte des Reichskanzlers, was man auch als Reserve Schmitts interpretieren kann, vgl. J. W. Bendersky (Anm. 1), S. 198.

  11. Vgl. Carl Schmitt, Legalität und Legitimität, München -Leipzig 1932, S. 38 ff.

  12. Vgl. J. W. Bendersky (Anm. 1), S. 199; R Noack (Anm. 1), S. 177.

  13. Daß Schmitt erst am 1. 5. 1933 in die Partei eintrat, mag mit der Symbolkraft des Tages zu tun haben, vgl. B. Rüthers (Anm. 1), S. 34; ablehnend H. Quaritsch (Anm. 7), S. 104.

  14. Zu den Nachweisen vgl. P. Noack (Anm. 1), S. 208 ff., z. T. mit weiteren Erklärungsansätzen, S. 211.

  15. Ausgangspunkt der weiteren Ausführungen ist die Auffassung, daß trotz des situationsgebundenen Anlasses und Themas der meisten von Schmitts Werken seine Gedanken eine gelegentlich fast unheimliche Kohärenz aufweisen. Zwar entwickeln sich auch bei ihm die Ideen, und einiges wird wieder aufgegeben, vgl. dazu die grundlegende Darstellung von H. Hofmann (Anm. 1). Gäbe es aber nicht diesen Zusammenhang der Grundideen, gäbe es auch Schmitt als politischen Denker nicht.

  16. Vgl. Karl Graf Ballestrem, Carl Schmitt und der Nationalsozialismus -ein Problem der Theorie oder des Charakters?, in: W. Gabriel u. a. (Hrsg.), Der demokratische Verfassungsstaat. Festschrift für Hans Buchheim zum 70. Geburtstag, München 1992, S. 115-132, hier S. 118. Die ausführliche Argumentation kann hier nicht nachgezeichnet werden, vielmehr können im folgenden nur Leitideen Schmitts formuliert werden. Eine Zäsur in Schmitts Schaffen im Jahr 1933 lehnt auch H. Hofmann (Anm. 1), S. XIII, ab.

  17. Vgl. Carl Schmitt, Römischer Katholizismus und politische Form, (1923) Stuttgart 1984, S. 11, 14.

  18. Vgl. ebd., S. 32, 48.

  19. Zur Bedeutung der politischen Theologie, v. a. in der Auseinandersetzung mit Schmitts Buch: Der Begriff des Politischen (zuerst 1927), vgl. Heinrich Meier, Carl Schmitt, Leo Strauss und „Der Begriff des Politischen“. Zu einem Dialog unter Abwesenden, Stuttgart 1988; ders., Die Lehre Carl Schmitts. Vier Kapitel zur Unterscheidung Politischer Theologie und Politischer Philosophie, Stuttgart -Weimar 1994.

  20. Vgl. Heinrich Meier, Was ist politische Theologie, in: Jan Assmann, Politische Theologie zwischen Ägypten und Israel, München 19952, S. 18.

  21. Carl Schmitt, Politische Theologie. Vier Kapitel zur Lehre von der Souveränität, Berlin 19936, S. 38.

  22. Ders., Die Weiterentwicklung (Anm. 7), S. 185-190, veröffentlicht im Februar 1933 ist der Inhalt angeblich bereits im Herbst und Winter 1932/33 vorgetragen worden, vgl. S. 316.

  23. Ders., Die geistesgeschichtliche Lage des heutigen Parlamentarismus, München -Leipzig 19262, S. 80; genauer zu diesem von Georges Sorel geprägten Begriff vgl. Mathias Schmoeckel, Staatslehre und Mythos bei Carl Schmitt und Thomas Hobbes, in: Hermann Nehlsen/Georg Brun (Hrsg.), Münchener rechtshistorische Studien zum Nationalsozialismus, Frankfurt a. M. 1996, S. 133-180, 156ff., 168 ff.

  24. Bereits 1926 hatte Schmitt anläßlich eines fehlgeschlagenen Anschlags auf Mussolini, von dessen Vorbild er sehr beeinflußt war, erklärt, daß der Erfolg dieses Attentats das größte denkbare Unglück im politischen Bereich gewesen wäre, vgl. die Erinnerung von E. R. Huber, Aussprache zu Tommissen, in: H. Quaritsch (Anm. 1), S. 106.

  25. Vgl. K. Graf Ballestrem (Anm. 16), S. 129.

  26. Vgl. B. Rüthers (Anm. 1), S. 43 f.. 49, 60, der in Schmitts Verführbarkeit ein Muster für die Juristen über die Generationen hinweg sieht.

  27. Vgl. die Äußerung von Schmitt im Verhör durch Kempner, Dok. No. 2161 vom 29. 4. 1947, zit. in: Claus-Dietrich Wieland, Carl Schmitt in Nürnberg, in: 1999 -Zeitschrift für Sozialgeschichte des 20. und 21. Jahrhundert, (1987) 1, S. 96-122, 120 f.; C. Schmitt (Anm. 8), S. 9. Diesen Grund betont auch J. W. Bendersky (Anm. 1), S. 242.

  28. Zu betonen ist, daß man diese Stimmung von 1933 nicht vor dem Hintergrund der weiteren Entwicklung des Dritten Reichs beurteilen darf.

  29. Vgl. P. Noack (Anm. 1), S. 179. Die freundlichen Artikel zu Carl Schmitt im Kölner Parteiorgan der NSDAP können als eine Annahme von Schmitts Mitwirkung gedeutet werden, vgl. J. W. Bendersky (Anm. 1), S. 204.

  30. Vgl. C. Schmitt, Positionen und Begriffe (Anm. 7), S. 190-198.

  31. Vgl. Nikolaus Sombart, Jugend in Berlin 1933-1945. Ein Bericht, München -Wien 1984, S. 269, trotzdem unterhielt er zahlreiche freundschaftliche Kontakte zu Juden, welche aber keinen allgemeinen Antisemitismus ausschließen. Dieser wurde für Schmitt bereits überzeugend nachgewiesen durch Raffael Gross, Carl Schmitts „Nomos“ und die „Juden“, in: Merkur, (1993), S. 410-420; der hier grundlegende Zusammenhang zum Denken Carl Schmitts wird ausgeführt in: ders., Jesus oder Christus? Überlegungen zur „Judenfrage“ in der politischen Theologie Carl Schmitts, in: Andreas Göbel u. a. (Hrsg.), Metamorphosen des Politischen. Grundfragen politischer Einheitsbildung seit den 20er Jahren, Berlin 1995, S. 75-93, 85 ff.

  32. Vgl. C. Schmitt (Anm. 8), S. 7, 10. Bald zeigte es sich jedoch, daß diese Mitgliedschaft außer der stattlichen Einkommensquelle nur einen schmückenden Titel bedeutete, den Schmitt immerhin fleißig führte.

  33. Daneben war er Mitglied im „Führerrat“ des Bundes und 1935-1936 Leiter der „Wissenschaftlichen Abteilung“ des Bundes, vgl. C. -D. Wieland (Anm. 27), S. 99.

  34. Ebenso die Mitwirkung bei der Herausgabe der Zeitschrift für ausländisches öffentliches und Völkerrecht.

  35. Vgl. K. Meyer, Die Akademie für Deutches Recht, in: Deutsche Juristen-Zeitung, 38 (1933), Sp. 1528-1534, 1533 zusammen mit H. Nicolai. Die Leitung eines Ausschusses verneint jedoch: C. Schmitt (Anm. 8), S. 6. Daneben war Schmitt Mitglied im Führerrat der Akademie, ab 1937 einfaches Mitglied mehrerer Ausschüsse, u. a. für Völkerrecht.

  36. Nach B. Rüthers (Anm. 1), S. 72, handelt es sich inhaltlich weniger um Analyse als vielmehr die Verkündung von Begeisterung. R. Mehring (Anm. 1), S. 105, bezeichnet sie als knappe Hetzartikel.

  37. Vgl. Oliver Lepsius, Die gegensatzaufhebende Begriffsbildung. Methodenentwicklung in der Weimarer Republik und ihr Verhältnis zur Ideologisierung der Rechtswissenschaft unter dem Nationalsozialismus, München 1994, S. 85-100.

  38. Carl Schmitt, Über die drei Arten des rechtswissenschaftlichen Denkens, Hamburg 1934, S. 66.

  39. Vgl.ders., Staat, Bewegung, Volk (Anm. 9), S. 42, 46. Mit dieser Schrift nahm Schmitt für sich in Anspruch, die erste authentische Beschreibung des NS-Staates zu geben.

  40. Zum Widerspruch, die Artgleichheit als Grundlage der nationalen Gleichartigkeit und der Führung anzusehen, gleichzeitig aber die Herstellung dieser Artgleichheit durch Züchtung erst noch erreichen zu wollen, vgl. H. Hofmann (Anm. 1), S. 197.

  41. Carl Schmitt, Der Rechtsstaat, in: Nationalsozialistisches Handbuch für Recht und Gesetzgebung, München 19352, S. 3-10; ders., Nationalsozialismus und Rechtsstaat, in: Juristische Wochenschrift, 63 (1934), S. 716.

  42. Vgl.ders., Der Weg des deutschen Juristen, in: Deutsche Juristen-Zeitung, 39 (1934), Sp. 695.

  43. Vgl.ders., Nationalsozialismus und Rechtsstaat, in: Juristische Wochenschrift, 63 (1934), S. 713; s. dazu C. H. Ule (Anm. 7), S. 16. Die Äußerung Schmitts bezog sich auf die Prozesse zum Reichstagsbrand.

  44. Vgl. C. Schmitt (Anm. 43), Sp. 693.

  45. Vgl.ders., Was bedeutet der Streit um den „Rechtsstaat“?, in: ZStW, 95 (1935), S. 189-201; dazu C. H. Ule (Anm. 7), S. 11. Auch für die Übergangszeit bleibt nach Ule offen, inwieweit überhaupt noch Raum für Verwaltungsgerichtsbarkeit gegeben war.

  46. Vgl. C. Schmitt (Anm. 43), Sp. 692.

  47. Vgl.ders., Nationalsozialistisches Rechtsdenken, in: Deutsches Recht, 4 (1934), S. 229: „Wir denken die Rechts-begriffe um ... Es ist ein Vorgang, dessen Totalität gerade die denkerische und die echt wissenschaftliche Seite des Rechts-lebens erfaßt, ein Vorgang, an dem teilzuhaben jeder von uns deutschen nationalsozialistischen Juristen stolz sein muß. Wir sind auf der Seite der kommenden Dinge!“

  48. Ders., Die Rechtswissenschaft im Führerstaat, in: Zeitschrift der Akademie für Deutsches Recht, 2 (1935), S. 439; hierbei handelt es sich um die Rede als Vorsitzender des Ausschusses für Staatsrecht auf der ersten Arbeitstagung der Akademie unter dem Vorsitz von Hans Frank.

  49. Ders., Nationalsozialismus und Rechtsstaat, in: Juristische Wochenschrift, 63 (1934), S. 717.

  50. Vgl.ders., Aufgabe und Notwendigkeit des deutschen Rechtsstandes, in: Deutsches Recht, (1936), S. 181-185; „Das Programm der NSDAP ist eine echte, und zwar unsere wichtigste Rechtsquelle.“

  51. Vgl.ders. (Anm. 43), Sp. 692 f.

  52. Vgl.ders. (Anm. 50), S. 717.

  53. Ders. (Anm. 49), S. 439.

  54. Ders., Fünf Leitsätze für die Rechtspraxis, hrsg. vom Presse-und Informationsamt des Bundes nationalsozialistischer Juristen e. V., Berlin 1933; ders.. Neue Leitsätze für die Rechtspraxis, in: Juristische Wochenschrift, 62 (1933), S. 2793 f. = Deutsches Recht, 3 (1933), S. 201. Das Vorbild Schmitts ist spürbar auch bei Georg Dahm, Karl August Eckhardt, Reinhard Höhn, Paul Ritterbuch und Wolfgang Sieben, Leitsätze über Stellung und Aufgaben des Richters, in: Deutsche Rechtswissenschaft, 1 (1936), S. 123 f.

  55. Vgl. C. Schmitt (Anm. 39), S. 66 f.

  56. Vgl.ders. (Anm. 50), S. 713.

  57. Ders., Aufgabe und Notwendigkeit des deutschen Rechtsstandes, in: Deutsches Recht, 6 (1936), S. 181. 1936 präzisierte Schmitt, daß nicht Unabhängigkeit von der politischen Führung, sondern von Verwaltung und Polizei gemeint sei, vgl. Frank Lucien Lorenz, Carl Schmitt: Juristische Form kraft Repräsentation im Staats-und Strafverfahrensrecht, in: Zeitschrift für Neuere Rechtsgeschichte, 18 (1996), S. 260-277.

  58. Auch hier gilt der Ausspruch von P. Noack (Anm. 1), S. 195: „Es gab keinen NS-juristischen Einzelaspekt, den er damals nicht guthieß.“

  59. Vgl. Carl Schmitt, Der Führer schützt das Recht. Zur Reichstagsrede Adolf Hitlers vom 13. Juli 1934, in: Deutsche Juristen-Zeitung vom 1. 8. 1934, Sp. 945 ff., wiederabgedruckt in: ders., Positionen und Begriffe (Anm. 7), Nr. 23, S. 199-203.

  60. Vgl. Joseph Isensee, in: H. Quaritsch (Anm. 1), S. 6031

  61. Vgl. C. H. Ule (Anm. 7), S. 16.

  62. So R. Schnur, dagegen Peter Römer, Tod und Verklärung des Carl Schmitt, in: Archiv für Rechts-und Sozialphilosophie (ARSP), 76 (1990), S. 390.

  63. Diese geht aus von Selbstdeutungen Schmitts, der Artikel habe die Zensur nur knapp umgangen, vgl. dazu H. Quaritsch (Anm. 7), S. 89 f.

  64. Vgl. C. Schmitt (Anm. 60), S. 199, 203.

  65. Vgl. ebd.

  66. So zu Recht bereits B. Rüthers (Anm. 1), S. 79. Die Ansicht von Günter Maschke, Der Tod des Carl Schmitt, Wien 1987, S. 72, ebenso F. L. Lorenz (Anm. 58), S. 270, daß angesichts der angenommenen Putschgefahr und des Anscheins des Sieges der Wehrmacht Schmitt als „Mann der Wehrmacht“ den Aktionen zustimmen mußte, ist daher textfern und unhaltbar. Richtig sieht P. Römer (Anm. 63), S. 396, in Maschkes zynischem Bild, daß „in Revolutionen immer Blut und nicht Rosenwasser versprüht“ werde, eine implizierte Rechtfertigung der Morde Hitlers.

  67. C. Schmitt (Anm. 60), S. 200.

  68. Vgl. ebd., S. 200: „Der wahre Führer jst immer auch Richter. Aus dem Führertum fließt das Richtertum.“

  69. Ebd., S. 200.

  70. Ebd., S. 202.

  71. Vgl. J. W. Bendersky (Anm. 1), S. 216.

  72. Vgl. C. Schmitt (Anm. 21), S. 1: „Souverän ist, wer über den Ausnahmezustand entscheidet.“

  73. Die Parallele von F. L. Lorenz (Anm. 58), S. 265/268 zur katholischen Kirche ist daher nicht nur ohne Belege, sondern falsch. Das Argument (S. 269), daß Schmitt sonst keinen zur Verfolgung der Straftaten habe aufrufen können, verkennt, daß das Recht, das nach Schmitt zu schützen war, nicht das der Opfer, sondern das Lebensrecht des Volkes war.

  74. Vgl. Lothar Gruchmann, Justiz im Dritten Reich. Anpassung und Unterwerfung in der Ära Gürtner, München 19902, S. 451. Die Frist war dabei besonders lang gehalten worden, um das Wüten der braunen Horden zu decken.

  75. Vgl. C. Schmitt (Anm. 60), S. 202: „Außerhalb oder innerhalb des zeitlichen Bereiches der drei Tage fallende, mit der Führerhandlung in keinem Zusammenhang stehende, vom Führer nicht ermächtigte , Sonderaktionen'sind um so schlimmeres Unrecht, je höher und reiner das Recht des Führers ist.“

  76. So G. Maschke (Anm. 67), S. 73, der den Hinweis auf die Frist geschickt, kühn, aber notgedrungen hilflos nannte.

  77. Vgl. dazu L. Gruchmann (Anm. 75), S. 471 ff.; G. Maschke (Anm. 67), S. 72, betont zu stark die Erleichterung über das Ende der die öffentliche Ordnung störenden braunen Bataillone.

  78. Die gezielten Sonderaktionen unter Verletzung des Rechts konnten um so wirkungsvoller eingreifen. Vgl. dazu Ernst Fraenkel, The Dual State, New York 1940, deutsch: Der Doppelstaat, Frankfurt a. M. 1984.

  79. Vgl. L. Gruchmann (Anm. 75), S. 455 ff., 465 f. Die Behauptung von G. Maschke (Anm. 4), S. 190, Schmitt habe hier die Ahndung der Morde an von Schleicher und von Bredow gefordert, ist daher unhaltbar. Beide hatte Hitler in seiner rechtfertigenden Reichstagsrede als Hauptverschwörer namentlich benannt, vgl. L. Gruchmann (Anm. 75), S. 438, Fn. 102.

  80. So J. W. Bendersky (Anm. 1), S. 214, 216. Noch drastischer Günther Krauss, Erinnerungen an Carl Schmitt -Teil 5, in: Schmittiana II, Brüssel 1990, S. 91. Schmitt habe die Aufgabe des Artikels als „labor improbus“ und bedrückend empfunden.

  81. Vgl. L. Gruchmann (Anm. 75), S. 453 f. Allerdings stützte sich Schmitt insoweit auf die Reichstagsrede Hitlers.

  82. Vgl. ebd., S. 451.

  83. Vgl. C. Schmitt (Anm. 60), S. 200: „Sie kann die richterliche Tat des Führers nur in eine nachträglich zu legalisierende und indemnitätsbedürftige Maßnahme des Belagerungszustandes umdeuten.“ Da Gürtner aber nicht erklärte, wie der Notfall festgestellt wurde, war Schmitts Auffassung in sich und im Rahmen seiner Lehre zur Stellung des Führer-willens konsequenter.

  84. Daher greift auch nicht jener Rechtfertigungsversuch, wonach Schmitt als später NS-Konvertit zur besonderen Rechtgläubigkeit verpflichtet gewesen sei.

  85. Vgl. Carl Schmitt, Schlußwort des Herausgebers, in: Deutsche Juristen-Zeitung, 41 (1936), Sp. 1453/4. Dies spricht auch dagegen, daß Schmitt nur so übertrieben habe, daß er unglaubwürdig gewirkt habe, vgl. B. Rüthers (Anm. 1), S. 137; immerhin vertrat auch Freisler diese Position. Vielmehr schufen beide einen Druck auf die gemäßigteren Juristen, ihre Rechtgläubigkeit nachzuweisen. Gerade diese Konkurrenz der Juristen um die Erarbeitung der „nationalsozialistischen“ Rechtsmeinung hat dem Regime einen besonderen Reichtum an Argumenten für eine Rechtspolitik beschert, der ihm eine flexible Anpassung an seine politischen Ziele ermöglichte.

  86. Vgl. Joseph H. Kaiser, Konkretes Ordnungsdenken, in: H. Quaritsch (Anm. 1), S. 319-331.

  87. Vgl. P. Römer (Anm. 63), S. 395, der zu Recht auch darauf hinweist, daß kaum von einer reflexartigen, d. h. unüberlegten Reaktion Schmitts die Rede sein kann.

  88. Dieser Deutung hat sich angeschlossen: Julien Freund, in: G. Maschke (Anm. 67), S. 71; ebenso auch F. L. Lorenz (Anm. 58), S. 268.

  89. Vgl. G. Maschke (Anm. 67), S. 73; ders., Im Irrgarten Carl Schmitts, in: Karl Corino (Hrsg.), Intellektuelle im Bann des Nationalsozialismus, Hamburg 1980, S. 204-241.

  90. So zu Recht H. Quaritsch (Anm. 7), S. 90.

  91. Vgl. B. Rüthers (Anm. 1), S. 80.

  92. Diese Konsequenz der politischen Theorie betont auch K. Graf Ballestrem (Anm. 16), S. 129, der die Vermutung aufstellt, daß die Billigung der „rücksichtslosen“ Herstellung nationaler Homogenität durch die Türkei in Carl Schmitt (Anm. 23), S. 14, sich auf den Völkermord an den Armeniern bezog.

  93. Auch dies spricht dagegen, in den extremen Stellungnahmen Schmitts nur persiflierenden „Narrenjubel und Nonsens-Proskynese“ und eine gewagte Parodie zu sehen, so aber H. Quaritsch (Anm. 7), S. 109.

  94. Vgl. F. L. Lorenz (Anm. 58), S. 273 f„ leider ohne Auseinandersetzung mit der grundlegenden Darstellung bei L. Gruchmann (Anm. 75), S. 994 ff. Indem Lorenz schon in seiner Prämisse (S. 261) darauf abstellt, daß Schmitt den Wert einer festen Ordnung betont habe, entgeht ihm das eigentliche Thema Schmitts, nämlich die Vereinbarkeit juristischer Form mit der charismatischen Führerdiktatur oder, in seinen Worten, mit der Durchsetzung des Führerprinzips im Strafverfahren (vgl. L. Gruchmann [Anm. 75], S. 996 ff.) z. B. durch die Abschaffung aller Rechtsmittel zugunsten eines „Beauftragten des Führers zur Wahrung der Rechtseinheit“.

  95. Vgl. F. L. Lorenz (Anm. 58), S. 275.

  96. Vgl. Carl Schmitt, Die nationalsozialistische Gesetzgebung und der Vorbehalt des „ordre public“ im Internationalen Privatrecht, in: Zeitschrift der Akademie für Deutsches Recht. 3 (1936). S. 204-211; das Wirtschaftsrecht behandelte er 1936 in einem Vortrag, vgl.den Bericht in: Aus der Deutschen Rechtsfront, in: Deutsche Juristen-Zeitung, 41 (1936), Sp. 695 f.; hinzuweisen ist auch auf mehrere Artikel, die eine historische Legitimation der nationalsozialistischen Rechtserneuerung bieten sollen und dabei eine schreckliche Geschichtsklitterung im Anschluß an Punkt 19 des Parteiprogramms enthalten.

  97. Ders., Die Verfassung der Freiheit, in: Deutsche Juristen-Zeitung, 40 (1935), Sp. 1133-1135.

  98. Im Februar 1936 hatte Schmitt bereits in einer Vorlesung den Einfluß des (jüdischen) großen Staats-und Verwaltungsrechtlers Walter Jellinek angeprangert, vgl. J. W. Bendersky (Anm. 1), S. 230. Im Mai 1936 kündigte er dann den Kongreß an.

  99. Der Ablauf wird näher beschrieben von B. Rüthers (Anm. 1), S. 96-104, sowie Horst Göppinger, Juristen jüdischer Abstammung im „Dritten Reich“. Entrechtung und Verfolgung, München 1990, S. 153 ff.

  100. Zit. nach H. Göppinger, ebd., S. 154.

  101. Die Beiträge wurden zusammen publiziert in: Das Judentum in der Rechtswissenschaft. Ansprachen, Vorträge und Ergebnisse der Tagung der Reichsgruppe Hochschullehrer des NSRB am 3. und 4. Oktober 1936, Heft 1: Die deutsche Rechtswissenschaft im Kampf gegen den jüdischen Geist, Berlin o. J. (1936), die Beiträge von Schmitt dort, S. 14-17, 28-34. Das Schlußwort ließ Carl Schmitt zusätzlich noch in seinem Organ veröffentlichen: Die deutsche Rechtswissenschaft im Kampf gegen den jüdischen Geist, in: Deutsche Juristen-Zeitung, 41 (1936), Sp. 1193-1199.

  102. Vgl. Walther Lewald, Carl Schmitt redivivus, in: Neue Juristische Wochenschrift, (1950), S. 377.

  103. C. Schmitt, Schlußwort (Anm. 102), Sp. 1197: „Der Jude hat zu unserer geistigen Arbeit eine parasitäre, eine taktische und eine händlerische Beziehung.“

  104. Ebd., Sp. 1196.

  105. Dazu nannte er sein eigenes Beispiel: „Wer heute „Stahl-Jolson“ [gemeint ist Friedrich J. Stahl, M. S. ] schreibt, hat dadurch in einer echt wissenschaftlichen klaren Weise mehr bewirkt als durch große Ausführungen gegen die Juden.“ C. Schmitt, Schlußwort (Anm. 102), Sp. 1195.

  106. Vgl. ebd., Sp. 1194 ff. Diese Punkte führen weiter als die vier Forderungen von Frank, vgl. Hans Frank, Ansprache des Reichsrechtsführers, in: Das Judentum in der Rechtswissenschaft (Anm. 102), S. 10.

  107. C. Schmitt, Schlußwort (Anm. 102), Sp. 1199.

  108. Vgl. Gelöbnis der Teilnehmer der Tagung (Anm. 102), 5. 35.

  109. Vgl. B. Rüthers (Anm. 1), S. 102. Bereits Mitte Oktober konnte Schmitt (Deutsche Juristen-Zeitung, 41 (1936), Sp. 1195) das Verzeichnis der von jüdischen Autoren stammenden Werke ankündigen. Insofern mißt H. Göppinger (Anm. 100), S. 17, der Tagung auch grundsätzliche Bedeutung in der Verfolgung jüdischer Juristen bei. Daß Schmitt weiterhin Dissertationen des klassischen Stils ausgab, wiegt dagegen weniger schwer, anders Christian Tilitzky, Carl Schmitt -Staatsrechtslehrer in Berlin, in: Siebte Etappe, (1991), S. 62117, zumal der politische Gehalt der Themen meist gewahrt blieb, vgl. S. 82 ff.

  110. So aber J. W. Bendersky (Anm. 1), S. 208.

  111. Ähnlich P. Noack (Anm. 1), S. 203: „Trauriger Höhepunkt und zugleich Abgesang dieser im letzten unverständlichen -weil seiner früheren Sprache und Denkweise völlig fremden -Periode ...“

  112. Zu Otto Koellreuther vgl. J. W. Bendersky (Anm. 1), S. 222, und B. Rüthers (Anm. 1), S. 82; zu Karl August Eckhardt J. W. Bendersky (Anm. 1), S. 230, und B. Rüthers (Anm. 1), S. 83; zu Reinhard Höhn B. Rüthers (Anm. 1), S. 86, und schließlich zu Johannes Heckei vgl. C. H. Ule (Anm. 7), S. 17.

  113. So J. W. Bendersky (Anm. 1), S. 233 f.

  114. Vgl. ebd., S. 236.

  115. So R Noack (Anm. 1), S. 202; L. Gruchmann (Anm. 75), S. 994.

  116. Vgl. B. Rüthers (Anm. 1), S. 83, 88. Zur heftigen studentischen Kritik nach Schmitts Vortrag über Jellinek im Februar 1933 vgl. J. W. Bendersky (Anm. 1), S. 230 f.

  117. Vgl. B. Rüthers (Anm. 1), S. 96. Auch dieser Ansatz widerspricht der Deutung des Kongresses als „Narrenjubel und Nonsens-Proskynese“, welche zudem die ernst zu nehmende publizistische Bedeutung eines solchen Kongresses außer acht läßt.

  118. Vgl. ebd., S. 90.

  119. Vgl. ebd., S. 94 m. w. N.

  120. Vgl. ebd., S. 104 ff. Auch Schüler von Schmitt wurden angegriffen.

  121. Teilweise wiedergegeben bei F. L. Lorenz (Anm. 58), S. 272 f.

  122. Offiziell aufgrund einer Bitte von Schmitt. C. Schmitt (Anm. 8), S. 10 f., spricht von einem Rücktritt Ende Oktober; P. Noack (Anm. 1), S. 202 nur von Rücktrittsabsichten im November; Frank von einer Entbindung Carl Schmitts von allen Ämtern, zit. bei P. Noack (Anm. 1), S. 201. Auch die Äußerung Franks ist offensichtlich unwahr, vgl. i. f. Offensichtlich sind Zeitpunkt und Ablauf der Entlassung Schmitts kaum etabliert.

  123. Angabe nach C. Schmitt (Anm. 8), S. 7.

  124. Max Planck konnte anscheinend sogar über einen solchen gegen ihn selbst gerichteten Angriff des „Schwarzen Korps“ lachen, vgl. Ernst von Salomon, Der Fragebogen, Hamburg 1993, S. 199 f. Bemerkenswert ist auch Franks öffentliches Bedauern über Schmitts erlittene Schmach und sein großes Lob, vgl. Hans Frank, Zum Abschluß, in: Deutsche Juristen-Zeitung, 41 (1936), Sp. 1149/50-1151/2 a. E.: „Die große Leistung Carl Schmitts für die Erneuerung des deutschen Rechts wird für alle Zeiten ein stolzes Zeugnis deutscher geistiger Führung sein.“ Carl Schmitt, Beantwortung der Frage, in: ders., Staat. Großraum, Nomos, hrsg. von Günter Maschke, Berlin 1995, S. 456, führte sein physisches Überleben auf seine Stellung als Staatsrat und seine Armut zurück. Beides hat freilich seinen Staatsrat-Kollegen Popitz nach dem 20. 7. 1944 nicht vor der Hinrichtung gerettet.

  125. Vgl. C. Schmitt (Anm. 125), S. 454 f.; hier scheint auch seine tiefgreifende Enttäuschung über ausbleibende Ehrungen durch.

  126. Es liegt daher näher, den Entschluß Schmitts im März 1933 zum Mittun ernst zu nehmen und in ihm nicht nur den Mann Schleichers zu sehen, der sich als Nazi gerierte, vgl. Carl Hermann Ule, Zum Begriff des Kronjuristen, in: Deutsches Verwaltungsblatt, 108 (1993), S. 82. Angesichts der inhaltlichen Divergenzen innerhalb der engeren Parteiführung z. B. zwischen Rosenberg und Himmler läßt sich kein fester inhaltlicher Kern der nationalsozialistischen Weltanschauung ausmachen, vgl. O. Lepsius (Anm. 38), S. 109 ff. Man kann daher entweder allein auf Hitler abstellen, mit dem Resultat, daß aufgrund inhaltlicher Unterschiede ihrer Überzeugungen wichtige seiner Gefolgsleute keine Nationalsozialisten waren, oder man bezeichnet als Nationalsozialisten alle jene, die sich an maßgeblicher Stelle für das System einsetzten.

  127. Verneint von Carl Schmitt (Anm. 125), S. 454 ff.; zustimmend H. Quaritsch (Anm. 7), S. 118.

  128. Vgl. auch C. H. Ule (Anm. 127), S. 81.

  129. Vgl. ebd., S. 81 f.; Ule zitiert (S. 79) auch die Andeutung einer Zustimmung Schmitts zu dieser Bezeichnung.

  130. So bereits J. W. Bendersky (Anm. 1), S. 242.

  131. Hieraus erklärt sich auch die verbreitete Ablehnung des Ordnungssystems „Staat“. Aufschlußreich in diesem Zusammenhang die von E. v. Salomon (Anm. 125), S. 206, berichtete Episode der Studenten, die jeden „Staat“ zugunsten der Volksgemeinschaft ablehnten, in welcher jede feste Regel fehlte und der Führerwille allein galt.

  132. Vgl. J. W. Bendersky (Anm. 1), S. 242

  133. Vernehmung durch Robert Kempner, Dok. No. 2161 v. 29. 4. 1947, in: C. -D. Wieland (Anm. 27), S. 121.

  134. Vgl. Carl Schmitt, Der Leviathan in der Staatslehre des Thomas Hobbes, Hamburg 1938, S. 52, 80.

  135. Vgl.ders.. Der Staat als Mechanismus bei Hobbes und Descartes, in: ARSP, 30 (1937/38), S. 622-632; vgl. auch M. Schmoeckel (Anm. 23), S. 1381.

  136. Die Ablehnung des Staates als Mechanismus allein war zwar konform mit der offiziellen Doktrin; in Verbindung mit dem Mythos hielt Schmitt aber weiterhin am „Staat“ fest. Dies allein ist aber noch kein Akt des Widerstands. Die bisherigen Deutungen haben zu wenig die Möglichkeit einer wissenschaftlichen Diskussion und damit von Ansätzen eines Meinungspluralismus in Betracht gezogen, weswegen nicht jede außergewöhnliche Äußerung gleich als Opposition gewertet werden kann, welche meist eher zum Wettbewerb um die Gunst der Machthaber diente. Zum Völkerrecht vgl. Mathias Schmoeckel. Die Großraumtheorie. Ein Beitrag zur Geschichte der Völkerrechtswissenschaft im Dritten Reich, insbesondere der Kriegszeit, Berlin 1994, S. 237 ff., 241 ff. Hier handelt es sich um ein allgemeines exegetisches Problem, das in der Carl-Schmitt-Forschung meist vernachlässigt wurde.

  137. Vgl. Carl Schmitt, Die Wendung zum diskriminierenden Kriegsbegriff, Berlin 1938.

  138. Auch dieser Themenwechsel wurde von der SS mißtrauisch beobachtet: „Hier zeigt sich wiederum deutlich die raffinierte Taktik von Schmitt, als erster Fragen aufzuwerfen, die jeweils besonders im Mittelpunkt des Interesses stehen" (IfZ, Fa 503, vgl. P. Noack (Anm. 1), S. 207).

  139. Vgl. Carl Schmitt, Völkerrechtliche Großraumordnung mit Interventionsverbot für raumfremde Mächte, Berlin 19915; vgl. M. Schmoeckel (Anm. 137).

  140. C. Schmitt, ebd., S. 46 f., 63.

  141. Vgl. M. Schmoeckel (Anm. 137), S. 39.

  142. Das Schreiben aus dem SS-Hauptamt von 1936, IfZ, Fa 503, bei P. Noack (Anm. 1), S. 207.

  143. Vgl. C. Schmitt (Anm. 125), S. 452, 457, 462.

  144. Besonders propagandageeignet war natürlich, daß dieser Großraum nicht durch die gewaltsame Eroberung, sondern durch die Kraft der Reichsidee, also der nationalsozialistischen Weltanschauung entstehen sollte.

  145. Richtig die Prognose von K. Graf Ballestrem (Anm. 16), S. 131.

  146. C. Schmitt (Anm. 137), S. 81; ders., Der Nomos der Erde im Jus Publicum Europaeum, Köln 1950, S. 12 ff.; ders., Die Theorie des Partisanen, Berlin 1975, S. 72.

  147. Vgl. M. Schmoeckel (Anm. 137), S. 91 ff., 97 ff., 100 ff.

Weitere Inhalte

Mathias Schmoeckel, Dr. jur., geb. 1963; Studium der Rechtswissenschaften in Bonn, Genf und München; Assistent am Leopold-Wenger-Institut für Deutsche und Bayerische Rechtsgeschichte der Universität München. Veröffentlichungen u. a.: Die Großraumtheorie. Ein Beitrag zur Geschichte der Völkerrechtswissenschaft im Dritten Reich, insbesondere der Kriegszeit, Berlin 1994; Staatslehre und Mythos bei Carl Schmitt und Thomas Hobbes, in: Hermann Nehlsen/Georg Brun (Hrsg.), Münchener rechtshistorische Studien zum Nationalsozialismus, (Rechtshistorische Reihe, 156), Frankfurt a. M. 1996.